GEMEINSAMKEITEN UND BESONDERHEITEN - kgk
Transcription
GEMEINSAMKEITEN UND BESONDERHEITEN - kgk
PRAXIS PRACTICE GEMEINSAMKEITEN UND BESONDERHEITEN SPRITZGIESSEN VON HTV- UND LSR-SILIKON Für die Verarbeitung von pastösem Silikon und Flüssigsilikon sind grundsätzlich alle Elastomer-Spritzgießmaschinen von Klöckner Desma geeignet. Bei der Werkzeugkonstruktion müssen allerdings einige Besonderheiten beachtet werden. Auch ist spezielle Peripherie für die Produktzufuhr erforderlich. P astöses Silikon, meist als HTV-Silikon (für hochtemperaturvernetzend) bezeichnet, wird seit mehreren Jahrzehnten verarbeitet. Als Vernetzer dient üblicherweise ein Peroxid. Neuere Entwicklungen beinhalten auch Platin als Katalysator, das eine erhebliche Reduzierung der Vulkanisationszeiten bringt. Platinvernetzende Silikone werden teilweise als Mehrkomponentensysteme angeboten und müssen vor der Verarbeitung gemischt werden. Im unvulkanisierten Zustand ist HTV sehr weich und leicht verformbar, die Oberfläche klebrig. Das Material ist wenig reißfest und kann normalerweise nicht in Streifenform in Spritzgießmaschinen eingezogen werden. Vorteile gegenüber anderen Elastomeren bieten Silikone vor allem bei besonders hohen oder niedrigen Temperaturen: Sie sind auch bei sehr tiefen Temperaturen noch flexibel und weisen gleichzeitig eine gute Temperaturbeständigkeit auf. Ihre Einsatztemperaturen liegen zwischen -45 und 200 °C. Spezielle Silikontypen halten sogar noch extremeren Temperaturen stand. Dank der guten Witterungsbeständigkeit behalten Bauteile aus Silikon ihre mechanischen Eigenschaften auch nach jahrelangem Außeneinsatz bei. In den letzten Jahren gewinnt Flüssigsilikon (Liquid Silicone Rubber, LSR) immer mehr an Bedeutung. Dabei handelt es sich um ein Material, das aus zwei Komponenten besteht und durch Additionsvernetzung zu einem elastischen Werkstoff vulkanisiert. Die beiden Komponenten werden als zähflüssige Masse und normalerweise im Verhältnis 1:1 gemischt. Das Rohmaterial ist in der Regel transparent oder milchig-weiß und lässt sich gut einfärben. In seinen mechanischen und elektrischen Eigenschaften unterscheidet sich LSR kaum vom HTVSilikon. Seine Viskosität ist jedoch erheblich geringer. Dank ihrer guten physiologischen Eigenschaften sind die meisten LSR für Anwendungen in medizintechnischen Bereichen sowie für den Kontakt mit Lebensmitteln zugelassen. Verarbeitung von HTV-Silikon Alle Elastomer-Spritzgießmaschinen von Klöckner Desma, Fridingen, sind sowohl für HTV-Silikon als auch für LSR geeignet. HTV-Silikon kann normalerweise nicht in Streifenform verarbeitet werden und wird bei den Rohstofferzeugern oder Compoundern zu Blöcken oder so genannten Puppen vorkonfektioniert. Zur Produktzufuhr wird meist ein Stopfer Alle Desma-Spritzgießmaschinen sind für die Verarbeitung von HTV-Silikon sowie von LSR geeignet, so auch die abgebildete D 968.560 ZO V 508 KGK ‚ Oktober 2006 KOSTENEFFIZIENZ Vorhandene Ausrüstung für Silikonverarbeitung nutzen Sowohl HTV-Silikon als auch LSR lassen sich prinzipiell auf vorhandenen Elastomer-Spritzgießmaschinen verarbeiten. Während HTV meist über eine einfache Stopfvorrichtung zugeführt wird, erfordert LSR allerdings spezielle Dosieranlagen. Die Werkzeuge unterschieden sich nicht wesentlich von denen zur Gummiverarbeitung. Auf Grund der geringeren Viskosität – speziell von LSR- sind hier jedoch einige Besonderheiten zu beachten. verwendet. Die flüssigkeitstemperierten Einspritzeinheiten müssen mit einer offenen temperierten Düse oder einer pneumatisch oder hydraulisch betätigten Nadelverschlussdüse ausgestattet sein. Federbetätigte Düsen sind nicht geeignet. Bei Verwendung von Kaltkanälen ist eine offene Düse vorzuziehen. Lediglich bei Maschinen mit Anspritzung in der Trennebene ist auch bei Verwendung eines Kaltkanals eine Nadelverschlussdüse sinnvoll. Die Werkzeuge für HTV-Silikon unterscheiden sich im Aufbau nicht wesentlich von denen zur Gummiverarbeitung. Auf Grund der geringen Viskosität sind jedoch sehr genaue Passungen erforderlich. Auf bewegliche Teile wie zylindrische Auswerfer, Schieber oder Backen sollte verzichtet werden. Um eine lange Lebensdauer zu gewährleisten, sollten die Werkzeuge oder zumindest die Nester gehärtet sein. Wegen der Adhäsion von Einspritzeinheiten (oben Fifo A, unten Fifo B) zur LSR-Verarbeitung KGK ‚ Oktober 2006 509 PRAXIS PRACTICE Werkzeugaufbau für den Außenraum-Endverschluss Silikon bringen aufgeraute Oberflächen (erodiert, geätzt, gestrahlt) Vorteile bei der Entformung. Besonders wichtig ist die richtige Gestaltung der Entlüftungen: Lufteinschlüsse haben klebrige Stellen am Artikel und Werkzeugverschmutzung zur Folge. Bei peroxidisch vernetzenden Silikonen lassen sich die Zykluszeiten durch höhere Werkzeugtemperaturen von 180 bis 230 °C, je nach Wanddicke, verkürzen. Infolge des hohen Expansionsdrucks kommt es bei dickwandigen Teilen während der Vulkanisation bei hohen Temperaturen allerdings leicht zu Rissen im Bereich der Trennebene. Die Temperatur der Einspritzeinheit ist auf 80 bis 100 °C einzustellen, bei sehr langen Heiz- beziehungsweise Zykluszeiten etwas tiefer. Bei platinvernetzenden Silikonen sollte die Einspritzeinheit maximal auf 60 °C temperiert sein. Die Füllung der Kavitäten kann schnell erfolgen. Lediglich zum Vermeiden von Lufteinschlüssen oder Verschiebung von Einlegeteilen ist die Einspritzgeschwindigkeit zu reduzieren. Der Nachdruck muss relativ kurz und niedrig sein, da zu hohe oder zu lange Nachdrücke zu Einspaltungen um die Anschnitte herum führen. Die Vulkanisationszeiten der peroxidisch vernetzten Typen sind mit denen von SBR, FKM oder EPDM vergleichbar. Platinvernetzende Silikone benötigen bis zu 70 Prozent geringere Heizzeiten. Als Trennmittel haben sich neben den Produkten der Rohstoffhersteller Seifenlaugen bewährt, wobei sich eine Mischung von Wasser und Geschirrspülmittel im Verhältnis von etwa 100:1 empfiehlt. Auf keinen Fall darf ein 510 KGK ‚ Oktober 2006 Trennmittel auf Silikonbasis verwendet werden, da selbst Spuren von Silikon zu starken Verklebungen im Werkzeug führen können. Verarbeitung von LSRBei LSR wird zur Dosierung des flüssigen Rohmaterials eine spezielle Dosieranlage benötigt, die das Rohmaterial aus den Transportbehältern pumpt. Über flexible Leitungen gelangen beide Komponenten und gegebenenfalls ein Farbstoff getrennt zu einem an der Spritzgießmaschine angebauten Mischkopf. Hier werden die Komponenten zusammen- und über einen statischen Mischer der Spritzgießmaschine zugeführt. Für einen sicheren Verschluss gegen Rückströmung während der Einspritzphase sorgt die als federunterstütztes Rückschlagventil ausgeführte Rückstromsperre im Spritzkolben. Für die Werkzeugkonstruktion gelten die gleichen Kriterien wie bei HTV-Silikon. Auf Grund der niedrigen Viskosität können die Anschnitte und Entlüftungskanäle jedoch deutlich kleiner sein. Wegen des höheren Rohstoffpreises ist in den meisten Fällen die Verwendung von Kaltkanälen empfehlenswert. In der Regel sind Verschlussdüsen oder offene Düsen mit sehr kleinen Austrittsdurchmessern erforderlich, offene Düsen mit großem Querschnitt sind nur bei Vertikalmaschinen mit unten eingebautem Kaltkanal einsetzbar. Die Werkzeugtemperaturen können bei LSR maximal 230 °C betragen. Bei dickwandigen Teilen muss allerdings mit wesentlich kleineren Temperaturen gearbeitet werden – bei Wanddicken von 20 mm beispielsweise mit etwa 150°C -, damit es nicht zu Einspaltun- gen im Bereich der Trennebene kommt. Die Einspritzeinheit ist konstant kühl zu halten, vorzugsweise auf etwa 25 °C. Höhere Temperaturen reduzieren die Heizzeit nur minimal, erhöhen aber die Gefahr von Betriebsstörungen durch Vulkanisation in der Einspritzeinheit erheblich. Die Maschinendüsen müssen generell als Nadelverschlussdüsen ausgeführt sein. Bei laufender Produktion wird in der Regel kein Trennmittel benötigt. Zu Produktionsbeginn empfiehlt sich allerdings ein Auftrag, wobei wiederum eine Mischung aus Geschirrspülmittel und Wasser sehr wirksam ist. Klebrige Stellen am Artikel oder Formverschmutzung sind meist eine Folge unzureichender Vermischung der Komponenten. Lufteinschlüsse im Artikel entstehen oft durch mangelhafte Entlüftung der Dosieranlage, weshalb bei jedem Fasswechsel auf richtige Entlüftung zu achten ist. Kombinierte HTV-LSR-Verarbeitung Die kombinierte Verarbeitung von HTV und LSR auf einer Maschine (hier auf einer D 968.250 T) sei am Beispiel der Herstellung eines Außenraum-Endverschlusses mit Feldsteuerelement erläutert. Das leitfähige Feldsteuerelement besteht aus HTV, der isolierende Teil aus LSR. Die Feldsteuerelemente werden in einem 4-Platten-Werkzeug unter Verwendung eines 4-Düsen-Kaltkanals hergestellt. Angespritzt wird über einen Schirmanguss in der Mitte des Artikels. Die Spritzgießmaschine ist mit einer vertikal arbeitenden Schließeinheit mit Schließbewegung von oben ausgestattet, das Spritzvolumen beträgt 1,6 l. Der Einspritzpunkt liegt seitlich in die Trennebene. Zur Fertigstellung der Endverschlüsse wird ein 2-nestriges Kernbalkenwerkzeug mit zentraler Anspritzung in die Trennebene verwendet. Nach Verteilung auf die beiden Nester werden die Artikel an den Schirmen angespritzt und an den gegenüberliegenden Stellen entlüftet. Die Kerne sind mit Heizpatronen ausgestattet und mit verschiebbaren Einsätzen zur Entformung der Hinterschneidung versehen. Zum Anspritzen der Isolatoren wird die Stopfvorrichtung durch eine LSR-Misch- und Dosieranlage ersetzt und der Schneckenzylinder gegen den LSR-Adapter ausgetauscht. eg Auszug aus der anwendungstechnischen Information „Silikonverarbeitung“ der Klöckner Desma Elastomertechnik GmbH, Fridingen, www.desma-fridingen.de