Betriebliches Vorschlagswesen (BVW)
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Betriebliches Vorschlagswesen (BVW)
Ideen fürs Ideenmanagement: Betriebliches Vorschlagswesen (BVW) und Kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) gemeinsam realisieren Ideen fürs Ideenmanagement: Betriebliches Vorschlagswesen (BVW) und Kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) gemeinsam realisieren Verfasser: H.-D. Schat Gestaltung der Texte und Grafiken: Karin Pierson Herausgegeben vom Institut für angewandte Arbeitswissenschaft e.V. Köln 2005 Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme Ideen fürs Ideenmanagement: Betriebliches Vorschlagswesen (BVW) und Kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) gemeinsam realisieren hrsg. vom Institut für angewandte Arbeitswissenschaft e.V. Verf.: H.-D. Schat Gestaltung d. Texte u. Grafiken: Karin Pierson Köln: Wirtschaftsverlag Bachem, 2005 (Taschenbuchreihe des Instituts für angewandte Arbeitswissenschaft) ISBN 3-89172-456-X Dieses Buch ist auf chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt. Alle in diesem Buch enthaltenen Informationen wurden nach bestem Wissen zusammengestellt und mit Sorgfalt geprüft. Dennoch sind Fehler nicht ganz auszuschließen. Aus diesem Grund sind die im vorliegenden Buch enthaltenen Informationen mit keiner Verpflichtung oder Garantie irgendeiner Art verbunden. Herausgebe, Verfasser und Verlag übernehmen infolgedessen keine Verantwortung und werden keine daraus folgende oder sonstige Haftung übernehmen, die auf irgendeine Art aus der Benutzung dieser Informationen – oder Teilen davon – entsteht, auch nicht für die Verletzung von Patentrechten, die daraus resultieren können. Ebenso wenig übernehmen Herausgeber, Verfasser und Verlag die Gewähr dafür, dass die beschriebenen Verfahren usw. frei von Schutzrechten Dritter sind. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt also auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und MarkenschutzGesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. © 2005 Wirtschaftsverlag Bachem, Köln Einband: Karin Pierson, Köln Gesamtherstellung: Druckerei J. P. Bachem GmbH & Co. KG Köln Printed in Germany ISBN 3-89172-456-X 5 Inhalt 1 Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2 2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.1.4 2.2 2.2.1 2.2.2 2.3 2.3.1 2.3.2 2.4 2.4.1 2.4.2 Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Betriebliches Vorschlagswesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kontinuierlicher Verbesserungsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verbesserungsvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ideenmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufbau- und Ablauforganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufbau- und Ablauforganisation des BVW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufbau- und Ablauforganisation des KVP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der juristische Rahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der juristische Rahmen des BVW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der juristische Rahmen des KVP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vergütung im BVW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vergütung im KVP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 9 9 10 11 12 13 14 15 18 18 20 21 23 29 3 3.1 3.1.1 3.1.2 3.2 3.2.1 3.2.2 3.3 3.3.1 3.3.2 3.4 3.4.1 Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Motivation und Anlässe fürs Ideenmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . Betriebsinterne Anlässe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Betriebsexterne Anlässe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Neueinführung von Ideenmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Neueinführung eines BVW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Neueinführung eines KVP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reaktivierung eines vorhandenen Ideenmanagements . . . . . . . . . . Sonderaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aktionen zur kontinuierlichen Reaktivierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Normalbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einreicher wollen Erfolge sehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 34 35 37 39 40 41 43 43 44 45 47 6 3.4.2 3.4.3 3.4.4 3.4.5 3.4.6 3.5 3.6 Unterstützung bei der Formulierung von VV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterstützung durch den Vorgesetzten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Höhe der Prämie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eine Rückmeldung über die Realisierung des VV . . . . . . . . . . . . . . . Erfolgsfaktor „Viele VV“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marketing für das Ideenmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Controlling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 49 51 52 53 55 62 4 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7 BVW aus der Sicht verschiedener Mitarbeitergruppen . . . . . . . . . . Mitarbeiter / Einreicher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Führungskräfte im traditionellen BVW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Führungskräfte im Vorgesetztenmodell des BVW . . . . . . . . . . . . . . . Betriebsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . BVW Beauftragter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gutachter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kommissionsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 64 66 67 68 69 70 71 5 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6 Praxis-Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kautschukindustrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Praxis der Integration von BVW und KVP im Großunternehmen Praxis der Integration von BVW und KVP im Mittelstand . . . . . . KVP-Projekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Visualisierung im Ideenmanagement eines Chemiebetriebs . . . . . Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 72 75 78 81 83 83 6 6.1 6.2 6.3 6.4 Checklisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Analyse der betrieblichen Situation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Definition der Ziele des Ideenmanagements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fehlermöglichkeiten bei der Einführung von Ideenmanagement Fragenkatalog Produktion (Herstellung und Montage) . . . . . . . . . . 85 85 85 86 88 7 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 8 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 7 1 Vorwort Der Beginn des Ideenmanagements in der heutigen Form ist in der Industrialisierung des 19. Jahrhunderts zu suchen. So sah ab 1872 Alfred Krupp (1812 – 1887) in seinem Generalregulativ ein Betriebliches Vorschlagswesen (BVW) vor. Seinen großen Durchbruch erreichte es aber erst im Zweiten Weltkrieg. 1939 gab es in Deutschland rund 100 Unternehmen mit einem BVW, 1943 waren es rund 35 000: Der Nationalsozialismus hatte eine Meldepflicht für Vorschläge, selbst von Kriegsgefangenen, eingeführt (Michligk 1953). Mit der deutschen vergleichbar war die Entwicklung in den USA. Dort wurde ein erstes BVW im Jahr 1898 bei Kodak eingerichtet. Der erste Verbesserungsvorschlag (VV) ging dahin, die Fenster zu putzen und so die Lichtverhältnisse an den Arbeitsplätzen zu verbessern. Das Bemühen um produktive industrielle Beziehungen führte dazu, dass in den 1920er Jahren die meisten größeren Betriebe der USA ein BVW eingerichtet hatten. Auch in den USA wurden Betriebliche Vorschlagswesen im Zweiten Weltkrieg massiv ausgebaut. Die Wirtschaft im Zweiten Weltkrieg war, in Deutschland wie in den USA, gekennzeichnet durch einen gravierenden Mangel an Arbeitskräften, besonders an qualifizierten und einen massiven Druck auf die Betriebe, mit minimalem Einsatz an menschlicher Arbeit und anderen Ressourcen zu produzieren. In dieser Lage war die Nutzung aller Rationalisierungsmöglichkeiten geboten, und hier bewährte sich das Betriebliche Vorschlagswesen. In den Wirren nach Kriegsende und in den Jahren des Wiederaufbaus stellten viele Betriebe die systematische Rationalisierung erst einmal hintenan. Die Produktion aufzubauen und aufrecht zu erhalten beanspruchte die gesamte Aufmerksamkeit. Einen Aufschwung in Deutschland markierte Mitte der 60er-Jahre ein Buch mit dem zitierfreundlichen Titel „Keiner ist so klug wie alle“ (Höckel 1964). In den 1980er-Jahren begann die Integration des Betrieblichen Vorschlagswesens (BVW) mit neuen Konzepten wie dem Qualitätszirkel (QZ). Am Beginn seiner Entwicklung wirkte das Vorschlagswesen aufbauorganisatorisch isoliert, hierin lag seine Stärke. Als ganzheitliche Managementmodelle mit ihrem das gesamte Unternehmen umfassenden Anspruch auftraten, wurde die organisatorische Isolation des Betrieblichen Vorschlagswesens zunehmend als störend empfunden. Außerdem überschnitten sich in der Praxis Ziele der verschiedenen Strategien. 8 Vorwort Lässt sich der derzeitige Stand der Entwicklung des Ideenmanagements treffend als Integrationsphase bezeichnen, so ist ein Ausblick in die Zukunft schwierig. Sicherlich wird noch einige Zeit vergehen, bis die Integration des Betrieblichen Vorschlagswesens und des Kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP) in der Praxis abgeschlossen ist. Zu dieser Integration von BVW und KVP zum Ideenmanagement soll das vorliegende Taschenbuch einen Beitrag leisten. *** Nach diesem Vorwort (als Kapitel eins) stellen die beiden Kapitel zwei und drei das Konzept des Ideenmanagements vor. Besonders für Leser, die noch keine Erfahrungen mit dem Ideenmanagement haben, sind hier die Grundlagen dargestellt. Kapitel vier beschreibt verschiedene Mitarbeitergruppen, die im Rahmen des Ideenmanagements besonderer Aufmerksamkeit bedürfen. Das fünfte Kapitel stellt Beispiele erfolgreichen Ideenmanagements vor, und Kapitel sechs beschließt mit Checklisten, Formblättern und Tabellen den Text, dem zum schnelleren Zugriff nach den Literaturnachweisen ein Stichwortregister beigegeben ist. In diesem Buch werden die beiden zentralen Begriffe, wie in der betrieblichen Praxis üblich, abgekürzt: Das (oder: die) Betriebliche(n) Vorschlagswesen mit „BVW“, der Verbesserungsvorschlag oder auch mehrere Verbesserungsvorschläge mit „VV“. Der Kontinuierliche Verbesserungsprozess schließlich wird als „KVP“ abgekürzt. Neben Kollegen des Instituts für angewandte Arbeitswissenschaft haben die Verbandsingenieure Werner J. Hollstein, Wolfgang Kipar, Alfred Kraus und Walter Timmer wertvolle Anregungen beigesteuert. 9 2 Grundbegriffe In diesem Kapitel werden grundlegende Begriffe geklärt, bewährte Formen der Aufbau- und Ablauforganisation vorgestellt, der juristische Rahmen skizziert und Vergütungsfragen diskutiert. 2.1 Definitionen Ideenmanagement ist die gemeinsame Einführung und Durchführung des Betrieblichen Vorschlagswesens (BVW) und des Kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP). Hauptziel beider Strategien des Ideenmanagements ist die Verbesserung der betrieblichen Abläufe, also deren Vereinfachung, Erleichterung, Beschleunigung oder qualitative Verbesserung. Ergebnisse sind geringere Kosten oder höhere Qualität. Auch die Verbesserung des Arbeitsschutzes kann zum Gegenstand einer Strategie des Ideenmanagements erklärt werden, ebenso der Umweltschutz. Daneben werden im Ideenmanagement Humanziele wie die Beteiligung und Motivation von Mitarbeitern verfolgt. Beschäftigte, die über ihren eigenen Pflichtenkreis hinaus Vorschläge entwickeln, qualifizieren sich auf diesem Wege weiter. Auch durch die Erarbeitung von VV in Gruppen kann sich der Gesichtskreis von Mitarbeitern erweitern. Die VV können sich auf die eingesetzte Technik und auf die Organisation des Betriebes beziehen. Unternehmenspolitische Entscheidungen (z. B. die Erweiterung der Produktpalette) sind ebenso ausgeschlossen wie Personalfragen (z. B. Meister Müller in die Kostenstelle 4711 zu versetzen). 2.1.1 Betriebliches Vorschlagswesen Das BVW zielt sowohl auf kleine wie auf große Verbesserungen. Ausgangspunkt ist die Initiative der Mitarbeiter, wobei der Betrieb entsprechende Anreize setzt. Im Rahmen des BVW entwickeln die Einreicher in der Regel ihre Verbesserungsvorschläge (VV) außerhalb der eigentlichen Arbeitszeit und schlagen Verbesserungen außerhalb ihres eigenen Pflichtenkreises vor. Innerbetriebliche Fachleute begutachten diese Vorschläge. Realisierbare Vorschläge werden durch Prämien im weitesten Sinn belohnt. Für die Realisierung der VV ist das mittlere Management verantwortlich. Die derzeitige Entwicklung des Betrieblichen Vorschlagswesens kann man in einem Satz zusammenfassen: Nach einer Zeit im Schatten anderer Strategien 10 Grundbegriffe steht es zunehmend mehr im Blickpunkt des Interesses. Ein Beleg hierfür ist die wachsende Beteiligung der Mitarbeiter der Metall- und Elektroindustrie am BVW (Abb. 2-1). Abb. 2-1: Entwicklung der Verbesserungsvorschläge je 100 Mitarbeiter in der Metall verarbeitenden Industrie, der Elektro- und der Automobil-Zulieferindustrie (Daten nach dib 2004) Die Beteiligung am BVW der Elektroindustrie hat sich zwischen 1999 und 2003 fast verdreifacht. In der Metall verarbeitenden und der Automobil-Zulieferindustrie wurden trotz Rückschlägen Steigerungen um rund fünfzig Prozent erreicht. Die Metall- und Elektroindustrie gehört zu den Wirtschaftszweigen, in denen das BVW besonders aktiv ist. Das Deutsche Institut für Betriebswirtschaft (dib) erstellt eine jährliche BVW-Statistik. 17 % aller vom dib für das Jahr 2003 befragten Betriebe erreichten die Marke von mindestens einem VV pro Mitarbeiter und Jahr. In der Elektroindustrie waren es 20 %, in der metallverarbeitenden Industrie 35 % und in der Automobil-Zulieferindustrie sogar 41 % der Betriebe, die mindestens einen VV pro Mitarbeiter und Jahr erhielten. 2.1.2 Kontinuierlicher Verbesserungsprozess Das traditionelle BVW zielt auf große und kleine Verbesserungsschritte, angestoßen durch einzelne Mitarbeiter oder Vorschlagsgruppen. Innerbetriebliche Fachleute begutachten die eingereichten VV. Das mittlere Management genehmigt für gut befundene VV und veranlasst die Realisierung. Der KVP hingegen Grundbegriffe 11 fokussiert kleine und kleinste Schritte, angestoßen und realisiert auf Ebene der operativen Mitarbeiter. Das Anliegen ist die nie endende, meist kleinschrittige Verbesserung aller Bereiche des Unternehmens. Im KVP geht es vornehmlich um die Optimierung von technischen Einrichtungen und des Arbeitsablaufs. Der KVP bewegt sich zumeist in kleinen Schritten vorwärts. Seine Methode sind vom Arbeitgeber angeregte und während der Arbeitszeit durchgeführte Gruppenaktivitäten. Dabei konzentriert sich der KVP auf den Arbeitsbereich der Gruppenmitglieder. Der KVP besteht aus zwei Elementen: In Workshops werden kontinuierlich Verbesserungen erarbeitet. Standards sichern die Kontinuität der Verbesserungen. Fehlt eines dieser Elemente, so sollte man nicht von einem KVP sprechen. Die Kaizen-Philosophie wird, zumindest in Westeuropa und den USA, als Oberbegriff für vielerlei Bestrebungen verwendet, die sich auch unter den Begriff des KVP fassen lassen. Man kann Kaizen als besondere Variante des KVP sehen. In der Praxis ist die exakte Abgrenzung der Begriffe weniger bedeutsam. Auch in diesem Ratgeber werden KVP und Kaizen synonym verwendet. 2.1.3 Verbesserungsvorschlag Verbesserungsvorschläge werden sowohl im BVW wie auch im KVP entwickelt, realisiert und prämiert. VV im BVW bewegen sich regelmäßig außerhalb des Pflichtenkreises des Einreichers oder der Einreicher, VV im KVP beziehen sich typischerweise auf genau diesen persönlichen Pflichtenkreis. Gemeinsam ist den VV beider Strategien: Ein VV enthält einen konkreten Ansatz für eine Veränderung. Der bloße Hinweis auf einen Fehler, eine Schwachstelle, ein Verbesserungspotenzial reicht für einen VV nicht aus. Ein VV ist neu. Das Festschreiben guter Praxis ist kein VV. Allerdings reicht es für einen VV aus, ein an anderer Stelle bewährtes Verfahren auf ein neues Gebiet zu übertragen. Ein VV muss nicht ausgereift sein. Es reicht, wenn aufgrund eines VV ein Fachmann den Lösungsweg erkennen und ausarbeiten kann. Jedoch werden ausgereifte VV in der Regel höher prämiert. Ein VV ist kein Patent. Reicht ein Arbeitnehmer einen patentfähigen Vorschlag ein, so gelten die Regeln des Arbeitnehmererfindungsgesetzes, nicht des Ideenmanagements. Aufgrund dieser Gemeinsamkeiten ist es kein Problem, einen VV des KVP, der sich besser im BVW realisieren und prämieren lässt, in das BVW einzubringen. 12 Grundbegriffe 2.1.4 Ideenmanagement Der Kernbereich des Ideenmanagements besteht aus BVW und KVP. So wird Ideenmanagement in diesem Buch vorgestellt und definiert. In weiteren Schritten können zusätzliche Elemente, wie Qualitäts- oder Umweltmanagement, hinzukommen (vgl. Munzke & Schat 2004) und in der am weitesten ausgebauten Form zu einem Ganzheitlichen Produktionssystem integriert werden (vgl. IfaA 2002). Das Ideenmanagement wird zunächst als die Vereinigung von BVW und KVP verstanden. In einem Betrieb, der Ideenmanagement in diesem Sinne realisiert hat, findet sich sowohl ein BVW als auch der KVP, und beide Strategien sind so aufgebaut, dass sie sich wechselseitig anregen. Insbesondere die Anreizsysteme sind im Hinblick auf die wechselseitige Förderung beider Strategien ausgelegt. Damit soll aber nicht gesagt sein, dass ein Betrieb in jedem Fall und sofort ein Ideenmanagement realisieren soll. Betriebe ohne jede Erfahrung in diesem Bereich gehen am besten schrittweise vor, d. h. sie entwickeln zunächst ein BVW. Hier können Mitarbeiter auf freiwilliger Basis Erfahrungen mit kleinschrittigen Verbesserungen sammeln. Später wird dann das BVW um den KVP ergänzt und so zum Ideenmanagement erweitert. Der KVP konzentriert sich auf die kleinen Schritte. Große Innovationen, wie sie auch im BVW generiert werden, bringen eine sprunghafte Verbesserung der Rentabilität, der Qualität und anderer Zielgrößen mit sich. Doch im Alltag droht ein schleichender Verlust, zumindest eines Teils dieser Erfolge. Durch menschliche und organisatorische Unzulänglichkeiten kann der Innovationsgewinn abgebaut werden, wenn auch selten auf das vorherige Niveau. Beim KVPProzess steigt die Zielgröße in kleinen Schritten, so, wie es auch Kaizen vorsieht. Sinnvoll ist eine Kombination beider Strategien (Abb. 2-2): Um solchen ständigen, teils steilen, teils flacheren Anstieg der Produktivität zu erreichen, sind einige Punkte zu beachten: Besteht ein BVW, so sollte die Möglichkeit gegeben werden, einen KVPVorschlag auch als VV dem BVW einzureichen. Dies ist sinnvoll, wenn ein KVP-Vorschlag (auch) über das eigene Arbeitsgebiet hinausgeht und damit durch das BVW zusätzlich prämiert werden kann. So erhalten die Mitarbeiter die Sicherheit, auf jeden Fall fair behandelt zu werden. Zwar besteht die Möglichkeit, dass jemand versucht, für den gleichen VV zweimal Geld zu erhalten: Einmal durch den KVP, ein zweites Mal durch das BVW. Doch in der Praxis kommen Missbräuche kaum vor und sind durch ein Gespräch des BVW-Beauftragten mit einem solchen Einreicher abzustellen. Grundbegriffe 13 Abb. 2-2: Produktivitätsentwicklungen (Imai 1992, S. 51) Das Streben nach Produktivitätsverbesserungen muss ständig auf der Tagesordnung der obersten Führungsebene stehen. Lässt die Unterstützung durch die Betriebsleitung nach, so schläft der KVP nach kurzer Zeit ein. Bei (fast) jeder Verbesserung könnte man sich die Frage stellen, warum man nicht schon früher darauf gekommen ist. Diese Frage kann als Ansatz zum Lernen in der Organisation genommen werden mit dem Ziel, den Innovationsprozess im Betrieb zu verbessern. Die Frage, warum man nicht schon früher darauf gekommen ist, kann aber auch genutzt werden, einen Schuldigen zu suchen und jede Form von Ideenmanagement dadurch zu behindern. 2.2 Aufbau- und Ablauforganisation Traditionell bezieht sich der KVP auf das eigene Arbeitsfeld und wird im Betrieb organisiert. Dagegen gehören zum BVW außerhalb der Arbeitszeit entwickelte VV, die Verbesserungen außerhalb des persönlichen Pflichtenkreises anstreben. Auch unterliegen Grundsätze des BVW der Mitbestimmung. Entsprechend sind Aufbau- und Ablauforganisation beider Methoden unterschiedlich. 14 Grundbegriffe 2.2.1 Aufbau- und Ablauforganisation des BVW Mit der Einführung oder der Reaktivierung eines BVW ist auch über die aufbauorganisatorische Einordnung dieses BVW (neu) zu entscheiden. Mögliche Kriterien: Werden viele abteilungs-, standort- oder bereichsübergreifende VV eingereicht, so sollte das BVW auch abteilungs-, standort- oder bereichsübergreifend organisiert sein. Für eine Zuordnung des BVW zu einem technischen Bereich spricht die Fachkompetenz, die bei der Bearbeitung auf Technik zielender VV nützlich ist. Für eine Zuordnung des BVW zu einer kaufmännischen Abteilung, in der Regel zum Personalwesen, spricht der Einsatz des BVW als Instrument der Personalführung. Kleinere Betriebe führen das BVW mit anderen Stellen, beispielsweise des Qualitäts- oder Bildungswesens zusammen. Hier finden sich häufig mehrere Stabsfunktionen in einer Stelle vereinigt. Betriebe mit einem hohen Qualitätsanspruch setzen das BVW regelmäßig mit dem Ziel der Qualitätsverbesserung ein und ordnen es konsequent dem Qualitätswesen zu. Das traditionelle BVW weist einen quasi standardisierten Ablauf auf. Diesen Ablauf der Bearbeitung eines VV, wie er mit kleinen Varianten in vielen Unternehmen zu finden ist, stellt das nebenstehende Bild dar (Abb. 2-3). Die Abbildung zeigt, dass ein ganz einfacher VV acht Stufen durchläuft. Kommen noch, wie in der Praxis häufig, ein oder zwei „Schleifen“ im Begutachtungsprozess hinzu, sind es schon elf oder 14 Stufen. Solche „Schleifen“ treten auf, wenn ein Gutachten für den Einreicher oder für die Bewertungskommission nicht verständlich und nachvollziehbar formuliert ist. VV werden also regelrecht verwaltet. Die Hauptgründe hierfür sind die problematische Stellung des Gutachters (siehe S. 70, Kapitel 4.6), durch die Gutachten nicht immer in der gewünschten Zeit und mit notwendiger Qualität einlaufen und das Ziel der Verantwortlichen, durch Kontrollmechanismen Ungerechtigkeiten in der Bewertung und Vergütung zu vermeiden. Das Ziel, Ungerechtigkeit zu vermeiden, kann dazu führen, alle erdenklichen Sonderfälle auch im normalen Durchlauf eines VV zu berücksichtigen. Damit wird das BVW schwerfällig. Gut ausgearbeitete Regeln für das BVW sind notwendig, doch dürfen sie nicht das BVW ersticken. Die Abläufe im BVW werden durch Software unterstützt. Bei wenigen VV reicht hier ein Tabellenkalkulationsprogramm, bei größeren BVW mit 100 oder mehr VV pro Jahr kommt spezielle Software zum Einsatz. Grundbegriffe 15 Abb. 2-3: Ablauf des BVW (nach Bismarck 2000, S. 140) 2.2.2 Aufbau- und Ablauforganisation des KVP KVP-Aktivitäten fallen vollständig in den Bereich des jeweiligen Fachverantwortlichen. Für den KVP der Produktion ist also der Produktionsleiter zuständig, für den KVP der Verwaltung der Verwaltungsleiter etc. Eine externe Aufbauorganisation zur Förderung des KVP würde dem KVP-Gedanken geradezu widersprechen. In größeren Betrieben hat es sich als sinnvoll erwiesen, eine Stabsstelle für den KVP einzurichten. Deren Aufgaben umfassen die Ausbildung von Moderatoren, das Marketing für den KVP, die Erarbeitung der Protokolle von KVP-Sitzungen und die Überwachung der Realisierung von VV aus dem KVP. 16 Grundbegriffe Für die Zuordnung dieser Stelle finden sich in der Praxis ganz unterschiedliche Lösungen: Eine solche Stelle kann im Bereich des Betrieblichen Vorschlagswesens, aber auch im Bildungswesen oder allgemein im Personalbereich angesiedelt sein. In anderen Betrieben erweist es sich als sinnvoll, einen KVP-Beauftragten für die Abteilung einzusetzen, die am meisten den KVP einsetzt, in der Produktion oder der Logistik beispielsweise. KVP-Sitzungen können typischerweise entweder regelmäßig zwei Stunden beanspruchen, oder es werden drei bis fünf Tage dauernde Sequenzen der Erarbeitung und Realisierung von Verbesserungen durchgeführt. Diese Veranstaltungen sind zwar für die Beschäftigten selten (ein bis maximal zwei Durchläufe pro Jahr), für die Moderatoren und für den Betrieb insgesamt jedoch standardisiert. Ein Praxisbeispiel hierzu findet sich in Kapitel 5.4 ab Seite 81. Der KVP in Aktion besteht aus zwei Elementen, einem dynamischen und einem statischen: Workshop und Standard gemeinsam halten den KVP sowohl in Fluss wie auch in Form. Lediglich der Darstellung halber werden sie hier getrennt vorgestellt. Denn: Nur ein KVP mit Workshops generiert kontinuierlich Verbesserungen, und ein KVP mit Standards garantiert die Kontinuität der Verbesserungen. Beide Elemente müssen in einem KVP realisiert sein. 2.2.2.1 Der Workshop Ein KVP-Workshop beschäftigt sich in der Regel mit einem bestimmten Problem. Das Problem kann von unterschiedlichen Bereichen eingebracht werden. Jedoch sollten die im KVP-Team versammelten Mitarbeiter direkt von diesem Problem betroffen sein. Als Teamgröße haben sich fünf bis neun Mitarbeiter bewährt, möglicherweise spontan um ein oder zwei Experten anderer Abteilungen, die bei der Ausarbeitung eines Lösungswegs hilfreich sein können, ergänzt. Beispielsweise können bei einem Schnittstellenproblem beide Seiten beteiligt werden. Insbesondere zu Beginn des KVP wird man vorrangig die Leistungsträger eines Betriebs in die KVP-Teams berufen. Einige Beispiele für Bereiche, aus denen KVP-Themen entnommen werden können: betriebliche Abläufe Qualität Instandhaltung, Wartung Energie- und Materialverbrauch Instandsetzung Einarbeitung neuer Mitarbeiter Logistik und Informationsflüsse Fehlzeiten, Krankenstand Ordnung und Sauberkeit Termintreue Insbesondere bei der Einführung des KVP sollten keine Themen angesetzt werden, die innerbetrieblichen „Sprengstoff“ darstellen. „Fehlzeiten“ oder „Kran- Grundbegriffe 17 kenstand“ sind Themen, die nach längerer Erfahrung mit dem KVP behandelt werden können, jedoch nicht in der Einführungsphase des KVP. Themen, die rechtlich abschließend geregelt sind, sind grundsätzlich für den KVP untauglich. Die Dauer eines KVP-Workshops hängt vom Umfang des Problems ab. Die Mitarbeiter benötigen Zeit, um das Problem zu verstehen und umsetzbare, effektive Lösungen vorzuschlagen. In 11⁄2 bis 4 Stunden lassen sich für typische Probleme kleiner und mittelständischer Unternehmen gute Lösungsansätze erarbeiten. Statt längere Sitzungen empfiehlt es sich bei komplexeren Problemstellungen eher, mehrere kürzere Sitzungen einzuberufen. Wichtig ist beim KVP, wie im Ideenmanagement überhaupt, dass die beteiligten Mitarbeiter sehen, wie ihre Lösungsansätze schnell umgesetzt werden. Dies ist besonders bei der Einführung von KVP wichtig. Im Zwei-Schicht-Betrieb wird der Workshop i. d. R. so gelegt, dass Mitarbeiter aus beiden Schichten teilnehmen können. Im Dreiund Mehrschichtbetrieb bieten sich grundsätzlich zwei Strategien an: Zum einen kann man den KVP vollständig ausgliedern und an einem Sonnabend oder während anderer Zeiten der Betriebsruhe durchführen. Zum anderen können Vorschläge einer Arbeitsgruppe den anderen Schichten durch Aushang, beispielsweise im Gruppen- oder Frühstücksraum, bekannt gegeben werden. Erhebt innerhalb einer bestimmten Zeit, vier oder sechs Wochen sind bewährte Werte, niemand Einspruch, dann wird der Vorschlag umgesetzt. Der Raum, in dem die KVP-Sitzung stattfindet, sollte in der Nähe der betreffenden Abteilung, also beispielsweise der Produktion, liegen. So können schnell Ortsbesichtigungen durchgeführt oder andere Kollegen befragt werden. Dennoch sollte der Raum ungestörtes Arbeiten ermöglichen. Selbstverständlich sind Visualisierungsmittel wie Flipchart, Tageslichtprojektor und Moderationsmaterial notwendig. 2.2.2.2 Der Standard Auf der Basis eines Standards werden die Arbeitsprozesse im Betrieb durchgeführt. Gleichzeitig geben Standards Orientierung für weitere Verbesserungen. Standards zeichnen sich also durch folgende Eigenschaften aus: Sie dienen der Absicherung des erreichten Verbesserungsniveaus. Sie dienen der Einhaltung von Qualität, Kostenvorgaben, Terminen, Sicherheit etc. Sie beschreiben den besten, einfachsten und sichersten Weg zur Arbeitsausführung. Sie sind die Basis für weitere Verbesserungen (vgl. Fremmer 1999, S. 62). Zentraler Angriffspunkt für den KVP ist der Prozess der Leistungserstellung. Dieser Prozess soll ohne Fehler, also mit hoher Prozesssicherheit ablaufen. Die 18 Grundbegriffe Prozesssicherheit wird erhöht, je häufiger der Prozess auf die gleiche Art und Weise durchgeführt wird. Und diese „gleiche Art und Weise“ wird durch einen Standard gesichert. Mehr noch: „Durch die Standardisierungsmaßnahmen wird auch ein hoher Wiederholungsgrad der Prozesse sowie der Tätigkeiten der in den Prozessen involvierten Personen erreicht, was wiederum die Prozesssicherheit erhöht. Der hohe Wiederholungsgrad reduziert zudem die Kosten durch die Kostenerfahrung. Folgerung: Ein Unternehmen, das gleichzeitig die Ziele Kostenreduktion und Prozesssicherheit verfolgt, sollte Standardisierungsmaßnahmen einführen“ (Maas 2002, S. 59). 2.3 Der juristische Rahmen Während das BVW im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ausdrücklich erwähnt wird, ist dies beim KVP nicht der Fall. Daher werden beide Methoden diesbezüglich getrennt behandelt. 2.3.1 Der juristische Rahmen des BVW Gesetzliche Vorgaben zum Inhalt und zur konkreten Ausgestaltung von Verfahren des Betrieblichen Vorschlagswesens gibt es nicht. Umgekehrt ist der Bereich der Arbeitnehmererfindungen seit langem geregelt – doch im Durchschnitt sind, je nach Betriebsart, nur ein Promille bis drei Prozent aller VV Arbeitnehmererfindungen im Sinne des Gesetzes. Nur wenn der Arbeitgeber einen VV eines seiner Mitarbeiter verwendet und Nutzen daraus zieht, ist er grundsätzlich zur Zahlung einer Vergütung verpflichtet. Bei einem typischen VV im Rahmen des BVW handelt es sich um eine Sonderleistung, also um eine Leistung über den arbeitsrechtlich vereinbarten Umfang hinaus. Die grundsätzliche Pflicht zur Vergütung eines genutzten VV gilt auch, wenn der Arbeitgeber kein BVW eingerichtet hat. Die Annahme und Verwendung eines VV wird als Annahme eines Dienstes gesehen. Dazu bedarf es nicht einer wörtlichen oder gar schriftlichen Vereinbarung. Grundlage für die Vergütung eines solchen Dienstes wie der Erstellung eines VV ist § 612 Absatz 1 und 2 BGB: § 612 BGB: (1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. (2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen. Grundbegriffe 19 Einige Betriebe lassen zum BVW auch Personen zu, die keine Arbeitnehmer sind, Ruheständler oder Auszubildende beispielsweise. Bei der Erarbeitung eines VV können die Einreicher Zeit, Ort und Dauer ihrer Tätigkeit selbst bestimmen, werden daher weder zu Arbeitnehmern noch zu arbeitnehmerähnlichen Personen (Palandt 2001, Einf. vor § 611 BGB, Rz 10). Nach § 87 Absatz 1 Ziffer 12 BetrVG hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht über die Grundsätze des Betrieblichen Vorschlagswesens: BetrVG § 87 (1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen: […] 12. Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen; […] (2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Unstreitig hat der Betriebsrat bei den Grundsätzen über das BVW mitzubestimmen, wenn ein BVW eingerichtet ist oder eingerichtet wird. Jedoch ist davon auszugehen, „dass der Arbeitgeber grundsätzlich nicht dazu gezwungen werden kann, überhaupt Verbesserungsvorschläge anzunehmen und zu verwerten“ (Anić 2001, S. 575). § 87 Abs. 1 Nr. 12 beschränkt das Mitbestimmungsrecht auf die Grundsätze des BVW und schließt damit die Einführung und Beendigung eines BVW aus (vgl. Stege u. a. 2002 § 87 Rz 20 Nr. 1 Bsp. 5). Ein Betriebsrat hat ein Initiativrecht in Sachen BVW. Maßgeblich ist hier der Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 28. 4. 1981, dessen erster Leitsatz lautet: „Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates zur Regelung der Grundsätze für ein betriebliches Vorschlagswesen ist nicht davon abhängig, dass der Arbeitgeber zuvor ein betriebliches Vorschlagswesen ‚errichtet‘ oder dafür Mittel bereitstellt. Der Betriebsrat hat vielmehr ein Initiativrecht, sobald für eine allgemeine Regelung ein Bedürfnis besteht.“ Ein solches Bedürfnis besteht, wenn der Arbeitgeber regelmäßig VV verwendet. Es besteht auch, wenn der Arbeitgeber ankündigt, künftig regelmäßig VV verwenden zu wollen. In der Praxis wird sich eine an einem gedeihlichen Betriebsklima interessierte Unternehmensleitung dem Wunsch des Betriebsrats, über ein BVW zu sprechen, kaum verschließen. In einer grundsätzlich gespannten Atmosphäre erscheint es angeraten, das (mitbestimmungspflichtige) BVW unmissverständlich und eindeutig von anderen (mitbestimmungsfreien) Instrumenten wie dem KVP oder dem Qualitätszirkel abzugrenzen und so die Beteiligung des Betriebsrates auf dieses Feld zu beschränken. Ist kein Betriebsrat vorhanden, werden die Richtlinien vom Unternehmen festgelegt. 20 Grundbegriffe Mitbestimmungspflichtig sind die Grundsätze des BVW, also beispielsweise die Ziele, die teilnahmeberechtigten Arbeitnehmergruppen, der Ablauf (wo einreichen, wer bewertet wie, nach welchen Regeln werden Prämien zuerkannt). Mitbestimmungsfrei ist die Frage, ob die BVW-Kommission, wenn es sie gibt, paritätisch besetzt wird oder nicht. Vor 1989 war eine paritätische Kommission Voraussetzung für gewisse Steuerprivilegien, seither ist diese Regel entfallen. Mitbestimmungsfrei sind Entscheidungen über Maximal- und Minimalprämien und über die Vergabe von Anerkennungen bei nicht realisierten VV. Mitbestimmungsfrei sind alle Regeln zu Personengruppen, die nicht vom Betriebsverfassungsgesetz erfasst werden, also leitende Angestellte, freie Mitarbeiter, Mitarbeiter von Fremdfirmen und selbstverständlich Kunden oder Außenstehende. Ebenfalls unterliegen Einzelentscheidungen, etwa über einzelne VV oder über die Bestellung der am BVW Beteiligten (BVW-Beauftragter, BVW-Kommission) nicht der Mitbestimmung. Allerdings werden auch mitbestimmungsfreie Punkte teilweise auf freiwilliger Basis in Betriebsvereinbarungen geregelt. Prämien des BVW sind grundsätzlich zu versteuern. Näheres siehe Abschnitt 2.4, ab Seite 21. 2.3.2 Der juristische Rahmen des KVP Gewerkschaften halten nicht nur das BVW, sondern auch den KVP für mitbestimmungspflichtig, mit dieser Begründung: „Auch bei KVP gilt, dass Beschäftigte außerhalb ihres Pflichtenkreises Verbesserungsvorschläge erarbeiten, sodass von einer Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 12 BetrVG auszugehen ist“ (Fischer 2001, S. 271). Wenn es aber zum Pflichtenkreis eines Arbeitnehmers gehört, Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten, dann entfällt selbstverständlich auch das Mitbestimmungsrecht. Doch wird gelegentlich auch umgekehrt argumentiert: Ist die kontinuierliche Verbesserung von Produktionstechnik und -abläufen Teil der Arbeitsaufgabe, so könnte dies mit der Eingruppierung in eine der unteren tariflichen Entgeltgruppen kollidieren. Da zudem in manchen Unternehmen der Betriebsrat zumindest faktisch die Möglichkeit hat, einen KVP ernsthaft zu behindern, empfiehlt sich der Abschluss einer entsprechenden Betriebsvereinbarung. Hier kann auch ausgeschlossen werden, dass einem Beschäftigten aufgrund einer von ihm angestoßenen Rationalisierung betriebsbedingt gekündigt wird. Mit Mitarbeitern, die Angst um ihren Arbeitsplatz haben, funktioniert der KVP nicht. Auch der, in der Praxis nur sehr selten vorkommende Fall einer Arbeitnehmererfindung im Rahmen des KVP kann in einer Betriebsvereinbarung angesprochen werden. Grundbegriffe 21 2.4 Vergütung Grundsätzlich wird ein VV für das BVW als Extra-Leistung außerhalb der Arbeitszeit und Arbeitsaufgabe entwickelt, während der KVP innerhalb derselben durchgeführt wird. Damit müssen Prämien u. ä. eine je eigene Ausgestaltung erfahren. Eine systematische Übersicht (Abb. 2-4): Abb. 2-4: Vergütung im KVP (Becker 1996 nach Reichel & Cmiel 1994, S. 35) KVP mit der Prämierung im Entgeltsystem und das BVW mit seiner eigenen Prämierung sind eindeutig festgelegt. VV, die nicht Bestandteil der Arbeitsaufgabe sind, wohl aber den räumlich-funktionalen Arbeitsbereich des Einreichers betreffen, werden in der Praxis analog zu Prämien im BVW bewertet, in einigen Fällen um einen Korrekturfaktor gemindert (siehe Seite 29). Prämien des BVW sind grundsätzlich zu versteuern. Sachprämien, die unter den Begriff von „Waren oder Dienstleistungen, die vom Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer hergestellt, vertrieben oder erbracht werden“ (§ 8 Abs. 3 Einkommenssteuergesetz in der Fassung vom 29. 12. 2003), fallen, sind bis zu einem vergleichsweise hohen Betrag (derzeit 1 125 €) pro Jahr steuer- und sozialversicherungsfrei. (Im Gesetzestext sind 1 080 € angegeben. Jedoch geht der Gesetzgeber von um 4 % geminderten Endpreisen „zu denen 22 Grundbegriffe der Arbeitgeber oder der dem Abgabeort nächstansässige Abnehmer die Waren oder Dienstleistungen fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet“ (a.a.O.) aus, sodass 1 125 € unkorrigierter Endpreis gemeint sind. Ein Unternehmen hat seinen Katalog der Handelsware, insbesondere der Werbeartikel für gewerblichen Endkunden auch im Hinblick auf erfolgreiche VVEinreicher gestaltet. Im Übrigen sind Sachprämien, sei es aus dem BVW oder einem anderen Anlass, unter einem Betrag von derzeit 44 € (§ 8 Abs. 2 Nr. 9 Einkommenssteuergesetz) pro Monat für den Mitarbeiter steuerfrei. Um Sachprämien besonders hervorzuheben, werden die Gutscheine oft zu regelrechten Prämien-Urkunden ausgestaltet (Abb. 2-5). Abb. 2-5: Prämienscheck als Ideenmanagement-Urkunde (nach Fischer u. a. 2003, S. 259) Die steuerliche Behandlung von Prämien ist regional nicht einheitlich. Hier ist der Rat eines mit den lokalen Gegebenheiten vertrauten Steuerberaters zu empfehlen. Wie bei kaum einem anderen Thema lohnt es sich, die aktuellen Entwicklungen zu verfolgen, beispielsweise durch die Lektüre der Zeitschrift „Ideenmanagement“, herausgegeben vom Deutschen Institut für Betriebswirtschaft. Sinnvoll ist auch die Teilnahme an Erfahrungs-Austauschgruppen, wie sie von einigen Arbeitgeberverbänden oder Industrie- und Handelskammern organisiert werden. Grundbegriffe 23 2.4.1 Vergütung im BVW „Gesetzliche Vorgaben wie auch – zumindest in der Metall- und Elektroindustrie – tarifliche Regelungen zum Inhalt und zur konkreten Ausgestaltung von Verfahren des Betrieblichen Vorschlagswesens gibt es nicht“ (Reichel & Cmiel 1994, S. 24) – daran hat sich bis heute nichts geändert. Daher muss jeder Betrieb sein individuelles System des BVW und seiner Vergütung entwickeln. Die Prämie des BVW kann als Anreiz nicht nur Menge, sondern vor allem auch Art und Richtung der eingereichten VV beeinflussen. In der neueren Diskussion erscheint immer wieder der Ansatz, auf eine Prämie überhaupt zu verzichten (grundlegend Sprenger 1994). Einige Betriebe gehen in der Konsequenz davon aus, dass das Vorschlagen von Verbesserungen zum Arbeitsgebiet eines jeden Mitarbeiters gehört. Wenn Mitarbeiter vorrangig auf Entgeltanreize reagieren, dann muss auf diesen monetären Aspekt Wert gelegt werden. Ansonsten sind auch Instrumente, die auf immaterielle Anreize abzielen, (z. B. Sonderparkplatz für den Mitarbeiter des Monats) anzusetzen. Doch gilt es auch hier, situativ zu entscheiden. In manchen Unternehmen ist die Prämienkultur Besitzstand, und in anderen Unternehmen werden Verbesserungen mit großen Effekten ohne jegliche Prämierung erzielt. Deshalb muss jedes Unternehmen seine eigene Lösung finden. Der Einreicher eines VV soll also an dem Nutzen, den sein Vorschlag dem Betrieb gebracht hat, angemessen beteiligt werden. Diese Forderung stößt jedoch auf einige Probleme: In einigen Fällen ist die Wirtschaftlichkeit nur schwer zu ermitteln. Und selbstverständlich „sollen die Kosten der Bewertung den wirtschaftlichen Nutzen des Verbesserungsvorschlages nicht übersteigen“ (Bismarck 2000, S. 202 f.). Andere Vorschläge beziehen sich auf kaum monetär quantifizierbare Verbesserungen des Arbeits- oder Umweltschutzes. Schließlich kann die Wirtschaftlichkeit eines VV durch übergeordnete Unternehmensentscheidungen verhindert werden, wenn beispielsweise die Verbesserung einer Produktion vorgeschlagen, gleichzeitig aber die Einstellung dieser Produktion beschlossen wird. In allen Fällen kommt es darauf an, eine praktikable, von allen Seiten möglichst als fair empfundene Vorgehensweise zu finden. Es stehen verschiedene Methoden zur Auswahl, hier eine systematische Übersicht (Abb. 2-6): Unter den Bewertungsmethoden lassen sich auf einen bestimmten Zeitraum bezogenen und grundsätzlich auf Dauer angelegte Methoden unterscheiden. In der Praxis treten beide Ansätze teilweise auch gemeinsam auf. 24 Grundbegriffe Abb. 2-6: Bewertungsmethoden im BVW (modifiziert und erweitert nach Hack 1977, S. 169) Zu den Methoden im Einzelnen: 2.4.1.1 Zeitraumbezogene Bewertungsmethoden Im Rahmen der zeitraumbezogenen Methoden werden insbesondere die Vorschlagskampagne, der Wettbewerb und die Verlosung angewendet. Bei einer Vorschlagskampagne werden (ggf. zusätzlich) alle VV prämiert, die aus einem bestimmten sachlichen oder personellen Bereich stammen. Beispiele aus der Praxis: Ein Betrieb wollte die Energiekosten reduzieren und Grundbegriffe 25 belohnte alle VV mit diesem Ziel mit einem Sachpreis. Ein anderer Betrieb strebte an, die sich bislang am BVW kaum beteiligenden Außendienstler zu aktivieren und spendierte jedem Außendienstler für seinen ersten VV einen Regenschirm. In beiden Fällen stieg die Zahl der gewünschten VV bereits in den ersten Wochen der Kampagne. Bei einem Wettbewerb wird ein Preis für die Abteilung, Arbeitsgruppe oder den Einreicher ausgelobt, der in einer bestimmten Dimension am besten abschneidet. So wird für die Mitarbeiter der Meisterei mit den meisten VV je Mitarbeiter vom Betrieb ein Grillfest veranstaltet. In einem anderen Betrieb erhält der Einreicher, dessen Vorschläge die höchste Einsparung laufender Kosten erbringt, eine Extraprämie. Eine Verlosung wird häufig eingesetzt, um mit kleinem Aufwand besondere Schwerpunkte zu setzen. Will man die Anzahl der VV überhaupt erhöhen, so erhalten die Mitarbeiter für jeden VV ein Los. Sollen bisher nicht am BVW beteiligte Mitarbeiter aktiviert werden, so wird eine Verlosung speziell für Ersteinreicher durchgeführt. Werden mehr VV zu Qualitätsthemen gewünscht, wird für jeden VV zu diesem Thema ein Los ausgegeben. Die Gewinne einer BVW-Verlosung sind in der Regel Sachpreise: Reisen, ein Abendessen zu Zweit oder das Recht, für eine gewisse Zeit auf einem besonderen Firmenparkplatz zu parken. Allen drei Formen ist gemeinsam, dass sie nur für einen vorher festgelegten Zeitraum Gültigkeit haben. Zeitraumbezogene Bewertungsmethoden werden in der Regel mit einem dieser beiden Ziele eingesetzt: Ein „eingeschlafenes“ BVW soll reaktiviert werden. Dazu werden für einen gewissen Zeitraum die Prämien erhöht und/oder teilweise vom Erfolg des VV abgekoppelt. Die Betriebsleitung möchte Verbesserungen in einem bestimmten Bereich des Betriebs erreichen und speziell hierfür VV erhalten. 2.4.1.2 Auf Dauer angelegte Methoden bei rechenbarer Einsparung Ist der Nutzen eines VV für den Betrieb mit vernünftigem Aufwand errechenbar, so wird der Einreicher in der Regel seine Prämie in Abhängigkeit von diesem betrieblichen Nutzen erhalten. In Betrieben der Metall- und Elektroindustrie werden Systeme mit proportionaler, degressiver oder gedeckelter Prämie angewendet, progressive Prämienregelungen sind nicht vorfindbar. Unabhängig davon, kann die Prämie stetig oder in Stufen festgelegt werden. Wiederum von den beiden zuvor genannten Parametern unabhängig, kann die Prämie vor oder nach dem Realisierungszeitraum ermittelt werden. Selten sind Korrekturfaktoren vorgesehen. Zu den vier Dimensionen im Einzelnen: 26 Grundbegriffe Proportionale, degressive oder gedeckelte Prämienkurve Die Prämienkurve gibt an, welche Prämie ein Einreicher für einen bestimmten errechneten Nutzen seines VV erhält. Basis ist üblicherweise der Nutzen des ersten Jahres, nicht der Folgejahre – soweit das vorgeschlagene Verfahren dann überhaupt noch angewendet wird. Die Kurve für den Zusammenhang von betrieblichem Nutzen und der Prämie kann proportional verlaufen: Bei dieser Art der Prämierung erhält der Einreicher bei doppeltem Nutzen für den Betrieb auch eine doppelt so hohe Prämie. Grundgedanke dieser Prämierungsform ist, dass der Erfolg zwischen Betrieb und Einreicher geteilt werden soll. Zur Prämienhöhe siehe Seite 27. degressiv verlaufen: Auch bei dieser Art der Prämierung erhält der Einreicher bei höherem Nutzen für den Betrieb auch eine höhere Prämie. Aber die zusätzliche Prämie sinkt mit der Höhe des Nutzens. Bei einem doppelt so hohen betrieblichen Nutzen erhält der Einreicher weniger als das Doppelte der Prämie. Grundgedanke dieser Prämierungsform ist, dass zwar einerseits der Nutzen zwischen Betrieb und Einreicher geteilt werden soll, andererseits hauptsächlich die geistige Arbeit des Einreichers zu würdigen ist, die teilweise unabhängig vom betrieblichen Nutzen zu leisten ist. Die ersten 10 000 € betrieblichen Nutzens werden also in besonderem Maße dem Einreicher zugeschrieben, hierfür erhält er eine besonders hohe Prämie. Die folgenden 10 000 € betrieblichen Nutzens werden mehr den betrieblichen Umständen zugeschrieben – der Betrieb behält einen größeren Anteil. Beispiel: Zwei Einreicher schlagen unabhängig voneinander die Optimierung zweier Produkte vor. Alleine für die Erarbeitung der VV sollen sie je eine gewisse Summe erhalten. Verkauft sich nun eines der optimierten Produkte besonders gut, so ist das mehr im Bereich des Betriebes als im Bereich des Einreichers begründet. Entsprechend ist in diesem Bereich der Anteil des Betriebes am zu verteilenden Nutzen höher. gedeckelt verlaufen: Diese Variante kann mit einer proportionalen oder mit einer gedeckelten Prämienkurve einhergehen. Die Grundidee liegt hier im Gedanken, dass ein Einreicher in der Regel nur einen gewissen betrieblichen Nutzen mit seinem Vorschlag bewirken kann. Ist der Nutzen im (seltenen) Einzelfall höher, wird dies eher als Zufall betrachtet, mit dem der Einreicher und dessen zu belohnende geistige Arbeit nichts zu tun hat. Außerdem wird argumentiert, durch eine exorbitante Prämie werde der Einreicher in seinem Arbeitsumfeld isoliert, der Neid der Kollegen könnte ein produktives Arbeiten in dieser Gruppe verhindern. Alle weiteren Verläufe der Prämienkurve, die theoretisch denkbar sind, werden in der Praxis nicht angewendet. Grundbegriffe 27 Für die Frage nach der prozentualen Höhe der Prämie liegen Zahlen für die in der Praxis fast ausschließlich angewendeten Verfahren der proportionalen und der gedeckelten proportionalen Prämierung vor. Beispielsweise: „Als Prämie zahlt die DaimlerChrysler AG 30 % der errechneten Einsparungen des ersten Nutzungsjahres aus“ (Bauer 2000, S. 35), ebenso die Dresdner Bank (Burski 2001, S. 202). Aus juristischer Sicht wird eine Beteiligung von 15 % bis 35 % der Nettoeinsparung im ersten Jahr als „nicht unbillig“ angesehen (vgl. Anić 2002, S. 148). Stetige und gestufte Verfahren Bei stetigen Verfahren wird die Prämie bis auf den letzten Cent genau ausgerechnet. Dies kann zu hohem Rechenaufwand und zu unproduktivem Feilschen führen. In einigen Fällen werden Prämien daher in Stufen aufgeteilt, die jeweils als eine „glatte“ Summe ausgezahlt werden (nur Vielfache von 10 € beispielsweise). 2.4.1.3 Prämien für nicht rechenbare Einsparungen Hier haben sich Punktetabellen bewährt. Ein typisches Beispiel (Abb. 2-7): Abb. 2-7: Punktsystem zur Bewertung von VV 28 Grundbegriffe In diesem Beispiel ist die Bewertung der Punkte an den durchschnittlichen Lohn- und Gehaltssatz im Betrieb gekoppelt. Das hat den Vorteil, dass die Prämien des BVW sich automatisch an das Entgeltniveau im Betrieb anpassen. Dadurch werden Konflikte um die immer wieder notwendige Anpassung der Prämien vermieden. Andererseits führt dies Verfahren zu „krummen“, nicht eingängigen Zahlen. Andere Betriebe bewerten daher jeden Punkt mit beispielsweise 10 €. Systematisch betrachtet, kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich der betriebliche Nutzen durch VV mit dem durchschnittlichen Lohn- und Gehaltssatz im Betrieb ändert. Damit erscheint die Kopplung der Prämie pro Punkt an das im Betrieb gezahlte Entgelt unlogisch. Jedoch muss die Prämie eine gewisse Höhe erreichen, um einen Anreiz zur Beteiligung am BVW zu geben. Die Prämie muss also der allgemeinen Entwicklung des Geldwertes angepasst werden, sonst verliert sie ihre motivierende Wirkung. Überlegt sich ein Beschäftigter, ob er die Mühe der Entwicklung und Einreichung eines VV auf sich nehmen soll, so denkt er an die zu erwartende Prämie, deren Höhe am ehesten in Relation zum Lohn bzw. Gehalt wahrgenommen wird. Daher wird die Entwicklung der Prämienhöhe an die Entgeltentwicklung im jeweiligen Betrieb und nicht an Tarifabschlüsse, die Inflationsrate oder andere Parameter gekoppelt. Neben Verbesserungsgrad und Anwendungshäufigkeit finden sich auch andere Kriterien, beispielsweise die Realisierungsreife oder die Auswirkungen auf Qualität, Arbeitssicherheit oder andere wichtige Kenngrößen des Betriebs. Wichtig ist, dass die Tabelle einfach und nachvollziehbar gehalten wird. 2.4.1.4 Zeitpunkt der Prämierung, Korrekturfaktoren und Sperrzeiten Prämierung vor oder nach dem Realisierungszeitraum Die Prämie kann sich auf die errechnete Einsparung beziehen und damit bereits vor oder zu Beginn der Realisierung festgestellt und ausbezahlt werden. Die Prämie kann sich aber auch auf die tatsächlich realisierte betriebliche Einsparung im ersten Jahr beziehen und damit erst nach diesem ersten Jahr der Realisierung ermittelt und ausgeschüttet werden. In der Praxis finden sich beide Verfahren. Betriebe, die vor oder mit Beginn der Realisierung die Prämie berechnen und auszahlen, belohnen ihre Einreicher schnell und animieren zu weiteren VV. Diese Vorgehensweise findet sich besonders häufig in Betrieben mit einer hohen Zahl VV je Mitarbeiter. Die Prämie erst nach der Realisierung einer Einsparung auszuzahlen, sorgt für eine nicht auf anfechtbaren Annahmen beruhende und daher als gerecht empfundene Prämierung. Dies Vorgehen findet sich insbesondere in Betrieben, in denen Führungskräfte dem BVW eher misstrauisch gegenüber stehen und auf Grundbegriffe 29 jeden Fall eine überhöhte Prämierung vermeiden wollen. Jedoch führt die nachträgliche Prämierung aufgrund der langen Zeit zwischen Einreichung des VV und Ausbezahlung der Prämie kaum zu einem Anreiz, sich (weiterhin) am BVW zu beteiligen. In der Praxis wird daher häufig die errechnete Einsparung als Basis für die Prämierung genommen. In den Fällen einer nachträglichen Prämierung wird in einigen Betrieben wenigstens ein Abschlag auf die Prämie mit Beginn der Realisierung des VV ausgezahlt. Korrekturfaktoren und Sperrzeiten Bei der Berechnung der Prämie werden in einigen Fällen „Korrekturfaktoren“ angewendet. Diese können personen- oder sachbezogen angesetzt werden. Personenbezogene Korrekturfaktoren sollen die Prämie für Führungskräfte und andere Mitarbeiter, von denen Verbesserungsvorschläge kraft ihrer Stellung erwartet werden, reduzieren und die Prämie für Vorschläge aus Gruppen, von denen solche Vorschläge eigentlich nicht zu erwarten sind, von Auszubildenden oder Ruheständlern beispielsweise, erhöhen. Hintergrund ist hier die Überlegung, dass ein Verbesserungsvorschlag eine Sonderleistung des Arbeitnehmers ist, die je nach Stellung des Mitarbeiters mehr oder weniger gesondert zu vergüten ist. Sachbezogene Korrekturfaktoren werden in Abhängigkeit von der Originalität sowie der Reife, der Brauchbarkeit, der direkten Umsetzbarkeit des Vorschlags angerechnet. Nach dem Neuanlaufen einer Produktionsanlage und ähnlich großen Innovationen wird oft eine, beispielsweise halbjährige, Sperre für Verbesserungsvorschläge verhängt. Die Begründung lautet: In dieser Zeit sind die Verbesserungsmöglichkeiten dermaßen offensichtlich, dass ein VV keine Sonderleistung darstellt. Doch wird dies Vorgehen in Frage gestellt, da so auch nicht triviale VV unterbunden werden, die gerade in der Anlaufphase hilfreich sein können. 2.4.2 Vergütung im KVP Der KVP ist tief mit den normalen betrieblichen Abläufen und dessen Entgeltfragen verbunden, daher ist das Vergütungssystem sorgfältig zu konzipieren und auf das Entgeltsystem des Betriebs abzustimmen. Die Vergütung im KVP soll als gerecht empfunden werden, also nach Kriterien und Verfahren erfolgen, die für alle Beteiligten nachvollziehbar und grundsätzlich als fair empfunden werden. Zwei Problemkreise sind in der Praxis zu beobachten: 30 Grundbegriffe KVP-Zirkel finden während der Arbeitszeit statt. Daher wird nicht die Teilnahme am KVP selbst entlohnt, sondern besonders erfolgreiche Personen und Gruppen im Rahmen des Leistungsentgelts zusätzlich prämiert. Der KVP zielt auf Rationalisierung am eigenen Arbeitsplatz. Dabei ist eine technische oder organisatorische Optimierung, nicht aber Leistungsverdichtung, angestrebt. Doch sind hier Ängste und Bedenken von Beschäftigten ernst zu nehmen und im Entgeltsystem des Betriebs zu berücksichtigen – Mitarbeiter werden kaum zu kreativen Lösungen im KVP kommen, wenn sie davon individuelle Nachteile befürchten. Zunächst wird die Prämierung des KVP im Rahmen des Leistungsentgelts behandelt, dann die Berücksichtigung der Rationalisierung am eigenen Arbeitsplatz. 2.4.2.1 KVP mit Prämierung Grundsätzlich kann die Vergütung für den KVP beim einzelnen Beschäftigten oder bei der Gruppe ansetzen, die die VV erarbeitet hat. Dann wird der Gruppe eine Prämie zugewiesen, die auf die einzelnen Gruppenmitglieder verteilt wird. Leistungsbewertung der einzelnen Gruppenmitglieder Einige Betriebe lassen die KVP-Sitzungen durch den Gruppensprecher oder durch einen zum KVP-Moderator ausgebildeten Mitarbeiter, beispielsweise aus dem Qualitätswesen, leiten. Häufig ist bei diesen Sitzungen der Vorgesetzte nicht anwesend. Er kann also die Leistung der einzelnen Mitarbeiter im KVP nicht direkt beurteilen. Jedoch kann die Leistungsbeurteilung auch durch die Gruppe erfolgen. Diese Vorgehensweise gelingt unter folgenden Voraussetzungen: Das Beurteilungsverfahren wird mit den Leistungsmerkmalen und Stufen zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat vereinbart und der Gruppe vorgegeben. Das Beurteilungsverfahren ist einfach, übersichtlich und für die Mitarbeiter leicht verständlich. Die Mitarbeiter wissen, wie die Beurteilung der Leistungszulage durchgeführt wird und wie sie sich im eigenen Geldbeutel auswirkt. Der Beurteilungsprozess in der Gruppe wird von einem gruppenexternen Moderator – der nicht die Führungskraft der Gruppe ist – gesteuert. Die Leistungsbewertung von Gruppenmitgliedern durch die Gruppe selbst durchführen zu lassen, hat sich, insbesondere im gewerblichen Bereich, vielfach bewährt. Grundbegriffe 31 Auf die Gruppe bezogenes Leistungsentgelt Hier haben sich Verfahren bewährt, bei denen Leistungsbeurteilung und Leistungsmessung kombiniert werden. Dabei wird die Leistung des einzelnen Beschäftigten beurteilt und die Leistung der Gruppe gemessen. Diese Vorgehensweise findet sich bei zwei Varianten. Beiden Varianten gemeinsam ist das Grundentgelt. In einem Fall (linke Säule) kommt zum Grundentgelt eine Leistungszulage, die anhand einer Leistungsbeurteilung ermittelt wird, und eine Zusatzprämie, die einem Anteil an der durch Leistungsmessung ermittelten Gruppenprämie entspricht. Häufig wird die Gruppenprämie einfach durch die Zahl der Gruppenmitglieder dividiert und so der jedem Mitglied zukommende Betrag ermittelt. Individuelle Leistungsunterschiede sind ja bereits in der persönlichen Leistungsbeurteilung ermittelt und dann prämiert worden. Im zweiten Fall (rechte Säule) wird zum Grundentgelt nur die Gruppenprämie gezahlt. Diese kann, wie im ersten Fall, nach Kopfzahl verteilt, aber auch gemäß einer Leistungsbeurteilung zu ungleichen Teilen vergeben werden. Wichtig ist in allen Fällen ein einfaches, transparentes Verfahren, das als gerecht empfunden wird (Abb. 2-8). Abb. 2-8: Varianten des Leistungsentgelts bei Gruppenarbeit Die Methode, die Gruppenprämie in gleichen Eurobeträgen an die Gruppenmitglieder zu verteilen, verfolgt zwei Grundgedanken: Jede Kette ist nur so stark, wie das schwächste Glied und 32 Grundbegriffe die Gruppe ist auch dafür verantwortlich, dies „schwächste Glied“ zu stärken, also beispielsweise einem neuen Gruppenmitglied bei der Einarbeitung in den KVP zu helfen. Dies Vorgehen kann bei homogenen Gruppen funktionieren, kann jedoch auch dazu führen, dass es Gruppen ablehnen, leistungsschwache Beschäftigte aufzunehmen und damit für den Personaleinsatz im Betrieb zusätzliche Probleme schaffen. Ergänzend sind Regeln möglich, einen KVP-Vorschlag, der das eigene Arbeitsgebiet überschreitet, in das BVW einzusteuern und dort zu prämieren. KVPVorschläge sind häufig Gruppenvorschläge. In diesen Fällen ist die Prämie entsprechend unter den Einreichern zu teilen. Eine solche Regel ist immer zu empfehlen, wenn BVW und KVP in einem Betrieb gemeinsam angewendet werden. Eine Bedingung der Integration von BVW und KVP ist, dass sich die Mitarbeiter nicht unbedingt entscheiden müssen, in welchen Zweig ein VV eingereicht wird. Die beiden Strategien des Ideenmanagements müssen sich wechselseitig unterstützen. So leitet im integrierten Ideenmanagement der BVW Beauftragte VV, die sich besser im KVP realisieren lassen, in diesen weiter. Umgekehrt steuert der KVP Ideen ins BVW ein, die dort ihren Platz finden. Eine Reihe von Betrieben verzichten auf eine Leistungsentlohnung und nennen diese Vorteile: Die Kosten für eine ausgefeilte Zeitwirtschaft entfallen, ebenfalls das hierauf bezogene Konfliktpotenzial. Schwer messbare Arbeiten wie Mehrstellenarbeit sind problemlos möglich. Ein Anreiz, die Akkorderreichung auf Kosten von Qualität zu forcieren, entfällt. Im vorliegenden Zusammenhang zentral: Potenziale des KVP sind leichter zu realisieren. Die Motivation zur Beteiligung der Arbeitnehmer am KVP speist sich in diesen Unternehmen aus drei Quellen: Die Mitarbeiter können eigene Ideen entwickeln, erleben die Umsetzung und erfahren so, dass sie nicht nur Rädchen im Getriebe sind, sondern etwas im Betrieb bewirken können, und sind darauf stolz. Die Mitarbeiter sehen den Wettbewerb und die Marktkräfte und begreifen, dass die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes und die Höhe des Entgelts, das ihr Arbeitgeber auszahlen kann, von der Produktivität des Betriebes entscheidend abhängt. Grundbegriffe 33 Personalentscheidungen, wie innerbetrieblicher Aufstieg oder die Vergabe besonders interessanter Aufgaben, werden auch vom Ergebnis der KVP-Aktivitäten abhängig gemacht. Damit ist der KVP eine Frage der Unternehmenskultur. Die beiden eben genannten Motivatoren haben nämlich zur Voraussetzung, dass VV tatsächlich zeitnah umgesetzt werden und für jene VV, die nicht umgesetzt werden, eine nachvollziehbare Begründung gegeben wird und die Situation des Betriebs wahrheitsgemäß und für die Mitarbeiter verständlich dargestellt wird. Selbstverständlich sind diese beiden Faktoren nicht immer perfekt realisiert. Störungen können ohne großen Aufwand behoben werden, wenn zwischen den Beschäftigten und der Geschäftsführung grundsätzlich ein vertrauensvolles Klima herrscht. Ein solches Klima kann nicht kurzfristig hergestellt, sondern nur durch längere konstruktive Zusammenarbeit gebildet werden. 34 3 Vorgehen Ideenmanagement wird mit einer gewissen Motivation durch gewisse Anlässe oder Anstöße neu eingeführt oder reaktiviert. Die alltägliche Durchführung von Ideenmanagement wird durch Marketing unterstützt. Wie andere Bereiche auch, muss das Ideenmanagement in vielen Betrieben seine Wirksamkeit nachweisen. Damit gliedert sich dieses Kapitel zum Vorgehen im Ideenmanagement in die Abschnitte Motivation und Anlässe, Neueinführung, Reaktivierung, Normalbetrieb, Marketing, Controlling. 3.1 Motivation und Anlässe fürs Ideenmanagement Zwei Motivbündel drängen zur Einrichtung und Optimierung eines Ideenmanagements im Betrieb: wirtschaftliche Motive einerseits, Führungsmotive andererseits. Wirtschaftliche Motive fundieren im Wettbewerbsdruck, der zu immer geringeren Kosten, zu stetiger Erhöhung der Produktivität führt. Hierzu ist jede wirksame Strategie anzuwenden, und die Erfahrungen und Ideen der Mitarbeiter zu nutzen hat sich als vielfach sehr effektive Strategie erwiesen. Dies gilt besonders, wenn Ideenmanagement als generelle Quelle von Verbesserungsideen als integriertes System aus BVW und KVP eingesetzt wird. Führungsmotive haben die Einbeziehung der Mitarbeiter im Fokus. Hier geht es auch darum, dass sich Mitarbeiter, die ihre guten Vorschläge umgesetzt sehen, sowohl bei ihrer täglichen Arbeit als auch bei der Verbesserung der Abläufe und Verfahrensweisen im Betrieb stärker engagieren. Ziel ist es in jedem Fall, praxisnahe und ergebniswirksame Ideen zu generieren und umzusetzen. Anlässe für die Etablierung oder Revitalisierung von Ideenmanagement kommen sowohl aus Betrieben selbst wie auch von Kunden oder Lieferanten. Beide Anlässe werden nun vorgestellt. Vorgehen 35 3.1.1 Betriebsinterne Anlässe Die Einrichtungen des Ideenmanagements, sowohl das BVW als auch der KVP, bezwecken die Mitarbeit der Arbeitnehmer an der Erhöhung der Produktivität und anderen Verbesserungen eines Betriebs. Die Wirtschaftlichkeit von Unternehmen zu erhöhen, ist die zentrale Aufgabe des Ideenmanagements. Dies wird durch folgende Befragungen von BVW-Leitern und von Betriebsleitern, die ein BVW einsetzen, bestätigt (Abb. 3-1). Abb. 3-1: Entwicklung der Ziele von BVW In dieser Tabelle sind die Ergebnisse von Untersuchungen mit unterschiedlichen Zielsetzungen zusammengefasst, obwohl die Ergebnisse der einzelnen Untersu- 36 Vorgehen chungen möglicherweise nicht vergleichbar sind. Hier geht es aber zunächst um das Ablesen von Trends. Zwei Thesen lassen sich auf jeden Fall gewinnen: 1. Oberstes Ziel nach allen Erhebungen ist die Verbesserung der Wirtschaftlichkeit, sei es als direktes Ziel, sei es indirekt als Rationalisierung oder Prozessoptimierung angesprochen. 2. Personalbezogene Ziele werden zwar immer auch genannt, bleiben aber maximal zweitrangig (in 1991) oder rangieren auf niedrigeren Plätzen. Die aktuell zu beobachtende Renaissance sowohl des BVW also auch des KVP und ihre Integration zu einem Ideenmanagement ist in seinen verschiedenen Facetten im Rahmen einer allgemeinen Verschiebung des Managementansatzes zu sehen. 1911 schrieb Frederick Winslow Taylor: „In the past the man has been first; in the future the system must be first“ (S. 7). Heute stellt sich diese Alternative nicht: Systeme sind wichtig, auch das Ideenmanagement kann nur als System etabliert werden. Und genauso wichtig sind die Menschen, die die Arbeit tun, die ihre Arbeit und ihren Arbeitsplatz kennen und Verbesserungen vorschlagen können. Diese Verbesserungen sind dann als Standard festzuschreiben, also zu systematisieren. Im Zentrum steht die Kommunikation zwischen Führungskraft und Mitarbeiter sowie zwischen Mitarbeitern untereinander. Kommunikation bedarf einiger betrieblicher Voraussetzungen. Die wesentlichen sind: Wenn Vorgesetzter und Mitarbeiter über fachliche Verbesserungen diskutieren, setzt dies bei allen Beteiligten hinreichende Fachkompetenz voraus. Weitere personenbezogene Voraussetzungen sind ein Mindestmaß an sozialer Kompetenz, aber auch ganz praktisch die Beherrschung der Sprache, in der diskutiert wird. Wenn schriftliche Unterlagen der Vorbereitung oder Dokumentation von Gesprächen dienen, ist die Fähigkeit, flüssig zu lesen und zu schreiben, vorauszusetzen. Jedes Ideenmanagementsystem kann, wenn auch in unterschiedlichen Graden, unterlaufen und missbraucht werden. Beispielsweise können Ideen von nicht Teilnahmeberechtigten durch andere Mitarbeiter eingereicht werden. Dies ist nur durch grundsätzliches Einverständnis und Vertrauen der Beteiligten zu vermeiden. Dazu gehört, dass alle Beteiligten das System grundsätzlich als fair empfinden. Eine gewisse Transparenz der Zahlen, Ziele und Strategien des Unternehmens fördert solches Vertrauen. Vertrauen bildet sich vorzugsweise in langfristigen Arbeitsbeziehungen. Bei langfristiger Zusammenarbeit wird jede Seite bereit sein, an einzelnen Punkten zurückzustecken, wenn klar ist, dass dies bei passender Gelegenheit ausgeglichen wird und auf lange Sicht keine Seite übervorteilt wird. Vorgehen 37 Ideenmanagement ohne grundsätzlich vertrauensvolle Kommunikation kann nicht funktionieren – aber ein gut funktionierendes und faires Ideenmanagement kann Vertrauen stärken. Ideenmanagement ist eine elegante Methode, Mitarbeiter(orientierung) und System(leistung) im Gleichgewicht zu halten. Dennoch kann Ideenmanagement nicht alle Probleme eines Betriebes lösen. Ideenmanagement ist eng mit dem gesamten Betrieblichen Geschehen, mit der Unternehmenskultur und dem Arbeitsalltag der Beschäftigten verbunden. Daraus folgt, dass die Erfolgsfaktoren oft weit außerhalb seines Einflussbereichs liegen. So heißt es etwa in einem Aufsatz zur inneren Kündigung: „Die Folgen für ein Unternehmen können beispielsweise eine verringerte Innovationsbereitschaft sein, oder aber […] eine Verschlechterung der Qualität, […] ein Anstieg von Arbeitsunfällen“ (Krenz-Maes 1998). Zu den Gründen heißt es dort: „Zentrale Ansatzpunkte sind das Fehlen von kooperativer Führung und die Unzufriedenheit mit der Tätigkeit.“ Ideenmanagement ist eine Möglichkeit, ein kooperatives Element in die Führungspraxis einzubauen und so der inneren Kündigung entgegenzuarbeiten. Umgekehrt: Die aktive Beteiligung am Ideenmanagement kann als positiver Indikator für die Kultur eines Unternehmens gesehen werden. 3.1.2 Betriebsexterne Anlässe Betriebsexterne Anlässe für ein Ideenmanagement lassen sich, so, wie sie in der Praxis vorkommen, in zwei Gruppen teilen: Von außen, meist von einem großen Kunden, wird die Forderung nach einem Ideenmanagement gestellt. In wirtschaftlich verbundenen Unternehmen wächst der Wunsch nach einer Zusammenarbeit auch auf dem Gebiet des Ideenmanagements und so nach der Etablierung oder Reaktivierung des Ideenmanagements in jenen Unternehmen, die hier „nachhinken“. Kundenforderungen Industrielle Kunden fordern von ihren Lieferanten regelmäßig sinkende Preise bei gleicher, wenn nicht steigender Qualität. Auch verlangt DIN ISO 9001:2000 unter der Ziffer 8.5.1: Die Organisation muss die Wirksamkeit des Qualitätsmanagementystems durch Einsatz der Qualitätspolitik, Qualitätsziele, Auditergebnisse, Datenanalyse, Korrektur- und Vorbeugungsmaßnahmen sowie Managementbewertung ständig verbessern. 38 Vorgehen Beispielsweise im Bereich der Automobilzulieferer werden auf diesem Wege Forderungen auch an kleinere Unternehmen gestellt, in deren Kontext Ideenmanagement einen sinnvollen Beitrag leisten kann. Zusammenarbeit wirtschaftlich verbundener Unternehmen Zu jenen externen Anlässen, die aus dem Wunsch nach engerer Zusammenarbeit entstehen: Hier ist eine förmliche Beteiligung am Ideenmanagement eines Unternehmens durch Mitarbeiter eines anderen Unternehmens nicht die optimale Vorgehensweise, selbst wenn es sich um befreundete oder wirtschaftliche eng verbundene Unternehmen handelt. „Oft bedürfen Vorschläge eines hohen Detailwissens, welches diese Personengruppe in der Regel nicht hat. Die Erstellung aufwändiger und auch für Externe verständlicher Gutachten erfordert einen Zeitaufwand, der möglicherweise nicht in einer effektiven Relation zum Nutzen steht“ (Bismarck 2000, S. 195). Werden die Mitarbeiter von Kundenund Lieferantenunternehmen einbezogen, so ergibt sich das Problem, dass deren Ideen schutzfähiges Gedankengut sein könnten, das laut Arbeitnehmererfindungsrecht nur vom eigenen Arbeitgeber freigegeben werden kann. Hier wären aufwändige, ausführliche und auch unwahrscheinliche Fälle abdeckende Verträge zwischen den beteiligten Unternehmen notwendig. Einfache Befragungen von Kunden, Lieferanten und anderen Partnern können ggf. mit weniger Aufwand ähnliche Erkenntnisse liefern. Eine Möglichkeit, Kunden- oder Lieferantenunternehmen dauerhaft in den Leitgedanken des Ideenmanagements einzubeziehen, besteht darin, diese mit dem eigenen Unternehmen verbundenen Unternehmen beim Aufbau und der Durchführung eines eigenen Ideenmanagements zu unterstützen (vgl. Munzke & Schat 2004) . Eine solche Kooperation im Ideenmanagement kann sich auf verschiedene Bereiche erstrecken. Häufig anzutreffen sind die Verwaltungsinstrumente, die Schulung von Ideenmanagern und anderen am Ideenmanagement beteiligten Mitarbeitern und die Akquisition von Förderungen. Die Verwaltung von Ideen, gleich, ob sie aus dem BVW oder dem KVP stammen, erfordert Software und Formulare oder andere Medien zur Darstellung und Dokumentation von Ideen. Auch wenn zu Beginn eines Ideenmanagements noch die Tabellenkalkulation ausreicht, wird bei einem erfolgreichen Ideenmanagement bald eine professionelle Lösung notwendig. Hier kann ein größeres und im Ideenmanagement erfahrenes Unternehmen seine Partner bei der Erstellung des Pflichtenheftes, Auswahl des Lieferanten, Schulung von Administratoren und Ideenmanagern und Durchführung und Auswertung des Testbetriebs Vorgehen 39 unterstützen. Beim Betrieb der Software können Arbeitskreise den Erfahrungsaustausch organisieren. Zur Dokumentation einer Idee können KVP-Tafeln, Formulare oder Software dienen. Immer jedoch muss es möglich sein, eine Idee zu dokumentieren (für Prämierungs- und Prioritätsfragen), zu verfolgen, insbesondere ihre Realisierung sicher zu stellen und zu prüfen, ob eine weitere Nutzung, etwa als schutzfähiger Gedanke, möglich und sinnvoll ist. Die hier gefundenen Lösungen können von kleineren Geschäftspartnern übernommen werden, ggf. mit betriebsspezifischen Anpassungen. Gemeinsame Schulungen im Rahmen einer überbetrieblichen Zusammenarbeit im Ideenmanagement setzt zunächst häufig bei der Ideenmanagement-Software ein. Jedoch sind auch gemeinsame Veranstaltungen zum innerbetrieblichen Marketing des Ideenmanagements oder zu Einzelthemen wie Kreativitäts- und Arbeitstechniken sinnvoll. Schließlich können kleinere Unternehmen und Unternehmen in strukturschwachen Gebieten unter gewissen Bedingungen öffentliche Fördermittel erhalten. Hier ist ein überbetrieblicher Erfahrungsaustausch teilweise sogar verpflichtend. Zusammenfassend ist zu empfehlen, für jedes juristisch selbstständige Unternehmen ein eigenes Ideenmanagement zu etablieren, und dann über einen Erfahrungsaustausch der Ideenmanager und anderer Beteiligter zwischen wirtschaftlich verbundenen Unternehmen Synergien zu nutzen. 3.2 Neueinführung von Ideenmanagement Eine Stärke des BVW liegt darin, dass auch umfangreichere VV eingereicht, umgesetzt und prämiert werden. Auch können sich einzelne Mitarbeiter besonders engagieren. Schließlich liegt eine Stärke des klassischen BVW darin, dass es durch seine geringe organisatorische Abhängigkeit von anderen Betriebsteilen gut genutzt werden kann, erste Erfahrungen mit dem Ideenmanagement zu sammeln. Der KVP hingegen wirkt gerade durch seine Verzahnung mit den betrieblichen Abläufen und ist die Strategie der Wahl für stetige, kleinschrittige Verbesserungen am jeweils eigenen Arbeitsplatz der Mitarbeiter. Den vollen Nutzen erhält ein Unternehmen nur aus der Integration beider Strategien. Dennoch kann es sinnvoll sein, zunächst nicht ein vollständiges Ideen- 40 Vorgehen management einzuführen und sich für eine gewisse Zeit auf eine der Strategien zu beschränken. Die unterschiedlichen Ansätze von BVW und KVP spiegeln sich auch in der Einführungsstrategie wieder. 3.2.1 Neueinführung eines BVW Auch heute noch finden sich Betriebe, die keinen Ansatz für ein Ideenmanagement aufweisen. Das können etwa expandierende Betriebe sein, bei denen früher jeder Mitarbeiter den Chef direkt auf Verbesserungsmöglichkeiten hinweisen konnte. Nun wächst der Betrieb und entsprechend soll auch das Ideenmanagement strukturiert werden. Viele Instrumente bieten sich für die methodische Rationalisierung unter Einbeziehung der Beschäftigten an. Unter diesen zeichnet sich das BVW dadurch aus, dass es als organisatorisch isoliertes Instrument unproblematisch aufgebaut wird. Das BVW kann etliche Einsparungen aufzeigen und den Boden für weitergehende Konzepte des Ideenmanagements bereiten. Beim Prozess der Einführung eines BVW ist die Gliederung in vier Phasen sinnvoll: 1. Analyse der betrieblichen Situation und Definition der Ziele des BVW 2. Einbeziehung von Führungskräften und Betriebsrat 3. Bestellung des BVW-Beauftragten 4. Information der Mitarbeiter, Start des BVW In diesem Kapitel werden nun die einzelnen Phasen näher behandelt. 1. Analyse der betrieblichen Situation und Definition der Ziele des BVW Zur Diagnose am Beginn der Beschäftigung mit einem zu etablierenden BVW haben sich Checklisten bewährt, wie sie sich auch im Kapitel 6 (ab Seite 85) finden. Wichtig ist sodann die Bestimmung der Ziele. Hier zwei beispielhafte Fragen: Soll das BVW vor allem Kosten sparen oder liegt der Schwerpunkt in Bereichen wie Qualitätsverbesserung oder Arbeitsschutz? Sollen sich die VV auf bestimmte Bereiche (z. B. Produktion) konzentrieren? Die schlechteste Strategie ist sicher, einfach loszulegen. Irgendwann wird die Frage gestellt, ob das BVW erfolgreich ist – und dann muss geklärt sein, nach welchen Kriterien Erfolg bemessen werden soll. Vorgehen 41 2. Einbeziehung von Führungskräften und Betriebsrat Die Unterstützung der obersten Führungskräfte ist unabdingbar. Ein funktionierendes BVW benötigt Ressourcen im Betrieb und eine innovationsfreundliche Unternehmenskultur. Beides wird entscheidend von der Unternehmensleitung beeinflusst. Das BVW ist ein Top-down-Rationalisierungsinstrument. Notwendig ist aber auch die Unterstützung der Führungskräfte, mit denen die Mitarbeiter tagtäglich zu tun haben. Schließlich ist die Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat unabdingbar. Durch die Mitbestimmungsrechte aus dem Betriebsverfassungsgesetz zu den Grundsätzen des BVW und den in der Regel guten Kontakt zu den potenziellen Einreichern hat ein Betriebsrat genügend Möglichkeiten, ein BVW faktisch zu blockieren, vor allem aber auch, es zu unterstützen. Viele Betriebsräte bewerten das BVW als eigenes Betätigungsfeld durchaus positiv. Es gibt ihnen die Möglichkeit, konstruktiv an der Verbesserung der betrieblichen Abläufe mitzuwirken. Das Ideenmanagement wird so genutzt, das Zusammenwirken „zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebs“ (§ 2 Abs. 1 BetrVG) konkret zu leben. 3. Bestellung des BVW-Beauftragten Der BVW-Beauftragte ist verantwortlich für das operative Geschäft. Zu Beginn mag man mit einem nebenamtlichen BVW-Beauftragten auskommen, denn: „Es ist nicht schlimm, wenn der Beauftragte für das BVW nur mit der Hälfte seiner Zeit zur Verfügung steht; schlimm ist es nur, wenn er mit dem halben Herzen dabei ist“ (Höckel 1964, S. 87). Betriebe mit 300 bis 600 VV pro Jahr setzen in der Regel einen hauptamtlichen BVW-Beauftragten ein. Näheres siehe Seite 69, Kapitel 4.5. 4. Information der Mitarbeiter, Start des BVW Zur Information der Mitarbeiter sollten sämtliche Möglichkeiten genutzt werden. Insbesondere mündliche Information, sei es auf einer Betriebsversammlung, sei es durch die direkten Vorgesetzten, ist in einer Zeit, in der immer weniger gelesen wird, wichtig. Bei Bedarf sind Übersetzungen für Beschäftigte mit nicht-deutscher Muttersprache bereitzustellen. Die betriebliche Erfahrung zeigt, dass zweisprachige Beschäftigte solche Übersetzungen nicht selbstverständlich für ihre der deutschen Sprache ungenügend mächtigen Kollegen durchführen. 3.2.2 Neueinführung eines KVP Bei der Einführung des KVP in einem Betrieb lassen sich analytisch zwei Phasen unterscheiden, die in der Praxis ineinander übergehen (vgl. Fremmer 1999, 42 Vorgehen S. 63 f.). In der ersten Phase wird der KVP definiert und angestoßen. Die zweite Phase dient der Konsolidierung und Etablierung der permanenten Verbesserung. Phase 1: Definition und Anstoß Zunächst sind Ziele und Schwerpunkte des KVP zu definieren. Auch die Personen sind zu benennen, die den KVP einführen und aufrechterhalten sollen. Beides hängt voneinander ab: Die Schlüsselpersonen des KVP sollten sich inhaltlich im vom KVP schwerpunktmäßig zu bearbeitenden Feld auskennen. Sie sind also beispielsweise Fachleute aus dem Bereich der Produktion, der Logistik, der Entwicklung und Konstruktion oder eines anderen zentralen Betriebsprozesses. Zum anderen sollten die Personen, die später den KVP realisieren, auch an der Definition der Ziele und der Vorgehensweise beteiligt werden. Die Einführung des KVP wird als Projekt organisiert und die Projektgruppe beispielsweise als KVP-Team bezeichnet. Häufig besteht das KVP-Team aus einem Lenkungs- oder Steuerkreis, bestehend aus Führungskräften und ggf. Mitarbeitervertretern, die sich nur zeitweise mit dem KVP beschäftigen, und einem Mitarbeiter, der ganz oder mindestens zur Hälfte zur operativen Durchführung des KVP freigestellt wird. In diesem Kreis werden die Strategie und die Meilensteine der Einführung des KVP geplant und nachvollzogen. Sollte dies Team nicht selbst von der Notwendigkeit eines KVP überzeugt sein, kann dieser kaum stabil im Betrieb etabliert werden. Die erste Phase endet mit der Information der Belegschaft und dem Start der ersten KVP-Sitzungen. Phase 2: Konsolidierung und Etablierung Hier geht es darum, den KVP aufrechtzuerhalten. Insbesondere in Betrieben, in denen bereits viele Programme (Prozessorganisation, Softwareunterstützung, Zertifizierung, Qualitätsprogramme) angestoßen wurden, ist es wichtig, immer wieder klarzustellen, dass Geschäftsführung und Betriebsleitung den KVP für ein zentrales Instrument halten. Geschieht dies nicht, so wird sich der KVP nicht etablieren. Auch müssen KVP-Vorschläge tatsächlich schnell eingesetzt werden. KVP ist keine zeitlich begrenzte Aktivität. Aber: wird der KVP nicht beständig, wieder und wieder angestoßen und so in Gang gehalten, dann kommt er von selbst zum Erliegen. Die Dringlichkeit des Tagesgeschäfts gemeinsam mit der menschlichen Trägheit sorgt dafür, dass ein sich selbst überlassener KVP in kurzer Zeit versandet – und dann als Argument dafür dient, dass solche Initiativen doch nicht ernst gemeint sind. Vorgehen 43 3.3 Reaktivierung eines vorhandenen Ideenmanagements Selbst ein an sich gut funktionierendes Ideenmanagement lässt sich häufig noch verbessern. Hier sind die Instrumente in beiden Strategien des Ideenmanagements gleich. So ist es auch möglich, mit einem Ansatz sowohl das BVW als auch den KVP zu fördern. Aber auch wenn beispielsweise das BVW im Fokus einer Sonderaktion steht, profitiert davon auch der KVP – und umgekehrt. Letztendlich dienen alle die hier vorstellten Maßnahmen dazu, Verbesserungsideen zu stimulieren und zu realisieren. Die Reaktivierung eines vorhandenen Ideenmanagements kann auf den kontinuierlichen Weiterbetrieb zielen, sich aber auch auf eine Sonderaktion beschränken. 3.3.1 Sonderaktionen Während der KVP, wie der Name schon andeutet, kontinuierlich gelebt werden muss, können im Rahmen des BVW auch zeitlich begrenzte Aktionen sinnvoll sein. Für Sonderaktionen zur Reaktivierung eines vorhandenen BVW hat sich im Laufe der Zeit ein Standard entwickelt (Abb. 3-2). Abb. 3-2: Ablauf von Sonderaktionen des BVW (Bergstermann u. a. 1999, S. 36) 44 Vorgehen Zunächst ist der Einsatzbereich der Sonderaktion zu bestimmen. Sollen besondere Mitarbeitergruppen angesprochen werden, beispielsweise alle, die in den letzten Jahren keinen VV eingereicht haben? Sollen Teamarbeit und daher besonders Gruppenvorschläge gefördert werden? Soll sich die Aktion auf einen besonders problematischen Bereich konzentrieren? Dann braucht eine Sonderaktion ein Motto. So lief beim Textilmaschinenhersteller Karl Mayer eine Aktion unter dem Motto „Karl Mayer bleibt in Form“ (Meyrahn 2000). Eine Sonderaktion sollte dazu genutzt werden, den Ablauf des Einreichens eines VVs für alle Mitarbeiter (erneut) darzustellen, falls notwendig auch in Fremdsprachen. Dabei muss man auch an die grundlegenden Informationen denken. So fand ein Automobilzulieferer heraus, dass ein Drittel seiner Belegschaft nicht einmal wusste, wo Formulare für einen VV erhältlich sind – und in einem BVW, in dem VV nur auf einem Formular eingereicht werden können, verhinderte alleine dies die Beteiligung am BVW. Für die Wachhalteaktivitäten steht ein Bündel an möglichen Werbemitteln bereit. Beispielsweise können große, auf den Hallenfußboden geklebte Fußspuren zu den Briefkästen des BVW führen. Oder: Nach den Ostertagen findet jeder Mitarbeiter ein Ei an seinem Arbeitsplatz: Dies sei das Ei des Kolumbus, das auch er finden könne und als VV einreichen solle. Solche Sondermaßnahmen lohnen sich. Eine Befragung ergab, „dass Unternehmungen, die mindestens einmal pro Monat für ihr BVW werben, eine deutlich bessere Beteiligungsquote aufwiesen als nur mindestens einmal pro Jahr werbende (26,5 % versus 11,3 %)“ (Thom 2003, S. 59). 3.3.2 Aktionen zur kontinuierlichen Reaktivierung Umsetzung Werden VV nicht umgesetzt, so hören Beschäftigte auf, Ideen zu entwickeln. Die Realisierung kann und muss durch die Geschäftsführung angeregt, unterstützt und aufrechterhalten werden. Ideenmanagement ist ein Top-down Instrument, dass ohne die Unterstützung der obersten Führungsebene nicht funktionieren kann. Wichtiger als einmalige Veranstaltungen ist die regelmäßige Unterstützung im Alltag. Gelegentlich ist zu hören, das mittlere Management blockiere die Umsetzung von VV. Gerade das mittlere Management achtet sehr genau auf die tatsächlichen Präferenzen der oberen Führungsebene. In Betrieben, in denen der Realisierungsstand von VV ebenso selbstverständlicher Tagesordnungspunkt regelmäßiger Führungsbesprechungen ist, wie es Qualität, Produktionsstörungen Vorgehen 45 oder Auftragszahlen sind, kümmert sich das mittlere Management auch um das Ideenmanagement. Werden VV abgelehnt, sei es vom Gutachter, sei es vom mittleren Management, so muss dies dem Einreicher so begründet werden, dass er es nachvollziehen kann. Reicht ein Beschäftigter mehrfach nicht realisierungsfähige VV ein, so ist ein Gespräch mit dem Vorgesetzten oder dem BVW-Beauftragten notwendig, um Engagement und Kreativität in eine erfolgversprechende Richtung zu lenken. Gleiches gilt für KVP-Gruppen, deren VV nicht die notwendige Qualität aufweisen. Hier werden Schulungen in Kreativitäts- und Problemlösetechniken empfohlen. Diese können in der Tat helfen. Doch muss in jedem Fall auch geprüft werden, was der Grund für unzureichende VV ist. Wenn die KVP-Gruppe einen Konflikt mit dem Vorgesetzten oder Angst um ihren Arbeitsplatz hat, so helfen Kreativitätstechniken nicht weiter. Benennung In manchen Betrieben hat das Ideenmanagement einen schlechten Ruf – oder die Verantwortlichen glauben dies zumindest. In diesen Fällen wird bei einer Optimierung des Ideenmanagements eine Umbenennung vorgenommen. Eine Umbenennung mag auch sinnvoll sein, wenn das BVW und/oder der KVP mit anderen Verbesserungsinstrumenten zusammengeführt werden soll. Beispiele für neue Namen sind „Verbesserungswesen“, „Vorschlagswesen“, „Mitarbeiterinitiativen“, „Betriebliches Ideenmanagement“ oder „Yip – Your ideas pay“ (bei Infinion). Dienstleistungsmarketing für das Ideenmanagement Eine der Optimierungsmöglichkeiten für das Ideenmanagement liegt darin, das Marketing-Denken hierhin zu übertragen. Es geht also nicht nur um Werbung für das Ideenmanagement, so wichtig dies, etwa im Rahmen von Sonderaktionen auch sein mag. Es geht vielmehr um die gesamte Abfolge der Definition von Zielen, von Zielgruppen, von kritischen Erfolgsfaktoren und schließlich eines hierauf optimal abgestimmten Marketing-Mixes. 3.4 Normalbetrieb Seit 1995 wurde bei Siemens an einem Neuansatz des BVW gearbeitet. Zunächst wurde der Ist-Zustand aufgenommen. Dabei zeigte sich eine grundsätzliche Akzeptanz des BVW als Gelegenheit, die Kreativität der Mitarbeiter einzubringen, Möglichkeit, das Engagement von Mitarbeitern anzuerkennen, eine Einrichtung, die Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen nützt. 46 Vorgehen Siemens hat 1997 Erfolgsfaktoren ihrer BVW ermitteln und statistisch auswerten lassen. Diese Darstellung ist für die folgende Diskussion besonders geeignet, da sie sich auf einige wenige Erfolgsfaktoren beschränkt. So können Probleme und Lösungen des Ideenmanagements verdeutlicht werden. Diese Erfolgsfaktoren lassen sich, teilweise unter anderer Bezeichnung oder mit anderer Schwerpunktsetzung, immer wieder auch in Gesprächen mit Praktikern, aber auch in der Literatur finden. Sie wurden daher als die „Siemens-Erfolgsfaktoren“ für eine detailliertere Darstellung ausgewählt. In diesen „Siemens-Erfolgsfaktoren“ treffen sich das wissenschaftliche, statistische, emprisch-analystische Vorgehen, die Darstellung von Fallbeispielen erfolgreicher oder wieder erfolgreicher BVW und die sich kondensierende Erfahrung der Praktiker. Die Ergebnisse1 (Abb. 3-3): Abb. 3-3: Erfolgsfaktoren des BVW bei Siemens (vgl. Bismarck 2000, S. 158) Systematisiert ergeben sich diese unterschiedlich zu gewichtende Erfolgfaktoren: Schnelle und umfangreiche Umsetzung von Vorschlägen: Einreicher wollen Erfolge sehen; 1 Es handelt sich um das Ergebnis einer in mehreren Wellen durchgeführten Mitarbeiterbefragung durch ein externes Institut. Erfragt wurden einerseits die Zufriedenheit der Mitarbeiter mit dem BVW, andererseits von den Mitarbeitern wahrgenommene Ausprägungen des BVW. Die Befragungsergebnisse wurden einer Regressionsanalyse unterzogen. Die dort ermittelten standardisierten β-Gewichte der Faktoren sind in der Grafik eingetragen. Vorgehen 47 aktive Unterstützung bei der Formulierung von VV; Aktive Unterstützung durch Vorgesetzte; die Prämie und eine Rückmeldung über die Umsetzung des VV. Die zentralen Punkte, die „Siemens-Erfolgsfaktoren“, werden nun im Einzelnen vorgestellt: 3.4.1 Einreicher wollen Erfolge sehen Erfolg bedeutet im BVW dreierlei: Stolz auf die Realisierung des eigenen VV, Erhalt der Prämie und die öffentliche Würdigung von Einreichern. Denn für das BVW gilt im Kleinen, was für Unternehmen insgesamt gilt: „Die Systeme in den hervorragend geführten Unternehmen sind nicht nur darauf angelegt, vielen Mitarbeitern zu Erfolgserlebnissen zu verhelfen; sie sorgen auch dafür, dass Erfolge gewürdigt werden. Diese Systeme stützen sich außergewöhnlich stark auf immaterielle Anreize. Es wird viel ‚Tamtam gemacht‘“ (Peters & Waterman 1982, S. 84). Ein Beispiel zeigt Abb. 3-4: Abb. 3-4 Honorierung im BVW von Porsche (nach Raffel 2000, S. 101) 48 Vorgehen In diesem System sind materielle und immaterielle Anreize in der Art austariert, dass die materiellen Anreize kurzfristiger, die immateriellen Anreize langfristiger Natur sind. So mancher wird vielleicht über den Motivator „Anstecknadel“ schmunzeln, doch betont Günter Raffel, der langjährige Leiter der Abteilung „Vorschlagswesen“ der Dr. Ing. h. c. Porsche AG in Stuttgart genau diesen Punkt: „Durch die Anstecknadel hat jeder Mitarbeiter die Möglichkeit, seine Kreativitätsleistung öffentlich zu zeigen. Die vielen Nachfragen über den individuellen Punktestand aus der Belegschaft zeigen, dass einerseits ein großes Interesse an dem Thema Anerkennung besteht und andererseits unter den Mitarbeitern ein direkter Wettbewerb entsteht, die höchste Punktzahl in der Meisterei oder in der Abteilung zu erreichen“ (Raffel 2000, S. 102). Das „Tamtam“ des BVW findet also nicht nur anlässlich der vielerorts veranstalteten Jahres-BVW-Versammlung mit Tombola für die Einreicher und Prämierung besonders erfolgreicher VV, sondern auch in der Erwähnung von VV in Betriebszeitungen, auf Anschlagbretter und, wie eben berichtet, durch das Tragen von BVW-Anstecknadeln sogar tagtäglich statt. In die gleiche Richtung geht der Vorschlag, VV-Einreicher mit täglich benutzbaren Werbemitteln zu belohnen (Klemmbrett, Uhr, Aktenmappe) und diese Artikel ausschließlich für Einreicher zu reservieren. So wird klar: Wer diese Uhr oder Aktenmappe besitzt, hat einen guten VV eingereicht. 3.4.2 Unterstützung bei der Formulierung von VV Unter „Unterstützung“ ist neben der Förderung durch Vorgesetzte und Experten auch an die Möglichkeit zu denken, mündliche VV einzureichen. Dies erhöht auf jeden Fall die Beteiligung am BVW, denn ein Drittel der von Thom (2003, S. 79) befragten gewerblichen Mitarbeiter gaben an, dass ihnen Formulieren und Schreiben schwer falle. Darüber hinaus lässt sich im Gespräch beim „mündlichen Einreichen“ der Vorschlag bereits diskutieren. Der Einreicher braucht einen vermutlich nicht umsetzbaren VV gar nicht erst offiziell einzureichen. Er kann umgekehrt bei einem eingereichten VV davon ausgehen, dass er die erste Diskussionsrunde schon bestanden hat und daher mit einiger Erfolgswahrscheinlichkeit in das Begutachtungsverfahren eintritt. Die Möglichkeit, VV mündlich einzureichen ist eine wichtige Hilfe für die der Schriftsprache wenig mächtigen Mitarbeiter, kann aber auch dazu dienen, eine Idee zu vertiefen, von verschiedenen Seiten zu beleuchten und so zu verbessern. Für all dies sind Gespräche wirkungsvoll – was ja auch ein Kernelement von Entwicklungen wie den KVP-Gruppen ist. Ein mündlicher VV des BVW und ein KVP-Vorschlag lassen sich also auf die gleiche Art anregen und sind ein weiteres Beispiel für das Zusammenspiel bei- Vorgehen 49 der Strategien des Ideenmanagements. Wichtig ist hier, dass Verbesserungen erdacht, vorgeschlagen und realisiert werden, während die administrative Seite in den Hintergrund tritt. Porsche kombiniert die Möglichkeit, Vorschläge mündlich einzureichen, mit dem (siehe Abschnitt 4.3, ab Seite 67) Vorgesetztenmodell des BVW. Jeder Mitarbeiter kann also bei seinem direkten Vorgesetzten einen mündlichen Verbesserungsvorschlag einreichen, und der Vorgesetzte hat die Kompetenz, kleinere Vorschläge sofort zu akzeptieren und zu prämieren und leitet umfangreichere Vorschläge an das BVW mit dem bekannten Begutachtungsprozess weiter. Damit wird dem Mitarbeiter die Angst vor Blamage genommen und die Schwelle zum Einreichen eines VV gesenkt. Und mehr VV ergeben automatisch mehr gute VV . Der Vorsetzte kann auch bei der endgültigen Formulierung des VV helfen. Neben den Formulierungs- und Schreibproblemen der deutschen Mitarbeiter hat Porsche dabei auch die ausländischen Mitarbeiter im Blick. Außerdem: Angst vor der Blamage verschwindet am besten durch erlebte Erfolge. BVW und Vorgesetzte sollten alle nur möglichen Formen der Unterstützung für potenzielle Einreicher bereitstellen, besonders für Einreicher, die noch nie einen VV erarbeitet haben. Sicher gehört die Möglichkeit, VV mündlich einzureichen dazu. In manchen Betrieben gibt es zusätzlich „BVW-Kontaktpersonen“. Dies sind Facharbeiter, gelegentlich auch Meister, die selbst erfolgreich einige VV eingereicht haben und nun offiziell als Ansprechpartner für einen bestimmten Bereich benannt sind. Das wird auch am Schwarzen Brett ausgehängt (Abb. 3-5). Die Schwelle, diese aus dem Arbeitsalltag ohnehin bekannten Kontaktpersonen auch einmal zu einem möglichen VV anzusprechen, ist viel geringer als die Schwelle zum Vorgesetzten oder BVW-Beauftragten. Bei Siemens sind mündliche VV mittlerweile so eingebürgert, dass man umgekehrt beobachtet, „dass gerade Angestellte sich gerne schriftliche Notizen machen“ (Reith 2000, S. 208) und somit als Ausnahmen auch schriftliche VV angenommen werden. Mit dem Ziel, den Mitarbeitern das Einreichen mündlicher VV einfach zu ermöglichen, bietet eine Bank ihren Mitarbeitern an, VV per Telefon abzugeben. 3.4.3 Unterstützung durch den Vorgesetzten Zentral für den Erfolg eines BVW ist die Unterstützung durch die Führungskräfte. Dies gilt besonders für den Beginn oder den Wiederbeginn eines BVW. Dabei fragen sich nämlich die Mitarbeiter, was sie wirklich von dieser Einrichtung halten sollen und beobachten genau die Führungskräfte. Diese müssen, ge- 50 Vorgehen Abb. 3-5: Ideenmanagement-Ansprechpartner rade bei der (Wieder-)Einführung des BVW, dessen Unterstützung selbst leben, können diese Aufgabe also nicht delegieren. Ein BVW kann nur funktionieren, wenn die oberen Führungskräfte für die Unterstützung Zeit einplanen und zur Verfügung stellen. Einige engagierte BVW-Beauftragte haben versucht, ein BVW ohne aktive Rückendeckung durch die Vorgesetzten einzuführen und sind damit gescheitert. Hat ein Beauftragter für den KVP, das BVW oder das Ideenmanagement insgesamt es mit skeptischen Führungskräften zu tun, so kann man nur raten, die gesamte Energie auf die Überzeugung der Geschäftsund Betriebsleitung zu konzentrieren. Beispielsweise kann man in einem kleinen Bereich das Ideenmanagement konzentriert fördern. Zeigen sich dort Erfolge, so kann man mit harten, im eigenen Betrieb gewonnenen Kennzahlen für eine Ausdehnung des Ideenmanagements auf weitere Bereiche werben. Eine weitere Strategie, die leitenden Führungskräfte vom Nutzen eines Ideenmanagement zu überzeugen, besteht darin, die vorhandenen Strategien auf den augenblicklichen betrieblichen Engpass zu richten. Ein Beispiel: In einer Brauerei stiegen der Energieverbrauch und die dadurch verursachten Kosten über- Vorgehen 51 proportional an. Der BVW-Beauftragte organisierte eine Sonderaktion und erreichte so nicht nur viele Vorschläge, deren Realisierung eine drastische Reduktion des Energieverbrauchs zur Folge hatte, sondern auch eine höhere Akzeptanz des Ideenmanagements bei den beiden Geschäftsführern dieser Brauerei. Die Förderung durch Führungskräfte wurde in mehreren empirischen Untersuchungen näher zu fassen versucht. Die Empfehlungen sind für den Praktiker nicht überraschend, doch noch längst nicht in allen Betrieben verwirklicht: Vorgesetzte sollen die eigene Initiative ermutigen. Beschäftigte sollen hinreichend komplexe Aufgaben ausführen, die ihre Qualifikation erhalten oder fördern. Bürokratie schadet dem Ideenmanagement und ist auf das wirklich Notwendige zu beschränken. Mitarbeiter müssen die Informationen, die für das Erarbeiten von VV wichtig sind, auch erhalten. Freundliches und aktivierendes Führungsverhalten soll nicht nur den besten, sondern allen Mitarbeitern zuteil werden. Mindestens ebenso wird das Klima einer Abteilung, eines Betriebs davon beeinflusst, wie die am wenigsten geschätzten Mitarbeiter behandelt werden. Die gesamte Kultur des Unternehmens sollte Vertrauen ausstrahlen. Die Mitarbeiter müssen Fehler machen dürfen (wenn auch nicht immer wieder die gleichen). Vorgesetzte dürfen keine Angst vor fachlich kompetenten Mitarbeitern haben und sich als Förderer und Coach ihrer Mitarbeiter begreifen. 3.4.4 Die Höhe der Prämie Die Prämienhöhe wird in der betrieblichen Praxis regelmäßig als weniger wichtig angesehen. Jedoch muss man hier die absolute Höhe der Prämie von ihrer Relation zu anderen Prämierungen im gleichen Betrieb unterscheiden: „Die Leute werden nicht böse, wenn sie vielleicht eine niedrige Prämie bekommen; sie werden böse, wenn sie eine relativ niedrigere Prämie erhalten als der Lehmann, der Müller oder der Schmidt, die ähnliche VV eingereicht haben“ – so schrieb schon Höckel 1964 (S. 164), und dieser Grundsatz gilt bis heute. Daraus folgt, dass die Prämierung einfach und für jedermann nachvollziehbar zur regeln ist. Beim System der Prämierung greift auch Reinhard Sprengers (1994, besonders S. 120 ff.) grundsätzliche Kritik an. Für ihn tun Menschen nur das gut, was sie gerne, freiwillig, intrinsisch motiviert tun. Wer eine Tätigkeit ausübt, die ihn nicht als solche begeistert, sollte den Job wechseln. Wer etwas mit Begeisterung tut, wird auch Verbesserungen ganz selbstverständlich vorschlagen und durchsetzten. 52 Vorgehen Wird ein Mensch für eine Tätigkeit belohnt, so verschiebt sich tendenziell die Motivation von der Begeisterung für die Tätigkeit zum Verlangen nach der Belohnung. Somit zerstört eine Belohnung, beispielsweise des BVW, gerade die Begeisterung, die sie doch fördern sollte. Sprenger liefert empirische Belege für seine These. Beispielsweise seien zwei Gruppen von Studenten gebeten worden, im Rahmen eines Experiments ein schwieriges Puzzle zusammenzusetzen. Eine Gruppe der Studenten wurde bezahlt, die andere nicht. Kurz nach Beginn des Experiments wurde der Versuchsleiter aus dem Raum gerufen, das Experiment offiziell unterbrochen. Man beobachtete, welche Studenten nun weiter puzzelten: Nicht einmal ein Fünftel der bezahlten, aber fast alle der unbezahlten Versuchspersonen. „In einer anderen Untersuchung wurden Mädchen aufgefordert, jüngeren Kindern ein neues Spiel beizubringen. Für erfolgreichen ‚Unterricht‘ wurde ihnen jeweils eine Freikarte fürs Kino versprochen. Einer anderen Gruppe von Mädchen wurde die gleiche Aufgabe gestellt, nur konnten sie mit keiner Belohnung rechnen. Das erstaunliche Ergebnis: Erfolgreichere ‚Lehrerinnen‘ waren jene Mädchen, die die Aufgabe sozusagen ‚umsonst‘ übernommen hatten“ (Sprenger 1994, S. 71). Das Deutsche Institut für Betriebswirtschaft (dib) sammelt Daten über das BVW deutscher Betriebe. Eine Auswertung dieser Daten bestätigt die Thesen Sprengers. Demnach besteht weder zwischen der Prämienhöhe und der Anzahl der Vorschläge pro Mitarbeiter noch zwischen der Prämienhöhe und der Einsparung durch VV pro Mitarbeiter eine positive Korrelation (vgl. Neckel 2004, S. 29 f.). Die kleinere Stichprobe von Betrieben der Metall- und Elektroindustrie des IfaA-Benchmarking 2003 zeigt eine schwache, aber hoch signifikante Korrelation zwischen Prämienhöhe und eingereichten VV pro Mitarbeiter, während Prämienhöhe und Nutzen des BVW für den Betrieb nicht signifikant korrelieren. Demnach erhalten Betriebe mit einer höheren Prämie tendenziell mehr VV pro Mitarbeiter. Dieser Zusammenhang ist in vielen Betrieben zu beobachten, doch haben andere Faktoren einen deutlich stärkeren Einfluss auf die Anzahl der eingereichten VV pro Mitarbeiter. Dagegen erwirtschaften Betriebe mit größeren Prämien tendenziell keinen größeren Nutzen mit ihrem BVW. Ein einfaches „Erfolgsrezept des BVW“ lässt sich aus diesen Daten nicht ableiten. Dies ist ein Hinweis, dass die hier getroffenen allgemeinen Aussagen immer noch vor dem eigenen betrieblichen Hintergrund geprüft und angepasst werden müssen. 3.4.5 Eine Rückmeldung über die Realisierung des VV Nicht zu Unrecht ist die Rückmeldung realisierter VV der schwächste Erfolgsfaktor. Die Rückmeldung unterstreicht noch einmal den Erfolg des Einreichers. Von dieser Rückmeldung über die Realisierung eines VV ist die Prämierung unabhängig zu sehen: Etliche Unternehmen prämieren einen VV und überlassen Vorgehen 53 es dann dem betreffenden Bereich, ob er den VV umsetzt oder nicht – und letzterer Fall ist leider gar nicht so selten. „Was nicht hier erfunden wurde, kann auch nichts taugen!“ ist eine immer wieder zu spürende Grundeinstellung. Vorzustellen ist an dieser Stelle eine besonders pfiffige Gestaltung dieses Erfolgsfaktors: Bei einem Maschinenbauer wird zwischen BVW und der Abteilung, in der ein VV zu realisieren ist, auch der Realisierungstermin vereinbart. Dieser Realisierungstermin wird dem Einreicher mitgeteilt. So kann sich der Einreicher überzeugen, dass sein VV termingerecht umgesetzt wird. Ist ein VV nicht nach der zuvor vereinbarten Zeit realisiert, dann kann der Einreicher den BVW-Beauftragten informieren und erhält seine Prämie noch einmal ausgezahlt, wobei diese zweite Prämie vom Budget der säumigen Abteilung abgebucht wird. 3.4.6 Erfolgsfaktor „Viele VV“ Die bisher genannten Erfolgsfaktoren zielen vor allem auf eines: Viele VV zu erhalten. Nun lässt sich fragen: Dienen viele VV dem eigentlichen Ziel des Betriebs, nämlich die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen? Gelegentlich hört man nämlich das Argument, mit vielen VV werde auch viel Unsinn eingereicht, sodass sich eine Belebung des BVW nur mit dem Ziel, die Zahl der VV zu erhöhen, nicht lohne. Diese Frage kann letztlich nur anhand von Daten aus der Praxis entschieden werden, wie es Karola Läge (2002, S. 126, ausführlicher in Läge 2002a, S. 36 ff.) in einer weit beachteten Dissertation getan hat. Aufbauend auf ihrer Erfahrung im BVW von Bertelsmann, hat sie auch die Daten des dib ausgewertet. Sie stellte fest, dass mit der Anzahl der eingereichten VV auch die Anzahl der durchgeführten VV (bzw. der angenommenen VV – das wird nicht differenziert) steigt. Die Regressionsgleichung lautet: Anzahl durchgeführter VV = – 67,3 + 0,6 eingereichte VV mit R2 = 0,986 Es handelt sich um einen (fast perfekten) linearen Zusammenhang mit negativem y-Achsen-Abschnitt. Dadurch steigt der Anteil angenommener VV mit der Anzahl überhaupt eingereichter sogar überproportional und nähert sich immer mehr der 60 %-Marke. Dieser Zusammenhang ist stabil, auch wenn er für einzelne Betriebe betrachtet wird. Bei der erreichbaren Einsparung ist eine Sättigungsgrenze zu beobachten (Abb. 3-6). Die Vermutung von BVW-Praktikern, mit steigender Vorschlagszahl würde der Nutzen, also die mit diesen VV erreichbare Einsparung, in Summe steigen, die durchschnittliche Einsparung pro VV aber sinken, lässt an ein Ertragsgesetz 54 Vorgehen denken. Daher wurden die verfügbaren Daten des dib, das in Deutschland die wohl am häufigsten zitierte Quelle von Statistiken zum BVW ist, ausgewertet und im obigen Bild dargestellt. Allgemein lässt sich das Ertragsgesetz so beschreiben: Man betrachtet das Verhältnis zwischen einem Produktionsfaktor und dem Ergebnis der Produktion, also dem Ertrag. Setzt man mehr von dem Produktionsfaktor ein, so steigt der Ertrag. Ab einer gewissen Menge des eingesetzten Produktionsfaktors steigt der Ertrag nur noch unterproportional. Das heißt, es wird zwar mit mehr Einsatz des Produktionsfaktors immer noch mehr produziert, aber mit jeder zusätzlichen Einheit des Produktionsfaktors sinkt der zusätzliche Ertrag. Und damit sinkt auch der durchschnittliche Ertrag, während der absolute, der aufsummierte Ertrag steigt. Deutlich ist die s-förmige Kurve des Ertragsgesetzes zu sehen. Abb. 3-6: Ertragsgesetz beim Ideenmanagement (Läge 2002, S. 130, ausführlich in Läge 2002a, S. 44 ff.) Durch ein entsprechendes Anreizsystem und durch Sonderaktionen lässt sich die Beteiligungsquote und damit der Nutzen des BVW deutlich erhöhen. Vorgehen 55 3.5 Marketing für das Ideenmanagement Eine der Optimierungsmöglichkeiten für das Ideenmanagement liegt darin, das Marketing-Denken auf das Ideenmanagement zu übertragen. Der Ansatz lautet: „Wir behandeln das Ideenmanagement als einen wertvollen Markenartikel, den es zu entwickeln und dauerhaft innerhalb der Unternehmenskultur zu etablieren gilt. Helfen kann uns dabei die moderne Marketingwissenschaft. Gerade sie erfuhr in den letzten Jahren eine verstärkte Hinwendung von reinem Absatzdenken hin zu solchen Überlegungen, wie Menschen und Institutionen in ihren Reaktionen gezielt positiv beeinflusst werden können“ (Zimmermann 2003, S. 41). Hierbei geht es also nicht nur um Werbung für das Ideenmanagement, so wichtig dies, etwa im Rahmen von Sonderaktionen, auch sein mag. Es geht vielmehr um die gesamte Abfolge der Definition von Zielen, von Zielgruppen, von kritischen Erfolgsfaktoren und schließlich eines hierauf optimal abgestimmten Marketing-Mixes (Abb. 3-7). Abb. 3-7: Marketing Mix für das Ideenmanagement (Bell 2001, S. 178) 56 Vorgehen Systematisch betrachtet geht es um folgende sechs Schritte (vgl. auch zum Folgenden Zimmermann 2003): 1. 2. 3. 4. 5. 6. Situationsrecherche Zielsetzung Relevante Zielgruppen Strategische Vorgehensweise Entwicklung von zielorientierten Kommunikationsmaßnahmen Kick-off Veranstaltung In den folgenden Abschnitten werden diese sechs Schritte näher vorgestellt. 1. Situationsrecherche Man muss die Menschen dort abholen, wo sie stehen. Das gilt für jeden Veränderungsprozess, das gilt auch für die Revitalisierung eines Ideenmanagements. Daher wird zunächst der Ist-Zustand aufgenommen. Hierfür ist keine ausgefeilte und statistisch repräsentative Mitarbeiterbefragung notwendig. Es reicht, mit einigen Schlüsselpersonen zu sprechen und sich im Betrieb umzusehen. Dann ergeben sich von selbst Antworten auf diese Fragen: Leitfrage Wie sieht die Betriebsleitung das Ideenmanagement? Wie sieht der Betriebsrat das Ideenmanagement? Wie sehen die Mitarbeiter des Ideenmanagements ihre Arbeit? Wie ist die Einschätzung des Ideenmanagements bei den Mitarbeitern der operativen Ebene? Wie ist die Einschätzung des Ideenmanagements im mittleren Management? Wie ist die Einschätzung des Ideenmanagements bei der Geschäftsführung? Wie sind die Gutachter aufgestellt? Welche Verbesserungsmöglichkeiten des Ideenmanagements springen direkt ins Auge? Situation im Betrieb Vorgehen 57 Es ist ratsam, die Ergebnisse schriftlich zusammenzufassen. Das kann durchaus auch von einem Studenten im Rahmen einer Hausarbeit o. ä. geschehen und hat dann noch den zusätzlichen Vorteil, dass die Situation frei von Betriebsblindheit beschrieben wird. 2. Zielsetzung Ziele geben der Optimierung des Ideenmanagements die Richtung vor. Ziele sind mit dem Auftraggeber, i. d. R. der obersten Betriebsleitung, abzustimmen. Typische Ziele sind: trifft zu trifft nicht zu Erhöhung der Bekanntheit des Ideenmanagements Erhöhung der Kenntnis über die Regeln des Ideenmanagements, insbesondere zur Einreichung von VV Erhöhung der Beteiligungsquote Erhöhung der Realisierungsquote Verkürzung der Zeitspanne zwischen Einreichung/ Fertigstellung des Gutachtens/Realisierung pauschal: Erhöhung des Nutzens des Ideenmanagements für den Betrieb Ziele sollen messbar und realistisch sein. Was realistisch ist, kann vor dem Hintergrund der Situationsrecherche beurteilt werden. Ziele, die sich Betriebe für ihr Ideenmanagement gesetzt und erreicht haben sind: Verdoppelung des Anteils der Mitarbeiter, die um die Regeln zur Einreichung eines VV wissen, innerhalb eines halben Jahres Erhöhung der Beteiligungsquote um 25% innerhalb eines Jahres Halbierung der Durchlaufzeit eines VV durch die Einführung einer EDVLösung innerhalb eines Jahres Verdoppelung der realisierten VV je Mitarbeiter innerhalb von drei Jahren Je nach betrieblicher Situation kann es sinnvoll sein, das Erreichen solch eines Zieles mit einer Prämie für den oder die Verantwortlichen zu koppeln. 3. Relevante Zielgruppen Hier folgt eine Auflistung potenzieller relevanter Zielgruppen aus der Praxis: Betriebsleitung/Geschäftsführung Führungskräfte (besonders: Meister, Vorarbeiter, Gruppenleiter, Bürovorsteher und vergleichbare) 58 Vorgehen Mitarbeitervertretung Mitarbeiter Zu diesen Gruppen wurde im Einzelnen in Kapitel 4 Stellung bezogen. Wichtig ist, dass alle Zielgruppen vom Marketing für das Ideenmanagement angesprochen werden. 4. Strategische Vorgehensweise Hier wird die Brücke zwischen dem Ist und dem Soll geschlagen, also u. a. die Ziele definiert. Neben dem kurzfristig messbaren Erfolg ist auch die mittelfristige Perspektive (zwei oder drei Jahre) im Auge zu behalten. Bewährt hat sich die Orientierung an Leitfragen. Leitfrage Innovation im Betrieb Ist das Produktprogramm innovationsorientiert? Sind aufgrund des Leistungsprogramms des Betriebs besondere Vorteile oder Einschränkungen für das Ideenmanagement zu erwarten? Gibt es Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten, die dem Ideenmanagement helfen könnten? Räumliche Situation Soll das Ideenmanagement für einen Standort eingeführt werden? Soll es für mehrere Standorte je für sich oder standortübergreifend eingeführt werden. Sollen Auslandsstandorte in das Ideenmanagement integriert werden? Mitarbeiter Gibt es Erfahrungen, wie Mitarbeiter auf Initiativen der Geschäftsführung reagieren? Wie werden Mitarbeiter am besten angesprochen (mündlich/schriftlich, Deutsch/Fremdsprache)? Gibt es Erfahrungen, wie potenzielle Gutachter auf Initiativen der Geschäftsführung reagieren? Gibt es Erfahrungen, wie die Meister/ das mittlere Management auf Initiativen der Geschäftsführung reagieren? Stichpunkte zur Situation im Betrieb Vorgehen 59 Für einen Zeitraum von mindestens einem, besser von zwei Jahren sind die Marketingaktivitäten auch zeitlich festzulegen. Dies ist mindestens so wichtig, wie die inhaltliche Gestaltung: Zur falschen Zeit eingesetzt, kann eine an sich gute Kampagne fast wirkungslos sein, zum richtigen Zeitpunkt kann eine eher mittelmäßige Kampagne gute Resultate erzielen. Gute Zeiten für BVW-Aktionen sind solche, in denen die meisten Mitarbeiter auch im Betrieb anwesend sind. Daher eignen sich weder die Schul-Sommerferien noch die Zeit „zwischen den Jahren“. Andererseits kann eine Sonderaktion in Zeiten von Auslastungsspitzen nicht funktionieren, da die Mitarbeiter dann wenig Zeit finden, über die aktuelle Tätigkeit hinaus zu blicken. Eine Sonderaktion in der Buchhaltung zur Zeit des Jahresabschlusses wird kaum Erfolge zeigen. In manchen Betrieben gehört es zur Unternehmenskultur, dass Vorgesetzte einen Informationsvorsprung vor ihren Mitarbeitern haben. In solchen Fällen müssen die Vorgesetzten vor den Mitarbeitern über die geplanten BVW-Aktivitäten informiert werden. Ebenfalls kann es sinnvoll sein, den Betriebsrat auch dann vorab zu informieren und einzubeziehen, wenn dies rechtlich nicht zwingend erforderlich ist. Mit internen Dienstleistern (z. B. Hauspost, Hausdruckerei) sind mögliche Großaufträge vorab zu terminieren. Das Gleiche gilt u. U. für Absprachen mit der Redaktion der Betriebszeitung oder ähnlicher Medien – in manchen Großunternehmen folgt selbst der Aushang an den Schwarzen Brettern einem zeitlichen Raster, das es zu beachten gilt. Fehler im Timing hinterlassen leider schnell den Eindruck, das BVW werde unprofessionell betrieben und sei daher nicht besonders ernst zu nehmen. Zum Timing gehört auch die Dauer der Maßnahme. Sonderaktivitäten, die kürzer als vier Wochen angesetzt sind, laufen Gefahr, dass sie erst wahrgenommen werden, wenn sie bereits beendet sind. Umgekehrt ist es schwer, länger als ein viertel Jahr den Spannungsbogen und die Aufmerksamkeit im Betrieb aufrechtzuerhalten. Ebenfalls zum Timing gehört die Häufigkeit von BVW-Maßnahmen. Diese sollten mindestens einmal jährlich stattfinden, um die Kontinuität des BVW zu sichern, zwei Aktionen im Jahr sind besser. Ein Unternehmen, dass jedoch beispielsweise drei oder mehr Sonderaktionen im Jahr durchführt, läuft Gefahr, dass die Mitarbeiter nicht mehr überblicken, welche Sonderaktion gerade die aktuelle ist, und sich zudem durch diese Aktionen in ihrer Arbeit gestört fühlen. 5. Entwicklung von zielgerichteten Kommunikationsmaßnahmen Zur Festlegung der konkreten Maßnahmen sind weitere Fragen zu beantworten. Hier folgen wichtige, aber auf die jeweilige konkrete betriebliche Situation anzuwendende Fragen: 60 Vorgehen Sind die Mitarbeiter nur durch Papier anzusprechen oder auch mittels elektronischer Medien? Produktionsmitarbeiter haben häufig keinen E-Mail Zugriff, während in Bürobereichen dies Medium häufig selbstverständlich genutzt wird und so Bestandteil der BVW-Kommunikation werden kann. Grundsätzlich geeignete Kommunikationskanäle umfassen Hauspost, Gehaltsbeileger/Post an die private Adresse, Mitarbeiterzeitung, Info –Terminals, Kantine, Eingänge des Betriebsgeländes, Schwarzes Brett, Pausenräume, Mitarbeitergespräche, Mitarbeiterbesprechungen mit der entsprechenden Führungskraft, PC/Intranet, PC/Mail, Business TV. Sind die Mitarbeiter der Zielgruppe(n) das Lesen gar: längerer Texte gewöhnt oder muss die Botschaft stark visualisiert werden? Ist neben dem Deutschen eine andere Sprache relevant? Gibt es bereits traditionsreiche BVW-Symbole, Maskottchen o. Ä. an die sinnvollerweise angeknüpft werden kann, oder ist es ratsam, einen solchen Sympathieträger zu schaffen? Dies kann der Ideenfuchs sein, der Feuer speiende Drache für die Zündende Idee, das Ei (des Kolumbus) oder was auch sonst einprägsam und sinnvoll (in dieser Reihenfolge) ist. Führungskräfte reagieren erfahrungsgemäß besonders positiv auf Kampagnen, die auf einem kompetitiven Element basieren, beispielsweise auf Wettbewerbe, eine „Ideenliga“, der Prämierung in einer bestimmten Kennzahl besonders erfolgreicher Abteilungen etc. In BVW-Systemen, die den Gutachter vorsehen, haben diese eine Schlüsselposition inne. Sie sind für die schnelle und tendenziell positive Begutachtung und u. U. auch für die Realisierung maßgebend. Daher kann es sinnvoll sein, ihnen eine eigene Komponente einer BVW-Kampagne zu widmen. Dies muss sich nicht auf die Motivation der Gutachter beschränken. Sinnvoll kann beispielsweise auch ein praktikabler Gutachterleitfaden sein. Häufig wird eine BVW-Kampagne mit zusätzlichen Anreizen verknüpft. Ob dies einfach Geld oder eher immaterielle Anreize sind, ob die Anreize flächen- Vorgehen 61 deckend verteilt oder verlost werden, ob eher alle Beteiligten gleichbehandelt oder Wettbewerbe veranstaltet werden, das ist wiederum nur in Kenntnis der konkreten betrieblichen Situation zu entscheiden. Endet eine BVW-Aktion mit einer Abschlussveranstaltung, so ist zu überlegen, inwieweit Familienangehörige einbezogen werden können oder sollen. Veranstaltet der Betrieb gelegentlich einen „Tag der offenen Tür“ oder Ähnliches, so kann auch hier über die Verknüpfung mit dem BVW nachgedacht werden. 6. Kick-off-Veranstaltung Wurden im BVW gravierende Änderungen vorgenommen oder wird gar das BVW neu etabliert, so kann eine Kick-off-Veranstaltung als Start bereits zu Beginn den nötigen Schwung geben. Zu dieser Veranstaltung wird nicht (nur) vom BVW, sondern von der Betriebsführung, durchaus auch gemeinsam mit der Mitarbeitervertretung, eingeladen. Eine möglichst hohe Beteiligung ist anzustreben, u. U. kann eine Verknüpfung mit einer Betriebsversammlung sinnvoll sein. Dies wurde beispielsweise mit großem Erfolg bei Tochterunternehmen der Degussa AG realisiert (vgl. Packheiser 2002, S. 192). So kommt eine der Grundthesen des Ideenmanagements, dass hier „alle an einem Strang ziehen“, gut zum Ausdruck. Eine Kick-off-Veranstaltung dient eher der Motivation als der Informationsvermittlung. Informationen, etwa zum Verfahren der Einreichung von VV, müssen anderweitig dargestellt werden. Das kann, insbesondere für die Zielgruppe der Führungskräfte, bereits im Vorfeld geschehen. Die Beteiligung von betriebsexternen Fachleuten kann in bestimmten Fällen sinnvoll sein. Beispielsweise kann bei einem konzerngebundenen Betrieb ein Mitarbeiter eines Schwesterunternehmens über ein dort eingeführtes BVW, das den gleichen Konzernrichtlinien unterliegt, berichten. Das Zusammenspiel des BVW mit anderen Strategien des Ideenmanagements sollte ebenfalls dargestellt werden. Wenn in einem Unternehmen bereits der KVP, Qualitätszirkel, Six Sigma Projekte o. Ä. durchgeführt werden, dann kann auf der Kick-off-Veranstaltung zumindest in Grundzügen vorgestellt werden, wie Ideen von einer Strategie in die andere gelangen können, wie also beispielsweise VV des KVP, die besser im Rahmen des BVW realisiert werden, dorthin gelangen und wie solche aus anderen Strategien stammenden Ideen prämiert werden. So wird von Anfang an der integrative Charakter des Ideenmanagements betont. 62 Vorgehen 3.6 Controlling Zunächst wird in diesem Abschnitt beschrieben, welche Kennzahlen überhaupt zur Steuerung eines BVW dienen können. Anschließend werden ausgewählte Parameter gesondert vorgestellt. Katalog der Kennzahlen Zur Steuerung und Erfolgsmessung des BVW sind Kennzahlen notwendig. In der Praxis werden verwendet: Beteiligungsquote, also Anzahl eingereichte VV pro Jahr und 100 Mitarbeiter, ggf. getrennt nach Einzel- und Gruppenvorschlägen, Einreicherdichte, d. h. der Anteil derer, die mindestens einen VV im betreffenden Jahr (ggf. in einer Gruppe mit-) eingereicht haben an allen Mitarbeitern, also Beteiligungsquote um Mehrfacheinreicher bereinigt, Anteil der Gruppenvorschläge, Verteilung der VV auf Abteilungen und Anwendungsgebiete, Annahmequote, Durchführungsquote, Anzahl patentfähiger Vorschläge, Höchst- und Durchschnittsprämien, Anonymitätsrate, Anteil von Anerkennungsprämien für Trivialvorschläge, Prämiensumme, Effektivität des BVW, also Kosten des BVW dividiert durch Einsparsumme, Effizienz des BVW, z. B. Bearbeitungsdauer von Vorschlägen, Einspruchsquote. Zwei dieser Kennzahlen sollen genauer behandelt werden, die anderen sind selbsterklärend. Die beiden auszuführenden Kennzahlen sind die Durchführungsquote, auch Umsetzungs- oder Realisierungsquote genannt, und die Anonymitätsrate. Die Durchführungs-, Umsetzungs- oder Realisierungsquote Wird eine Durchführungsquote deutlich unter der Annahmequote festgestellt, so ist dies „ein klarer Indikator für bestehende Änderungswiderstände […]. Es werden also offensichtlich viele Anerkennungsprämien und dergleichen verteilt, während es nicht zur eigentlichen Durchführung kommt“ (Thom 1978, S. 62). Hierfür sind zwei Gründe denkbar: Beschäftigten wird mit Hilfe des BVW ein zusätzliches Einkommen gewährt, das im Entlohnungssystem des Betriebes nicht vorgesehen ist, oder Verbesserungen werden aus Bereichsegoismus oder Vorgehen 63 anderen dem Betrieb schädlichen Gründen nicht umgesetzt. Im ersten Fall muss das betriebliche Vergütungssystem überprüft und gegebenenfalls selbst verbessert werden – auch wenn dies u. U. nur langfristig möglich ist. Im zweiten Fall hat die Betriebsleitung auf die Optimierung des gesamten Betriebes und nicht nur einzelner Bereiche zu dringen. Aber auch das Umgekehrte ist denkbar, nämlich dass VV nicht nur beim BVW eingereicht, sondern gleich, mit oder ohne Beteiligung der zuständigen Vorgesetzten und anderer betrieblicher Stellen, umgesetzt werden und diese Umsetzung auch dann bestehen bleibt, wenn der Gutachter den VV ablehnt. In diesen Fällen ist der VV faktisch im Rahmen eines KVP umgesetzt worden. Existiert im Rahmen des betrieblichen Ideenmanagements bereits ein geregelter KVP, so kann der VV hier erfasst und prämiert werden. Ansonsten kann ein solcher Fall zum Anlass genommen werden, das Ideenmanagement um den KVP zu bereichern. Die Anonymitätsquote Die Anonymitätsquote kann nur in Betrieben erhoben werden, in denen anonym VV eingereicht werden können. Die Anonymität eines VV soll den Einreicher vor befürchteten Repressionen seines direkten Vorgesetzten und/oder des Gutachters schützen. Zwar spricht alleine die Einrichtung eines BVW für eine gewisse Innovationsfreundlichkeit, doch breitet sich diese Grundstimmung nicht automatisch in alle Betriebsteile aus. Hier kann die Anonymitätsquote ein sensibles Messinstrument sein. Als Beispiel: In dem unten (Seite 72 ff.) vorgestellten Betrieb der Kautschukindustrie liegt die Anonymitätsrate bei zwei Prozent, in anderen Betrieben finden sich aber Anonymitätsraten bis zu 12,5%. Solche Werte lassen auf größere Probleme im Betrieb schließen. 64 4 BVW aus der Sicht verschiedener Mitarbeitergruppen Das BVW wird immer von Menschen betrieben. Maßnahmen zur Einführung oder Optimierung müssen sich daher an bestimmte Zielgruppen wenden. Daher wird nun die spezifische Sicht in unterschiedlicher Weise Betroffener und/oder Beteiligter auf das BVW vorgestellt. Zunächst geht es um jene Beschäftigten, die nicht in der Organisationseinheit „BVW“ arbeiten, sodann um alle, die aufbauorganisatorisch ins BVW eingebunden sind. In diesem Kapitel geht es ausschließlich um das BVW – in den KVP ist jeder Teilnehmer auf seinem Arbeitsplatz eingebunden, und eine eigene Organisation wie beim BVW gibt es nicht: KVP-Aktivitäten fallen vollständig in den Bereich des jeweiligen Fachverantwortlichen. Für den KVP der Produktion ist also der Produktionsleiter zuständig, für den KVP der Verwaltung der Verwaltungsleiter etc. Eine eigene Aufbauorganisation zur Förderung des KVP würde dem KVPGedanken geradezu widersprechen. 4.1 Mitarbeiter / Einreicher Einzelne Zur Information der Mitarbeiter über das BVW sollten sämtliche Möglichkeiten genutzt werden. Insbesondere mündliche Information, sei es auf einer Betriebsversammlung, sei es durch die direkten Vorgesetzten, ist in einer Zeit, in der immer weniger gelesen wird, wichtig. Bei schriftlichen Informationen ist auch an Mitarbeiter nicht-deutscher Muttersprache zu denken und bei Bedarf eine Übersetzung der BVW-Informationen bereitzustellen. BVW-Mitarbeiter und Vorgesetzte sollten alle nur möglichen Formen der Unterstützung für potenzielle Einreicher bereitstellen, besonders für Einreicher, die noch nie einen VV erarbeitet haben. Sicher gehört die Möglichkeit, VV mündlich einzureichen, dazu. In manchen Betrieben gibt es zusätzlich „BVWKontaktpersonen“. Dies sind Facharbeiter, gelegentlich auch Meister, die selbst erfolgreich einige VV eingereicht haben und nun offiziell als Ansprechpartner für einen bestimmten Bereich benannt sind. Die Schwelle, diese aus dem Arbeitsalltag ohnehin bekannten Kontaktpersonen auch einmal zu einem möglichen VV anzusprechen, ist viel geringer als die Schwelle zum Vorgesetzten oder BVW-Beauftragten. BVW aus der Sicht verschiedener Mitarbeitergruppen 65 Gruppen Ebenfalls sehr hilfreich ist das Instrument der Gruppenvorschläge. Das ursprüngliche BVW, wie es Ende des 19. Jahrhunderts konzipiert wurde, kannte nur den Einreicher. Zusammenschlüsse mehrerer Einreicher zu einen VV waren nicht vorgesehen und führten zu Problemen bei der Verwaltung der VV, der Verteilung der Prämie u. Ä. In der Literatur wurden in den 1960er- und 70erJahren von informellen oder formellen Gruppen eingereichte Vorschläge propagiert. Diese Vorgehensweise hat sich bewährt, so im Ideenmanagement der Maschinenfabrik Reinhausen: „Problem zu erkennen, bedeutet oft bereits die Hälfte der Lösung zu kennen. Was ein Mitarbeiter nicht selbst weiß, weiß vielleicht sein Kollege. Mit Unterstützung der Führungskraft oder der Kollegen aus der Gruppe lässt sich aus einer halbfertigen Idee eventuell sogar eine ‚SpitzenIdee‘ entwickeln. Auch hier gilt: Synergieeffekte lassen sich nutzen, wenn Gruppen Vorschläge gemeinsam ausarbeiten und einreichen. Die Verbesserung eines Themas hat oft Verbesserungen tangierter Themengebiete zur Folge. Eine Einsparung bei der Teilevielfalt zum Beispiel kann sich auch positiv auf Logistik, Transport, Fertigung, Montage, Qualität und Versand auswirken“ (Fischer u. a. 2003, S. 261). Zu unterscheiden sind Gruppen, die die Mitarbeiter selbstständig bilden, von solchen Gruppen, die vom Betrieb initiiert werden. „Diese Ideen-Teams, Werkstattkreise, Lernstattgruppen, Mitarbeiterrunden oder Aktionsgruppen usw. greifen selbst gewählte oder vom Unternehmen vorgegebene Probleme mit Hilfe von Fachkräften, sowie extra geschulten Moderatoren und Koordinatoren auf und finden bei ca. 80 % eine gute Lösung“ (Schulz 2003, S. 138). Gruppen, die von Mitarbeitern selbst gebildet werden, erhalten nicht automatisch diese Unterstützung und laufen so Gefahr, ihr Ziel nicht zu erreichen. Abhilfe kann dadurch geschaffen werden, dass auch selbstständig gebildeten Gruppen die Unterstützung durch Moderatoren und Fachkräfte des Betriebs angeboten wird. Bei einem knapp 600 Mitarbeiter starken Anlagenbauer werden VV nur angenommen, wenn sie nicht nur technisch ausformuliert, sondern auch mit einer Wirtschaftlichkeitsrechnung untermauert sind. Ein Ziel dieser Regel war es, Gruppen aus gewerblich-technischen und aus kaufmännischen Beschäftigten zu bilden und so die Zusammenarbeit beider Bereiche zu stärken. Dieses Ziel wurde nach anfänglichen Schwierigkeiten innerhalb von zwei Jahren erreicht. Wichtig ist es, bei der Konzeption von Ideenmanagement von Beginn an auch an Einreichergruppen zu denken und die Verfahren entsprechend zu definieren. 66 BVW aus der Sicht verschiedener Mitarbeitergruppen 4.2 Führungskräfte im traditionellen BVW Führungskräfte können im traditionellen BVW in zwei Formen mit dem BVW in Berührung kommen: Als Einreicher von VV und als Förderer von VV ihrer Mitarbeiter. Im Vorgesetztenmodell werden Führungskräfte zu einem Teil des BVW (s. Kap. 4.3). VV von Führungskräften In manchen BVW der frühen Industrialisierung (vor 1900) wurden Führungskräfte bereits ab der Meisterebene vom BVW ausgeschlossen. „Nachwirkungen einer solchen restriktiven Politik scheinen zumindest im Bewusstsein der potenziellen Teilnahmeberechtigten noch spürbar zu sein“ (Thom 1978, S. 73). Viele BVW-Beauftragte kämpfen gegen die Meinung: „Das BVW ist doch nur etwas für Arbeiter.“ Führungskräfte sind in der Regel besser qualifiziert und werden aufgrund ihres bereichsübergreifenden Wissens als teilweise besonders geeignet für VV angesehen. Außerdem erhofft man sich durch einreichende Vorgesetzte eine Vorbildwirkung. Daher wird es als sinnvoll angesehen, speziell bei Führungskräften um die Teilnahme am BVW zu werben. Führungskräfte als Förderer von VV In der Funktion des BVW-Coaches regt der Vorgesetzte zu Vorschlägen an, fördert und begleitet die Erstellung von VV lange vor der offiziellen Einreichung und treibt die Umsetzung von VV auch dann voran, wenn die Verbesserung nicht in den eigenen Bereich fällt. Konkret sind die Aufgaben einer Führungskraft als BVW-Coach die Anregung und Motivation ihrer Mitarbeiter zur Beteiligung am BVW, das frühzeitige Gespräch über mögliche VV, um diese mit den Unternehmenszielen zu harmonisieren. Beispielfragen: Wie lässt sich der VV so formulieren, dass auch die Qualität erhöht wird? Lässt sich die im VV vorgeschlagene Verfahrensweise automatisieren? Lässt sich der VV auf andere Betriebsbereiche übertragen? Hilfen bei der Ausformulierung zu geben oder solche im Betrieb zu vermitteln und auf die Umsetzung und Prämierung eines erfolgreichen VV zu achten. Betriebe, die mittels Zielen führen, beziehen gerne auch das BVW ein. Nicht selten wird ein VV pro Mitarbeiter und Jahr als Ziel vorgegeben. BVW aus der Sicht verschiedener Mitarbeitergruppen 67 4.3 Führungskräfte im Vorgesetztenmodell des BVW Im traditionellen BVW werden VV vom BVW-Beauftragten entgegengenommen. Die Führungskraft des Einrichers erfährt möglicherweise nie etwas von den BVW-Aktivitäten des Mitarbeiters. Die Rolle der direkten betrieblichen Führungskräfte fasst das Vorgesetztenmodell des BVW vollkommen anders auf: Während im traditionellen BVW der Einreicher seinen VV an das BVW sendet, reicht beim Vorgesetztenmodell der Mitarbeiter einen VV bei seinem direkten Vorgesetzten ein. Dieser kann in seinen direkten Bereich fallende Vorschläge umsetzen und kleinere Prämien direkt verteilen, ggf. nach Rücksprache mit seinem Vorgesetzten. Jedoch bleibt es auch im Vorgesetztenmodell des BVW die freie Entscheidung des Mitarbeiters, ob er sich am BVW beteiligen will und zu welchen Gebieten er VV erarbeitet. Auch werden ihm in der Regel keine Problemlöse- oder Kreativitätstechniken vorgegeben. Außerdem wird der KVP in der Regel von Gruppen getragen, während das Vorgesetztenmodell des BVW ebenso VV einzelner Mitarbeiter akzeptiert. Der Vorgesetzte leitet größere und außerhalb des eigenen Arbeitsbereichs fallende Vorschläge an das nach wie vor existierende BVW weiter. Diese VV werden dort im traditionellen Sinn bearbeitet. Als Beispiel: Bei Siemens werden, je nach Konzernbereich, 70% bis 80% der VV direkt und eigenverantwortlich vom Vorgesetzten entgegengenommen, begutachtet und prämiert. Das BVW im Vorgesetztenmodell findet sich in vielen Unternehmen und ist derzeit der „Renner“ des BVW. Die Vorteile dieses Verfahrens sind: Durch die Möglichkeit, sich an den persönlich bekannten Vorgesetzten zu wenden, sollen auch Einreicher aktiviert werden, die sich nicht an die anonyme Institution BVW wenden würden. Der Vorgesetzte kennt das Arbeitsgebiet des Einreichers und kann so den Vorschlag schnell und sachgerecht beurteilen und ihn ggf. sogar noch optimieren. Der Vorgesetzte kann so nicht nur Gutachter, sondern auch Coach des Einreichers werden. Die Prämierung und Realisierung gerade kleiner Vorschläge kann zeitnah und kostengünstig durchgeführt werden, so wie beispielsweise bei Siemens „Direkt-Vorschläge in der Bearbeitung erheblich billiger sind (rund 20 % der Kosten eines Referats-Vorschlags)“ (Reith 2000, S. 215). Durch das direkte Gespräch zwischen Einreicher und Vorgesetztem kann das BVW stärker zur Personalentwicklung und -auswahl genutzt werden. Als Nachteile werden in der Literatur angeführt: Die Abhängigkeit des Mitarbeiters vom Vorgesetzten steigt. Ein möglicherweise gespanntes Verhältnis zum Vorgesetzten wirkt sich nun auch auf das 68 BVW aus der Sicht verschiedener Mitarbeitergruppen BVW aus, umgekehrt sind „Nasenprämien“ für beliebte Mitarbeiter möglich. Vorschläge fallen so häufiger in das eigentliche Arbeitsgebiet des Mitarbeiters. Das BVW entwickelt sich in Richtung KVP. Diese beiden Punkte sind für die betriebliche Praxis keine Nachteile, zeigen aber, dass die Strategien des Ideenmanagements nicht optimal aufeinander abgestimmt sind. Im Rahmen der Integration der Strategien sind insbesondere die Möglichkeiten, VV einzureichen und die Anreizsysteme für alle relevanten Aspekte des Ideenmanagements schlüssig zu gestalten. Als echter möglicher Nachteil hat sich in der Praxis erwiesen: Abteilungsübergreifende Konsequenzen können teilweise vom Vorgesetzten nicht abgeschätzt werden. Beispiel: „Im Hause Dresdner Bank wurde sich bewusst dafür entschieden, das zentrale Bewertungssystem beizubehalten. Die Begründung liegt darin, dass die Umsetzung eingereichter Ideen überwiegend bundesweite Auswirkungen hat. Zum Beispiel betrifft die Änderung eines Kreditvordrucks alle Filialen – von Nord bis Süd“ (Burski 2001, S. 203). Dieser Nachteil wiegt so schwer, dass in Unternehmen mit vielen Bereichen, Abteilungen oder Filialen, die in vielfältiger Weise voneinander abhängen und miteinander verflochten sind, das BVW nicht im Sinne des Vorgesetztenmodells eingeführt wird. Hier hat das traditionelle BVW seine Berechtigung. 4.4 Betriebsrat Das BVW kann nicht gegen einen fest in der Belegschaft verankerten Betriebsrat durchgesetzt werden. Grundsätzlich ist es nicht notwendig, dass der Betriebsrat ein BVW aktiv unterstützt. Er sollte es aber zumindest wohlwollend tolerieren. Der Betriebsrat hat genügend Möglichkeiten, die Wirksamkeit eines BVW zu beeinflussen. Viele Betriebsräte sehen das BVW als Strategie, die Betrieb und Mitarbeitern gleichermaßen nützt. Solche Betriebsräte füllen ihre Rollen im BVW konstruktiv aus und steuern ihren spezifischen Erfahrungshintergrund sinnvoll bei. Da also der Betriebsrat, sofern vorhanden, über die Grundsätze des BVW Mitbestimmungsrechte ausübt, kann man auf die Idee kommen, ihn auch an der Einführung und an der Werbung für das von ihm ja mitgetragene BVW zu beteiligen. Gute Erfahrungen wurden damit gemacht, dass ein Betriebsratsmitglied die Regeln eines neu eingerichteten BVW auf einer Betriebsversammlung vorstellt. BVW aus der Sicht verschiedener Mitarbeitergruppen 69 4.5 BVW Beauftragter Der BVW-Beauftragte ist verantwortlich für das operative Geschäft. Zu Beginn mag man mit einem nebenamtlichen BVW-Beauftragten auskommen, denn heute gilt wie vor vierzig Jahren: „Es ist nicht schlimm, wenn der Beauftragte für das BVW nur mit der Hälfte seiner Zeit zur Verfügung steht; schlimm ist es nur, wenn er mit dem halben Herzen dabei ist“ (Höckel 1964, S. 87). Das heißt, der BVW-Beauftragte muss seine Aufgabe tatsächlich verbindlich übernehmen, anders gesagt: Sein Commitment ist gefordert. Betriebe mit 300 bis 600 VV pro Jahr setzen in der Regel einen hauptamtlichen BVW-Beauftragten ein. Ein Betrieb, in dem noch viel Aufbauarbeit für das BVW zu leisten ist, orientiert sich eher an der unteren Grenze von 300 VV pro Jahr. Dort, wo das BVW seit Jahren eingeführt ist und gut funktioniert kann die obere Grenze, also 600 VV pro Jahr, angestrebt werden. Hilfreich kann die Unterstützung durch spezielle BVW-Software sein, doch besteht der größte Teil der Arbeit eines BVW-Beauftragten nicht in der Verwaltung von VV sondern im Gespräch mit Einreichern, Gutachtern und Führungskräften. Hier kann eine Software wenig Unterstützung leisten. Der (zukünftige) BVW-Beauftragte ist für die Rekrutierung der Gutachter, den täglichen Kontakt mit der aus verschiedenen Bereichen beschickten BVWKommision und nicht zuletzt für die Förderung der Umsetzung von VV verantwortlich. Daher sollte er aus dem Betrieb kommen, das BVW-spezifische Wissen kann er sich durch Seminare oder autodidaktisch aneignen. Gute Erfahrungen hat man in produktionsorientierten Unternehmen mit älteren Ingenieuren mit wirklich langjähriger Betriebserfahrung und entsprechenden informellen Kontakten zu allen Bereichen im Betrieb gemacht. Aus dem gleichen Grund arbeiten manche ehemaligen Betriebsräte erfolgreich im BVW. Der BVW-Beauftragte sollte unmittelbaren Kontakt zur Geschäftsführung haben, eine direkte Unterstellung unter die oberste Leitungsebene ist zu erwägen, aber durchaus nicht unbedingt notwendig. Ganz im Gegenteil kann eine „hohe“ Position des BVW zu einer Schwelle für die Beteiligung am BVW, für das Einreichen von VV werden. Eine Zusammenführung der Funktion des BVWBeauftragten mit anderen Stellen, beispielsweise des Qualitäts- oder Bildungswesens, ist denkbar. Hinweise hierzu sind in Kapitel 2.2.1 (S. 14) gegeben. Wie für andere Positionen auch, beispielsweise für die ideale Führungskraft, wurden für BVW-Mitarbeiter umfangreiche Anforderungskataloge aufgestellt. Dort besteht die Gefahr, damit „ein Idealbild eines ‚homo proponens‘ zu konstruieren, dem kein Referent mehr gewachsen ist“ (Bismarck 2000, S. 199). 70 BVW aus der Sicht verschiedener Mitarbeitergruppen 4.6 Gutachter Gutachter sind sachkundige Fachleute, die jeweils in ihr Gebiet fallende Verbesserungsvorschläge auf Umsetzbarkeit überprüfen und im Gutachten entweder die Umsetzung vorschlagen und eine Einschätzung zur Wirtschaftlichkeit geben oder die Ablehnung eines VV nahe legen. Zwar wird die endgültige Entscheidung über einen VV häufig vom BVW oder einer dafür eingesetzten Kommission getroffen, doch stützt sie sich in aller Regel auf die Expertise des jeweiligen Gutachters. Damit erhalten die Gutachter eine zentrale Rolle im Betrieblichen Vorschlagswesen. Gutachten zu erstellen ist also immer eine zusätzliche Aufgabe. Entscheidungen über die betriebliche Anerkennung, Gehaltserhöhungen, Beförderungen oder andere Gratifikationen sind immer an die eigentliche Aufgabe und fast nie an die Qualität und zeitnahe Erstellung von Gutachten für das BVW gekoppelt. Die Erstellung eines Gutachtens für das BVW wird so häufig niedrig priorisiert und zeitlich weitmöglichst verschoben. Im Falle eines ablehnenden Gutachtens herrscht bei vielen Gutachtern die Einstellung vor, Blindleistung zu erzeugen. Sie müssen einem Nicht-Fachkundigen begründen, warum einem aus Sicht des Fachmanns sowieso unsinnigen Vorschlag nicht gefolgt wird. Dementsprechend selten nehmen Gutachter Kontakt mit Einreichern auf – ein Automobilzulieferer berichtet, über 60 % aller Gutachten würden ohne jede Kommunikation zwischen Gutachter und Einreicher erstellt. Zum Verständnis der Situation von Gutachtern hilft die Unterscheidung von explizitem und implizitem Wissen. Explizites Wissen ist solches, das man in Worte fassen kann, das direkt lehrbar ist. Ein Beispiel sind die Regeln des Straßenverkehrs. Implizites Wissen umfasst alles, was man tun kann, auch ohne es in Worte fassen zu können. Ein Autofahrer weiß in diesem Sinn, wann er vor einer roten Ampel mit dem Bremsen beginnen sollte, auch wenn er diese Distanz nicht in Metern angeben kann. Ein Fahrschüler kennt umgekehrt die Formel zur Berechnung des Bremswegs, kann diesen aber nicht richtig einschätzen. Beide Arten des Wissens sind also nicht direkt ineinander überführbar. Der Gutachter verfügt schwerpunktmäßig über explizites Wissen, der Einreicher häufig über implizites Wissen. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass der einen Arbeitsprozess planende und überwachende Fachmann und der tatsächlich den Prozess durchführende Arbeiter notwendigerweise nicht nur unterschiedliches Wissen, sondern auch eine unterschiedliche Art des Wissens (eben explizites versus implizites Wissen) zur Verfügung steht und zur Verbesserung der Arbeitsabläufe eingesetzt werden kann. Andererseits sind durch die unterschiedlichen Wissensschwerpunkte Kommunikationsprobleme fast schon vorprogrammiert. Ein erster Schritt kann sein, bei- BVW aus der Sicht verschiedener Mitarbeitergruppen 71 den Beteiligten, den Einreichern ebenso wie den Gutachtern, die Herkunft dieser Probleme aus unterschiedlichen Wissensmodi zu erklären. Auch mit der Schulung von Gutachtern im Erstellen von Texten haben Betriebe gute Erfahrungen gemacht. Im Zusammenhang damit kann man den Kreis der Gutachter bewusst exklusiv gestalten, sodass die Bestellung zum Gutachter zur Auszeichnung wird. Besuche anderer Betriebe und ähnliche Sonderveranstaltungen für Gutachter können den Status der Gutachter im Betrieb deutlich verbessern. Versuchsweise haben einige BVW Gutachtern für jedes Gutachten eine Prämie gezahlt. In manchen Fällen brachte das den gewünschten Erfolg, also (rechtzeitiges) Erstellen von Gutachten, die von Einreichern und BVW-Kommission gleichermaßen verstanden und akzeptiert wurden. Dieser Erfolg stellte sich insbesondere dann ein, wenn die Prämie nur im Rahmen einer Sonderaktion zur Aufarbeitung eines Gutachtenstaus gezahlt wurde und nicht als dauernde Einrichtung. 4.7 Kommissionsmitglieder In vielen BVW werden Prämienentscheidungen durch den/die BVW-Beauftragten vorbereitet und von einer BVW-Kommission beschlossen. Häufig werden einige der Kommissionsmitglieder von der Betriebsleitung, andere von der Arbeitnehmervertretung benannt. Eine paritätische Besetzung ist nicht notwendig, insbesondere in schon lange bestehenden BVW aber auch nicht selten. Die Kommissionsmitglieder arbeiten neben ihren eigentlichen Aufgaben, müssen also für solch nebenamtliche Tätigkeiten gewisse Freiräume haben. Sinnvoll ist es, viele unterschiedliche Sichtweisen in einer Kommission vertreten zu haben. Dem steht die Forderung gegenüber, für ein effizientes Arbeiten eine kleine Kommission vorzusehen. Eine Größe von vier oder fünf Mitgliedern ist häufig. Der BVW-Beauftragte ist bei der Kommissionssitzung in der Regel anwesend, teilweise ohne eigenes Stimmrecht, teilweise als normales Mitglied, teilweise mit der Befugnis des Stichentscheids. Die Kommissionsmitglieder sollten über breites Fachwissen und gute Kenntnisse des Betriebes verfügen. Mindestens so wichtig ist die Fähigkeit, auch in verwickelten Situationen zu einer salomonischen und von allen Seiten akzeptierten Entscheidung zu kommen. In manchen BVW kann ein Einreicher, der mit der Entscheidung der BVWKommission nicht einverstanden ist, eine Schiedskommission anrufen. Dies sollte in der Praxis nur sehr selten vorkommen. Die Mitglieder dieser Kommission dürfen selbstverständlich nicht bereits in der eigentlichen BVW-Kommission sitzen. Es sollten vielmehr so hochrangige und allseits anerkannte Mitarbeiter sein, dass die Entscheidung dieser Schiedskommission als endgültige akzeptiert wird. 72 5 Praxis-Beispiele Im Folgenden werden Beispiele, meist mit einem bestimmten Schwerpunkt, vorgestellt. Diese stellen mehrere Aspekte im Zusammenhang dar. Daher werden sie hier zusammengefasst; betriebliche Beispiele für Einzelaspekte sind in den vorangegangenen Kapiteln in die Darstellung der Sachverhalte integriert. 5.1 Kautschukindustrie In diesem Beispiel liegt der Schwerpunkt in der höheren Integration bei den diversen Werkzeugen, die um das BVW gruppiert sind. Der dargestellte Betrieb gehört zur Kautschukindustrie – eine der im BVW aktivsten Industrien, auch, da hier ein entsprechender Druck vom Markt herrscht. Der Betrieb ist Teil eines größeren Konzerns, der die Strategien des Ideenmanagements zentral entwickelt und dann auf die spezifischen Situationen der einzelnen Betriebe anpasst. Das BVW steht hier unter dem Titel „3S“. Die drei S stehen für Schlank, Schnell und Stark und sind noch in Anlehnung an japanische Konzepte formuliert (Abb. 5-1). Abb. 5-1: 3S in der Kautschukindustrie Mit diesen Zielen startete das klassische BVW. Mittlerweile wurde es zum Ideenmanagement erweitert – jedoch nur dem Konzept, nicht dem Namen nach. Praxisbeispiele 73 Das BVW als Kern der Werkzeuge hat man ganz bewusst auch unter dieser Bezeichnung weitergeführt, denn „das kennen die Mitarbeiter“. Darum gruppiert sich ein ganzes Puzzle aus dem Werkzeugkoffer (Abb. 5-2). Abb. 5-2: BVW als Zentrum von Verbesserungsmethoden Beispielsweise wird TPM (Total Productive Maintenance) eng definiert als „Instrument zur Maximierung der Anlageneffektivität unter Beteiligung aller Mitarbeiter“, weil andere Aspekte als die Wartung und Instandhaltung durch Instrumente wie das BVW bereits abgedeckt sind. Umgekehrt können theoretisch zwar Ideen aus TPM-Arbeitskreisen als VV eingereicht werden. Dank einer entsprechenden Unternehmenskultur kommt dies jedoch kaum vor. Als erfolgskritisch gilt für TPM wie für den KVP der schnelle Erfolg der Mitarbeiter. Hierzu können diese TPM-Karten ausfüllen, an die betreffende Maschine hängen, und nach maximal einer Woche muss die angezeigte Schwachstelle korrigiert sein. 74 Praxisbeispiele Die Arbeit mit dem Werkzeugkoffer ist schon deshalb notwendig, weil das Unternehmen ein Konzern mit Holdingstruktur ist, die Konzerngesellschaften also in hohem Maße eigenständig sind. Daher muss das Ideenmanagement, von der für Dienstleistungen zuständigen Konzerngesellschaft realisiert, für jeden Betrieb individuell angepasst werden. Das BVW wird im hier beschriebenen Unternehmen seit 18 Jahren eingesetzt, und so ist immer wieder ein neuer Ansatz notwendig. Dieser gelingt, auch weil sich die Führungsspitze uneingeschränkt zum BVW bekennt (Abb. 5-3). Abb. 5-3: Das BVW als Verbesserungsmethode mit Tradition Viele der älteren Mitarbeiter haben in diesem Unternehmen ihre Ausbildung absolviert und seither nie den Arbeitgeber gewechselt. So sind die meisten Arbeitsbereiche von Mitarbeitern geprägt, die seit Jahrzehnten im Unternehmen tätig sind. Diese Mitarbeiter kennen die hier angesprochenen Verbesserungsstrategien unter dem Namen „Betriebliches Vorschlagswesen“, auch wenn sich der Inhalt und das konkrete Vorgehen im Laufe der Jahrzehnte gewandelt hat. Praxisbeispiele 75 So bleibt das BVW als Namensgeber für alle auf die Generierung von Verbesserungsvorschlägen durch die Mitarbeiter bestehen, auch wenn es sich nach gängiger Terminologie um einen KVP oder um Qualitätszirkel handelt. Nicht unter dem Titel des BVW werden Strategien umgesetzt, die der kontinuierlichen Verbesserung dienen, aber nicht in erster Linie auf die VV von Mitarbeitern zielen, wie z. B. Benchmarking und Projekte zum Wissensmanagement. VV können anonym eingereicht werden, rund zwei Prozent der in diesem Betrieb eingereichten VV sind anonym. 5.2 Praxis der Integration von BVW und KVP im Großunternehmen Die Deutsche Post integriert BVW und KVP – und es funktioniert. Im Jahr 2002 hat der Konzern „52 Millionen Euro durch Verbesserungsvorschläge ihrer Leute eingespart […]: Reparaturkosten konnten gesenkt, Betriebsmittel günstiger eingekauft und Arbeitsprozesse effizienter gestaltet werden“ (Tödtmann 2003, S. K1). Bei der Post konzentriert man sich auf das Ideenmanangement, bei dem die Mitarbeiter auch Vorschläge, die ihren eigenen Arbeitsbereich betreffen, einreichen und prämiert bekommen können, sei es als Einzel-, sei es als Gruppenvorschläge. Diese Konzentration auf eine Strategie hat das Ideenmangement bei der Deutschen Post deutlich verbessert, wie ein Blick auf seine Geschichte zeigt: Im Jahr 1994 hatte die damalige Deutsche Bundespost 450 000 Mitarbeiter, und gerade 2000 VV wurden in diesem Jahr eingereicht. Um diesen unbefriedigenden Zustand zu verbessern, wurden erste Kompetenzen aus dem Bereich des BVW aus der Zentrale an die einzelnen Niederlassungen abgegeben. Schon 1996 erhielt die Deutsche Post 7000 VV und das, obwohl Telekom und Postbank ausgegliedert wurden und die Post damit nur noch 250 000 Mitarbeiter hatte. 1999 wurde dann mit dem ehemaligen BVW-Leiter von Porsche das „neue BVW“ eingeführt. Kernkonzept ist das Vorgesetztenmodell. Im Einzelnen: Die Deutsche Post unterscheidet zwei Regelkreise, und jeder VV muss einem dieser beiden zugeordnet werden. Ein VV des kleinen Regelkreises wird beim direkten Vorgesetzten eingereicht und von diesem begutachtet. Im kleinen Regelkreis gibt es allerdings keine Prämie, sondern Punkte. Bereits zwei Punkte werden nur für die Tatsache, dass der Mitarbeiter einen VV eingereicht hat, vergeben. Wird ein VV des kleinen Regelkreises direkt umgesetzt, gibt es weitere drei Punkte. Kann ein VV nicht direkt umgesetzt werden, weil er außerhalb des Arbeitsbereichs des direkten Vorgesetzten fällt, leitet der Vorgesetzte den VV an die fachlich zuständige Stelle weiter – und der Einreicher erhält zwei weitere Punkte. 76 Praxisbeispiele Die Punkte haben zwei Funktionen. Zum einen wird in jeder Niederlassung einmal im Quartal unter allen Einreichern eine Prämie im Wert von 1 022 € ausgelost. Bei dieser Verlosung zählt jeder Punkt als ein Los. Das heißt: Je mehr Punkte ein Einreicher gesammelt hat, desto größer ist seine Chance, die Prämie zu gewinnen. Zum anderen werden in jedem Jahr aus jeder Niederlassung die beiden Mitarbeiter mit der höchsten Punktzahl in den „Club der Denker“ aufgenommen und zu Veranstaltungen eingeladen, die sowohl der betrieblichen Verbesserung dienen als auch Incentive-Charakter haben. Soll ein VV mit einer Prämie vergütet werden, dann muss ihn der Einreicher in den großen Regelkreis einsteuern. Damit muss er neben dem VV auch eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung einreichen. Für diese Wirtschaftlichkeitsrechnung dürfen die Mitarbeiter Werte, die sie nicht kennen (können), schätzen. Beispielsweise können für Verbrauchsmaterialien Preise aus dem Kaufhaus angesetzt werden, auch wenn die Post selbst günstiger einkauft. Vom Gutachter oder dem Controlling werden dort die tatsächlichen Werte eingetragen. Aber ausnahmslos gilt: Ein VV, der eine Prämie erhalten soll, muss in den großen Regelkreis eingereicht werden. Und ein VV, der in den großen Regelkreis eingereicht wird, muss mit einer Wirtschaftlichkeitsberechung versehen sein. Das heißt auch, dass VV zum Arbeitsschutz oder zur Qualitätsverbesserung fast nie im großen Regelkreis bewertet werden. Von der Einsparung des ersten Jahres erhält der Einreicher rund 10 % als Prämie – allerdings wird eine degressive, gedeckelte Prämienkurve (s. Seite 26 f.) verwendet. Prämien bis zu einer Höhe von 250 € kann der Vorgesetzte auch bei einem VV des großen Regelkreises selbst vergeben, für höhere Prämien ist das übliche Verfahren mit Gutachter und BVW-Kommission vorgesehen. Daneben werden auch für VV des großen Regelkreises Punkte vergeben, mit den beiden Verwendungen wie beschrieben. Auch VV, die mehr oder weniger das eigene Arbeitsgebiet betreffen werden für den großen Regelkreis angenommen, jedoch bei der Prämienberechnung mit einem Korrekturfaktor von 0,1 bis 0,9 versehen, also mit 10 % bis 90 % der Prämie vergütet, die ein Einreicher aus einem ganz anderen Arbeitsgebiet erhalten würde (grundsätzlich zur Prämienberechnung, auch unter Einbezug von Korrekturfaktoren, Prämienkurven und Deckelung vgl. Seite 21 ff.). Rund 90 % aller VV werden dem kleinen Regelkreis zugeordnet, 10 % dem großen. Im kleinen Regelkreis werden über 50 % der VV angenommen, im großen rund 10 % der dorthin eingereichten VV. In den ersten neun Monaten des Jahres 2002 sind von den derzeit 220 000 Mitarbeitern bereits 82 000 VV eingereicht worden. Im Unterschied zu vielen anderen betrieblichen Vorschlagswesen werden bei der Deutschen Post die meisten VV aus dem Verwaltungsbereich eingereicht. Hier geht es beispielsweise um die Praxisbeispiele 77 Optimierung von Steuern oder die Minimierung von Transportschäden. Im kleinen Regelkreis wird auch ganz gezielt um kleine und Kleinst-VV geworben, um den Hinweis auf eine ausgefallene Leuchtstoffröhre, die so Unfallgefahren hervorruft, beispielsweise. Das BVW der Deutschen Post wird von einer auf die Verhältnisse dort angepassten Software auf der Basis von Lotus Notes/Domino Server verwaltet. Die Verwaltung erfolgt dezentral, d. h. jede der 180 Niederlassungen nutzt ihre eigene Datenbank. Allerdings haben alle diese Datenbanken die gleiche Struktur. Auch sind die Datenbanken so vernetzt, dass VV einer Niederlassung, die möglicherweise auch in einer anderen Niederlassung von Interesse sein könnten, elektronisch weitergeleitet werden können. Texte und Textbausteine, beispielsweise für die Anforderung eines Gutachten, werden zentral erstellt und gepflegt, können jedoch individuell angepasst werden. Die Software hat sich so bewährt, dass sie nun auch zur Verwaltung der (bei der Deutschen Post als einem Dienstleistungsunternehmen eher seltenen) Arbeitnehmererfindungen eingesetzt wird. Alle VV des großen Regelkreises werden manuell verschlagwortet und stehen unter diesen Schlagworten sowie mit einer Volltext-Suche online zur Verfügung. Für die rund 180 dezentral arbeitenden BVW-Beauftragten wurde eine einer Newsgroup ähnliche elektronische Diskussionsplattform geschaffen. Selbstverständlich ermöglicht die Software statistische Auswertungen nach allen wünschenswerten Kriterien. VV können über das Intranet direkt in die BVW-Software eingegeben werden. Sie können schriftlich beim Vorgesetzten, aber auch telefonisch bei einem CallCenter eingereicht werden. Ähnlich werden die Schreiben des BVW nach Bedarf auf Papier oder per e-mail weitergeleitet. Der Gutachter, auch wenn er der Vorgesetzte des Einreichers ist, erhält 1 % der Einsparung des ersten Jahres, mit 511 € gedeckelt. Der Anspruch verfällt, wenn der Gutachter den VV nicht in der vorgesehenen Zeit (maximal drei Wochen) bearbeitet hat. Diese Regelung hat nicht zu besonderem Engagement der Gutachter geführt, und auch das Problem der subjektiv überlasteten und sich ggf. durch einen VV angegriffen fühlenden Gutachter bleibt. Zusammenfassend lassen sich die beiden zentralen Eigenschaften dieses BVW so beschreiben: Unter dem Namen „Betriebliches Vorschlagswesen“ wird eine in sich schlüssige Form des Ideenmanagements realisiert. Die „kleinen“ und „großen“ Regelkreise sind nicht als eigenständige Strategien erkennbar, sondern werden dem Mitarbeiter als Varianten der Bearbeitung vorgestellt. Damit entfällt für den Einreicher die Frage, in welches System er einen VV einreichen 78 Praxisbeispiele soll. Generell wird das Ziel angestrebt, die Schwelle vor dem Einreichen eines VVs möglicht gering zu halten. VV sollen direkt auf wirtschaftlichen Nutzen für das Unternehmen abzielen. Daher soll der Einreicher zunächst selbst eine Wirtschaftlichkeitsrechnung erstellen. Um die Schwelle auch hier gering zu halten, sind Schätzwerte zugelassen. Die tatsächlichen Werte werden vom Gutachter eingesetzt. Wichtig ist, dass durch dies System die Prozesse im Unternehmen kontinuierlich verbessert werden und die Mitarbeiter hieraus ebenfalls Nutzen ziehen, der sie zu weiteren Verbesserungsbemühungen anregt – unabhängig von der Benennung des Systems. 5.3 Praxis der Integration von BVW und KVP im Mittelstand Das hier vorgestellte Unternehmen beschäftigt 260 Mitarbeiter, davon 170 am hier dargestellten Standort. Der Betrieb kann mit rund 100 Beschäftigten in der Produktion und weiteren 70 Mitarbeitern, vorwiegend im Vertrieb, aber auch in der Verwaltung, als typischer Vertreter des Mittelstands gelten. Auch in dieser Größenordnung lohnt es sich, KVP und BVW als Ideenmanagement integriert zu betreiben – wie, das wird im Folgenden beschrieben. Ein BVW wurde Ende der 1960er-Jahre eingeführt. Mit diesem Mittel der kontinuierlichen Verbesserung waren die Mitarbeiter also bereits vertraut, als 1994 das Unternehmen nach einer Krise reorganisiert wurde. Seither ist das Streben nach ständiger Verbesserung als Firmenphilosophie im Unternehmen, insbesondere in der Führung, verankert. Gemeinsam mit einem neuen Geschäftsführer führte die Geschäftsleitung Teamarbeit in der Produktion (bei Konti-Schichtbetrieb), Prämienentlohnung (auch für die Produktion) und eben den KVP ein. Das BVW blieb als eigenständiges Instrument bestehen – auch heute noch kann ein Mitarbeiter (oder ein Gruppe von Mitarbeitern) einen ausgefeilten Vorschlag beim BVW einreichen, der begutachtet und mit ca. 10 % bis 20 % der Einsparung des ersten Jahres, bei 2500 € gedeckelt, prämiert wird. Die Spanne erklärt sich daraus, dass die Einsparung eher grob geschätzt wird, um das BVW einfach und schnell zu halten. Auch das Risiko, einen Vorschlag zu prämieren, der schließlich zu gar keinen Einsparungen führt, geht man dafür ein. Seit Mitte der 1990er-Jahre ist das gesamte Unternehmen einschließlich der Produktion in Teams organisiert. Diese Teams erhalten seit drei Jahren Zielvorgaben bezüglich der Kosten und der Qualität, die u. a. mittels kontinuierlicher Verbesserung zu halten sind und für deren Einhaltung eine bis zu 12 %ige Prämie auf den Grundlohn ausgeschüttet wird. Nur die Gruppen werden prä- Praxisbeispiele 79 miert, nicht einzelne Mitarbeiter (Ausnahme: die Führungskräfte). Zusätzlich erhalten die Teams für eingereichte Vorschläge, in diesem Betrieb als „Teamvorschläge“ bezeichnet, eine Prämie für die „Teamkasse“, ein Konto mit Geld, das die Teams zur freien Verfügung haben. Je nach der Güte des Teamvorschlags können bis zu 30 € in die Teamkasse fließen. Damit können Teamfeste ausgerichtet werden, der Betrag kann aber auch, beispielsweise vor Weihnachten, jedem Teammitglied anteilig ausbezahlt werden. Dieses Teamkonto hat die Wirkung, alle Teammitglieder zur Beteiligung am KVP zu motivieren – wer längere Zeit keinen Vorschlag einreicht, aber vom Teamkonto profitiert, bekommt den Druck der Kollegen zu spüren. Und dieser Druck ist durchaus erwünscht. Teamvorschläge werden i. d. R. mündlich an den Teamleiter oder den (vom Unternehmen ernannten und von den Teams akzeptierten) Teamsprecher herangetragen. Ein Teamvorschlag, der sich als besonders einsparungsträchtig erweist, kann jederzeit zusätzlich in einen BVW-Vorschlag umgewandelt und auch auf diesem Weg prämiert werden. Die Prämie wird als gleitender Durchschnitt über die letzten drei Monate ausbezahlt. Der aktuelle Prämienstand wird, wie auch die aktuelle KVP-Beteiligung, im Teamraum, der gleichzeitig der Pausenraum für das Team ist, visualisiert. Zu Beginn der Prämienentlohnung wurde zwischen Betriebsrat und Unternehmensführung nachverhandelt, wenn die Prämie über mehrere Monate für ein Team entweder bei 0 % oder beim Höchstsatz lag. Um Konflikte frühzeitig zu entschärfen, werden nun zweimal jährlich die Prämien routinemäßig mit beiden Partein diskutiert. Als Anregung für Vorschläge hängt in jedem Teamraum eine Liste als „Problemkatalog“ für dieses Team auf einem Flipchartständer. Ebenfalls findet sich in den Teamräumen eine Liste mit Vorschlägen, die noch nicht realisiert sind. Mindestens 75 % der Mitglieder eines Teams müssen einem Vorschlag zustimmen, damit er realisiert wird. Durch den öffentlichen Aushang erhält jeder der in Wechselschicht arbeitenden Teammitglieder Kenntnis von der geplanten Verbesserung und kann ggf. Einsprüche erheben. Wird binnen zwei Wochen nach Aushang kein Einspruch erhoben, gilt dies als Zustimmung. Damit kann jeder KVP-Vorschlag nach zwei Wochen realisiert werden. Der Stand der Realisierung wird für jeden Vorschlag mittels eines PDCA-Zyklus visualisiert (Abb. 5-4). Das Unternehmen beschäftigt in der Produktion fast ausschließlich Facharbeiter, überwiegend mit einer gewerblich-technischen Qualifikation, sodass die Mitarbeiter ausgehängte Vorschläge lesen, verstehen und ggf. kommentieren können. Um die Kreativität der Mitarbeiter weiter zu fördern, finden wöchentliche Teambesprechungen von 1⁄2 bis maximal 3⁄4 Stunde Dauer statt. Die Produktion ist 80 Praxisbeispiele Abb. 5-4: Der PCDA-Zyklus soweit automatisiert, dass sie unterdessen weiter laufen kann, ggf. werden für diese Zeit Springer eingesetzt. Die Integration von KVP und BVW zu einem Ideenmanagement beruht zunächst darauf, dass für jede Ausprägung einer Dimension entweder das BVW oder der KVP zuständig ist: Dimension Umfang der Verbesserung BVW groß eher außerhalb Verhältnis zum Arbeitsgebiet des eigenen Arbeitsgebiets oft Einzelne, Einreicher Gruppen möglich Prämie individuell ausgezahlt KVP klein bis mittel zumindest Verknüpfung mit dem eigenen Arbeitsgebiet Gruppen fließt in die Gruppenkasse Ein weiterer wichtiger Grund für den Erfolg des Ideenmanagements ist, dass die beiden Geschäftsführer, ein Mitglied der Gründer- und Eignerfamilie und ein familienfremder Manager, eindeutig Ideenmanagement als zentrales Werkzeug Praxisbeispiele 81 für den weiteren Erfolg des Betriebes sehen. Die Erweiterung des BVW zum Ideenmanagement erfolgte in einer Krise. Mittlerweile arbeitet der Betrieb wieder wirtschaftlich und wächst, dies selbstverständlich nicht nur, aber eben auch aufgrund der Ideen der Mitarbeiter. So hat das Ideenmanagement nachhaltig seine Wirksamkeit zeigen können und ist deshalb bei den Beschäftigten auch als Strategie zur Sicherung ihrer Arbeitsplätze anerkannt. 5.4 KVP-Projekte Als Beispiel für den Ansatz von KVP-Projekten mag das Programm GROWTTH dienen, das von der Firma Freudenberg, einem Zulieferer vornehmlich für die Automobil- und die Textilindustrie, entwickelt wurde. Zunächst ist GROWTTH mit Wachstum zu übersetzen, Wachstum des Unternehmens ebenso wie Wachstum der Mitarbeiter. Aber als Abkürzung steht GROWTTH auch für „Get Rid Of Waste Through Team Harmony“, zu deutsch „Unnützes loswerden durch zielgerichtete Teamarbeit“. Ein GROWTTH-Team besteht aus sechs bis acht Teilnehmern, die nicht nur aus verschiedenen Fachbereichen und Hierarchieebenen stammen, sondern in der Regel auch zwei Außenstehende, beispielsweise Mitarbeiter von Kunden oder Lieferanten, miteinbeziehen. Hierdurch werden neue Sichtweisen beigesteuert. Die Gruppenarbeit dauert vier Tage. Aufgabe und Ziel betreffen in der Regel die Optimierung eines Prozesses, gerade auch im Hinblick auf die Kundenanforderungen. Jedes Team geht nach einer standardisierten Systematik vor: Analyse des Ist-Zustands, Definition der Verbesserungspotenziale, Generierung von alternativen Lösungsmöglichkeiten, Auswahl und Test viel versprechender Alternativen und vor allem: Realisierung. Die Grundstruktur entspricht dem PCDA-Zyklus (Abb. 5-5): Aufgaben und Ziele beziehen sich also nicht nur auf Konzepte, sondern insbesondere auf die konkrete Umsetzung und damit auf die Verbesserung im Prozess. Dafür erhält das GROWTTH-Team auch die notwendigen Kompetenzen. Auch die Ziele werden als umgesetzte Verbesserung festgelegt, nicht beispielsweise als Abstand zu einem theoretischen Optimum. Das einem Team vorgegebene Ziel ist von der Betriebsleitung als Teilziel in Bezug auf die Ziele des Unternehmens und im Einklang mit der Strategie des Unternehmens definiert. Ebenfalls sorgt die Betriebsleitung für die Integration der Ziele unterschiedli- 82 Praxisbeispiele Abb. 5-5: Vorgehensmodell für GROWTTH-Projekte (Biehler 2000, S. 120) cher Teams und vermeidet so, dass ein Ziel auf Kosten eines anderen, gleichwichtigen Ziels erreicht wird. Wie wird in einem solchen Ansatz das BVW integriert? Vor der Einführung von GROWTTH gab es seit langem ein BVW, und dies wurde durchaus nicht abgeschafft. Der Schwerpunkt der Aktivitäten wurde auf die Integration des BVW in das nun errichtete Ideenmanagement und auf die Entwicklung eher kleiner und direkt umsetzbarer VV gelegt. Diese VV können auch im BVW eingereicht werden. Das BVW arbeitet weiterhin. So besteht nicht die Gefahr, Vorschläge, die zwar in das BVW, nicht aber in ein KVP-Team passen, zu verlieren. Doch wird durch die Konzentration auf eine Strategie das Ideenmanagement für jeden Beschäftigten leicht durchschaubar und anzuwenden – diese Strategie folgt also dem Muster der „Integration durch Vereinfachung“. Praxisbeispiele 83 5.5 Visualisierung im Ideenmanagement eines Chemiebetriebs Ein früher selbstständiges Unternehmen wurde einem großen Chemiekonzern angegliedert. Im Zuge der Unternehmensübernahme wurde auch die Produktstruktur umgestellt. So wurde der hier vorgestellte Betrieb zum Automobilzulieferer. Die neuen Kunden verlangten nun die systematische Verbesserung aller Unternehmensbereiche. Das im Betrieb seit langem gut funktionierende BVW wurde in seiner Funktion belassen. Dagegen gab die Einführung von Gruppenarbeit durch die neue Konzernmutter einen Anlass, den KVP neu zu etablieren. Der Betrieb arbeitet im 3-Schicht-System mit in der Regel deutschsprachiger, aber tendenziell gering qualifizierter Belegschaft. Ein besonderes Augenmerk wurde der Arbeit in KVP-Arbeitsgruppen (faktisch: Qualitätszirkeln) und der Standardisierung gewidmet, auch unter dem Druck japanischer (und anderer asiatischer) Automobilhersteller, die dort Lacke beziehen. Standardisierung ist dort in hohem Maße durch Visualisierung gesichert: Fotos vom „Soll-Zustand“ an Stellen, an denen Maschinen oder Material abgestellt werden, Fotos vom „Soll-Zustand“ zu reinigender Behälter, Bodenmarkierungen, standardisierte „Schwarze Bretter“, Leittafeln von Terminen und Prozessen, konsequenter Materialfluss von oben nach unten durch das Gebäude, visualisierte Prozessleittechnik. Mitarbeiter müssen keine Handbücher oder Arbeitsanweisungen lesen, sondern sehen direkt am jeweiligen Arbeitsort den Sollzustand, haben ihn direkt vor Augen. Direkt am Arbeitsort finden in der Regel auch die KVP-Besprechungen statt. Dabei entwickeln die Beschäftigten nicht nur Verbesserungen, sondern sind auch bei der Visualisierung des neuen Standards beteiligt. 5.6 Fazit Die hier vorgestellten Betriebsbeispiele zeigen, dass Ideenmanagement auf unterschiedlichste Weise realisiert wird. Ideenmanagement kann in größeren, durchaus aber auch in kleineren Unternehmen sinnvoll eingesetzt werden. Auch werden durch die vorgestellten Varianten des Ideenmanagements verschiedene 84 Praxisbeispiele Schwerpunkt- und Zielsetzungen verfolgt und erreicht. Gemeinsam sind den hier vorgestellten Systemen vier Punkte: BVW und KVP werden intelligent zu einem Ideenmanagement integriert. Sie sind aufeinander abgestimmt und passen zu den anderen im Unternehmen verfolgten Strategien. Dies betrifft sowohl das Anreizsystem als auch die Aufbau- und Ablauforganisation. Das Ideenmanagement ist klar, einfach und für jedermann verständlich aufgebaut. Die meisten Ideenmanagementsysteme sind von der Betriebs- oder Geschäftsleitung angeregt und unterstützt. Sie werden von einem engagierten Ideenmanager aufgebaut, vorangetrieben und erhalten. Über die eingereichten VV wird zügig entschieden, akzeptierte VV werden konsequent umgesetzt. Schließlich ist allen Beispielen gemeinsam, dass das Ideenmanagement sowohl für den Betrieb als auch für den Mitarbeiter gewinnbringend eingesetzt wird. 85 6 Checklisten Die folgenden Unterlagen sind aus Checklisten verschiedener Betriebe zusammengestellt worden. Betriebspezifische Fragen und Angaben wurden verallgemeinert. 6.1 Analyse der betrieblichen Situation Gerade zu Beginn der Beschäftigung mit einem zu etablierenden Ideenmanagement haben sich Checklisten bewährt. Wie geht unser Unternehmen mit den Ideen der Mitarbeiter um? Wer ist Ansprechpartner für die Mitarbeiter? Wer entscheidet, ob Ideen umgesetzt oder abgelehnt werden? Werden gute Ideen gewürdigt oder prämiert? Gibt es feste Regeln über die Prämienhöhe? Sind die Mitarbeiter bereit, Ideen einzubringen? Wissen die Mitarbeiter, wen sie mit Verbesserungsvorschlägen ansprechen können? Sind sie zufrieden mit der Anerkennung ihrer Vorschläge? Zeigen die Mitarbeiter Interesse an den Zielen des Unternehmens? Wie gehen Führungskräfte mit den Vorschlägen der Mitarbeiter um? Nehmen Vorgesetzte die Mitarbeiter ernst? Fördern die Vorgesetzten kreative Mitarbeiterideen? sachliche, kritische Haltungen? Vertrauen durch Lob und Anerkennung? Informieren die Führungskräfte die Mitarbeiter über aktuelle und langfristige Unternehmensziele? 6.2 Definition der Ziele des Ideenmanagements Wichtig vor der eigentlichen Arbeit am Ideenmanagement ist die Bestimmung der Ziele. Hier einige beispielhafte Fragen: 86 Checklisten Soll das Ideenmanagement vor allem Kosten sparen oder liegt der Schwerpunkt in Bereichen wie Qualitätsverbesserung oder Arbeitsschutz? Soll das Ideenmanagement auch als Instrument der Personalführung und -auslese genutzt werden? Sollen sich die VV auf bestimmte Bereiche (z. B. Produktion oder Logistik) konzentrieren? Solche Fragen sind zu stellen und mit der obersten Geschäftsführung abzustimmen. So wird das Ideenmanagement von Beginn an in die gesamte Strategie des Betriebes eingepasst. 6.3 Fehlermöglichkeiten bei der Einführung von Ideenmanagement Jedes Ideenmanagement muss der betrieblichen Situation angepasst sein. Dennoch lassen sich häufig beobachtete Fehler auflisten (vgl. Fischer u. a. 2003, S. 274 ff.). Fehler 1: Nicht genügend Ressourcen bereitstellen Die Einführung von Ideenmanagement ist eine Investition. Hierfür müssen nicht nur Sachmittel, sondern vor allem Personalkapazität eingesetzt werden. Insbesondere die Hauptverantwortlichen werden das Ideenmanagement nicht „nebenbei“, zusätzlich zu ihrer Tagesarbeit einführen können. Fehler 2: Häufiger Personalwechsel Das Ideenmanagement in einem Betrieb benötigt insbesondere in der Anfangszeit einen engagierten Mitarbeiter, der das Ideenmanagement als „sein Kind“ betrachtet und über lange Jahre hinweg kontinuierlich aufrecht erhält und weiter entwickelt. Das Ideenmanagement muss von erfahrenen und langfristig engagierten Mitarbeitern gelebt werden, Jobhopper sind hier fehl am Platz. Fehler 3: Zu viele Initiativen In manchen Betrieben folgt man jeder neuen Managementmode. So wissen die Mitarbeiter bald nicht mehr, was derzeit Strategie und Ziel der Führung ist und können ihr Wissen und ihre Erfahrung nicht einbringen. Hat sich ein Betrieb für das Ideenmanagement entschieden, so dürfen keine konkurrierenden Strategien eingesetzt werden. Fehler 4: Mangelhafte Detailarbeit Von der Betriebsvereinbarung und den Regeln zur Prämierung über die Gestaltung von Formularen und der Parametrisierung von Software bis zu den Infor- Checklisten 87 mations- und Werbemitteln steckt der Aufbau und die Durchführung eines Ideenmanagements voller Details, die konsequent und gründlich erarbeitet werden müssen. Ideenmanagement ist nicht nur eine Strategie, sondern auch operative Arbeit, die gründlich getan werden will. Fehler 5: Nicht mit Widerständen rechnen Die Einführung eines Ideenmanagements bedeutet eine Änderung im Betrieb. Davon sind nicht automatisch alle Mitarbeiter begeistert. Zur Einführung einer neuen Strategie gehört in jedem Fall Überzeugungsarbeit. Fehler 6: Widerstand nicht ernst nehmen Manche Menschen wehren sich reflexhaft gegen jede Änderung in betrieblichen Abläufen. Es gibt aber auch Widerstand gegen Änderungen, die die Betroffenen aus guten Gründen ablehnen. Beispielsweise lehnt ein Arbeiter die Verwendung preiswerteren Materials ab, weil er die Erfahrung gemacht hat, dass dieses Material zu Produktionsproblemen führt. Diese Reaktion kann auch Anlass sein, die verfolgte Strategie zu überprüfen. Fehler 7: Unklare Kommunikation Sind die Regeln des Ideenmanagements klar, einfach und gut verständlich, so lassen sich Gerüchte und das Gefühl, ungerecht behandelt zu werden, leicht vermeiden. Fehler 8: Ideenmanagement als Selbstläufer betrachten Ideenmanagement ist kein Selbstläufer, sondern bedarf der ständigen Unterstützung durch das Management und durch den verantwortlichen Ideenmanager. Fehler 9: Falschen Zeitpunkt wählen Ideenmanagement kann nicht in Konkurrenz zu anderen betrieblichen Großereignissen umgesetzt werden. Neben einer Unternehmenskrise mit Entlassungen, einer Zertifizierung oder der Übernahme durch ein anderes Unternehmen kann beispielsweise ein Ideenmanagement kaum erfolgreich eingeführt oder reaktiviert werden. Fehler 10: Betriebliche Erfahrungsträger ignorieren Ideenmanager müssen häufiger den „kleinen Dienstweg“ beschreiten. Sie benötigen ein Gespür für die Prozesse im Betrieb, um die Bedeutung eines VV zumindest grob einschätzen zu können. Erfolgreiche Ideenmanager waren regelmäßig lange Jahre an anderer Stelle im Betrieb tätig und wurden dann mit dieser Berufserfahrung zum Ideenmanager. 88 Checklisten 6.4 Fragenkatalog Produktion (Herstellung und Montage) Verdacht auf Kein Hinweis auf Verschwendung Verschwendung Nr. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. Ist das Produkt konstruktionsgerecht montierbar bzw. herstellbar? Ist die Positionierzeit größer als die Bearbeitungszeit? Können NC-Programme verkürzt werden? Ist das Herstellungsverfahren prozesssicher (reproduzierbar)? Erhöht der betrachtete Prozess die Wertschöfung? Gibt es Untersuchungen zur Prozessfähigkeit der Maschinen? Sind alle Aktivitäten im Fertigungsprozess erforderlich, um die Kundenanforderungen zu erfüllen? Werden die Prozesse hinsichtlich Verbrauch von Roh-, Hilfsund Betriebsstoffen regelmäßig optimiert? Werden in gewissen Zeitabständen Prozessanalysen bzw. Untersuchungen und Verbesserungen der Arbeitsabläufe durchgeführt? Übersteigt die Leistungsfähigkeit der Maschine/Anlage die Anforderungen? Ist „Handarbeit“ auf das Bestücken beschränkt, der Rest automatisiert? Gibt es Job-Rotation bzw. Mehrmaschinenbedienung? Treten Nebenzeiten, Störungen der Maschinen bzw. Anlagen auf, und führen Sie Nebenzeiten-Analysen der Maschinen und Anlagen durch? Werden Betriebsdaten erfasst und sind diese den Mitarbeitern bekannt? Können Verwechslungen innerhalb des Prozesses auftreten bzw. sind Prozesssicherungen installiert? Gibt es Unordnung am Arbeitsplatz? Gibt es Probleme bzw. Verbesserungen hinsichtlich Ergonomie und Prozessablaufgestaltung? Können Stufen der Bearbeitung entfallen oder integriert, d. h. Arbeitsinhalte zusammengefasst werden? Gibt es mehrstufige Arbeitsgänge? Haben Sie hohe Rüstzeiten Ihrer Anlagen und Maschinen? Gibt es vorbeugende Wartung und Instandhaltung der Maschinen und Anlagen? 89 7 Literatur Anic, Denis: Erfolgskriterien des Betrieblichen Vorschlagswesens aus wirtschafts- und rechtswissenschaftlicher Sicht. In: Ideenmanagement Heft 3/2001 Anic, Denis: Rechte und Pflichten von Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Ideenmangagement. In: Ideenmanagement Heft 3/2002, S. 144–150 Bauer, Thomas: Ideenmanagement als unternehmerische Aufgabe. In: Fachtagung „Innovationen strategisch sichern – Erfolg durch Ideenmanagement“. Ausgewählte Vorträge. Köln, Frankfurt am Main (Wuppertaler Kreis e.V., Deutsches Institut für Betriebswirtschaft e.V.), 2000 Becker, Klaus: Entlohnung des Kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP). Vortrag auf der Konferenz KVP, Gruppenarbeit, Betriebliches Vorschlagswesen am 14. u. 15. 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In: Erwin Grochla, Eberhard Brinkmann u. Norbert Thom: Stand und Entwicklung des Vorschlagswesens in Wirtschaft und Verwaltung. Dortmund: Arbeitsgemeinschaft für Rationalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen, 1978 Thom, Norbert: Betriebliches Vorschlagswesen – Ein Instrument der Betriebsführung und des Verbesserungsmanagements. Bern, Frankfurt am Main, New York 1996, 5. überarbeitete und ergänzte Auflage Tödtmann, Claudia: Weg mit den Wissenshortern. Handelsblatt vom 21./22. Februar 2003, S. K1 Zimmermann, Volker: Marketingstrategien für ein erfolgreiches Ideenmanagement. In: Deutsches Institut für Betriebswirtschaftslehre e. V. (Hrsg.): Erfolgsfaktor Ideenmanagement. Berlin: Erich Schmidt, 2003, S. 41–58 93 8 Stichwortverzeichnis Ablauforganisation . . . . 13, 14, 15, 20, 43, 44 Angestellte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20, 49 Annahmequote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 Anstecknadel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Arbeitnehmer . . . . . . . 20, 29, 35, 45, 89 Arbeitnehmererfindung . . . . 18, 20, 77 Arbeitsschutz . . . . . . . . . . . . . . . 40, 76, 86 Aufbauorganisation . . . . . . . . . . . . 14, 15 Beteiligungsquote . . . . . . . . . . 44, 54, 57 Bewertung . . . . . . . . . . . 23, 24, 27, 90, 91 Bildungswesen . . . . . . . . . . . . . . 14, 16, 69 Bürokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 BVW-Beauftragter . . . 20, 40, 41, 49, 64, 69, 71, 77 Coaching . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51, 67 Definition .........40, 42, 45, 55, 81, 85 Durchführungsquote .................62 Erfolg ...25, 40, 46, 47, 49, 52, 53, 58, 71, 73, 89, 90, 91, 92 Fehler ..........................17, 51, 59 Gruppenvorschlag .......32, 44, 62, 75 Gutachten .............14, 38, 70, 71, 77 Gutachter ...21, 23, 29, 56, 60, 63, 67, 69, 70, 76, 77 Indikator ............. ..............37, 62 Initiative .............................9, 51 Integration .........8, 72, 75, 78, 81, 90 Japan ................. ..............72, 83 Kaizen ..............................11, 90 Kennzahlen ............................62 Management ...........9, 10, 89, 90, 92 Mitbestimmung ..... ..............19, 20 Motivation ................52, 60, 61, 92 mündlicher VV ...........48, 49, 64, 79 Nationalsozialismus ...................7 Nutzen ....18, 23, 25, 26, 38, 52, 53, 78 Patent ...................................62 Porsche ....................47, 48, 75, 91 Post ........................ 60, 75, 76, 77 Prämie ...9, 20, 21, 22, 23, 25, 26, 27, 28, 29, 47, 51, 53, 57, 65, 67, 71, 75, 76, 78, 79 Produktivität ......................12, 35 Punkt ......................27, 28, 48, 76 Punktsystem ......12, 20, 27, 47, 48, 75 Realisierung ...16, 28, 47, 52, 60, 67, 79, 81 Sachprämie ........................21, 22 Sachpreis ...............................25 Software ........................... 14, 77 Sonderaktion .....43, 44, 45, 54, 55, 71 Sonderleistung ....................18, 29 Strategie ......12, 36, 40, 42, 81, 89, 91 Tamtam ................................47 Umsetzung 46, 47, 63, 66, 68, 69, 70, 81 Unternehmenskultur ...37, 41, 51, 55, 59, 73, 90 USA .................................7, 11 Vorgesetztenmodell .........49, 67, 75 Vorgesetzter ....36, 47, 48, 49, 51, 59, 64, 66, 67, 75, 76, 77, 85, 90 Werbemittel .......................44, 48 Werkzeug ..............................73 Ziel ...7, 13, 18, 20, 25, 35, 36, 40, 42, 49, 53, 57, 58, 81, 82, 85