Musikszene Warum die warten muss gewaschen

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Musikszene Warum die warten muss gewaschen
Menschen. Leben. Lokal. Das Magazin fürs Tal
Quo vadis
Musikszene
Tegernseer Tal
Verkehrskollaps im Tal?
Warum die
große Lösung
warten muss
Portrait Quirin Roth
Mit allen Wassern
gewaschen
Ausgabe September / Oktober 2011
kostenlos
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EDITORIAL / IMPRESSUM
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Nichts ist für die Ewigkeit...
W
ir durften viele Menschen kennenlernen in diesem
Sommer, der keiner sein wollte. Durften Fragen stellen, die sich wohl viele stellen, egal, ob sie am Anfang stehen, in der Mitte oder am Ende eines spannenden Lebens.
Manche Gespräche waren klassische Interviews, andere wie
Besuche bei Großeltern. Wir haben versucht, die Alten ausreden zu lassen. Die Jungen Ideen spinnen zu lassen. Die dazwischen zweifeln zu lassen. Zwischen den Zeilen zu lesen.
Und viele Zeichen aufzuschreiben.
Bei all den Besuchen, Geschichten und Eindrücken nicht in
klassische Klischees zu verfallen, ist nicht immer einfach.
Sollten Sie dennoch feststellen, dass es anders ist, schreiben Sie uns bitte. Wir freuen uns auf Ihre Meinung. Ihre Geschichte. Und Ihre Kritik.
Zahlreiche Zeilen zu den Plänen ums Maximilian, die zwar
riskant, aber scheinbar notwendig sind. Zeilen zum Hofladen
in Holz, wo man dem Trubel am Tegernsee entfliehen kann.
Zeilen zu der Musikszene am Tegernsee und zu Quirin Roth,
einem beeindruckenden Gmunder Künstler.
Ihre Tegernseer Stimme und die komplette Redaktion
Schöne Zeilen zu umtriebigen Alten, sich dem Zeitalter des
Internets anpassen wollen und zur Arbeit auf der Alm. Und
schwierige Zeilen von einem, der lieber anonym bleibt, weil
er nicht „mit der rosa Fahne durchs Tal laufen will“.
Impressum
Verlag:
Lokale Stimme UG (haftungsbeschränkt)
Tölzerstraße 9a- 83703 Gmund, Telefon: 08022 / 85 96 280
Der Verlag ist eine haftungsbeschränkte Unternehmensgesellschaft. Geschäftsführer ist Peter Posztos. Gesellschafter
sind die PP Media GmbH, Apitzsch-Media GmbH und
Jochen Krisch
Redaktionsleitung:
Peter Posztos
Telefon (mobil): 0151 / 270 19780
E-Mail: peter@tegernseerstimme.de
In diesem Sinne wünschen wir Ihnen noch einen schönen Spätsommer und einen tollen Start in den Herbst. Und denken Sie
dran: Auch der schlimmste Sommer geht einmal zu Ende.
P. S.: Wir haben uns gefragt, was Heimat eigentlich für jeden Einzelnen von uns bedeutet. Warum liegt uns so viel daran, unser kleines Fleckchen Erde zu schützen? Diese Frage
möchten wir an Sie weitergeben. Erzählen Sie uns, was Sie
für Ihre Heimat, für „Ihr Tal“ tun! Alles weitere zu diesem
Thema im Internet unter www.tegernseerstimme.de
Mitarbeiter dieser Ausgabe:
Rose-Marie Beyer, Steffen Greschner, Eduard von Overheidt, Nicole Posztos, Philippe Arlt, Martin Heilmann,
Christopher Horn, Mick Zollenkopf, Cordula Flegel
Anzeigenleitung:
Franz Neumann
E-Mail: neumann@tegernseerstimme.de
Tel. (mobil): 0176 / 960 676 72
Wenn Sie in der Tegernseer Stimme werben möchten,
schreiben Sie uns eine Mail an: neumann@tegernseerstimme.
de oder rufen Sie uns direkt an. Wir sind gerne bereit uns persönlich mit Ihnen zu treffen um die verschiedenen Möglichkeiten zu besprechen.
Erscheinungsweise: Regelmäßig mit einer Auflage von 20.000
Exemplaren. Verteilung und Verbreitung im Tegernseer Tal
Satz/Gestaltung:
Mundi-Media Gmund, www.mundi-media.de
Lektorat:
Angela Braun, Schliersee, www.lektoratbraun.com
Druck: Amper Druck GmbH
Titelbild:
Peter Posztos
Urheber- und Verlagsrechte: Alle in dieser Zeitschrift veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Kein
Teil dieser Zeitschrift darf außerhalb der engen Grenzen des
Urheberrechtsgesetzes ohne schriftliche Genehmigung des
Verlags in irgendeiner Form reproduziert werden.
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Seite 3
tegernseerstimme.de | September / Oktober 2011
6
INHALTSVERZEICHNIS
INHALTSVERZEICHNIS
Inhalt:
Editorial / Impressum
Seite 2 Nichts ist für die Ewigkeit...
Das Bild des Monats
Seite 6 Näher dran...!
Reportage
Seite 8 14
Sommer auf der Alm
Harte Arbeit und viel Glück
Hintergrund
Seite 10 Verkehrskollaps im Tal?
Warum die große Lösung warten muss...
Portrait
Seite 14 Mit allen Wassern gewaschen...
Die Kunstwerke des Quirin Roth
Kommentar
Seite 18 Anonymität im Internet
Internet
24
Seite 20 Keine Scheu vorm Computer
Wenn Generation „Hertha“ surft
Veranstaltungen
Seite 22
Ausgewähltes der kommenden vier Wochen
Hintergrund
Seite 24 Quo vadis Musikszene Tegernseer Tal
Betriebe aus der Region
Seite 26 30
Der Hofladen am Boarhof
Vorurteile im Tal?
Seite 28 „Ich würde nie mit einer rosa Fahne durchs Tal laufen“
Hintergrund
Seite 30
Das Maximillian
Zwischen Abriss und Erhalt
Reportage
Seite 32
„Ich bin ein Ossi“
...und arbeite im Tegernseer Tal
Boulevard
Seite 34
Seite 4
|
Was das Bräustüberl am Fleesensee macht!?
|
Seite 5
Näher dran...!
REPORTAGE
tegernseerstimme.de | September / Oktober 2011
Sommer auf der Alm
Harte Arbeit und viel Glück
A
nnas Tag fing früh an auf der Alm.
Um fünf Uhr aufstehen, die Tiere
im Stall versorgen, schauen, dass die
Kälber schnell rauskommen: je länger
sie im Stall stehen, desto mehr Mist
produzieren sie. Und damit auch mehr
Arbeit. Der ganze Mist muss schließlich
von Hand zur Grube gebracht werden.
Um acht Uhr konnte Anna zum ersten
Mal durchschnaufen. In der kleinen
Hütte den Ofen einheizen und sich ein
kleines Frühstück gönnen.
„I bin a Bergmensch.“ Das ist auch der
Grund, warum Anna Mühlhuber ihren
letzten Sommer auf der Alm verbrachte. Gerade ist sie 30 geworden. Und sie
sucht nach dem Leben, das zu ihr passt.
Den vergangenen Sommer war die
Schlierseerin als Sennerin für Kühe und
Kälber auf der Kreuther Bayralm verantwortlich. Ihr Arbeitgeber: der Bauer
Büchl vom „Schlemmhof“ in RottachEgern. Ihre Arbeit: Anna kümmerte sich
um rund 50 Jungrinder und zwölf bis 15
Kälber.
„Die Arbeit war hart, vor allem am Anfang.“ Dabei gehört Anna auf jeden Fall
zu den fitten Menschen: Bergsteigen,
Alpinklettern, Eisklettern, Mountainbiken, Hochtouren und Skitouren gehören zu ihrem Alltag. An das Aufstehen
bei Tagesanbruch und die ständige Bewegung musste auch sie sich erst mal
gewöhnen. „Aber eigentlich ist es ein
Traumjob.“
Genau das hat Anna auf der Alm gesucht: ein einfaches Leben, bei dem
Natur und Arbeit den Alltag bestimmen. Das kann man haben, bei den
Seite 8
|
meist knapp bezahlten Saisonstellen, Bier brachte der Bierfahrer kistenweise
bei denen das Wetter den Arbeitstag aus Tegernsee. „Das war eigentlich das
bestimmt, ihn manchmal erleichtert, Schlimmste“, findet Anna heute. Diese
vorwiegend jedoch erschwert. Aller- Schlepperei der schweren Kästen. Bis
dings bestimmt das
16 Uhr ging die BewirWetter auch, wie
tung mindestens.
viele Gäste mit„Manchmal wurde
„Manchmal
ist
mir
tags die Alm bemir das echt zu viel
suchen.
mit den Besudas echt zu viel mit
chern.“ Dann ist
den Besuchern“
Ab Mittag war die
sie nach dem letzSennerin neben
ten Gast oft erst mal
der Kuhhirtin auch
auf den Gipfel des
die Wirtin auf der Alm.
nahen Schinders geAnna richtete Brotzeiten für die vielen stiegen. Ein wenig Durchatmen, bevor
Wanderer und Bergradler, die im Som- es daran ging, das Geschirr zu spülen.
mer unterwegs sind. Sieben Tage die
Woche. Ohne Gastronomie könnten Al- Die Tage gingen manchmal bis 23 Uhr.
men heute nicht mehr überleben. Und „Aber normalerweise fällt man um
gerade bei uns im Tal bringen die Tou- neun ins Bett.“ Da bleibt oft nicht viel
risten das nötige Zubrot. Einen freien Zeit für Hüttenromantik.
Sonntag gibt’s nicht auf der Alm.
Das romantische Klischee, das sich um
Die Büchl-Bäuerin sorgte auf der Bay- die Tätigkeit auf der Alm rankt, kann
ralm für den Nachschub: Brot, Speck, Anna heute nicht mehr nachvollziehen.
Butter, selbst gebackenen Kuchen. Das „Es ist wirklich harte Arbeit und nicht
REPORTAGE
immer lustig“, erzählt die ehemalige
Sennerin. Jeden Tag stand sie im Stall
bei den Tieren und ab Mittag bei den
Gästen. Durchgängig, bis zum Saisonende im September.
stiegen? Ist eine zurück ins Tal geflüchtet? Oder hat vielleicht eine der Blitz
getroffen? Anna liebte ihre Kühe. Sie
geben einen Rhythmus vor, den man im
normalen Alltag heute nicht mehr hat.
heute nur noch nach Feierabend, wenn
es ruhiger wird und der Senner wieder
alleine mit den Kühen und den Bergen
ist. Wenn alles abgespült und für den
nächsten Tag vorbereitet ist.
Annas Lieblingstätigkeit war aber immer das Umtreiben der Tiere. Da kamen
die Ruhe und die Einfachheit der Almlebens durch, wonach sie gesucht hatte. „Es kam mir sehr entgegen, dass die
Die eigentliche Arbeit der Sennerin und
die Arbeit mit den Tieren haben Anna
auf der Alm am meisten Spaß gemacht.
Darum ist sie auch auf die Alm hoch gekommen.
Eigentlich hatte Anna geplant, noch
einen Sommer auf der Alm zu verbringen. Gefallen hat ihr das Almjahr trotz
harter Arbeit und der vielen Menschen.
Doch dann kam alles anders. Anna ist
Mehr Infos zu Almen:
Der Sommer ist fast vorbei - jetzt kommt die Zeit der Almabtriebe. Auch am Tegernsee ein sehenswertes Spektakel.
Almen wecken die menschliche Sehnsucht nach heiler Welt, Geborgenheit
und Heimat. In unserer schnelllebigen Welt, die immer mehr von Hektik dominiert wird, ist heile Welt ein knappes Gut.
Wer aus den Großstadtschluchten kommt, wird das Kuhglockengebimmel
auf einer ruhigen Alm als Stresstherapie erfahren. Sämtliche Almen sind in
Almbezirke eingeteilt. 70 Almen (54 einzelne und 16 Gemeinschaftsalmen)
unter 65 Bewirtschaftern gehören zum Almbezirk Tegernsee. 27 Prozent der
Almen sind nicht erschlossen, d. h. nur über einen Steig erreichbar.
Zuständiger Bezirksalmbauer ist der Rottacher Simon Adlbert junior.
Viecher auf der Bayralm häufig umgetrieben werden mussten, weil dort so große
Wiesenflächen beweidet werden.“
Zur Hoch- bzw. Niederalm ist sie meist
mit dem Mountainbike geradelt. Regelmäßig die Tiere zählen gehörte zu
Annas Aufgaben. Sind noch alle beisammen? Hat sich vielleicht eine ver-
Heutzutage ist das Almleben aber nicht
nur romantisch und hat nicht ausschließlich mit Kühen und Bergen zu
tun. Die meiste Arbeit bereiten Wanderer, Radfahrer und Touristen. Kaffee,
Kuchen und Brotzeiten.
ein sehr spontaner Mensch, und Anna
ist nach wie vor auf der Suche nach
dem Sinn im Leben. „Jetzt mach ich mit
meinem Freund eine Weltreise. Das hat
sich halt so ergeben.“
Wirkliche Zeit zum Nachdenken - wenn
überhaupt - gibt’s auch auf der Alm
Text: Rose-Marie Beyer
Foto: Cordula Flegel
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HINTERGRUND
tegernseerstimme.de | September / Oktober 2011
HINTERGRUND
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Satellit!
Verkehrskollaps im Tal?
Warum die große Lösung warten muss...
D
er Verkehr im Tegernseer Tal ist extrem. Nicht nur an Wochenenden
und Feiertagen. Alleine auf der Bundesstraße von Holzkirchen Richtung
Kreuth sind täglich gut 18.000 Fahrzeuge unterwegs, viele der Autos und Lastwagen landen am Ende bei uns im Tal.
Allzu oft leider im Stau.
Das nervt, macht Lärm und sorgt für
gehörigen Stress bei den Verkehrsteilnehmern. Außerdem kostet es jeden
Einzelnen richtig viel Geld: Bei einem
Kilometer Staulänge mit 800 passierenden Fahrzeugen pro Stunde verbraucht
jedes Fahrzeug im Schnitt rund 0,1 Liter
mehr Sprit. Das sammelt sich.
Neben dem Geldbeutel geht das Rumstehen im Auto auch auf die Umwelt:
Die Mehremissionen bei Kohlendioxid
betragen dabei 150 Kilo, bei Kohlenmonoxid elf Kilo und bei Stickoxiden 0,5
Kilo. Pro Stunde.
Das oft angeführte Argument, dass die
starke Verkehrsbelastung vor allem
dem Durchreiseverkehr in Richtung
Österreich geschuldet sei, lässt sich so
auch nicht ungeprüft unterschreiben:
der Landkreis Miesbach ist nahe der Sättigungsgrenze von Kraftfahrzeuge pro
Einwohner. Dieser Wert lag 2008 bereits
Seite 10 |
bei 706 Fahrzeugen pro 1.000 Einwohner. Das starke Verkehrsaufkommen im
Tegernseer Tal ist also, zumindest teilweise, sehr wohl hausgemacht.
lichkeitsanalyse bei der Planungsgruppe
Strasser und Partner unter der Projektleitung von Diplom-Ingenieur Peter Rubeck
in Auftrag gegeben. Das Ziel dabei: die
Belastungen einer Umgehungsstraße
Die Gemeinden im Tegernseer Tal sind für Mensch, Natur und Landschaft sosich der Problematik
wie Klima und Luft
durchaus bewusst.
zu ermitteln. Das
„Ein Tunnelausgang am Fazit damals: der
Gmund versucht
seit Jahren, eine
Bau einer UmgeNordufer würde das
Umgehungsstrahungsstraße hätte
Landschaftsbild
ße zu errichten,
erhebliche negamaßgeblich negativ
und auch in Tetive Auswirkungen
beeinflussen“
gernsee gibt es
auf die Umwelt.
die Idee der Stadt,
den Verkehr entlang
Als Streckenverlauf mit
der Hauptstraße mittels einer Unterfüh- den geringsten Auswirkungen krisrung zu beruhigen.
tallisierte sich eine Umgehung über
Finsterwald heraus. Die Wälder im
Wir haben uns einmal angeschaut, wie Bereich Moosrain sollten weitestgees ganz aktuell mit den Schubladenplä- hend verschont bleiben – auch um das
nen aussieht. Die Pläne zum Bau einer Grundwasser zu schützen. Im Bereich
Umgehungsstraße in Gmund existier- Finsterwald wurde außerdem eine Unten bereits seit Jahrzehnten und wur- tertunnelung in Erwägung gezogen,
den im Jahr 2004 konkretisiert. Ziel der um die Belastungen für die Anwohner
Gemeinde war damals die Aufnahme zu minimieren.
der „Ortsumfahrung Gmund am Tegernsee“ in den Verkehrswegeplan des Unklarheit herrschte derweil über eine
Deutschen Bundestages zum Ende des geeignete Stelle für den Ausgang des TunJahres 2004.
nels. „Ein Tunnelausgang am TegernseeNordufer würde das Landschaftsbild
Zur Ermittlung der möglichen Trassenfüh- maßgeblich negativ beeinflussen“, machrung wurde hierfür eine Raumempfind- te Diplom-Ingenieur Rubeck damals klar.
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| Seite 11
tegernseerstimme.de | September / Oktober 2011
Da der Verkehrsausschuss des Deutschen
Bundestages das Projekt „Umgehungsstraße Gmund“ im Mai 2004 nicht mit der
notwendigen Dringlichkeitsstufe in den
Bundesverkehrswegeplan aufgenommen
hat, liegen die Pläne seither im Schrank.
Geschäftsleiter Alfons Besel bestätigte
der Tegernseer Stimme auf Nachfrage,
dass das Projekt „Umgehungsstraße
Gmund“ derzeit nicht weiter verfolgt
werde, da der Verkehrsausschuss des
Deutschen Bundestages erst 2015 wieder über die Aufnahme von Projekten
entscheiden wird.
Auch die Stadt Tegernsee hat sich in
der Vergangenheit stets bemüht, den
Ortskern in den Bereichen Haupt- und
Seestraße zu entlasten. Im Zuge des
1993 vom Verkehrsexperten Prof. Kurzak
erstellten Gutachtens „Verkehrsentlastung Tegernseer Tal – Maßnahmen zur
Verbesserung der Situation“ wurde ebenfalls über eine Tunnellösung im Bereich
zwischen Seestraße und Schlossplatz
nachgedacht. Diese Variante wurde
jedoch relativ schnell aus Umwelt und
Kostengründen wieder verworfen.
Konkreter wurden die Bemühungen
dagegen ebenfalls im Jahr 2004, als
sich der Stadtrat mehrheitlich für die
Erstellung einer Machbarkeitsstudie
für eine Tunnellösung im Bereich zwischen Adelhofstraße und Seestraße
in Höhe Ausfahrt Zentralparkplatz entschieden hat.
Diese vom Münchner Planungsbüro
Schmitt, Stumpf, Frühauf und Partner
durchgeführte Studie beleuchtete die
Rahmenbedingungen für die insgesamt
310 m lange Umgehung mit einer geplanten Tunnellänge von 160 Metern.
Die Kosten des gesamten Projekts wurden damals auf 6,7 Millionen Euro beziffert. Auch dieses Projekt scheiterte an der
Nichtaufnahme in den aktuellen Bundesverkehrswegeplan und an gescheiterten
Verhandlungen der Stadt Tegernsee mit
Grundstückseignern in den betroffenen
Bereichen.
Auf Nachfrage bestätigte auch die Stadt
Tegernsee, dass aktuell keine Bemühungen unternommen würden, die Tunnellösung erneut auf die Tagesordnung
zu bringen. Eine grundsätzliche Durchführung des Tunnelprojekts ist aber
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auch heute noch möglich: Der Bau
der Kreissparkassen-Tiefgarage ist damals bewusst unter Berücksichtigung
der Tunnelpläne erfolgt, wie Bettina
Koch vom Bauamt Tegernsee gegenüber der Tegernseer Stimme bestätigt.
2015 geht es dann sowieso mit den großen Plänen weiter. Dann wird im Bundestag wieder über die nächsten Projekte entschieden. Bis dahin wünscht
sich so mancher die eine große Lösung,
bei der alle mitziehen. Franz Hafner
spricht sich schon jetzt für eine von
den Gemeinden gemeinsam koordinierte Tunnellösung aus, die Autos von
Gmund aus in den Untergrund bringt
und über Ausfahrten an die einzelnen
Talgemeinden anbindet.
Jede andere Lösung bringe letztlich nur
punktuelle Entlastungen für eine einzelne
Gemeinde und gehe zulasten einer anderen, führt Hafner weiter aus und verweist
auf Gemeinden in Österreich, in denen
sich eine Tunnellösung bewährt habe.
Eine Umgehungsstraße des gesamten
Tegernseer Tals hält Hafner aufgrund der
heutigen Umweltauflagen für nicht mehr
durchführbar.
Auf die große Tunnellösung im Tegernseer Tal muss also erst noch gewartet
werden. Der Bund wollte bisher nicht
zahlen, und die Talgemeinden können
nicht zahlen. Bleibt folglich noch die
kleine Lösung. Und die ist eigentlich
gar nicht so schlecht und vor allem
günstig umzusetzen – wenn denn alle
Gemeinden zusammenarbeiten.
Es geht um die Verbesserung der Ampelschaltungen im Tal und vor allem
um eine Abstimmung der Ampeln untereinander, um den Verkehr besser
regulieren und so Staus vermeiden zu
können.
Der Gmunder Verkehrsexperte Anton
Grafwallner setzt sich schon lange für
diese Lösung ein. Diese Maßnahmen
wären relativ kurzfristig umsetzbar und
würden laut Grafwallner zu einer effizienteren Verkehrsabwicklung führen.
Die Kosten hätten dabei der Bund und
der Freistaat Bayern zu tragen, da sie
für den Betrieb und den Unterhalt der
Ampelanlagen zuständig sind.
Auch der Ausbau von Radwegen und die
Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs können sich entspannend
auf die Verkehrssituation auswirken.
Doch auch dafür braucht es die Zusammenarbeit aller Talgemeinden.
Bisher kann man sich also noch nicht
mal auf die einheitliche Steuerung der
Ampeln im Tal einigen – da ist der eine
große Tunnel wohl noch in ziemlich
weiter Ferne.
Text: Christopher Horn
Foto: Peter Posztos
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tegernseerstimme.de | September / Oktober 2011
PORTRAIT
Mit allen Wassern gewaschen
Die Kunstwerke des Quirin Roth
S
usi ist Anfang bis Mitte zwanzig.
Schlanker, graziler Körper. Aber nicht
klein. Schmale Taille. Fester Busen. Ein
bisschen zu knochige Schultern vielleicht. Das ist allerdings Geschmackssache. Den Kopf hält sie leicht gesenkt.
Die Augen geschlossen. Lässig steht sie da.
Das rechte Knie ist leicht angewinkelt.
Um sie herum Chaos: Bücherstapel, Prospekte, Kataloge, Plakate, Bilder, Postkarten. Neben Susi stehen hier noch
viele andere.
„Die edelste Aufgabe eines Bildhauers
ist schon das Aktmodellieren“, sagt
Quirin Roth. „Akademischer Bildhauer“ steht auf seiner Website. „Nach
sechs Semestern an der Akademie der
Bildenden Künste darf man sich so nennen“, erzählt er. 1943 in München geboren, verbrachte Roth seine Kinderjahre
am Schliersee. Nach der Holzbildhauerlehre an der Münchner Kunstgewerbeschule folgten ein Stipendium der
Begabtenförderung sowie das Studium
an der Nürnberger Akademie der Bildenden Künste unter Professor Hans
Wimmer. Seit 1966
ist Roth freischaffender Bildhauer.
Früher mussten die Modelle oft zwanzig Sitzungen über sich ergehen lassen,
bis das Grundmodell fertig war. „Da
vergingen schon mal zwei, drei Jahre bis zum fertigen Kunstwerk. Heute
geht das schneller“, erklärt der Künstler. „Man macht ein paar Fotos vom
Modell, die braucht dann nicht mehr
ewig in der Werkstatt herumzustehen.“
Dann beginnt die eigentliche Arbeit –
das Modellieren. Ein halbes Dutzend
Akte hat er schon angefertigt in seiner
Gmunder Werkstatt, gegenüber vom
Zentralparkplatz.
„Eigentlich wollte ich nur ein paar Jahre hier bleiben“, beschreibt er seine
Ziele für das Atelier. Inzwischen sind
es fast dreißig. „Jetzt geh ich auch nicht
mehr weg.“ Quirin Roth fühlt sich wohl
hier am Tegernsee.
Wasser ist auch in der Kunst seine große Leidenschaft. „In meiner Arbeit geht
es nicht ohne“, begründet er. Gips und
Ton bilden die Grundsubstanz für seine
Modelle, beide werden sie mit Wasser
angemischt. Die Motive seiner Arbeiten
kreisen ebenfalls oft
„Die edelste Aufgabe um das flüssige Ele„Die Susi steht
ment. „Grad bin ich
eines Bildhauers ist
schon ungefähr
fertig geworden
das Aktmodellieren“
zwanzig Jahre da.“
mit den Fischen für
Damals war sie
den Brunnen in Wiesnoch recht jugendsee.“ Ein Dutzend
lich, ein ideales Modell für Roth. Groß Wassertierchen kreisen um eine Fontämüssten die Modelle sein, dann ließe ne in der Mitte. Das Modell zeigt offene
sich die Figur leichter umsetzen. Zierliche Mäuler und hochgestellte Flossen.
Kleine seien bei Bildhauern nicht sonderlich beliebt. Roth präferiert reife Frauen- Zahlreiche weitere Brunnenbauten und
körper als Vorlage. Der fast Siebzigjährige Skulpturen stammen aus seiner Werkhat sich in einen Lehnstuhl fallen lassen statt. Von ihm aus Ton modelliert, vom
und zündet sich eine Zigarette an.
Gießer produziert, geliefert bis nach
Seite 14 |
Bremen, Wien, in den Spessart oder
in die Toskana. Auch der lebensgroße
Barockengel für die neue Orgel in der
Dresdner Frauenkirche ist durch seine
Hände gegangen. In zahlreichen Ausstellungen zeigte er bereits seine Künste.
Figuren über Figuren. Modelle in allen
Variationen. Auch ein paar Gürtelschnallen sind da. „Die sind vor allem
vor Weihnachten gefragt“, sagt Roth.
Kleine Kunst zum Geldverdienen quasi.
Egal ob Gürtelschnalle oder Aktmodell: Alles in der Werkstatt scheint
seine eigene kleine Geschichte zu erzählen. Vom Leben im und am Wasser. Von den Menschen von weit her
und denen vom Tegernsee. Und eine
Geschichte erzählt natürlich auch die
Susi, die inzwischen schon lange eigene Kinder hat.
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| Seite 15
PORTRAIT
tegernseerstimme.de | September / Oktober 2011
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„Die Susi hab ich acht mal verkauft“,
sagt Roth. Einmal Modell gestanden, geben die Auftraggeber in der Regel auch
ihr Einverständnis, dass das Modell für
Seite 16 |
jemand anderen nachgefertigt werden kann. Viele private Kunden und
Kommunen bestellen bei dem Gmunder
Künstler.
Kurpark (Thoma, Ganghofer, Slezak),
der Mann mit der Wünschelrute in Bad
Wiessee oder das Kiem-Pauli-Denkmal
in Kreuth.
Aber auch Galerien, Museen oder gekrönte Häupter, wie beispielsweise der
König von Dubai oder der Herzog von
Sachsen-Coburg, stehen in Roths Kundenkartei.
Alle kommen sie aus der Gmunder
Werkstatt, in der die Susi auf dem
Tisch steht, wie die Wächterin über das
Chaos. Kreatives Chaos nennt man das
wohl. Da tut es auch nichts zur Sache,
dass Quirin Roths Atelier in der MaxObermayer-Straße früher einmal ein
Schweinestall war. Das ist aber auch
schon lange her.
Überall an öffentlichen Plätzen und
Gebäuden rund um den Tegernsee finden sich Skulpturen und Reliefs von
Quirin Roth: das Gmunder Denkmal
für Thomas Mann, die Familie vor dem
Gmunder Café Wagner, die drei lebensgroßen Bronzeplastiken im Rottacher
Text: Rose-Marie Beyer
Fotos: Philippe Arlt
| Seite 17
KOMMENTAR
tegernseerstimme.de | September / Oktober 2011
Anonymität im Internet
B
undesinnenminister Hans-Peter Friedrich fordert vor dem Hintergrund der
Terroranschläge in Norwegen Ende Juli,
dass Blogger beim Verfassen von Beiträgen
ihre Identität preisgeben sollen. Er bezieht
damit auch anonyme Kommentatoren mit
in die Diskussion ein. Die Frage ist, ob das
wirklich Sinn macht.
Darüber hinaus könnten sich Menschen gerade auch in Foren häufig viel
offener äußern, wenn sie unter einem
Pseudonym auftreten. „Hier reicht es
aber vollkommen aus, wenn der Blogbetreiber etwa gegen rassistische oder
diffamierende Beiträge vorgeht und
diese löscht“, weiß Christian Solmecke.
Friedrich begründet seine Forderung
nach der Preisgabe des Namens damit,
dass ansonsten politisch motivierte Täter ihre Hassparolen ungeniert im Internet preisgeben können. Er ist der Ansicht, dass gewöhnliche Blogger oder
Kommentatoren sich nicht zu versteckten bräuchten.
Bei der Tegernseer Stimme werden wir
des Öfteren mit dem Vorwurf konfrontiert, dass anonyme Kommentare aufgrund ihrer Anonymität nicht Ernst genommen werden könnten.
Vielmehr sollten sie „mit offenem“ Visier schreiben. Gerade das anonymisierte Internet habe dazu geführt, dass sich
radikalisierte Einzeltäter herangebildet
hätten, die vor nichts zurückschrecken
würden. Rechtsanwalt Christian Solmecke von der Kanzlei Wilde Beuger
Solmecke gibt allerdings zu Bedenken,
dass der mutmaßliche Attentäter von
Norwegen ein wenig gelungenes Beispiel sei. Er sei nämlich im Internet unter seinem Namen aufgetreten.
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Gerade die weniger netzaffinen Personen mit hohem Verantwortungsbereich
sind schnell mit Forderungen nach der
Auflösung der Anonymität von Kommentatoren zur Stelle. „Andernfalls
werden wir uns mit solchen Anfragen
nicht beschäftigten“, lautet eine gängige Floskel, die mit der Realität wenig zu
tun hat.
Denn vor allem bei politischen Themen
wird immer wieder deutlich, wie wichtig Anonymität ganz allgemein sein
kann. Und das nicht nur in totalitären
Staaten wie China oder bei demokrati-
schen Vorgängen wie einem Wahlgang.
Auch im Netz ist Anonymität manchmal
heilsam und nötig. Kommentare unter
Klarnamen werden noch Jahre später
gefunden. Eine objektive, aber trotzdem klare Meinungsäußerung gegenüber dem Lieblingsprojekt eines Bürgermeisters wird zwar möglicherweise
die Chance auf den Bau des Eigenheims
nicht entscheidend verringern. Vergrößern dürfte sie diese jedoch auch nicht.
Was auch immer der genaue Anlass
ist: Im Endeffekt gibt es Tausende gute
Gründe, warum jemand einen anderen
als seinen Geburtsnamen verwenden
möchte. Manche Leute haben Sorge,
dass ihr Leben oder ihre Existenzgrundlage bedroht wird. Oder dass ihnen politische beziehungsweise ökonomische
Nachteile entstehen.
KOMMENTAR
lich, die ausschließlich persönlichen
oder familiären Zwecken dienen. Aus
dem Grund warnt Solmecke: „Wer diesen Vorgaben nicht genügt, gegen den
kann durch Abmahnung oder einstweilige Verfügung vorgegangen werden.“
Bei der immer öfter diskutierten Frage
aber, ob das Internet ein besserer Ort
wird, wenn wir alle nur noch mit unserem echten Namen unterwegs sind,
hilft das allerdings nicht weiter.
Wir meinen: Diese Frage soll und darf
jeder für sich selbst beantworten. Man
muss anonyme Kommentare nicht mögen. Aber man sollte sie akzeptieren
als anerkanntes Mittel, seine Meinung
im rechtlichen Rahmen – und dies gilt
auch für das Internet – kundzutun.
Anonymität ihre Meinung zu sagen.
Und dank des Schutzes der Anonymität können wir sehen, was Menschen
wirklich denken“.
Das mag manchmal affektiert, arrogant
oder sogar atemberaubend dumm daherkommen. Nur sind dies alles keine
Gründe, das in jeder Hinsicht schützenswerte Gut der Meinungsfreiheit einzuschränken. Und darum werden wir
es bei der Tegernseerstimme.de auch
zukünftig handhaben wie bisher. Die
Gründe, die jemand für einen anonymen
Kommentar hat, sind uns egal. Wenn er
oder sie anonym kommentieren möchte, ist das in Ordnung. Entscheidend
ist nur, was jemand zu sagen hat. Das
bedeutet aber auch: Gegen allzu persönliche oder sogar diffamierende Leserkommentare werden wir auch weiterhin vorgehen, diese eventuell kürzen
oder gegebenenfalls löschen.
Denn solche „Wortmeldungen“ sind
häufig nicht nur rechtlich unzulässig,
sondern bringen auch eine fruchtbare
Diskussion im Normalfall nicht weiter.
Und an der sollte uns allen – ob anonym oder nicht – gelegen sein.
Text: Peter Posztos
Oder wie die Zeit schreibt:
„Anonyme Kommentare bieten
zwei unschätzbare Vorteile: Auch die Ängstlichen,
die Schwachen und die
Zögerlichen trauen sich,
unter dem Schutz der
Andere wollen Diskriminierung vermeiden – das kann auch Diskriminierung
im Bekannten- und sogar Freundeskreis beinhalten. Und manche wählen
einfach nur einen Namen, der leichter
zu merken oder zu buchstabieren ist.
Ganz anders ist es mit dem Betreiber
eines Blogs. Denn dieser, so Solmecke,
könne sich nach der aktuellen Rechtslage nicht hinter seiner Anonymität
verstecken. Auch Blogs müssen bereits
heute zumindest mit Name und Anschrift des Betreibers versehen sein.
Dies ergibt sich bei werbefinanzierten
Angeboten bereits schon aus § 5 Abs.
1 TMG und bei redaktionell gestalteten
Webseiten aus § 55 Abs. 2 des Rundfunkstaatsvertrages (RStV). Für die
übrigen Blogangebote folgt das aus §
55 Abs. 1 RStV. Hiernach ist ein Impressum lediglich bei Webseiten entbehr-
Seite 18 |
| Seite 19
INTERNET
tegernseerstimme.de | September / Oktober 2011
Wenn „Generation Herta“ surft
Keine Scheu mehr vorm Computer
Jahre alt musste Herta Riedl werden, bis sie ihren ersten Laptop
bekam. „Eigentlich wollte ich mir eine
Reise zum runden Geburtstag schenken
lassen“, erzählt die Tegernseerin. Stattdessen gab es von der Verwandtschaft
einen Computer. Seit einem Jahr steht
er jetzt bei Herta zu Hause. Ein kleiner
silberner Sony aus dem örtlichen Fachgeschäft.
Telefonnummern, Adressen, Öffnungszeiten heraussuchen, Wettervorhersagen
anzeigen lassen, Einkaufs- und Preisvergleiche starten, Ausflugs- und Reisetipps scannen. Das Internet ist eine
riesige Informationsplattform – wenn
Seite 20 |
man es nutzen kann. Eigentlich benötigt man keine großen Vorkenntnisse,
um sich im weltweiten Netz zurechtzufinden. Viele Senioren haben trotzdem
eine anfängliche Berührungsangst mit
Computern einerseits und vermeintlich
schwierig zu bedienender Software andererseits.
„Ältere Menschen steigen meistens
übers Internet in die PC-Welt ein.“ Anfangs haben viele Angst, am Computer etwas kaputt zu machen. Trotzdem
wollen sie auch vom Internet profitieren. Das weiß Detlef Borgers, der im
Rottacher Mehrgenerationenhaus PCKurse für Senioren durchführt. Borgers
Wie die meisten Kursteilnehmer hat
auch Riedl sich wieder auf einem kleinen Zettel Computerfragen aus der letzten Woche notiert, die sie von Detlef
Borgers beantwortet haben möchte.
schlossen hat. Sie hat zum Beispiel das
Skypen für sich entdeckt. Skype ist ein
Onlinedienst, der Videotelefonate von
Computer zu Computer erlaubt. Weltweit und natürlich kostenlos.
Vor gut einem Jahr hatte Herta Riedl
vom Angebot des Mehrgenerationenhauses erfahren und sich sofort für die erste
Stunde angemeldet. Mit ihrer Begeisterung steckte sie auch Freundinnen an.
Inzwischen sind die Kurse durchwegs
gut besucht. Hauptsächlich von älteren Damen jenseits der Siebzig, die sich
nicht damit abfinden wollen, dass das
Internet nur was für die junge Generation sein soll. Von zahlreichen Freunden
werden die Kursteilnehmer inzwischen
beneidet.
Später im Kurs folgen dann auch neue
Themen, beispielsweise E-Mails checken, sicheres Onlinebanking, Einkaufen bei ebay oder das Gestalten eines
Fotobuchs oder Briefkopfs am Computer. Am meisten profitiert Herta Riedl
aber von den neuen Möglichkeiten, die
sie sich mit der Computernutzung er-
Ein Teil des Internets, der vieles einfacher und günstiger macht. „Wir haben
Freunde in Brasilien, und so wird der
Kontakt erleichtert“, freut sich Herta
Riedl.
Kursleiter Detlef Borgers erklärt alles
immer ganz genau. „Er hat Geduld.“
Das mag Herta Riedl an ihrem Computerlehrer am meisten. Von 14 bis 15 Uhr
geht ihre Stunde heute. Vier Stunden
gibt Borgers hintereinander.
Schüler bekommen private Beratungsstunden. Jeder einzeln. Und das alles
vollkommen kostenlos. Borgers ist ehrenamtlich tätig. „Mir macht es einfach
Freude“, sagt der 72-Jährige, der sich
seit über 20 Jahren intensiv mit Computern befasst. Drei eigene Notebooks stehen bei dem Elektromeister zu Hause,
jedes mit einer anderen Ausstattung.
Herta Riedl ist inzwischen ziemlich fit
an ihrem silbernen Notebook und versetzt ihren Mann damit in Staunen. Oft
schaut er ihr fasziniert über die Schulter
„Wie kannst du das nur? Wie findest du
das alles so schnell?“ Die Kommentare
des Ehemanns klingen ernsthaft ver-
wundert. So verwundert, dass er sich
selbst nicht mehr damit befassen will.
Genau wie seine Frau ist er nicht mit
Computern aufgewachsen. „Das langt,
wenn du das machst“, findet er.
Die meisten Alten seien doch angewiesen auf Enkel oder Kinder als Computerfachmann, sagt Herta. „Das ist schon
ein Vorteil dieses Angebots, dass man
genau das fragen kann, was einen selbst
interessiert.“ Das macht unabhängig.
Und abgestimmt auf den eigenen Computer mit seinem individuellen Betriebssystem ist es auch. „Diese Stunde ist nur
für mich“, erklärt Riedl.
Herta Riedl und „Ihr“ Internet-Lehrer
70
Tägliche Nachrichten aus dem Tal unter www.tegernseerstimme.de
Text: Rose-Marie Beyer
Fotos: Philippe Arlt
Die „Alten“ und das Netz
Die heute über 50-Jährigen sind nicht mit Computern aufgewachsen. Manch einer
hat deshalb eine gewisse Scheu davor, sich näher damit zu befassen. Viele sind
darauf angewiesen, das Gerät beruflich zu nutzen. Aber auch im Privatbereich
sind das Kommunizieren per E-Mail und das Einholen von Informationen über
das Internet nicht mehr wegzudenken.
Für ältere Menschen gibt es inzwischen ein umfassendes Kursangebot an PCKursen, beispielsweise an den Volkshochschulen. Dieses reicht von Grundkenntnissen in Textverarbeitung bis hin zur Vermittlung gestalterischen Wissens,
beispielsweise digitale Fotografie oder Bildbearbeitung. Für die Bedürfnisse der
Altersgruppe 50plus hat sich die Industrie spezielle Computer einfallen lassen.
Diese Geräte stellen die Schrift besonders groß dar, sollen intuitiv bedienbar sein
und über eindeutige Symbole verfügen.
Auch bei der Gestaltung von Websites wird heutzutage auf Barrierefreiheit geachtet. Dem demografischen Wandel wird mit vergrößerbaren Schriften, eindeutigen
Symbolen, einer durchgängigen Benutzerführung und einfachem Seitenaufbau
begegnet.
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VERANSTALTUNGEN
tegernseerstimme.de | September / Oktober 2011
Kabarett:
Philipp Weber
Lichterfest in
Gmund
Samstag, 10.09.2011
20.00 Uhr
Freitag, 16.09.2011
15.00 Uhr
Philipp Weber ist nicht nur ein hochtalentierter Kabarettist, er ist auch
studierter Biologe und Chemiker.
Eine Kombination, die ihn prädestiniert, den Verbraucherschutz zur humoristischen Kunstform zu erheben.
Sein neues Programm „futter“ ist,
wie er selber meint, eine satirische
Magenspiegelung der Gesellschaft.
Einen „Elsässer Zwiebeltopf“ aus
der Tüte zerlegt Weber gekonnt in
explosionsgetrockneten
Sellerie,
reaktionsaromatisiertes Rindfleisch,
Monosodiumglutamat … und nennt
das Ganze: „Gulasch à la Astronaut“.
Los geht’s um 20 Uhr in der
Winner‘s Lounge in der Wiesseer
Spielbank, und Karten gibt es für
19,00 Euro in allen Tourist-Infos
oder im Onlineshop der TTT.
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Tausend Kerzen in kleinen Booten, dazu die Fackelschwimmer
der Wasserwacht und Musik von
der Lake Side Big Band und den
Gasteiger Musikanten – fertig ist
das Gmunder Lichterfest.
Jedes Jahr einfach schön anzuschauen und eigentlich ein Muss
am Tegernsee. Los geht es Nachmittags ab 15 Uhr mit Spielen
für die Kleinen sowie Essen und
Trinken für die Großen. Mit zum
Programm gehören natürlich
auch die Wasserfontänen und
das Schifferstechen der Wasserwacht, bis es am Abend dann
zum Lichtermeer kommt.
Und das Schönste daran: Auch
dieses Jahr gibt es das alles wieder kostenlos an der Uferpromenade in Gmund.
VERANSTALTUNGEN
Toni Lauerer –
9. internationales
Bergfilm-Festival
in Tegernsee
15. Bayerische
Schachmeisterschaft
Sa./So., 15./16.10.2011
19.10.-23.10.2011
Samstag 29.10.2011
Unter dem Motto „Gesundheit für
Körper, Geist und Seele“ findet in
Tegernsee zum zweiten Mal der
Kristallkongress statt.
Das Tegernseer Bergfilm-Festival ist
inzwischen zum Klassiker geworden. Bereits zum 9. Mal zeigen auch
dieses Jahr wieder Filmemacher aus
aller Welt ihre Werke zu Abenteuern
in Eis und Fels, grandiose Bilder und
eindrucksvolle Landschaften. Täglich
bis zu 30 verschiedene Filme in sechs
Vorführsälen.
Schach gilt vielen bekanntlich nicht
als Sport. Wer sich eines Besseren
belehren möchte, kann das in der
Wandelhalle in Bad Wiessee tun.
„Es freut mich sehr“
10. Schuster Tegernseelauf 2011
Sonntag, 18.09.2011, 10.00 Uhr
Der Tegernseelauf gehört inzwischen fest ins Sportprogramm
des Jahres. Dieses Jahr geht es
zum 10. Mal an den Start. Rund
4.000 Starter werden sich auch
heuer wieder auf die Halbmarathondistanz einmal rund um
den See machen.
Seit dem ersten Lauf 2002 ist
der Tegernseelauf eine echte
Erfolgsgeschichte: Beim ersten
Mal waren gerade einmal 80
Läufer am Start. Seither werden es von Jahr zu Jahr mehr,
die sich am Startplatz in Gmund
drängen und einen der schönsten Halbmarathons in Deutschland absolvieren möchten.
Dabei ist einiges geboten, wenn
sich die Läufer am dritten Sonntag im September an die 21 Kilometer wagen.
Gerade für die Jubiläumsausgabe
des Tegernseelaufs haben sich
die Veranstalter einige Highlights
einfallen lassen. Lassen wir uns
also überraschen!
Los geht’s um 10 Uhr. Start und
Ziel sind direkt vorm Gmunder
Bahnhof.
Mehr Infos auf www.tegernseelauf.de oder unter www.facebook.com/Tegernseelauf
Freitag, 14.10.2011
20.00 Uhr
Toni Lauerer ist Standesbeamter
in Furth am Wald. Und er ist ein
richtig alter Hase im Showgeschäft, der nächstes Jahr sein
30-jähriges Bühnenjubiläum feiert.
Mit der außergewöhnlichen Gabe,
die Ironie des alltäglichen Lebens
zu erkennen und selbst todernsten Situationen das Amüsante
abzugewinnen, wurde Toni Lauerer zu einem der erfolgreichsten
Kabarettisten Bayerns.
In seinen Geschichten schildert
Toni Lauerer Situationen aus
der Sicht ganz normaler Menschen, die ihm täglich begegnen.
Überspitzt stellt er dar, wie weit
Denken und Handeln oft auseinanderdriften. Für Lauerer sind
die Bayern darum nach wie vor
einfach das Volk, das Bier aus
gläsernen Eimern trinkt.
Wer ihn live sehen will, kann das
ab 20 Uhr im Ludwig-ThomaSaal in Tegernsee. Tickets gibt’s
für 18,20 Euro in allen Touristinformationen oder im Onlineshop
der TTT.
Mehr Infos zu Toni Lauerer unter
http://www.tonilauerer.agenturshowtime.de/
Seite 22 |
2. Kristallkongress in
Tegernsee
Zwei Tage lang zeigen etwa 40
Aussteller und Referenten Therapieansätze jenseits der gängigen Schulmedizin. Samstag
und Sonntag ab jeweils 9.30 Uhr
finden Vorträge, Präsentationen,
Gesprächsrunden und Angebote
zum Selbst-Ausprobieren statt.
Von Ergotherapie über Familienaufstellung bis zu Thai-Massage
und Wasserenergetisierung mit
Edelsteinen ist einiges Bekanntes
und viel Alternatives zu finden.
Der Kongress findet an beiden
Tagen im Quirinal in der Tegernseer Seestraße 23 statt. Geöffnet
ist täglich zwischen 9.30 und
19.00 Uhr. Die Tageskarte kostet
11 Euro.
Rund 6.000 Filmbegeisterte werden
erwartet. Los geht es am Mittwochabend, den 19.10., um 20 Uhr im
Barocksaal in Tegernsee. Karten gibt
es im Vorverkauf in allen Tourist-Infos
oder an den jeweiligen Abendkassen.
Die Preise schwanken, je nach Programm, zwischen 8 und 18 Euro für
die Schlussfeier inklusive Buffet.
Mehr Informationen unter www.bergfilm-festival-tegernsee.de/
Mehr Info für Besucher und Teilnehmer gibt es unter www.oibmbad-wiessee.de/.
Jubiläumsturnier vom 29. Oktober bis 06. November 2011. Veranstaltungsort: Jod-Schwefelbad/
Wandelhalle, Adrian-Stoop-Straße
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Mehr Infos und Karten gibt es bei
Andrea Grasberger und Markus
Schmid unter Telefon 08022/
18080 oder unter www.kristallkongress.de.
Auf der Tegernseer Stimme verlosen wir übrigens 3 x 2 Eintrittskarten. Näheres unter www.tegernseerstimme.de unter dem Stichwort
„Kristallkongress“.
Eine Woche lang dreht sich hier alles um Schach und die Offene Internationale Bayerische Schachmeisterschaft. 470 Teilnehmer spielen
um den Titel und Preisgelder in
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9/2/2011
234:24:15 PM
| Seite
tegernseerstimme.de | September / Oktober 2011
zahlenden Gäste: Kommt niemand, gibt es
auch kein Geld. Die Bands kümmern sich
darum meist selbst um die Vermarktung
und Werbung des Auftritts, um so selbst
möglichst viel zu verdienen. Der Bar oder
dem Lokal bleibt der Getränke- und Speiseumsatz und/oder ein Teil des Eintritts.
Eigentlich ein Win-Win-Geschäft.
Dass man am Tegernsee aber nicht mit
jeder Musik den Laden vollbekommt,
musste auch Stephan Mundi mit seinen ehemaligen Bands am eigenen Leib
erfahren. „Coversongs oder z.B. härtere
Rockmusik kommen vielleicht bei den
Musikern selbst am besten an, das große breite Publikum lässt sich mit diesen
Musikrichtungen am Tegernsee und allgemein in diesen Regionen aber nicht
mehr erreichen.“.
Quo vadis
Musikszene Tegernseer Tal
Z
u Beginn sind die Ziele groß. Die
Motivation ist ungebrochen. Alle
träumen davon, einmal Konzerthallen
zu füllen und Charthits zu landen oder
einfach nur das Publikum tanzen zu sehen. Am Tegernsee ist das ein bisschen
anders: Bands, die sich im Tegernseer
Tal gründen, stehen schon zum Start
vor Problemen, die der Träumerei
schnell ein Ende setzen können.
Einen Proberaum haben sie inzwischen
selbst organisiert und stehen vor dem
nächsten Problem: einige Titel sind einstudiert. Und jetzt? Wo soll die Band vor
Publikum auftreten?
Es gibt z.B. keine ausgestatteten Proberäume am See. Wer kein Equipment hat, kann
keine Musik machen. Und wer selbst in
Verstärker, Mikrofone und andere teure
Ausstattung investiert, muss sich trotz allem noch nach privaten Räumlichkeiten
oder ungenutzten Kellern umschauen,
um überhaupt mit der ersten Probe beginnen zu können.
Rund um den Tegernsee gibt es aber
keine Lokale und auch keine Bars, die
Interesse an Livemusik junger Bands
haben und über die entsprechenden
Flächen verfügen.
So erging es auch dem Bad Wiesseer
Schlagzeuger Marlon Brugger mit der
Band „The Educated Bums“.
Seite 24 |
Am liebsten wäre ihnen natürlich ein
Auftritt ganz in der Nähe, rund um den
Tegernsee, damit Freunde und Bekannte problemlos dabei sein können.
Eine echte Marktlücke, finden Brugger
und Stephan Mundi, Sänger der Funk
& Soul-Formation „Bairischer Rundfank“: „Viele Barbesitzer sind vielleicht
einfach noch nicht auf die Idee gekommen, mal etwas Neues auszuprobieren“, denkt Brugger.
„Ein klare Positionierung als Musikbar
oder -café birgt riesiges Potenzial“,
schließt sich Mundi dieser Meinung
an. „Wenn ich das nötige Kapital hätte,
würde ich sofort am Tegernsee eine derartige Bar eröffnen.“
Am Tegernsee zählt bisher eher die Tradition: In Biergärten wird traditionelle
Musik dargeboten. Genauso auf Waldund Seefesten. In vielen Orten rund um
den See spielt man bayerisches Liedgut
– vielleicht tritt noch das Kurorchester
Bad Wiessee auf.
In den Nachbarlandkreisen sieht das
schon anders aus. In Bad Tölz gibt es zum
Beispiel das Lokal „Gasthaus“, das für
kleinere Konzerte oder „Jam-Sessions“,
bei denen Musiker verschiedener Bands
miteinander Lieder improvisieren, zur
Verfügung steht und regelmäßig sehr
gut besucht ist. Ein anderes Beispiel ist
das Kulturhaus „Weyhalla“ in Weyarn.
Der „Bairische Rundfank“ im Strandbad Seeglas
Nachwuchsbands aus der Region spielen oft im Vorprogramm von Profimusikern. Die Resonanz ist auch dort beeindruckend.
Im Tegernseer Tal gab es bis vor einigen
Jahren eine ähnliche Lokalität wie in
Bad Tölz das „Gasthaus“, erinnern sich
Brugger und Mundi: „Das Bogtrotter
in Rottach-Egern.“ Doch seit das Bogtrotter und Pächter Jeffrey Gelling 2005
nach Bad Aibling umgezogen sind,
gäbe es am Tegernsee nichts Vergleichbares mehr. „Keine Barbesitzer oder
Pächter hatten danach noch ein regelmäßiges Interesse daran gehabt, dass
hin und wieder, zum Beispiel einmal
im Monat oder vielleicht sogar alle zwei
Wochen, ein musikalisches Highlight
stattfindet“, sagt Brugger.
Dabei ist das unternehmerische Risiko für
die Lokalbesitzer überschaubar. Normalerweise ergibt sich die Gage durch die Eintritt
„Als ich dann vor zwei Jahren beim
„Bairischen Rundfank“ als Sänger eingestiegen bin, war ich sehr skeptisch,
ob wir mit der Musikrichtung Funk und
Soul bei den Zuhörern ankommen werden. Die Resonanz auf diese Art Musik,
speziell mit bayerischen Texten, war
dann einfach überwältigend. Plötzlich
tanzten die Leute und die komplette
Stimmung bei Gigs ist einfach positiv
und enorm mitreißend.“
Inzwischen ist Mundi mit seinen Inntaler
Bandkollegen in ganz Bayern unterwegs.
Daß sich auch in der Heimat was getan
hat, freut Mundi aber am meisten. Das
letzte Konzert in Seeglas in Gmund hat
es bewiesen: Das Interesse der Tal-Bevölkerung, Livekonzerte zu besuchen,
ist also da.
„Auch wir, die ,The Educated Bums‘,
haben nach unserer Gründung vor vier
Jahren viel Lehrgeld bezahlt und es
seitdem nur peu à peu geschafft, uns
bis heute einen Namen im Landkreis zu
machen. Jetzt werden wir regelmäßig
von Veranstaltern gebucht, hatten u. a.
im Juli bei der Graduierungsfeier der
Berufsschule Miesbach in Bad Wiessee
im Hotel zur Post oder beim Sommerfest des Gymnasiums Tegernsee Auftritte“, freut sich Brugger über die positive
Entwicklung seiner Band. Ein erstes eigenes Album soll demnächst folgen.
Die Motivation der beiden Tegernseer
Musiker und ihrer Bands ist weiterhin
ungebrochen, und wer weiß: Vielleicht
füllen sie tatsächlich irgendwann einmal große Konzerthallen oder landen
einen Charthit.
Aber vor allem über den ein oder anderen Auftritt in ihrer Heimat würden sie
sich schon sehr freuen – wenn sie denn
die Chance dazu bekämen.
Text: Martin Heilmann
Foto: Peter Posztos
Marlon Brugger mit seiner Band „The Educated Bums“
| Seite 25
BETRIEBE AUS DER REGION
tegernseerstimme.de | September / Oktober 2011
BETRIEBE AUS DER REGION
Der Hofladen
am Boarhof
W
ir backen und kochen fast nur
mit Feuer, das entschleunigt den
Kochprozess und schmeckt besser“, erklärt Maria Bogner. „Früher, bei uns auf
dem Hof, wurde morgens eingeschürt
und ein Braten hatte den Vormittag Zeit
zu garen, ganz von selbst, das gab die
köstlichsten Soßen“. Die dreiunddreißigjährige Betreiberin des Hofladens in
Holz stammt ursprünglich aus einem
Bauernhof am Starnberger See. Bei sieben Geschwistern wurden dort immer
große Mengen gekocht, erzählt sie, alles selbst gemacht, das war gar nicht
anders vorstellbar.
Gelernt hat Maria Bogner Steuerfachgehilfin, dann kamen drei Kinder.
Seit zwei Jahren bewirtschaftet sie
gemeinsam mit ihrem Mann Markus
den Boarhof, der im sechzehnten
Jahrhundert zwischen den Ortschaften Gmund und Bad Wiessee gebaut
wurde, und zu den ältesten Höfen am
Tegernsee gehört. Vor etwa dreihundert Jahren von Erzgießer Ferdinand
von Miller erworben, blieb der Boarhof bis heute in Familienbesitz.
Als Pächter entwickelt die Familie Bogner seit zwei Jahren aus dem Zehn-Hektar Betrieb mit Wald - und Landwirtschaft, der handwerklichen Produktion
von Lebensmitteln, dem Bauernschank
und dem Ausrichten von großes Festen
in der Tenne ihr eigenes Konzept der Direktvermarktung.
Donnerstags zieht vom Backhaus her
der Duft von Holzofenbrot und Brotklee.
Ab vierzehn Uhr, bis Samstag Mittag
kann man es im Hofladen beziehen
Seite 26 |
An der geschützten Stallwand biegen
sich hochgebundene Äste unter Unmengen noch nicht ganz reifer Früchte.
Es gibt Weichseln und Sanddornbüsche
und einen weitläufigen Beerengarten.
Bei der Tierhaltung setzt Bogner auf
die alten, genügsamen und vielseitigen
Nutztierrassen. Drei wollige Walliser
Schwarznasenschafe werden gehalten,
sowie bayerische Landgänse und Puten, die man zu St. Martin und Weihnachten vorbestellen kann. Schweine
sollen später ebenfalls dazu kommen.
oder im Bauernschank nebenan kosten, und dazu, was es noch zu einer
ursprünglichen Brotzeit noch braucht:
Bauernspeck, Eier, Bergkäse, Wein und
Obstler, Geräuchertes, Handgewebtes,
Eingemachtes, Holzwaren, Geschirr.
In der Tenne des Hofes richtet das Ehepaar von Ostern bis Kirchweih Feste für
bis zu 200 Personen aus. Dann wird mit
weißem Tischtuch eingedeckt, der Braten kommt im Reindl. Alle Speisen werden selbst gekocht und gebacken. Wer
seinen Gästen eine urtümliche Brotzeit
richten lassen möchte, kann dafür den
Bauernschank mit Blick in die Tegernseer Berge mieten.
Markus Bogner hat den mehr als einhundert Jahre alten Hausbackofen mit
Holz befeuert, später die Körbe mit dem
bemehlten Teig über den Hof balanciert, den seine Frau schon morgens um
sechs Uhr angesetzt, von Hand geknetet
und in Tücher gewickelt hat. Vierzehn
Natursauerteiglaibe ergibt das heute,
dazu Vollkornbrote und Vintschgerl.
Später kommt eine riesige Emaillepfanne mit marinierten Brotzeitzwiebeln
zum Schmoren ins Rohr, um die Resthitze zu nutzen.
„Wir teilen uns alle Arbeit“, erklärt Maria Bogner, Angestellte gibt es nicht im
Hofladen. Erfahrungen mit der Produktion und der Direktvermarktung von
Lebensmittel haben sie und ihr Mann
bereits einige Jahre lang als Senner auf
der Schwarzentennalm gesammelt, wo
sich ihre Milch- und Käseprodukte bei
den Wanderern gut verkauften.
In ihrem landwirtschaftlichen Familienbetrieb müssen die Bogners vielseitig sein und sich gut ergänzen. So baut
Markus Bogner Urroggen für das hofeigene Brot an, erweitert die Scheune als
Wohnraum, bewirtschaftet den gepachteten Wald und versorgt das Vieh. Der
gelernter Elektriker und Landwirt engagiert sich als Aufsichtsratvorsitzender in der
„Naturkäserei Tegernseer Land e. G.“, und
arbeitet zusätzlich zur Arbeit auf dem
Hof einige Wochenstunden bei einem
Hersteller für Pferdefuttermittel.
Maria Bogner ist für die Produktion der
Backwaren, Brotaufstriche, Konfitüren,
und Chutneys zuständig. Vertrieben
werden die Hofladenwaren zusätzlich
auf saisonalen Märkten rund um den
Tegernsee. Was nicht selbst hergestellt
werden kann, wird von nachhaltig arbeitenden Betrieben in der Region bezogen. Den Sommer über nehmen die
Bogners Jungvieh in Pension.
Achtzehn Murnau-Werdenfelsener Rinder dösen gerade im Schatten der Obstbäume. Produkte aus diesem Fleisch
werden saisonal im Laden angeboten.
Markus Bogner führt über den Hof und
erklärt, „dass es keinen Grund gibt, warum nicht auch hier, auf 800 m Höhe
Aprikosen wachsen sollen.“
Das Hofladenkonzept der Bogners
kommt bei den Kunden gut an, es gibt
schon viele Stammkunden aus der Umgebung. Touristen verbinden den Einkauf mit einer schönen Wanderung,
Ältere kommen, um sich an früher zur
erinnern, junge Familien, weil die Kinder das Tiere streicheln lieben.
„Unsere Kunden sollen sich,“ sagt
Maria Bogner entschieden, „bei uns
willkommen fühlen und ein gutes Gefühl mitnehmen, das ist unser ganzes
Anliegen“.
Text und Fotografie: Cordula Flegel
Mehr zum Thema
im Internet unter:
www.brotzeit-leben.de
| Seite 27
VORURTEILE IM TAL?
tegernseerstimme.de | September / Oktober 2011
tätig sind, ist vielleicht auch ausschlaggebend dafür, dass sie ein „normales
Leben“ führen können. Hauptsächlich Frauen kommen in den Laden.
Das Sortiment ist danach ausgerichtet.
Frauen haben meistens weniger Berührungsängste mit Schwulen, da sie sich,
anders als Männer, nicht in ihrer gesellschaftlichen Rolle gefährdet sehen
müssen. Davon abgesehen, verbinden
sie häufig unzählige Interessen, beispielsweise der Spaß an ausgiebigen
Shoppingtouren oder dem Ausgehen.
Thomas und Robert Kühn
„Ich würde nie mit einer
rosa Fahne durchs Tal
laufen“
Text: Steffen Greschner, Foto: Philippe Arlt
D
as ist mein Mann.“ Robert Kühn
stellt seinen Partner Thomas vor.
Die beiden trinken gerade einen Espresso mit ihrer Geschäftsnachbarin neben
ihrem Schuhgeschäft in der Münchner
Straße in Bad Wiessee.
Die Kühns gehen ganz offen mit ihrer
gleichgeschlechtlichen Partnerschaft um.
Thomas, ein gebürtiger Sachse, kam mit
16 Jahren nach Schliersee, um eine Bäckerlehre zu machen. „Nichts für mich“,
sagt er heute, mit 29 Jahren. Das frühe
Aufstehen lag ihm schon damals nicht.
Da kommen ihm die Öffnungszeiten des
Schuhladens schon mehr entgegen.
Seit 1998 wohnt Thomas in Bad Wiessee. Kennengelernt hatte er Robert auf
einem Fest in München. Robert, der
in Bad Wiessee aufgewachsen ist, legt
großen Wert auf Ehrlichkeit. „Je offener
man mit seiner homosexuellen Neigung
Seite 28 |
umgeht, desto normaler wird es.“ Für
die eigene Familie. Für Freunde. Und
das komplette Umfeld. Die beiden gehen stets in die Offensive. Sie führen
ein authentisches Leben, wie sie sagen.
Wegen ihrer sexuellen Neigung sind die
Kühns im Tegernseer Tal noch nie angesprochen worden. Auch ihr Comingout bei Familie und ihrem Umfeld wäre
nicht der Rede wert gewesen.
„Als wir ganz jung waren, waren wir
natürlich auch in der Schwulenszene
unterwegs“, sagt der 28-jährige Robert.
Es sei identitätsstiftend, sich unter
Gleichgesinnten zu bewegen. Er erzählt
ein wenig von seiner Jugendzeit am Tegernseer Gymnasium. Dass es natürlich
Mobbing gab. Aber nicht nur gegen
Homosexuelle, sondern auch gegen andere Schüler, die ein bisschen „anders
waren als die Masse“.
„Sexuelle Aufklärung in der Schule ist
wichtig.“ Egal, in welche Richtung sie
geht. Robert plädiert für einen selbstverständlicheren Umgang mit diesem
Thema. Je früher man sich outet, desto
besser. Manche würden das Thema viel
zu lange mit sich herumtragen und sich
selbst zermartern.
Beide wollen ein „ganz normales Leben“ in einem „normalen Umfeld“. Die
Schwulenszene, die sich weit weg – in
München und ein bisschen auch in Rosenheim – abspielt, ist ihnen egal. Sie
möchten sich ganz normal in die Gesellschaft einbringen. Zum Beispiel bei
den Aktiven Wiesseern, dem örtlichen
Gewerbeverband.
Die Erfahrung hat auch Klaus N.* gemacht. Bis heute hat er sich nicht geoutet. Nicht gegenüber seiner Familie und
nicht gegenüber Bekannten und Kollegen. Klaus führt ein Doppelleben: Zu
Hause im Tal spielt er den Normalo, der
tagsüber ins Büro geht und dann brav
nach Hause. Lange glaubte er wirklich,
dass er hetero sei. Bis der Wunsch, mit
Männern zusammen zu sein, für ihn
unerträglich wurde. Zahlreiche Avancen wurden ihm gemacht, auf die er anfangs nicht einging.
Dass die Kühns Schuhe verkaufen und
nicht in einer reinen Männerdomäne
Erst mit Mitte zwanzig hat Klaus sich
seine Neigung eingestanden.
VORURTEILE IM TAL?
Heute geht er abends oft nach München oder Rosenheim, wo er „so sein
kann, wie er ist“. Mit gleichgesinnten
Männern tanzen, trinken, Spaß haben.
Manchmal auch mehr. Eine feste Beziehung hat er derzeit nicht. „Es hat schon
lange nicht mehr gefunkt“, bedauert er.
„Ich würde nie mit einer rosa Fahne
durchs Tal laufen.“ Klaus N. hat bis
heute nicht den Mut gefunden, sich zu
outen. Nicht bei seiner sehr konservativ
denkenden Familie. Nicht bei seiner
Arbeitsstelle. Geschweige denn bei seinem Umfeld. Lediglich ein paar wirklich
enge Freunde wissen Bescheid. „Immer,
wenn ich es sagen wollte, machten sich
ein paar Leute gerade über ein schwules
Paar lustig“, erklärt er entschuldigend.
Die Angst hatte ihn immer wieder zurückgehalten, die Wahrheit auf den
Tisch zu legen. Existenzängste, Angst
vor Kritik, Angst vor Gesichtsverlust,
Angst ums Ansehen. Einfach die Angst,
dass Menschen unverständlich und abwertend auf seine homosexuelle Neigung reagieren.
Einige Männer aus dem Tal hätten das
Problem, ihre Liebe zu Männern offen
zugeben zu können. Genau wie Klaus
führen sie ein Doppelleben. Nach außen die heile Familienwelt. Ehefrau.
Kinder. Trachtenverein. Elf Freunde im
Fußballclub. Irgendwie arrangieren sie
sich mit ihrer Partnerin. Verschweigen
den Kindern ihr Tun. Ihre homosexuelle Neigung leben sie heimlich aus.
Das Verständnis für andere Lebensformen sei im Tal nicht vorhanden, meint
Klaus. Die meisten wären traditionell
erzogen, zu sehr in alte Familienbilder
verhaftet. Gerade die mittleren und älteren Generationen wären betroffen. Er
zählt sich selbst mit Mitte vierzig auch
dazu.
Bei den Jüngeren sei es jetzt anders, so
sein Gefühl. Die würden insgesamt offener damit umgehen. Klaus N. dagegen
sieht für sich keinen wirklichen Ausweg: „Für mich ist der Zug abgefahren.“
Die Offenheit und der Mut, der die
Kühns auszeichnet, ist für den 46-Jährigen nur ein ferner Traum. Wo die
Trennlinie zwischen den beiden Realitäten verläuft, lässt sich nur schwer
ausmachen. Ist es das Alter, die gesellschaftliche Schicht oder einfach nur der
eigene Anspruch, ein selbstbestimmtes
Leben zu führen, ohne ständige Angst,
von anderen geoutet zu werden?
Auch Klaus kennt die Antwort auf
„sein“ Problem nicht. Er weiß nur eines
mit Gewissheit: Eine Aussage wie „Das
ist mein Mann“ würde ihm nie über die
Lippen kommen.
* Name von der Redaktion geändert
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HINTERGRUND
tegernseerstimme.de | September / Oktober 2011
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entstehen. Die Refinanzierung steht an
erster Stelle. Und die funktioniert nicht
über das Maximilian an sich, sondern
über die bebaubaren Freiflächen.“
Das Maximilian
Zwischen Abriss und Erhalt
Text: Steffen Greschner, Fotos: Mick Zollenkopf
D
ie Seegeister wissen es in ihrer Chronik
noch ganz genau: „Vielen unvergessen sind die legendären Faschingsfeste im
Hotel Maximilian! Wenn beispielsweise der
Glasl Ernst mit seiner Dulcinea schwungvoll
durch den Saal ritt.
Das war in den 50ern. Heute ist das Maximilian eine mehr als baufällige Ruine.
Mitten im Gmunder Zentrum und der
erste Blickfang für jeden Besucher im
Tegernseer Tal. Schwingen „tut“ dort
niemand mehr das Tanzbein, und einigen wäre es am liebsten, wenn endlich
die Abrissbirne ihre Arbeit verrichten
würde. Aus den Augen, aus dem Sinn.
Und das leidige Thema hätte ein Ende.
Diesen Standpunkt hat auch der Gmunder Bürgermeister Georg von Preysing
lange vertreten. Bis... ja, bis es Anfang
2010 zur Bürgerwerkstatt kam und über
100 Menschen sich zu Wort gemeldet
haben. Mit Gedanken, Ideen und Wünschen. Mit Vorschlägen zur Nutzung des
alten Gasthofs. Vom Fahrradhotel bis zur
Seite 30 |
Für den Erhalt: Der Gmunder Bürgermeister Georg von Preysing
Jugendherberge oder einem Biergarten
war alles dabei. Sogar ein Förderverein
Maximilian wurde in den Folgemonaten
aus dem Boden gestampft.
Der von Ihnen angesprochene Bürger
wollte das Maximilian in dem Falle
abreißen lassen. Und gerade das kann
nicht in unser aller Interesse sein.“
Und plötzlich klangen auch die Töne aus
dem Rathaus ganz anders. Im Frühjahr
2010 ließ Georg von Preysing gegenüber
der Tegernseer Zeitung verlauten: „Der
Druck der Denkmalschützer ist inzwischen so groß, dass die Zukunft wohl auf
Basis eines Erhalts zu planen ist.“
Der Abriss ist also erst einmal vom Tisch.
Fragt sich, was den Sinneswandel des
Bürgermeisters herbeigeführt hat. Ein
Aspekt ist wohl die ehrliche Einsicht,
dass es schwierig ist, als Bürgermeister
eine Meinung zu vertreten, die gegen
die Wünsche vieler aktiver Bürger geht
– deutlich kundgetan bei der Bürgerwerkstatt.
Ab diesem Zeitpunkt war vieles anders:
Der Bürgermeister wandelte sich vom
Abrissfan zum erbitterten Kämpfer für
den Erhalt. Auf eine Gemeinderatsanfrage der Grünen Helga Wagner, weshalb „das Angebot eines Gmunder Bürgers, das Grundstück zu erwerben und
der Gemeinde unentgeltlich als Park zur
Verfügung zu stellen“, dem Gemeinderat vorenthalten wurde, antwortete von
Preysing mit klaren Worten: „Das Maximilian-Areal zum Park zu machen, war
kein Ziel der Bürgerwerkstatt.
Ein weiterer Punkt ist aber sicher auch
das Denkmalamt, das klargemacht
hat, dass es bei einem Abriss nicht mitmacht. Daraus hatte auch Oliver Reiz,
der Geschäftsführer der SMG, vor knapp
einem Jahr seine Schlüsse gezogen. Gegenüber der Tegernseer Stimme stellte
er auf den „Investorentagen“ im Herbst
2010 klar: „Das Gelände ist sehr interessant für potenzielle Investoren. Aber
natürlich kann da keine Jugendherberge
vorhanden. Und das auch, obwohl Preysing inzwischen die Hardliner-Variante
wählt, sich klar auf die Seite der Investoren stellt und keine Alternative auf dem
Weg zum Erhalt des Maximilian sieht.
Ein potenzieller Investor ist mit der Firma
ten Brinke zwar inzwischen im Gespräch, Dabei verweist er auf die Gefahr, dass
aber der Inhaber will sich verständlicher- „die notorischen Widerständler“ in den
weise aus dem Gröbsten erst mal raushal- Reihen der Bevölkerung das Konzept
ten. Somit soll die Planungskosten auch kaputtmachen. Wie beim Gut Kaltendie Gemeinde übernehmen. Ein Aspekt, brunn sei derzeit die Gefahr sehr groß,
den die streitbare Helga Wagner auf ei- dass man den Investor vergraule. Und
ner der letzten Gemeinderatssitzungen so wurde Von Preysing recht deutlich,
angesprochen hatte und damit Georg als er, an Helga Wagner gerichtet, die
von Preysing ziemlich
folgenden Worte wählin Rage brachte.
te: „Wir werden die
In einem LeserGeorg von Preysing: Situation beobachbrief wiederholt
ten. Aber es kann
„Wir
werden
die Gemeinderäeinfach nicht sein,
tin dann ihre Fradass eine Gemeindie Situation
ge: „Warum wird
derätin alles dafür
beobachten...“
keine Regelung
tut, um den Investor
zur Kostenüberzu vertreiben.“
nahme mit ten Brinke getroffen? Denn es ist nicht sicher, Wagner selbst sieht das anders, für sie
dass dieses Projekt auch wirklich gebaut ist es die Pflicht eines Gemeinderats, die
wird, und die Kosten für Planung bzw. angesprochenen Punkte zu hinterfraBebauungsplan müsste dann alleine die gen. Sie sieht sich nicht als Querulantin
Gemeinde tragen, da jetzt schon die Auf- und macht das in ihrem Brief auch deutstellung eines vorhabenbezogenenen Be- lich: „Ich wollte keine Grabenkämpfe
bauungsplans beschlossen wurde.“
anzetteln, sondern lediglich einige offene Fragen klären. Dies ist, gerade in meiDass der Aspekt der Absicherung bei ner Funktion als Vertreterin der Bürger,
der Kostenübernahme nicht komplett meine Pflicht.“
aus der Luft gegriffen ist, zeigt ein Blick
500 Kilometer weiter westlich. Dort Der Bruder Barnabas alias Nico Schifferer
steht der Investor und Bauunterneh- hatte diesen März in seiner Fastenpredigt
mer ten Brinke zur Zeit unter Verdacht, seine ganz eigenen Vorschläge für den
beim Bau des Kölner Polizeipräsidiums Gmunder Bürgermeister parat. Er fand es
in einen handfesten Korruptionsskan- ausgesprochen ungerecht, dass dem Baudal verwickelt zu sein. Im Februar die- ingenieur Von Preysing drei Ruinen vor
sen Jahres schreibt die Onlineausgabe die Tür gestellt wurden – Kaltenbrunn,
der „WAZ“ dazu: „Das desaströse Zeug- Maximilian und der Ludwig-Erhard-Platz.
nis der Prüfer: Ein manipulations- und „Die erste darf er nicht umbauen, die
korruptionsfreier Wettbewerb wurde zweite kann er nicht abreißen, und die
nicht gewährleistet. Begünstigter war dritte darf er nicht in die Luft jagen.“ der Bauunternehmer ten Brinke. Korruptionsanzeige wurde erstattet.“
Sein Vorschlag für das Maximilian:
„Einen Swingerclub soll man draus
Die Vorsätze sind in Gmund zwar etwas machen. Dann klappt‘s auch mit dem
anders. Trotzdem ist ein gewisses Risiko Publikumsverkehr.“
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REPORTAGE
tegernseerstimme.de | September / Oktober 2011
REPORTAGE
„In meiner Heimat in Aue hatte
ich zwar Arbeit, habe aber nur
einen Hungerlohn verdient“
„Ich bin ein Ossi“
...und arbeite im Tegernseer Tal
E
in Lederhosen tragender Görlitzer
begrüßt die Gäste an der Rezeption und wünscht abends ein „schnarch
guud“. Ein Zwickauer Koch kocht
Schweinsbraten mit Knödel, die Kellnerin im Dirndl kommt aus Chemnitz und
serviert zu Apfelstrudel „ä Scheelchn
Heeßn“. Und das alles an einem Ort am
Tegernsee, im tiefsten Urbayern, wo
Touristen eigentlich gelebte Tradition
und Kultur erwarten.
„Ich bin Ossi, bin 26 Jahre alt und gelernter Hotelfachmann. Seit fünf Jahren
arbeite ich im Medical Park am Tegernsee“, sagt Sören.Vom „Hörensagen“ hat
Sören vom Tegernsee, den vielen offenen Stellen, vor allem in der Hotellerie
und Gastronomie, erfahren und sich
kurzerhand auf eine im Internet ausgeschriebene Position beworben.
Viele „Ossis“ hat es wie Sören inzwischen
in die alten Bundesländer, in den Süden nach Bayern und auch ins Tegern-
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seer Tal verschlagen. „In meiner Heimat
in Aue hatte ich zwar Arbeit, habe aber
nur einen Hungerlohn verdient“, sagt
Sören. „50 bis 60 Stunden in der Woche
schuften und mit 1000 Euro netto nach
Hause gehen.“ Das sei völlig normal.
Vor Kurzem hat sein Ausbildungsbetrieb Insolvenz angemeldet und musste alle Mitarbeiter entlassen. „Nur alte
Menschen da. Die Bettenauslastung sank
immer weiter. Das ist schon traurig.“
In den neuen Bundesländern gibt es bis
heute viele Probleme. Zu den größten
gehören die hohe (Jugend-)Arbeitslosigkeit und ein geringes Angebot an Jobs
überhaupt. Vor allem aber die, im Vergleich zu vielen alten Bundesländern,
deutlich schlechtere Bezahlung. Daran
hat sich in den vergangenen Jahren trotz
„Aufbau Ost“ nur wenig geändert.
Im Tegernseer Tal sieht das ganz anders
aus: Die Nachfrage nach Personal im
Tourismussektor ist am Tegernsee größer als das Angebot an qualifizierten,
aber auch an ungelernten Arbeitnehmern.
Servicemitarbeiter, Köche, Kellner, Zim-
mermädchen, Tellerwäscher, Fachkräfte
die Liste ist lang. Gerade während den
Saisons im Sommer und im Winter fehlt
es vielen Hotels und Gaststätten an Personal. Woher die Bewerber kommen, ist
da absolut zweitrangig, so das Fazit vieler Hotel- und Gaststättenbesitzer.
Diese Chance haben viele motivierte Arbeitnehmer wie Sören genutzt. Neben
einer sicheren und gut bezahlten Stelle
bringt vielen der Tegernsee auch einen
neuen Lebensmittelpunkt. „Anfangs bin
ich alle zwei Wochen nach Hause gependelt und hatte ,nur‘ eine Personalwohnung. Mittlerweile habe ich eine
eigene Wohnung und besuche meine
Familie nur noch zwei bis dreimal im
Jahr“, so Sören, der sich am Tegernsee
voll integriert hat.
Sörens Freundeskreis besteht aus einigen Arbeitskollegen, aber auch aus
vielen Einheimischen. Sein Gehalt hat
sich beinahe verdoppelt, seit er im Tal
arbeitet. „Das ist im Vergleich zu früher
ein Unterschied wie Tag und Nacht.“
Rund drei Viertel der Mitarbeiter in
Hotellerie und Gastronomie sind inzwischen Auswärtige, zum Teil aus den
neuen Bundesländern, viele aus Ostund Südeuropa. Was alle schätzen, ist
das sehr gute Trinkgeld am Tegernsee.
„Teilweise kann ich meinen kompletten
Nettolohn sparen und nur vom Trinkgeld
leben. Die Gäste haben hier schon dicke
Geldbeutel und sind sehr spendabel.“
Zahlreiche Freunde, Bekannte und ehemalige Arbeits- sowie Berufsschulkollegen von Sören haben in Bayern eine
neue Heimat gefunden. Zu Hause sind
viele eifersüchtig auf Sören und die anderen „Ossis“, die gerade am Tegernsee
einen Job gefunden haben: „Die Berge
und der See, und was es hier zum Gehalt und dem Trinkgeld noch kostenlos
oben drauf gibt! Das kann sich in Aue
niemand vorstellen.“
Bei allen traditionellen und kulturellen
Widersprüchen, denen Touristen am
Tegernsee ab und zu ausgesetzt sind:
Am Ende des Tages zählen die Qualität des Services, die Zubereitung und
der Geschmack des Essens sowie die
Freundlichkeit der Bedienung.
Ob in der Küche ein Bayer, in der Lederhose oder im Dirndl ein Einheimischer
oder eine Auswärtige steckt, ist da eigentlich doch vollkommen egal.
Text: Martin Heilmann
Fotos: Peter Posztos
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BOULEVARD
tegernseerstimme.de | September / Oktober 2011
Vom Tegernsee zum Fleesensee
Wie man das BräustüberlGefühl in den Norden bringt
D
as Herzogliche Bräustüberl Tegernsee hat sich zwischenzeitlich zu einer Marke entwickelt, die für Lebenskultur, Biergenuss und bayerische Küche
steht. Mehr noch, für viele Menschen
außerhalb des Tals ist es mittlerweile ein
Synonym für den Tegernsee.
Barbara Lang und Chefkoch Manfred
Zydun offensichtlich erfolgreich gemeistert hat.
Für die gute Sache ging es mit dem bekannten Bräustüberl-Sprinter und einem Teil des Küchenteams über Berlin
an den Fleesensee in der MecklenburgWas liegt da näher, als Essen, Bier und
Vorpommerschen Seenplatte. Dort
Kultur, sprich das Gefühl, das die Behatte der frühere Torwart des FC St.
sucher in ihrem Urlaub haben, direkt
Pauli und heutige Versicherungsunterzu ihnen zu brinnehmer Axel Lange
gen. Beim Bier
(Generali) zur allübernimmt diese
jährlichen GolftroDen Film zur Tour gibt
Aufgabe das umphy zugunsten der
es auf YouTube unter
triebige Brauhaus
Uwe–Seeler-StifTegernsee. Doch
tung
geladen.
http://bit.ly/r5zT9a
beim Rest ist die
Aufgabe nicht so
Mit dabei so illustre
einfach. Wie schafft
Gäste wie Uwe Seeler,
man es, das typische Bräustüberl-Gefühl
Erich Ribbeck, Schauspieler Jan Josef
zu konservieren und 600 Kilometer weiLiefers, Moderator Gerhard Delling
ter nördlich wieder aufleben zu lassen?
sowie die Chefin von Air Berlin, Elke
Eine Herausforderung, die das Team um
Schuett.
Die gute Sache erbrachte übrigens eine
Spende in Höhe von 101.000 Euro zugunsten der Uwe-Seeler-Stiftung für
hilfsbedürftige Menschen.
Doch nicht nur Golfen und Spenden
standen auf der Tagesordnung. Der
erste Abend war ganz im Zeichen des
Bräustüberls gehalten. Die Herausforderung für das Team: 220 Gäste in einem ungewohnten Umfeld zu bewirten.
Stilecht, zünftig und urig in Weißblau.
Mit original Haxn, Weißwürstl vom
Holnburger aus Miesbach und allem,
was das Bräustüberl so zu bieten hat.
Der Lohn: zufriedene Gesichter, zehn
Sterne von Gastrokritiker Heinz Horrmann und ein begeisterter Thomas
Kammeier, Sternekoch des Berliner Restaurant Hugos: „Wir haben eine wunderbare Schweinehaxe gegessen. Auf
dem Level eine ganz klare 10.“
offizielles Trainingszentrum des
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