Broschuere-Beratung zu familienbewussten Arbeitszeiten (PDF, 5,1
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Broschuere-Beratung zu familienbewussten Arbeitszeiten (PDF, 5,1
Herausgeber: DGB Bundesvorstand Projekt „Vereinbarkeit von Familie und Beruf gestalten!“ Keithstrasse 1/3 10787 Berlin Text: Frank Meissner Svenja Pfahl Stefan Reuyß Christina Stockfisch Redaktion und Layout: Frank Meissner Stand: Januar 2013 Fotos: Fotolia: PictureArt (Titelseite), cFotowerk (S. 5), Kzenon (S. 10) Gina Sander (S. 11), Ursula Deja (S. 21) pixelio: Helene Souza (S. 6), Gert Altmann (S. 8 und S. 18 oben), Mika Abey (S. 12), Ramona Kitzmüller (S. 16 oben), JMG (S. 16 unten), Stephanie Hofschlaeger (S. 17), Korkey (S. 23) DGB: S. 7, S. 15, S. 18 unten, S. 19, S. 20, S. 22 Digitalstock: Kzenon (S. 14) Die Broschüre kann über die Homepage des Projektes als pdf-Datei heruntergeladen werden (www.familie.dgb.de). Informationen zum aktuellen Beratungsangebot finden sie ebenfalls auf der Homepage. Das Projekt wird gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds. Inhalt 1. Einleitung.............................................................................................................................................. 4 Handlungsfelder familienbewusster Arbeitszeitgestaltung.............................................................................. 4 Der Beratungsprozess ................................................................................................................................... 6 2. Beispiele guter Beratung .................................................................................................................... 7 Kreisverwaltung Soest................................................................................................................................... 7 üstra Verkehrsbetrieb Hannover .................................................................................................................... 9 WIKA Alexander Wiegand SE & Co. KG....................................................................................................... 11 Technische Universität Berlin ...................................................................................................................... 13 Mittelweser Klinik Nienburg........................................................................................................................ 15 RAG Montan Immobilien GmbH.................................................................................................................. 17 RKW Kompetenzzentrum Eschborn ............................................................................................................. 19 Kreispolizeibehörde Paderborn.................................................................................................................... 20 Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd, Rheinland Pfalz......................................................................... 22 3 1. Einleitung senden Zahl älterer Menschen in Zukunft zuständig sein wird. Viele Beschäftigte, die Pflegeaufgaben übernehmen, können aufgrund zeitlicher Belastungen ihre Erwerbsarbeit nicht aufrecht erhalten oder müssen ihre Arbeitszeiten notgedrungen einschränken. Hier können betriebliche Maßnahmen wesentlich dazu beitragen, Lösungen zu finden, die allen Seiten zugute kommen. Im Rahmen des DGB-Projektes „Vereinbarkeit von Familie und Beruf gestalten“ werden kostenfrei Beratungen angeboten, um familienbewusste Arbeitszeiten in Betrieben und Verwaltungen zu fördern. In dieser Broschüre dokumentieren wir neun erfolgreiche Beratungsprozesse der letzten Projektphase (2011/2012) aus verschiedenen Branchen und mit unterschiedlichen Maßnahmen. Die Beratung wird auch in der aktuellen Projektphase (2013 bis 2014) fortgesetzt. Ziel ist es, passgenaue Lösungen zu finden, die den Beschäftigten eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen. Dabei werden Interessenvertretungen und Unternehmensleitungen bzw. Personalverantwortliche in Betrieben und Verwaltungen beraten, die sich zuvor auf gemeinsame Ziele verständigen. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die festgelegten Ziele auch schnell und erfolgreich durchgesetzt werden können. Die Berater/-innen begleiten und moderieren diesen Prozess. Dabei werden gemeinsame Handlungsstrategien und betriebsspezifische Lösungen erarbeitet sowie Maßnahmen umgesetzt und ausgewertet. In allen Beratungen konnten wir das steigende Interesse am Thema Pflege feststellen. In vielen Fällen sind Betriebe und Verwaltungen bereits sensibilisiert und reagieren – oft mit Einzelfalllösungen – auf die wachsende Anzahl von pflegenden Beschäftigten. In einigen Fällen offenbarte eine Beschäftigtenbefragung den veränderten Handlungsbedarf für die Betriebe. 2. Vollzeitnahe Teilzeitmodelle Arbeitszeitverkürzungen – bevorzugt in kurzer Vollzeit – sind für Flexibilität im Verlauf der Erwerbsbiographie wichtig, um Arbeitszeiten stärker an die „Wechselfälle des Lebens“ anzupassen. Die Reduzierung der Arbeitszeit ist ein wichtiges Instrument um Erwerbsarbeit und Kindererziehung unter einen Hut zu bringen. Auch Väter haben ein großes Teilzeitbedürfnis während und nach der Elternzeitphase. Für die Ausgestaltung von Teilzeit ist es wichtig, dass Beschäftigte möglichst viele Mitspracherechte (volle Optionalität) besitzen und Teilzeitbeschäftigte nicht diskriminiert werden. Auch ein angepasster Einstieg nach Elternzeit lässt sich über Teilzeit gut realisieren. Teilzeit in Form abgesicherter Unterbrechungen für Fürsorgeaufgaben und Kurzzeitfreistellungen sind individuelle Optionen, um die Balance zwischen Arbeit und Leben herzustellen. Handlungsfelder familienbewusster Arbeitszeitgestaltung Ausgangspunkt für die Beratung waren vier Handlungsfelder familienbewusster Arbeitszeitgestaltung, die im Mittelpunkt der Projektaktivitäten standen: 1. Pflegesensible Arbeitszeiten Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Pflege und Beruf helfen, die Belastungen der Beschäftigten im Pflegealltag zu verringern. Aktuell sind knapp ein Viertel der Hauptpflegeverantwortlichen erwerbstätig, 6 Prozent aller Erwerbstätigen leisten sowohl Pflegeaufgaben als auch Kinderbetreuung1. 10 Prozent aller Hauptpflegepersonen scheiden aus der Erwerbstätigkeit aus, 11 Prozent reduzieren ihre Arbeitszeit, wenn sie den Hauptteil der häuslichen Pflege übernehmen. Um eine bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf zu erreichen und Beschäftigte aus ihrer Sprachlosigkeit zu holen, sind einerseits betriebliche Maßnahmen der Sensibilisierung wichtig und andererseits konkrete Angebote für Beschäftigte mit Pflegeverantwortung, wie z. B. individuelle Arbeitszeiten oder Informationen rund um das Thema Pflege. Eine Schlüsselrolle für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf könnte in diesem Zusammenhang eine „kurze Vollzeit“ zwischen 30 und 35 Stunden pro Woche spielen. Für eine gerechtere Arbeitsteilung der Geschlechter könnte sie als neuer Arbeitszeitstandard fungieren, der Fürsorgepflichten/Familienarbeit der Erwerbstätigen besser anerkennt als der derzeitige Vollzeiterwerbsstandard. Darüber hinaus kommt die „kurze Vollzeit“ den Arbeitszeitwünschen der meisten Menschen entgegen und könnte eine ausgewogenere Work-Life-Balance ermöglichen. Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels und einer Pluralisierung der Familienformen stellt sich die Frage, wer für die Pflege und Betreuung der rapide wach- 1 In den Beratungsprozessen fiel besonders auf, dass sich Betriebe und Verwaltungen mit Schichtsystemen verstärkt dem Thema Teilzeit zuwenden. Offensichtlich besteht hier ein großer Nachholbedarf an flexibleren Arbeitszeitmodellen, die von den Beschäftigten gewünscht werden. Alle Daten sind in unseren aktuellen DGB-Broschüren dokumentiert (www.familie.dgb.de). 4 3. Lebenslauforientierte Arbeitszeiten Veränderungen im Lebensverlauf wie die Geburt eines Kindes oder eine Pflegesituation, aber auch Schicksalsschläge wie Krankheiten, Trennung, Arbeitslosigkeit oder berufliche Neuorientierungen können durch lebenslauforientierte Arbeitszeiten besser aufgefangen werden. 4. Familienbewusste Arbeitszeiten unter schwierigen Bedingungen Unter schwierigen Arbeitsbedingungen, z. B. in Schichtbetrieben, ist es besonders wichtig, den Beschäftigten eine gute Work-Life-Balance zu ermöglichen. Die Sonderauswertung des DGB-Index Gute Arbeit zum Verhältnis von Familie und Beruf (2007) zeigte eine Differenzierung in Unternehmen, die stark familienfreundlich engagiert sind und solche, in denen Vereinbarkeitsaspekte der Beschäftigten kaum Berücksichtigung finden. Vielfach haben Beschäftigte, die in einem wenig familienbewussten Betrieb arbeiten gleichzeitig schlechte Arbeitsbedingungen wie ressourcenarme Arbeit oder kaum Mitsprache bei der Arbeitszeitgestaltung. Gerade diese Beschäftigtengruppe gerät bei den Diskussionen um Familienfreundlichkeit oft aus dem Blickwinkel, obwohl sie den gleichen Anspruch auf eine gute Work-Life-Balance hat wie etwa hochqualifizierte Fachkräfte. Andererseits zeigen viele Einzelfälle, dass es auch unter schwierigen wirtschaftlichen und strukturellen Bedingungen gute Lösungen für eine gelungene Vereinbarkeit von Familie und Beruf geben kann. Vermeintliche Hindernisse wie kleine und mittlere Unternehmen, männerdominierte Betriebe, Unternehmen und Verwaltungen in schwieriger wirtschaftlicher Lage oder Schichtbetriebe müssen nicht per se familienbewusste Maßnahmen einschränken. Vielmehr zeigt sich, dass nicht ausschließlich große „Vorzeigeunternehmen“, sondern auch Betriebe in einem schwierigen Umfeld die Vereinbarkeit von Familie und Beruf positiv gestalten können. Auf betrieblicher Ebene kann mit einem Mix aus Arbeitszeitmodellen die individuelle Zeitsouveränität erhöht werden: Zeitkonten und insbesondere Langzeitkonten können für Sabbaticals, Blockfreizeiten oder Familienzeiten verwendet werden. Wechselmöglichkeiten zwischen Vollzeit und Teilzeit und/oder unterschiedlichen Arbeitszeitmodellen oder Schichtlagen erhöhen die individuellen Wahlfreiheiten. Schließlich lassen sich durch die Umwandlung von Zeit- und Geldwerten größere Spielräume für eine selbstbestimmte Zeitverteilung gewinnen. Ziel einer lebenslaufsorientierten Arbeitszeitgestaltung ist es, den differenzierten Lebenswegen der Beschäftigten besser gerecht zu werden, ungleiche Lebens- und Erwerbsverläufe nicht weiter zu diskriminieren sowie unsoziale atypische Beschäftigungsverhältnisse abzubauen. Gleichzeitig sollen die Eigenverantwortung in der Lebensgestaltung gestärkt werden und riskante Erwerbsphasen und berufliche Übergänge abgesichert werden. Der Trend zu einer flexiblen Anpassung der Arbeitszeiten im Lebensverlauf wurde durch die Beratungen bestätigt. Betriebe und Verwaltungen reagieren auf die sich ändernden Arbeitszeitbedürfnisse der Beschäftigten zunehmend mit einer wachsenden Anzahl von Arbeitszeitmodellen. Bei der Auswahl der Beratungen, die aufgrund der großen Nachfrage erfolgen musste, waren schwierige Rahmenbedingungen ein wesentliches Auswahlkriterium. In diesen Betrieben hat die Arbeits(zeit)kultur entscheidenden Anteil daran, dass Hindernisse bei der Verwirklichung familienfreundlicher Maßnahmen ausgeräumt werden konnten. Aber auch die Strategien einzelner Personen oder Gruppen können unter bestimmten Bedingungen im Bemühen um mehr Familienfreundlichkeit erfolgreich sein. 5 Der Beratungsprozess In der konkreten Beratung wurden auch weitere Themen erörtert wie z. B. Telearbeit oder die Sensibilisierung der Führungskräfte. Voraussetzung für die Unterstützung durch den DGB war der Bezug zu familienbewusster Arbeitszeitgestaltung. Aufgrund großer Nachfrage wurden 20 Betriebe bzw. Verwaltungen ausgewählt, die zwischen Juli 2011 und Oktober 2012 an maximal sechs Tagen beraten wurden. Dazu wurde auch auf externe Berater/-innen zurückgegriffen, die speziell geschult wurden, um den hohen Beratungskriterien zu genügen. eine intensive, ziel- und lösungsorientierte Auseinandersetzung mit betrieblichen Problemen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichte. Außerdem konnte der Blick von außen neue Impulse in die betrieblichen Aushandlungsprozesse bringen. Aufgrund dieser positiven Erfahrungen wird die Beratung von Betrieben und Verwaltungen zur familienbewussten Arbeitszeitgestaltung auch in der aktuellen Projektphase (2013 bis 2014) fortgesetzt und um ein Coaching für Betriebsrats-/Personratsgremien erweitert. (Informationen und Kontaktdaten zur Bewerbung für die Beratung: www.familie.dgb.de). Der Beratungsprozess zeichnet sich zum einen durch ein systematisches Vorgehen aus und zum anderen durch eine individuelle Anpassung an die betrieblichen Gegebenheiten. Der erste Beratungstag dient einer gründlichen Erhebung des Status Quo und der Festlegung gemeinsamer Ziele. Aufgabe der Berater/-innen ist es zunächst die gemeinsamen Arbeitsschwerpunkte festzulegen und den Zielfindungsprozess zu moderieren. Bereits in dieser ersten Phase wurden verschiedene Erfahrungen gemacht. In einzelnen Betrieben war allen Beteiligten von vornherein klar, welche Aufgaben angegangen werden sollten. In anderen Betrieben konnte erst nach langen und teilweise kontroversen Diskussionen ein gemeinsamer Arbeitsplan entwickelt werden. In der Folge orientiert sich das weitere Vorgehen an den Bedürfnissen der beteiligten Akteure. Informationen durch das Projektteam, Hinzuziehung weiterer Experten und Expertinnen, Diskussionen mit weiteren betrieblichen Gruppen und Akteuren, die Durchführung von Workshops sowie Planung und Auswertung von Belegschaftsbefragungen waren wesentliche Arbeitsphasen in der Beratung. Zwischen den Beratungstagen bestand die Möglichkeit, weitere Informationen einzuholen oder die nächsten Umsetzungsschritte abzusprechen. Auch die zeitliche Inanspruchnahme der Beratung gestaltete sich unterschiedlich. In einem Betrieb konnte ein einzelnes Thema mit zwei Beratungstagen bearbeitet werden; in anderen Betrieben wurden bis zu drei verschiedene Themenfelder nacheinander behandelt. Am Ende des Beratungsprozesses standen die Auswertung der durchgeführten Maßnahmen sowie die Analyse der Beratung selbst. In allen Fällen wurde positiv hervorgehoben, dass durch die Beratungssituation ein verbindlicher Raum geschaffen wurde, der 6 2. Beispiele guter Beratung Kreisverwaltung Soest Im Mittelpunkt der Beratung stand die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf. Für die rund 1.100 Beschäftigten sollten Maßnahmen entwickelt werden, die helfen deren private Pflegeverantwortung und die Erfordernisse des beruflichen Alltags in Einklang zu bringen. Schon seit Jahren setzt sich die Verwaltung des Kreises durch verschiedene Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie dafür ein, ein familienfreundliches Umfeld zu schaffen. Ein Zeichen dafür ist die Verleihung des Zertifikates „Familienfreundliches Unternehmen im Kreis Soest“ in den Jahren 2010 und 2012. Ein hohes Maß an Selbstbestimmung bei den Arbeitszeiten und der Arbeitsorganisation, über 50 verschiedene Teilzeitmodelle sowie ein umfassendes Konzept für das Vorgehen bei Elternzeit und Wiedereinstieg waren für die Verleihung ausschlaggebend. Um auch der zunehmend größeren Zahl der Beschäftigten mit privaten Pflegeaufgaben entgegen zu kommen, gründete sich vor zwei Jahren eine Arbeitsgruppe. Diese besteht aus Vertreter/-innen des Personalrats, des Personaldienstes, der Sozialplanung, der Schwerbehindertenvertretung sowie der Gleichstellungsbeauftragten und mehreren Betroffenen. Aufgrund des hohen Engagements der Mitglieder gelang es der Arbeitsgruppe innerhalb weniger Wochen einen ersten Entwurf einer Vereinbarung zu formulieren. Die besondere Herausforderung bestand darin, möglichst passgenaue Lö„Den Beschäftigten der Kreisverwaltung sungen für die soll es möglich sein, ihren Berufsalltag Betroffenen zu mit ihren familiären Verpflichtungen finden, die nicht unter einen Hut zu bringen. Unsere älter nur schnell und werdende Gesellschaft macht es notunkompliziert reawendig, Lösungen zu entwickeln. Die lisiert werden neue Dienstvereinbarung schafft hier können, sondern eine Basis, auf der wir aufbauen köndie auch an die nen.“ Landrätin Frau Irrgang sich ändernden Pflegebedarfe angepasst werden können. Dies hat mit dem besonderen Charakter der Pflege zu tun: Sie ist – im Vergleich zur Kinderbetreuung – deutlich vielfältiger, mit sehr viel mehr psychischen Belastungen verbunden und vor allem schlechter planbar. Aus diesem Grunde erschien es für alle Beteiligten wenig sinnvoll, sogenannte WennDann-Regelungen zu entwickeln, also beispielsweise festzulegen, dass bei Pflegestufe 1 eine Reduzierung der Arbeitszeit um X Stunden möglich ist. Stattdessen wurde in der Dienstvereinbarung ein einfaches 3-stufiges Verfahren festgelegt. Dieses gestaltet sich wie folgt: Die Arbeitsgruppe initiierte eine Umfrage sowie mehrere Workshops mit pflegenden Beschäftigten. Dabei stellte sich heraus, dass bereits 26 Prozent der Mitarbeiter/innen pflegen und „Die Dienstvereinbarung soll es zusätzlich fast den Beschäftigten der Kreisverjede/-r Dritte mit waltung erleichtern, die Verantder Übernahme wortung für betreuungs- und privater Pflegeverpflegebedürftige Personen mit ihrer antwortung in den Erwerbstätigkeit in Einklang zu nächsten Jahren bringen.“ Personalratsvorsitzender rechnet. Es zeigt Herr Kelbert sich auch, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht, da viele der bestehenden familienbewussten Maßnahmen nur bedingt für diese Beschäftigten eine Entlastung brachten. An dieser Stelle kamen die Experten und Expertinnen des DGB ins Spiel. Sie sollten helfen, die Kreisverwaltung im Allgemeinen und die Führungskräfte im Besonderen für das Thema zu sensibilisieren, entsprechende Maßnahmen zu entwickeln und eine entsprechende Dienstvereinbarung zu erarbeiten. Stufe 1: Kleinere Regelungen oder Sofortmaßnahmen wie z. B. kurzfristiger Urlaub oder die Befreiung von der Arbeit werden mit der direkten Führungskraft als erste Ansprechperson vereinbart. Die Führungskraft informiert ggf. den Personaldienst, wenn es z. B. darum geht, die Kernarbeitszeit für ein Woche auszusetzen. Damit sind Beschäftigte/-r und Führungskraft abgesichert, wenn sich z. B. auf dem Dienstweg ein Unfall ereignet. Stufe 2: Weitergehende Regelungen oder Maßnahmen, die über einen längeren Zeitraum laufen. Alternierende Telearbeit oder die Befreiung von Wochenendarbeit oder Rufbereitschaft, werden von den Beschäftigten beim Personaldienst beantragt, der zeitnah entscheidet, gleichzeitig wird die Führungskraft informiert. 7 Stufe 3: Findet sich auf diesem Wege keine Lösung wird die „Betriebliche Kommission Pflege“ eingeschaltet. Diese ist zusammengesetzt aus dem Personaldienst, der zuständigen Sachgebiets- und/oder Abteilungsleitung bzw. der Ausbildungsleitung, dem Personalrat bzw. der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Gleichstellungsbeauftragten und der Schwerbehindertenvertretung. Die Kommission hat eine Beratungs- und Schlichtungsfunktion. Es soll Einvernehmen unter Berücksichtigung der Pflegesituation, der Beschäftigungssituation und der konkreten dienstlichen Belange erzielt werden. Dabei wird den Beschäftigten ermöglicht, seine/ihre Situation zu erläutern und die eigenen Vorstellungen zu notwendigen Maßnahmen darzulegen. und mobiles Arbeiten vorgeschlagen. Im Bereich Sonstiges sind die Übernahme der Versicherungskosten nach dem Familienpflegezeitgesetz durch den Arbeitgeber, weitere Ausnahmen von geltenden Dienstanweisungen bzw. Dienstvereinbarungen, der Wechsel auf eine gleichwertige Stelle unter Berücksichtigung der mittelfristigen Personalplanungen, eine finanzielle Unterstützung (analog den Vorschussrichtlinien) sowie die Berücksichtigung bei den Kategorien der leistungsorientierten Bezahlung vorgesehen. Die Dienstvereinbarung wurde nach ihrer Erstellung in Workshops mit sämtlichen Führungsverantwortlichen der Kreisverwaltung diskutiert und auf ihre Praktikabilität getestet. Dadurch ergaben sich wertvolle Hinweise für Verbesserungen, gleichzeitig erhöhte diese Vorgehensweise die Akzeptanz bei den Führungskräften, denen in diesem Prozess eine zentrale Rolle zukommt. Damit die Vereinbarung auch gelebt wird, wurde sie vor ihrer endgültigen Verabschiedung allen Beschäftigten der Kreisverwaltung im Rahmen der Personalversammlung vorgestellt. Des Weiteren erfolgte ein Einführungsworkshop mit Betroffenen, die dabei die Möglichkeit hatten, ihre Pflegesituation gemeinsam mit der neu gegründeten Pflegeberatungsgruppe und dem Experten vom DGB zu erörtern. Eine Evaluierung der Dienstvereinbarung ist erstmalig Ende 2013 vorgesehen. Im Beratungsprozess wurde von allen Beteiligen vor allem die hohe Kompetenz beim Thema Pflege und Beruf hervorgehoben, die zu einer schnellen und individuellen Lösung beigetragen hat. Um welche Maßnahmen es sich handeln kann, ist offen und hängt von der jeweiligen Pflege- und Arbeitssituation ab. Die Dienstvereinbarung enthält lediglich einen Ideenkatalog zu den Handlungsfeldern Arbeitszeit, Arbeitsort und sonstige Maßnahmen. Im Bereich Arbeitszeit werden folgende Maßnahmen vorgeschlagen: flexible Nutzung des Arbeitszeitkontos, flexible Nutzung der Gleitzeit, früherer Arbeitsbeginn, Befreiung von der Rufbereitschaft und von Überstunden, kurzfristige Freistellung/Urlaubsgewährung, keine kurzfristigen Dienstplanänderungen im Schichtdienst. Im Handlungsfeld Arbeitsort werden die bevorzugte Bewilligung von Telearbeit 8 üstra Verkehrsbetrieb Hannover merkbar und andererseits wirken die hierarchischen Strukturen ungünstig auf die Flexibilisierungsbemühungen. Arbeitsverdichtung und eine älter werdende Belegschaft machen familienbewusste Schichtmodelle erforderlich. Mit der „leichten Vollzeit“ wird ein vollzeitnahes Teilzeitmodell für die Schichtbeschäftigten eingeführt, das die gesundheitlichen Risiken der Beschäftigten reduziert. An dieser Stelle setzten die Beratungen des DGB-Projektes ein, um neue Ideen für die Umsetzung von familienbewussten Maßnahmen zu gewinnen. Die Beteiligten des Beratungsprozesses waren der Betriebsratsvorsitzender, ein Vertreter der Personalabteilung, die Auditbeauftragte sowie weitere Betriebsräte und Abteilungs-/Schichtleiter. In der Beratung haben sich drei Themenbereiche herauskristallisiert, in denen der größte Handlungsbedarf besteht. Ein wesentlicher Punkt betraf die Verbesserungen der Arbeitszeitgestaltung insbesondere bei der Schichtplanung. Ein anderer Punkt die Sensibilisierung der Führungskräfte für Vereinbarkeitsthemen und schließlich das Thema Vereinbarkeit von Pflege und Beruf. Die üstra ist der größte Verkehrsbetrieb der niedersächsischen Landeshauptstadt. Rund 75 Prozent der Belegschaft ist im gewerblichen Bereich als Fahrer/-in, Handwerker/-in oder in Gleisbau und Wartung beschäftigt. Die überwiegende Mehrheit arbeitet Vollzeit (92 Prozent), was auch durch die relativ niedrigen Löhne im Verkehrsdienstleistungsbereich bedingt ist. Die ca. 1.900 Beschäftigten arbeiten vor allem in den drei Hauptbereichen Fahrdienst, Werkstatt und Verwaltung. Der Anteil der weiblichen Beschäftigten beträgt 13 Prozent, 60 Prozent aller Beschäftigten arbeiten im Schichtdienst. Leichte Vollzeit Im Zuge der Auditierung durch die Hertiestiftung wurde bereits der Fokus auf eine Reduzierung von gesundheitlichen und sozialen Belastungen in der Schichtarbeit gelegt sowie der Etablierung von familienfreundlichen Arbeitszeitmodellen. Eine neue Dienstplanstruktur ermöglicht den Diensttausch und Wunschdienste (Wechsel zwischen Früh-Mittag, Mittag-Spät). Ein zentrales Ergebnis einer Beschäftigtenbefragung war der große Handlungsbedarf bei Vereinbarkeitsthemen. In mehreren Beratungen wurde gemeinsam mit den Bereichsleitern diskutiert, wie mehr Flexibilität in der Schichtplangestaltung integriert werden kann, um die Vereinbarkeitssituation zu verbessern. Insbesondere das Thema Teilzeit in Schichtarbeit wurde als ein Instrument bewertet, mit dem die Arbeitsorganisation stärker flexibilisiert und gleichzeitig die gesundheitlichen und familienbewussten Aspekte in den Vordergrund gerückt werden sollten. In den Diskussionen wurden die Hindernisse für die Einführung von Teilzeit gründlich analysiert. Aus der Perspektive der Beschäftigten ist das geringe Verdienstniveau eine wesentliche Hürde für die Akzeptanz von Teilzeit. Um die materiellen Ausfälle zu begrenzen, wurden deshalb Modelle mit einer „leichten Vollzeit“ – also knapp unter dem Vollzeitvolumen favorisiert. Außerdem konnten Erfahrungen in anderen Betrieben und Verkehrsbetrieben dazu beitragen, die Bedenken gegen Teilzeitmodelle abzubauen. Erste Erfahrungen von Beschäftigten mit dieser leichten Vollzeit waren sehr positiv und bekräftigten das Bestreben, dieses Modell anzubieten und weiter auszubauen. Hauptschwierigkeit für die Beschäftigten sind die zunehmend stressigen Bedingungen im Fahrdienst. Zunehmender Verkehr, Arbeitsverdichtung und Personalabbau tragen dazu bei, dass die Belastungen steigen. Kaum ein/-e Fahrer/-in erreicht das das 60. Lebensjahr auf dem Bock. Die meisten scheiden früher aus dem Erwerbsleben aus. Gleichzeitig werden weniger Beschäftigte eingestellt, so dass der Alterdurchschnitt der Belegschaft zunimmt. Darüber hinaus werden erste Anzeichen für einen drohenden Fachkräftemangel sichtbar und das Unternehmen ist bestrebt, ihre Attraktivität für Bewerber/-innen zu erhöhen. Geschäftsführung und Betriebsrat sind sehr bemüht, durch verschiedene Projekte und externe Beratung auf die demografischen Herausforderungen zu reagieren. Auf Initiative der Geschäftsführung wurde vor einigen Jahren die Auditierung zum familienbewussten Betrieb der Hertie-Stiftung begonnen. Im Zuge des Auditierungsprozesses wurden eine Reihe familienfreundlicher Maßnahmen beschlossen und zum Teil umgesetzt. Das Hauptziel des Audits richtet sich auf die Reduzierung von gesundheitlichen und sozialen Belastungen in der Schichtarbeit sowie der Etablierung von familienfreundlichen Arbeitszeitmodellen. In diesem Spannungsverhältnis von Restrukturierungen des Unternehmens (Kostenreduzierung durch öffentliche Ausschreibungen) und Projekten, die den Beschäftigten zugute kommen sollen, sind verschiedene Aktivitäten gestartet worden, die aber nur teilweise die gewünschte Wirkungen erzielt haben. Hier machen sich einerseits die langen Traditionen des Unternehmens be9 Sensibilisierung der Betriebskultur Das Ziel, eine größere Akzeptanz für Teilzeit zu erreichen, wurde wiederum als ein willkommener Anlass genutzt, um Führungskräfte für das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu sensibilisieren und Einfluss auf die Betriebskultur zu nehmen. Die langen Traditionen haben zur Folge, dass die Bindungen der Beschäftigten zum Unternehmen sehr eng sind. Viele arbeiten ihr gesamtes Berufsleben bei der üstra, zum Teil haben schon die Väter hier gearbeitet. Auch dies sind Gründe dafür, dass sich eine Kultur der Flexibilität und der Anerkennung heterogener Beschäftigtenbedürfnisse kaum entwickeln konnte. Ziel der Beratung war es deshalb auf eine Veränderung der Unternehmenskultur hinzuwirken. Auch die Attraktivität des Unternehmens für Bewerber/-innen sollte angesichts des sich abzeichnenden Fachkräftemangels gesteigert werden. Dazu wurden Seminare mit Führungskräften konzipiert und durchgeführt, in denen einerseits flexible Arbeitszeitmodelle (v. a. Teilzeitmodelle) vorgestellt wurden, Umstellungsprozesse in anderen Betrieben beschrieben wurden und andererseits über Hindernisse und Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Teilzeit diskutiert wurde. Dabei wurden die Bedenken der Schicht- und Abteilungsleiter ernst genommen und darüber hinaus mit kreativen Methoden für das Thema Work-Life-Balance geworben. Die intensiven Diskussionen und die positiven Rückmeldungen aus dem Seminar belegen den ge- wünschten Effekt und haben Personlabteilung und Betriebsrat bestärkt, weitere Seminare durchzuführen. Vereinbarkeit von Pflege und Beruf Schließlich wurde das Thema Vereinbarkeit von Pflege und Beruf als weiterer Schwerpunkt ausführlich diskutiert. Der zunehmende Altersdurchschnitt der Belegschaft lässt erwarten, dass in Zukunft auch mit mehr Fällen von Pflege von Angehörigen zu rechnen ist. Die Beratungen wurden dazu genutzt, eine Betriebsvereinbarung für pflegende Beschäftigte vorzubereiten, die den besonderen Bedürfnissen dieser Beschäftigtengruppe entgegenkommt. Dabei konnten die Erfahrungen des Projektes genutzt werden und die aktuelle Broschüre zu pflegesensiblen Arbeitszeiten um verschiedene Anregungen aufzunehmen. Beratungsprozess Wesentlich für die erfolgreiche Beratungstätigkeit waren das sehr offene und kooperative Klima zwischen den beiden Parteien. Alle Beteiligten Akteure haben ein großes gemeinsames Interesse familienbewusste Arbeitszeiten zu etablieren und die „Lehmschicht“ innerhalb der Führungsstruktur durchlässiger zu machen. Die Beratung wurde als Ideengeber für weitere Aktivitäten und Moderator des Umsetzungsprozesses angesehen. „Wir waren anfangs skeptisch und hätten nicht gedacht, dass sich so viele neue Impulse entwickeln würden“ – so der Personalverantwortliche bei der üstra. 10 WIKA Alexander Wiegand SE & Co. KG endet um 20:00, 21:00 oder 22:00 Uhr, wobei die exakte Festlegung des Arbeitsbeginns und des Arbeitsendes eine Woche im Voraus erfolgt. Der Schichtwechsel findet immer um 14.30 Uhr statt. Die Wochenarbeitszeit der Beschäftigten im 2-Schichtsystem kann damit entweder 25, 35 oder 45 Stunden pro Woche umfassen. Nur ein kleiner Teil der Beschäftigten aus der Produktion arbeitet in 3-Schichtsystemen, mit langen oder kurzen Wechseln. In allen Schichtsystemen sind die Wochenenden arbeitsfrei. Die Mehrheit der Teilzeitbeschäftigten arbeitet in einem besonderen Jobsharing-Modell mit einer „Grundarbeitszeit“ von 50 Prozent, wobei sich zwei Beschäftigte eine Stelle teilen. Zusätzlich müssen 10 Prozent zusätzliche Arbeitszeit („Reservezeit“) flexibel erbracht werden. Dafür erhalten die Teilzeit Beschäftigten 60 bzw. 70 Prozent des Vollzeitgehalts. Die „Reservezeiten“ werden im Jahresverlauf von den Vorgesetzten festgelegt. Als Anerkennung für diese betriebliche Flexibilität erhalten Teilzeit Beschäftige einen garantierten Kündigungsschutz von drei Jahren. Darüber hinaus besteht eine sogenannte „Hausfrauenschicht“, die es einer kleinen Gruppe von Beschäftigten mit Fürsorgepflichten erlaubt, in einer Spätschicht dauerhaft von 15:00 bis 20:00 Uhr zu arbeiten. Mehr Flexibilität im Schichtbetrieb für den Betrieb und die Beschäftigten wünschen sich beide Seiten. Durch eine Beschäftigtenbefragung wird der Bedarf an verschiedenen Teilzeitmodellen sowie an pflegesensiblen Arbeitszeiten erkennbar. Das Unternehmen WIKA ist eines der führenden Produzenten für Druck- und Temperaturmesstechnik und hatte 2012 einen Jahresumsatz von ca. 730 Millionen Euro. Am Hauptsitz des 1946 gegründeten Unternehmens in Klingenberg arbeiten ca. 2.000 Beschäftigte. Knapp 10 Prozent sind Teilzeitbeschäftigt, diese sind in der Regel Frauen. Als größter Arbeitgeber in der Region betreibt das Unternehmen eine familienbewusste Personalpolitik und hat u. a. eine eigene Kinderkrippe eingerichtet. Das alte Schichtsystem Ein Viertel der Beschäftigten arbeitet in Schichtsystemen. Die überwiegende Mehrheit von ihnen ist in einem besonderen 2-Schichtsystem beschäftigt, welches auf einer 35-Stunden-Woche basiert, zugleich aber auch – mittels variabler Schichtlänge – eine betriebliche Flexibilität sicherstellt. Die Frühschicht beginnt je nach betrieblicher Auslastung um 7:00, 8:00 oder 9:00 Uhr. Die Spätschicht 11 Mehr Flexibilität im Schichtsystem Ein wesentlicher Grund für die Inanspruchnahme der Beratung war die noch nicht ausreichende Flexibilität der Arbeitszeitmodelle sowohl für Beschäftigte als auch für betriebliche Belange. Das bisher als Standard angebotene Arbeitszeitmodell für Teilzeitbeschäftigte, erweist sich nicht für alle Teilzeitinteressierten als optimal. Ein Ziel des Betriebsrates ist es, die Zeitsouveränität der Beschäftigten zu erhöhen. Mehr Vielfalt und Wahlmöglichkeiten zwischen Zeitmodellen sollen den Lebensrealitäten der Beschäftigten in unterschiedlichen Lebensphasen besser gerecht werden. Auch die Akzeptanz der Führungskräfte gegenüber den bisherigen Teilzeitmodellen steht einer weiteren Ausdehnung und/oder verschiedenen Wahlmodellen im Wege, die von Beschäftigten gewünscht werden. Die Geschäftsleitung ist vor allem an einer Ausdehnung der Zeitkonten interessiert und erhofft sich darüber eine stärkere Flexibilität, von der alle Seiten profitieren könnten. Offensichtlich zeigt sich hier, dass die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf stark an Bedeutung gewinnt und bei einer familienbewussten Arbeitszeitgestaltung besonders berücksichtigt werden sollte. Auch im Zusammenhang mit dem Thema der wachsenden Zahl älterer Beschäftigter werden in Zukunft neue Lösungen gebraucht. Trotz insgesamt sehr positiver Bewertung der Vereinbarkeitsbedingungen durch die vorhandenen Arbeitszeitmodelle können zwei „Baustellen“ identifiziert werden. Zum einen fällt auf, dass die Attraktivität des Standard-TeilzeitModells gering ist und sich nur wenige einen Wechsel in dieses Modell vorstellen können. Bei gleichzeitig hohem Interesse an Teilzeit besteht in diesem Bereich noch offener Handlungsbedarf. Zum anderen rechnet ein Fünftel der Befragten in den nächsten Jahren damit, ihre Arbeitszeitsituation verändern zu wollen. Offensichtlich kommt es – abhängig von Familiensituation und Lebensphase – zu sich ändernden Arbeitzeitwünschen im Lebensverlauf. Darauf könnte mit einem Angebot an mehr Flexibilität reagiert werden. Im Rahmen des Beratungsprozesses werden daher flexible Übergänge zwischen verschiedenen Arbeitszeitformen oder unterschiedliche Teilzeitmodelle diskutiert. In den nächsten Beratungsgesprächen werden konkrete Maßnahmen erörtert, wie auf die Bedarfsanalyse reagiert werden kann. Ein weiteres Argument für die Einführung familienfreundlicher Arbeitszeiten ist die wachsende Zahl älterer Beschäftigter. Hier wird die Notwendigkeit erkannt, sich mit der besonderen Situation der Beschäftigtengruppe der über 50jährigen auseinanderzusetzen, da die steigenden Leistungsanforderungen – insbesondere in der Schichtarbeit – für ältere Beschäftigte nur schwer zu erfüllen sind. Auch wenn sich die körperlichen Belastungen der Arbeit in Grenzen halten, werden bei vielen Tätigkeiten hohe Anforderungen an die Konzentration gestellt. Auch ist mit steigenden psychischen Belastungen zu rechnen. Belegschaftsbefragung Weitere Bedarfe von Teilzeit und unterschiedlichen Teilzeitformen wurden noch nicht ermittelt; hier bestand im Betrieb großes Interesse an der Erhebung der Arbeitszeitwünsche der Beschäftigten. Daher wurde im Beratungsprozess eine Belegschaftsbefragung beschlossen, die ausführlich mit verschiedenen Akteuren diskutiert und anschließend in ausgewählten Betriebsteilen durchgeführt wurde. Erste Ergebnisse der Befragung liegen bereits vor. Die Rücklaufquote von 80 Prozent kann bereits als Indikator dafür gewertet werden, dass mit der Befragung ein realistisches Bild der Arbeitszeitwünsche vorliegt. Beratungsprozess Der Beratungsprozess in diesem Unternehmen ist bisher sehr konstruktiv verlaufen. Trotz zum Teil konträrer Positionen zwischen Betriebsrat und Personalleitung waren sich beide Seiten einig, dass eine gründliche Analyse des Status Quo und der Arbeitszeitbedürfnisse der Beschäftigten erste wichtige Schritte für eine Umgestaltung der Arbeitszeiten sind. Die Beratungssituation bot einerseits den Raum um Diskussionen auszutragen, strittige Punkte zu klären und andererseits ein neues Arbeitszeitmodell Schritt für Schritt umzusetzen. Drei wesentliche Punkte konnten ermittelt werden: Völlig überraschend sind aktuell bereits 15 Prozent der Befragten mit Pflegeaufgaben beschäftigt, was weit über dem Bundesdurchschnitt liegt. Bisher werden bei WIKA für pflegende Beschäftigte Einzelfalllösungen gefunden. 12 Technische Universität Berlin erst ein Artikel in der Uni-Zeitung „TU intern“ veröffentlicht, anschließend eine Beschäftigtenbefragung durchgeführt und ein Schwerpunkt im Personalrats-Info zu dem Thema gesetzt. Für die Online-Befragung entwickelte die Arbeitsgruppe einen Fragebogen. Dieser wurde dieser von Mitarbeiter/-innen des Strategischen Controllings umgesetzt und ausgewertet. Von den 4.500 Beschäftigten haben sich 18 Prozent an der Befragung beteiligt, was angesichts des schwierigen Themas eine positive Rücklaufquote ist. Es wurde festgestellt, dass die Mehrzahl der Befragten ein großes Interesse an betrieblich geförderter Unterstützung für Pflegende hat, da entweder akuter Bedarf besteht oder sich die Pflegesituation in naher Zukunft abzeichnet. Gewünscht wurden u. a. eine stärkere Flexibilisierung der Arbeitszeit, mehr Information und Beratung zum Thema, eine bessere Unterstützung durch Führungskräfte sowie eine schnelle und lösungsorientierte Bearbeitung entsprechender Anträge. Die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf sowie die Sensibilisierung von Führungskräften standen im Mittelpunkt der Beratung. Eine Beschäftigtenbefragung und eine Zukunftswerkstatt dienten dazu, das Thema Familienfreundlichkeit in der Universität zu befördern. Die Technische Universität Berlin versteht sich als international renommierte Universität in der deutschen Hauptstadt. Forschung und Lehre werden von einem breiten Spektrum sich ergänzender Disziplinen bestimmt. Sie reichen von den Ingenieurwissenschaften über die Natur-, Planungs-, sowie Wirtschaftswissenschaften bis hin zu den Geistes- und Sozialwissenschaften. An der TU Berlin sind rund 7.700 Mitarbeiter/-innen beschäftigt. Die Universität hat 2011 zum zweiten Mal nach 2008 das Audit „Beruf und Familie“ als auch das "Total E-Quality-Prädikat" erhalten. Diese Zertifikate bescheinigen, dass die TU Berlin gesellschaftliche Verantwortung übernimmt und gesetzliche Forderungen nach Gleichstellung der Geschlechter und Förderung Studierender und Beschäftigter mit Familienaufgaben erfüllt. Mit einer familienfreundlichen Personalpolitik sowie familienerleichternden Studienbedingungen unterstützt die TU Berlin die Vereinbarkeit von Beruf/Studium und Familie. Vereinbarkeit von Pflege und Beruf Von Juli 2011 bis Dezember 2012 nahm die TU Berlin das DGB-Beratungsangebot auf Initiative des Personalrats wahr. Von Anfang an waren die Universitätsleitung und der Personalrat beteiligt; darüber hinaus beteiligten sich die Leiterin des Familienbüros und eine Vertreterin aus dem Bereich Weiterbildung an der Arbeitsgruppe. Bis dahin dominierte das Thema Kinderbetreuung die Debatte um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf an der TU Berlin. Doch im Hinblick auf den demografischen Wandel sah die Gruppe zukünftig auch das Thema Altern und Pflege stärker auf die Universität zukommen. Deshalb wurde am ersten Beratungstag in der gemeinsamen Zielfindung für den Beratungsprozess vereinbart, gemeinsam intensiv am Thema „Vereinbarkeit von Beruf und Pflege“ zu arbeiten. Logo familienbewusste TU Berlin Diese Umfrageergebnisse waren die Grundlage für eine Zukunftswerkstatt zur Sensibilisierung der Führungskräfte. Die Schwerpunkte der Diskussion an den vorbereiteten Thementischen waren: Wie kann ich Beruf und Pflege vereinbaren? Wie organisiere ich meinen Alltag als Führungskraft, wenn ich eine/einen Angehörige/-n pflegen muss? Was können Führungskräfte tun, um ihre Mitarbeiter/innen in einer Pflegesituation zu unterstützen? Wie kann mich die TU als Führungskraft unterstützen, wenn ich meine Mitarbeiter/-innen bei Vereinbarung von Beruf und Pflege unterstützen will? Welchen Nutzen habe ich als Führungskraft, wenn ich meine Mitarbeiter/-innen bei der Vereinbarung von Beruf und Pflege unterstütze? Um für das Thema Pflege zu sensibilisieren und die Meinungen und Erfahrungen der Beschäftigten zu berücksichtigen wurde im Rahmen des Beratungsprojektes zu 13 Erfolgskriterien des Beratungsprozesses Der Beratungsprozess zeichnete sich durch die kooperative, stringente und sehr engagierte Zusammenarbeit der beteiligten Akteure aus. Begünstigend kam hinzu, dass fast alle Arbeitsgruppenmitglieder Pflegesituationen selbst erlebt haben und ihnen die Problematik somit vertraut war. Förderlich wirkte sowohl die Prozessmoderatorin durch die DGB-Berater/-innen als auch die enge zeitliche Taktung. Die Termine für die Treffen der Arbeitsgruppen lagen nie länger als drei Monate auseinander. Aufgaben und Verantwortlichkeiten für die Weiterführung des Prozesses wurden auf jeder Sitzung konkret festgelegt. Auch die hergestellten Synergien mit dem aktuellen ReAuditierungsprozess „Beruf und Familie“ und den darin vereinbarten Zielen sowie mit dem Weiterbildungsangebot der TU waren sehr hilfreich und trugen zum Erfolg des Beratungsprozesses bei. Auch zum jährlich stattfindenden Gesundheitstag wurde ein Informationsstand zum Thema Beruf und Pflege organisiert, um mit den Beschäftigten ins Gespräch zu kommen. So wurde das Thema Beruf und Pflege durch verschiedene, einander ergänzende Sensibilisierungs- und Informationsmaßnahmen enttabuisiert und zu einem Schwerpunktthema an der TU Berlin befördert. Aufbauend auf die Ergebnisse der Beschäftigtenbefragung und der Zukunftswerkstatt wird die Arbeitsgruppe nun entsprechende Schlüsse ziehen, um geeignete TU-spezifische Maßnahmen in die Wege zu leiten und diese Angebote für alle Beschäftigten transparent und nachhaltig lebbar zu machen. 14 Mittelweser Klinik Nienburg der Schluss gezogen, dass es erfolgversprechender ist, die jeweiligen Lösungen für konkrete Arbeitszeitprobleme der Beschäftigten am Einzelfall auszurichten und darüber Hinweise auf allgemeine Handlungsfelder zu erhalten. Nach einem Umstrukturierungsprozess bestand Unsicherheit und Unzufriedenheit unter den Beschäftigten. Dass es auch unter solch schwierigen Rahmenbedingungen möglich ist, die Vereinbarkeitssituation der Beschäftigten zu verbessern, dafür ist das Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung im Herzen Niedersachsens ein gutes Beispiel. Optimale Lösungswege für die ganze Abteilung finden: So standen beispielsweise die Beschäftigten einer Diagnostikabteilung immer wieder vor der Herausforderung, dass Untersuchungstermine vom Chefarzt kurzfristig außerhalb der regulären Dienstzeiten gelegt wurden. Die Arbeitsgruppe „Beruf und Familie“ entwickelte daraufhin unter Beteiligung einer Kollegin dieser Abteilung, ein System der verlässlichen Öffnungszeiten, mit zwei langen und drei kurzen Diensttagen. Der Chefarzt war von der Idee verlässlicher Öffnungszeiten so begeistert, dass er selbst vorschlug, auf einen langen Dienst pro Woche zu verzichten. Die Mittelweser Klinik in Nienburg ist, mit seinen zehn Haupt- und zwei Belegabteilungen, eine 100prozentige Tochtergesellschaft der Rhön-Klinikum AG. Derzeit findet ein Umstrukturierungsprozess statt, mit dem Ziel Kosten einzusparen. Das verunsichert die insgesamt 606 Beschäftigten (81 Prozent Frauen, 47 Prozent Teilzeitbeschäftigte). Durch die Initiative des Betriebsrates, der es sich zum Ziel gesetzt hat, die familienorientierte Arbeits(zeit)gestaltung der Klinik voranzutreiben kam auch der Beratungsprozess zur nachhaltigen Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu Stande. Obwohl die Skepsis unter den Beschäftigten wie auch dem Betriebsrat groß war und die Beteiligten der Arbeitsgruppe „Beruf und Familie“ überrascht waren, „dass unter solch schwierigen Bedingungen einiges möglich ist“, wurde eine Reihe von Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf eingeführt: Eine wichtige Funktion nahm während der ersten Entwicklungsphase die Arbeitsgruppe „Beruf und Familie“ ein, die seit mehreren Jahren existiert und durch engagierte Beschäftigte aus verschiedenen Funktionsgruppen innerhalb der Klinik vertreten wird. Die ersten Beratungsgespräche dienten dazu, Ideen und Vorschläge für familienbewusste Maßnahmen zu sammeln. Die Problemanalyse und die daran anschließende Erarbeitung von konkreten Lösungsoptionen ließen erkennen, dass Probleme in allen drei zentralen betrieblichen Handlungsfeldern bestanden, die es gemeinsam anzugehen galt. Betriebliche unterstützte Kinderbetreuung: Das Krankenhaus verhandelt derzeit mit einem Träger eines Kindergarten über die Einrichtung einer weiteren Gruppe mit erweiterten Öffnungszeiten, die die zeitlichen Bedürfnisse der Beschäftigten besser berücksichtigt. Sollte dies in absehbarer Zeit nicht zum Erfolg führen wurde bereits ein Plan B entwickelt: Die Einrichtung eines Betriebskindergartens in Kooperation mit weiteren Unternehmen aus der unmittelbaren Umgebung. Neben dem Gebäude wurde bereits ein externer Träger gefunden. Derzeit steht die Suche nach adäquaten Fördermitteln ganz oben auf der Agenda. Weiter wird geprüft, ob kommunale Gelder oder Mittel des Bundesfamilienministeriums beantragt werden können. Notfallbetreuung: Parallel zum Ausbau einer regelmäßigen Betreuung verfolgt das Krankenhaus den Plan einer Notfallbetreuung nach dem Vorbild des Kinderparadieses eines großen Möbelhauses. In dieser Einrichtung können sowohl Kinder von Beschäftigten als auch Kinder von Kunden für eine kurze Zeit am Tag unter Aufsicht spielen. Drei Handlungsfelder standen dabei besonders im Fokus: die Regelungen der Arbeitszeit, die Organisation der Arbeit selbst und schließlich die Arbeits- und Betriebskultur, die in den verschiedenen Krankenhausstationen unterschiedlich gelebt wurden. Auch die Bedingungen für Beschäftigte mit Fürsorgetätigkeit unterschieden sich von Station zu Station deutlich voneinander. Daraus wurde 15 Beratungsprozess Die Mittelweser Klinik in Nienburg ist ein Beispiel für die Vielfalt von unterschiedlichen Lösungen, die Bedeutung von Kreativität im Prozess sowie die Wirksamkeit vereinter Energien, mit denen die Stolpersteine auf dem Weg zu einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie beiseite geschoben werden können. Wie hilfreich der Blick von außen dabei sein kann, erfuhr die Arbeitsgruppe „Beruf und Familie“ durch die Beratung: „Da merkt man doch wie betriebsblind die Jahre machen. Dank der Experten und Expertinnen des DGB sehen wir jetzt manche Situation differenzierter.“ Und der Betriebsrat stellt fest: „Veränderungen im Arbeitszeitbereich umzusetzen ist schwierig. Da war es schon hilfreich mit den Kollegen und Kolleginnen vom DGB in fünf Workshops diese Themen aufzuarbeiten. So haben wir viele neue Ideen und Ansätze aufnehmen können. Auf der nächsten Betriebsversammlungen werden wir mit diesem Hintergrund für Veränderungen werben.“ Haushaltnahe Dienstleistungen: Neben Kind-zentrierten Maßnahmen soll es für die Beschäftigten mit Fürsorgetätigkeiten in Zukunft auch möglich sein, die Wäsche waschen zu lassen oder Garten- und Reinigungsarbeiten in Auftrag zu geben. Anbieter dieser Maßnahmen sollen externe Dienstleister sein, mit denen die Klinik bereits kooperiert. Diese Angebote sind dann gegen eine entsprechende Kostenbeteiligung, für weitere Beschäftigtengruppen verfügbar. Steigerung der Mobilität: Da die Klinik außerhalb des Stadtzentrums liegt und viele Beschäftigte weite Anfahrtswege in Kauf nehmen müssen, sind Angebote geplant, die einen Verzicht auf den eigenen PKW attraktiver machen. Zum einen sollen diese Beschäftigten bei Dienstfahrten oder dem Weg vom Bahnhof zur Klinik zu Sondertarifen ein Taxi nutzen können. Zum anderen bemüht sich die Geschäftsführung in Gesprächen mit der Kommune um die Einführung von preiswerten Job-Tickets für den ÖPNV. Kinderessen in der Kantine: Als familienbewusste Maßnahme soll die Nutzung der Betriebskantine ausgeweitet werden. Kinder von Beschäftigten sollen zukünftig die Möglichkeit haben, preiswert zu Mittag essen können. Die entsprechende Verhandlungen zwischen dem Kantinenbetreiber und der Geschäftsführungen stehen kurz vor dem Abschluss. 16 RAG Montan Immobilien GmbH Die RAG Immobilien GmbH hat einen Firmentarifvertrag und zahlreiche Betriebsvereinbarungen mit familienbewussten Aspekten (z. B. eine Gesamtbetriebsvereinbarung zur Arbeitszeit, zu Langzeitkonten und zum betrieblichen Eingliederungsmanagement).Mitte 2011 wurde das Unternehmen als familiebewusster Arbeitgeber mit dem Zertifikat des Audits „Beruf und Familie“ ausgezeichnet. Auf Initiative des Betriebsrates nahm die RAG Montan Immobilien GmbH von Juli bis Dezember 2011 das Beratungsangebot des DGB-Projektes wahr. Nach einer Bestandsaufnahme und Problemanalyse kristallisierte sich heraus, dass ein Beratungsschwerpunkt auf die Ausdehnung flexibler Regelungen von Schichtbeschäftigten gelegt wird. Fast ein Fünftel der Beschäftigten sind gewerbliche Mitarbeiter/-innen, die auch von der Arbeitszeitflexibilisierung der Angestellten profitieren sollen. Arbeiten an verschiedenen Standorten, häufige Dienstreisen und teils lange Anfahrtswege sind Kennzeichen für das mobile Arbeiten im Unternehmen. Durch die Einführung von Telearbeit wurden die Arbeitsbedingungen familienbewusster gestaltet. Die RAG Montan Immobilien mit Hauptsitz in Essen bündelt ein vielseitiges Know-how rund um Immobilien und entwickelt als Full-Service-Anbieter ehemals industriell genutzte Areale zu neuen Standorten. Dazu gehören Gewerbe- und Industrieflächen, Standorte für Photovoltaik- und Windkraftanlagen, moderne Wohngebiete, Einzelhandel-, Grün-, Freizeit- sowie Naherholungsflächen. Seit über 30 Jahren verwaltet das Unternehmen Liegenschaften des RAG-Konzerns. Mit den vier Geschäftsfeldern Entwicklung, Erneuerbare Energien, Umwelt sowie Management betreibt das Unternehmen erfolgreich den Strukturwandel im Ruhrgebiet und Saarland. Einen weiteren Focus legte die Arbeitsgruppe im Beratungsprozess auf die Erweiterung der räumlichen Mobilität, da der Betrieb einen großen Einzugsbereich hat und die Mitarbeiter/-innen teilweise entsprechend erhebliche Fahrzeiten in Kauf nehmen und die Tätigkeiten bei der RAG Montan Immobilien GmbH für viele Beschäftigte häufige Dienstreisen und Außentermine umfassen. Im Verlaufe des Beratungsprozesses wurden zwei Formen des mobilen Arbeitens favorisiert: alternierende Telearbeit für bestimmte Personengruppen und mobiles Arbeiten von zu Hause und unterwegs als Standard für alle. Mobiles Arbeiten Für die Projektarbeit vor Ort sind intensive Kontakte, kurze Wege und eine gute Erreichbarkeit entscheidende Voraussetzungen. Die Büros im Ruhrgebiet und im Saarland fungieren deshalb bei der Zusammenarbeit mit Kunden und Partnern als dezentrale Schnittstellen. Am Hauptsitz in Essen und in den Büros in Dortmund, Essen, Moers und Sulzbach bieten über 300 Beschäftigte ihre Erfahrungen aus zahlreichen realisierten Projekten an. Über zwei Drittel der Beschäftigten sind Männer, die überwiegend in Vollzeit arbeiten. 17 Sicherung der Betriebsabläufe durch eine Abstimmung im Team, Festlegungen von Ausnahmen (operativer Bereich, Forstwirtschaft, Gartenbau, Empfang, Archiv, Azubis, Praktikanten und stud. Hilfskräfte) sowie die allgemeine Übereinkunft möglichst wenige und keine starren Regeln festzulegen. Dabei wird eine Begrenzung des Mobil-Stundenkontingentes auf 16 Stunden pro Monat für Vollzeitbeschäftigte angestrebt (für Teilzeitbeschäftigte jeweils anteilig). Ziel des Beratungsprozesses war neben der Information über und Sensibilisierung für die Vor- und Nachteile mobilen Arbeitens die Erarbeitung einer Betriebsvereinbarung „Mobiles Arbeiten“ und die Initiierung einer Pilotphase. Dabei wurden auch mögliche Umsetzungsschwierigkeiten der Pilotphase Telearbeit besprochen wie z. B. Fragen der Technik und Zugriffsrechte sowie Auswahlkriterien der Beschäftigten für die Pilotphase. Diese Anregungen flossen in die Erarbeitung der Betriebsvereinbarung „Mobiles Arbeiten“ ein, die im Jahr 2012 abgeschlossen wurde. Beratungsprozess Die Treffen der Arbeitsgruppe fanden in einer sehr harmonischen und konstruktiven Diskussions- und Aushandlungskultur zwischen den Betriebsparteien statt. In diesen Diskussionen der Arbeitsgruppe wie auch im Workshop mit Verantwortlichen aus verschiedenen Betriebsbereichen wurden offen Probleme angesprochen und lösungsorientiert diskutiert. Sehr positiv war auch die direkte Anknüpfung an den Auditierungsprozess als familienfreundlicher Arbeitgeber. Dadurch konnte an klare Leitbilder und Zielsetzungen angedockt werden und Synergien zur Umsetzung der Audit-Zielvereinbarungen genutzt werden. Auf einem Workshop zur Telearbeit im September 2011 wurden mit 15 Verantwortlichen aus verschiedenen Bereichen des Unternehmens Erwartungen und Probleme diskutiert. Ein wichtiges Thema war u. a. die Frage, wie verhindert werden kann, dass sich aus der Telearbeit eine Erwartungshaltung der Führungskräfte in Richtung permanenter Verfügbarkeit entwickelt. Wichtig war es den Beteiligten, die Regelungsmaßnahmen zu begrenzen, damit es nicht zu kompliziert wird und dass die Vereinbarungen nicht auf bestimmte Personengruppen beschränkt bleibt, da sie für alle eine Entlastung sein können. Durchweg positiv wurde Telearbeit als Möglichkeit zur Einsparung von Fahrwegen und zum schnellen Reagieren in Notfällen bewertet. Weitere, zu klärende Fragen stellten sich im Workshop heraus: „In dem Prozess zur Umsetzung unserer Ziele im Rahmen des Audits Beruf und Familie wurden wir kompetent vom DGB unterstützt. Die fachliche Beratung sowie der Expertenblick haben uns sehr geholfen.“ (Betriebsratsvorsitzende, Frau Otto) Wie werden Führungskräfte dafür sensibilisiert? Wie werden Abstimmungsprozesse im Team gestaltet? Ist Telearbeit auf allen Arbeitsplätzen praktikabel? Anschließend wurden konkrete Vorschläge für die Umsetzung in der Pilotphase erarbeitet: Höchstgrenze von 16 Stunden Mobile Arbeitszeit pro Monat, über die alle Beschäftigten frei verfügen können, eine sechsmonatige Pilotphase mit anschließender Evaluierung, 18 RKW Kompetenzzentrum Eschborn Mehr mittelfristige Freistellungsmöglichkeiten für Beschäftigte mit Familienaufgaben. Abgrenzung der Anspruchsberechtigten für einen Teleheimarbeitsplatz sowie Transparenz der Kriterien. Entwicklung einer neuen Betriebsvereinbarung Arbeitszeiten und Telearbeit, die um das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf erweitert wurde. Im Rahmen des Beratungsprozesses von November 2011 bis Juli 2012, in denen die Arbeit an Inhalten und Formulierungen der neuen Betriebsvereinbarung im Vordergrund standen, konnten diese Anliegen in konkrete Regelungsinhalte übersetzt werden: eine differenzierte Festlegung der Kernarbeitszeit an den Werktagen, so dass montags und freitags eine um eine Stunde verkürzte Kernarbeitszeit gilt, die Einführung eines Ampelkontos mit fest definierten Höchstwerten für die einzelnen Ampelphasen sowie einem Standardproze„Mitarbeitende können mit der Geschäftsführung eine befristete Teilzeitbeschäftigung in dere zum Form eines Kurzzeit-Sabbaticals vereinbaAbbau von ren. Dazu können Mitarbeitende innerhalb großen Zeiteines Kalenderjahres eine Arbeitsphase in guthaben soVollzeit mit einer Freistellungsphase kombiwie zum Ernieren. kennen von Während der Gesamtzeit werden durchgehend möglichen anteilig Bezüge gezahlt. Die Freistellung erÜberlastsitufolgt für maximal drei Monate, die nicht zuationen, sammenhängend sein müssen.“ (Auszug die EinfühBetriebsvereinbarung Arbeitszeit von 2012) rung eines Kurz-Sabbatical für alle Beschäftigten, um Freistellungen von bis zu drei Monaten pro Kalenderjahr zu ermöglichen, Erhalt von längerfristig befristeten Teleheimarbeitsplätzen insbesondere für Beschäftigte mit besonderen familialen Belastungen. Das RKW Kompetenzzentrum in Eschborn ist eine gemeinnützige Forschungs- und Entwicklungseinrichtung, getragen vom Rationalisierungs- und Innovationszentrums der Deutschen Wirtschaft e.V. Arbeitsschwerpunkte der bundesweit aktiven Einrichtung sind Fachkräftesicherung, Innovation und Existenzgründung sowie die Förderung ausgewählter Branchen (z. B. Bauwirtschaft, Kultur- und Kreativwirtschaft). Zwei Drittel der gut 100 Beschäftigten des RKW Kompetenzzentrums sind weiblich, aufgrund der zunehmenden projektförmigen Arbeit sind etwa 30 Prozent der Mitarbeiter/-innen befristet beschäftigt, ein großer Teil der Beschäftigten hat einen wissenschaftlichen Hintergrund. Der zeitlich befristete und erfolgreiche Beratungsprozess konnte ganz konkrete Ergebnisse erzielen: Die neue Betriebsvereinba„Die Teilnahme an alternierender Telerung zur Arheimarbeit ist freiwillig und steht allen Bebeitszeit wurde schäftigten offen. Teleheimarbeit soll jedoch im Sommer insbesondere gewährt werden, wenn dadurch 2012 zwischen • die Betreuung eines oder mehrerer Kinder im Alter unter 16 Jahren erleichtert wird, Geschäftsfüh• wenn die Pflege eines Angehörigen bzw. rung und Beeiner Angehörigen erleichtert wird.“ triebsrat abge(Auszug Betriebsvereinbarung Arbeitszeit von schlossen und 2012) trat unmittelbar danach in Kraft. Ausgangspunkt für die Teilnahme am Beratungsprozess war das Anliegen, die bestehenden Betriebsvereinbarungen zu den Arbeitszeiten sowie zur alternierenden Teleheimarbeit zusammenzuführen und dabei einige Inhalte zu überarbeiten. Konkrete Anliegen dabei waren: Eine Absicherung flexibler Gestaltungsmöglichkeiten zugunsten von mehr Zeitsouveränität für den/die Einzelnen/Einzelne, ohne dabei die Arbeitsfähigkeit sowie die Kommunikationsprozesse in den verschiedenen Teams zu gefährden. 19 Kreispolizeibehörde Paderborn teilung, Mitgliedern des Personalrates, der Gleichstellungsbeauftragten und einer alleinerziehenden Mitarbeiterin. Im Zuge des Beratungsprozesses führte diese Gruppe als ersten Schritt eine Problemanalyse zur Vereinbarkeit in den einzelnen Dienststellen der Kreispolizeibehörde durch und konnte drei wesentliche Hindernisse identifizieren. Das Grundproblem für die Polizeibeamten und Polizeibeamtinnen bei der Vereinbarkeit von Familien- und Arbeitszeit stellt ein unflexibles Drei-SchichtSystem dar. Hinzu kommen aber auch die geringe Planbarkeit der Arbeitszeiten sowie die Inkompatibilität von Teilzeitbeschäftigung mit dem Schichtdienst. Wie sollte nun mit diesem Ergebnis umgegangen werden? Arbeiten im Schichtdienst, häufig auch am Wochenende und noch dazu außerhalb der Öffnungszeiten von Kinderbetreuungseinrichtungen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gestaltet sich für die 558 Beschäftigten der Kreispolizeibehörde Paderborn nicht einfach. Diese Situation sollte durch die Experten und Expertinnen vom DGB verbessert werden. Neben den Vereinbarkeitsproblemen der vorwiegend Vollzeitbeschäftigten (91 Prozent) Beamten und Beamtinnen sind noch viele weitere spezifische Arbeitsbelastungen festzustellen, die Beschäftigte mit Fürsorgetätigkeiten schnell an die Grenze ihrer Belastbarkeit kommen lassen. Weil nicht mehr davon ausgegangen werden kann, dass hinter jeder/jedem Polizeibeamtin/Polizeibeamten auch ein/-e Partner/-in steht, die/der ganz selbstverständlich die Haus- und Familienarbeit übernimmt, werden Fragen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zunehmend wichtiger. Egal ob sich Beschäftigte alleinerziehend oder mit Partner/-in um die Kinder Zuerst formulierte die Steuerungsgruppe als zentrale Ziele die Verbesserung von Ferien- und Notfallbetreuung sowie eine bessere Passfähigkeit von Teilzeit- und Schichtarbeit (30 Beschäftigte). Um beide Ziele auch angemessen erreichen zu können, wurden die Beschäftigten ins Boot geholt. Im Zuge eines Workshops mit interessierten und betroffenen Beschäftigten konnten deren Schwierigkeiten und Bedürfnisse differenzierter erfasst werden. Als Ergebnis des Workshops wurden vier Handlungsfelder identifiziert: Arbeitszeit: Probleme der täglichen Vereinbarkeit werden insbesondere hervorgerufen durch die starren Zeiten von Arbeitsbeginn und Arbeitsende in den Dienststellen. Kinderbetreuung: Das Angebot an Betreuungsplätzen in Stadt und Region reicht bei Weitem nicht aus, um den Bedarf zu decken. Außerdem passen die Öffnungszeiten der Kinderbetreuungsstätten nicht zu den Arbeitszeiten der Dienststelle. Problematisch ist ebenfalls eine fehlende Betreuung in den Ferienzeiten. Information: Durch fehlende Informationen und fehlende Ansprechpartner/-innen innerhalb der Behörde werden die Polizeibeamten und Polizeibeamtinnen oft mit ihren Problemen allein gelassen. Arbeitsorganisation: Vor allem die Aufgabenzuteilung während der Schwangerschaft wird von den betroffenen Frauen als ein „Abschieben“ auf bedeutungslose Verwaltungsarbeiten (Anlegen von Listen) empfunden. kümmern oder die Pflege für Familienangehörige übernehmen, wächst der Zeitbedarf, wenn Fürsorgearbeiten erledigt werden müssen. Die dienstlichen Rahmenbedingungen entspre„Wir waren schon vorher auf dem chen den gegebeWeg und durch die externe Beranen Lebensrealitung wurden uns neue Impulse täten allerdings gegeben. Am Ziel sind wir aber immer weniger, noch nicht.“ Gleichstellungsbeaufwas den Polizeitragte, Frau Lange beruf nicht nur für die 114 Frauen, sondern zunehmend auch für die 444 dort beschäftigten Männer, sowie potentielle Nachwuchskräfte unattraktiv erscheinen lässt. Darauf gilt es angemessen zu reagieren und nachhaltige Alternativen zu entwickeln. Zu diesem Ergebnis kam auch die Steuerungsgruppe „AG Beruf & Familie“, bestehend aus Direktionsleitung, Verantwortlichen aus der Personalab- Zudem wurde deutlich, dass die Problemlagen nicht in allen Dienststellen gleich waren und dass es stark von der jeweiligen Leitung abhing, welche Möglichkeiten sich den Beschäftigten mit Fürsorgeaufgaben boten. Hier sind die Führungskräfte gefordert, sich stärker zu beteiligen und über die Vereinbarkeitsmöglichkeiten in der Kreispolizei 20 zu informieren. Im Zuge eines weiteren Workshops wurde versucht, diese Sensibilisierung zu erreichen. Mit den Leitern und Leiterinnen von Dienststellen wurde sowohl über die bereits bestehenden Vereinbarkeitsmaßnahmen informiert als auch die Anwendung für betroffene Beschäftigte veranschaulicht. Zudem bot sich die Möglichkeit die Ergebnisse des Workshops mit den Beschäftigten in die Runde einzubringen, wodurch die Diskussion bereichert werden konnte. So stellte sich im Laufe des Pro- tationsstellen eingerichtet, die flexible Arbeitszeiten für die Kinderbetreuung benötigen. Bei der Besetzung dieser familienfreundlichen Rotationsstellen werden auch Pflegende mitberücksichtigt. zesses unter anderem heraus, dass die Relevanz neuer Arbeitszeitmodelle von der Leitungsebene durchaus wahrgenommen wird, entsprechende Maßnahmen aber auf Vorgaben des Landes zur Umsetzung von EU-Richtlinien (Arbeitszeitgestaltung) warten müssen. Ein Ergebnis des Workshops ist die Verbesserung der Kommunikations- und Informationswege, die künftig von der Führungsetage direkt bis zu den Betroffenen führen soll. Nicht zuletzt durch den konstruktiven Workshop ermutigt, wurde vereinbart, das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie in die regelmäßigen Führungskräftetreffen zu integrieren. Damit wurde ein wesentlicher Schritt getan, um dem Thema Vereinbarkeit in der Organisationskultur aller Dienststellen mehr Gewicht zu verleihen. unter bestimmten Voraussetzungen die Dienststelle aussuchen kann, wo sie/er nach längerer Abwesenheit wieder in das Berufsleben startet. Transparenz und Information: Sämtliche Maßnahmen, die die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der Kreispolizeibehörde verbessern, werden in einer Dienstanweisung zusammengefasst. So sind die Möglichkeiten gebündelt und keine Informationen gehen verloren. In dieser Dienstanweisung wird auch die alternierende Telearbeit beschrieben. Telearbeit: Das Verfahren zur Besetzung von Telearbeitsplätzen wird genauso wie die Vergabe der Rotationsstellen über eine jährlich durchgeführte Interessenabfrage geregelt und berücksichtigt die individuellen Bedürfnisse der Bewerber/-innen. Rückkehr nach Familienpause: Beschäftigte mit längeren familiären Auszeiten erhalten die Möglichkeit eines „Wiedereinstiegs auf Probe“. Dies ist eine befristete Maßnahme, bei der sich die/der Beschäftigte Beratungsprozess Im Beratungsprozess wurden folgende Ziele erreicht: Derzeit wird an einer Möglichkeit gearbeitet, die Vielzahl an Informationen zu diesem Themenbereich für alle Beschäftigten anschaulicher und besser zugänglich, um Aktualität und Übersichtlichkeit aller Maßnahmen zu gewährleisten. Rückblickend wurde in kurzer Zeit viel Positives bewirkt und viel Elan für weitere Verbesserungen entwickelt: „Am Ziel sind wir aber noch nicht!“, stellt der Leiter der Kreispolizeibehörde fest. Sensibilisierung auf allen Ebenen: Das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist innerhalb der Behörde stärker in den Fokus gerückt – von den Beschäftigten bis zu den Führungskräften. Einführung einer flexiblen Arbeitszeitregelung für Beschäftigte mit Fürsorgeverantwortung: Es wurden Ro21 Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd, Rheinland Pfalz und zur Telearbeit sind die Belange der Beschäftigten mit Familienaufgaben berücksichtigt. So arbeiten die Beschäftigten der SGD Süd im Rahmen einer Gleitzeitregelung, die bis zu 24 freie Tage pro Jahr ermöglicht. Darüber hinaus verfügt die Behörde über 20 dauerhafte Telearbeitsplätze. In familiären Ausnahmesituationen werden zusätzliche Telearbeitsplätze auch temporär vergeben. Beschäftigte mit schulpflichtigen Kindern, die das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, wird zudem die Möglichkeit eröffnet, an bis zu zehn Arbeitstagen „Ferientelearbeit“ zu leisten. Sensibilisierung zum Thema Vereinbarkeit von Pflege und Beruf durch Workshops mit Führungskräften und betroffenen Beschäftigten sowie eine Palette verschiedener pflegesensibler Maßnahmen. Offen war zu Beginn des Beratungsprozesses, ob die geltenden Dienstvereinbarungen auch den Bedürfnissen von pflegenden Beschäftigten hinreichend gerecht werden. Angesichts der absehbaren demografischen Veränderungen in Deutschland sowie der Altersstruktur, der bei der SGD Süd Beschäftigten, wurde das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Pflege als eine zentrale zukünftige Herausforderung eingestuft. Beim Auftakttreffen der Berater/-innen mit der internen Steuerungsgruppe Die Beschäftigten der SGD Süd können wurde zunächst ihre tägliche Arbeitszeit im Rahmen der die Durchführung Gleit- und Kernarbeitszeiten selbst einer Beschäf- gestalten. Die Kernarbeitszeiten sind wie folgt festgelegt: tigtenbefragung • Mo.-Do.: 9.00 Uhr bis 12.00 Uhr & vereinbart. Ziel 14.00 Uhr – 15.30 Uhr der Befragung • Fr.: 9:00 Uhr bis 12:30 Uhr war, herauszufinden, wie viele Beschäftigte neben ihrer beruflichen Tätigkeit mit der Versorgung/Betreuung von pflegebedürftigen Angehörigen befasst sind und wie sich Beruf, Familie und Pflegeaufgaben bisher vereinbaren lassen. Diese Befragung wurde, inhaltlich begleitet durch das Beraterteam, im Frühjahr 2012 vom Personalreferat durchgeführt. Die SGD Süd ist eine Landesbehörde für das südliche Rheinland-Pfalz mit Hauptsitz in Neustadt an der Weinstraße. Aufgabenschwerpunkt der Behörde ist die Durchführung von komplexen Genehmigungsverfahren aus den Bereichen Gewerbeaufsicht, Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Bodenschutz. Auch die Bereiche Raumordnung, Naturschutz und Bauwesen gehören zum Aufgabenspektrum. Die SGD Süd hat aktuell 560 Beschäftigte, etwas mehr als die Hälfte sind Männer. Mit 70 Prozent ist der Großteil der Beschäftigten in Vollzeit tätig. Ausgangspunkt für die Entscheidung an der Beratung teilzunehmen, war die Erkenntnis von Personalreferat und Gesamtpersonalrat, dass bisher zu wenig darüber bekannt ist, ob und wie die Beschäftigten von eigenen Pflegeaufgaben betroffen sind bzw. wie sie ihre beruflichen Aufgaben und die Pflege bisher schon vereinbaren können. Mehr als ein Viertel aller Beschäftigten nahm an der Befragung teil. Von diesen Befragten waren rund 40 Prozent zum Zeitpunkt der Befragung mit Pflegeaufgaben befasst, weitere 29 Prozent hatten früher schon selbst gepflegt. Vier Fünftel der Befragten berichteten von Vereinbarkeitsproblemen zwischen Beruf und Pflege. Die Behörde hat sich in den letzten Jahren bereits intensiv mit der Verbesserung „Gut zu sehen, dass der von VereinbarkeitsArbeitgeber ein offenes Ohr für möglichkeiten für Bedas Thema Pflege hat.“ (Frau K., schäftigte mit Familipflegende Mitarbeiterin) enaufgaben befasst. Schwerpunkte waren die Arbeitszeitgestaltung, Telearbeit und umfangreiche Maßnahmen der Gesundheitsförderung. In den Dienstvereinbarungen über die Arbeitszeit Die Ergebnisse der Beschäftigtenbefragung unterstrichen die große Bedeutung sowie den Handlungsbedarf hinsichtlich des Themas Beruf und Pflege. 22 Um mehr über die konkreten Bedarfe der Pflegenden zu erfahren, wurde im Mai 2012 ein eintägiger Workshop für Beschäftigte mit Pflegeaufgaben durchgeführt, an dem zwölf Betroffene teilnahmen. Im Rahmen des intensiven Workshops, der großen Zuspruch fand, wurden gemeinsam Wünsche und Gestaltungsvorschläge erarbeitet. Diese richteten sich vordringlich auf das Betriebsklima – d. h. auf die Anerkennung und die Sensibilität, welche pflegenden Beschäftigten innerhalb der Dienststelle entgegen gebracht wird – aber auch auf die konkrete Gestaltung der täglichen Arbeitszeiten sowie die Möglichkeiten zur Telearbeit. Maßnahmen vereinbart, die das Thema behördenintern befördern und unterstreichen sollten. "Familienbewusste Arbeitszeiten schaffen einen gerechten Ausgleich zwischen beruflicher und familiärer Verantwortung". (Frau Kleineheismann, Gleichstellungsbeauftragte, SGD Süd) Dazu gehörten im Einzelnen: Ein Rundschreiben des Präsidenten an alle Mitarbeiter/-innen mit der Ankündigung, die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege zu ermöglichen Durchführung von Informationsveranstaltungen zum Thema Pflege unter Mitwirkung des Pflegestützpunktes Präsentation der Fotoausstellung des Bundesministeriums für Gesundheit „DaSein – ein neuer Blick auf die Pflege“ im Foyer des Hauptgebäudes Ergänzung des Leitfadens für Mitarbeitergespräche um den Themenkomplex Beruf und Pflege Bewerbung der bestehenden Intranet-Seiten zum Thema Beruf und Pflege Erweiterung der Abfrage des Weiterbildungsbedarfes der Beschäftigten um den Themenkomplex Beruf und Pflege Planung eines jährlichen Weiterbildungsseminars für pflegende Beschäftigte im Rahmen der behördlichen Gesundheitsförderung In einem zweiten Workshop mit den Führungskräften wurde mit der Dienststellenleitung, den Abteilungsleitungen sowie Referatsleitungen einen Tag lang über Möglichkeiten zur Erleichterung des Miteinanders von Beruf und Pflege diskutiert. Hier fanden insbesondere die von den betroffenen Beschäftigten selbst formulierten Gestaltungswünsche Gehör. So wurden gemeinsam Vorschläge für die Arbeitszeitgestaltung von Pflegenden erarbeitet und gleichzeitig ein tiefer gehendes Verständnis für die Arbeits- und Lebenssituation von pflegenden Beschäftigten erzielt. In Folge der vielfältigen Analyse- und Diskussionsschritte beschloss die Behörde, „Das hätte ich nie gedacht, die bestehende Dienstdass ich hier nicht die Einzige vereinbarung über die bin!“ (Frau Z., pflegende Arbeitszeit für eine Mitarbeiterin) ergänzende Regelung, die die besondere Vereinbarkeitssituation von Pflegenden berücksichtigt, zu öffnen. Damit wird die Möglichkeit geschaffen, pflegende Beschäftigte von den Kernzeiten der Gleitzeit auszunehmen. In Kürze soll diese neue Regelung durch eine Dienstvereinbarung zwischen Dienststellenleitung und Personalrat umgesetzt werden. Auf Grund der ergebnisorientierten und vertrauensvollen Zusammenarbeit von Personalabteilung, Personalrat und dem Team der Berater/-innen verlief der Beratungsprozess außerordentlich produktiv. Dank der verschiedenen durchgeführten Maßnahmen (Beschäftigtenbefragung, Betroffenen-/Führungskräfteworkshop sowie der breiten Palette an Einzelmaßnahmen) konnte das Thema der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf grundlegend in der Betriebskultur verankert und gezielte Arbeitszeitverbesserungen für pflegende Beschäftigte auf den Weg gebracht werden. Da die Sensibilisierung sowohl der Pflegenden als auch der Führungskräfte für das Thema der Vereinbarkeit von Beruf und Pflege als wichtiges Handlungsfeld erkannt wurde, wurde von der Dienststellenleitung in Zusammenarbeit mit dem Personalreferat ein breites Bündel an 23 Beratung zu familienbewussten Arbeitszeiten Dokumentation guter Beratungspraxis Vereinbarkeit von Familie und Beruf gestalten! Projekt des DGB-Bundesvorstandes Keithstr. 1/3 10787 Berlin