Studienarbeit - Steinbeis-Transfer

Transcription

Studienarbeit - Steinbeis-Transfer
Studienarbeit
Stellenwert der 180°- Bauchlage bei der Behandlung des
akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
Bachelor of Science in Allied Health
Vertiefungsrichtung: Intensive Care Practitioner (ICP)
Jahrgang 2009/2012
Stellenwert der 180°- Bauchlage bei der Behandlung des akuten
Lungenversagens
Verfasser:
Sylvia Köppen
Zeitraum der Studienarbeit:
01.10.2009 bis 31.08.2010
SHB-Prüfer 1:
Dr.med. Ursel Jaghzies
SHB-Prüfer 2:
Dr.rer. medic. Erwin Ludwig
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
Erklärungen
Eigenständigkeitserklärung:
Ich habe die vorliegende Arbeit im Rahmen des Projekt-Kompetenz-Studiums
2009/2012 selbständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Quellen,
Tools und Hilfsmittel benutzt.
Leipzig, den 15.08.2010
Sylvia Köppen
Seite I
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
Inhaltsverzeichnis
Erklärungen ................................................................................................................... I
Inhaltsverzeichnis ......................................................................................................... II
Abbildungsverzeichnis ................................................................................................. IV
Abkürzungen ............................................................................................................... VI
1.
Kurzfassung ........................................................................................................ 1
2.
Einleitung ............................................................................................................ 1
2.1.
Das akute Lungenversagen ................................................................................ 1
2.2 . Geschichte und Definition ................................................................................... 1
2.3.
Epidemiologie und Inzidenz ................................................................................ 4
2.4.
Ätiologie .............................................................................................................. 4
2.5.
Letalität ............................................................................................................... 5
2.6.
Pathophysiologie des ARDS ............................................................................... 5
2.7.
Klinisches Bild des ARDS ................................................................................... 8
3.
Therapie des ARDS ............................................................................................. 9
3.1. Maschinelle Beatmung......................................................................................... 9
3.2. Flüssigkeitsrestriktion ........................................................................................ 10
3.3. Rekrutierungsmanöver....................................................................................... 11
3.4. Selektive pulmonale Vasodilatation und Prostacycline ....................................... 12
3.5. Extrakorporale Membranoxygenierung .............................................................. 14
4.
Bauchlage.......................................................................................................... 16
4.1. Definition und Ziele der Bauchlagerung ............................................................. 16
4.2. Pathophysiologische Grundlagen ...................................................................... 17
4.3. Atmung in Bauchlage ......................................................................................... 18
4.4. O2-Responder-O2-Nonresponder ....................................................................... 19
4.5. Komplikationen der Bauchlage .......................................................................... 20
4.6. Kontraindikationen ............................................................................................. 21
4.7. Studien .............................................................................................................. 22
5.
Modifikationen der Bauchlagerung ..................................................................... 26
5.1. Definition der 135°- Bauchlagerung .................................................................. 27
5.2. Studien .............................................................................................................. 27
6.
Kontinuierliche laterale Rotationstherapie (KLRT).............................................. 30
6.1. Definition der kontinuierlichen lateralen Rotationstherapie (KLRT) .................... 30
6.2. Studien .............................................................................................................. 31
7.
Zusammenfassung ............................................................................................ 33
7.1. Fazit für die Praxis ............................................................................................. 34
Seite II
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
8.
Sylvia Köppen
Bauchlagerung .................................................................................................. 34
8.1. Praktische Durchführung am Universitätsklinikum Leipzig ................................. 34
Quellen-/Literaturverzeichnis ...................................................................................... 36
Seite III
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
Abbildungsverzeichnis
Seite
Abb.1.
Komponenten und Berechnung des „lung injury score (LIS)
3
Abb.2.
CT Aufnahme eines wassergefüllten Schwammes
6
Abb.3.
Modell der Baby-Lunge von Gattinoni et al.
7
Abb.4.
Röntgen – Thorax a p eines ARDS- Patienten.
8
Abb.5.
28- Tage –Überleben von 53 Patienten mit lungenprotektiver oder
konventionellen Beatmung.
10
Abb.6.
Schematische Darstellung der Wirkung von inhaliertem NO
12
Abb.7.
ECMO Therapie auf der Intensivstation unter maximaler Therapie.
14
Abb.8.
Implantiertes pECLA – System
15
Abb.9.
Komplette Bauchlagerung bei Patienten mit schwerem ARDS
16
Abb.10.
Kaplan – Meier Survival Kurve aus der prone–supine II Studie.
25
Abb.11.
Ergebnis der Metaanalyse von Sud et al.
26
Abb.12.
Lagerung eines Patienten mit ARDS in 135°-Bauchlage.
27
Abb.13.
Oxygenierungsverlauf aus der Studie T.Bein
28
Abb.14.
Responderrate 6 Stunden nach Lagerung aus T.Bein
29
Abb.15.
Inzidenz und Schweregrad von Druckstellen und Gesichtsödemen aus
30
T.Bein
Abb.16.
Spezialbett Roto Rest zur kontinuierlichen lateralen Rotationstherapie
(Firma KCI)
31
Seite IV
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
Tabellenverzeichnis
Seite
Tab.1.
Prädilektionsstellen für Ödembildung und Lagerungsschäden
20
Tab.2.
Kontraindikationen zur Beatmung in Bauchlage.
21
Tab.3.
Studiendesign und Ergebnisse von 4 prospektiv- randomisierten
Studien zur Bauchlage
22
Tab.4.
Prädilektionsstellen für Ödembildung und Lagerungsschäden bei der
kontinuierlichen lateralen Rotationstherapie
32
Seite V
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
Abkürzungen
ALI
akutes Lungenversagen ( acute lung injury)
ARDS
acute respiratory distress syndrome
bzw.
beziehungsweise
ca.
circa
ECMO
Extrakorporeale Membrane Oxygenation
EELV
endexspiratorisches Lungenvolumen
FiO2
fraktionelle inspiratorische Sauerstoffkonzentration
FRC
funktionelle Residualkapazität
iNO
inhaliertes Stickstoffmonoxid
IRDS
infant respiratory distress syndrom
KLRT
kontinuierliche laterale Rotationstherapie
LIS
Lung-Injury-Score
NO
Stickstoffmonoxid
O2
Superoxid
PaCO2
arterieller CO2–Partialdruck (mmHg)
PaO2
arterieller O2-Partialdruck (mmHg)
PAP
pulmonalarterieller Druck (mmHg)
PCWP
pulmonalkapillärer Blutdruck (mmHg)
pECLA
pumpenlose extrakorporale arterio-venöse Lungeassist
PEEP
positiver endexspiratorischer Druck (cmH2O)
RASS
Richmond-Agitation-Sedation-Scale
SAPS
simplified acute physiology score
VAP
ventilator-assoziierte Pneumonie
VILI
venitilator-induzierter Lungenschaden
V/Q
Ventilations-Perfusionsverhältnis
vs.
versus
vv ECMO
Veno-venöse Extrakorporeale Membrane Oxygenation
z. B.
zum Beispiel
Seite VI
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
1.
Sylvia Köppen
Kurzfassung
Die Behandlung des akuten Lungenversagens des Erwachsenen hat in den letzten
Jahren aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse erhebliche Impulse erfahren.
Sie umfasst eine Vielzahl von Therapieoptionen, deren primäres Ziel die Verbesserung
des Gasaustausches ist. Hierzu zählt auch die Lagerungstherapie mit ihren
verschiedenen Modifikationen: vollständige Bauchlage (180°) partielle Bauchlage,
(135°) Bauchlage, sowie die kontinuierliche axiale Rotation. Welche auf vielen
Intensivstationen eingesetzt werden. In zahlreichen Studien der letzten Jahre wurde
die Wirkung der Bauchlage bei Patienten mit akutem Lungenversagen systematisch
untersucht. In allen Studien konnte eine Verbesserung der arteriellen Oxygenierung
beobachtet werden, obwohl Aufnahmekriterien sowie Zeitpunkt und Dauer der
Lagerung unterschiedlich waren. Eine signifikante Reduktion der Letalität des akuten
Lungenversagens konnte bis vor kurzem jedoch nicht gezeigt werden. Dies lag
wahrscheinlich an dem geringen Stichprobenumfang der jeweiligen Untersuchungen.
Daher konnten Sud et al. durch Zusammenführen der aktuell verfügbaren Daten in
einer Metaanalyse erstmalig nachweisen, dass die Bauchlage tatsächlich die
Überlebensrate bei Patienten mit einem PaO2/FiO2 < 100 mmHg signifikant verbessert.
Dieses Ergebnis unterstreicht den hohen Stellenwert der Bauchlage bei der
Behandlung des akuten Lungenversagens.
2.
Einleitung
2.1. Das akute Lungenversagen
Unter einem „acute respiratory distress syndrom“ (ARDS) versteht man ein akutes
Versagen der Lunge als Folge eines schweren Traumas, einer Pneumonie oder einer
schweren Allgemeininfektion. Das Krankheitsbild äußert sich durch ein nicht kardial
bedingtes Lungenödem und geht mit einer sauerstoffrefraktären Hypoxämie einher.
Neben den Behandlungsmöglichkeiten im Bereich der Beatmung, des Managements
der Flüssigkeitstherapie und der antiinfektiven Therapie gewinnt die Lagerungstherapie
zunehmend an Bedeutung. In den letzten Jahren wurde eine steigende Anzahl
adjuvanter Therapieansätze in die Klinik eingeführt.
2.2 .Geschichte und Definition
Fünfzehn Jahre nach der Einführung der prolongierten Positivdruckbeatmung bei
intubierten Patienten in Kopenhagen [1] berichteten 1967 Ashbaugh et al. [2] über 12
Seite 1
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
von 272 ateminsuffizienten Patienten, die nicht von der üblichen Therapie und den
Beatmungsformen profitieren. Bei diesen 12 Patienten war nach Trauma (n=7),
Virusinfektion (n=4) und Pankreatitis (n=1) eine schwere Ateminsuffizienz aufgetreten.
Sieben der zwölf Patienten verstarben. Ashbaugh et al. [2] beschrieben, inwiefern sich
die
Ateminsuffizienz
dieser
Patienten
von
der
bei
chronisch
obstruktiven
Lungenerkrankungen, Pneumonie, Asthma, neurologischen Erkrankungen und der
postoperativ auftretenden Ateminsuffizienz unterschieden.
Als klinische Symptome zeigten sich Tachypnoe, sauerstoffrefraktäre Hypoxämie und
eine herabgesetzte Lungencompliance. Parallel hierzu wurden radiologisch bilaterale,
diffuse alveoläre Infiltrate diagnostiziert. Weder die Steigerung der Sauerstoffkonzentration noch Beatmung mit positiv endexspiratorischen Druck (PEEP)
verbesserten die Symptome. Der Beginn der klinischen Symptome war akut. Ashbaugh
et al. [2] erkannten die Ähnlichkeit zum Atemnotsyndrom des Frühgeborenen (engl.
„infant respiratory distress syndrom“ (IRDS)).
Ashbaugh und Mitarbeiter [2] fassten die bei den 12 Patienten beobachteten
Symptome zu einem Begriff
zusammen und wählten Initial den Begriff „Adult
Respiratory Distress Syndrom“, Diese Bezeichnung wurde durch Petty und Ashbaugh
1971 in „Acute Respiratory Distress Syndrome“ umgewandelt [3]. Ashbaugh et al.
führten bei zwei der verstorbenen Patienten eine Funktionsmessung des pulmonalen
Surfactans durch. Sie fanden, dass die Fähigkeit des Surfactans die minimale
Oberflächenspannung zu senken und somit die Alveolen endexspiratorisch zu
stabilisieren, erheblich eingeschränkt war. Histologisch wurden hyaline Membranen in
den Alveolen, Atelektasen und intraalveoläre Blutungen gefunden [2]. In ihrem Bericht
aus dem Jahre 1967 erwähnten Ashbaugh et al., dass die gestörte Surfactanfunktion
mit einem endexspiratorischen Kollaps der Alveolen einhergehen würde, wenn
endexspiratorisch der atmosphärische Druck (0 cmH2O) erreicht werden würde. Sie
vermuteten daher, dass ein positiver endexspiratorischer Druck („positive endexspiratory pressure“ (PEEP)) diesen alveolären Kollaps verhindern und somit die
Oxygenierung verbessen könnte. [2]. Eine prolongierte Beatmung mit PEEP war
damals nicht üblich.
Murray et al. [4] definierten 1988 anhand des „lung injury score“ (LIS) den Schwergrad
des
Lungenversagens.
Sie
unterschieden
zwischen
mildem
bis
schweren
Lungenversagen, anhand der in Abb. 1. dargestellten Kriterien.
Seite 2
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
Abb. 1: Komponenten und Berechnung des „lung injury score (LIS) in Murray et al. [4].
Unter dem Vorsitz von Artigas und Bernard trafen sich 1992, Intensivmediziner und
ARDS- Spezialisten aus Europa und Nordamerika mit dem Ziel, einen internationalen
Konsens über Definition, pathophysiologische Mechanismen, Risikofaktoren, Inzidenz
und Überlebensraten des ARDS zu finden. Man einigte sich zwischen Acute Lung
Injury (ALI) und der schwereren Form, dem Acute Respiratory Distress Syndrome
(ARDS) zu unterscheiden [5]. Die von der Konferenz vorgeschlagene und heute noch
gültige Definition des ARDS umfasst folgende klinische Kriterien: 1. das akute
Auftreten, 2. der PaO2/FiO2–Quotient < 200 mmHg und 3. bilaterale Infiltrate auf den
Röntgen–Thorax-Aufnahmen. „Acute lung injury“ (ALI) ist durch einen PaO2/FiO2
Quotient <300 mmHg definiert. Sowohl beim ALI und ARDS muss eine kardiale
Ursache ausgeschlossen werden: der pulmonalkapilläre Verschlussdruck (pulmonarycapillary-wedge-pressure (PCWP)) ist <8 mmHg oder ein negatives Ergebnis in der
echokardiographischen Untersuchung [5]. Es bleiben die Form der maschinellen
Beatmung und die Höhe des PEEP unberücksichtigt.
1998 wurden in einer zweiten American- European Conference die festgelegten
Kriterien bekräftigt [6].
Seite 3
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
2.3. Epidemiologie und Inzidenz
ALI und ARDS wurden bisher als seltene Krankheitsbilder angesehen. Nach aktuellen
Daten von Rubenfeld et al. [7] beträgt die altersadjustierte Inzidenz in der USA für das
ALI 86 Fälle auf 100 000 Einwohner im Jahr, für das ARDS wurde eine Zahl von 64
Fällen pro 100 000 Einwohner im Jahr evaluiert.
Lewandowski et al. [8] berichteten von einer Inzidenz für das ARDS von 3-109 Fällen
pro 100 00 Einwohner im Jahr und für das ALI 7-32 Fälle pro 100 000 Einwohner im
Jahr 1996 aus dem Großraum Berlin. Die große Spannbreite erklärt sich aus der
Anwendung unterschiedlicher Definitionen des schweren Lungenversagens in den
verschiedenen Studien. Mehrere Untersuchungen wiesen methodische Schwächen
auf. Inzidenzzahlen sind keine epidemiologischen Daten und stellen üblicherweise die
aktuelle Situation einer untersuchten Population dar. Die in einer Region gewonnen
Ergebnisse können auf ein Land oder einen Staat hochgerechnet werden. Es
existieren jedoch ausgeprägte geographische, sozialkulturelle und gesundheitspolitische Unterschiede zwischen den Ländern, in denen die epidemiologische Daten
erhoben wurden [8, 9].
2.4. Ätiologie
Das akute Lungenversagen beschreibt ein Syndrom (Systemkomplex), das durch
verschiedene
ätiologische
Faktoren
hervorgerufen
wird.
Klinisches
Bild
und
pathologisch- anatomische Veränderungen sind bei den meisten Patienten ähnlich.
Das akute Lungenversagen ist durch eine lungengewebsspezifische Reaktion von
Alveolen, Kapillaren und interstitiellem Gewebe mit konsekutiver Hypoxämie,
reduzierter Compliance, Erhöhung des extravaskulären Lungenwassers (ELW),
pulmonaler Hypertonie und intrapulmonaler Rechts-Links-Shunt gekennzeichnet. In der
Pathogenese des ARDS unterscheidet man zwischen einer „direkten“ (z.B.
Pneumonie,
Aspiration,
Inhalationstrauma,
Thorax-/Lungenkontusion)
und
der
„indirekten“ Schädigung der Lunge durch Vorgänge, an denen die Lunge nicht primär
beteiligt ist (z. B. Sepsis, Peritonitis, Pankreatitis, Polytrauma, Massivtransfusion). Die
auslösenden Faktoren sind somit auf eine Vielzahl unterschiedlicher Ursachen
zurückzuführen [10].
Rubenfeld et al. [7] zeigten dass bei 76 % der Patienten eine Sepsis als auslösender
Ursache für das akute Lungenversagen vorlag, wobei die Sepsis meist primär
pulmonal bedingt war (pulmonal 43 %, extrapulmonal 33 %).Die Sepsis ist damit der
größte Risikofaktor für die Entstehung eines akuten Lungenversagens.
Seite 4
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
Bei polytraumatisierten Patienten scheinen mehrere Faktoren (hämorrhagischer
Schock,
Massivtransfusion,
Lungenkontusion,
Fettembolien,
Infektionen)
zusammenzuwirken [11].
2.5. Letalität
Die Letalität des akuten Lungenversagens ist weiterhin hoch. In der Arbeit von
Ashbaugh et al. [2] aus dem Jahr 1967 lag die Letalität bei 42 %. Auch 38 Jahre später
berichteten Rubenfeld et al. [7] und Ware et al. [10] von einer Letalität von 41 %. Aus
diesen Zahlen kann man aber nicht folgern, dass sich die Überlebensrate in den letzten
vier Jahrzenten nicht verändert habe. Ein direkter Vergleich der aktuellen
Letalitätsraten mit denen früherer Jahre ist aufgrund der unterschiedlichen ARDSDefinitionen, dem Studiendesign, der Studienpopulationen und der angewendeten
Therapien nur begrenzt möglich. Zahlen aus spezialisierten Zentren zeigen im
zeitlichen Verlauf eine deutlich bessere Prognose mit einer Überlebensrate von bis zu
70% [8]. Eine besondere Rolle beim Outcome von Patienten mit akutem
Lungenversagen spielt die auslösende Grunderkrankung. Die Letalität des akuten
Lungenversagens im Rahmen eines septischen Prozesses wird in den meisten Studien
wesentlich höher angegeben als die Letalität des ARDS anderer Genese. In mehreren
Studien konnten die höchsten Überlebensraten des ARDS im Rahmen eines
Polytraumas beobachtet werden [11,12].
2.6. Pathophysiologie des ARDS
Die wichtigsten pathophysiologischen Veränderungen beim ARDS betreffen den
Gasaustausch, die pulmonale Hämodynamik und die Lungenmechanik. Eine
Kombination
von
pathogenetischen
Schädigungsmechanismen
ist
für
diese
Veränderungen verantwortlich. Ein „Trauma“ (Trigger) unterschiedlicher Genese führt
über Aktivierung von körpereigenen Kaskadensystemen (Entzündungskaskaden) zur
Bildung und Freisetzung von proinflammatorischen Mediatoren, die über den Blutfluss
das Lungenparenchym beeinträchtigen. Ein frühes exsudatives alveoläres Ödem,
durch Übertritt von Plasmaproteinen, inaktiviert und beeinträchtigt das Surfactansystem
[13]. Der Surfactantmangel führt zu einer Erhöhung der Oberflächenspannung in den
Alveolen, so dass die Alveolen kollabieren und sich Atelektasen ausbilden. In der Folge
kommt es zur Verminderung der pulmonalen Gasaustauschfläche sowohl durch
Atelektasen als auch durch entzündliche Infiltrate. Die Konsequenz ist eine Zunahme
des intrapulmonalen Rechts-Links-Shunts mit sauerstoffrefraktärer Hypoxämie und
Minderung der Lungencompliance. Als Folge der akuten Entzündung entstehen
Gefäßthrombosierungen der kleinen pulmonalen Gefäße, mit der konsekutiven
Seite 5
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
Ausbildung eines pulmonalen Hochdrucks und einer Vergrößerung der alveolären
Totraumventilation. Je nach Schweregrad des akuten Lungenversagens finden sich nur
noch wenige Abschnitte mit normalen Ventilation-Perfusions-Verhältnissen (V/Q).
Pathophysiologisch finden sich Bereiche mit normalem V/Q neben denen mit erhöhtem
intrapulmonalen Rechts-Links-Shunt sowie Arealen mit Totraumventilation [14]. In
diesen Lungenarealen findet nur noch ein sehr eingeschränkter Gasaustausch statt,
der sich ab einer Shuntfraktion > 50% auch durch Erhöhung der inspiratorischen
Sauerstoffkonzentration nicht entscheidend beeinflussen lässt.
Der erhöhte pulmonalvaskuläre Widerstand in dessen Folge sich eine pulmonalarterielle Hypertension ausbilden kann, ist ein wesentliches Symptom für die
hämodynamischen Veränderungen. Pulmonal vaskuläre Obstruktion und Vasokonstriktion sind Ursachen für die Widerstandserhöhung in der Pulmonalstrombahn.
Die treibende Kraft für das pulmonale Ödem ist der pulmonalarterielle Druck. Infolge
der Ödembildung kommt zu einer drastischen Erhöhung des Eigengewichts der Lunge
von durchschnittlich 974 g auf 2590 g. [15]. Das hohe Eigengewicht der Lunge
komprimiert die untenliegenden Areale.
In Rückenlage führt dies vor allem in den dorso- basalen Lungenabschnitten zum
Alveolarkollaps. Das Ausmaß der Atelektasen in diesen Bereichen resultiert in einer
Erhöhung
des
intrapulmonalen
Hypoxämie. Dieser
Rechts-Links-Shunt
und
führt
konsekutiv
zur
Zustand der Lunge ist mit einem wassergetränkten Schwamm
vergleichbar (Abb. 2).
Abb. 2: CT-Aufnahme eines wassergefüllten Schwammes, die verdeutlichen soll, welche
Kompressionskräfte in einer ARDS-Lunge durch das Lungenödem generiert werden.
Abb. von Priv.-Doz. Dr. U. Keske, Radiologische Klinik der Charité, Berlin.
Seite 6
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
Lungenmechanisch kommt es zu einer Reduktion der Compliance des thorakopulmonalen Systems. Bei Patienten mit ARDS pulmonaler Genes (z. B. Pneumonie)
steht
die
Verminderung
der
pulmonalen
Compliance
im
Vordergrund
[16].
Charakteristisch ist die Lungenschädigung beim ARDS/ALI sehr inhomogen. Es liegen
belüftete neben unbelüfteten Arealen. Computertomographische Aufnahmen der
ARDS-Lungen zeigen, dass größere zusammenhängende Verdichtungen vor allem in
den
abhängigen
Lungenabschnitten
auftreten
[17].
Auf
der
Basis
von
computertomographischer Darstellungen von ARDS-Lungen entwickelte Gattinoni et al.
das
Modell
der
„Baby-Lunge“.
Die
Lunge
wurde
nach
der
Art
ihrer
pathophysiologischen Veränderung in die Zonen H = gesund („healthy“) beschreibt die
gesunden Lungenareale, Zone R =rekrutierbar („recruitable“), die durch therapeutische
Maßnahmen wieder für den Gasaustausch rekrutierbaren Lungenareale und Zone
D=krank („diseased“) beschreibt die schwer erkrankten Lungenareale, die nicht oder
nur kurzfristig für den Gasaustausch zurückgewonnen werden können oder erst mit
zunehmender Ausheilung des ARDS am Gasaustausch teilnehmen eingeteilt (Abb. 3).
Normal ventilierte Areale (Zone H) machen bei schwerem ARDS oft nur noch 20-30 %
der ehemaligen Atemoberfläche aus. Demzufolge steht dem erwachsenen ARDSPatienten also nur noch eine „Babylunge“ für den gesamten Gasaustausch zur
Verfügung. Durch eine adäquate Therapie ist es unter Umständen möglich eine
Überführung der Zone R in eine Zone H zu erreichen [18].
Abb. 3: Modell der Baby-Lunge in Gattinoni et al. [18].
Seite 7
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
2.7. Klinisches Bild des ARDS
Das ARDS wird in vier Stadien eingeteilt: Stadium I wird durch das auslösende
Ereignis bestimmt, Sepsis, Schock oder Trauma. Im Laufe der nächsten 12-24 h
entwickelt sich eine schnelle, tiefe Atmung, die zunehmend als Dyspnoe empfunden
wird. Oft wird dieses Stadium erst retrospektiv erkannt. Im Stadium II zeigt sich in der
Blutgasanalyse bereits eine Hypoxämie kombiniert mit einer kompensatorischen
respiratorischen Alkalose. Häufig sind die Patienten zu diesem Zeitpunkt schon
intubiert, so dass man diese beiden Stadien aufgrund subjektiver Symptome des
Patienten nicht voneinander unterscheiden kann. Können Stadium I und II nicht durch
therapeutische Maßnahmen beeinflusst werden, so geht das ARDS in das Stadium III
über.
Trotz
hoher
Beatmungsdrücke
und
hoher
inspiratorischer
Sauerstoff-
konzentrationen kann die schwere Hypoxie nicht beseitigt werden. Durch die immer
mehr zunehmende alveoläre Totraumventilation nimmt nun auch der paCO2 zu und es
entwickelt sich eine respiratorische Globalinsuffizienz.
Radiologisch sind Zeichen des interstitiellen Lungenödems zu erkennen (Abb.4).
Im Endstadium schreitet das Lungenversagen irreversibel fort. Immer höhere
Beatmungsdrücke und inspiratorische Sauerstoffkonzentrationen sind notwendig.
Dieser Ablauf entspricht einem initial exsudativen Stadium, gefolgt von einem
unkontrollierten fibroproliferativen Stadium [10].
Abb. 4: Röntgen – Thorax a p eines ARDS- Patienten.
Deutlich erkennbar sind die beidseits ausgedehnten nicht ventilierten
Lungenareale als Ursache für die ausgeprägte Hypoxämie. Abb. von
Dr. S. Laudi, Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und
Intensivmedizin, Universitätsklinium Leipzig.
Seite 8
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
3.
Sylvia Köppen
Therapie des ARDS
Aufgrund der pathophysiologisch im Vordergrund stehenden Hypoxämie ist die
Sicherstellung einer adäquaten Oxygenierung mit einer–die Lunge möglichst wenig
belastenden–maschinellen Beatmung das primäre Ziel der ARDS- Behandlung.
3.1. Maschinelle Beatmung
Ziel der Beatmung ist die Eröffnung und Stabilisierung von atelektatischen
Lungenarealen mit positivem Atemwegsdruck. Durch die Anwendung von positiv endexspiratorischem
Druck
(PEEP)
kann
häufig
ein
suffizienter
Gasaustausch
sichergestellt werden. Die besondere therapeutische Herausforderung besteht darin,
dass beim ARDS die Lungenbezirke mit unterschiedlich guter Gasaustauschfähigkeit
aneinandergrenzen.
Die notwendigen Eröffnungsdrücke dieser Bezirke sind oftmals sehr unterschiedlich, so
dass beim Einsatz niedriger Atemwegsdrücke atelektatische Lungenareale nicht
rekrutiert oder ventiliert werden. Demgegenüber können zu hohe Atemwegsdrücke die
„gesunde“ Lunge zusätzlich schädigen (Baro- Volutrauma) [20,21].
Es entwickelt sich ein Circulus vitiosus, bei dem die Schwere der Lungenschädigung
eine aggressive Beatmungstherapie erfordert, die jedoch ihrerseits zum Fortschreiten
des Lungenschadens beitragen kann („ventilator induced lung injury“ VILI) [22].
Um die nachteiligen Effekte zu minimieren wurde das Konzept der lungenprotektiven
Beatmung erarbeitet. Dieser Begriff wird für eine Beatmungsstrategie verwendet, bei
der erhöhte PEEP-Werte in Kombination mit kleinen Tidalvolumina (6-8 ml/kg KG ideal)
und einer Begrenzung des Atemwegsspitzendrucks (<30 cmH2O) appliziert werden.
Durch die Anwendung niedriger Tidalvolumina soll die endinspiratorische Überdehnung
von Alveolen mit konsekutiver Parenchymschädigung verhindert werden. Amato et al.
zeigten erstmalig, dass es durch lungenprotektive Beatmung zu einer Reduktion der
Letalität, Inzidenz von Barotraumen sowie eine Verbesserung der Oxygenierung
kommt [23]. In einer großen multizentrischen, randomisierten und kontrollierten ARDS
Network-Studie zur lungenprotektiven Beatmung im Jahre 2000 wurden die Vorteile
von kleineren gegenüber größeren Tidalvolumina bestätigt. Es wurde gezeigt, dass die
Beatmung mit 6 ml/kg berechnetem Körpergewicht versus 12 ml/kg berechnetem
Körpergewicht und die Begrenzung des Plateaudrucks auf ≤30 cm H2O einen
signifikanten Vorteil hinsichtlich der Letalität von Patienten mit akutem Lungenversagen
hat (Abb. 5) [24].
Seite 9
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
Abb. 5: 28-Tage–Überleben von 53 Patienten, die entweder einer Lungenprotektiven (Tidalvolumen 6 ml/kg Idealgewicht, permissive Hyperkapnie bis
80 mmHg, pH bis 7,20) oder einer konventionellen Beatmung zugeführt wurden
in Amato et al.[23].
Eine nach diesen Parametern modifizierte Beatmung geht außerdem mit einer
frühzeitigen Entwöhnung vom Respirator und einer Verringerung der Dauer eines
Multiorganversagens einher [24]. Weitere vorteilhafte Effekte für die Therapie des
ARDS haben sich durch die Beatmung mit einem positiven endexspiratorischen Druck
(PEEP) gezeigt. Der Einsatz von PEEP führt zu einer Rekrutierung minderbelüfteter
Lungenareale
(kollabierte
Alveolen=Atelektasen)
[25],
zur
Vergrößerung
der
funktionellen Residualkapazität (FRC), zur Verbesserung der Lungenmechanik und der
arteriellen Sauerstoffsättigung von ARDS Patienten [26,27].
Die Anwendung des PEEP ist seit Jahrzenten wesentlicher Bestandteil der
Beatmungstherapie des ARDS. Schon bei der Erstbeschreibung durch Ashbaugh et al.
erwies sich die einzelne
Anwendung von PEEP als hilfreich zur Behandlung von
Atelektasen und Hypoxämie [2].
3.2. Flüssigkeitsrestriktion
Pathophysiologisch sind ein erhöhter intravaskulärer hydrostatischer und ein niedriger
onkotischer Druck treibende Kräfte für die Ödembildung bei Patienten mit ARDS und
ALI [28]. Es ist anzunehmen, dass sich durch eine Flüssigkeitsrestriktion und aktiver
Flüssigkeitsentzug ein Lungenödem vermindern und somit die Lungenfunktion und das
klinische Outcome der Patienten verbessern lassen. Dies war lange umstritten, da
hierbei das Risiko einer Reduktion der Herzzeitvolumens und damit einer
Funktionseinschränkung extrapulmonaler Organe besteht. Durch eine aktuelle Studie
des ARDS-Networks wurde der Vorteil der Flüssigkeitsrestriktion an 1000 Patienten mit
Seite 10
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
ALI bestätigt [29]. In dieser Studie wurde bei der Hälfte der Patienten die
Flüssigkeitszufuhr reduziert und die Diurese erhöht, während die Kontrollgruppe mit
einem
liberalen
Flüssigkeitsbilanz
Flüssigkeitsmanagement
in
7
Tagen:
136
therapiert
versus
6992
wurde
ml).
(kumulative
Das
restriktive
Flüssigkeitsmanagement führte zwar zu keiner Verbesserung der Letalität, doch
ergaben
sich
signifikante
Verbesserungen
des
Oxygenierungsindex
(mittlerer
Atemwegsdruck x inspiratorischer Sauerstofffraktion/PaO2), des Lung Injury Score, der
beatmungsfreien Tage (14,6 versus 12,1 Tage) und der Dauer der Intensivbehandlung
(13,4
versus
11,2 Tage).
Es
gab keine Hinweise
auf
Funktionsstörungen
extrapulmonaler Organe, insbesondere keine Häufung von Nierenversagen [29].
3.3. Rekrutierungsmanöver
Ein weiterer therapeutischer Ansatz beim ARDS ist das sogenannte „Open- up- the –
lung“- Konzept (Konzept der offenen Lunge). Dieses Beatmungskonzept besteht formal
aus den Komponenten Wiedereröffnung („Open up the lung“) und Offenhalten („Keep
the lung open“) kollabierter Alveolarkompartimente. Durch kurzzeitige Erhöhung des
Beatmungsdrucks werden Atelektasen eröffnet und durch einen adäquaten PEEP offen
gehalten. Dieses Konzept wurde von Lachmann in die Therapie des akuten
Lungenversagens eingeführt [30]. In der klassischen Form nach Lachmann wird für 1015 Atemzüge der Inspiratorische Druck schrittweise auf 40-60 cm H2O mit einem PEEP
von bis zu 25 cm H2O kombiniert. Anschließend werden Spitzendruck und PEEP
wieder reduziert.
Als
weitere
Variante
werden
Blähmanöver
durchgeführt.
Hierbei
wird
der
Atemwegsdruck über 30 Sekunden kontinuierlich auf etwa 40 cmH2O erhöht [31].
Alternativ lässt sich das Rekruitment von Atelektasen auch durch intermittierende
Seufzer mit einem Plateaudruck von bis zu 45 cmH2O während der maschinellen
Beatmung erreichen [32].
Rekrutierungsmanöver sind vor allem in der Frühphase des ARDS (<72-96 Stunden
nach Diagnosestellung) mit extrapulmonaler Ursache erfolgreich anwendbar. Dabei
sind jedoch mögliche Kontraindikationen zu beachten [16,33].
Durch die Erhöhung des intrathorakalen Druckes kann es zur Verschlechterung des
venösen Rückflusses und damit zum Abfall des Herzzeitvolumens kommen. Dieser
Effekt ist bei Patienten mit eingeschränkter Pumpfunktion bzw. bei intravasalem
Volumenmangel besonders relevant. Zusätzlich ist die Anwendung der erhöhten
Atemwegsdrücke mit einer Überdehnung der ventilierten Lungenareale verbunden.
Rekrutierungsmanöver sollten daher nicht ständig wiederholt werden, vor allem nicht
bei Erfolglosigkeit. Insbesondere bei lungenprotektiv beatmeten Patienten ergeben
Seite 11
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Rekrutierungsmanöver
häufig
keine
wesentliche
Verbesserung
Sylvia Köppen
der
arteriellen
Oxygenierung [33].
3.4. Selektive pulmonale Vasodilatation und Prostacycline
Die Inhalation von niedrigen Konzentrationen von Stickstoffmonoxid (NO) führt zu einer
selektiven Vasodilatation in ventilierten Lungenarealen mit konsekutiver Senkung des
pulmonal-arteriellen Blutdrucks (PAP) sowie zu einer Abnahme des pulmonalen
Rechts- Links- Shunts mit Verbesserung der Oxygenierung durch Blutumverteilung in
gut belüftete Lungenareale (Abb.6). Dieser Effekt ist erstmalig von Rossaint et al. mit
inhaliertem Stickstoffmonoxid (iNO) bei ARDS Patienten nachgewiesen worden [34].
Da iNO sofort bei Kontakt mit Hämoglobin inaktiviert wird, treten keine systemischen
Effekte auf.
Abb. 6: Schematische Darstellung der Wirkung von inhaliertem NO bei Patienten mit
akutem Lungenversagen (modifiziert nach: Hart et al.1999). Bild A: Eine belüftete
Shuntalveole x in Nachbarschaft zu einer ventilierten Alveole y verursacht eine
Oxygenierungstörung mit Abfall der arteriellen Oxygenierung. B: Inhaliertes NO
(schwarze Punkte) bewirkt eine selektive Vasodilatation in ventilierten Lungenarealen mit
der Folge einer Umverteilung des Blutflusses in diese Bereiche. Als Resultat verbessert
sich die arterielle Oxygenierung.
Seite 12
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
Der derzeitige klinische Stellenwert der selektiven pulmonalen Vasodilatation mit iNO
besteht
darin,
als
Notfallmaßnahme
bei
ARDS-
Patienten
mit
ansonsten
therapierefraktärer Hypoxämie zu Verfügung zu stehen. Bei erfolgreicher Anwendung
kann die alternativ als Ultima Ratio in der Behandlung des akuten Lungenversagens
mögliche, aber wesentlich aufwendigere und komplikationsträchtigere extrakorporale
Membranoxygenierung (ECMO) vermieden werden [35]. Nachteilig bei der iNO
Applikation ist, dass ein Anteil von etwa 30% der Patienten mit akutem
Lungenversagen nicht mit einer klinisch relevanten Verbesserung des Gasaustausches
reagieren sowie die Bildung reaktiver Nebenprodukte, die möglicherweise schädigend
wirken können [36]. Eine Alternative zu iNO ist die Verneblung von Prostacyclin oder
von dessen länger wirksamem Analogon Iloprost [37]. Bei der Applikation muss die
Konzentration so gewählt werden, dass es zu keinem nennenswerten Übertritt in den
systemischen Kreislauf kommt. Als Konsequenz der verbesserten arteriellen
Oxygenierung kann in vielen Fällen die Invasivität der Beatmung durch eine Reduktion
von inspiratorischer Sauerstoffkonzentration und des Atemwegsdruckes vermindert
werden. Weder iNO noch die Prostacycline sind derzeit zur Behandlung von
erwachsenen Patienten mit ARDS zugelassen. Die Anwendung ist daher nur als
Heilversuch möglich.
Seite 13
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
3.5. Extrakorporale Membranoxygenierung
Durch die Weiterentwicklung der Herz-Lungen-Maschinen und Membranoxygenatoren
gelang es zu Beginn der 1970er Jahre erstmals, den Gasaustausch bei Patienten mit
schwerstem respiratorischem Versagen extrakorporal zu unterstützen [38].
Das Verfahren der extrakorporalen pumpenbetriebenen
Membranoxygenierung
(ECMO) ist bis heute wegen seiner Komplexität spezialisierten Zentren vorbehalten
(Abb. 7) [39].
Abb. 7: ECMO Therapie auf der Intensivstation unter maximaler Therapie.
Im mittleren unteren Bereich im Bild sind die beiden Pumpen für die Extrakorporale
Membranoxygenierung (ECMO) erkennbar. Abb. von S.Köppen, Poliklinik für
Anästhesie und Intensivmedizin der Charité, Berlin
Die Rationale für den Einsatz solcher Verfahren ist zum einen die passagere
Unterstützung des kritisch eingeschränkten Gasaustausches und zum anderen die
Etablierung
einer
lungenschonenden
Beatmung
[40].
Bei
der
veno-venösen
extrakorporalen Membranoxygenierung (vv ECMO) wird das Blut aus einer oder beiden
Femoralvenen
(Drainagekanülen)
drainiert
und
durch
okklusive
Roller-
oder
Zentrifugalpumpen über Membranoxygenatoren zurück in die V.jugularis interna in den
venösen Kreislauf gepumpt. Durch Variationen der Gas- und Blutflussraten kann der
CO2-und O2-Transfer geregelt werden. Bereits bei einem Blutfluss von 25 % des
Herzzeitvolumens über den extrakorporalen Kreislauf lassen sich eine ausreichende
Decarboxylierung
des
Blutes
und
eine
adäquate
Sauerstoffversorgung
des
Organismus gewährleisten [41].
Seite 14
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
Neben der pumpenbetriebenen vv ECMO wurden in den letzten Jahren pumpenlose
extrakorporale arterio-venöse Unterstützungssysteme ( pumpless extracorporeal lung
assist- pECLA) entwickelt und in den klinischen Alltag eingeführt (Abb.8).
Abb. 8: Implantiertes pECLA–System bei einem Patienten mit akuten Lungen
versagen. Auf der rechten Seite ist die A. femoralis kanüliert, links die V. femoralis.
Der Flusssensor ist zwischen der A. femoralis und dem Membransystem angebracht.
Abb. von S.Köppen, Poliklinik für Anästhesie und Intensivmedizin der Charité, Berlin
Nach Kanülierung der Arteria und Vena femoralis bewirkt die körpereigene arteriovenöse Druckdifferenz in Kombination mit einem Membranoxygenator eine suffiziente
Decarboxylierung des Blutes und eine moderate Steigerung der Oxygenierung [42].
Die Kanülierung der Arteria femoralis kann ischämische Komplikationen induzieren und
erfordert eine sorgfältige Kontrolle. Der Membranoxygenator ist charakterisiert durch
einen sehr geringen Widerstand in Relation zur durchgeleiteten Blutströmung, da es
nur so möglich ist, eine ausreichend hohe Druckdifferenz von ca. 70 mmHg zwischen
Arterie und Vene zu generieren.
ECMO
und
pECLA
unterscheiden
sich
als
System
zur
extrakorporalen
Lungenunterstützung erheblich bezüglich der technischen Voraussetzungen, der
Effekte auf den Gasaustausch sowie im Hinblick auf Komplikationen und Kosten [42].
Nach
derzeitigem
Stand
der
Literatur
ist
der
Einsatz
der
extrakorporalen
Membranoxygenierung als Ultima ratio bei Patienten mit schwerem Lungenversagens
und therapierefraktären Hypoxämie anzusehen [41].
Seite 15
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Bei
einer
ausgeprägten
lungenprotektiver
Hyperkapnie
Beatmung
zunimmt,
mit
ist
begleitender
in
Sylvia Köppen
Azidose,
Kombination
mit
die
unter
moderater
Oxygenierungsstörung die Anwendung der pECLA induziert. Ob pECLA als
unterstützende Maßnahme zur konsequenten Anwendung einer Lungenprotektion
eingesetzt werden kann, ist Gegenstand laufender klinischer Studien.
4.
Bauchlage
In den letzten Jahren hat sich die Bauchlagerung zunehmend als unterstützendes
Konzept bei der Behandlung des akuten respiratorischen Versagens etabliert. In der
Erstbeschreibung berichteten Piehl und Brown im Jahre 1976 über teilweise
dramatische Steigerungen der Sauerstoffversorgung bei Patienten mit respiratorischem
Versagen [43]. In weiteren klinischen Studien wurde durch diese Therapiemaßnahme
in etwa 60-80% der Anwendungen eine klinisch relevante Verbesserung der
Oxygenierung erreicht, welche nachfolgend eine Reduzierung der inspiratorischen
Sauerstoffkonzentration ermöglichte [44,45].
4.1. Definition und Ziele der Bauchlagerung
Bauchlage bedeutet die Umlagerung eines Patienten um 180 Grad von der
Rückenlage (Abb.9).
Abb. 9: Komplette Bauchlagerung bei Patienten mit schwerem ARDS .
Abb. von S.Köppen, Poliklinik für Anästhesie und Intensivmedizin der Charité, Berlin
Primäres Ziel der Bauchlagerung ist die Verbesserung des Gasaustausches. Diese
kann innerhalb von weniger Minuten oder erst nach mehreren Stunden nach Beginn
der Lagerungsmaßnahme eintreten. Eine Vorhersage ob ein Patient schnell, verzögert
Seite 16
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
oder gar nicht von der Bauchlage profitiert, ist nicht möglich. Guerin et al. zeigten in
ihrer Studie aus dem Jahr 2004 einen positiven Effekt der Bauchlagerung auf die
Vermeidung ventilator-assoziierter Pneumonien (VAP). Pro 100 Beatmungstage war
das Auftreten einer VAP mit 2,14 Fällen in der Rückenlagegruppe signifikant häufiger
als in der Bauchlagerungsgruppe mit 1,66 Fällen (p=0,045) [46]. Ein wichtiger Effekt
der Bauchlage ist in diesem Zusammenhang die verbesserte Sekretmobilisation aus
dys- und atelektatischen Lungenkompartimenten [45].
4.2. Pathophysiologische Grundlagen
Der Wechsel von der Rücken- in die Bauchlage führt zu teilweise erheblichen
Veränderungen der Atemphysiologie und der Lungenmechanik. Der ventro-dorsale
Pleuradruckgradient nimmt schwerkraftbedingt von apikal nach basal zu. Der Druck im
Pleuraspalt ist bei aufrechter Körperhaltung in den apikalen Lungenarealen am
stärksten negativ und nimmt nach basal durch das Eigengewicht der Lunge zu. Der
transpulmonale Druck ist demnach in den apikalen Lungenarealen am größten und
nimmt kontinuierlich basalwärts ab. Um Bronchiolen und Alveolen offen zu halten ist
ein bestimmter transpulmonaler Druck notwendig. Wird dieser Wert unterschritten
kommt es zum Bronchiolen- und Alveolarkollaps (Atelektasen). Die Lunge besteht aus
einer Vielzahl von Einheiten. Jede Einheit drückt auf die unter ihr liegende
Lungeneinheit, sodass in Rückenlage der größte Druck
auf den dorsalen
Lungeneinheiten lastet und somit in diesen Bereichen das Verhältnis Luft/ Gewebe am
kleinsten ist. Je flüssigkeitsreicher die Lungeneinheiten sind, desto höher ist auch der
hydrostatische Druck in den dorsobasalen Lungenarealen, sodass diese Lungenareale
durch Kompression ihren Luftanteil verlieren und nur noch aus ihrem Gewebeanteil
(Atelektasen)
bestehen [47,48].
Die klinischen Folgen sind eine erhebliche
Einschränkung der regionalen Ventilation mit konsekutiver Abnahme der funktionellen
Residualkapazität. Diese Lungenareale werden gravitationsbedingt gut perfundiert,
sodass niedrige Ventilations-/ Perfusionsverhältnisse entstehen, es liegt also ein
intrapulmonaler Rechts-Links-Shunt vor. Die beatmungsbedingte inspiratorische
Erhöhung des intrathorakalen Drucks in den gut belüfteten ventralen Lungenarealen
führt zu einer Verminderung der regionalen Perfusion. Die klinischen Folgen sind lokal
erhöhte Ventilations-/Perfusionsverhältnisse (VA/Q), das heißt eine Zunahme der
Totraumventilation
mit
konsekutiver
Verschlechterung
des
pulmonalen
Gasaustausches [49]. Außerdem kann eine Überblähung belüfteter Areale den
bestehenden
Lungenschaden
weiter
vergrößern
und
damit
einen
beatmungsinduzierten Lungenschaden herbeiführen (VILI).
Seite 17
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
4.3. Atmung in Bauchlage
Bauchlagerung führt zu einer Verringerung des Pleuradruckgradienten und daraus
resultierend zu einer Homogenisierung der regionalen Belüftung. Das bewirkt einen
ausgeprägten
Anstieg
des
PaO2/FiO2
Verhältnisses.
Die
Reduktion
des
Pleuradruckgradienten in Bauchlage wird häufig von einer Veränderung der
Lungenmechanik begleitet. Die Bauchlage bewirkt jedoch nicht regelhaft eine echte
Zunahme
des
Verbesserung
endexspiratorischen
des
Lungenvolumens
Gasaustausches
nicht
(EELV),
ausschließlich
auf
so
dass
die
Grundlage
der
Rekrutierung kollabierter Areale bei gleichbleibender Belüftung zurückzuführen ist.
Vielmehr führt die zeitgleiche Verringerung der Überblähung noch belüfteter Areale zu
einer Verbesserung des Gasaustausches [50]. Bei gleichbleibenden Gesamtvolumen
der Lunge kommt es so zu einer homogeneren Verteilung der Belüftung, einer
Verbesserung
des
Ventilations-Perfusions-Verhältnisses
und
konsekutiv
zur
Verbesserung des Gasaustausches. Die regionale Verteilung des endexspiratorischen
Lungenvolumens (EELV) und der funktionellen Residualkapazität (FRC) werden
optimiert [51].
In vielen Fällen findet sich jedoch während der Bauchlage auch ein absoluter Anstieg
des
endexspiratorischen
Lungenvolumens
(EELV)
oder
der
funktionellen
Residualkapazität (FRC), wie beispielweise von Guerin et al. berichtet [52].
Von
Bedeutung
sind
auch
die
lagerungsabhängigen
Veränderungen
der
Lungenmechanik. Beim Wechsel der Körperlage aus der vertikalen in die horizontale
Position kommt es zu einer Reduktion der Thoraxwandcompliance und einer
Verbesserung
des
Gasaustausches
unabhängig
vom
endexspiratorischen
Lungenvolumen [53]. Die Ursache der reduzierten Thoraxwandcompliance ist durch
eine Abnahme der Beweglichkeit des Zwerchfells oder des knöchernen Thorax
bedingt. Bei korrekt durchgeführter Bauchlage kommt es, nicht zu einem Anstieg des
intraabdominellen Drucks, daher ist von einer unveränderten Zwerchfelldehnung/ oder
elastizität auszugehen. Die Ausdehnung des knöchernen Thorax ist in Bauchlage
deutlich behindert. Die knorpligen, beweglichen Anteile des Brustkorbs werden in
Bauchlage auf der Matratze gelagert und durch das Eigengewicht des Patienten in
ihrer physiologischen Beweglichkeit behindert. Der Verlust an Elastizität des Thorax
kann aber weder durch die nun oben liegende, aber von Natur aus steife und wenig
bewegliche Wirbelsäule noch durch die Gelenke der Rippen ausgeglichen werden. Es
kommt zu einer Reduzierung der Elastizität des Brustkorbs, die Compliance sinkt, der
Thorax wird steifer. Diese Veränderungen sind auf die Thoraxwand beschränkt. Die
Compliance der Lunge und des gesamten respiratorischen Systems, bestehend aus
Lunge und Thoraxwand, bleiben unverändert. Es wird angenommen, dass die
Seite 18
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
Abnahme der Thoraxwandcompliance eine Umverteilung des Tidalvolumens hin zu
den abhängigen und zwerchfellnahen Lungenarealen bewirkt, und somit die regionale
Belüftung verbessert und den Gasaustausch optimiert [54]. Möglicherweise zeigen
Patienten mit schon in Rückenlage eingeschränkter Thoraxwandcompliance nur einen
geringeren Effekt auf den Gasaustausch durch die Bauchlage. Ursache dafür ist das
durch die Lagerung es zu keiner weiteren Abnahme der Thoraxwandcompliance
kommt [53]. Untersuchungen an ARDS-Patienten zeigten, dass die homogenere
Belüftung nicht nur zu einer Zunahme des PaO2 führt, sondern über die Reduktion der
exspiratorischen Flusslimitierung eine Vermeidung eines intrinsischen PEEP und damit
eine Abnahme der Überblähung und der Totraumventilation sowie eine Reduktion des
arteriellen CO2-Partialdrucks bewirkt [50].
Durch eine verbesserte Drainage pulmonaler Sekrete, die Homogenesierung der
Belüftung der Lunge und eine Verkürzung der Beatmungsdauer könnte es zu einer
Reduktion der Inzidenz ventilator-assoziierter Pneumonien (VAP) durch die Bauchlage
kommen.
4.4. O2-Responder - O2-Nonresponder
Die Gründe für das Ausbleiben einer Oxygenierungsverbesserung bei etwa 20- 30%
der Patienten, den sogenannten Nonrespondern, werden auf verschiedene Ursachen
zurückgeführt. Die Wirkung der Bauchlage beruht auf der Homogeniesierung des
Ventilations-Perfusionsverhältnisses. Die Bauchlagerung ist bei Patienten in der
Frühphase des akuten Lungenversagens, die einen hohen intrapulmonalen RechtsLinks- Shunt infolge dorsobasaler Atelektasen aufweisen, effektiver als in den späteren
Phasen des Krankheitsverlaufs [55]. Die Rekrutierbarkeit von atelektatischen Arealen
ist Grundvoraussetzung für einen Therapieerfolg [56,57]. Dies erklärt auch, warum
Bauchlagerung bei Patienten mit Lungenfibrose keine zielführende Therapie ist [55].
Eine höhere Effizienz der Bauchlagerung ist bei Patienten mit extrapulmonal
verursachtem (sekundärem) akutem Lungenversagen im Vergleich zu einem primär
pulmonal bedingten Lungenversagen beobachtet worden [58]. Die positiven Effekte der
Bauchlagerung traten bei Patienten mit sekundärem akuten Lungenversagen
wesentlich rascher ein, das heißt innerhalb einer halben Stunde, mit einem
Plateaueffekt nach etwa zwei bis vier Stunden [59,60]. Bei Patienten mit pulmonal
bedingtem akutem Lungenversagen erfolgt die Verbesserung der Oxygenierung
kontinuierlich über einen Zeitraum von mehreren Stunden [61]. Die Ursachen für die
unterschiedlichen
Zeitabläufe
sind
in
der
Pathophysiologie
begründet.
Beim
sekundären Lungenversagen bestimmen Kompressionsatelektasen das Krankheitsbild.
Diese sind durch eine Optimierung des transpulmonalen Drucks leichter zu rekrutieren.
Seite 19
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
Beim pulmonalen Lungenversagen steht die Konsolidierung des Lungenparenchyms
im Vordergrund. Die betroffenen Areale sind schwerer zu eröffnen und zu belüften [16].
Ob die Effekte der Bauchlagerung auch in Rückenlage anhaltend sind, hängt vom
kritischen
Verschlussdruck
der
eröffneten
Alveolarkompartimente
ab.
Der
Rekrutierungseffekt der Bauchlage ist eng mit dem Beatmungskonzept verbunden [62].
Bisher gibt es keine Studien die einen eindeutigen Zusammenhang zwischen dem
Effekt der Bauchlage auf die Oxygenierung und der Krankheitsdauer zeigen.
4.5. Komplikationen der Bauchlage
Bauchlage kann zu einigen vermeidlichen Komplikationen führen. Neben der
akzidentellen Entfernung von Endotrachealtuben, zentralen Venenkathetern und
Ernährungssonden (ca. 1-2%) stellen Hautulzerationen an dem Auflagestellen der
Patienten eines der häufigsten genannten Probleme dar (ca. 20%). Sud et al. fanden in
ihrer Metaanalyse (sechs Studien mit n=504 Patienten) durch Bauchlage einen
signifikanten Anstieg des Risikos zur Entwicklung von Hautulzerationen an exponierten
Körperregionen und zur Ausbildungen von Ödemen im Gesichtsbereich (ca. 20 - 30 %)
(Tab. 1).
Ödeme
Duckulzerationen
Gesichtsbereich
Gesichtsbereich: Stirn, Nase, Kinn
Augenlider, Corneae
Thoraxwand
Zunge Lippen
Knie, Tibiavorderkante
Tab. 1: Prädilektionsstellen für Ödembildungen und Lagerungsschäden in Bauchlage [54].
Hämodynamische oder respiratorischen Instabilitäten traten nicht signifikant häufiger in
der Bauchlage auf [63]. Dyskoordination zwischen Beatmungsgerät und Patient sind
häufig auf eine unzureichende Sedierung zurückzuführen. Herzrhythmusstörungen und
Nervenschäden wurden in einzelnen Untersuchungen beobachtet. Einmalig wurde ein
septischer Schock und eine infektiöse corneale Ulzeration beobachtet [59]. Mit
Ausnahme des Auftretens von Drucknekrosen und Sekretverlegungen wurden in
größeren, randomisierten, kontrollierten Studien keine Häufung von unerwünschten
Effekten beobachtet [64,65,66,67]. Die Vermeidung von Hautulzerationen in Bauchlage
erfordert eine hohe Aufmerksamkeit und Kompetenz der betreuenden Pflegekräfte bei
der Durchführung der Lagerung. Das Risiko von Lagerungsschäden ist unter Einsatz
von
vasopressorischen
Substanzen
(Katecholaminen)
deutlich
erhöht
[68].
Befürchtungen hinsichtlich des Auftretens von vermehrten Komplikationen durch die
Seite 20
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
Bauchlagerung scheinen nicht gerechtfertigt zu sein. Studien mit dem Ziel der
Erhebung genauer Zahlen fehlen bis zum jetzigen Zeitpunkt.
4.6. Kontraindikationen
Absolute Kontraindikationen für die Bauchlage sind selten und ergeben sich aus den
Spezifika des Verfahrens. Patienten mit lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen
sollten nicht auf den Bauch gelagert werden. Beim Vorliegen einer akuten zerebralen
Läsion mit erhöhtem intrazerebralem Druck kann die Bauchlage einen weiteren Anstieg
des intrazerebralen Drucks auslösen und eine Reduktion der zerebralen Perfusion
bewirken. Allerdings kann die durch die Bauchlagerung induzierte Verbesserung des
pulmonalen
Gasaustausches
Polytraumatisierte
Patienten
die
mit
zerebrale
instabiler
Oxygenierung
Wirbelsäule
steigern
und/oder
[69].
unversorgten
Gesichtstrauma sollten aus Sicherheitsgründen nicht auf den Bauch gelegt werden
[70]. Sämtliche Kontraindikationen leiten sich aus den Ein- und Ausschlusskriterien der
publizierten Studien her (Tab. 2). Ihre tatsächlichen Nachteile hinsichtlich der
Kombination mit der Bauchlage wurden bisher nicht sicher nachgewiesen. Von diesen
Kontraindikationen kann daher im Einzelfall nach Abwägung von Nutzen und Risiko
und nach Absprache mit den beteiligten Fachdisziplinen abgewichen werden.
Kontraindikation
Kommentar
Instabile Wirbelsäule
Absolute Kontraindikation
Extensionsbehandlung
Unpraktikabel
Instabile Frakturen, z.B. Thorax
Relative Kontraindikation:
Unterschiedliche Meinungen unter
Unfallchirurgen
Schädel- Hirntrauma mit erhöhtem
intrakraniellen Druck
Relative Kontraindikation: Entscheidung
nach Ätiologie, Art, Ausmaß und
Monitoring
Instabile Hämodynamik, z.B. Schock oder
Herzrhythmusstörungen
Relative Kontraindikation: Erschwerte
kardiopulmonale Reanimation
Tab. 2: Kontraindikationen zur Beatmung in Bauchlage, modifiziert nach Bein. T. [71].
Die Bauchlagerung bei stark übergewichtigen Patienten stellt eine besondere
Herausforderung dar. Die korrekte Ausführung der Bauchlagerung ist bei diesen
Patienten
Grundvoraussetzung
dafür,
dass
optimale
Bedingungen
für
eine
Verbesserung der Lungenfunktion geschaffen werden, aber auch Lagerungsschäden
vermieden
werden.
Die
Lagerung
adipöser
Patienten
ist
im
Vergleich
zu
normalgewichtigen Patienten mit einem höheren Kraft-und Zeitaufwand verbunden.
Seite 21
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
Der Personalbedarf muss sich am Gewicht des Patienten orientieren, andererseits
dürfen sich die Helfer nicht gegenseitig behindern.
4.7. Studien
In zahlreichen Studien wurde nach Parametern gesucht, welche die Wirkung der
Bauchlage prognostizieren könnten. Vermehrten positive Reaktionen (Responder)
stehen ausbleibende Reaktionen (Non- Responder) gegenüber [56, 59, 72,73]. Für die
klinische Routine anwendbare prädiktive Faktoren, für Erfolg oder Misserfolg der
Lagerungstherapie sind zurzeit nicht verfügbar. Bei der überwiegenden Mehrheit der
Patienten mit akuten Lungenversagen führt die Bauchlagerung zu einer klinisch
bedeutsamen Verbesserung der Oxygenierung [64]. Der positive Effekt der
Bauchlagerung auf den Gasaustausch kann unmittelbar (≤30 min) oder mit einer
Verzögerung bis zu 12 Stunden eintreten [57, 74,75]. Bei Nicht - Ansprechen während
der ersten Bauchlagerung kann eine Wiederholung Erfolg versprechend sein [64,76].
Mehrere Zyklen intermittierender Bauchlage und Rückenlage ergeben einen
nachhaltigen Effekt auf die Besserung der Oxygenierung in Rückenlage [64,77]. Für
die Bauchlage liegen vier große, prospektiv-randomisierte, kontrollierte Multicenterstudien vor (Tab. 3). Die
Ergebnisse der einzelnen Studien sind durch
verschiedene Aspekte des Studiendesigns limitiert.
Gattinoni
2001
[64]
Guerin 2004
[65]
Mancebo 2006
[66]
Taccone 2009
[78]
Rl vs. BL
Rl vs. BL
Rl vs. BL
Rl vs. BL
Patienten
152 I 152
387 I 413
60 I 76
174 I 168
Kriterium
PaO2 / FiO2
< 300
PaO2 /FiO2
< 300
PaO2 / FiO2
< 200
PaO2 /FiO2
< 200
Stunden BL/d
7h
8h
20 h
18 h
Tidalvolumen
10 ml/kg
8-10 ml/kg
8 ml/kg
8 ml /kg
10 cm H2O
8 cm H2O
8 cm H2O
5- 24 cm H2O
Oxygenierung
↑↑
↑↑
↑
↑↑
Komplikationen
↑
↑
Ø
↑
PEEP
Tab. 3: Studiendesign und Ergebnisse von 4 prospektiv- randomisierten Studien zur Bauchlage bei
akutem Lungenversagen [64, 65, 66, 78]. RL, Rückenlage; BL, Bauchlage; PaO2, arterieller
Sauerstoffpartialdruck; FiO2, inspiratorische Sauerstoffkonzentration; PEEP, positiv-endexspiratorischer
Druck; ↑↑, stark erhöht; ↑erhöht; Ø nicht untersucht.
Seite 22
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
In einer Studie von Gattinoni et al. (prone –supine study I) wurden 304 Patienten mit
ALI oder ARDS untersucht [64]. Für die in die Bauchlage randomisierte Gruppe
(n=152) wurde laut Studienprotokoll eine tägliche Bauchlagerung von ≥ 6 Stunden über
einen maximalen Zeitraum von 10 Tagen vorgesehen. Ob der Patient tatsächlich in
Bauchlage verbracht wurde, hing auch von dem Ergebnis einer Blutgasanalyse vor
dem Manöver ab. Erfüllte der Patient die Kriterien für ein ALI oder ARDS, wurde die
Lagerungsmaßnahme durchgeführt, wenn nicht, wurde darauf verzichtet. Die Dauer
der Bauchlage wurde durch den behandelnden Arzt bestimmt. Anhand dieses
Protokolls wurden die Patienten im Mittel täglich für 7±2 Stunden auf den Bauch
gelagert. Bei der Untersuchung der Effekte auf den Gasaustausch fanden die Autoren
eine signifikante Verbesserung der Oxygenierung gegenüber der nur auf dem Rücken
gelagerten Gruppe. Bei der Untersuchung der Letalität gab es jedoch keinen
Unterschied. Nur im Rahmen einer post-hoc Analyse ihrer Untersuchung fanden
Gattinoni
et
al.
für
bestimmte
Patienten
einen
Zusammenhang
zwischen
Lagerungsform und Letalität am Tag 10 nach Studieneinschluss. Patienten mit einer
Beatmung mit hohen Tidalvolumina, einen SAPS > 49 Punkten oder einem PaO2/FiO2
< 89 mmHg profitierten von der Bauchlagerung und hatten ein signifikant höheres
Überleben. Dieser Effekt war zu späteren Untersuchungszeitpunkten nicht mehr
nachweisbar. Ein Problem dieser Studie war die hohe Anzahl der Protokollverstöße.
Zwölf Patienten wechselten wegen schwerer Hypoxämie in die Bauchlagerungsgruppe.
Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass mehrere beteiligte Zentren bis zur Studienteilnahme
die Bauchlage noch nie genutzt und somit keine Erfahrung in der Anwendung dieses
Manövers hatten [64].
In der Studie von Guerin et al. war für die Teilnahme eine einjährige Erfahrung mit der
Bauchlage Voraussetzung [65]. Es wurden 800 Patienten mit einem höchstens 48
Stunden bestehenden ALI oder ARDS eingeschlossen. Die Beatmungseinstellung
wurde durch den behandelnden Arzt festgelegt. Die Patienten, die für die
Bauchlagerungsgruppe randomisiert wurden, lagen für wenigstens acht Stunden am
Tag auf dem Bauch. Im Studienprotokoll gab es definierte Kriterien zur Verbesserung
des Gasaustausches, wurden diese erreicht, beendete man die Bauchlage. Auch in
dieser Studie gab es einen signifikanten Anstieg des PaO2/FiO2 durch das
Lagerungsmanöver. Es gab jedoch auch hier keinen statistisch signifikanten
Unterschied bei der Letalität. In dieser Studie gab es 81 Patienten (21%), die für die
Rückenlagegruppe randomisiert wurden, aber aufgrund einer akuten Hypoxämie auf
den Bauch gelagert wurden. Die mittlere Lagerungsdauer von acht Stunden pro Tag
war relativ gering.
Seite 23
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
Mancebo et al. führten die dritte Studie durch [66]. In diese Untersuchung wurden
aufgrund
erheblicher
Probleme
bei
der
Rekrutierung
nur
136
Patienten
eingeschlossen, die im Mittel ein seit 1,04 ± 1,3 Tagen bestehendes ARDS hatten. Im
Gegensatz zu den vorherigen Studien untersuchte man Patienten mit einem ALI nicht.
Die maschinelle Beatmung richtete sich nach den Vorgaben der lungenprotektiven
Beatmung. Die 76 Patienten, die in die Bauchlagerungsgruppe randomisiert wurden,
lagen im Mittel 17 Stunden pro Tag über einen mittleren Zeitraum von 10,3 Tagen auf
dem Bauch. Dies führte wieder zu einer signifikanten Steigerung der Oxygenierung.
Die
Verbesserung
Beatmungsinvasivität
des
PaO2/FiO2
zu
wurde
reduzieren,
so
hier
allerdings
dass
die
genutzt,
Patienten
um
die
in
der
Bauchlagerungsgruppe nicht nur einen besseren Gasaustausch, sondern auch eine
niedrige FiO2, niedrige inspiratorische Plateaudrücke und niedrige PEEP Werte
aufwiesen. Die Letalität während des Aufenthalts auf der Intensivstation war zwar
durch die Bauchlage geringer, jedoch war dieser Unterschied statistisch nicht
signifikant. (Rückenlagerungsgruppe 58% Bauchlagerungsgruppe 43%). Auch in dieser
Studie ergeben sich aufgrund der niedrigen Patientenzahl Einschränkungen in der
Bewertung der Ergebnisse. In einer Regressionsanalyse wurde die Rückenlage als
unabhängiger Risikofaktor für das Versterben identifiziert. Protokollverstöße waren
eher selten. Nur 5 der 60 Patienten (8%) aus der Kontrollgruppe wurden aufgrund einer
schweren Hypoxämie auf den Bauch gelagert. Insgesamt ergaben sich aber Hinweise,
dass durch Optimierung des Verfahrens mit längeren Liegezeiten in Bauchlage, die
Anwendung einer lungenprotektiven Beatmung mit Reduktion der Beatmungsinvasivität
ein Überlebensvorteil entstehen könnte.
In der aktuell randomisierten Studie von Taccone et al. (prone-supine study II) wurden
342 Patienten eingeschlossen, die ein höchstens 72 Stunden bestehendes ARDS
hatten [78]. Die 168 Patienten der Bauchlagerungsgruppe wurden für 20 Stunden am
Tag auf den Bauch gelagert. Die Anwendung eines standardisierten lungenprotektiven
Beatmungsprotokolls,
eine
deutlich
verlängerte
Bauchlagerungszeit
und
die
Vermeidung von Protokollverstößen führte ebenfalls zu keiner Reduktion der Letalität.
In der vordefinierten Subgruppe mit schwerer Hypoxämie zeigte sich aber ein positiver
Trend bei der Letalitätsrate (Abb. 10). Ein Problem dieser Studie ist der späte Zeitpunkt
des Einschlusses, ein früherer Beginn des Lagerungsmanövers hätte effektiver sein
können [78].
Seite 24
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
Abb. 10. Kaplan–Meier Survival Kurve aus der prone–supine II Studie. Gesamte Population und
Patienten mit moderater und schwerer Hypoxämie [78].
Zusammenfassend ergab sich damit in den dargestellten kontrollierten Studien kein
Überlebensvorteil der Bauchlage auf die Letalität bei Patienten mit akutem
Lungenversagen von durchschnittlichen Schweregrad.
In der Mehrheit der Studien ergab sich aber ein Trend für eine verbesserte
Überlebensrate gerade bei Patienten mit schwerster Hypoxämie, ohne dass dieser
Effekt statistisch signifikant war.
Besonders deutlich zeigte sich dies in der Studie von Taccone et al. [78].
Es stellt sich daher die Frage nach den Gründen für diesen Umstand. Möglicherweise
haben die erwähnten Mängel die Aussagekraft der Studienergebnisse beeinflusst.
Wahrscheinlicher
ist
jedoch
eine
Auswirkung
des
verhältnismäßig
kleinen
Stichprobenumfangs. Dieser beeinflusst den sogenannten ß-Fehler, das heißt einen
tatsächlichen
Unterschied
nicht
als
signifikant
zu
erkennen
[79].
Die
Wahrscheinlichkeit, einen solchen ß-Fehler zu vermeiden, wird als statistische Power
bezeichnet. Die Anforderungen bei der Studienplanung sind allgemein, die
Stichprobengröße so auszulegen, dass die statistische Power für den Zielparameter
mindestens 80 % beträgt. Konkret soll die Problematik kurz am Beispiel der Studie von
Tacone et al. [78]. erläutert werden. Die 28-Tages-Überlebensraten betrugen in dieser
Studie bei Patienten mit ARDS und schwerer Hypoxämie nach Anwendung von
Bauchlage 37,8% und bei alleiniger Rückenlage 46,1%. Dabei wurden zwei
Patientengruppen von jeweils n=75 Patienten miteinander verglichen und der
Unterschied war nicht signifikant. Die Studie besaß jedoch keine ausreichende
statistische Power, sodass der Unterschied möglicherweise fälschlich nicht signifikant
erkannt wurde. Wie eine theoretische Berechnung zeigt, benötigt man beispielsweise
Seite 25
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
n=302 Fälle pro Vergleichsgruppe, um einen Unterschied in der Letalitätsrate zwischen
30% und 40% mit einer statistischen Power von 80% nachweisen zu können [79 ], also
wesentlich mehr als von Taccone et al. [78] untersucht wurden.
Um den Einfluss einer zu geringen Stichprobengröße auf die Aussagekraft von Studien
zur gleichen Fragestellung zu vermindern kann man diese in einer Meta- Analyse
zusammenfassen.
Entsprechend
wurden
die
aktuellen
Studienergebnisse
zur
Anwendung der Bauchlage von Sud et al. zusammengeführt, wobei Daten von
insgesamt n=555 ARDS-Patienten mit schwerer Hypoxämie zusammengefasst werden
konnten (Bauchlage: n=295; Rückenlage: n=260) [80]. In dieser Meta- Analyse
reduzierte die Bauchlage signifikant die Letalitätsrate bei Patienten mit ARDS und
einem PaO2/FiO2 <100 mmHg (Abb. 11). Damit ist erstmals der Nachweis der
Wirksamkeit der Bauchlage auf das Überleben von ARDS-Patienten mit schwerster
Gasaustauschstörung gelungen.
Abb. 11: Signifikanter Vorteil der Bauchlage hinsichtlich der Überlebensrate von ARDS Patienten mit
schwerster Hypoxämie als Ergebnis der Metaanalyse von Sud et al. [80]; n/N: Überlebende/ Gesamt.
5.
Modifikationen der Bauchlagerung
Eine Modifikation der Bauchlagerung besteht in der inkompletten Bauchlagerung oder
überdrehten Seitenlage. Die komplette Bauchlagerung ist mit einer niedrigeren
Inzidenz von Komplikationen verknüpft und ist bei entsprechender Routine und
Erfahrung kein aufwändiges Verfahren [64, 81]. Viele Pflegekräfte und Ärzte
bevorzugen die modifizierte, 135°-Bauchlage unter der Vorstellung, mögliche
Nebenwirkungen zu vermeiden. Die einfachere Durchführung, die möglicherweise
geringere Belastung für den Patienten und die daraus resultierenden Möglichkeit zur
Reduktion der Sedierungstiefe sowie der bessere Zugang zu Endotrachealtubus/
Trachealkanüle und Gesicht des Patienten werden als Gründe angegeben [82].
Seite 26
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
5.1. Definition der 135°- Bauchlagerung
Inkomplette Bauchlage bedeutet die Umlagerung eines Patienten um 135° von der
Rückenlage. Die Durchführung erfolgt wie bei der vollständigen Bauchlage, jedoch wird
die entsprechende Seite rechts oder links unterpolstert und das Bein rechts oder links
angewinkelt, unterpolstert und auf Hüfthöhe gelagert. Die 135°- Bauchlagerung kann
mit abwechselnden Seitenwechsel erfolgen, wobei der Patient jeweils für 6-8 Stunden
rechts oder links gelagert wird (Abb. 12).
Abb. 12: Lagerung eines Patienten mit ARDS in 135° - Bauchlage. Die rechte Seite
wurde durch Kissenunterlage erhöht gelagert. Der Kopf ist ebenfalls seitlich nach
rechts gelagert [82].
5.2. Studien
Die Studien zur Anwendung der 135°-Bauchlagerung bei der Behandlung des
schweren Lungenversagens sind zahlenmäßig gering.
In einer Studie von Bein et al. wurden n=59 Patienten eingeschlossen [83], die
folgende Kriterien zu erfüllen hatten: ein akut bestehendes Lungenversagen mit einem
PaO2/FiO2-Quotienten <200 mmHg, sowie das Vorhandensein von beidseitigen
Infiltraten im Röntgen-Thorax-Bild [82]. Alle Patienten waren sediert (Ramsay-Score 3 4) und wurden im druckkontrollierten Modus mit einem positiv-endexspiratorischen
Druck (PEEP) zwischen 6 cmH2O und 12 cmH2O beatmet. Der inspiratorische
Spitzendruck und das Tidalvolumen richteten sich nach den Vorgaben der
lungenprotektiven Beatmung (VT: 6ml/kg; Spitzendruck <30 cm H2O).
Die Patienten wurden nach Randomisierung in eine der beiden folgenden Gruppen
eingeteilt: Patienten der Gruppe A wurden zunächst für 6 Stunden in die 135°Bauchlage verbracht und dann unmittelbar in die 180° Bauchlage für weitere 6
Seite 27
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
Stunden. Bei Patienten der Gruppe B wurde gegensätzlich verfahren: Diese Patienten
wurden zuerst für 6 Stunden in 180° Bauchlage gelagert, um anschließend für weitere
6 Stunden eine 135° Bauchlage einzunehmen. („Cross-over design“) Aus Gründen der
Vereinheitlichung wurde für die 135° Bauchlagerung überwiegend die rechte Seite
gewählt.
Primäre Zielgröße war die Steigerung der Oxygenierung innerhalb von sechs Stunden
nach Beginn der ersten Lagerung. Als sekundäre Endpunkte galten die weitere
Verbesserung des Gasaustauschs bis zum Ende des Untersuchungszeitraums sowie
die Inzidenz unerwünschter Nebeneffekte. Die arterielle Blutgase, der hämodynamische Status und die statische Lungencompliance wurden nach festem Protokoll
erfasst. Protokollverstöße waren selten, n=7 Patienten (n=5 Patienten aus Gruppe A,
n=2 Patienten aus Gruppe B) mussten wegen akuter Komplikationen ausgeschlossen
werden
(hämodynamische
Instabilität,
akute
neurologische
Verschlechterung,
Blutungen).
Die Lagerung der n=52 Patienten (n=27 Gruppe A, n=25 Gruppe B) führte zu einer
signifikanten Steigerung der Oxygenierung. Dieser Effekt war stärker ausgeprägt in der
180° Bauchlage Gruppe B (Abb. 13). Sechs Stunden nach Beginn der Lagerung
fanden Bein et al. einen signifikanten Unterschied zwischen den Patienten der Gruppe
A (paO2/FiO2 206±75 mmHg) und Gruppe B (paO2/FiO2 253±107 mmHg). Zwei
Stunden nach Rücklagerung auf den Rücken wurde eine fortbestehende, signifikante
Verbesserung der Oxygenierung in der Gruppe B im Vergleich zum Status vor
Studienbeginn beobachtet [83].
Abb. 13: Oxygenierungsverlauf in der Studie von T. Bein et al. [83]. In
der Gruppe der Patienten, die zunächst inkomplett (A) und dann
komplett auf den Bauch gelagert wurden, verbesserten sich über die
Hälfte der Patienten nach dem Weiterdrehen in die komplette
Bauchlagerung nochmals gegenüber ihren Ausgangswerten nach
sechs Stunden inkompletter Bauchlage, **: p< 0,05 vs. Zeitpunkt vor
Lagerung; §: p < zwischen den Gruppen A und B.
Seite 28
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
Eine Verbesserung der statischen Lungencompliance war nur während der 180°Bauchlage zu beobachten. Die mögliche Ursache könnte eine eingeschränkte
Kapazität für das Recruitment atelektatischer Lungenareale durch 135°-Bauchlage
gegenüber der 180°-Bauchlage sein [83]. Bei der Analyse der Subgruppe von
Patienten mit schwerem ARDS zeigte sich das nur 57% der Patienten mit einer
Steigerung der Oxygenierung während der 135°-Bauchlage reagierten, im Vergleich
dazu
zeigten 92% der Patienten in 180°-Bauchlage eine Verbesserung des
Gasaustausches (Abb. 14). Daher sollte bei Patienten mit schwerem ARDS die
„klassische“ 180°- Bauchlage bevorzugt werden.
135°-BL
Anzahl (%)
180°-BL
Anzahl (%)
Signifikanz
19/27 (70, 3%)
21/25 (80 %)
P < 0,05
11/13 (84, 6%)
10/13 (76, 7%)
P = 0,33
8/14 (57, 1%)
11/12 (91, 6%)
P < 0,05
Alle Patienten
8/27 (29, 6%)
11/25 (44%)
P = 0,08
Schweres ARDS
(LIS > 2,5)
7/14 (50%)
6/12 (50%)
P = 0,317
Oxygenierungsresponder
Alle Patienten
Moderates ARDS
(LIS ≤ 2,5)
Schweres ARDS
(LIS > 2,5)
paCO2 Responder
Abb. 14: Anteil der Responderraten 6 Stunden nach Lagerung in 135° oder 180° Bauchlage in der Studie
von T. Bein et al. [83] Responder Patienten die auf die Lagerung mit einem Anstieg der PaO2 /FiO2 –
Quotient von 20% oder mehr bzw. mit einem Abfall des PaCO2 von 1 mmHg oder mehr im Vergleich zum
Ausgangswert reagierten. LIS: „lung injury score“
Die
Inzidenz
von
lagerungsbedingten
Druckstellen
oder
Ausprägung
von
Komplikationen war niedrig und nicht unterschiedlich zwischen den Lagerungsgruppen.
Die möglichen Vorteile sind bei korrekter Durchführung demnach nur bedingt von
Bedeutung. Gesichtsödeme waren jedoch signifikant häufiger in der 180°-Bauchlage
Gruppe (Abb. 15). Der akzidentelle Verlust von Kathetern oder Tuben trat in keinem
Fall auf. Ein Problem dieser Studie ist der niedrige Stichprobenumfang [83].
Seite 29
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Druckstellen Grad I
(gerötete Areale, Haut
intakt)
Druckstellen Grad II
(oberflächliche
Abschürfungen, Blasen,
oberflächlicher Krater)
Gesichtsödem
Sylvia Köppen
Alle
Patienten
(n= 52)
135° - BL
(n =27)
180° - BL
(n =25)
Signifikanz
4/52
(7,7 %)
1/27
(3 7 %)
3/25
(12 %)
P = 0,266
3/52
(5,8 %)
1/27
(3,7 %)
2/25
(8 %)
P = 0,157
36/52
(69,2% %)
16/27
(59,2 %)
20/25
(80 %)
P < 0,05
Abb. 15: Inzidenz und Schweregrad von Druckstellen und Gesichtsödemen während 135° - Bauchlage
und 180° - Bauchlage in der Studie von T. Bein et al. [83].
6.
Kontinuierliche laterale Rotationstherapie (KLRT)
Als Alternative zur Bauchlagerung wird der kontinuierliche axiale Lagerungswechsel
beschrieben. Nach bisherigen Untersuchungen besteht der Effekt des kontinuierlichen
Lagerungswechsel in der Mobilisierung von Lungensekret, in der Reduktion extravasaler Lungenflüssigkeit durch Stimulation der Drainageleistung des pulmonalem
lymphatischen Systems sowie in der mäßigen Beeinflussung des Ventilations–
Perfusions–Missverhältnisses [84].
6.1. Definition der kontinuierlichen lateralen Rotationstherapie (KLRT)
KLRT bedeutet die kontinuierliche Drehung des Patienten um seine Längsachse in
einem motorgetriebenen Bettsystem. Je nach System kann die Drehung bis zu einem
Winkel von 62° zu jeder Seite erfolgen. Unterschieden werden können Systeme, die
den gesamten Patienten drehen (Abb. 16) von solchen, die nur den Oberkörper
rotieren lassen. Anbieterspezifisch wird auch der Begriff „kinetische Therapie“
verwendet.
Im
Folgenden
wird
die
Bezeichnung
„Kontinuierliche
laterale
Rotationstherapie“ als Überbegriff der Rotationstherapie verwendet.
Seite 30
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
Abb. 16: Spezialbett Roto -Rest zur kontinuierlichen lateralen Rotationstherapie (KCI,
Medizinprodukte GmbH, Wiesebaden)
6.2. Studien
Es existieren zwei klinische Arbeiten, die einen ausgeprägten prophylaktischen Effekt
einer Rotation über 124° bei Traumapatienten zeigen. In diesen Arbeiten konnte die
Entwicklung
eines
akuten
Lungenversagens
unter
kontinuierlicher
lateraler
Rotationstherapie bei allen Patienten verhindert werden [85, 86]. Kontinuierliche
laterale Rotationstherapie über 124° kann bei Patienten mit akuter respiratorischer
Insuffizienz zu einer Verbesserung der Oxygenierung führen. In zwei methodisch
akzeptablen klinischen Studien konnte dieser Effekt sowohl bei traumatologischen
Patienten
[87]
als
auch
bei
internistischen
Patienten
[88]
mit
schweren
Lungenversagen nachgewiesen werden. Dies ging jeweils mit einer Abnahme des
intrapulmonalen Rechts-Links-Shunts einher. Gentilello et al. berichteten eine Senkung
der Atelektasen- und Pneumonierate sowie eine schnellere Reduktion des positiven
endexspiratorischen Drucks (PEEP) und eine Verkürzung der Beatmungdauer unter
der kontinuierlichen lateralen Rotationstherapie gegenüber konventionell gelagerten
und beatmeten Patienten [89]. Dieser Effekt beruhte wahrscheinlich auf der
sekretmobilisierenden Wirkung der Gravitation [89].
In den Arbeiten von Bein et al. zeigte sich eine Verbesserung der Oxygenierung
zusammen mit einer Optimierung des Ventilations-/Perfusionsverhältnisses sowie eine
Abnahme des extravaskulären Lungenwassers [87, 88]. Bei allen klinischen Studien
zur kontinuierlichen lateralen Rotationtherapie zeigen sich ausgeprägte Effekte dieser
Seite 31
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
Therapieform frühestens mit einer Verzögerung von 48-72 Stunden. So ergab sich in
einer Vergleichsstudie zur Bauchlage bei internistischen Patienten mit ARDS, dass die
Bauchlagerung schneller und ausgeprägter die Oxygenierung verbessert. Die Effekte
der kontinuierlichen lateralen Rotationstherapie erst nach 72 Stunden mit denen der
Bauchlagerung vergleichbar waren [90].
Goldhill et al. haben 2007 eine Metaanalyse vorgelegt, in der untersucht wurde, ob
Rotationsbetten respiratorische Komplikationen verhindern oder erfolgreich therapieren
können [91]. Für einen Zeitraum von 17 Jahren wurden insgesamt 16 randomisierte
kontrollierte Studien identifiziert, die den Effekt der Rotationstherapie im Vergleich zu
einer manuellen Lagerungstherapie untersucht haben. Die Metaanalyse ergab, dass
die kontinuierliche laterale Rotationstherapie die Inzidenz der Pneumonie senkt, aber
die Dauer einer maschinellen Beatmung und die Liegedauer auf der Intensivstation
nicht beeinflusst [91]. Die Autoren stellten in ihrer Studie fest, dass es nur wenige
Hinweise gibt, welche Parameter einen Erfolg der Rotationstherapie wahrscheinlich
machen. Dabei scheinen die Einstellung der Rotationsparameter wie Winkel,
Frequenz, Dauer, Pause oder zusätzliche Bedingungen wie Vibration, Perkussion oder
Pulsation eine Rolle zu spielen. Möglicherweise hatten die Art der Erkrankung sowie
Körpergröße und -gewicht ebenfalls einen Einfluss, wenngleich es bisher dazu keine
Daten gibt. Hauptprobleme der meisten Studien sind die geringen Fallzahlen und die
teilweise nicht eindeutig formulierte Zielparameter.
Nur
wenige
Publikationen,
zumeist
Fallberichte
oder
Fallserien
berichteten
Komplikationen, der kontinuierlichen lateralen Rotationstherapie. Dabei wurden
Druckulzera, Ödeme, (Tab. 4). „Nicht-Toleranz“ (Husten, Pressen, Beatmungsprobleme),
hämodynamische
Instabilität,
Kinetose,
Katheterdislokation
und
Nervenschäden festgestellt. Potenziell lebensbedrohliche Komplikationen, die auf die
Rotationstherapie zurückgeführt werden können, wurden nicht beschrieben.
Ödeme
Druckulzerationen
Hinterkopf /Nacken
Hinterkopf /Nacken
Tibiaköpfchen (durch seitliche
Fixierungsstützen)
Steißbein
Tab. 4: Prädilektionsstellen für Ödembildung und Lagerungsschäden bei der kontinuierlichen lateralen
Rotationstherapie[54].
Seite 32
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
7.
Sylvia Köppen
Zusammenfassung
Bei Patienten mit akutem Lungenversagen ist die intermittierende Bauchlagerung eine
auf vielen Intensivstationen etablierte Methode zur Verbesserung des pulmonalen
Gasaustausches. In mehreren Studien wurde durch diese Therapiemaßnahme in etwa
60-80%
der
Patienten
mit
akutem
Lungenversagen
eine
klinisch
relevante
Verbesserung der Oxygenierung erreicht, welche in Folge einer Reduktion der
inspiratorischen Sauerstoffkonzentration (FIO2) und der Beatmungsdrücke ermöglichte
[44, 45, 56, 59, 66].Trotzdem konnten vier multizentrische prospektiv randomisierte
Studien [64, 65, 66, 78] keinen Überlebensvorteil durch die systematische Anwendung
der Bauchlage bei Patienten aufzeigen. Dies lag wahrscheinlich an dem geringen
Stichprobenumfang der jeweiligen Untersuchungen. Daher konnten Sud et al. durch
Zusammenführen der aktuell verfügbaren Daten in einer Metaanalyse erstmalig
nachweisen, dass die Bauchlage tatsächlich die Überlebensrate bei Patienten mit
einem PaO2/FiO2 <100 mmHg signifikant verbessert [80]. Dieses Ergebnis unterstreicht
den
hohen
Stellenwert
der
Bauchlage
bei
der
Behandlung
des
akuten
Lungenversagens.
Die Technik der Bauchlage ist bei sorgfältiger Durchführung, Vorbereitung sowie einer
guten Abstimmung zwischen pflegenden und ärztlichen Personal mit einer niedrigen
Inzidenz von schwerwiegenden Komplikationen verknüpft. Bei entsprechender Routine
ist die Bauchlagerung nicht als ein extrem aufwändiges Verfahren anzusehen.
Die physiologischen Effekte der Bauchlagerung sind mittlerweile gut untersucht [53].
Bauchlagerung bewirkt eine Reduktion des Pleuradruckgradienten, eine Verbesserung
der
respiratorischen
Mechanik
und
der
Atemgasverteilung
sowie
eine
Homogenisierung des bestehenden Ventilations-Perfusions-Missverhältnisses.
Trotz der beschriebenen Effekte scheint laut einer Umfrage auf deutschen
Intensivstationen die 135°-Bauchlagerung die bevorzugte Lagerungsform zu sein, als
deren Vorteile wohl der größere Komfort und die erleichterte Pflege angesehen werden
[92]. In der prospektiven Studie von Bein et al. wurde gezeigt, dass die 135°Bauchlagerung einen schwächeren Effekt auf die Steigerung der Oxygenierung ausübt
und auch bei dieser Lagerungsmethode eine „Non-Responder-Rate“ vorhanden ist.
Darüber hinaus wurde nur bei der kompletten Bauchlagerung eine Steigerung der
statischen Lungencompliance beobachtet. Eine mögliche Erklärung dafür ist, das die
Veränderung hydrostatischer Kräfte, die das kollabierte Lungenparachym zur
Wiedereröffnung veranlassen während der 135°- Lagerung nicht ausreichend ist [83].
Bei der Analyse der Subgruppe von Patienten mit schweren Lungenversagen wurde
der Unterschied beider Lagerungsmanöver in der Steigerung der Oxygenierung
Seite 33
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
besonders deutlich (135°-Bauchlage 57,1% vs. 180°-Bauchlage 91,6%). Daher sollte
bei Patienten mit schwerem Lungenversagen die 180°-Bauchlage bevorzugt werden.
Die 135° -Bauchlagerung ist zum prophylaktischen Einsatz, zur Sekretmobilisierung,
sowie zur Vermeidung nosokomialer Pneumonien und zur Atelektasenprävention bei
moderater Einschränkung der Lungenfunktion vorzuziehen.
Die kontinuierliche laterale Rotationstherapie hat ihren Einsatzschwerpunkt in der
Prävention
von
pulmonalen
Komplikationen und
Oxygenierungsstörungen
bei
immobilisierten beatmeten Patienten, die aufgrund ihres Schädigungsmusters (z. B.
Kopfverletzungen, orthopädische Verletzungen oder Wirbelsäulenverletzungen) keine
übliche Lagerungstherapie erfahren können. Beim Einsatz in der Therapie ist der
Aspekt des langsamen Wirkungseintritts gegenüber der 180°- Bauchlagerung zu
beachten. Ein vergleichbarer Effekt zeigt sich mit deutlicher Verzögerung erst nach
einer Dauer von etwa 72 Stunden [90]. Wie die 135°-Bauchlagerung kann die
kontinuierliche laterale Rotationstherapie dazu beitragen die Inzidenz nosokomialer
Pneumonien bei Intensivpatienten zu vermindern [91].
7.1. Fazit für die Praxis
Beim schweren akuten Lungenversagen mit lebensbedrohlicher Hypoxämie
(PaO2/FiO2 <100 mmHg) ist die Bauchlagerung eine geeignete Therapieoption zur
Verbesserung des Gasaustausches und zur Erhöhung der Überlebensrate.
Bei nicht lebensbedrohlicher Hypoxämie kann die Bauchlagerung zur Verbesserung
der arteriellen Oxygenierung
Pneumonieprophylaxe
eignen
und zur Lungenprotektion eingesetzt werden. Zur
sich
vor
allem
die
135°-Bauchlage
und
die
kontinuierliche laterale Rotationstherapie. Bei Kontraindikationen zur Bauchlage
(Instabilität der Wirbelsäule, erhöhter intrakranieller Druck) kann die kontinuierliche
laterale Rotationstherapie hilfreich sein. Bei unilateraler Lungenschädigung ist die
135°-Bauchlagerung zur Verbesserung der Oxygenierung angezeigt.
8.
Bauchlagerung
8.1. Praktische Durchführung am Universitätsklinikum Leipzig
Die Lagerung wird in Abhängigkeit vom Körpergewicht des Patienten sowie von der
Invasivität der Therapie (Drainagen, Katheter, Extensionen) von 2-4 Pflegenden und
einem Arzt durchgeführt.
•
Festlegung des Vorgehens und des optimalen Zeitpunktes im Rahmen des
Routineablaufs des Tages. Empfehlenswert ist die Wahl eines „stressarmen“
Zeitfensters.
Seite 34
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
•
Bereitstellen der Lagerungshilfsmittel (Kopf, Thorax, Becken).
•
Katheter, Drainagen, auf denen der Patient eventuell liegen wird, polstern,
sichern und eventuell verlängern.
•
Bei oral intubierten Patienten den Tubus gut sichern.
•
Bei tracheotomierten Patienten auf die richtige Platzierung der Kanüle achten
•
Augen des Patienten müssen vor Austrocknung und Beschädigung geschützt
werden (Okklusionsverband).
•
Für das Drehmanöver ist eine vertiefte Analgosedierung (RASS- Score ≥ -3)
erforderlich, um Husten, Pressen oder Regurgitation zu vermeiden. Nach dem
Lagerungsmanöver kann die Analgosedierung wieder reduziert werden.
•
Die Anlage einer Magensonde ist obligat.
•
Die Beatmung sollte druckkontrolliert erfolgen, wobei die inspiratorische
fraktionelle
Sauerstoffkonzentration
(FiO2)
zum
Lagerungszeitpunkt
1,0
betragen sollte.
•
EKG Kabel und nicht lebensnotwenige Infusionsleitungen werden für den
Drehvorgang entfernt.
•
Während des Drehmanövers ist eine Überwachung mittels Pulsoxymetrie
erforderlich.
•
Zur
Durchführung
des
Drehmanövers
sind
verschiedene
Techniken
beschrieben. Es ist ratsam sich auf die Lagerungstechnik, die allen Beteiligten
vertraut ist, zu beschränken.
•
Nach dem Drehmanöver erfolgen spezielle Maßnahmen zur Druckentlastung im
Kopfbereich, im Bereich des Beckens, der Knie und Fußrücken.
•
Kontrolle des Tubus/ Trachealkanüle.
•
Das Monitoring komplettieren.
•
Nach vollzogenem Lagerungsmanöver und anschließender Stabilisierungsphase ist die Wirksamkeit durch eine Blutgasanalyse zu kontrollieren und zu
prüfen, ob die Beatmungseinstellungen modifiziert werden können (Rücknahme
von FiO2 und Spitzendruck).
•
Kopf und Arme sollten während der Bauchlage in kürzeren Intervallen
umgelagert werden (Mikrolagerung).
Seite 35
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
Quellen-/Literaturverzeichnis
1. Lassen, HCA. A preliminary report on the 1952 epidemic of poliomyelitis in
Copenhagen Lancet 1952;II:319-323
2. Ashbough DG, Bigelow DB, Petty TL, Levine BE. Acute Respiratory Distress in
adults. Lancet 1967; II:319-323
3. Petty T, Fowler AA. Another look at ARDS. Chest 1982; 82:98-104
4. Murray JF, Matthay MA, Luce JM, Flick MR. An Expanded Definition of the Adult
Respiratory Distress Syndrom Am Rev. Respir. Dis 1989;138: 720-723
5. Bernard G, Artigas A, Brigham K, Carlet J, Falke K, Hudson L, Lamy M, Legall J,
Morris A, Spragg R. The American-European Consensus Conference on ARDS.
Definitions, mechanisms, relevant outcomes, and clinical trial coordination. Am J.
Respir. Crit. Care Med 1994;149:818-824
6. Artigas AC, Bernard GR, Carlet J, Dreyfuss D, Gattinoni L, Hudson L, Lamy M,
Marini JJ, Matthay MA, Pinsky MR, Spragg R, Suter PM. The American- European
Consensus Conferenc on ARDS, part 2 Ventilatory, pharmacologic, supportive
therapy, study design strategies and issues related to recovery and remodeling.
Intensiv Care Med 1998; 24:378-98
7. Rubenfeld GD, Caldwell E, Peabody E, Weaver J. Martin DP, Neff M, Stern EJ,
Hudson LD.Incidence and outcomes of acute lung injury. N Engl J Med 2005;353:
1685-1693
8. Lewandowski K, Metz J, Deutschmann C, Preiss H, Kuhlen R ,Artigas A, Falke KJ.
Incidence severity and mortality of acute respiratory failure in Berlin Germany. Am J
Respir Crit Care Med 1995;151:1121-1125
9. Lewandowski K. Epidemiologie und Pathophysiologie des akuten Lungenversagens. Intensivmedizin und Notfallmedizin 2001;38:426-436
10. Ware LB, Matthay MA. The acute respiratory distress syndrome. N Engl J Med
2000;342:1334-1349
11. Henzler D, Kopp R, Hawickhorst R, Rossaint R, Kuhlen R. Therapie des akuten
Lungenversagens in einem Behandlungszentrum. Anaesthesist 2004;53:235-243
12. Lewandowski K, Pappert D, Gerlach H, Slama KJ, Weidemann H, Frey DJM,
Hoffmann O, Keske U, Falke KJ. High survival rate in 122 ARDS patients managed
according to a clinical algorithm including extracorporeal membrane oxygenation.
Intensiv Care Med 1997;23:819-835
13. Baker CS, Evans TW, Randle BJ, Haslam PL. Damage to surfactant- specific
protein in acute respiratory distress syndrome. Lancet 1999;353:1232-1237
Seite 36
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
14. Günther A, Mosavi P, Heinemann S, Ruppert C, Muth H, Markart P, Grimminger F,
Walmrath D, Temmesfeld- Wollbrück B, Seeger W. Alveolar fibrin formation caused
by enhanced procoagulant and depressed fibrinolytic capacities in severe
pneumonia. Comparison with the acute respiratory distress syndrome. Am J Respir
Crit Care Med 2000;161:454-462
15. Teplitz C. The core path biology and integrated medical science of adult acute
respiratory insufficiency. Surgical Clinics of North America 1976;56:1091-1133
16. Gattinoni L, Pelosi P, Suter P, Pedoto A, Vercesi P, Lissoni A. Acute respiratory
distress syndrome caused by pulmonary and extra pulmonary disease. Different
syndromes? Am J Respir Crit Care Med 1998;158:3-11
17. Gattinoni L, Pelosi P, Vitale G, Pesenti A, D´Andrea L, Mascheroni D. Body position
changes redistribute lung computed- tomographic density in patients with acute
respiratory failure. Anesthesiology 1991;74:15-23
18. Gattinoni L, Pelosi P, Crotti S, Valenza F. Effects of positive end-expiratory
pressure on regional distribution of tidal volume and recruitment in adult respiratory
distress syndrome. Am J Respir Crit Care Med 1995;151:1807-1814
19. Gattinoni L, Pesenti A, Bombino M, Baglioni S, Rivolta M, Rossi F, Rossi G,
Fumagalli R, Marcolin R, Mascheroni D, Torresin A. Relationships between lung
computed tomographic density, gas exchange, and PEEP in acute respiratory
failure. Anesthesiology 1988; 69:824-832
20. Gammon RB, Shin MS, Buchalter SE. Pulmonary barotrauma in mechanical
ventilation. Patterns and risk factors. Chest 1992; 102:568-572.
21. Dreyfuss D, Saumon G. Ventilator-induced lung injury lesson from experimental
studies. Am J Respir Crit Care Med 1998; 157(1):294-323.
22. Amato M, Barbas C, Medeiros D, Deheinzelin D, Kairalla RA, Carvalho CRR
Improved lung mechanics and oxygenation achieved through a new approach to
mechanical ventilation in ARDS: the importance of reducing the “mechanical stress”
on the lung. Am Rev Respir Dis 1993;147:A 890
23. Amato MBP, Barbas CSV, Medeiros DM, Magaldi RB, De Paula Pinto Schettino G,
Lorenzi-Filho G, Kairalla RA, Deheinzelin D, Munoz C,Oliveira R, Takagaki TY,
Carvalho CRR. Effect of a protective ventilation strategy on mortality in the acute
respiratory distress syndrome. N Engl J Med 1998;338:347–354
24. Acute Respiratory Distress Syndrome Network. Ventilation with lower tidal volumes
as compared with traditional tidal volumes for acute lung injury and the acute
respiratory distress syndrome. N Eng J Med 2000;342;1301-1308
Seite 37
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
25. Gattinoni L, Baglioni S, Vitale G, Rivolta M, Pelosi P. Inflammatory pulmonary
edema and positive end- exspiratory pressure: coelations between imaging and
physiologic studies. J Thorac Imaging 1988;3:59-64
26. Falke KJ, Kumar A, Leith DE, Geffin B, Laver MB. Ventilation with end- exspiratory
pressure in acute lung disease. J Clin Invesr 1972; 51:2315-2323
27. Kopp R, Max M, Rossaint R. Evidence- based medicine of the acute respiratory
distress syndrome. Anaesthesist 2003;52:195-203
28. Ware LB, Matthay MA. The acute respiratory distress syndrome. N Engl J Med
2000;342:1334-1349
29. Wiedemann HP, Wheeler AP, Bernard GR. (National Heart, Lung and Blood
Institute ARDS Clinical Trials Network) Comparison of two fluid- management
strategies in acute lung injury. N Engl J Med 2006;354:2564-2575
30. Lachmann B. Open up the lung and keep the lung open. Intensiv Care Med
1992;18:319-321
31. Lapinsky SE, Aubin M, Metha s, Boiteau P, Slutsky AS. Safety and efficacy of a
sustained inflation for alveolar recruitment in adults with respiratory failure.
Intensive Care Med 1999;25:1297-1301
32. Pelosi P, Cadringher P, Bottino N. Sigh in acute respiratory distress syndrome. Am
J Respir Crit Care Med 1999;159:872-880
33. Villagra A, Ochagavia A,Vatua S, Murias G, Fernandez M, Lopez Aguilar J,
Fernandez R, Blanch L. Recruitment Maneuvers during Lung Protective Ventilation
in Acute Respiratory Distress Syndrome. Am J Respir Crit Care Med 2002;165:165170
34. Rossaint R, Falke KJ, Lopez F, Slama K, Pison U, Zapol WM. Inhaled nitric oxide
for the adult respiratory distress syndrome. N Engl. J Med 1993;328:399-405
35. Busch T, Bercker S, Laudi S, Donaubauer B, Petersen B, Kaisers U.
Lungenversagen:
Inhaliertes
Stickstoffmonoxid
zur
Behandlung
refraktärer
Hypoxämie. Anasthesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2008;43:778-783
36. Lohbrunner H, Deja M, Busch T, Spies CD, Rossaint R, Kaisers U. Stellenwert von
inhaliertem
Stickstoffmonoxid
bei
der
Behandlung
des
schweren
akuten
Lungenversagens. Anaesthesist 2004;53:771-783
37. Zwissler B, Kemming G, Habler O, Kleen M, Merkel M, Haller M, Briegel J, Welte
M, Peter K. Inhaled prostacyclin (PGI2) versus inhaled nitric oxide in adult
respiratory distress syndrome. Am J respir Crit Care Med 1996;154:1671-1677
38. Hill JD, O`Brien TG, Murray JJ, Dontigny L, Bramson ML, Osborn JJ, Gerbode F.
Prolonged extracorporeal oxygenation for acute post-traumatic respiratory failure
Seite 38
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
(shock-lung-syndrome). Use of the Bramson membrane lung. N Engl J Med
1972;286:629-634
39. Giles JP Mugford M, Tiruvoipati R, Wilson A, Allen E, Thalanany MM, Hibbert CL,
Truesdale A, Clemens F, Cooper N, Firmin RK, Elbourne D. Efficacy and economic
assessment of conventional ventilator support versus extracorporeal membrane
oxygenation for severe adult respiratory failure (CESAR): a multicentre randomized
controlled trial. The Lancet 2009;374:1352-1363
40. Gattinoni L, Agostoni A, Pesenti A. Treatment of acute respiratory failure with lowfrequency positive- pressure ventilation and extracorporeal removal of CO2. Lancet
1980;2:292-294
41. Kopp R, Henzler D, Dembinski R, Kuhlen R. Extrakorporale Membranoxygenierung
beim akuten Lungenversagen. Anaesthesist.2004;53:168-174
42. Bein T, Weber F, Phillip A. A new pumpless extracorporeal interventional lung
assists in critical hypoxemois/ hypercapnia. Crit Care Med 2006;34(5):1372-1377
43. Piehl A, Brown S. Use of extreme position changes in acute respiratory failure. Crit
Care Med 1976;4:13 -14
44. Mure M, Martling CR, Lindahl SGE. Dramatic effects on oxygenation in patients
with severe acute lung insufficiency treated in the prone position. Crit Care Med
1997;25:1539 -1544
45. Papazian L, Paladini MH, Bregeon F, Huiart L, Thirion X, Saux P, Jammes Y,
Auffray JP. Is a short trial of prone positioning sufficient to predict the improvement
in oxygenation in patients with acute respiratory distress syndrome? Intensive Care
Med 2001;27:1044-1049
46. Guerin C, Gaillard S, Lemasson S, Ayzac L, Girad R, Beuret P,Palmier B, Le QV,
Sirodot M, Roselli S, Cadiergue V, Sainty JM, Barbe P,Combourieu E, Debatty D,
Rouffineau J, Enzingard E, Millet O, Guelon D, Rodriguez L, Martin O, Renault A,
Sibille JP, Kaidomar M. Effects of systematic prone positioning in hypoxemic acute
respiratory failure: a randomized controlled trial. JAMA 2004; 292:2379-2387
47. Hörmann Ch, Benzer H, Baum M, Wicke K, Putensen C, Putz G, Hartlieb S.
Bauchlagerung im ARDS. Anaesthesist 1994;43:454-462
48. Hörmann Ch, Benzer H, Putz G, Wicke K. Kinetische Therapie beim ARDS.
Intensivmed 1993;30:161-167
49. Hachenberg Th. Prone Ventilation. A J Respir Crit Care Med 1994;84:107-112
50. Vieillard- Baron A, Rabiller A, Chergui K, Peyrouset O, Page B, Beauchet A, Jardin
F. Prone position improves mechanics and alveolar ventilation in acute respiratory
distress syndrome. Intensiv Care Med 2005;31:220-226
Seite 39
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
51. Gattinoni L, Tognoni G, Pesenti A, D`Andrea L, Mascheroni D. Body position
changes redistribute lung computed- tomographic density in patients with acute.
Anesthesiology 1991;75:15-23
52. Guerin C, Badet M, Rosselli S, Heyer L, Sab J-M, Langevin B, Philit F, Fournier G,
Robert D. Effects of prone position on alveolar recruitment and oxygenation in
acute lung injury. Intensive Care Med 1999;25:1222-1230
53. Pelosi P, Tubiolo D, Mascheroni D, Vicardi P, Crotti S, Valenza F, Gattinoni L
Effects of the prone position on respiratory mechanics and gas exchange during
acute lung injury. AJ Respir Crit Care Med 1998;157:387-393
54. Bein T. Lagerungstherapie in der Intensivmedizin; Medizinisch Wissenschaftliche
Verlagsgesellschaft, Berlin 2009; 2:S.25-27
55. Nakos G, Tsangaris I, Kostanti E, Nathanail C, Lachana A, Koulouras V, Kastani D.
Effect of the prone position on Patients with Hydrostatic Pulmonary Edema
Compared with Patients with Acute Respiratory Distress Syndrome and Pulmonary
Fibrosis. Am J Respir Crit Care Med 2000;161:360-368
56. Blanch L, Mancebo J, Perez M, Martinez M, Mas A, Betbese AJ, Joseph D, Ballus
J, Lucangelo U, Bak E. Short- therm effects of prone position in critically ill patients
with acute respiratory distress syndrome Intensiv Care Med 1997;23:1033-1039
57. Lee DL, Chiang HT, Lin SL, Ger LP, Kun MH, Huang YC. Prone-position ventilation
induces sustained improvement in oxygenation in patients with acute respiratory
distress syndrome who have a large shunt. Crit Care Med 2002;30:1446-1452
58. Pelosi P, Brazzi L, Gattinoni L. Prone position in acute respiratory distress
syndrome. Eur Respir J 2002;20:1017-1028
59. Chatte G, Sab JM, Dubois JM, Sirodot M, Gaussorgues P, Robert D. Prone position
in mechanically ventilated patients with severe acute respiratory failure. Am J
Respir Crit Care Med 1997;155:473-478
60. Papazian L, Paladini MH, Bregeon F, Huiart L, Thirion X, Saux P, Jammes Y,
Auffray JP. Is a short trial of prone positioning sufficient to predict the improvement
in oxygenation in patients with acute respiratory distress syndrome? Intensive Care
Med 2001;27:1044-1049
61. Lim CM, Kim EK, Lee JS, Shim TS, Lee SD, Koh Y, Kim WS, Kim DS, Kim WD.
Comparison of the response to the prone position between pulmonary and
extrapulmonary acute respiratory distress syndrome. Intensive Care Med
2001;27:477-485
62. Cakar N, Van der Kloot T, Youngblood M, Adams A, Nahum A. Oxygenation
response to a recruitment maneuver during supine and prone position in an oleic
acid induced lung injury model. Am J Respir Crit Care Med 2000;161:1949-1956
Seite 40
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
63. Sud S, Sud M, Friedrich JO, Adhikari NKJ. Effect of mechanical ventilation in the
prone position on clinical outcomes in patients with acute hypoxemic respiratory
failure: a systematic review and meta- analysis. CMAJ 2008;178:1153-1161
64. Gattinoni L, Tognoni G, Pesenti A, Taccone P, Mascheroni D, Labarta V, Malacrida
R, Di Giulio P, Fumagalli R, Pelosi P, Brazzi L, Latini R. Effect of prone positioning
on the survival of patients with acute respiratory failure. N Engl J Med
2001;345:568-573
65. Guerin C, Gaillard S, Lemasson S. Effects of systematic prone positioning in
hypoxemic acute respiratory failure: a randomized controlled trial. JAMA
2004;292:2379-2387
66. Mancebo J, Fernandez R, Blanch L. A multicenter trial of prolonged prone position
in severe acute respiratory distress syndrome. Am j Respir Crit Care Med
2006;173:1233-1239
67. Fernandez R, Trenchs X, Klamburg J, Castedo J, Serrano JM, Besso G, Tirapu JP,
Santos A, Max A, Parraga M, Jubert P, Frutos F, Anon JM, Garcia M, Rodriguez F,
Yebtenes JC, Lopez Mj. Prone positioning in acute respiratory distress syndrome: a
multicenter randomized clinical trial. Intensive Care Med 2008;34:1487-1491
68. Offner PJ. Complications of prone ventilation in patients with multisystem trauma
with fulminant acute respiratory distress syndrome. Crit Care Med 2000;28:224-228
69. Thelandersson A, Cider A, Nellgard B. Prone position in mechanically ventilated
patients
with
reduced
intracranial
compliance.
Acta
Anaesthesiol
Scand
2006;50:937-41
70. Vollman KM Prone positioning in the patient who has acute respiratory distress
syndrome: the art and science. Crit Care Nurs Clin North Am 2004;16:319-336
71. Bein T Patientenlagerung–Kinetische Therapie in der Intensivmedizin. Anaesthesist
1998;47:74-80
72. Jolliet P, Bulpa P, Chevrolet JC. Effects of the prone position on gas exchange and
hemodynamics in servere acute respiratory distress syndrome. Crit Care Med
1998;26:1977-1985
73. Pappert D, Rossaint R, Slama K, Grüning T, Falke KJ. Influence of positioning on
ventilation-perfusion relationships in servere adult respiratory distress syndrome.
Chest 1994;106:1511-1516
74. McAuley DF, Giles S, Fichter H, Perkins GD, Gao F: What is the optimal duration of
ventilation in the prone position in acute lung injury and acute respiratory distress
syndrome? Intensive Care Med 2002;28:414-418
75. Reutershan J, Schmitt A, Dietz K, Unertl K, Fretschner R: Alveolar recruitment
during prone position: time matters. Clin Science 2006;110: 655-663
Seite 41
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
76. Johannigman JA, Davis K, Jr, Miller SL, Campbell RS, Luchette FA, Frame SB,
Branson RD: Prone positioning for acute respiratory distress syndrome in the
surgical intensive care unit: who, when, and how long? Surgery 2000;128:708-716
77. Friedrich P, Krafft P, Hochleuthner H, Mauritz W: The effects of long-term prone
positioning in patients with trauma-induced adult respiratory distress syndrome.
Anesth Analg 1996;83:1206-1211
78. Taccone P, Pesenti A, Latini R. for the Prone- Supine II Study Group: Prone
positioning in patients with moderate and severe acute respiratory distress
syndrome. JAMA 2009;302:1977-1984
79. Sachs L. Angewandte Statistik. 8. Auflage, Springer- Verlag, Berlin.1997;S.185
80. Sud S, Friedrich JO, Taccone P, Polli F, Adhikari NK, Latini R, Pesenti A, Guerin C,
Mancebo J, Curley MA; Fernandez R, Chan MC, Beuret P, Voggenreiter G, Sud M,
Tognoni G, Gattinoni L. Prone ventilation reduces mortality in patients with acute
respiratory failure and severe hypoxemia: systematic review and meta- analysis.
Intensive Care Med 2010;36(4):585-599
81. Messerole E, Peine P, Wittkopp S, Marini JJ, Albert R. The pragmatics of prone
positioning. Respir Crit Care Med 2002;165:1359-1363
82. Stiletto R, Ose C, Garrel T von, Fölsch C. Positioning therapy in the treatment of
severe oxygenation disorders in critically ill patients – Part I: current status in zhe
practical use of positioning therapy in Germany ICUs. Results of a randomized,
cross – sectional trial. Int J Intensive Care 2003;10:2-5
83. Bein T, Sabel K, Scherer A, Papp- Jambor C, Hekler M, Dubb R, Schlitt HJ, Taeger
K. Vergleich von inkompletter (135°) und kompletter Bauchlage (180°) beim
schweren akuten Lungenversagen. Der Anästhesist 2004;53:1054-1060
84. Bein
T.
Patientenlagerung-
Kinetische
Therapie
in
der
Intensivmedizin.
Anaesthesist 1998;47:74-80
85. Stiletto R, Gotzen L, Goubeaud S. Kinetische Therapie zur Therapie und
Prophylaxe der posttraumatischen Lungeninsuffizienz Unfallchirug 2000;103:10571064
86. McLean B, David R. Goldhill, MA, Imhoff M, Waldmann C. Rotational kinetic
therapy for ventilation / perfusion mismatch. Crit Care Nurs Eur 2002;113
87. Bein T, Reber A, Metz C, Jauch KW, Hedenstierna Gl. Acute effects of continuous
rotational therapy on ventilation- perfusion inequality in lung injury Intensive Care
Med 1998;124:132
88. Bein T, Reber A, Ploner F, Taeger K, Jauch KW. Continues axial rotation and
pulmonary fluid balance in acute lung injury. Clin Intensive Care 2000;11:307
Seite 42
Stellenwert der 180°-Bauchlage bei der Behandlung des akuten Lungenversagens
Sylvia Köppen
89. Gentilello L, Thompson DA, Tonnesen AS, Hernandez D, Kapadia AS, Allen SJ,
Houtchens BA, Miner ME.Effect of a rotating bed on the incidence of pulmonary
complications in critically ill patients. Crit Care Med 1988;16:783-786
90. Staudinger T, Kofler J, Müllner M, Locker GJ, Laczika K, Knapp S, Losert H, Frass
M.Comparison of prone positioning and continuous rotation of patients with adult
respiratory distress syndrome: results of a pilot study Crit Care Med 2001;29:51
91. Goldhill DR, Imhoff M, McLean B, Waldmann C. Rototional bed therapy to prevent
and treat respiratory complications: a review and meta- analysis. Am J Crit Care
2007;16:50-61
92. Bein T, Ritzka M, Schmidt F, Taeger. Einsatz der Lagerungstherapie auf deutschen
Intensivstationen. Anaesthesist 2007;56: 226-231
Seite 43