Akute Pankreatitis: Evidenzbasierte Diagnostik und Therapie

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Akute Pankreatitis: Evidenzbasierte Diagnostik und Therapie
MEDIZIN
Akute Pankreatitis: Evidenzbasierte
Diagnostik und Therapie
Wolfgang Huber, Roland M. Schmid
ZUSAMMENFASSUNG
Einleitung: Die akute Pankreatitis ist ein potenziell lebensbedrohliches Krankheitsbild. Das Zeitfenster für Diagnostik und
Therapie ist kurz. Methoden: Zur Beantwortung von 12
Schlüsselfragen wurde eine selektive Literaturaufbereitung
unter Berücksichtigung aktueller Leitlinien durchgeführt. Ergebnisse/Diskussion: Die Diagnose kann allein durch Anamnese, Klinik und Serum-Lipase gestellt werden. Zur Abgrenzung einer biliären Genese sind Cholestaseparameter und
Oberbauchsonografie ausreichend. Für die Prognose eines
schweren Verlaufs sind Anamnese (frühzeitige Vorstellung
nach Schmerzbeginn) sowie Erhöhung von Blutzucker und
Hämatokrit wegweisend. Letzteres legt eine frühe zielgerichtete Volumensubstitution nahe. Diese sollte sich an Klinik,
Echokardiografie und/oder modernen hämodynamischen Parametern orientieren. Neben der Schmerztherapie mit Opiaten belegen Metaanalysen einen therapeutischen Effekt für
die endoskopische retrograde Cholangiografie bei biliärer
Pankreatitis, für die Antibiose bei nekrotisierender Pankreatitis und für die frühzeitige enterale Ernährung. Auch beim
Nachweis von Nekrosen ist ein konservatives Vorgehen
(radiologisch oder endoskopisch gelegte Drainagen) gerechtfertigt.
Dtsch Arztebl 2007; 104(25): A 1832–42.
Schlüsselwörter: Pankreatitis, Serum-Lipase, Volumensubstitution, Schmerztherapie, enterale Ernährung
SUMMARY
ACUTE PANCREATITIS: EVIDENCE BASED
DIAGNOSIS AND TREATMENT
Introduction: Acute pancreatitis is a potentially life threatening illness, with a short time window for diagnosis and
treatment. Methods: Selective literature review with special
reference to current guidelines, focused on answering 12 key
questions. Results/Discussion: Diagnosis can be made on the
basis of a history, physical examination and serum lipase
alone. Cholostatic parameters and upper abdominal ultrasound
allows biliary pathology to be excluded. Poor prognostic indicators include history (early presentation after onset of pain),
raised blood sugar and hematocrit. The latter suggests early,
adequate volume replacement, which should be tailored to
the clinical picture, echocardiography and/or modern hemodynamic parameters. In addition to opiate analgesia, metaanalyses support the use of endoscopic retrograde cholangiography in pancreatitis of biliary origin, antibiotics in necrotizing pancreatitis and early enteral feeding. Even where
necrosis is present, conservative management (radiologically
or endoscopically placed drains) are appropriate.
Dtsch Arztebl 2007; 104(25): A 1832–42.
B
ei der akuten Pankreatitis wird durch die
enzymvermittelte Selbstandauung der Bauchspeicheldrüse innerhalb kürzester Zeit eine Kaskade
von Mediatoren aktiviert, die zu einer primär abakteriellen entzündlichen Reaktion führen. Diese geht in
schweren Fällen weit über die Organgrenzen hinaus
bis hin zum „systemic inflammatory response syndrome“ (SIRS). Aufgrund des fulminanten Verlaufs ist
das Zeitfenster für frühzeitig-zielgerichtete therapeutische Ansätze extrem kurz. Nach Ablauf dieser Frist
beschränkt sich die Therapie auf symptomatische
Maßnahmen. In dieser Übersicht soll auf jüngste Daten eingegangen werden, die zeigen, wie wichtig bei
dieser Erkrankung einfache anamnestische, klinische
und laborchemische Daten sind.
Zur Beantwortung von 12 Schlüsselfragen, die
sich dem behandelnden Arzt stellen, wurde durch die
Autoren eine selektive Literaturaufbereitung unter
Berücksichtigung der Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS), der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie
(DGCH) und der Deutschen Gesellschaft für Viszeralchirurgie (DGVC) (1) sowie des American College of
Gastroenterology (2) durchgeführt. Mit Blick auf diese Schlüsselfragen wurden aktuelle Leitlinien (1, 2,
e7), deren Literaturangaben sowie relevante Treffer einer elektronischen Literatursuche selektiv aufbereitet.
3
Punkte
cme
Teilnahme nur im
Internet möglich:
aerzteblatt.de/cme
Hat der Patient eine Pankreatitis?
Leitsymptom der Pankreatitis ist der heftige epigastrische Schmerz mit gürtelförmiger Ausstrahlung in den
Rücken. Anamnestische Angaben früherer Schübe einer Pankreatitis haben auch prognostische Bedeutung,
weil wiederholte Pankreatitisschübe seltener schwer
oder nekrotisierend verlaufen als der erste Schub
(Kasten 1). Charakteristisch für die Pankreatitis ist der
„Gummibauch“, das heißt, eine aufgrund der retroperitonealen Lage des Pankreas nur mäßiggradige Anspannung der Bauchdecken. Die Pankreatitis-Haut-
II. Medizinische
Klinik und Poliklinik
Klinikum rechts der
Isar der Technischen
Universität München:
PD Dr. med
Huber, Prof. Dr. med
Schmid
Akute Pankreatitis
Durch die enzymvermittelte Selbstandauung
der Bauchspeicheldrüse wird in kurzer
Zeit eine Kaskade von Mediatoren aktiviert, die
zu einer primär abakteriellen entzündlichen
Reaktion führen.
Key words: pancreatitis, serum lipase, volume replacement,
analgesia, enteral feeding
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KASTEN 1
Symptome
der akuten Pankreatitis*
Gürtelförmige Bauchschmerzen
90 %
Erbrechen
80 %
Paralytischer (Sub)-Ileus
70 %
Fieber
60 %
„Gummibauch“
60 %
* nach Rünzi M, Layer P, Büchler MW et al.: Therapie der akuten
Pankreatitis. Gemeinsame Leitlinien. Z Gastroenterol 2000; 38:
571–81 und Banks PA, Freeman ML, and the Practice Parameters
Committee of the American College of Gastroenterology: Practice
Guidelines in Acute Pancreatitis. Am J Gastroenterol 2006; 101:
2379–400.
zeichen in Form von lividen oder bräunlichen Verfärbungen periumbilical (Cullen-Zeichen) oder in der
Flankenregion (Grey-Turner-Zeichen) sind selten und
prognostisch ungünstig.
Unter einer Vielzahl von zum Teil kostspieligen Laborparametern ist zur Diagnosesicherung kein einziger der Serum-Lipase an Sensitivität und Spezifität
(für beide Maßeinheiten jeweils 82 bis 100 % bei
3-facher Erhöhung über der Norm) überlegen (1, 2,
e1–3). Die Amylase ist bei ähnlicher Sensitivität weniger spezifisch. Die Bestimmung von Lipase und
Amylase bietet keinen diagnostischen Zugewinn gegenüber der alleinigen Lipase-Bestimmung (3). Allerdings können aus der Höhe der Serum-Lipase keine
Rückschlüsse auf den Schweregrad der Pankreatitis
gezogen werden, weil es zum Beispiel bei der Totalnekrose des Pankreas zu einem raschen Abfall der Lipase bis hin zur „Normalisierung“ kommen kann (4).
Was ist die Ursache?
Liegt eine biliäre Pankreatitis vor?
KASTEN 2
Ursachen
der Pankreatitis*
Häufig
– Gallensteinleiden
– Alkohol
50–60 %
30–40 %
Selten
– Hyperlipidämie (Typ I, IV, V)
– Virusinfekte (Mumps)
– Post-ERCP
– posttraumatisch/postoperativ
– Hyperkalziämie
– Medikamente
(z. B. Azathioprin, Valproinsäure, Virostatika)
– Pancreas divisum
– hereditäre Pankreatitis
Ausschlussdiagnose
– „idiopathisch“
* nach Rünzi M, Layer P, Büchler MW et al.: Therapie der akuten Pankreatitis. Gemeinsame Leitlinien. Z Gastroenterol 2000; 38: 571–81
und Banks PA, Freeman ML, and the Practice Parameters Committee
of the American College of Gastroenterology: Practice Guidelines in
Acute Pancreatitis. Am J Gastroenterol 2006; 101: 2379–400;
ERCP, endoskopische retrograde Cholangiopankreatikografie
Pankreatitis als Diagnose?
Die Diagnose einer akuten Pankreatitis ist allein
aufgrund der typischen Klinik und der erhöhten
Serum-Lipase zu stellen.
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Die Klärung der Ätiologie hat sowohl prognostische
(schlechtere Prognose der alkoholischen Pankreatitis)
als auch therapeutische Konsequenzen [ERC, endoskopische retrograde Cholangiografie] bei biliärer Pankreatitis). Auch hier haben Anamnese (Alkoholkonsum,
Gallensteinanamnese, Koliken, Stuhlentfärbung, Urindunkelfärbung) und klinische Untersuchung einen erheblichen Stellenwert. Die mit Abstand häufigsten Ursachen
sind Gallensteinleiden und Alkoholismus (Kasten 2).
Wichtig ist die frühzeitige Abgrenzung der biliären
Pankreatitis von den übrigen Formen, weil hier die
Möglichkeit einer zielgerichteten Therapie mithilfe
endoskopischer Steinentfernung besteht. Neben den
anamnestischen Angaben stützt sich der Nachweis der
biliären Pankreatitis auf die Cholestase-Parameter AP,
␥GT und Bilirubin sowie auf die Transaminasen. Eine
Erhöhung der GPT auf mehr als 300 % der Norm hat
hierbei einen positiv prädiktiven Wert (PPW) für eine
biliäre Genese von 95 %.
Neben diesen Laborparametern ist die Sonografie von Gallenblase und Gallenwegen von hoher
Sensitivität und Spezifität. Ist mit den genannten
Laborparametern und dem konventionellen Ultraschall
eine biliäre Pankreatitis nicht sicher auszuschließen, kann die Endosonografie (EUS) wertvolle Hilfe
leisten. Sie ist dem konventionellen Ultraschall insbesondere im Nachweis präpapillärer Konkremente
überlegen (5). Eine aktuelle Studie an 215 Patienten mit
Ursache der Pankreatitis
Die mit Abstand häufigsten Ursachen
einer Pankreatitis sind Alkoholismus und
Gallensteinleiden.
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Diese Differenzierung ist von entscheidender prognostischer Bedeutung, weil die schwere/nekrotisierende
Pankreatitis eine frühzeitige intensivmedizinische
Überwachung und Therapie erfordert. Trotz großer
diagnostischer Fortschritte in den letzten Jahrzehnten
blieb die frühe Prädiktion des Schweregrades unbefriedigend.
Folgende Methoden werden zur Risiko-Prädiktion
verwandt:
Die Ranson-Kriterien (e4, Tabelle 1) sind mehr als 30
Jahre alt und errechnen sich aus 5 Parametern bei Aufnahme sowie 6 weiteren, die erst nach 48 h bestimmt werden
können. Eine endgültige Prognose ist also erst 2 Tage nach
Erstuntersuchung möglich. Bei 3 Ranson-Punkten ist
von einer schweren Pankreatitis auszugehen.
Der APACHE-II-Score (e5) ist ein intensivmedizinischer Score, der 12 Akutparameter mit Alterspunkten und
Punkten für chronische Vorerkrankungen verrechnet (Tabelle 2). Von einer schweren Pankreatitis ist bei mindestens 8 APACHE-II-Punkten auszugehen. Auch dieser
relativ komplexe Score erlaubt eine ausreichende Prognose frühestens nach 2 Tagen. Bei Aufnahme hat der
APACHE-II-Score in der Vorhersage einer schweren
Pankreatitis lediglich eine Sensitivität von 36 % und einen
positiv-prädiktiven Wert von 24 % (7).
Die Computertomografie mit intravenösem Kontrastmittel visualisiert durch fehlende KM-Aufnahme die
Nekrosen gegenüber dem KM-aufnehmenden vitalen Gewebe (e6). Aus Serien-Untersuchungen an 102 Patienten,
bei denen eine CT-Aufnahme angefertigt wurde – jeweils
2 und 7 Tage nach Aufnahme – ist allerdings bekannt, dass
die CT-Aufnahme das spätere Ausmaß der Erkrankung
noch nicht bildlich darstellen kann und damit zum Teil unterschätzt (8) und erst 7 Tage nach Aufnahme eine ausreichende Aussagekraft hat. So wurden am Tag 2 bei jeweils
88 % der Patienten mit im Verlauf leichter wie auch
schwerer Pankreatitis keine Nekrosen nachgewiesen, am
Tag 7 bei 79 % versus 38 % (p < 0,001). Die Computertomografie ist also für die Prognose in der Frühphase nicht
so zuverlässig wie früher angenommen (Balthazar-Kriterien; 1990) und für die Diagnose einer Pankreatitis selten
erforderlich. Eine CT kommt hier allenfalls zum Ausschluss anderer Differenzialdiagnosen infrage. Gleiches
gilt für das NMR.
Laborchemischer Goldstandard ist das C-reaktive
Protein (CRP). Eine Erhöhung über 15 mg/dL oder
150 mg/L spricht für eine nekrotisierende Pankreatitis
(e7). Das CRP ist hierbei Zytokinen wie IL–1, IL–8 und
TNF␣ überlegen, dem IL–6 zumindest gleichwertig
(e7). Darüber hinaus ist die CRP-Bestimmung schneller, preiswerter und überall verfügbar. Für eine Reihe
weiterer klinisch-chemischer Parameter wie unter anderem Procalcitonin, „Pancreatitis-Associated Protein“,
Leukozyten-Elastase, Phospholipase A2 und Ribonuklease steht der Beweis eines diagnostisch-prädiktiven
Zugewinns gegenüber dem CRP aus. Aufgrund der Latenz des CRP-Anstiegs ist auch dieser Parameter erst
nach 2 bis 3 Tagen ausreichend prädiktiv. Als Fazit ist
festzuhalten, dass die genannten Parameter in der
Primärversorger-Situation keinen ausreichenden prädiktiven Wert haben; dieser wird frühestens nach
Leichte oder schwere Pankreatitis?
Ranson- und Apache-II-Score sowie CRP
haben erst nach 48 h einen ausreichenden
prädiktiven Wert.
Laborchemischer Goldstandard
Eine Erhöhung des Wertes für das C-reaktive Protein über 15 mg/dL oder 150 mg/L spricht für eine
nekrotisierende Pankreatitis.
TABELLE 1
Definition der Ranson-Kriterien*al
SensitivitätSpezifität Zeit
Erstuntersuchung
nach 48 Stunden
Alter > 55 Jahre
Volumendefizit > 6L
Leukozyten > 16 G/L
Anstieg von Blutharnstoffstickstoff um > 5 mg/dL
GOT > 255 U/L
Basendefizit > 4 mmol/L
LDH > 350 U/L
Abfall des PaO2 auf 60 mmHg
Blutzucker > 200 mg/dL
Abfall des Serum-Kalziums auf < 2 mmol/L
Punktsumme nach 48 h
Letalität (Angaben in % aus dem Jahr 1974)
0–2 Punkte
<1%
3–4 Punkte
15 %
5–6 Punkte
40 %
> 6 Punkte
100 %
* Ranson JH, Rifkind KM, Roses DF, Fink SD, Eng K, Spencer FC:
Prognostic signs and the role of operative management in acute pancreatitis.
Surg Gynecol Obstet 1974; 139(1): 69–81.
GOT, Glutamatoxalacetattransaminase; LDH, Lactatdehydrogenase
symptomatischer Cholelithiasis zeigte, dass die EUS
bei dieser Fragestellung auch der diagnostischen endoskopisch retrograden Cholangiopankreatikografie
(ERCP) überlegen ist. So war die EUS der ERC(P) beim
Nachweis von Choledochus-Konkrementen mit einer
Sensitivität von 97 % gegenüber 67 % signifikant überlegen (p = 0,002). Besonders deutlich war der Vorteil
bei Konkrementen unter 4 mm Durchmesser. Kostspielige Labormarker wie Procalcitonin oder auch eine
Computertomografie (CT) bieten keinen zusätzlichen
diagnostischen Vorteil.
Liegt eine schwere/nekrotisierende oder eine
leichte/ödematöse Pankreatitis vor?
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TABELLE 2
APACHE-II-Score
Parameter
4 Punkte
3 Punkte
2 Punkte
1 Punkt
0 Punkte
Temperatur rektal
(Grad Celsius)
41
< 29,9
39–40,9
30–31,9
–
32–33,9
38,5–38,9
34–35,9
36–38,4
–
Art. Mitteldruck
(mmHg)
160
< 49
130–159
–
110–129
50–69
–
–
70–109
–
Herzfrequenz
(pro min)
180
39
140–179
40–54
110–139
55–69
–
–
70–109
–
Atemfrequenz
50
5
35–49
–
6–9
–
25–34
10–11
12–24
–
Oxygenierung:
Wenn FiO2 > 0,5:
AaDO2
Wenn FiO2 < 0,5:
PaO2
500
350–499
200–349
–
< 200
< 55
55–60
–
61–70
> 70
Arterieller pH
oder
7,7
< 7,15
52
< 15
7,6–7,69
7,15–7,24
41–51,9
15–17,9
7,25–7,32
–
18–21,9
7,5–7,59
–
32–40,9
7,33–7,49
–
22–31,9
Serum-Natrium
(mmol/L)
180
110
160–179
111–119
155–159
120–129
150–154
–
130–149
–
Serum-Kalium
(mmol/L)
7
< 2,5
6–6,9
–
2,5–2,9
–
5,5–5,9
3–3,4
3,5–5,4
–
Serum-Kreatinin
(mg/dL)
Doppelter Punktwert bei ANV
3,5
–
2,0–3,4
–
1,5–1,9
< 0,6
–
–
0,6–1,4
–
Hämatokrit
60
< 20
–
–
50–59,9
20–29,9
46–49,9
–
30–45,9
–
Leukozyten (G/L)
40
<1
–
–
20–39,9
1–2,9
15–19,9
–
3–14,9
–
HCO3– (nur wenn keine arterielle BGA)
(mmol/L)
Glasgow Coma Scale (GCS): 15-GCS
Alterspunkte 0–6
–
–
–
–
–
65–74 Jahre: 5 Punkte
> 75 Jahre: 6 Punkte
55–64 Jahre
45–54 Jahre
–
< 44 Jahre
5 Punkte bei chronischem Organversagen: Leberzirrhose NYHA IV, schwere COPD, chronische Dialyse, Immunsuppression
BGA, Blutgasanalyse; ANV, akutes Nierenversagen
48 h erreicht. Abhilfe schaffen einfache anamnestische
und laborchemische Parameter.
Von großer Bedeutung ist die Frage nach dem
Schmerzbeginn. Patienten mit schwerer Pankreatitis
suchen den Arzt signifikant häufiger innerhalb der ersten
24 h nach Schmerzbeginn auf als Patienten mit ödematöser Pankreatitis. In einer Studie (11) war das Intervall
bis zur Vorstellung beim Primärversorger bei Patienten
mit (später) nekrotisierender mit durchschnittlich 18 h
gegenüber 38 h signifikant (p = 0,005) kürzer als bei Patienten mit ödematöser Pankreatitis.
Bereits die Ranson-Kriterien beinhalten, dass das
Auftreten einer Hyperglykämie prognostisch ungünstig
ist (e4). Eine neuere Studie bestätigte dies und zeigte,
dass ein Blutzucker über 125 mg/dL eine hohe Sensitivität (83 %) und einen hohen negativ-prädiktiven Wert
(NPW: 92 %) für das Auftreten einer nekrotisierenden
Pankreatitis hat (13).
Frage nach dem Schmerz
Patienten mit schwerer Pankreatitis suchen
den Arzt signifikant häufiger innerhalb
der ersten 24 h nach Schmerzbeginn auf als
Patienten mit ödematöser Pankreatitis.
Entscheidung: Schwer nekrotisierende oder
leicht ödematöse Pankreatitis?
Prognostisch ungünstig für die Entstehung einer
nekrotisierenden Pankreatitis sind eine Erhöhung
des Hämatokrits und/oder des Blutzuckers.
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Prädikativer Wert
im Zeitverlauf
(schematisch)
Hkt, Hämatokrit;
BZ, Blutzucker;
CRP, C-reaktives
Protein;
CT, Computertomografie
GRAFIK 1
KASTEN 3
Definition statistischer Kenngrößen
Negativ-prädiktiver Wert
Richtig-Negative
Richtig-Negative + Falsch-Negative
Positiv-prädiktiver Wert
Richtig-Positive
Richtig-Positive + Falsch-Positive
Sensitiviät
Richtig-Positive
Richtig-Positive + Falsch-Negative
Spezifität
Richtig-Negative
Richtig-Negative + Falsch-Positive
A 1836
Gleiches gilt für eine Erhöhung des Hämatokrits
(Hkt) (10–12). Ein Hkt > 43 % beim Mann oder ein
Hkt > 39,6 % bei der Frau haben hohe Sensitivität
(74 %) und einen hohen negativen prädiktiven Wert
(NPW) (88 %) für das Auftreten einer nekrotisierenden Pankreatitis (12).
Eine weitere Studie fand für einen Hkt > 44 %
ebenfalls einen hohen NPW bezüglich der schweren/nekrotisierenden Pankreatitis (10) (zur Berechnung der statistischen Kenngrößen siehe auch Kasten
3). Hyperglykämie und Hämatokrit-Erhöhung haben
jeweils einen hohen „negativ-prädiktiven Wert“,
das heißt, nicht jeder Patient mit diesen pathologischen Werten wird eine nekrotisierende Pankreatitis
entwickeln, aber diese ist unwahrscheinlich, wenn
weder Hyperglykämie noch Hämatokriterhöhung vorliegen.
Bei der Bewertung der genannten Prädiktoren ist zu
berücksichtigen, dass sich der prädiktive Wert im
Laufe der ersten 2 bis 3 Tage ändert, das heißt, bei einzelnen Parametern (BZ, Hkt) schlechter wird, bei anderen (CRP, APACHE-II, CT) besser (Grafik 1).
Weitere prognostisch ungünstige Parameter sind eine
Leukozytose von mehr als 16 G/L , Alter über 55 Jahre,
ein Body-Maß-Index von mehr als 30, eine Serum-Kalziumkonzentration unter 2 mmol/L und eine Lactatdehydrogenase von mehr als 350 U/L.
Muss der Patient ins Krankenhaus?
Muss der Patient auf die Intensivstation?
Prognostisch ungünstige Parameter
Leukozytose mehr als 16 G/L
Alter über 55 Jahre
BMI mehr als 30
Serum-Kalziumkonzentration < als 2 mmol/L
Lactatdehydrogenase > 350 U/L
Bildgebung
Ein CT sollte nur bei zu erwartenden therapeutischen Konsequenzen wie Punktion und Drainage durchgeführt werden.
Cave! Kontrastmittel-Nephropathie
Aufgrund des potenziell lebensbedrohlichen Verlaufes und der genannten Schwierigkeiten in der Prognosestellung muss jeder Patient mit akuter Pankreatitis
stationär eingewiesen werden. Patienten mit hohem
Risiko für einen nekrotisierenden Verlauf müssen
primär auf die Intensivstation.
Welche Bildgebung ist erforderlich?
Der Stellenwert der Sonografie liegt vor allem in der
Beurteilung der Gallenwege. Die Beurteilung des
Pankreas ist bei Luftüberlagerung durch den paralytischen Ileus oft wenig sensitiv. Ein CT sollte nur bei zu
erwartenden therapeutischen Konsequenzen (Punktion, Drainage) durchgeführt werden, die sich in der
Frühphase selten ergeben, sodass ein CT – falls überhaupt – nach 7 bis 10 Tagen wesentlich sinnvoller ist
(8, 26).
Wegen des Risikos der Kontrastmittel-Nephropathie sollte bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion eine entsprechende Prophylaxe (200 mg
Theophyllin intravenös 30 min vor der Untersuchung,
Hydrierung) durchgeführt werden (14, 15).
Eine Alternative stellt die Kernspintomografie
(NMR) dar, die bei geringerer Nephrotoxizität von
Gadolinium gegenüber Röntgen-Kontrastmitteln dem
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CT vergleichbare Daten in der Beurteilung der akuten
Pankreatitis erbringt (e8). Im Hinblick auf mögliche
Interventionen ist das CT allerdings üblicherweise
praktikabler.
Antibiose ja oder nein?
Eine Antibiose ist bei der ödematösen Pankreatitis ohne Cholangitis nicht erforderlich. Bei der schweren/
nekrotisierenden Pankreatitis konnte in einer Metaanalyse eine signifikante Reduktion der Letalität um
12,3 % (NNT = 8) und septischer Komplikationen
um 21,1 % (NNT = 5) nachgewiesen werden (16,
e9–e11). Eine jüngste Studie konnte diese Daten nicht
bestätigen (17), schloss aber auch Patienten ohne sicheren Nekrosenachweis ein. Letalität (6 %) und medianer Ranson-Score (2 bis 3) waren so niedrig, dass
vermutlich zu viele Patienten mit leichter Pankreatitis
eingeschlossen wurden, um einen Vorteil der Antibiose (Ciprofloxacin und Metronidazol) bei schwerer
Pankreatitis ausschließen zu können.
Eine jüngste Metaanalyse belegte eine Senkung der
Letalität durch Antibiose auch unter Einschluss dieser
Studie (e12). Ferner waren 24 von 51 der Bakterienisolate gegen das in dieser Studie verwandte Ciprofloxacin resistent. Über die Hälfte der isolierten Erreger
waren grampositiv (Staphylokokken, Enterokokken),
sodass diese Erreger bei Versagen der Antibiose
berücksichtigt werden sollten. Da in den wenigen
kontrollierten Studien zu diesem Thema unterschiedliche Antibiotikaregime (e9–e11, 17) verwandt wurden, ist es schwierig, ein spezielles Antibiotikum
zu empfehlen. Aufgrund seiner nachgewiesenen
Pankreasgängigkeit und des zu erwartenden Keimspektrums ist Imipenem zu empfehlen. Gesicherte
Daten für die Therapiedauer liegen nicht vor. Ein
Cochrane-Review, der ebenfalls eine Letalitätssenkung zeigte, empfiehlt eine Therapiedauer von 10 bis
14 Tagen. Hinweise auf eine Häufung von Pilzinfekten durch die Antibiose fanden sich in einer Metaanalyse nicht (e12).
KASTEN 4
Ursachen des intravaskulären
Volumenmangels bei
nekrotisierender Pankreatitis
Übelkeit, mangelnde Flüssigkeitsaufnahme
Erbrechen
paralytischer Ileus
Aszites
Pleuraergüsse
entzündliches Ödem
Exsudationen
Kapillarleck bei „systemic inflammatory response
syndrome“ (SIRS)
der Pankreatitis bei schwerer Verlaufsform („odds
ratio“ [OR] = 0,27; 95-%-Konfidenzinterfall [95-%-KI]:
0,14 bis 0,53), aber nicht bei der leichten (OR = 0,89;
95-%-KI: 0,53 bis 1,49).
Aufgrund der fulminanten Pathophysiologie sollte
die ERC bei entsprechender Indikation frühzeitig erfolgen. Daher sollte der Patient bei nachgewiesener
biliärer Pankreatitis auf alle Fälle in eine Klinik mit
entsprechender Expertise eingewiesen werden. Die
frühzeitige endoskopische Entfernung eines impaktierten Gallensteins ist eine der wenigen Möglichkeiten einer frühzeitigen zielgerichteten Therapie der
Pankreatitis. Eine Darstellung des Pankreasganges ist
wegen des Risikos einer weiteren Pankreasirritation
kontraindiziert.
Eine sofortige ERC ist bei Cholangitis oder Cholangiosepsis indiziert. Wichtigstes Cholangitiskriterium ist die Erhöhung der GPT auf mehr als das Dreifache der Norm. Bei allen übrigen Fällen der biliären
Pankreatitis sollte die ERCP binnen 72 h stattfinden.
Welche Schmerztherapie?
ERC(P) ja oder nein?
Eine Metaanalyse von 4 Studien wies eine Reduktion
von Komplikationen (25 % versus 38,2 %; relative
Risikoreduktion [RRR] 34,6 %; „number needed to
treat“ [NNT] 7,6; p < 0,001) und Letalität (5,2 % versus 9,1 %; RRR 42,9 %; NNT 25,9) durch ERC bei biliärer Pankreatitis nach (18). Eine Cochrane-Metaanalyse (19) zeigte eine Reduktion von Komplikationen
Antibiose
Ist bei ödematöser Pankreatitis ohne Cholangitis nicht erforderlich.
Für die schwere nekrotisierende Pankreatitis
konnte durch Antibiose eine Senkung der Letalität und der septischen Komplikationen nachgewiesen werden.
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Vordringliches Anliegen des Patienten ist eine unverzügliche Analgesie. Meist ist der Einsatz von Opiaten
unumgänglich. Aufgrund des bei vielen Opiaten möglichen Papillenspasmus werden überwiegend Buprenorphin und Pentazocin empfohlen.
Die parenterale Gabe des Lokalanästhetikums Procain ist weitgehend auf den deutschsprachigen Raum
beschränkt. 2 neuere Studien belegen allerdings keine
ERC
ist sofort indiziert bei Cholangitis oder Cholangiosepsis.
Eine Darstellung des Pankreasganges ist wegen des Risikos einer weiteren Pankreasirritation kontraindiziert.
A 1837
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Methodik der
transpulmonalen
Thermodilution und
Pulskonturanalyse
(Nachdruck mit Genehmigung von Pulsion Medical Systems, München)
GRAFIK 2
adäquate Analgesie durch Procain (20, 21). Eine
Kombination mit Opiaten ermöglichte in einer der
Studien keine Reduktion der Opiatdosis (21).
Da die Opiate den bereits durch die Pankreatitis bestehenden paralytischen Ileus verstärken, sind analgetische Alternativen naheliegend (Periduralanästhesie,
Ketamin, nichtsteroidale Antiphlogistika). Allerdings
liegen hier keine ausreichenden kontrollierten Daten
vor.
Parenterale oder enterale Ernährung?
Über Jahrzehnte war die Nahrungskarenz und parenterale Ernährung einer der Eckpfeiler der Therapie
der akuten Pankreatitis. Eine Vielzahl meist kleiner
und nur teilweise kontrollierter Studien mit häufig
multiplen Endpunkten postuliert Vorteile einer frühen
enteralen Ernährung über eine endoskopisch oder radiologisch gelegte Jejunalsonde (e17–e22).
Jüngste Daten belegen keinen Vorteil einer Ernährung über eine Jejunalsonde gegenüber einer Magensonde (6). Einer kritischen Durchsicht hält die
derzeitige Datenlage allerdings nicht sicher stand. Die
meisten der Studien haben zu wenig Patienten einbezogen, schließen zum Teil Patienten mit ödematöser
Schmerztherapie
Der Einsatz von Opiaten ist bei der schweren
Pankreatitis meistens unumgänglich.
Zur Vermeidung des Papillenspasmus kommen
überwiegend Buprenorphin und Pentazocin zum
Einsatz.
A 1838
Pankreatitis ein und erlauben keine generelle Empfehlung einer frühzeitigen enteralen Ernährung bei nekrotisierender Pankreatitis. Eine Metanalyse konnte
zumindest einen Rückgang infektiöser Komplikationen gegenüber der totalen parenteralen Ernährung belegen (e23), hingegen keine Reduktion der Letalität.
Dennoch sollte aufgrund des reduzierten Infektionsrisikos durch enterale Ernährung so früh wie möglich
damit begonnen werden. Gleichzeitig sollte die anhaltende Notwendigkeit eines zentralen Venenkatheters
aufgrund des Infektionsrisikos so früh wie möglich
überprüft werden.
Wie viel Flüssigkeit?
Entscheidende Bedeutung für den Erhalt von möglichst viel vitalem Gewebe hat bei einer Reihe von
ganz unterschiedlichen Krankheitsbildern wie ischämischer Apoplex und Myokardinfarkt die Aufrechterhaltung einer optimalen Organperfusion. Ähnliches
muss auch für die Pankreatitis angenommen werden,
bei der es bereits sehr früh zu einer intravaskulären
Hypovolämie kommt (Kasten 4).
Die Steuerung der Volumenzufuhr ist bei der schweren
Pankreatitis besonders schwierig. In den meisten Leitlini-
Parenterale oder enterale Ernährung?
Für die enterale Ernährung bei der nekrotisierenden Pankreatitis konnte ein Rückgang der infektiösen Komplikationen gegenüber der parenteralen Ernährung belegt werden.
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en wird eine parenterale Volumenzufuhr von 2 bis 4 L pro
24 h empfohlen. Die klinische Einschätzung des intravaskulären Volumenstatus wird oft durch Symptome des
Volumenüberschusses in extravaskulären Kompartimenten wie Interstitium (Beinödeme durch Kapillarleck) und
„drittem Raum“ (Pleuraergüsse, Aszites) beeinflusst. Einer ausreichenden Volumenzufuhr steht häufig die Angst
vor einer pulmonalen Überwässerung im Wege.
Aufgrund der genannten großen prädiktiven Bedeutung des Hämatokrits und damit der Aufrechterhaltung eines ausreichenden intravaskulären Volumens ist bei der schweren/nekrotisierenden Pankreatitis die Indikation zu einem möglichst frühzeitigen hämodynamischen Monitoring gegeben.
Der zentrale Venendruck (ZVD) als druckbasierter
Parameter schätzt die Vorlast als transmurale Druckdifferenz zwischen Innen- und Außenseite der Vena
cava superior (VCS). Hiervon kann allerdings nur der
Druck auf der Innenseite der VCS direkt gemessen
werden. Als Surrogat für den Außendruck der VCS
wird der Atmosphärendruck angenommen (vergleiche
Nullwert-Abgleich des zentralen Venendrucks). Dies
ist korrekt, solange der Druck an der Außenseite der
VCS nicht über dem Atmosphärendruck liegt. Verschiedene Mechanismen führen aber zu einer Erhöhung dieses Drucks, unter anderem eine Erhöhung
des intraabdominalen Drucks, mechanische Überdruckbeatmung, Pleuraergüsse und Mediastinalödem.
Je größer diese Druck-Komponenten sind, desto mehr
überschätzt der ZVD die Vorlast.
Vielfach wird der Pulmonalarterien-Katheter (PAC)
zur Volumensteuerung bei der nekrotisierenden Pankreatitis (NP) empfohlen. Auch beim PAC handelt es
sich um ein druckbasiertes Verfahren zur Einschätzung der Vorlast.
Eine Vielzahl aktueller Studien zeigt, dass das Ansprechen auf Volumenzufuhr durch volumenbasierte
Vorlastparameter wie zum Beispiel globales enddiastolisches Volumen (GEDV) beziehungsweise intrathorakales Blutvolumen (ITBV) sowie die Variabilität von Schlagvolumen („stroke volume variation“
[SVV]), systolischem Blutdruck („systolic pressure
variation“ [SPV]) und Differenz von systolischem
und diastolischem Blutdruck („pulse pressure variation“ [PPV]) besser vorhergesagt werden kann als
durch den ZVD oder den PAC. Diese Variabilitäten
können automatisiert von mehreren HämodynamikMonitoring-Systemen mit arteriellem Zugang bestimmt
werden.
Wieviel Flüssigkeit?
Der Flüssigkeitsbedarf ist erheblich und klinisch
oft schwer einzuschätzen („trockene Zunge“/
„dicke Beine“).
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TABELLE 3
EBM-Grade für die Diagnose der akuten Pankreatitis
Schlüsselfragen
Diagnostik
EBM-Grad
Pankreatitis?
Klinik + Lipase
EBM A*1
biliär?
Labor, Sonografie
EBM A*1
Nekrose
Hämatokrit, Blutzucker
EBM A*1
Intensivstation
bei Verdacht auf Nekrose
EBM B*2
wann CT?
nur bei Verdacht auf
Nekrose und frühestens
nach 3 Tagen
EBM A*1
ERCP?
bei biliärer Pankreatitis
EBM A*1
Antibiose?
bei Nekrosen
EBM A*1
Schmerztherapie?
Opiat besser als Procain
EBM A*1
enterale Ernährung
vermeidet (ZVK)-Infekte
EBM A*1
wie viel Volumen?
hämodynamisches
Monitoring, ITBV, EVLW
EBM B*2
4 Antis?
nein
EBM A*1
Chirurgie?
nicht bei steriler Nekrose,
so selten und spät wie
möglich
EBM A*1
EBM B*2
*1 EBM-Klassifikation A:
Ia, Metaanalyse von randomisierten, kontrollierten Studien; Ib, randomisierte, kontrollierte Studie;
IIa, gut angelegte, kontrollierte Studie ohne Randomisierung,
*2 EBM-Klassifikation B:
IIb,andere Art von gut angelegter, quasi-experimenteller Studie;
III, gut angelegte, nicht experimentelle, deskriptive Studie (Vergleichs-, Fall-Kontroll-Studien)
EBM-Klassifikation C:
IV, Expertenmeinung; ZVK, zentraler Venenkatheter; ITBV, intrathorakales Blutvolumen;
EVLW, extravaskuläres Lungenwasser
Die volumenbasierten Parameter können mithilfe
der Indikatortechnik (Injektion von gekühlter NaCLLösung; transpulmonale Thermodilution), aber auch
mithilfe der Echokardiografie bestimmt werden. Die
Einschätzung der Vorlast mithilfe der genannten Variabilitäten ist allerdings nur unter der Voraussetzung
einer kontrollierten Beatmung und bei Vorliegen eines Sinus-Rhythmus möglich. Die echokardiografischen Methoden haben den Vorteil, für Einzeluntersuchungen schnell zur Verfügung zu stehen, setzen
allerdings einen erfahrenen Untersucher voraus. Außerdem ist die wiederholte Untersuchung personell aufwendig.
Aufgrund der genannten Nachteile von ZVD, Pulmonalarterien-Katheter und Echokardiografie sowie der
nur bei Sinusrhythmus und kontrollierter Beatmung an-
Das Ansprechen auf Volumenzufuhr
kann durch volumenbasierte Vorlastparameter
wie GEDV und ITBV sowie die Variabilität von
Schlagvolumen, systolischem Blutdruck und
Differenz von systolischem und diastolischem
Blutdruck besser vorhergesagt werden.
A 1839
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wendbaren Parameter SVV und PPV scheinen die Monitoringsysteme bei der schweren Pankreatitis am besten geeignet zu sein, die mithilfe der Thermodilution die
Werte des Herzzeitvolumens (HZV), des systemischen
Widerstands „systemic vascular resistance“ (SVR),
globales endodiastolisches Volumen (GEDV) und die
Werte der Menge des extravaskulären Lungenwassers
(EVLW) liefern sowie zusätzlich mithilfe der Pulskonturanalyse die kontinuierliche Messung des HZV, der
Schlagvolumenvariation (SVV) und der „puls pressure
variation“ (PPV) ermöglichen.
Neben der Möglichkeit mit geringem apparativem
Aufwand (Injektion von gekühlter Kochsalzlösung
über konventionellen zentralen Venenkatheter; Detektion der Thermodilutionskurve über arteriellen
Katheter, der üblicherweise ohnehin indiziert ist) den
Volumenmangel einzuschätzen, ist das extravaskuläre
Lungenwasser (EVLW) geeignet, eine überschießende Volumenzufuhr mit pulmonaler Überwässerung
anzuzeigen (Grafik 2).
Erste Untersuchungen an Patienten mit schwerer/
nekrotisierender Pankreatitis zeigen, dass der zentrale
Venendruck bei diesen Patienten in keiner Weise
geeignet ist, das Volumendefizit zu erfassen. Bei 100
Messungen innerhalb der ersten 24 h nach Aufnahme lag das intrathorakale Blutvolumen (ITBV)
45-mal unter der Norm, obwohl der zentrale Venendruck normal oder erhöht war. Diese Pilotstudie mündete mittlerweile in eine multizentrische kontrollierte
Studie.
Was bringen die 4 „Antis“?
Aufgrund pathophysiologischer Überlegungen wurden in den letzten 2 Jahrzehnten große Hoffnungen
in die Therapie mit Antiproteasen-/Proteinase-Inhibitoren (zum Beispiel Aprotinin, Gabexat Mesilat),
Antiphlogistika, Antioxidanzien und Antisekretoren
(Somatostatin, Octreotid) gesetzt. Alle 4 „Antis“ blieben bislang in kontrollierten Studien den Beweis einer
therapeutischen Wirksamkeit schuldig.
Chirurgie ja oder nein?
Seit Beginn der Pankreaschirurgie wechselten in etwa
20-jährigen Abständen Phasen, in denen ein chirurgisches beziehungsweise konservatives Vorgehen favorisiert wurde. Seit dem Jahr 1990 wurde eine Reihe
von Studien publiziert, die mit dem Dogma brachen,
dass der Nachweis von Nekrosen mit der OP-Indikation identisch ist (22, 23).
Einsatz der 4 „Antis“
Antiproteasen-/Proteinase-Inhibitoren, Antiphlogistika, Antioxidanzien und Antisekretoren blieben
in kontrollierten Studien den Beweis einer therapeutischen Wirksamkeit schuldig.
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In den meisten Leitlinien wird mittlerweile zumindest bei der nekrotisierenden Pankreatitis ohne Nachweis von Keimen in der Nekrose ein konservatives
Vorgehen empfohlen. Die Datenlage beim Nachweis
von infizierten Nekrosen kann nicht abschließend beurteilt werden, weil es hierzu bisher keine publizierten
kontrollierten Daten gibt, die konservatives und operatives Vorgehen beim Nachweis von Nekrosen vergleichen. Dass ein konservatives Vorgehen hier prinzipiell möglich ist, wurde in einer unkontrollierten
Studie an 16 Patienten mit einer Letalität von 12 %
gezeigt (e24). Die CT-gezielte Punktion mit Einlage
von Drainagen (26) und endoskopisch-mikroinvasive
Maßnahmen (27, 28) bieten hier vielversprechende
Alternativen. Eine Kombination beider Verfahren mit
der Möglichkeit einer kontinuierlichen Spülung über
einen perkutanen Zugang und einen Abfluss über eine
endoskopisch angelegte interne Drainage ist vielversprechend. Allerdings sollten auch diese Verfahren
nur im Rahmen kontrollierter Studien eingesetzt werden (Tabelle 3).
Sollten diese Maßnahmen zu keiner Besserung
führen oder sind sie technisch-anatomisch nicht möglich, kann die chirurgische Therapie sinnvoll sein.
Einigkeit besteht darüber, dass mit einem chirurgischen Vorgehen möglichst lange, mindestens aber 10
bis 14 Tage nach Schmerzbeginn gewartet werden
sollte (24). Eine weitere Indikation für ein chirurgisches Vorgehen stellt das „intraabdominal compartment syndrome“ dar (e26).
Interessenkonflikt
PD Huber hat Beratungstätigkeiten für die Firma Pulsion Medical Systems,
München, wahrgenommen. Prof. Schmidt erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal
Editors besteht.
Manuskriptdaten
eingereicht: 16. 11. 2006, revidierte Fassung angenommen: 22. 5. 2007
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Wann Chirurgie?
Die meisten Leitlinien empfehlen ein konservatives Vorgehen bei der nekrotisierenden Pankreatitis ohne Nachweis von Keimen in der Nekrose.
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Anschrift für die Verfasser
PD Dr. Wolfgang Huber
Klinikum Rechts der Isar der Technischen Universität München
Intensivstation 2/11, Ismaningerstraße 22
81675 München
E-Mail: Wolfgang.Huber@lrz.tu-muenchen.de
@
Mit „e“ gekennzeichnete Literatur:
www.aerzteblatt.de/lit2407
The English version of this article ist available online:
www.aerzteblatt.de/english
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Weitere Informationen zu cme
Dieser Beitrag wurde von der Nordrheinischen Akademie für
ärztliche Fort- und Weiterbildung zertifiziert.
Eine Kasuistik steht im Internet zur Verfügung:
www.aerzteblatt.de/cme/0707
Die erworbenen Fortbildungspunkte können mithilfe der Einheitlichen
Fortbildungsnummer (EFN) verwaltet werden. Unter www.aerzteblatt.de/cme
muss hierfür in der Rubrik „Meine Daten“ oder bei der Registrierung die EFN in
das entsprechende Eingabefeld eingegeben werden.
Die 15-stellige EFN steht auf dem Fortbildungsausweis.
Wichtiger Hinweis
Die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung ist ausschließlich über das Internet
möglich: www.aerzteblatt.de/cme
Einsendeschluss ist der 3. August 2007.
Einsendungen, die per Brief oder Fax erfolgen,
können nicht berücksichtigt werden.
Die Lösungen zu dieser cme-Einheit werden in Heft 33/2007
an dieser Stelle veröffentlicht.
Die cme-Einheit „Basiswissen Gerinnungslabor“ (Heft 21/2007)
kann noch bis zum 6. Juli 2007 bearbeitet werden.
Für Heft 28–29/2007 ist das Thema „Drogenkonsum im Kindes- und
Jugendalter – Früherkennung und Intervention“ vorgesehen.
Lösungen zur cme-Einheit in Heft 17/2007:
Lewalter T et al.: Notfall Herzrhythmusstörungen: 1/c, 2/c, 3/d, 4/c, 5/c, 6/c,
7/a, 8/c, 9/e, 10/b
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MEDIZIN
Bitte beantworten Sie folgende Fragen für die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung. Pro Frage
ist nur eine Antwort möglich. Bitte entscheiden Sie sich für die am ehesten zutreffende Antwort.
Frage Nr. 1
Frage Nr. 6
Welche Antwort ist richtig?
a) Zur Diagnostik der Pankreatitis sollten in jedem Fall
Amylase und Lipase bestimmt werden.
b) Die Lipase ist der treffsicherste Parameter in der
Labordiagnostik der akuten Pankreatitis.
c) Die zusätzliche Bestimmung der Amylase zur Lipase im
Serum bringt keinen wesentlichen diagnostischen Vorteil
gegenüber der alleinigen Bestimmung der Lipase.
d) Die Diagnose einer akuten Pankreatitis ist bei Erhöhung
der Lipase im Serum über das Dreifache der Norm auch
ohne typischen Schmerzcharakter gesichert.
e) Die Hypokalziämie ist eine häufige Ursache der akuten
Pankreatitis.
Der Stellenwert einer frühen enteralen Ernährung bei
akuter Pankreatitis liegt vor allem in einer
a) Reduktion der Letalität.
b) Reduktion der Beatmungstage.
c) Reduktion des Analgetikabedarfs.
d) Reduktion von infektiösen Komplikationen.
e) Reduktion der Zahl von akuten Nierenversagen.
Frage Nr. 2
Zur Unterscheidung einer biliären Pankreatitis
von einer Pankreatitis anderer Genese ist folgende(r)
Angabe/Befund entscheidend:
a) Geschlecht des Patienten
b) MRT
c) Cholestaseparameter
d) Procalcitonin im Serum
e) Blutsenkungsgeschwindigkeit
Frage Nr. 3
Welcher der genannten Parameter hat innerhalb
der ersten 24 h nach Schmerzbeginn einen hohen
prognostischen Wert zur Differenzierung zwischen
leichter/ödematöser und schwerer/nekrotisierender
Pankreatitis:
a) Ranson-Kriterien
b) APACHE-II-Score
c) Hämatokrit
d) Computertomografie von Abdomen und Becken ohne Kontrastmittel
e) C-reaktives Protein
Frage Nr. 7
Welche Aussage zur ERC(P) bei Pankreatitis ist richtig?
a) Die frühzeitige endoskopische Entfernung eines impaktierten Gallensteins ist eine der wenigen Möglichkeiten einer
frühzeitig zielgerichteten Therapie.
b) Die Darstellung des Pankreasganges ist bei der Pankreatitis unumgänglich.
c) Bei Cholangitis sollte die ERC erst nach einer Dauer von 14
Tagen erfolgen.
d) Eine Metaanalyse konnte eine Erhöhung von Komplikationen durch ERC bei biliärer Pankreatitis nachweisen.
e) Keine der Aussagen trifft zu.
Frage Nr. 8
Welche Aussage zum chirurgischen Vorgehen ist richtig?
a) Bei Nachweis von Nekrosen muss immer operiert werden.
b) Der günstigste Zeitpunkt für ein chirurgisches
Vorgehen bei der nekrotisierenden Pankreatitis sind
die ersten 3 Tage nach Schmerzbeginn.
c) Beim Nachweis steriler Nekrosen ist das konservative
Vorgehen dem operativen vorzuziehen.
d) Die endoskopische Nekrosektomie hat sich dem
chirurgischen Vorgehen in einer randomisierten Studie
als überlegen erwiesen.
e) Das laparoskopisch-chirurgische Vorgehen hat sich
in einer randomisierten Studie dem offen-chirurgischen
Eingriff als überlegen erwiesen.
Frage Nr. 9
Frage Nr. 4
Die Hyperglykämie hat in der Prognose der
nekrotisierenden Pankreatitis vor allem eine(n) hohe(n)
a) negativ-prädiktiven Wert.
b) positiv-prädiktiven Wert.
c) Sensitivität.
d) Spezifität.
e) Keine Aussage trifft zu.
Welcher prognostische Parameter
verliert im Lauf der ersten 2 bis 3 Tage nach
Erstvorstellung an Aussagekraft?
a) APACHE-II-Score
b) CRP im Serum
c) Hämatokrit
d) CT mit i.v. Kontrastmittel
e) Ranson-Score
Frage Nr. 5
Frage Nr. 10
Welcher Parameter gehört zu den Ranson-Kriterien bei
Aufnahme?
a) Alter < 55 Jahre
b) Bilirubin > 3mg/dL
c) Basendefizit > 4mmoL/L
d) Abfall des PaO2 auf 60 mmHg
e) LDH > 350 U/L
Für welche therapeutische Maßnahme wurde in einer
Metaanalyse eine Reduktion der Letalität nachgewiesen?
a) frühe enterale Ernährung
b) adäquate Analgesie durch Procain
c) endoskopische Therapie von Nekrosen
d) ERC bei biliärer Pankreatitis
e) CT in der Frühphase
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Akute Pankreatitis: Evidenzbasierte
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