Teil1 - Berufliche Orientierung

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Teil1 - Berufliche Orientierung
Rehabilitation
Arbeits- und berufsbezogene
Orientierung in der medizinischen
Rehabilitation
> Praxishandbuch (3. erweiterte Auflage)
Teil 1 von 3
Praxishandbuch:
Arbeits- und berufsbezogene Orientierung
in der medizinischen Rehabilitation
Stefan Löffler, Christian Gerlich, Matthias Lukasczik,
Heiner Vogel, Hans-Dieter Wolf, Silke Neuderth
Universität Würzburg
Arbeitsbereich Rehabilitationswissenschaften
3. aktualisierte und erweiterte Auflage
Vorwort
Die arbeits- und berufsbezogene Orientierung in der medizinischen Rehabilitation - häufig auch mit
dem Kürzel „MBOR“ (Medizinisch-beruflich orientierte Rehabilitation) bezeichnet - stellt eine wichtige Entwicklungslinie in Rehabilitationsforschung und Versorgungspraxis dar. Hintergrund ist der
gesetzliche Auftrag der Rentenversicherung, den Verbleib gesundheitlich beeinträchtigter Versicherter im Erwerbsleben sicherzustellen oder sie beruflich wieder einzugliedern. Auch weisen das SGB IX
und die die Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF)
der WHO über eine rein an Krankheiten orientierten Therapie hinaus: Beeinträchtigungen der funktionalen Gesundheit, insbesondere der beruflichen Aktivitäten und Teilhabe sind ein zentraler Gegenstand des Behandlungsauftrags. Die Medizinisch-beruflich orientierte Rehabilitation unterstützt diesen Teil des Behandlungsauftrags durch eine Schärfung des Blicks auf die berufliche Reintegration in
allen Behandlungsphasen sowie geeignete diagnostische und therapeutische Konzepte.
Die Rehabilitationseinrichtungen stehen vor der Aufgabe, arbeits- und berufsbezogene Behandlungselemente zu implementieren bzw. auszubauen1. In den vergangenen Jahren wurden bereits vielfältige arbeits- und berufsbezogene Behandlungselemente entwickelt, erprobt und eingesetzt. Im Rahmen eines von der Deutschen Rentenversicherung Bund geförderten Forschungsprojekts zur „Dissemination von Forschungsergebnissen zur beruflichen Orientierung in der medizinischen Rehabilitation in die Praxis“ wurden diese erwerbsorientierten Reha-Leistungen gesichtet und einem Expertenkonsensprozess unterzogen2. Teilnehmer des Konsensprozesses waren namhafte Experten aus RehaEinrichtungen, der Leistungsträger und aus dem universitären Bereich. Entwickelt wurden einheitliche Definitionen und Beschreibungen für berufsbezogene „Kernmaßnahmen“. Die Beschreibungen
enthalten die Ziele der MBOR-Leistungen, wesentliche Inhalte und Durchführungsmodalitäten,
angewandte Methoden und Assessments, Dauer und Frequenz, die Zielgruppe, beteiligte Berufsgruppen sowie Hinweise zur notwendigen Ausstattung.
Die konsensierten Begriffsdefinitionen und Beschreibungen für berufsbezogene „Kernmaßnahmen“
sind in dem vorliegenden Praxishandbuch zusammengefasst. Ziel des Praxishandbuchs ist es, die
arbeits- und berufsbezogene Orientierung in Rehabilitationseinrichtungen zu fördern und Einrichtungen, die entsprechende Angebote einführen, Hilfestellung zu geben. Das Praxishandbuch richtet sich
vor allem an Entscheidungsträger und Fachpersonal in Rehabilitationseinrichtungen, die an der
Implementation und Durchführung der MBOR beteiligt sind.
Das Praxishandbuch zu arbeits- und berufsbezogenen Angeboten in der medizinischen Rehabilitation
wurde im Jahr 2010 erstmals veröffentlicht. Bei der aktuellen Fassung des Handbuchs handelt es sich
um die dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage. Die Texte können auch auf der Homepage zur
1
Deutsche Rentenversicherung Bund (2011): Anforderungsprofil zur Durchführung der Medizinisch-beruflich
orientierten Rehabilitation (MBOR) im Auftrag der Deutschen Rentenversicherung.
2
Lukasczik, M., Löffler, S., Gerlich, C., Wolf, H.-D. & Neuderth, S. (2011). Entwicklung einer Homepage und
eines Praxishandbuchs zur arbeits- und berufsbezogenen Orientierung in der medizinischen Rehabilitation als
nutzerorientierte Medien für die rehabilitative Versorgungspraxis. Die Rehabilitation, 50, 152-159.
3
arbeits- und berufsbezogenen Orientierung in der medizinischen Rehabilitation unter der Internetadresse www.medizinisch-berufliche-orientierung.de abgerufen werden.
Nach einer kurzen Darstellung des Hintergrunds (Kapitel 1) und der exemplarischen Beschreibung
eines arbeits- und berufsbezogenen Behandlungsprozesses (Kapitel 2) werden Möglichkeiten zur
Erfassung und Beschreibung arbeits- und berufsbezogener Problemlagen dargestellt (Kapitel 3). Hier
wurde die Gliederung des Kapitels überarbeitet; sie orientiert sich nun an der ICF. Kapitel 4 wurde
geringfügig überarbeitet und widmet sich der Förderung der Motivation von Rehabilitanden, sich mit
arbeits- und berufsbezogenen Problemen auseinander zu setzen. In Kapitel 5 werden arbeits- und
berufsbezogene Interventionen beschrieben. Anhand von Praxisbeispielen wird aufgezeigt, wie
MBOR-Leistungen in Rehabilitationseinrichtungen verschiedener Indikationsbereiche angewendet
werden (Kapitel 6). In die aktuelle Auflage des Handbuchs wurden zwölf neue Praxisbeispiele aufgenommen. Alle bereits vorhandenen Praxisbeispiele wurden geprüft und ggf. aktualisiert. In Kapitel 7
berichten je ein Mitarbeiter einer somatischen und einer psychosomatischen Rehabilitationseinrichtung über ihre Praxiserfahrungen mit arbeits- und berufsbezogenen Maßnahmen. Zudem ist in der
vorliegenden Auflage des Handbuchs auch die Sichtweise der Rehabilitanden eingearbeitet. Im Rahmen einer Fokusgruppe schildern Rehabilitanden ihre Erfahrungen mit arbeits- und berufsbezogener
Orientierung im Rahmen der stationären medizinischen Rehabilitation.
Im Folgenden wird der einfacheren Lesbarkeit halber bei Berufsbezeichnungen stellvertretend immer
die männliche grammatikalische Form verwendet. Der Einfachheit halber wird bei Patientinnen und
Patienten bzw. Rehabilitandinnen und Rehabilitanden im Folgenden einheitlich von „Rehabilitanden“
gesprochen. Gemeint sind immer beide Geschlechter.
4
An der Erstellung dieses Praxishandbuchs bzw. der Leistungsbeschreibungen waren viele
Experten aus Reha-Einrichtungen, von Seiten der Leistungsträger und aus der Wissenschaft
beteiligt, bei denen sich die Autoren an dieser Stelle herzlich für die kompetente und kooperative Mitarbeit bedanken.
Eleonore Anton, St. Franziska-Stift, Bad Kreuznach
Dr. Alfred Baumgarten, Neurologische Klinik, Bad Neustadt
Prof. Dr. Jürgen Bengel, Universität Freiburg, Freiburg
Dr. Matthias Bethge, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover
Prof. Dr. Manfred Beutel, Universität Mainz, Mainz
Prof. Dr. Wolfgang F. Beyer, Orthopädiezentrum Bad Füssing, Bad Füssing
Jana Buchmann, Universität Würzburg, Würzburg
Kerstin Brandt, RehaKlinikum BadSäckingen GmbH, BadSäckingen
Angelika Bönisch, Rehazentrum Bad Eilsen, Bad Eilsen
Dr. Wolfgang Bürger, Karlsruhe
Sabine Buschmann, Rehazentrum Bad Eilsen, Bad Eilsen
Dr. Dolores Claros-Salinas, Kliniken Schmieder Konstanz, Konstanz
Dr. Ulrich Cuntz, Klinik Roseneck, Prien am Chiemsee
Markus Dietz, Schlossklinik Bad Buchau, Bad Buchau
Klaus Döring, Klinik Reinhardstal, Bad Wildungen
Monika Dorn, Rehazentrum Bad Eilsen, Bad Eilsen
Patrizia Driesel, Universität Würzburg, Würzburg
Dr. Inge Ehlebracht-König, Rehazentrum Bad Eilsen, Bad Eilsen
Prof. Dr. Dr. Hermann Faller, Universität Würzburg, Würzburg
PD Dr. Peter Flachenecker, Neurologisches Rehazentrum Quellenhof, Bad Wildbad
Hans Gerwinn, Deutsche Rentenversicherung Westfalen, Münster
Norbert Goedecker-Geenen, Klinik Königsfeld, Ennepetal
Prof. Dr. Bernhard Greitemann, Klinik Münsterland, Bad Rothenfelde
Dr. Thomas Hansmeier, Deutsche Rentenversicherung Bund, Berlin
Dr. Georg Harai, Bundesagentur für Arbeit, Nürnberg
Dr. Christiane, Härdel, Deutsche Rentenversicherung Bund, Berlin
Markus Härle, Schwarzwaldklinik Neurologie, Bad Krozingen
Dr. Andor Harrach, Klinik am Homberg, Bad Wildungen
Andrea Hauck, BG Bau - Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft, Hamburg
Ruth Haesemeyer, Kliniken Bad Neuenahr, Bad Neuenahr-Ahrweiler
Ola Hebrant, Deutsche Rentenversicherung Bund, Berlin
5
Prof. Dr. Dr. Andreas Hillert, Klinik Roseneck, Prien am Chiemsee
Sabine Höhne, Reha-Klinik Lehmrade, Lehmrade
Dr. Anton Holderied, Deutsche Rentenversicherung Nordbayern, Würzburg
Jochen Josenhans, Rheumaklinik Bad Bramstedt, Bad Bramstedt
Dr. Udo Kaiser Hochgebirgsklinik Davos-Wolfgang, Davos-Wolfgang (Schweiz)
Imke Kastenhofer, Rehazentrum Bad Schmiedeberg Klinik Dübener Heide, Bad Schmiedeberg
Dr. Thomas Kausch, Kliniken Bad Neuenahr, Bad Neuenahr-Ahrweiler
Dr. Michael Keck, Drei-Burgen-Klinik, Bad Münster am Stein-Ebernburg
Dr. Johannes Kiesel, Klinik Bavaria, Freyung / Kreischa
Dr. Gertraud Kinne, Pädagogische Hochschule Karlsruhe, Karlsruhe
Martin Kleinhans, Reha-Zentrum Schömberg, Klinik Schwarzwald, Schömberg
Beate Kleist, Orthopädiezentrum Bad Füssing, Bad Füssing
Dr. Rudolf Knickenberg, Psychosomatische Klinik Bad Neustadt, Bad Neustadt
Dr. Herbert Knisatschek, Emmendingen
Dr. Dr. Jürgen Knörzer, Klinik Bavaria, Bad Kissingen
Dr. Stefan Koch, Klinik Roseneck, Prien am Chiemsee
Dr. Dieter Küch, Klinik Werra, Reha-Zentrum Bad Sooden-Allendorf
Dr. Hans-Albrecht Kulenkampff, Schwarzwaldklinik Neurologie, Bad Krozingen
Dirk Jacobs, ARC Jacobs GmbH & Co. KG, Braunschweig
Viktor Johannes, RehaKlinikum Bad Säckingen GmbH, Bad Säckingen
Dr. Frank Kaspers, Therapiezentrum Koblenz, Koblenz
Dr. Bernhard Kügelgen, Therapiezentrum Koblenz, Koblenz
Hartwig Kulke, Fachklinik Herzogenaurach, Herzogenaurach
Stefan Lueger, Deegenbergklinik, Bad Kissingen
Oliver Maehl, REHA SÜD GmbH, Freiburg
Dr. Katja Meixner, RehaKlinikum Bad Säckingen GmbH, Bad Säckingen
Dr. Manfred Milse, Reha-Zentrum Bad Schmiedeberg, Klinik Dübener Heide, Bad Schmiedeberg
Dr. Beate Muschalla, Rehabilitationszentrum Seehof der DRV Bund, Teltow
Corinna Nels, salus klinik Friedrichsdorf, Friedrichsdorf
Prof. Dr. Dr. Mathilde Niehaus, Universität Köln, Köln
Andreas Pfeiffer, Krefeld
Angelika Presl, Klinik Bavaria, Kreischa
Margarete Presl, Klinik Bavaria, Bad Kissingen
Prof. Dr. Michael Radoschewski, Charité Universitätsmedizin Berlin, Berlin
Elisabeth Röckelein, Deutsche Rentenversicherung Bund, Berlin
Georg Rupp, Schlossklinik Bad Buchau, Bad Buchau
6
Andrea Schaller, Kliniken Bad Neuenahr, Bad Neuenahr-Ahrweiler
Dr. Lothar Schattenburg, Psychosomatische Klinik Bad Neustadt, Bad Neustadt
Achim Schmidt, Klinik Reinhardstal, Bad Wildungen
Dr. Thomas Schott, Universität Bielefeld, Bielefeld
Dr. Jan Schulenburg, REHA SÜD GmbH, Freiburg
Prof. Dr. Wolfgang Slesina, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle
Dr. Monika Steimann, Reha-Klinik Lehmrade, Lehmrade
Dr. Marco Streibelt, Deutsche Rentenversicherung Bund, Berlin
Dr. Karsten Thren, Klinik Niedersachsen, Bad Nenndorf
Prof. Dr. Rüdiger Trimpop, Friedrich-Schiller Universität Jena, Jena
Dr. Lutz Trowitzsch, Paracelsus Klinik an der Gande, Bad Gandersheim
Dr. Heiner Vogel, Universität Würzburg, Würzburg
Dr. Johannes von Bodman, Klinikum Bad Bramstedt, Klinik für Orthopädische Rehabilitation,
Bad Bramstedt
Annerose Vorndran, Psychosomatische Klinik Bad Neustadt, Bad Neustadt
Michael Wiegert, Drei-Burgen-Klinik, Bad Münster am Stein-Ebernburg
Rainer Wohlfarth, Pädagogische Hochschule Freiburg, Freiburg
Dr. Rüdiger Zwerenz, Universität Mainz, Mainz
Praxisbeispiele wurden freundlicherweise von folgenden Kliniken/Einrichtungen zur Verfügung
gestellt:
Klinik für Orthopädische Rehabilitation, Klinikum Bad Bramstedt GmbH, Bad Bramstedt
Rehabilitationsklinik Schloss Bad Buchau, Bad Buchau
Rehazentrum Bad Eilsen, Bad Eilsen
Paracelsus Klinik an der Gande mit dem Institut für Arbeits- und Sozialmedizin, Bad Gandersheim
Rehazentren Klinik Bavaria Bad Kissingen, Freyung, Kreischa
Psychosomatische Fachklinik St. Franziskastift, Bad Kreuznach
Schwarzwaldklinik, Bad Krozingen
Zentrum Beruf + Gesundheit, Bad Krozingen
Drei-Burgen-Klinik, Bad Münster am Stein-Ebernburg
Klinik Niedersachsen, Erwin Röver GmbH und Co. KG, Bad Nenndorf
Psychosomatische Klinik Bad Neustadt, Bad Neustadt/Saale
Klinik Münsterland, Bad Rothenfelde
Reha-Klinikum Bad Säckingen, Bad Säckingen
Rehabilitationsklinik Lipperland, Bad Salzuflen
7
Reha-Zentrum Bad Sooden-Allendorf, Klinik Werra, Bad Sooden-Allendorf
Klinik am Homberg, Bad Wildungen
Kliniken Hartenstein, Fachklinik Reinhardstal, Bad Wildungen-Reinhardshausen
Klinik Schloss Falkenhof, Bensheim
Ambulantes Reha Centrum Braunschweig GmbH, Braunschweig
REHA SÜD GmbH Zentrum für Ambulante Rehabilitation, Physiotherapie und Ergotherapie, Freiburg
salus klinik Friedrichsdorf, Friedrichsdorf
BG BAU - Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft, Arbeitsmedizinischer Dienst, Hamburg
m&i Fachklinik Herzogenaurach, Herzogenaurach
Therapiezentrum Koblenz, Koblenz
Kliniken Schmieder Konstanz, Konstanz
Fachklinik für Onkologische Rehabilitation Lehmrade GmbH, Damp, Lehmrade
Universitätsklinikum Münster, Münster
Klinik Roseneck, Prien
Kliniken Schmieder, Konstanz
Reha-Zentrum Schömberg, Klinik Schwarzwald, Schömberg
Rehabilitationszentrum Seehof der DRV Bund, Teltow
Asklepios Fachklinikum Wiesen GmbH, Wildenfels
Die Autoren bedanken sich des Weiteren bei Alexander Arlt, Blanka Baczmanski, Simone Burschka,
Susanne Himmer, Julia Kress, Roland Küffner und Katja Reichert für die engagierte Unterstützung bei
der Erstellung dieses Handbuchs.
Das dem Praxishandbuch zugrunde liegende Forschungsvorhaben wurde mit Mitteln der Deutschen
Rentenversicherung Bund gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt
bei den Autoren.
8
Inhalt
1.
Arbeits- und berufsbezogene Orientierung in der medizinischen Rehabilitation...... 11
2.
Der Behandlungsprozess ........................................................................................ 19
3.
Erfassung und Beschreibung arbeits- und berufsbezogener Problemlagen
(unter Mitarbeit von Dr. Matthias Bethge, Medizinische Hochschule Hannover) ........ 23
3.1
Screening-Verfahren zur Identifikation von Rehabilitanden mit arbeits- und
berufsbezogenen Problemlagen ............................................................................. 25
3.2
FCE-Systeme zur objektiven Erfassung der arbeitsbezogenen funktionellen
Leistungsfähigkeit .................................................................................................. 27
3.3
Dokumentationssysteme zum Abgleich von Fähigkeiten und Anforderungen.......... 29
3.4
Fragebogeninstrumente im Kontext arbeits- und berufsbezogener Maßnahmen .... 30
4.
Förderung der Motivation von Rehabilitanden zur Auseinandersetzung mit arbeitsund berufsbezogenen Problemlagen
(unter Mitarbeit von Jana Buchmann, Universität Würzburg).................................... 55
5.
Arbeits- und berufsbezogene Interventionen in der medizinischen Rehabilitation .. 59
5.1
Belastungserprobung ............................................................................................. 60
5.2
Arbeitstherapie/Arbeitsplatztraining...................................................................... 66
5.3
Arbeits- und berufsbezogene Einzelberatung.......................................................... 69
5.4
Gruppen mit arbeits- und berufsbezogenen Themen .............................................. 73
5.5
Zusammenarbeit mit externen Institutionen .......................................................... 76
6.
Praxisbeispiele ....................................................................................................... 81
6.1
Praxisbeispiele zur Kernmaßnahme „Belastungserprobung“................................... 83
6.2
Praxisbeispiele zur Kernmaßnahme „Arbeitstherapie/Arbeitsplatztraining” ..........119
6.3
Exemplarische Falldarstellungen zur Kernmaßnahme „Arbeits- und berufsbezogene
Einzelberatung“ ....................................................................................................157
6.4
Praxisbeispiele zur Kernmaßnahme „Gruppen mit arbeits- und berufsbezogenen
Themen“...............................................................................................................167
6.5
Praxisbeispiele zur Kernmaßnahme “Zusammenarbeit mit externen Institutionen”
……… .....................................................................................................................259
9
6.6
Praxisbeispiele, die keiner Kernmaßnahme eindeutig zugeordnet werden können
(„Mischmodelle“)..................................................................................................283
7.
Umsetzung arbeits- und berufsbezogener Maßnahmen im Klinikalltag ..................359
7.1
Eindrücke aus der Praxis der psychosomatischen Rehabilitation
(Dr. Dieter Küch, Klinik Werra, Reha-Zentrum Bad Sooden-Allendorf) .......................359
7.2
Eindrücke aus der Praxis der somatischen Rehabilitation
(Dr. Inge Ehlebracht-König, Rehazentrum Bad Eilsen) ..............................................365
7.3
Die arbeits- und berufsbezogene Orientierung aus Rehabilitandensicht
(unter Mitarbeit von Patrizia Driesel, Universität Würzburg) ....................................371
10
1.
Arbeits- und berufsbezogene Orientierung in der
medizinischen Rehabilitation
Arbeits- und berufsbezogene Orientierung. Eine enge Verzahnung von medizinischen und beruflichen Rehabilitationsmaßnahmen ist vor dem Hintergrund der sich wandelnden Arbeits- und Berufswelt eine notwendige Weiterentwicklung des rehabilitativen Versorgungssystems in der Bundesrepublik Deutschland. Die Reha-Kommission des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger
(VDR) empfahl bereits 1991, Angebote zur beruflichen Eingliederung innerhalb der medizinischen
Rehabilitation auszubauen (VDR, 1992), ebenso wie die Reha-Kommission-Berufsförderung des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger, die eine nahtlose Verknüpfung medizinischer und
beruflicher Rehabilitation als besonders effektiv erachtet (VDR, 1997). In zunehmendem Maß ist die
arbeits- und berufsbezogene Orientierung in der medizinischen Rehabilitation als Trend sowohl in
der rehabilitationswissenschaftlichen Forschung als auch in der Versorgungspraxis vorzufinden (Hillert et al., 2009; Lukasczik et al., 2011b; Röckelein et al., 2011). Arbeits- und berufsbezogene Orientierung in der medizinischen Rehabilitation bedeutet, Elemente der Arbeitswelt in die Strukturen
und Prozesse der medizinischen Rehabilitation zu integrieren, um arbeits- und berufsbezogene
Problemlagen frühzeitig zu identifizieren und zeitnah geeignete Gegenmaßnahmen ergreifen zu können. Neben Arbeitstherapie und Belastungserprobung als im Sozialgesetzbuch IX benannte Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation wurden in den letzen Jahren weitere berufsbezogene Bausteine für die Diagnostik und Therapie in der medizinischen Rehabilitation entwickelt, um beruflichen
Problemlagen entgegenzuwirken.
Die arbeits- und berufsbezogene Orientierung in der medizinischen Rehabilitation wird auch mit dem
Kürzel „MBOR“ (Medizinisch-beruflich orientierte Rehabilitation) bezeichnet. Die Deutsche Rentenversicherung Bund hat ein Anforderungsprofil zur Durchführung der medizinisch-beruflich orientierten Rehabilitation herausgegeben (DRV, 2011). Im Anforderungsprofil werden qualitative Standards
für die medizinisch-beruflich orientierte Diagnostik und Therapie definiert.
Arbeits- und berufsbezogene Problemlagen. Arbeits- und berufsbezogene Problemlagen sind vor
dem Hintergrund der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) als Kontextfaktoren anzusehen (WHO, 2001), die es in der medizinischen Rehabilitation zu
berücksichtigen gilt, weil sie die Integration in das Erwerbsleben – über Körperstrukturen und Körperfunktionen hinaus – wesentlich mitbestimmen. Neben ergonomischen Aspekten, die sich aus den
bio-mechanischen Belastungen und sensumotorischen Anforderungen der Arbeitsumgebung auf die
tätige Person ergeben, rücken in der letzten Zeit psychosoziale Belastungen aufgrund der Qualität
der zwischenmenschlichen Beziehungen in einer sich wandelnden Berufs- und Arbeitswelt ebenso in
den Fokus der Aufmerksamkeit wie auch erwerbslebensbezogene Einstellungen der Rehabilitanden.
Veränderungen in der Arbeits- und Berufswelt. In den letzten zwei Jahrzehnten haben hat sich die
Arbeits- und Berufswelt tiefgreifend verändert. Die Folgen dieses Wandels für die Erwerbstätigen
zeigen sich deutlich in repräsentativen Umfragen wie z. B. der BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung
2006 (BIBB, o. J). Demzufolge war fast die Hälfte der Befragten von Umstrukturierungen und Umor11
ganisation in ihrem Arbeitsumfeld innerhalb der letzten zwei Jahre betroffen und wurde mit der
Einführung neuer Computerprogramme oder neuer Maschinen und Anlagen, neuer Fertigungs/Verfahrenstechnologien und neuer oder deutlich veränderter Produkte oder Dienstleistungen konfrontiert. Derartige Veränderungen erfordern von den Mitarbeitern Innovations-, Lern- und Anpassungsfähigkeit und Flexibilität. Flexibilität ist insbesondere im Hinblick auf die Arbeitszeit gefordert.
Bildete in den tarifrechtlichen Auseinandersetzungen der 90er Jahre noch die Verkürzung der Wochenarbeitszeit einen umstrittenen Faktor (Luczak, 1993), so hat sich die Situation in den letzen Jahren grundlegend geändert. Überstunden, Arbeitszeitkonten sowie Leih- und Zeitarbeit sind nur einige
Schlagworte, die den Wandel zur Mehrarbeit bei flexibleren Arbeitszeiten und Arbeitsrechtsverhältnissen kennzeichnen. Zudem ist moderne Erwerbsarbeit nicht auf die Kernarbeitswoche von Montag
bis Freitag beschränkt. 70% der befragten Erwerbstätigen geben an, (gelegentlich) auch am Samstag
zu arbeiten, 43% auch an Sonn- und Feiertagen; in Schichtarbeit ist ein Viertel der befragten Erwerbstätigen eingebunden.
Neben den Arbeitszeitmodellen unterliegen auch die Arbeitsrechtsverhältnisse dem Zwang zur flexiblen Ausgestaltung in Form von Befristung von Arbeitsverträgen, geringfügiger Beschäftigung oder
Zeit- und Leiharbeit. Der Einsatz von Zeit- und Leiharbeitern hat stark zugenommen; 39% der im Jahr
2006 repräsentativ befragten Erwerbstätigen berichten, dass in ihrem Arbeitsumfeld vermehrt freie
Mitarbeiter, Aushilfen, Praktikanten oder Leiharbeiter eingesetzt werden. Für die betroffenen Arbeitnehmer bedeutet Leiharbeit neben der zeitlichen Flexibilität häufig auch räumliche (z. B. längere
Arbeitswege) und soziale Flexibilität (z. B. wochenweise Trennung von der Familie, wechselndes kollegiales Umfeld).
Einen weiteren Aspekt des Wandels der Arbeitswelt stellt der Einzug der elektronischen Datenverarbeitung auf breiter Front in die Arbeitswelt dar; EDV ist zur Basistechnologie in fast allen Wirtschaftsbereichen geworden. Computerunterstützte Techniken und Arbeitsmittel (z. B. CAD1, CNC2) werden
in beinahe allen Produktionsbereichen eingesetzt. Im modernen Handel bilden Datenbankverwaltung
und Tabellenkalkulation zusammen mit Intra- und Internetapplikationen heute das organisatorische
Rückgrat des gesamten Wirtschaftssektors. Auch im Dienstleistungssektor sind Angebote, wie z. B.
Online Banking oder das virtuelle Rathaus, mit dem „Behördengänge“ via Internet vom heimischen
PC aus erledigt werden können, ohne entsprechende Technologien nicht denkbar. Nach Ergebnissen
der repräsentativen Mitarbeiterbefragung von 2006 (s. o.) arbeiten 77% der Erwerbstätigen mit Computern. Bezieht man die Innovationszyklen der Informations- und Kommunikationsbranche in die
Betrachtung mit ein (man denke z. B. nur an die Entwicklung des weltweit am häufigsten genutzten
Computerbetriebssystems der Firma Microsoft - DOS, Windows 95, 98, 2000, NT, Vista, Windows 7,
…), so wird unmittelbar deutlich, welche steigenden Qualifikations- und Qualifizierungsanforderungen sich schon alleine aufgrund der Entwicklung in den Basistechnologien ergeben. Von den Beschäf1
CAD ist eine Abkürzung für „computer aided design“. Darunter versteht man die computerunterstützte
Erstellung technischer Zeichnungen.
2
CNC ist eine Abkürzung für „computerized numerical control“. Darunter versteht man die computerunterstützte numerische Maschinensteuerung.
12
tigten in quasi allen Bereichen der Arbeitswelt ist daher die Bereitschaft gefordert, mit moderner
Technologie zu arbeiten und sich kontinuierlich neues Wissen und erweiterte Fertigkeiten (Skills)
anzueignen.
Auch ist insgesamt eine zunehmende psychosoziale Belastung durch die Arbeit zu beobachten, bei
der unterschiedliche Ursachen zusammenwirken (z. B. BUK, 2005; Bartholdt & Schütz, 2010; Sulsky &
Smith, 2005). Insbesondere Innovations- und Flexibilisierungsanforderungen, „Arbeitsverdichtung“ in
Form von starkem Leistungs- und Zeitdruck, der Notwendigkeit, mehrere Aufgaben gleichzeitig erledigen zu müssen oder auf unvorhergesehene Probleme zu reagieren, sowie das Erleben von Konkurrenz und Kostendruck auch innerhalb der eigenen Belegschaft (bis hin zu Konzessionen der Mitarbeiter an einzelnen Standorten gegenüber der Konzernleitung z. B. in Form von Mehrarbeit ohne Zulagen, Arbeitszeitverlängerung bei gleichem Lohn oder Reduzierung von Lohnnebenleistungen) werden
als Ursachen für die psychosoziale Belastung im Arbeitsleben angesehen. Aus der Interferenz bzw.
Unvereinbarkeit oben genannter und weiterer berufs- bzw. arbeitsbezogener Anforderungen mit
anderen Lebensbereichen und sozialen Rollen, etwa im familiären Bereich, können wiederum Konflikte resultieren (Work-family conflict; z. B. Byron, 2005).
Nicht zuletzt zu nennen ist die Angst vor Arbeitsplatzverlust (vgl. z. B. Berth et al., 2008), so dass es
nicht verwundert, dass die Arbeitsplatzsicherheit an der ersten Stelle des Anspruchs an eine gute
Arbeit steht (z. B. DGB-Index 2007). All diese Veränderungen haben auch Auswirkung auf die Gesundheit der im Erwerbsleben stehenden Personen (z. B. Expertenkommission Betriebliche Gesundheitspolitik, 2002). Sie können als mögliche Ursachen für arbeits- und berufsbezogene Problemlagen
in der medizinischen Rehabilitation nicht unberücksichtigt bleiben.
Bedarf. In der medizinischen Rehabilitation ist von einem Anteil der Rehabilitanden mit arbeits- und
berufsbezogenen Problemlagen von etwa einem Drittel auszugehen (Bürger & Deck, 2008; Löffler et
al., 2008; Müller-Fahrnow & Radoschewski, 2006). Arbeits- und berufsbezogene Problemlagen können mit eigens entwickelten Screening-Instrumenten in der medizinischen Rehabilitation einfach
identifiziert werden. Dafür stehen als Verfahren das Screening-Instrument zur Feststellung des Bedarfs an medizinisch-beruflich orientierten Maßnahmen (SIMBO-C; Streibelt et al., 2009), das Screening-Instrument Beruf und Arbeit (SIBAR; Bürger & Deck, 2009) und das Würzburger Screening (Löffler et al., 2009) zur Verfügung (vgl. hierzu Kapitel 3). Für Rehabilitanden mit arbeits- und berufsbezogenen Problemlagen werden in der medizinischen Rehabilitation spezifische Interventionen angeboten (vgl. Kapitel 5).
Verwendete Literatur
Bartholdt, L. & Schütz, A. (2010). Stress im Arbeitskontext. Ursachen, Bewältigung und Prävention.
Weinheim: Beltz.
Berth, H., Förster, P., Balck, F., Brähler, E. & Stöbel-Richter, Y. (2008). Arbeitslosigkeitserfahrungen,
Arbeitsplatzunsicherheit und der Bedarf an psychosozialer Versorgung. Das Gesundheitswesen, 70, 289-294.
13
[BIBB] Bundesinstitut für Berufsbildung (o. J.). BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2006 – Ergebnisse online. www.bibb.de/de/26901.htm (aufgerufen im März 2010)
[BUK] Bundesverband der Unfallkassen (2005). Psychische Belastungen am Arbeits- und Ausbildungsplatz – ein Handbuch. München: Bundesverband der Unfallkassen.
Bürger, W. & Deck, R. (2008). Bedarf an berufsbezogenen Behandlungsangeboten in der orthopädischen, kardiologischen, psychosomatischen und onkologischen Rehabilitation – Ergebnisse von
Erhebungen mit dem Screening-Fragebogen SIBAR. DRV-Schriften, 77, 216-217.
Bürger W. & Deck, R. (2009). SIBAR – ein kurzes Screening-Instrument zur Messung des Bedarfs an
berufsbezogenen Behandlungsangeboten in der medizinischen Rehabilitation. Die Rehabilitation, 48, 211-221.
Byron, K. (2005). A meta-analytic review of work-family conflict and its antecedents. Journal of Vocational Behavior, 67, 169-198.
[DGB] Deutscher Gewerkschaftsbund (2007). DGB-Index Gute Arbeit. www.dgb-index-gute-arbeit.de/
(aufgerufen im März 2010)
Deutsche Rentenversicherung Bund (2011). Anforderungsprofil zur Durchführung der Medizinischberuflich orientierten Rehabilitation (MBOR) im Auftrag der Deutschen Rentenversicherung Somatische Indikationen.
http://www.deutsche-rentenversicherung.de/SharedDocs/de/Inhalt/Zielgruppen/
01_sozialmedizin_forschung/05_konzepte_systemfragen/konzepte/mbor.html?nn=28150
(aufgerufen im März 2012)
Expertenkommission Betriebliche Gesundheitspolitik (2002). Zwischenbericht der Expertenkommission Betriebliche Gesundheitspolitik der Bertelsmann Stiftung und Hans Böckler Stiftung. Düsseldorf. www.boeckler.de/pdf/fof_zwischenbericht.pdf (aufgerufen im April 2010)
Hillert, A., Müller-Fahrnow, W. & Radoschewski, F.M. (Hrsg.) (2009). Medizinisch-beruflich orientierte
Rehabilitation. Köln: Deutscher Ärzte Verlag.
Löffler, S., Wolf, H.-D., Gerlich, C. & Vogel, H. (2008). Entwicklung und Validierung eines generischen
Screening-Instruments zur Identifikation von beruflichen Problemlagen und des Bedarfs an berufsorientierten und beruflichen Rehabilitationsleistungen. Unveröffentlichter Projektabschlussbericht. Universität Würzburg.
Löffler, S. Wolf, H.-D., Neuderth, S. & Vogel, H. (2009). Screening-Verfahren in der medizinischen
Rehabilitation. In A. Hillert, W. Müller-Fahrnow & F. M. Radoschewski (Hrsg.), Medizinisch-beruflich orientierte Rehabilitation (S. 133-140). Köln: Deutscher Ärzteverlag.
Luczak, H. (1993). Arbeitswissenschaften. Berlin: Springer.
Lukasczik, M., Wolf, H.D., Gerlich, C., Löffler, S., Vogel, H., Faller, H. & Neuderth, S. (2011). Current
state of vocationally oriented medical rehabilitation - a German perspective. Disability & Rehabilitation, 33, 2646-2655.
14
Müller-Fahrnow, W. & Radoschewski, F.M. (2006). Theoretische Grundlagen der MBO in der medizinischen Rehabilitation. In W. Müller-Fahrnow, T. Hansmeier & M. Karoff (Hrsg.). Wissenschaftliche Grundlagen der medizinisch-beruflich orientierten Rehabilitation (S. 36-46). Lengerich:
Pabst.
Röckelein, E., Lukasczik, M. & Neuderth, S. (2011). Neue Ansätze zur arbeitsplatzbezogenen Rehabilitation. Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz, 54, 436-443.
Streibelt, M. (2009). Validität und Reliabilität eines Screening-Instruments zur Erkennung besonderer
beruflicher Problemlagen bei chronischen Krankheiten (SIMBO-C). Die Rehabilitation, 48, 135144.
Sulsky, L. & Smith, C. (2005). Work stress. Toronto: Wadsworth.
[VDR] Verband Deutscher Rentenversicherungsträger (Hrsg.) (1992). Bericht der Reha-Kommission
des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger – Empfehlungen zur Weiterentwicklung
der medizinischen Rehabilitation in der gesetzlichen Rentenversicherung. Frankfurt am Main:
Selbstverlag.
[VDR] Verband Deutscher Rentenversicherungsträger (Hrsg.) (1997). Abschlussbericht der RehaKommission Berufsförderung des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger – Empfehlungen zur Weiterentwicklung der beruflichen Rehabilitation in der gesetzlichen Rentenversicherung. DRV-Schriften Band 7. Frankfurt am Main: Selbstverlag.
[WHO] Weltgesundheitsorganisation (2001). International Classification of Functioning, Disability and
Health (ICF). www.who.int/classifications/icf/en/ (aufgerufen im März 2010)
Weiterführende Literatur – allgemein
Bethge, M., Radoschewski, F.M. & Müller-Fahrnow, W. (2009). Work stress and work ability: crosssectional findings from the German Sociomedical Panel of Employees. Disability and Rehabilitation, 31, 1692-1699.
Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (2006). ICF-Praxisleitfaden. Trägerübergreifender
Leitfaden für die praktische Anwendung der ICF (Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit) beim Zugang zur Rehabilitation (2. überarbeitete Auflage).
www.bar-frankfurt.de/fileadmin/dateiliste/publikationen/icfpraxisleitfaeden/downloads/ICF1.pdf
(aufgerufen im März 2012)
15
Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (2010). Wegweiser. Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (13. Auflage).
www.bar-frankfurt.de/fileadmin/dateiliste/
publikationen/wegweiser/downloads/BARBroWegweiser2011.E.pdf
(aufgerufen im März 2012)
Deutsche Rentenversicherung Bund (2007). KTL - Klassifikation therapeutischer Leistungen in der
medizinischen Rehabilitation. Berlin: Deutsche Rentenversicherung Bund.
Fries, W. & Schwenk-Eschenlohr, K. (2007). Zurück ins Erwerbsleben – Strategien für die berufliche
Wiedereingliederung. In W. Fries, H. Lössl & S. Wagenhäuser (Hrsg.), Teilhaben! Neue Konzepte der Neurorehabilitation – für eine erfolgreiche Rückkehr in Alltag und Beruf (S. 144-156).
Stuttgart: Thieme.
Müller-Fahrnow, W., Greitemann, B., Radoschewski, F.M., Gerwinn, H. & Hansmeier, T. (2005). Berufliche Orientierung in der medizinischen Rehabilitation und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Die Rehabilitation, 44, e32-e45.
Weiterführende Literatur – Gender-Aspekte in der arbeits- und berufsbezogenen Orientierung
in der medizinischen Rehabilitation
Beermann, B., Brenscheidt, F. & Siefer, A. (2008). Unterschiede in den Arbeitsbedingungen und -belastungen von Frauen und Männern. In B. Badura, H. Schroeder & C. Vetter (Hrsg.), FehlzeitenReport 2007. Arbeit, Geschlecht und Gesundheit (S. 69-82). Berlin: Springer.
Cocchiara, F.K. & Bell, M.P. (2009). Gender and work stress: unique stressors, unique responses. In
C.L. Cooper, J. Campbell Quick & M.J. Schabracq (Eds.), International handbook of work and
health psychology (pp. 123-146). Chichester: Wiley.
Grande, G., Leppin, A., Romppel, M., Altenhöner, T. & Mannebach, H. (2002). Frauen und Männer
nach Herzinfarkt: Gibt es in Deutschland geschlechtsspezifische Unterschiede in der Inanspruchnahme rehabilitativer Leistungen? Die Rehabilitation, 41, 320-328.
Härtel, U. (1999). Geschlechtsspezifische Prädiktoren der Inanspruchnahme kardiologischer Rehabilitation aus epidemiologischer Sicht. Die Rehabilitation, 38 (Suppl. 2), 142-147.
Korsukéwitz, C., Klosterhuis, H., Winnefeld, M. & Beckmann, U. (2001). Frauen sind anders - auch in
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Angestellten Versicherung, 48, 1-9.
Peterson, M. (2004). What men and women value at work: implications for workplace health. Gender
Medicine, 1, 106-124.
16
Rehfeld, U., Bütefisch, T. & Hoffmann, H. (2008). Gesundheitsbedingte Leistungen der gesetzlichen
Rentenversicherung für Frauen und Männer – Indikatoren für die Morbidität. In B. Badura, H.
Schroeder & C. Vetter (Hrsg.), Fehlzeiten-Report 2007. Arbeit, Geschlecht und Gesundheit (S.
145-157). Berlin: Springer.
Röckelein, E. (2001). Geschlechtsspezifische Inanspruchnahme von Rehabilitationsleistungen der
Rentenversicherung und Bedeutung geschlechtsspezifischer Rehabilitationsforschung. In U.
Worringen & C. Zwingmann (Hrsg.), Rehabilitation weiblich – männlich. Geschlechtsspezifische
Rehabilitationsforschung (S. 39-54). Weinheim: Juventa.
Siegrist, K., Rödel, A., Hessel, A. & Brähler, E. (2006). Psychosoziale Arbeitbelastungen, Arbeitsunfähigkeit und gesundheitsbezogenes Wohlbefinden: Eine empirische Studie aus der Perspektive
der Geschlechterforschung. Das Gesundheitswesen, 68, 526-534.
Worringen, U. & Benecke, A. (2002). Geschlechtsspezifische Inanspruchnahme in der Rehabilitation.
In K. Hurrelmann & P. Kolip (Hrsg.), Geschlecht, Gesundheit und Krankheit (S. 505-519). Bern:
Huber.
Worringen, U., Benecke, A., Gerlich, C. & Frank, S. (2001). Erfassung von Haus- und Familienarbeit in
der Rehabilitationsforschung. In U. Worringen & C. Zwingmann (Hrsg.), Rehabilitation weiblich
- männlich. Geschlechtsspezifische Rehabilitationsforschung (S. 221-234). Weinheim: Juventa.
17
18
2.
Der Behandlungsprozess
Die arbeits- und berufsbezogene Orientierung ist konzeptioneller Bestandteil der medizinischen Rehabilitation und betrifft den gesamten Rehabilitationsprozess von der Zuweisung durch die Sozialmedizinischen Dienste der Rentenversicherung, dem Erkennen und der differenzierten Diagnostik
beruflicher Problemlagen zu Beginn der Rehabilitation über die Therapieplanung und -durchführung
bis hin zur sozialmedizinischen Stellungnahme und zu Nachsorgemaßnahmen (DRV, 2007; Hansmeier
& Schliehe, 2009). Eine medizinische Rehabilitationsbehandlung mit arbeits- und berufsbezogener
Schwerpunktsetzung unterscheidet sich damit vom Ablauf her nicht von einer „normalen“ medizinischen Rehabilitation – charakteristisch für die arbeits- und berufsbezogene Orientierung in der medizinischen Rehabilitation ist allerdings, dass in allen Phasen der Behandlung der Arbeits- und Berufskontext des Rehabilitanden gezielt einbezogen wird.
Bereits im Vorfeld der medizinischen Rehabilitation kann durch den Sozialmedizinischen Dienst der
Rentenversicherung eine berufsbezogene Problemlage erkannt und die gezielte Zuweisung in eine
Einrichtung veranlasst werden, die ein entsprechendes Behandlungsangebot bereit hält. Das Erkennen beruflicher Problemlagen (z. B. berufliche Belastungen, Arbeitsplatzprobleme) kann aufgrund der
Aktenlage ebenso wie durch den Einsatz von Screening-Fragebögen (z. B. Würzburger Screening; vgl.
Kapitel 3.1) erfolgen.
Unabhängig von einer gezielten Zuweisung durch den Sozialmedizinischen Dienst der Rentenversicherung ist auch in der Klinik selbst das frühzeitige Erkennen eines besonderen arbeits- und berufsbezogenen Rehabilitationsbedarfs wichtig. Hierzu dienen zum einen die klinische Untersuchung und
die arbeits- und berufsbezogene Anamnese, zum anderen der Einsatz von Screening-Fragebögen für
berufsbezogene Problemlagen (vgl. Kapitel 3.1).
Im Anschluss an die Feststellung einer möglichen beruflichen Problemlage muss eine differenzierte
Diagnostik erfolgen, um aus der Problemlage einen individuellen Behandlungsplan ableiten zu können (vgl. hierzu Kapitel 3.2 bis 3.4). Die arbeits- und berufsbezogene Diagnostik erfordert einen Abgleich des Anforderungs- und Fähigkeitsprofils des Rehabilitanden. Gegebenenfalls ist eine Belastungserprobung mit diagnostischem Schwerpunkt notwendig, um die persönliche psychische und
physische Belastungsfähigkeit des Rehabilitanden einzuschätzen. Um die Anforderungen des individuellen Arbeitsplatzes objektivieren zu können, sind Arbeitsplatzbeschreibungen hilfreich (z. B. über
„Berufenet“ der Arbeitsagentur, über den Arbeitgeber, über die Berufsgenossenschaft). Durch Kontakte, etwa zum Betriebs- und Hausarzt des Rehabilitanden, können – unter Berücksichtigung der
Regelungen zum Sozialdatenschutz – notwendige Informationen über den Arbeitsplatz und Vorbefunde ergänzt werden. Weiterer wichtiger Bestandteil der Diagnostik ist der Abgleich der subjektiven
Angaben des Rehabilitanden mit objektivierbaren Befunden (z. B. im Rahmen einer EFL-Diagnostik
vgl. Kapitel 3.2). Auch die arbeits- und berufsbezogenen Behandlungserwartungen des Rehabilitanden und seine Motivation, sich mit arbeits- und berufsbezogenen Fragestellungen auseinander zu
setzen, müssen zu Beginn der Rehabilitation erfasst werden.
19
Die Vereinbarung von Therapiezielen erfolgt gemeinsam mit dem Rehabilitanden und dem interdisziplinären Reha-Team. Im Reha-Team werden relativ zu Beginn der Maßnahme Fähigkeits- bzw. Defizitanalyse und Therapieplanung durchgeführt; während der Behandlung werden die Ziele bzw. die
Zielerreichung regelmäßig überprüft und die Ziele bei Bedarf modifiziert.
Die Förderung der Motivation des Rehabilitanden, sich mit seiner individuellen Berufs- und Arbeitssituation auseinanderzusetzen, sollte während der gesamten Rehabilitation als Thema präsent sein
(vgl. hierzu Kapitel 4).
Die Durchführung arbeits- und berufsbezogener Maßnahmen (vgl. hierzu Kapitel 5) erfolgt unter Beteiligung unterschiedlicher Fachdisziplinen (z. B. Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Psychologen,
Sozialpädagogen). Bei Maßnahmen, die extern durchgeführt werden (z. B. externe Belastungserprobung), erfolgen im Bedarfsfall Betriebsbesuche durch den Sozial- oder Arbeitstherapeuten mit Feedback für den Rehabilitanden und den Anleiter.
Bei arbeits- und berufsbezogenen Maßnahmen ist eine gute Vernetzung zwischen Leistungsträgern
(z. B. Rentenversicherung, Arbeitsagentur), Rehabilitand und Klinik über den gesamten Behandlungsprozess hinweg notwendig. Der frühzeitige Einbezug des Reha-Fachberaters der DRV – auch schon
in die Planung arbeits- und berufsbezogener Maßnahmen – ist wichtig, vor allem wenn der Behandlungsansatz eine Verlängerung der Rehabilitationsmaßnahme erforderlich macht.
Am Ende einer arbeits- und berufsbezogenen Rehabilitation wird im Team eine abschließende sozialmedizinische Leistungsbeurteilung vorgenommen (auch mit Hilfe standardisierter Selbst- und
Fremdbeurteilungsverfahren). Im Gespräch mit dem Rehabilitanden müssen die objektiven Ergebnisse wie auch die Ressourcen und Defizite des Rehabilitanden im Abgleich von Selbst- und Fremdbeobachtung besprochen werden. Insbesondere muss mit dem Rehabilitanden geklärt werden, ob er
direkt im Anschluss an den Reha-Aufenthalt wieder im bisherigen Umfang an seinem Arbeitsplatz
tätig sein kann bzw. eine berufliche Wiedereingliederung (vorrangig am bisherigen Arbeitsplatz) unterstützt werden kann (BAR, 2008). Aus dem Abgleich des Anforderungsprofils des Arbeitsplatzes mit
der Leistungsfähigkeit des Rehabilitanden ergeben sich Inhalte und Ansatzpunkte für weiterführende
Beratungen und weitere therapeutische Maßnahmen – auch für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA). Es ist zu prüfen, ob LTA notwendig sind. Der Ablauf einer möglichen Stufenweisen
Eingliederung muss bereits am Ende der medizinischen Rehabilitation mit dem Arbeitgeber des Rehabilitanden geklärt, abgestimmt und im Entlassungsbericht festgehalten werden. Dies beinhaltet
auch die Anfertigung eines Plans zur Stufenweisen Wiedereingliederung.
Mit Blick auf die Anbahnung der nachgehenden Maßnahmen sollte möglichst frühzeitig, mit
Einverständnis des Rehabilitanden, die Rehabilitationseinrichtung Kontakt zum Betriebsarzt, zum
Arbeitgeber und/oder zum Rehabilitations-Fachberater des Kostenträgers aufnehmen, um die
Nachsorge
und
schwerbehinderten
berufliche
Menschen
(Wieder-)Eingliederung
kann
auch
die
des
Rehabilitanden
Beteiligung
der
zu
planen.
Integrationsämter
Bei
bzw.
Ist die gesetzliche Unfallversicherung Träger der Maßnahmen, so ist der Reha-Fachberater/Berufshelfer der
Unfallversicherung einzubinden.
20
Integrationsfachdienste hilfreich sein (vgl. BAR, 2008). Abbildung 2.1 illustriert den beschriebenen
Behandlungsprozess.
Abb. 2.1:
Behandlungsprozess in der medizinisch-beruflich orientierten Rehabilitation
21
Verwendete Literatur
[BAR] Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (2008). Praxisleitfaden: Strategien zur Sicherung
der Nachhaltigkeit von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Frankfurt am Main.
[DRV] Deutsche Rentenversicherung Bund (2007). Eckpunkte arbeitsbezogener Strategien bei Leistungen zur medizinischen Rehabilitation.
www.deutsche-rentenversicherung-bund.de/cae/servlet/contentblob/36700/publicationFile
/17813/download_eckpunkte_strategien.pdf
(aufgerufen im März 2012)
Hansmeier, T. & Schliehe, F. (2009). Rechtliche und institutionelle Rahmenbedingungen der medizinisch-beruflich orientierten Rehabilitation. In A. Hillert, W. Müller-Fahrnow & F.M. Radoschewski (Hrsg.), Medizinisch-beruflich orientierte Rehabilitation (S. 34-39). Köln: Deutscher
Ärzteverlag.
22
3.
Erfassung und Beschreibung arbeits- und berufsbezogener Problemlagen
(unter Mitarbeit von Dr. Matthias Bethge, Medizinische Hochschule Hannover)
3.1
Screening-Verfahren zur Identifikation von Rehabilitanden mit arbeits- und
berufsbezogenen Problemlagen
Würzburger Screening
SIBAR
SIMBO
3.2
FCE-Systeme zur objektiven Erfassung der arbeitsbezogenen funktionellen
Leistungsfähigkeit
Evaluation der funktionellen Leistungsfähigkeit (nach Isernhagen) (EFL)
ERGOS®
SAPPHIRE Arbeitskapazitäten System
3.3
Dokumentationssysteme zum Abgleich von Fähigkeiten und Anforderungen
Integration von Menschen mit Behinderungen in die Arbeitswelt (IMBA)
Merkmalsprofile zur Eingliederung Leistungsgewandelter und Behinderter in Arbeit (MELBA)
3.4
Fragebogeninstrumente im Kontext arbeits- und berufsbezogener Maßnahmen
3.4.1 Erfassung von Einschränkungen der Aktivitäten und Teilhabe
Disabilities of the Arm, Shoulder and Hand Questionnaire, deutsche Version (DASH)
Indikatoren des Reha-Status (IRES-3, IRES-24)
Spinal Function Sort (Performance Assessment and Capacity Testing „PACT-Test“)
Work Ability Index - WAI (deutsch: Arbeitsbewältigungsindex - ABI)
3.4.2 Erfassung von Kontextfaktoren
Arbeitsbezogenes Verhaltens- und Erlebensmuster (AVEM)
Diagnostikinstrument für Arbeitsmotivation (DIAMO)
Fear Avoidance Beliefs Questionnaire, deutsche Version (FABQ-D)
Fragebogen zur Erfassung der berufsbezogenen Therapiemotivation (FBTM)
Fragebogen zur Messung beruflicher Gratifikationskrisen (ERI)
Fragebogen zu rehabilitationsbezogenen Erwartungen und Motivationen (FREM)
Job-Angst-Skala (JAS)
Patientenfragebogen zur Erfassung der Reha-Motivation (PAREMO, PAREMO-20)
Skala „Berufliche Selbstwirksamkeitserwartung“
Skala zur Erfassung genereller beruflicher Selbstwirksamkeitserwartungen (BSEF-Skala)
Work-family-conflict-Skala (WFC-Skala)
23
Im Folgenden werden Testverfahren vorgestellt, die im Kontext arbeits- und berufsbezogener Fragestellungen in der Rehabilitation Einsatz finden können. Die beschriebenen Verfahren wurden ausgewählt in Zusammenarbeit mit Experten aus Reha-Kliniken, von Leistungsträgern und aus der Forschung sowie unter Bezugnahme auf den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Literatur. Die genannten Assessments stellen Beispiele für Instrumente in den jeweiligen Themenbereichen dar. Die
Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die ausgewählten Verfahren stellen zudem
keine Empfehlung dar. Sie sind sowohl einzeln als auch in Kombination anwendbar.
Abbildung 3.1 zeigt eine schematische Unterteilung der Instrumente zur Erfassung und Beschreibung
arbeits- und berufsbezogener Problemlagen.
Abb. 3.1:
Unterteilung der Instrumente zur Erfassung und Beschreibung arbeits- und berufsbezogener Problemlagen
Bei den Instrumenten zur Erfassung und Beschreibung beruflicher Problemlagen handelt es sich zum
einen um Screening-Verfahren zur Identifikation von Patienten mit arbeits- und berufsbezogenen
Problemlagen (Kapitel 3.1), die der eigentlichen, umfassenderen Diagnostik vorgeschaltet sind, zum
anderen um diagnostische Instrumente, die eine differenziertere Beschreibung der individuellen
Problemlage ermöglichen. Die weiteren Abschnitte beziehen sich auf FCE-Systeme zur objektiven
Erfassung der individuellen arbeitsbezogenen funktionellen Leistungsfähigkeit (functional capacity
evaluation; Kapitel 3.2), Dokumentationssysteme zum Abgleich von Fähigkeiten und Anforderungen
(Kapitel 3.3) sowie Fragebogenverfahren (i. d. R. Selbstbeurteilungsinstrumente) zur Erfassung wesentlicher Aspekte der Aktivitäten und Teilhabe sowie der (personen- und umweltbezogenen) Kontextfaktoren eines Rehabilitanden unter Bezugnahme auf das Modell der funktionalen Gesundheit
der ICF (WHO, 2001) (Kapitel 3.4 f.). Für die nachfolgende Darstellung wurden Instrumente ausgewählt, deren psychometrische Eigenschaften mindestens befriedigend sind. Bezüglich der genauen
psychometrischen Kennwerte der Verfahren wird auf die jeweilige Originalliteratur verwiesen, die
am Ende dieses Kapitels aufgeführt ist.
24
3.1
Screening-Verfahren zur Identifikation von Rehabilitanden
mit arbeits- und berufsbezogenen Problemlagen
In der medizinisch-beruflich orientierten Rehabilitation werden Screening-Verfahren unter anderem
dazu eingesetzt, um festzustellen, ob ein Rehabilitand arbeits- und berufsbezogene Rehabilitationsmaßnahmen benötigt. Werden durch das Screening Risiken für arbeits- und berufsbezogene Problemlagen entdeckt, sollen diese durch eine anschließende ausführlichere Diagnostik spezifiziert
werden (vgl. Kapitel 3.2 bis 3.4).
Die Screening-Verfahren zur Ermittlung arbeits- und berufsbezogener Probleme können zum einen
vor der Rehabilitation bei der sozialmedizinischen Begutachtung durch die Leistungsträger eingesetzt
werden, um eine bedarfsgerechte Zuweisung des Antragstellers zu ermöglichen. Zum anderen können sie kurz vor bzw. zu Beginn der Rehabilitation durch den Leistungserbringer verwendet werden,
um die arbeits- und berufsbezogene Behandlung bedarfsgerecht zu steuern.
Für die Identifikation von arbeits- und berufsbezogenen Problemlagen in der medizinischen Rehabilitation sind verschiedene Screening-Instrumente entwickelt und validiert worden, welche hier kurz
vorgestellt werden. Bei den Instrumenten handelt es sich um kurze Fragebögen, die von Patienten
einfach und in weniger als fünf Minuten zu bearbeiten sind. Die drei hier genannten Verfahren sind
unabhängig von der Art der Erkrankung einsetzbar (generisch).
Beim Würzburger Screening (Löffler et al., 2009) handelt es sich um einen Fragebogen für den Einsatz in Rehabilitationseinrichtungen mit neun Fragen zu den Themenbereichen „Subjektive Erwerbsprognose“, „Berufliche Belastung“ und „Interesse an berufsbezogenen Therapieangeboten“. Ferner
existiert eine Kurzfassung zur Verwendung im Rahmen der sozialmedizinischen Begutachtung. Das
Würzburger Screening wurde bisher bei der Reha-Antragstellung wie auch bei kardiologisch, orthopädisch, pneumologisch und psychosomatisch erkrankten Patienten getestet. Es hat sich für alle genannten Bereiche als tauglich erwiesen.
Beispielfragen aus dem "Würzburger Screening"
•
Glauben Sie, dass Sie nach der Reha-Maßnahme wieder an Ihrem bisherigen Arbeitsplatz tätig
sein können?
•
Tragen Belastungen am Arbeitsplatz zu Ihren gesundheitlichen Beschwerden bei?
•
Haben Sie Interesse, berufliche Probleme im Rahmen der Reha-Maßnahme zu bearbeiten?
SIBAR, das Screening-Instrument für Beruf und Arbeit in der Rehabilitation (Bürger & Deck, 2009), ist
ein kurzer Fragebogen, der mit elf Items auf eine DIN-A4-Seite passt. Eine längere Version umfasst
neben den wichtigsten demographischen Daten zusätzlich eine differenziertere Erfassung der beruflichen Belastungen und des subjektiven Bedarfs an unterschiedlichen berufsbezogenen Behand25
lungsangeboten. SIBAR umfasst drei unabhängige Bestandteile des berufsbezogenen Behandlungsbedarfs: „Sozialmedizinische Risikofaktoren“ (Frühberentungsrisiko), „Berufliche Problemlagen“ und
„Subjektiver Bedarf an berufsbezogenen Reha-Angeboten“. Das Verfahren wurde sowohl bei der
Antragstellung als auch in orthopädischen, kardiologischen, onkologischen und psychosomatischen
Reha-Einrichtungen erprobt und hat sich als geeignet erwiesen, Rehabilitanden mit berufsbezogenen
Problemlagen zu erkennen.
Der SIMBO-C, ein Screening-Instrument zur Feststellung des Bedarfs an Medizinisch-Beruflich Orientierten Maßnahmen bei Patienten mit Chronischen Erkrankungen (Streibelt, 2009), berücksichtigt
sieben Indikatoren beeinträchtigter beruflicher Teilhabe, unter anderem verschiedene sozialmedizinische Parameter, die subjektive berufliche Prognose, die berufsbezogene Therapiemotivation und
das Alter. Der SIMBO-C fand bisher in der Orthopädie, Psychosomatik und Inneren Medizin Anwendung. Darüber hinaus wurde er im Antragsverfahren für medizinische Rehabilitationsmaßnahmen
eingesetzt.
Auf der Homepage „Arbeits- und berufsbezogene Orientierung in der medizinischen Rehabilitation“
des Arbeitsbereichs Rehabilitationswissenschaften der Universität Würzburg können die genannten
Screeningverfahren kostenlos heruntergeladen werden bzw. sind Kontaktdaten zum Autor verfügbar:
www.medizinisch-berufliche-orientierung.de/erfassung-und-beschreibung-arbeits-und-berufsbezogener-problemlagen/diagnostik-screening
26
3.2
FCE-Systeme zur objektiven Erfassung der arbeitsbezogenen funktionellen
Leistungsfähigkeit
Zur objektiven Erfassung der individuellen arbeitsbezogenen funktionellen Leistungsfähigkeit wurden
vor allem im englischsprachigen Raum Testverfahren entwickelt, die unter der Bezeichnung FCESysteme (functional capacity evaluation) Einzug in die medizinische Rehabilitation gefunden haben
(vgl. Erbstößer et al., 2003; Erbstößer, 2004; Genovese & Galper, 2009). FCE-Systeme messen die
individuelle Fähigkeit (capacity) eines Rehabilitanden, Anforderungen einer bestimmten Arbeitstätigkeit zu erfüllen und beinhalten neben standardisierten körperlich orientierten Testaufgaben auch
anamnestische Erhebungen, Interviewelemente und Beobachtungen. Die möglichst realitätsgerechte
Beurteilung der Arbeitsfähigkeiten von Rehabilitanden bezieht sich schwerpunktmäßig auf häufig
vorkommende physische Aspekte der Arbeit (z. B. Heben, Tragen) und erfolgt über standardisierte
Leistungstests.
Laut Schreiber und Kollegen (2000) sollten FCE-Systeme nicht als alleinige Bewertung der funktionellen Leistungsfähigkeit eines Patienten angesehen werden, sondern sollten durch klinische Untersuchungen, weitere Funktionsmessungen und patientenzentrierte Variablen ergänzt werden.
Evaluation der funktionellen Leistungsfähigkeit (nach Isernhagen) (EFL)
(Isernhagen et al., 1999; Kaiser et al., 2000a)
Die Evaluation der funktionellen Leistungsfähigkeit ermöglicht eine objektivierte Beurteilung der
funktionellen Leistungsfähigkeit. Bei den physischen Tests wird der Rehabilitand zum einen bis zu
seiner Leistungsgrenze belastet („psychophysische Tests“), zum anderen wird die maximale Leistungsfähigkeit innerhalb einer ergonomischen Testausführung ermittelt („kinesiophysische Tests“).
Das EFL-Bewertungssystem beruht auf der kinesiophysischen Methodik. Die gesamte Testbatterie
umfasst 29 standardisierte funktionelle Leistungstests (z. B. Heben, Tragen, Arbeiten über Kopfhöhe,
Leiter steigen, Handkoordination). Die reine Testdurchführung dauert fünf bis sechs Stunden und
wird auf zwei Tage aufgeteilt.
Die individuelle Belastbarkeit des Rehabilitanden in den einzelnen Tests wird in eine EFL-Tabelle eingetragen. Es wird die geschätzte Belastbarkeit während eines achtstündigen-Arbeitstags ermittelt
und in ein Leistungsprofil überführt. Das Leistungsprofil wird dem arbeits- und berufsbezogenen Anforderungsprofil (der jeweiligen Arbeitsstelle des Rehabilitanden) gegenübergestellt („Job Match“),
wobei Defizite und Fertigkeiten des Rehabilitanden deutlich werden, die in der Therapie gezielt trainiert werden können. In das Anforderungsprofil können Angaben des Rehabilitanden und seines Arbeitgebers eingehen. Der Beobachtung des Rehabilitanden in der Testsituation (z. B. zum Umgang
mit Beschwerden) kommt eine wichtige Rolle zu.
Um den Aufwand einer kompletten EFL-Testung zu reduzieren, wurden EFL-Kurzformen entwickelt.
Innerhalb dieser gekürzten Variante werden wie bei der ausführlichen EFL-Version mehrere Anforderungen des Arbeitsplatzes bestimmt und anschließend in arbeitsplatzbezogene Testsituationen um27
gesetzt. Die Tests sind allerdings hinsichtlich des Zeitaufwands im Verhältnis zum EFL-Gesamtverfahren erheblich gekürzt und geben Auskunft über die momentane funktionelle Leistungsfähigkeit bezogen auf indikationsbezogene bzw. individuelle Fragestellungen (s. Kapitel 6: Praxisbeispiele der
Klinik Bavaria oder „Arbeitsplatzspezifische Rehabilitation“ ARC-Gruppe).
Die Einführung der Methode und die Beteiligung an EFL-Kursen, in denen die Ausbildung von EFLAnwendern erfolgt, setzt den Erwerb einer Lizenz der EFL Akademie voraus (www.efl-akademie.de).
Als Ergänzung zum EFL und anderen Verfahren zur Erfassung der funktionellen Leistungsfähigkeit ist
der als „PACT-Test“ bekannte Spinal Function Sort anzusehen (Schweizerische Arbeitsgemeinschaft
für Rehabilitation, 1996). Dieser Test erhebt die subjektive Einschätzung der funktionellen Leistungsfähigkeit der Probanden und ist in Kapitel 3.4.1 genauer beschrieben.
ERGOS®
(Kaiser et al., 2000b)
Bei Ergos® handelt es sich um einen psychophysischen Test. Zielparameter ist die maximale Leistungsfähigkeit (ohne ausdrückliche Berücksichtigung ergonomischer Aspekte). Ergos® umfasst 42
Einzeltests zu den Aspekten Kraft, Körperbeweglichkeit, Arbeitsausdauer, Arbeitsschnelligkeit und
Arbeitsgenauigkeit. Es erfolgt ein Vergleich der individuellen Leistung mit einer Liste von Anforderungsprofilen verschiedener beruflicher Tätigkeiten, die im System hinterlegt sind.
Eine detaillierte Beschreibung des Verfahrens geben Kaiser und Mitarbeiter (2000b). Weitere Informationen finden sich unter folgenden Internetadressen:
www.simwork.com/products/ergos/ergos.htm
www.ergosarbeitssimulator.de
SAPPHIRE Arbeitskapazitäten System
(Simwork Systems / Work Recovery Europe BV)
Beim SAPPHIRE Arbeitskapazitäten System handelt es sich um einen Arbeitssimulator, der die Testung des körperlichen Arbeitsvermögens eines Rehabilitanden (der „Performance“) zum Ziel hat. Die
objektive Untersuchung der körperlichen Leistungsfähigkeit eines Probanden kann sich sowohl auf
allgemeine Anforderungen von Arbeitsplätzen als auch auf spezifische Anforderungen bestimmter
Arbeitsplätze beziehen.
In der Testung muss der Rehabilitand Leistung in Form von körperlichen Arbeitsaktivitäten erbringen.
Die Durchführung besteht aus standardisierten Tests, die definierte Arbeitsaktivitäten umfassen. Die
Standardisierung der Testaufgaben wird durch eine entsprechende Ausstattung (verstellbare Unterteile, Gewichts- und Höheneinstellungen) unterstützt. Die Messung erfolgt auf Funktionalitätsebene,
d. h. es geht bei den Tests darum, eine Funktion zu erfüllen (z. B. Arbeiten in gebückter, hockender,
kniender Haltung). Die Leistung des Probanden wird mit Kriterien (Standard-Arbeitsanforderungen
bzw. die im entsprechenden Beruf benötigten Fähigkeiten) verglichen. Auch das Arbeitstempo wird
in der Testung berücksichtigt (Messung der Effektivität/Produktivität). Die Schwerpunkte einzelner
28
Untertests liegen in den Bereichen Kraft, Ausdauer und körperliche Flexibilität. Diese Aspekte werden
auch in Kombination miteinander getestet. Der SAPPHIRE sollte als Teil eines umfassenden Assessment-Prozesses eingesetzt werden, in dem auch andere für die Arbeit wichtige Aspekte erfasst
werden.
Weiterführende Informationen zum Verfahren finden sich unter:
www.simwork.com/products/sapphire/sapphire.htm
3.3
Dokumentationssysteme zum Abgleich von Fähigkeiten und Anforderungen
Integration von Menschen mit Behinderungen in die Arbeitswelt (IMBA)
(IMBA-Projektteam, 2000)
Bei IMBA handelt es sich um ein Profilvergleichsverfahren, welches die Erstellung eines Fähigkeitsprofils und den Abgleich mit den Anforderungen am Arbeitsplatz erlaubt. Es kann als ergänzendes
Sytem zu EFL oder Ergos® eingesetzt werden. IMBA umfasst folgende Merkmalskomplexe: Körperhaltung, Körperfortbewegung, Körperteilbewegung, Informationsaufnahme und -abgabe, komplexe
physische Merkmale, Umgebungseinflüsse, Arbeitssicherheit, Arbeitsorganisation und psychologische Merkmale.
In Bezug auf die diagnostischen Methoden werden keinerlei Vorgaben gemacht. Bei der Erstellung
von Anforderungsprofilen können beispielsweise schriftliches Material über den Arbeitsplatz (Arbeitsplatzbeschreibungen, Statistiken), Beobachtung am Arbeitsplatz, Befragungen (Arbeitnehmer,
Vorgesetzter, Kollege) oder Messungen am Arbeitsplatz (Schall, Lichtintensität, Gewichte) herangezogen werden.
Auch bei der Erstellung von Fähigkeitsprofilen (ärztliche Befragungen und Untersuchungen, Selbstauskünfte des Arbeitnehmers, eine Fremdanamnese und Ergebnisse technischer Untersuchungen
z. B. mit ERGOS) und bei der psychologischen Begutachtung (Exploration bzw. Anamnese, eine
Fremdanamnese, Verhaltensbeobachtungen sowie die Bearbeitung standardisierter Aufgaben oder
psychometrischer Testverfahren) können Aufschluss über die körperliche bzw. psychische Verfassung
des Arbeitnehmers geben. Die so erhobenen Daten werden anhand der IMBA-Materialien (Definitionen, Beurteilungshinweise und -schlüssel) ausgewertet.
Merkmalsprofile zur Eingliederung Leistungsgewandelter und Behinderter in Arbeit (MELBA)
(Föhres et al., 2003)
Bei MELBA handelt es sich um ein vorrangig psychologisches Erhebungsverfahren. Es basiert ebenfalls auf dem Vergleich von Fähigkeiten und Anforderungen (Profilvergleich), legt aber den Schwerpunkt auf psychologische Schlüsselqualifikationen. Hierbei handelt es sich wie beim IMBA um ein
Fragebogenverfahren. Das Verfahren MELBA ist als eigenständiges Verfahren konzipiert, beinhaltet
aber neben einzelnen Merkmalen aus anderen IMBA-Merkmalsgruppen die psychischen Merkmale
29
der Gruppe Schlüsselqualifikationen des IMBA-Verfahrens. In der Softwareversion von IMBA kann
optional auch ein MELBA-Profil erstellt werden und MELBA-Profile können in IMBA-Profile integriert
werden.
Das Verfahren MELBA gliedert sich in drei Teile:
1. Das Fähigkeitsprofil
2. Das Anforderungsprofil
3. Den Profilvergleich
Grundlage sind 29 definierte Merkmale, die fünf Merkmalbereichen zugeordnet sind.
Soziale Merkmale (z. B. Teamarbeit, Kontaktfähigkeit)
Kognitive Merkmale (z. B. Problemlösen, Konzentration)
Merkmale zur Art der Arbeitsausführung (z. B. Ausdauer, Sorgfalt)
Psychomotorische Merkmale (z. B. Antrieb, Reaktionsgeschwindigkeit)
Kulturtechniken/Kommunikation (z. B. lesen können)
Um die Merkmale standardisiert und systematisch einschätzen zu können, gibt es Definitionen zu
jedem der o. g. Merkmale. Für jedes einzelne Merkmal wird die Höhe von Profilwerten von 1 bis 5
eingeschätzt.
3.4
Fragebogeninstrumente im Kontext arbeits- und berufsbezogener Maßnahmen
Im Kontext arbeits- und berufsbezogener Orientierung in der medizinischen Rehabilitation werden
verschiedene diagnostische Fragebogenverfahren zur Selbstbeurteilung durch den Rehabilitanden
eingesetzt. Die Systematik der folgenden Darstellung verschiedener Assessments, orientiert sich am
Modell der funktionalen Gesundheit der ICF und ist unterteilt in Instrumente zur Erfassung von Einschränkungen der Aktivitäten und Teilhabe (Kapitel 3.4.1), zur Erfassung von sozialen, umwelt- und
personenbezogenen Kontextfaktoren (Kapitel 3.4.2). Innerhalb der beiden Themenbereiche sind die
Testverfahren alphabetisch geordnet.
3.4.1
Erfassung von Einschränkungen der Aktivitäten und Teilhabe
Disabilities of the Arm, Shoulder and Hand Questionnaire, deutsche Version (DASH)
(Germann et al., 1999, 2003)
Beim DASH handelt es sich um ein Selbstbeurteilungsinstrument zur Erfassung von Symptomen und
funktionellen Einschränkungen bei muskuloskelettalen Erkrankungen im Bereich der oberen Extremitäten. Die Originalversion des DASH wurde auf der Grundlage der ICIDH (Vorläufer der ICF) konzipiert
und umfasst Items aus den Bereichen „Körperfunktionen und -strukturen“ sowie „Aktivitäten und
Partizipation“.
30
Der DASH besteht aus 30 Items, die sich auf die Bereiche „Körperfunktion und -strukturen“, „berufliche und allgemeine Aktivitäten“ und „soziales Leben“ beziehen. Es existiert auch eine Kurzform
(„QuickDASH“), die elf Items umfasst. Die Items des DASH werden im Hinblick auf die Schwierigkeiten
bei der Ausübung der jeweiligen Aktivitäten beantwortet. Es erfolgt die Berechnung eines Gesamtwerts, der den Grad der Einschränkung wiedergibt. Über diesen Kernfragebogen hinaus können zwei
optionale Module (Sport und Musik bzw. Arbeit und Beruf) mit jeweils vier Items eingesetzt werden.
Einige Beispielitems aus dem Kernfragebogen sowie aus dem optionalen Arbeits- und Berufs-Modul
sind in Tabelle 3.2 aufgeführt.
Tab. 3.2:
Beispielitems aus dem DASH.
Bereich
Beispielitem Kernfragebogen
Körperliche Funktionsfähigkeit
Eine Einkaufstasche oder einen Aktenkoffer tragen
Symptome
Schmerzen in Schulter, Arm oder Hand während der Ausführung
einer bestimmten Tätigkeit
Soziale Partizipation
In welchem Ausmaß haben Ihre Schulter-, Arm- oder Handprobleme Ihre normalen sozialen Aktivitäten mit Familie, Freunden,
Nachbarn oder anderen Gruppen während der vergangenen Woche beeinträchtigt?
Beispielitems Arbeits- und Berufs-Modul
Instruktion: Bitte kreuzen Sie die Zahl an, die Ihre körperlichen Fähigkeiten in der vergangenen
Woche am besten beschreibt. (Skala zwischen „Keine Schwierigkeiten“ = 1 und „Nicht möglich“ = 5)
Hatten Sie irgendwelche Schwierigkeiten:
… aufgrund der Schmerzen in Schulter, Arm oder Hand Ihre übliche Arbeit zu erledigen?
… so gut zu arbeiten wie Sie es möchten?
Das Instrument (auch in der deutschsprachigen Version) sowie weiterführende Informationen (auf
Englisch) können unter folgender Internetadresse heruntergeladen werden: www.dash.iwh.on.ca
Indikatoren des Reha-Status (IRES-3, IRES-24)
(Bührlen et al., 2005; Wirtz et al., 2005)
Der IRES-Fragebogen ist ein spezifisch für den Rehabilitationskontext entwickeltes, generisches
Selbstbeurteilungsverfahren; er erfasst mittels 144 Items (IRES-3) bzw. 24 Items (Kurzversion IRES24) verschiedene Facetten des subjektiven Gesundheitsstatus und der Funktionsfähigkeit bei Patienten mit chronischen Erkrankungen. Die Kurzversion IRES-24 wurde auf Basis der probabilistischen
Testtheorie entwickelt und ist Rasch-skaliert. Die Items des IRES verteilen sich auf die folgenden Dimensionen (Tabelle 3.3):
31
Tab. 3.3:
Dimensionen der IRES-Fragebögen
Dimension
IRES-3
IRES-24
Somatische Gesundheit
Schmerzen
Funktionsfähigkeit im Alltag
Funktionsfähigkeit im Beruf
Psychisches Befinden
Soziale Integration
Gesundheitsverhalten
Krankheitsbewältigung
Für den Kontext der arbeits- und berufsbezogenen Orientierung in der medizinischen Rehabilitation
ist (je nach Bedarf) die Verwendung verschiedener Subskalen von IRES-3 oder IRES-24 denkbar, etwa
die Skala „Funktionsfähigkeit im Beruf“ (nur IRES-3).
Ausführliche Informationen zu den Anwendungsbereichen und psychometrischen Eigenschaften des
IRES geben Leonhart und Gerdes (2005) sowie Frey und Mitarbeiter (2007). Möglichkeiten zum
Download der Instrumente finden sich unter:
www.uniklinik-freiburg.de/aqms/live/DLInstrumente.html
www.uniklinik-freiburg.de/aqms/live/IRES-online.html
Spinal Function Sort (auch bekannt als Performance Assessment and Capacity Testing „PACT-Test“)
Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation, 1996)
Da die Bereitschaft von Rehabilitanden, sich zu belasten bzw. eine Arbeitstätigkeit aufzunehmen,
auch in wesentlichem Maß von der subjektiven Leistungsfähigkeit abhängt, werden die physischen
Leistungstests der EFL durch eine standardisierte Selbsteinschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit
ergänzt. Anhand von Bildern mit typischen Arbeitssituationen soll der Rehabilitand seine Leistungsfähigkeit einschätzen. Es wird empfohlen, einen Vergleich der subjektiven Leistungsfähigkeit vor und
nach den EFL-Tests mit den tatsächlichen Testergebnissen vorzunehmen, um Unter- und Überschätzungen zu erkennen. Die Testergebnisse werden in einem standardisierten Testbericht festgehalten,
der auch Angaben zur Verhaltensbeobachtung umfasst.
32
Work Ability Index - WAI (deutsch: Arbeitsbewältigungsindex - ABI)
(Hasselhorn und Freude, 2007; BAuA, 2011)
Der Work Ability Index (WAI) wurde Anfang der achtziger Jahre in Finnland entwickelt und dient zur
Einschätzung der Arbeitsfähigkeit sowohl bei Einzelpersonen als auch bei Beschäftigtengruppen. Die
aktuelle deutschsprachige Fassung beruht auf der überarbeiteten englischsprachigen Originalversion
von Tuomi et al. (2008). Beim ABI handelt es sich um einen Selbstauskunftsbogen mit zehn Items, die
sieben Dimensionen zugeordnet sind. Tabelle 3.4 zeigt Beispielitems aus den sieben Dimensionen
des WAI.
Tab. 3.4:
Dimensionen des WAI/ABI-Fragebogens
Dimension
Beispielitem
derzeitige Arbeitsfähigkeit im
Vergleich zu der besten je erreichten Arbeitsfähigkeit
Wenn Sie Ihre beste, je erreichte Arbeitsfähigkeit mit 10 Punkten
bewerten: Wie viele Punkte würden Sie dann für Ihre derzeitige
Arbeitsfähigkeit geben?
Arbeitsfähigkeit in Relation zu
den Arbeitsanforderungen
Wie schätzen Sie Ihre derzeitige Arbeitsfähigkeit in Bezug auf die
körperlichen Arbeitsanforderungen ein? Wie schätzen Sie Ihre
derzeitige Arbeitsfähigkeit in Bezug auf die psychischen Arbeitsanforderungen ein?
Anzahl der aktuellen, vom Arzt
diagnostizierten Krankheiten
Kreuzen Sie in der folgenden Liste Ihre Krankheiten oder Verletzungen an. Geben Sie bitte auch an, ob ein Arzt diese Krankheiten diagnostiziert oder behandelt hat.
geschätzte Beeinträchtigung der
Arbeit durch Krankheiten
Behindert Sie derzeit eine Erkrankung oder Verletzung bei der
Arbeit? Falls nötig, kreuzen Sie bitte mehr als eine Antwortmöglichkeit an.
Krankenstand in den vergangenen 12 Monaten
Wie viele ganze Tage sind Sie auf Grund eines gesundheitlichen
Problems (Krankheit, Unfall) in den letzten 12 Monaten der Arbeit ferngeblieben?
Einschätzung der eigenen
Arbeitsfähigkeit in zwei Jahren
Glauben Sie, dass Sie, ausgehend von Ihrem jetzigen Gesundheitszustand, Ihre derzeitige Arbeit auch in den nächsten zwei
Jahren ausüben können?
psychische Leistungsreserven
Haben Sie in der letzten Zeit Ihre täglichen Aufgaben mit Freude
erledigt?
Aus den Antworten auf die Fragen ergibt sich für jede Dimension ein Punktwert, die zu einem Gesamtwert summiert werden. Die höchste erreichbare Punktzahl des ABI liegt bei 49 und bedeutet
„maximale Arbeitsfähigkeit“, die geringste beträgt sieben Punkte und steht für „minimale Arbeitsfähigkeit“. Unter "Arbeitsfähigkeit" wird hierbei verstanden, inwieweit Beschäftigte in der Lage sind,
33
ihrer Tätigkeit angesichts von Arbeitsanforderungen, Gesundheit und mentalen Ressourcen nachzugehen. Die Arbeitsfähigkeit wird dabei durch die individuellen Ressourcen der Arbeitnehmer (körperliche, mentale, soziale Fähigkeiten, Gesundheit, Kompetenz, Werte) sowie die Arbeit (Arbeitsinhalt,
Arbeitsorganisation, soziales Arbeitsumfeld, Führung) bestimmt. Der Punktwert steht für das Ausmaß
der Übereinstimmung dieser beiden Komponenten.
Die Kurzversion des ABI unterscheidet sich von der Langversion ausschließlich in der Anzahl der vorgegebenen aktuellen Krankheitsbilder (Kurzversion 13, Langversion 51 Krankheiten).
Weiterführende Informationen zum Verfahren finden sich unter:
www.arbeitsfaehigkeit.uni-wuppertal.de/index.php?Literatur-deutsch
3.4.2
Erfassung von Kontextfaktoren
Arbeitsbezogenes Verhaltens- und Erlebensmuster (AVEM)
(Schaarschmidt und Fischer, 2006)
Der AVEM ist ein Selbsteinschätzungsfragebogen, der für den Einsatz im Rahmen arbeits- und gesundheitspsychologischer Fragestellungen gedacht ist. Das Verfahren erlaubt Aussagen über gesundheitsförderliche Verhaltens- und Erlebensmuster bei der Bewältigung von Arbeits- und Berufsanforderungen. Es werden dabei vier solcher Muster unterschieden: Muster G (Engagement,
Widerstandskraft und Wohlbefinden), Muster S (Schonung), Risikomuster A (Selbstüberforderung)
und Risikomuster B (Überforderung und Resignation). Während Muster G gesundheitsförderliches
Verhalten und Erleben anzeigt, weisen die Muster A und B auf unterschiedliche Gesundheitsgefährdungen hin. Muster S wiederum ist weniger unter Gesundheits-, sondern mehr unter Motivationsaspekten von Interesse.
Die 66 Items des Fragebogens verteilen sich auf elf Dimensionen (siehe Tabelle 3.5), die zu den drei
Bereichen „Arbeitsengagement“, „Widerstandskraft“ und „Wohlbefinden/psychologischer Schutzfaktor“ zusammengefasst werden können. Die Auswertung erfolgt in zwei Schritten: Zunächst
werden die Skalenwerte ermittelt. Anhand des individuellen Profils des Probanden, das sich mit Hilfe
einer computergestützten Auswertung daraus ableitet, wird dann die Wahrscheinlichkeiten für die
Zugehörigkeit zu den vier Mustern G, S, A und B berechnet. Die Kurzversion des AVEM umfasst 44
Items.
34
Tab. 3.5:
Beispielitems für die Dimensionen des AVEM
Dimension
Beispielitem
1. Subjektive Bedeutsamkeit der Arbeit
Die Arbeit ist für mich der wichtigste Lebensinhalt.
2. Beruflicher Ehrgeiz
Ich möchte beruflich weiter kommen, als es die meisten
meiner Bekannten geschafft haben.
3. Verausgabungsbereitschaft
Wenn es sein muss, arbeite ich bis zur Erschöpfung.
4. Perfektionsstreben
Was immer ich tue, es muss perfekt sein.
5. Distanzierungsfähigkeit
Nach der Arbeit kann ich ohne Probleme abschalten.
6. Resignationstendenz bei Misserfolg
Wenn ich keinen Erfolg habe, resigniere ich schnell.
7. Offensive Problembewältigung
Nach Misserfolgen sage ich mir: Jetzt erst recht!
8. Innere Ruhe und Ausgeglichenheit
Mich bringt so leicht nichts aus der Ruhe.
9. Erfolgserleben im Beruf
Mein bisheriges Berufsleben war recht erfolgreich.
10. Lebenszufriedenheit
Im Großen und Ganzen bin ich glücklich und zufrieden.
11. Erleben sozialer Unterstützung
Mein Partner/meine Partnerin zeigt Verständnis für
meine Arbeit.
Diagnostikinstrument für Arbeitsmotivation (DIAMO)
(Ranft et al., 2009)
Das DIAMO dient der multidimensionalen Erfassung berufsbezogener Motivationsstrukturen. Es handelt sich um ein generisches Selbstbeurteilungsverfahren, das arbeitsbezogene Motive, Einstellungen
und trait-gebundene Verhaltensmuster misst. Das Instrument gibt einen differenzierten Einblick in
die berufliche Motivationsstruktur von Rehabilitanden, so dass Stärken und Schwächen identifiziert
werden können. Dies verschafft diagnostische Ansatzpunkte für notwendige motivationale Interventionen oder Beratungen zur Motivationsförderung. Das DIAMO beinhaltet drei zentrale Konzepte,
„Motivationales Selbstbild“, „Motivationale Handlungsentwürfe“ und „Motivationale Passung“, denen insgesamt zehn Skalen (mit insgesamt 59 Items) zugeordnet sind (siehe Tabelle 3.6).
35
Tab. 3.6:
Beispielitems für die Dimensionen des DIAMO
Dimension
Beispielitem
Motivationales Selbstbild
Wenn ich nicht arbeite, fällt mir schnell die Decke auf den
Kopf.
Motivationale Handlungsentwürfe
Ich setze mir herausfordernde Ziele für die berufliche
Zukunft.
Motivationale Passung
Wie sehr motiviert Sie ihre bisherige (frühere) Arbeit?
Fear Avoidance Beliefs Questionnaire, deutsche Version (FABQ-D)
(Pfingsten et al., 1997; Pfingsten, 2004)
Der Fear Avoidance Beliefs Questionnaire (FABQ-D) ist ein 16 Items umfassendes Selbstbeurteilungsverfahren, mit dem schmerzbezogene Vorstellungen und Befürchtungen von Patienten mit chronischen (Rücken-)Schmerzen erfasst werden. Es handelt sich um die deutsche Version eines von Waddell und Mitarbeitern (1993) entwickelten Instruments, das auf dem „Fear-Avoidance“-Modell basiert. Diesem zufolge bewirken Ängste und Befürchtungen, dass Bewegung und körperliche Aktivität
mit Schmerzen assoziiert sind oder diese verschlimmern können, eine Vermeidung von Bewegung
und Belastung. Über negative Verstärkungsprozesse etabliert sich so ein generelles Vermeidungsverhalten potenziell schmerzhafter Aktivitäten. Das Verfahren hat sich als prognostisch relevant für
Variablen wie Arbeitsunfähigkeit und Beeinträchtigungserleben erwiesen.
Die Items des FABQ-D sind drei Subskalen zugeordnet:
Annahmen zur Rolle von Beruf und Arbeitstätigkeit als Ursache von Rückenschmerzen
(Faktor 1)
Annahmen zur vermuteten Wiederaufnahme der Berufstätigkeit (Faktor 2)
Annahmen zum Zusammenhang von körperlicher Aktivität und Rückenschmerzen (Faktor 3)
Die Items werden anhand einer 7-stufigen Likertskala von 0 = „stimmt gar nicht“ bis 6 = „stimmt ganz
genau“ beantwortet. Einige Beispielitems sind in Tabelle 3.7 aufgeführt.
36
Tab. 3.7:
Beispielitems für die Subskalen des FABQ-D
Subskala
1. Annahmen zur Rolle von Beruf
und Arbeitstätigkeit als Ursache
von Rückenschmerzen
2. Annahmen zur vermuteten
Wiederaufnahme der Berufstätigkeit
3. Annahmen zum Zusammenhang
von körperlicher Aktivität und
Rückenschmerzen
Beispielitem
Durch meine Arbeit wurden meine Schmerzen verstärkt
Meine Arbeit könnte meinen Rücken schädigen
Mit meinen augenblicklichen Schmerzen sollte ich meine gegenwärtige Arbeit eigentlich nicht ausüben
Ich glaube nicht, dass ich meine jetzige Arbeitstätigkeit überhaupt wieder aufnehmen kann
Körperliche Aktivitäten verstärken meine Schmerzen
Körperliche Aktivitäten können meinem Rücken schaden
Fragebogen zur Erfassung der berufsbezogenen Therapiemotivation (FBTM)
(Zwerenz und Beutel, 2006; Zwerenz et al., 2005)
Mit der Entwicklung des FBTM sollte die bestehende Lücke bezüglich der spezifischen Erfassung der
berufsbezogenen Therapiemotivation geschlossen werden. Deren Erfassung ist für eine gezieltere
Zuweisung zu berufsbezogenen Behandlungsangeboten von Relevanz. Sie ist zudem wichtig, da
berufliche Belastungen und Konfliktsituationen eine entscheidende Rolle bei der Entstehung und
Bewältigung von chronischen Erkrankungen spielen und den Patienten oft die Bereitschaft fehlt,
berufsbezogene Themen während ihres Rehabilitationsaufenthaltes zu bearbeiten.
Zur Fragebogenentwicklung wurden vorhandene Fragebögen zur allgemeinen Psychotherapie- und
Reha-Motivation herangezogen, ergänzt durch die berufliche Perspektive. Die endgültige Version des
FBTM besteht aus 24 Items, welche sich auf die Skalen „Veränderungsabsicht (sieben Items)“, „Rentenbegehren“ (sieben Items), „Negative Behandlungserwartungen“ (fünf Items) und „Aktive Bewältigungsorientierung“ (fünf Items) verteilen (siehe Tabelle 3.8). Der Proband soll dabei auf einer fünfstufigen Skala („gar nicht“ bis „sehr“) angeben, inwieweit er der betreffenden Aussage zustimmt.
37
Tab. 3.8:
Beispielitems für die Subskalen des FBTM
Subskala
1. Veränderungsabsicht
Beispielitem
In der Klinik hoffe ich, Möglichkeiten zur Bewältigung meiner
Arbeitsprobleme zu finden.
2. Rentenbegehren
Wenn ich jetzt wählen könnte, würde ich lieber krankgeschrieben oder früh berentet werden, als (wieder) zu arbeiten.
3. Negative Behandlungserwartungen
Es hat wenig Sinn, über die Arbeit zu reden.
4. Aktive Bewältigungsorientierung
Ich habe mich vor Beginn meines Aufenthaltes über die Klinik
informiert.
Der FBTM wurde für die psychosomatische Rehabilitation entwickelt und in weiteren Studien für die
Indikationen Orthopädie und Kardiologie eingesetzt. Die Skala „Veränderungsabsicht“ des FBTM trägt
zu einer sehr guten Verbesserung der Vorhersage des Erwerbsstatus ein Jahr nach Entlassung aus der
Klinik bei (prädiktive Validität).
Fragebogen zur Messung beruflicher Gratifikationskrisen
(Effort/Reward Imbalance Questionnaire, ERI) (Rödel et al., 2004; Siegrist et al., 2009)
Beim ERI handelt es sich um ein Selbstbeurteilungsverfahren zur Erfassung von arbeits- und berufsbezogenen Stresserfahrungen i. S. beruflicher Gratifikationskrisen.
Dem Fragebogen liegt das Modell beruflicher Gratifikationskrisen von Siegrist (1996, 2002) zugrunde.
Dieses geht davon aus, dass ein Missverhältnis von hohen geleisteten arbeits- bzw. berufsbezogenen
Verausgabungen einerseits und niedriger Gratifikation (Belohnungen in Form von Bezahlung, Wertschätzung, beruflichem Aufstieg, Arbeitsplatzsicherheit) andererseits zu Stresserleben und gesundheitlichen Beeinträchtigungen führt. Die Gratifikationskrise fällt umso stärker aus, je höher die geleistete Verausgabung im Verhältnis zu den erfahrenen Gratifikationen ist. Außerdem wird im Modell
angenommen, dass ein höheres Belastungs- bzw. Krankheitsrisiko dann besteht, wenn eine hohe
berufliche Verausgabungsneigung vorliegt. Tabelle 3.9 zeigt Beispielitems für die fünf Dimensionen
des Instruments.
38
Tab. 3.9:
Beispielitems für die Subskalen des ERI
Dimension
Beispielitem
häufig großer Zeitdruck
Verausgabung bei der Arbeitstätigkeit
viel Verantwortung
Gratifikationen: Bezahlung und beruflicher Aufstieg
schlechte Aufstiegschancen
der Leistung angemessenes Gehalt
Anerkennung von Vorgesetzten
Gratifikationen: Wertschätzung
Angemessene Unterstützung in schwierigen Situationen
Verschlechterung der Arbeitsplatzsituation zu erwarten
Gratifikationen: Arbeitsplatzsicherheit
Arbeitsplatz gefährdet
Nahestehende sagen, ich opfere mich zu sehr auf
berufliche Verausgabungsneigung
Arbeit geht mir nachts im Kopf herum
Der Fragebogen besteht aus 22 Items. Diese werden anhand eines fünfstufigen Antwortformats bearbeitet, mit dem das Ausmaß der wahrgenommenen Verausgabung bzw. Belohnung eingeschätzt
wird. Die Subskala zur Verausgabungsneigung wird anhand einer vierstufigen Likert-Skala beantwortet (von 1 = „stimme nicht zu“ bis 4 „stimme voll zu“). Vom ERI existiert auch eine Kurzform mit 16
Items, die anhand einer vierstufigen Antwortskala bearbeitet werden.
Fragebogen zu rehabilitationsbezogenen Erwartungen und Motivationen (FREM-17, FREM-8)
(Deck, 2006; Deck et al., 1998)
Der FREM stellt eines der ersten Verfahren zur Erfassung der Reha-Motivation dar. Der Fragebogen
ist als Selbstbeurteilungsinstrument konzipiert und besteht aus 17 Items, die zu vier Dimensionen
aufsummiert werden (Erholung, Gesundheit, Krankheitsbewältigung, Rente). Die Reha-Motivation
wird in diesem Instrument über die Erwartungen des Rehabilitanden an die Rehabilitationsbehandlung erfasst. Die Validierung des Instruments erfolgte an einer Stichprobe von Rehabilitanden mit
chronischen Rückenschmerzen. Die Kurzform des Fragebogens (FREM-8) umfasst acht Items auf einer
vierstufigen Antwortskala und wurde an einer indikationsübergreifenden Rehabilitandenstichprobe
entwickelt. Tabelle 3.10 zeigt Beispielitems für die vier Dimensionen des Verfahrens.
39
Tab. 3.10:
Beispielitems für die Dimensionen des FREM-17
Dimension
Beispielitem
1. Erholung
Ich erwarte, dass ich Abstand vom Alltag gewinne.
2. Gesundheit
Ich erwarte, dass ich lerne gesünder zu leben.
3. Krankheitsbewältigung
Ich erwarte, dass mein Selbstbewusstsein gestärkt wird und
dass man mir Mut macht.
4. Rente
Ich erwarte, dass man mich über berufliche Umschulungsmöglichkeiten informiert und berät.
Job-Angst-Skala (JAS)
(Linden et al., 2008; Muschalla & Linden, 2011)
Die „Job-Angst-Skala“ (JAS), ein Fragebogen zur Erfassung arbeitsplatzbezogener Ängste, soll die Differenzierung verschiedener Formen der arbeitsplatzbezogenen Ängste ermöglichen. Das Instrument
beinhaltet fünf Hauptdimensionen (Stimulusbezogene Ängste und Vermeidungsverhalten, Soziale
Ängste und Beeinträchtigungskognitionen, Gesundheits- und körperbezogene Ängste, Insuffizienzerleben, Arbeitsplatzbezogene generalisierte Sorgen). Insgesamt umfasst der Fragebogen 70 Items auf
14 Subskalen (Beispielitems siehe Tabelle 3.11). Die Beantwortung erfolgt in Form einer Likert-Skala
mit den Polen „0 = trifft gar nicht zu“ bis hin zu „4 = trifft voll zu“. Die Patienten erhalten das Instrument unter dem Titel „Fragebogen zu Arbeitsplatzproblemen“.
Der Fragebogen wurde an orthopädischen und psychosomatischen Rehabilitanden erprobt und weist
gute psychometrische Eigenschaften auf. Aus den Items der Hauptdimension „Stimulusbezogene
Ängste und Vermeidungsverhalten“ wurde mittlerweile als Screening-Instrument zur Identifizierung
von Arbeitsplatzphobien die „Arbeitsplatzphobieskala“ (13 Items) entwickelt. Die Items beschreiben
charakteristische Symptome eines Arbeitsplatzphobie-Syndroms. Die Kurzskala wurde in einer Rehabilitationsklinik an Patienten mit psychosomatischen Krankheitsbildern getestet.
Tab. 3.11:
Beispielitems der Arbeitsplatzphobieskala
Beispielitems
Ich erlebe starke Befindlichkeitsstörungen oder Unbehagen, wenn ich an meinem Arbeitsplatz bin.
Wenn ich an meinen Arbeitsplatz denke, merke ich, wie sich alles in mir anspannt.
Auf dem Weg hin zu meiner Arbeitsstelle würde ich am liebsten umdrehen.
40
Patientenfragebogen zur Erfassung der Reha-Motivation (PAREMO, PAREMO-20)
(Hafen et al. 2001; Kriz et al., 2006)
Der Fragebogen zur Patienten-Rehabilitationsmotivation basiert auf einem theorieübergreifenden
Konzept. Motivation wird dabei als ein mehrdimensionales Konstrukt erfasst. Durch den Fragebogen
wird erhoben, ob und wodurch ein Patient motiviert ist, an einer Rehabilitationsmaßnahme aktiv
teilzunehmen. Ferner kann der Anteil des Behandlungserfolges, der auf die aktive Beteiligung des
Patienten an den rehabilitativen Maßnahmen zurückgeführt werden kann, vorhergesagt werden. Der
PAREMO-20 besteht aus 20 Items, die den sechs Skalen „Seelischer Leidensdruck“, „Körperbedingte
Einschränkungen“, „Soziale Unterstützung und Krankheitsgewinn“, „Änderungsbereitschaft“, „Informationsstand zu Reha-Maßnahmen“ und „Skepsis“ zugeordnet werden (siehe Tabelle 3.12). Anhand
einer vierstufigen Antwortskala kann der Proband angeben, wie sehr eine Aussage mit seinen Meinungen und Erfahrungen übereinstimmt („stimmt nicht“ bis „stimmt“). Der Fragebogen wurde an
mehreren Stichproben aus Patienten der kardiologischen, orthopädischen und psychosomatischen
Rehabilitation konstruiert und validiert. Es liegen Normen für die Indikationsgebiete Orthopädie,
Kardiologie, Onkologie, Psychosomatik und Pneumologie vor.
Tab. 3.12:
Beispielitems für die Dimensionen des PAREMO-20
Skala
Beispielitem
1. Seelischer Leidensdruck
Ich leide stark unter seelischen Beschwerden.
2. Körperbedingte Einschränkungen
Meine körperlichen Beschwerden behindern mich im Alltag.
3. Soziale Unterstützung und Krankheitsgewinn
Wenn es mir schlecht geht, kümmert sich eher jemand um
mich als sonst.
4. Änderungsbereitschaft
Ich werde meinen Lebensstil ändern müssen, um wieder gesund zu werden.
5. Informationsstand zu RehaMaßnahmen
Ich weiß wenig darüber, wie eine Rehabilitationsbehandlung
abläuft.
6. Skepsis
Ich bin mir unsicher, ob mir hier geholfen werden kann.
Skala „Berufliche Selbstwirksamkeitserwartung“
(Schyns & v. Collani, 2002)
Die Skala basiert auf der Theorie zur Selbstwirksamkeitserwartung nach Bandura. In diesem Kontext
wird unter Selbstwirksamkeitserwartung die Überzeugung einer Person verstanden, ein bestimmtes
Verhalten ausführen zu können. Das eindimensionale Instrument wurde entwickelt aus anderen
Skalen zur Selbstwirksamkeitserwartung und ähnlichen Konstrukten, die für den beruflichen Kontext
angepasst wurden. Es umfasst 19 Items, bei denen die Probanden anhand einer sechsstufigen Ra41
tingskala angeben sollen, inwieweit sie einer Aussage zustimmen („stimmt völlig“ bis „stimmt überhaupt nicht“). Beispiele für die Items der Skala sind in Tabelle 3.13 aufgelistet.
Tab. 3.13:
Beispielitems der Skala „Berufliche Selbstwirksamkeitserwartung
Beispielitems
Wenn ich mir selbst berufliche Ziele setze, erreiche ich diese nur selten.
Ich fühle mich den meisten beruflichen Anforderungen gewachsen.
Skala zur Erfassung genereller beruflicher Selbstwirksamkeitserwartungen (BSEF-Skala)
(Abele et al., 2000)
Die BSEF-Skala (früher auch BSW-Skala) von Abele et al. besteht aus sechs Items und wurde im Rahmen der Erlanger Längsschnittstudie BELA-E zur beruflichen Laufbahnentwicklung junger Akademiker
und Akademikerinnen konstruiert. Dabei sollen die Probanden vorgegebene Aussagen auf fünfstufigen Ratingskalen („stimmt nicht” bis “stimmt genau”) beurteilen. In Tabelle 3.14 sind Beispiele für
die Items der eindimensionalen BSEF-Skala aufgeführt.
Tab. 3.14:
Items der BSEF-Skala
Beispielitems
Ich weiß nicht, ob ich die für meinen Beruf erforderlichen Fähigkeiten wirklich habe.
Es bereitet mir keine Schwierigkeiten, meine beruflichen Absichten und Ziele zu verwirklichen.
Work-family conflict-Skala (WFC-Skala)
(Carlson et al., 2000; deutsche Version von Wolff & Höge, 2011)
Bei der deutschen Version der WFC-Skala handelt es sich um eine Adaptation des sechsfaktoriellen
englischsprachigen Fragebogens zur Messung von Konflikten zwischen Beruf und Familie von Carlson
et al. (2000). Der Fragebogen besteht aus 18 Items, von denen jeweils drei eine Subskala bilden. Basierend auf dem Ansatz von Greenhaus und Beutell (1985) werden zwei Konfliktrichtungen (Beruf→Familie und Familie→Beruf) sowie drei Konfliktformen (zeitbasiert, beanspruchungsbasiert und
verhaltensbasiert) angenommen, aus deren Kombination sich die sechs Subskalen ergeben. Tabelle
3.15 zeigt Beispielitems für zwei Subskalen.
42
Tab. 3.15:
Beispielitems für die Subskalen der WFC-Skala
Subskala
B→F-Zeit
F→B-Stress
Beispielitem
Meine Arbeit hält mich mehr als mir lieb ist von Unternehmungen mit meiner Familie/ meinem Partner ab.
Die Belastungen im familiären/ partnerschaftlichen Bereich
beeinträchtigen oft meine Arbeitsleistung.
Die Probanden sollen anhand einer siebenstufigen Antwortskala angeben, inwieweit die vorgegebenen Aussagen für sie zutreffen („trifft nicht zu“ bis „trifft zu“).
43
Literatur
World Health Organisation (WHO) (2001): International Classification of Functioning, Disability and
Health: ICF. Geneva: WHO.
Screening-Verfahren zur Identifikation von Rehabilitanden mit arbeits- und berufsbezogenen
Problemlagen - Verwendete Literatur
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berufsbezogenen Behandlungsangeboten in der medizinischen Rehabilitation. Die Rehabilitation, 48, 211-221.
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Streibelt, M. (2009). Validität und Reliabilität eines Screening-Instruments zur Erkennung besonderer
beruflicher Problemlagen bei chronischen Krankheiten (SIMBO-C). Rehabilitation 48, 135-144.
Screening-Verfahren zur Identifikation von Rehabilitanden mit arbeits- und berufs-bezogenen
Problemlagen - Weiterführende Literatur
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(iqpr) an der Deutschen Sporthochschule Köln)
53
54
4.
Förderung der Motivation von Rehabilitanden zur Auseinandersetzung
mit arbeits- und berufsbezogenen Problemlagen
(unter Mitarbeit von Jana Buchmann, Universität Würzburg)
Motivation ist die psychologische Wirkgröße, die individuelles Verhalten auf der Basis von Wünschen,
Einstellungen, Werthaltungen und Bedürfnissen einer Person formt. Eine hinreichende Motivation ist
die notwendige Voraussetzung, damit Menschen Vorhaben realisieren und bestimmte Dinge tun. Es
lassen sich die intrinsische und die extrinsische Motivation unterschieden. Während die intrinsische
Motivation aus Interesse und Freude an einer Tätigkeit selbst heraus entsteht, bezieht sich die
extrinsische Motivation auf einen Zweck oder einen bestimmten Anreiz eines Handlungsergebnisses
(z. B. Bezahlung). Als intrinsisch motiviert kann eine Aktivität ferner dann angesehen, wenn sich die
Person dabei als selbstbestimmt erlebt und sich mit der Aufgabe identifiziert (Rheinberg, 2006).
Die Motivation, sich während der medizinischen Rehabilitation mit dem Thema Erwerbsleben auseinanderzusetzen, kann jedoch nicht immer vorausgesetzt werden, sondern sollte bei Bedarf durch
Maßnahmen der extrinsischen (z. B. Gewohnheitsbildung, Anreize, Lob) und intrinsischen Motivationsförderung (z. B. Erleben von Stolz/Selbstwirksamkeit) gezielt geschaffen werden. Wichtig ist es,
den Rehabilitanden dort abzuholen, wo er steht, sich also bei Interventionen daran zu orientieren,
inwieweit der Rehabilitand schon zu einer Auseinandersetzung mit der beruflichen Problematik bzw.
entsprechenden Veränderungen bereit ist. Hierbei kann eine Orientierung an motivations- bzw.
gesundheitspsychologischen Modellen sinnvoll sein oder am transtheoretischen Stufenmodell von
Prochaska und DiClemente (vgl. Keller, 1999; Prochaska & Velicer, 1997).
Ziel der Motivationsarbeit ist es, die Bereitschaft des Rehabilitanden zu fördern, arbeits- und berufsbezogene Fragestellungen während der Rehabilitationsmaßnahme aufzugreifen und sich mit den
individuellen Bedingungen der eingeschränkten Gesundheit im Hinblick auf das Arbeits- bzw. Erwerbsleben auseinander zu setzen. Insbesondere soll auch das Interesse gefördert werden, an arbeits- und berufsbezogenen Problemen/Perspektiven unter den gegebenen Bedingungen der Auswirkungen von chronischer Erkrankung und Behinderung zu arbeiten. Rehabilitanden können so auf
geplante arbeits- und berufsbezogene Maßnahmen (z. B. auf eine Belastungserprobung) vorbereitet
werden, mit dem Ziel, die Compliance auf Seiten der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu erhöhen
und damit Maßnahmenabbrüchen entgegenzuwirken. Da der Erfolg einer späteren beruflichen
Eingliederung die Umsetzung von Anregungen aus der Rehabilitation durch den Rehabilitanden
voraussetzt, ist auf die Motivationsförderung besonderer Wert zu legen.
Die wichtigste Methode zur Motivationsförderung ist das persönliche Gespräch. Darüber hinaus
können aber auch schriftliche Materialien (z. B. Informationen im Einladungsschreiben, Fragebogen
zu Therapiezielen, Fragebogen zur berufsbezogenen Behandlungsmotivation, Informationsbroschüren), Vorträge, Psychoedukation und Gruppengespräche zum Einsatz kommen.
Die Förderung der Motivation zur Auseinandersetzung mit der individuellen Berufs- und Arbeitssituation kann auch bereits im Vorfeld der Rehabilitation beginnen. Wenngleich der Schwerpunkt der
55
Motivationsförderung zu Beginn der Rehabilitationsbehandlung liegt, sollte das Thema während der
gesamten Rehabilitation präsent sein.
Möglichkeiten, die arbeits- und berufsbezogene Behandlungsmotivation zu fördern, sind beispielsweise die folgenden:
Einladungsschreiben vor Beginn der Rehabilitation. Das Einladungsschreiben für den Rehabilitanden
vor Beginn der Rehabilitationsbehandlung ist so gestaltet, dass keine falschen Erwartungen an die
Behandlung generiert oder unterstützt werden.
Informationen zum arbeits- und berufsbezogenen Angebot der Klinik. Informationsbroschüren zum
arbeits- und berufsbezogenen Angebot der Klinik bieten dem Rehabilitanden die Möglichkeit, sich
einen Überblick über die angebotenen Interventionen und die Ziele der Maßnahmen zu verschaffen.
Eine entsprechende schriftliche Information dient auch dazu, „Kurerwartungen“ vorzubeugen.
Thematisierung berufsbezogener Inhalte im Aufnahmegespräch und/oder im Rahmen eines Vortrags. Dem gleichen Zweck dient die Erläuterung der Ziele der medizinischen Rehabilitation im Aufnahmegespräch oder im Rahmen eines Vortrags zu Beginn der Rehabilitation.
Konkrete arbeits- und berufsbezogene Zielformulierungen. Der Rehabilitand soll frühzeitig dazu
angeregt werden, sich mit seiner Erwerbsperspektive auseinander zu setzen, Rehabilitationsziele für
die individuellen arbeits- und berufsbezogenen Problemlagen zu definieren und dafür konkrete
Zielformulierungen zu erarbeiten („Was möchte ich in der Reha bezogen auf mein Erwerbsleben
erreichen?“). Eine solche Zielklärung kann mit Hilfe von bereits vorab versendeten Fragebögen erfolgen und/oder im Gespräch mit dem Arzt oder Therapeuten. Auch im Rahmen von Vorstellungsrunden (z. B. auf Station) können arbeits- und berufsbezogene Ziele thematisiert werden. Des Weiteren
ist im Rahmen der Gespräche des Sozialdienstes oder der Psychologie eine Motivationsförderung
möglich, wenn mit dem Rehabilitanden beispielsweise besprochen wird, welche beruflichen Ziele
angestrebt werden und welche Hilfen er dabei erhalten kann.
Thematisierung von Motivation im Rahmen von psychotherapeutischen Gruppen. Auch im gruppentherapeutischen Setting wird, vor allem in der Psychosomatik und bei Abhängigkeitserkrankungen, die Motivation (auch arbeits- und berufsbezogen) thematisiert.
Partizipative Entscheidungsfindung. Im Sinne der partizipativen Entscheidungsfindung (Shared
Decision Making) sollten alle Entscheidungen zu arbeits- und berufsbezogenen Maßnahmen gemeinsam getroffen werden. Es soll eine kooperative Einigung auf einen Behandlungsauftrag ermöglicht
werden. Hierbei werden im Gespräch die Vorstellungen und Erwartungen des Rehabilitanden mit
dem Rehabilitationsauftrag der Einrichtungen in Einklang gebracht (vgl. Lukasczik, Gerlich & Neuderth, 2011).
Thematisierung berufsbezogener Inhalte im Rahmen von nicht speziell berufsbezogenen Trainings/Schulungen und in allen therapeutischen Disziplinen. Eine Motivationsförderung kann auch
über Angebote erfolgen, die nicht als spezifische arbeits- und berufsbezogene Maßnahmen durchgeführt werden. So erlauben beispielsweise Trainings zur Stressbewältigung, Kommunikation und
56
sozialen Kompetenz eine inhaltliche Ausgestaltung mit Berufsbezug; zum anderen ist ein Transfer der
erworbenen Fertigkeiten auf den beruflichen Kontext zu erwarten.
Wenn in allen therapeutischen Disziplinen Fertigkeiten und Veränderungen des Rehabilitanden immer auch mit Blick auf den beruflichen Kontext betrachtet werden, wird die Auseinandersetzung mit
berufsbezogenen Fragestellungen gefördert. Eine verstärkte Sensibilisierung im Reha-Team für arbeits- und berufsbezogene Aspekte kann erreicht werden, indem Rehabilitanden mit unklarer Motivationslage bezüglich ihrer beruflichen Perspektive in Teamsitzungen vorgestellt werden.
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Weiterführende Literatur
Fiedler, R., Hanna, R., Hinrichs, J. & Heuft, G. (2011). Förderung beruflicher Motivation. Trainingsprogramm für die Rehabilitation. Weinheim: Beltz.
Hanna, R., Fiedler, R.G., Dietrich, H., Greitemann, B. & Heuft, G. (2009). Zielanalyse und Zieloperationalisierung (ZAZO): Evaluation eines Gruppentrainings zur Förderung beruflicher Motivation. Psychotherapie, Psychosomatik, Medizinische Psychologie, 59, 1-10.
Glanz, K., Rimer, B.K. & Viswanath, K. (Eds.) (2008). Health behavior and health education: Theory,
research, and practice. Hoboken, NJ: Jossey Bass.
Lippke, S. & Renneberg, B. (2006). Theorien und Modelle des Gesundheitsverhaltens. In B. Renneberg
& M. Hammelstein (Hrsg.), Gesundheitspsychologie (S. 35-60). Berlin: Springer.
Renner, B. & Weber, H. (2002). Gesundheitsbezogene Ziele und Erwartungen. In M. Jerusalem & H.
Weber (Hrsg.), Psychologische Gesundheitsförderung (S. 17-37). Göttingen: Hogrefe.
57
58
5.
Arbeits- und berufsbezogene Interventionen in der
medizinischen Rehabilitation
Ziel arbeits- und berufsbezogener Interventionen ist es, arbeits- und berufsbezogene Problemlagen
frühzeitig zu bearbeiten bzw. weiterführende Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zeitnah einzuleiten.
Die in diesem Kapitel vorgestellten Interventionen basieren auf Ergebnissen verschiedener Forschungsprojekte. Im Rahmen des Förderschwerpunktes „Rehabilitationswissenschaften“ wurde bundesweit das Angebot an arbeits- und berufsorientierten Interventionsmaßnahmen in der medizinischen Rehabilitation erhoben (Neuderth et al., 2009). Gefragt wurde dabei nach Maßnahmen, die
gezielt eingesetzt werden, um berufliche Schlüsselqualifikationen und Handlungskompetenzen zu
verbessern (z. B. Kommunikations-, Konflikt-, Teamfähigkeitstraining), die die berufsbezogene Belastbarkeit, Ausdauer und Motivation steigern (z. B. Belastungserprobung) oder die der beruflichen
Beratung, Interessensfindung und Vermittlung von Kontakten dienen (z. B. Hospitationen in Betrieben). Die von den Kliniken genannten Maßnahmen wurden inhaltsanalytisch kategorisiert und die
Einrichtungen wurden in einer erneuten Befragung gebeten, die Inhalte ihrer Interventionen näher
zu erläutern. Als Ergebnis zeigte sich ein breites Spektrum an Konzepten und Begrifflichkeiten, die
sehr uneinheitlich verwendet werden. Unter der Perspektive transparenter Versorgungsstrukturen
war es daher notwendig, einheitliche Beschreibungen und Definitionen für beruflich orientierte
Interventionsmaßnahmen in der medizinischen Rehabilitation zu entwickeln. Aus dem anschließenden Entwicklungsprozess sind folgende Kerngruppen beruflich orientierter Interventionen hervorgegangen:
Belastungserprobung
Arbeitstherapie
Arbeits- und berufsbezogene Einzelberatung
Gruppen mit arbeits- und berufsbezogenen Themen
Zusammenarbeit mit externen Institutionen
Die nachfolgend aufgeführten Beschreibungen arbeits- und berufsorientierter Maßnahmen wurden
im Rahmen des Projekts „Dissemination von Forschungsergebnissen zur beruflichen Orientierung“
mit Experten aus unterschiedlichen Fachdisziplinen weiterentwickelt und abgestimmt. Eine Liste der
an diesem Konsensprozess beteiligten Experten findet sich im Anschluss an das Vorwort auf den Seiten 4 und 5 dieses Buches.
Verwendete Literatur
Neuderth, S., Gerlich, C. & Vogel, H. (2009). Berufsbezogene Therapieangebote in deutschen Rehabilitationskliniken: aktueller Stand. In A. Hillert, W. Müller-Fahrnow & F.M. Radoschewski
(Hrsg.), Medizinisch-beruflich orientierte Rehabilitation (S. 185-198). Köln: Deutscher Ärzteverlag.
59
5.1
Belastungserprobung
Hintergrund
Bei Belastungserprobungen (BE) kann zwischen einer internen (eher tätigkeitsspezifischen) und einer
externen (eher berufsspezifischen) Form der Durchführung unterschieden werden. Während die
interne BE in das Setting einer Rehabilitationsklinik eingebunden ist, erfolgt die externe BE vielfach in
Kooperation mit Betrieben oder mit einem Berufsförderungswerk, wird aber von der Klinik aus initiiert und supervidiert. Die interne BE gehört in allen Indikationen zum Standardangebot einer RehaKlinik, wobei in der Psychosomatik zumeist externe BE durchgeführt werden. Die Durchführung einer
externen BE sollte in Kooperation mit Betrieben vor Ort oder Berufsförderungswerken ermöglicht
werden.
In der Terminologie der ICF entspricht die interne BE eher einer Einschätzung der „Capacity“, d. h.
der Leistungsfähigkeit unter Standard- oder Optimalbedingungen, während die externe BE stärker
auf die Erfassung der „Performance“ (Leistung unter den realen Bedingungen der Berufsausübung)
ausgerichtet ist.
Ziele
Bei einer BE handelt es sich im Allgemeinen um eine eher diagnostisch orientierte Maßnahme, die in
erster Linie dazu dient, die persönliche psychische und physische Belastungsfähigkeit des Rehabilitanden einzuschätzen. Dabei wird möglichst tätigkeits- bzw. berufsspezifisch entsprechend dem Anforderungsprofil erfasst, inwieweit das Leistungsprofil des Rehabilitanden den Anforderungen seiner
Tätigkeit entspricht. Dies geschieht unter möglichst realitätsnahen Arbeitsbedingungen. Durch die BE
wird eine Grundlage für die sozialmedizinische Leistungsbeurteilung geschaffen.
Eine diagnostisch orientierte BE kann in der Klinik unter der Zielsetzung durchgeführt werden, die
Möglichkeit einer Wiedereingliederung des Rehabilitanden zu prüfen, oder einen Ausgangspunkt für
die Einleitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben darstellen.
Mit einer BE können (insbesondere in der Psychosomatik und bei Abhängigkeitserkrankungen) aber
auch therapeutische Ziele verfolgt werden. Das Erfahren und Aufzeigen vorhandener Fähigkeiten
und Defizite unter realitätsnahen Bedingungen fördert die realitätsgerechte Selbsteinschätzung des
Rehabilitanden. Darüber hinaus kann das Setting der BE zur Erprobung der in der Therapie erarbeiteten adäquaten Verhaltensmuster genutzt werden (z. B. Verbesserung des Umgangs mit Leistungsanforderungen und interaktionellen Konflikten).
Die externe (berufsbezogene) BE wird auch bei Fragen der Eignung für ein bestimmtes Berufsfeld
sowie der beruflichen Neu- und Umorientierung eingesetzt.
60
Wesentliche Inhalte
Die Überprüfung bzw. Förderung tätigkeitsorientierter und sozialer Kernkompetenzen erfolgt
klinikintern in verschiedenen Arbeitsbereichen bzw. außerhalb der Klinik unter realen
Arbeitsbedingungen in einem Betrieb oder einem Berufsförderungswerk.
Die interne BE beinhaltet – über die Überprüfung kognitiver Grundfunktionen hinaus – tätigkeitsspezifisch beispielsweise Erprobungen an EDV-Arbeitsplätzen, in Werkstätten, im Lager, in der Hauswirtschaft, an kaufmännischen und gewerblichen Arbeitsplätzen oder auch im Außenbereich der Klinik.
Standardisierte Bewertungsmodule in Anlehnung an das diagnostische Instrumentarium MELBA
(Psychologische Merkmalprofile zur Eingliederung Behinderter in Arbeit)/IDA (Instrumentarium zur
Diagnostik von Arbeitsfähigkeiten) oder FCE-Systeme (Functional Capacity Evaluation) sollten dabei
zur Anwendung kommen (vgl. Kapitel 3.2). Die Diagnostik kann durch psychometrische Testverfahren
(z. B. zu Arbeitsmotivation) ergänzt werden.
Im Rahmen der externen BE kann untersucht werden, ob der Rehabilitand den Anforderungen seines
bisherigen Tätigkeitsfeldes noch gewachsen ist. Alternativ kann es darum gehen, ein neues Tätigkeitsfeld kennen zu lernen, wenn die alte Tätigkeit nicht mehr ausgeübt werden kann. Überprüft
werden insbesondere die Dauerbelastbarkeit, das Verhalten bei Mehrfachanforderungen, Arbeitsverhalten und -leistung, Sozialverhalten sowie die psychische und körperliche Belastbarkeit des Rehabilitanden. Insbesondere in der Psychosomatik und bei Abhängigkeitserkrankungen geht es hierbei
therapeutisch auch um die Förderung sozialer Kompetenzen im beruflichen Kontext, das Bearbeiten
berufsrelevanter problematischer Verhaltensmuster, das Üben einer Alltagsdurchführung, die Verbesserung der Stresskompetenz, das Knüpfen beruflich förderlicher Kontakte sowie die Steigerung
der Motivation zum Erhalt des Arbeitsplatzes bzw. zu einer Bewerbung.
Im Rahmen der BE erhält der Rehabilitand, soweit nötig, konkrete Hilfestellungen zum Umgang mit
seiner Erkrankung am Arbeitsplatz.
Durchführung
Sowohl die interne als auch die externe BE werden von der Klinik organisiert, gesteuert und supervidiert. Die externe BE kann an eine interne BE anschließen oder auch unabhängig davon durchgeführt
werden.
Eine BE mit diagnostischem Schwerpunkt sollte relativ zu Beginn der Rehabilitation durchgeführt
werden um weitere therapeutische Maßnahmen einleiten zu können.
Eine BE kann in Frage kommen, wenn im Rahmen der Anamnese oder eines Screenings eine arbeitsund berufsbezogene Problemlage deutlich wird. Die BE wird im Allgemeinen als Einzelmaßnahme
durchgeführt. Es können jedoch auch Kleingruppenarbeiten (z. B. projektorientierte Gruppe), insbesondere zur Erfassung sozialer Kompetenzen, sinnvoll sein.
Bei einer BE mit therapeutischem Schwerpunkt (insbesondere in der Psychosomatik und bei Abhängigkeitserkrankungen) sind regelmäßig Einzeltermine bei einem Bezugstherapeuten (z. B. Psychologe,
Sozialarbeiter, Sozialpädagoge) unabdingbar, um die Erkenntnisse aus dem Praktikum zu thematisie61
ren bzw. um Probleme anzusprechen. Ergänzend können begleitende Therapiegruppen („Aufarbeitungsgruppen“) angeboten werden.
Die Vorbereitung auf die Maßnahme erfolgt je nach Konzeption und Aufgabenverteilung in der Rehabilitationsklinik im Rahmen der Psychologie, des Sozialdienstes oder der Ergotherapie/Arbeitstherapie. Nach Erhebung der Arbeits-/Berufsanamnese (Anforderungsprofil) und ergänzender Testverfahren sowie einer medizinischen Untersuchung (Erfassung limitierender Faktoren) wird im Gespräch
mit dem Rehabilitanden festgelegt, in welchem Erprobungsfeld die BE stattfinden soll.
Es erfolgt eine Beobachtung des Rehabilitanden im Erprobungsfeld. Dies geschieht bei der internen
BE an klinikinternen Arbeitsplätzen. Die externe BE umfasst dagegen die Mitarbeit in einem Betrieb
(alternativ in einem Berufsförderungswerk) unter üblichen Arbeitsbedingungen. Die Mitarbeit geschieht in Form eines Praktikums oder einer Hospitation. Hierbei erfolgt im Allgemeinen eine systematische Steigerung des Stundenumfangs bis hin zu einem 8-Stunden-Arbeitstag. Oft wird in der
Klinik Wert darauf gelegt, dass sich der Rehabilitand selbstständig schriftlich bei einem Betrieb bewirbt, was aus zeitlichen Gründen nicht immer möglich ist. In diesem Fall vermittelt die Klinik den
Kontakt zum Betrieb, und der Rehabilitand ist für das Vorstellungsgespräch verantwortlich.
In multidisziplinären Teamkonferenzen werden zu Beginn der Maßnahme Fähigkeits-/Defizitanalyse
und Therapieplanung durchgeführt; während der Behandlung werden die Ziele bzw. die Zielerreichung regelmäßig überprüft und die Ziele bei Bedarf modifiziert. Bei der externen BE erfolgt bei
Bedarf ein Betriebsbesuch durch den Sozial- oder Arbeitstherapeuten mit Feedback für den Rehabilitanden und den Anleiter. Es wird empfohlen, die Praktikumsanleiter in den Betrieben in Form von
Auswertungsgesprächen in das Behandlungsteam einzubinden. Am Ende einer BE wird im Team eine
abschließende sozialmedizinische Leistungsbeurteilung vorgenommen (auch mit Hilfe standardisierter Selbst- und Fremdbeurteilungsverfahren). Im Gespräch mit dem Rehabilitanden müssen die
objektiven Ergebnisse, die Ressourcen und Defizite des Rehabilitanden im Abgleich von Selbst- und
Fremdbeobachtung besprochen werden. Hieraus ergeben sich die Inhalte für weiterführende Beratungen und weitere therapeutische Maßnahmen.
Bei einer BE ist eine gute Vernetzung zwischen Leistungsträgern (Rentenversicherung, Arbeitsagentur), Rehabilitand und Klinik notwendig, um Maßnahmen, die sich aus der BE ergeben (z. B. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben), passgenau und zeitnah durchführen zu können. Je nach Zielsetzung der BE (z. B. Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben [LTA]), ist eine abschließende Reha-Fachberatung notwendig.
62
Dauer
Die Dauer einer BE kann sehr unterschiedlich sein und hängt sowohl von der Indikation als auch von
der individuellen Situation des Rehabilitanden und der Zielsetzung der Maßnahme ab.
Der tägliche Arbeitsumfang schwankt zwischen mindestens 3 Stunden bis hin zu maximal 8 Stunden.
Bei somatischen Indikationen ist eine externe BE zumeist auf maximal 4 Tage begrenzt. In der Psychosomatik und bei Abhängigkeitserkrankungen sollten externe Belastungserprobungen über 2 bis 4
Wochen angestrebt werden.
Zielgruppe
Die Maßnahme richtet sich an Rehabilitanden in berufsfähigem Alter, bei denen eine Einschränkung
der Leistungsfähigkeit und der Belastbarkeit in ihrer derzeit ausgeübten Tätigkeit vorliegt, beruhend
z. B. auf kognitiven Störungen, körperlichen Einschränkungen oder ungünstigem Arbeitsverhalten;
bei Unklarheiten bei der sozialmedizinischen Beurteilung; bei länger andauernder Arbeitsunfähigkeit
oder Langzeitarbeitslosigkeit.
Die Maßnahme ist nicht sinnvoll bei im Vordergrund stehender akutmedizinischer Problematik mit
mangelnder körperlicher Belastbarkeit, bei unzureichenden intellektuellen, visuellen und motorischen Kompetenzen, bei einer Belastbarkeit von weniger als 3 Stunden sowie bei dauerhaft berenteten Rehabilitanden. Die Maßnahme ist nicht geeignet für Rehabilitanden mit manifestem Rentenbegehren. Bei mangelnder Motivation des Rehabilitanden muss der BE eine Maßnahme vorangestellt
werden, die geeignet ist, die Motivation des Rehabilitanden zu fördern (vgl. Kapitel 4).
Beteiligte Berufsgruppen
Mögliche an der Maßnahme beteiligte Berufsgruppen: Arzt (z. B. Arbeitsmediziner, prüft die Voraussetzungen), Klinischer Psychologe, Psychotherapeut, Neuropsychologe, Psychologisch-Technischer
Assistent, Sozialarbeiter, Sozialpädagoge, Sozialtherapeut, Ergotherapeut, Arbeitstherapeut, Arbeitspädagoge, Arbeitserzieher, Physiotherapeut, Sporttherapeut, Sprachtherapeut
Notwendige Voraussetzungen
Es sollte eine möglichst detaillierte Beschreibung des Arbeitsplatzes bzw. der Tätigkeit des betroffenen Rehabilitanden (z. B. Selbstauskunftsbogen zur beruflichen Belastung oder ausführliche Anforderungs- und Gefährdungsanalyse vom Arbeitgeber) vorliegen.
Bei der internen BE sind geeignete tätigkeitsspezifische Erprobungsfelder (z. B. kaufmännisch, EDV,
handwerklich, hauswirtschaftlich, Pflege) erforderlich. Es können spezielle Inventare zur Messung der
körperlichen Belastbarkeit (z. B. FCE-Systeme), ergonomische und behindertengerecht ausgestatte
Modellarbeitsplätze notwendig sein.
Für die externe BE müssen Kooperationen mit Betrieben oder einem Berufsförderungswerk bestehen.
63
Literatur
Bethge, M., Herbold, D., Trowitzsch, L. & Jacobi, C. (2010). Berufliche Wiedereingliederung nach einer
medizinisch-beruflich orientierten orthopädischen Rehabilitation: Eine clusterrandomisierte
Studie. Die Rehabilitation, 49, 2-12.
Beutel, M. E., Dommer, T., Kayser, E., Bleichner, F., Vorndran, A. & Schlüter, K. (1999). Arbeit und
berufliche Integration psychosomatisch Kranker. Nutzen und Indikation der beruflichen Belastungserprobung. Psychotherapie, Psychosomatik, Medizinische Psychologie, 48, 368-374.
Beutel, M. E., Kayser, E., Vorndran, A., Farley, A. & Bleichner, F. (1998). Die integrierte berufliche
Belastungserprobung in der medizinischen Rehabilitation - Erfahrungen und Perspektiven am
Beispiel der psychosomatischen Rehabilitation. Die Rehabilitation, 37, 85-92.
Beutel, M. E., Kayser, E., Vorndran, A., Schlüter, K. & Bleichner, F. (1998). Berufliche Integration psychosomatisch Kranker - Ergebnisse einer Verlaufsuntersuchung mit Teilnehmern der beruflichen Belastungserprobung. Praxis Klinische Verhaltensmedizin und Rehabilitation, 42, 22-27.
Beutel, M., Zwerenz, R., Bleichner, F., Vorndran, A. & Knickenberg, R.J. (2005). Vocational training
integrated into inpatient psychosomatic rehabilitation – short and long-term results from a
controlled study. Disability and Rehabilitation, 27, 891-900.
Hillert, A., Cuntz, U., Heldwein, C., Froben, B. & Fichter, M. (1998). Die berufliche Belastungserprobung im Rahmen klinisch-stationärer Verhaltenstherapie: Praktische Durchführung, soziodemographische und psychologische Charakteristika der Patienten als Verlaufsprädiktoren. Praxis
Klinische Verhaltensmedizin und Rehabilitation, 42, 28-34.
Hillert, A., Staedtke, D. & Cuntz, U. (2002). Berufliche Belastungserprobung als integrierter Bestandteil der verhaltenstherapeutisch-psychosomatischen Rehabilitation: Theoretische Konzepte,
real existierende Patienten und multiple Schnittstellen. Praxis Klinische Verhaltensmedizin und
Rehabilitation, 58, 94-100.
Kayser, E. & Bloem, R. (2000). Berufliche Belastungserprobung als integrierter Bestandteil der psychosomatischen Rehabilitation. In Arbeitskreis Klinische Psychologie in der Rehabilitation Fachgruppe der Sektion Klinische Psychologie im Berufsverband Deutscher Psychologinnen
und Psychologen e.V. (Hrsg.), Kompetenz und Qualität klinischer Psychologie in der Rehabilitation, (S. 145-165). Bonn: Deutscher Psychologen Verlag.
Kayser, E., Zwerenz, R., Gustson, D., Vorndran, A. & Beutel, M.E. (2002). Schnittstellenproblematik
am Beispiel der integrierten Beruflichen Belastungserprobung (BE). Praxis Klinische Verhaltensmedizin und Rehabilitation, 58, 101-106.
Kieser, J., Schmidt, J., Krambeck, R., Nübling, R. & Wittmann, W. (2000). Psychosomatische Rehabilitation mit integrierter Berufstherapie (berufliche Belastungserprobung): Ergebnisse einer Evaluationsstudie. Praxis Klinische Verhaltensmedizin und Rehabilitation, 52, 48-56.
64
Knisatschek, H. & Wohlfahrt, R. (2002). Medizinisch berufliche Belastungserprobung - MBBE (Bad
Krozingen). In Neuderth, S. & Vogel, H. (Hrsg.), Berufsbezogene Maßnahmen in der medizinischen Rehabilitation - bisherige Entwicklungen und aktuelle Perspektiven (S. 130-133). Frankfurt: Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation.
Staedtke, D. (2009). Evaluation der beruflichen Belastungserprobung in der stationären Psychotherapie. Europäische Hochschulschriften. Reihe 6: Psychologie, Vol. 753. Bern/Berlin: Peter Lang
Verlag.
65
5.2
Arbeitstherapie/Arbeitsplatztraining
Ziele
Bei der Arbeitstherapie1 bzw. dem Arbeitsplatztraining handelt es sich um therapeutische Maßnahmen, die klinikintern durchgeführt werden. Sie gehören zum Standardangebot einer Reha-Klinik. Ziel
ist es, konkrete Hilfestellung für die Rückkehr an den Arbeitsplatz zu leisten. Dies geschieht, auf die
beruflichen Anforderungen (Kontextfaktoren) der Rehabilitanden bezogen, über die Förderung motorischer und mentaler Fertigkeiten und Funktionen sowie die Steigerung der psychischen und physischen Belastbarkeit.
Wesentliche Inhalte
Mögliche Inhalte sind das Training tätigkeits- und berufsspezifischer Fähigkeiten und Fertigkeiten.
Dies beinhaltet: Motivationsförderung, Förderung körperlicher Fähigkeiten durch das Training arbeitsüblicher Bewegungsabläufe (z. B. im Hinblick auf körperliche Belastbarkeit, Feinmotorik, Geschicklichkeit), Förderung mentaler Fähigkeiten (z. B. Auffassung, Aufmerksamkeit, Konzentration,
Umstellungsfähigkeit, Lernen, Vorstellungsvermögen, Problemlösen, Arbeitsplanung), Verbesserung
sozialer und sozialkommunikativer Fähigkeiten (z. B. Durchsetzungs- und Anpassungsvermögen, Kontaktfähigkeit, Kritikfähigkeit, Teamfähigkeit, Führungsfähigkeit), Förderung der Art der Arbeitsausführung (z. B. Genauigkeit, Arbeitsergonomie), Förderung arbeits- und berufsbezogener Schlüsselqualifikationen (z. B. Eigeninitiative, Ausdauer, kritische Kontrolle, Misserfolgstoleranz, Ordnungsbereitschaft, Pünktlichkeit, Selbständigkeit, Sorgfalt, Verantwortung) und Verbesserung persönlichkeitsbezogener Fähigkeiten (z. B. Selbsteinschätzung, Selbstwahrnehmung, Selbstvertrauen).
Stehen arbeits- und berufsbezogene Bewegungsabläufe im Vordergrund, so spricht man auch von
„Arbeitsplatztraining“. Im Arbeitsplatztraining werden grundmotorische arbeits- und berufsbezogene
Bewegungsabläufe trainiert, die für eine erfolgreiche Ausübung der Erwerbstätigkeit relevant sind.
Ziel ist hierbei vor allem die Steigerung der Leistungsfähigkeit hinsichtlich der physischen Anforderungen am Arbeitsplatz.
Durchführung
Die Arbeitstherapie wird klinikintern und in der Regel als Einzeltherapiemaßnahme oder in Kleingruppen durchgeführt und bezieht die Ergebnisse einer im Vorfeld durchgeführten Belastungserprobung mit ein. Nach der Abstimmung des Therapiebereichs im Behandlungsteam sowie mit dem
Rehabilitanden, erfolgt der Einsatz des Rehabilitanden in der entsprechenden Arbeitsumgebung.
Dabei können der Schwierigkeitsgrad, die Intensität und die Belastung gesteigert werden. In multidisziplinären Teamkonferenzen werden zu Beginn Fähigkeits-/Defizitanalyse und Therapieplanung
durchgeführt; während der Behandlung werden die Ziele bzw. die Zielerreichung regelmäßig über1
Nicht angesprochen ist hier der Einsatz von Arbeit als Mittel der Therapie ohne Bezug zu einer aktuellen oder
angestrebten Arbeits- oder Berufstätigkeit.
66
prüft und die Ziele bei Bedarf modifiziert. Am Ende erfolgt im Team eine abschließende sozialmedizinische Leistungsbeurteilung. Im Gespräch mit dem Rehabilitanden müssen die objektiven Ergebnisse,
Fähigkeiten des Rehabilitanden und klinischen Beobachtungen besprochen werden und daraus unter
Einbindung der subjektiven Einschätzungen des Rehabilitanden die weiterführenden Beratungen
konfiguriert werden. Während der gesamten Maßnahme erfolgen kontinuierliche Rückmeldungen an
den Rehabilitanden über sein Leistungsvermögen, um die Anforderungen der Maßnahme dem Leistungsvermögen anzupassen und seine Fähigkeiten zu fördern. Insbesondere am Ende der Maßnahme
erfolgt ein Bilanzgespräch mit dem Rehabilitanden. Gegebenenfalls werden begleitende psychologische/psychotherapeutische Gespräche angeboten.
Instrumente
Störungsspezifische Assessments zur Verlaufsbeschreibung und Outcome-Messung. Erfassung von
personen- und umweltbezogenen Kontextfaktoren (z. B. berufliche Vorgeschichte Bedingungen am
Arbeitsplatz) und mentaler Fähigkeiten.
Dauer und Frequenz
Frequenz und Dauer der Maßnahme variieren je nach Zielsetzung und individueller Problemlage des
Rehabilitanden. Es werden ein bis fünf Termine pro Woche mit einer Dauer von mindestens 60 Minuten angeboten.
Zielgruppe
Die Maßnahme richtet sich an Rehabilitanden mit berufs- und tätigkeitsbezogenen Leistungs- und
Funktionseinschränkungen bei gleichzeitig positiver Erwerbsprognose.
Beteiligte Therapeuten/Berufsgruppen
Mögliche an der Maßnahme beteiligte Berufsgruppen: Arzt, Ergotherapeut, Arbeitstherapeut, Arbeitspädagoge, Klinischer Psychologe, Neuropsychologe, Sozialarbeiter, Sozialtherapeut, Physiotherapeut.
Notwendige Ausstattung
Für die Durchführung der Maßnahme werden ergonomische und behindertengerecht ausgestattete
Modellarbeitsplätze benötigt, die sich an den Anforderungen des Arbeitsmarktes orientieren. Es sind
Räume sowohl für Gruppen- als auch für Einzelarbeit vorzuhalten. Für das Training tätigkeitsspezifischer Bewegungsmuster sind Räumlichkeiten mit entsprechenden Arbeitsmaterialien notwendig.
67
Literatur
Aernout, J.R. (2007). Arbeitstherapie in der Ergotherapie. Eine praxisorientierte Einführung. Weinheim: Juventa.
Hamel, M., Maier, A., Weh, L., Klein, A., Lucan, S. & Marnitz, U. (2009). Work hardening bei chronischen Rückenschmerzen. Ein integraler Bestandteil multimodaler Therapieprogramme. Orthopäde, 38, 928–936.
Köhler, K. & Steier-Mecklenburg, F. (Hrsg.) (2007). Arbeitstherapie und Arbeitsrehabilitation. Stuttgart: Thieme.
Köser, P. (2008). Hilfen zur Befunderhebung - Arbeitsdiagnostik. Idstein: Schulz-Kirchner.
Oliveri, M. (2005). Work Conditioning und Work Hardening. In J. Hildebrandt, G. Müller & M. Pfingsten (Hrsg), Lendenwirbelsäule. Ursachen, Diagnostik und Therapie von Rückenschmerzen (S.
496-524). München: Urban & Fischer.
Reker, T. (2004). Arbeitstherapie in der Behandlung und Rehabilitation psychiatrischer Patienten.
Krankenhauspsychiatrie, 15, 4-10.
Seeger, D. & Lüder, S. (2003). Work-Hardening. In J. Hildebrandt & M. Pfingsten (Hrsg), Göttinger
Rücken-Intensiv-Programm (GRIP) (S. 131-168). Berlin: Congress Compact.
Winter, S. (2002). Evaluation des Work Hardening bei chronischen unspezifischen Rückenschmerzen.
Eine empirische Vergleichsstudie. Dissertation am Lehrstuhl für Bewegungs- und Trainingslehre
in der Fakultät für Sportwissenschaft der TU München.
68
5.3
Arbeits- und berufsbezogene Einzelberatung
Hintergrund
Der Ansatz der klinischen Sozialarbeit in der medizinischen Rehabilitation ist problemorientiert auf
die individuell relevanten Aspekte der Motivierung, Beratung, Begleitung, Anleitung und Unterstützung des Rehabilitanden ausgerichtet. Die Beschäftigung mit berufsbezogenen Fragestellungen stellt
daher nur einen Teil der Tätigkeit der klinischen Sozialarbeit dar. Die folgenden Einzelberatungsleistungen fokussieren auf die berufsbezogenen Inhalte im Rahmen der klinischen Sozialarbeit und können über das Kapitel D der KTL 2007 verschlüsselt werden:
Arbeits- und sozialrechtliche Beratung (KTL-Kapitel D02)
Beratung zur Teilhabe am Arbeitsleben (KTL-Kapitel D03)
Vorbereitung und Anbahnung weiterführender Maßnahmen zur Eingliederung in den Beruf und
das soziale Umfeld (KTL-Kapitel D04)
Sozialtherapie (insbesondere in den Bereichen Neurologie, Psychosomatik und Abhängigkeitserkrankungen) (KTL-Kapitel D08)
Ziele
Ziele sind die Entwicklung von Lösungsansätzen für die individuelle berufsbezogene und sozialrechtliche Problemsituation, die Motivierung, Begleitung und Anleitung bzw. Unterstützung des Rehabilitanden bei seiner Eingliederung in das berufliche Umfeld und die Vermittlung und Anbahnung von
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Mit dem Ziel einer Verbesserung des Übergangs zu Nachsorgeleistungen und insbesondere zu Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben kooperiert die klinische Sozialarbeit eng mit Personen und Institutionen innerhalb und außerhalb der Klinik (vgl. hierzu
auch die Maßnahmenbeschreibung „Zusammenarbeit mit externen Institutionen“ in Kapitel 5.5).
Wesentliche Inhalte
Arbeits- und sozialrechtliche Beratung beinhaltet die Klärung der beruflichen Perspektiven und
der wirtschaftlichen Absicherung, rechtlicher Hintergründe und Bedingungen für die Rentenantragstellung wegen Erwerbsminderung. Beratung zum Schwerbehinderten- und Arbeitsrecht insbesondere Informationen zum Thema: Betriebliches Eingliederungsmanagement, Kündigungsschutz, Entgeltfortzahlung, Freistellungsrecht, Neben Information und Beratung können persönliche Hilfestellungen (z. B. bei der Antragstellung zur Erlangung von Sozialleistungen) angeboten
werden.
Beratung zur Teilhabe am Arbeitsleben (berufliche Rehabilitation) beinhaltet die Berufsklärung
einschließlich der leistungsbildbezogenen Einleitung von berufsfördernden Maßnahmen, Vorbereitung auf Rehabilitationsberatung durch den Leistungsträger, Fragen der innerbetrieblichen
Umsetzung und Arbeitsplatzadaption, Klärung der wirtschaftlichen Sicherung, Einleitung einer
69
Stufenweisen Wiedereingliederung (inkl. Kontakten zum beruflichen Umfeld), Beratung zu arbeits- und berufsbezogenen Fragestellungen im Zusammenhang mit einer Schwerbehinderung,
Arbeitsplatzbesuche und persönliche Hilfestellungen (z. B. bei Antragstellungen zur Erlangung
von Leistungen zur beruflichen Teilhabe).
Vorbereitung und Anbahnung weiterführender Maßnahmen zur Eingliederung in den Beruf und
das soziale Umfeld: Dies beinhaltet auch die Einleitung spezieller Nachsorgeangebote (z. B. INA,
IRENA) sowie Kontakt- und Informationsgespräche mit Vor- und/oder Nachbehandlern (z. B. Integrationsfachdienste). Der Rehabilitand wird über weitere unterstützende Anlaufstellen nach
der medizinischen Rehabilitation unterrichtet. In Absprache mit den behandelnden Ärzten und
dem Rehabilitations-Fachberater des Rehabilitationsträgers werden durch den Sozialdienst mögliche Leistungen (z. B. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben [LTA]), die im Anschluss an die
medizinische Rehabilitation angezeigt sind, besprochen und der Rehabilitand wird gegebenenfalls bei der Antragstellung unterstützt.
Sozialtherapie (insbesondere in den Bereichen Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Abhängigkeitserkrankungen) beinhaltet die Klärung der Arbeitsplatzsituation, der
sozialen Lebensbedingungen und Maßnahmen zur Motivationsförderung sowie speziell bei Abhängigkeitserkrankungen die Adaption1.
Soziale Gruppenarbeit: Im Rahmen von psychoedukativen Gruppen können berufsrelevante Themen aufgegriffen werden (z. B. Umgang mit Arbeitslosigkeit, Training sozialer Kompetenz, Bewerbungstraining). Auf diese Angebote wird in der Maßnahmenbeschreibung „Gruppen mit arbeits- und berufsbezogenen Themen“ Bezug genommen.
In die genannten arbeits- und berufsbezogenen Interventionen können (insbesondere bei Jugendlichen) bei Bedarf Angehörige eingebunden werden. Anamnestische Informationen, Informationen zur
beruflichen und sozialen Situation sowie Ergebnisse von berufsbezogenen Maßnahmen wie beispielsweise einer Arbeits- und- Belastungserprobung geben dem Sozialdienst wichtige Hinweise auf
weitere Handlungsschritte. Sind die beruflichen Eingliederungsmöglichkeiten absehbar sehr schwierig umzusetzen, findet eine Erörterung der Versorgungssituation unter Einbeziehung der verschiedenen Ansprüche aus der Sozialversicherung (Krankengeld, Arbeitslosengeld, Rente) statt. Ziel ist in
diesen Fällen die Erarbeitung einer realistischen Perspektive zur wirtschaftlichen Sicherung.
Durchführung
Die berufsbezogene Beratung durch die klinische Sozialarbeit erfolgt zumeist im Rahmen von mehreren Beratungsgesprächen im Rehabilitationsverlauf. Sie sollte schon frühzeitig im Verlauf der medizinischen Rehabilitation erfolgen, kann aber grundsätzlich in allen Phasen des Rehabilitationsprozesses
1
Hierbei handelt es sich um einen zusätzlich möglichen Abschnitt der stationären medizinischen Rehabilitation
im Rahmen einer Entwöhnungsbehandlung. Arbeitslose Suchtkranke, deren Teilhabe am (Erwerbs-)Leben
erheblich eingeschränkt ist, erproben sich in externen Belastungserprobungen an realen Arbeitsplätzen; darüber hinaus werden lebenspraktische Themen wie Wohnungssuche, Schuldenklärung, Aufbau von Sozialkontakten, Selbstversorgung und Ähnliches thematisiert.
70
durchgeführt werden, sobald ein entsprechender Bedarf erkennbar wird. Informationen aus der
Anamnese (zur sozialen und beruflichen Situation) sowie aus berufsbezogenen Maßnahmen (z. B.
Arbeits- und Belastungserprobungen) werden im Team zusammengeführt und hinsichtlich möglicher
Konsequenzen für die berufliche Zukunft des Rehabilitanden bewertet. Die Beratungsleistungen
können mit Vortragsveranstaltungen (z. B. zu grundlegenden sozialrechtlichen Themen) oder mit
psychoedukativen Gruppenangeboten (vgl. Maßnahmenbeschreibung „Gruppen mit arbeits- und
berufsbezogenen Themen“ in Kapitel 5.4) kombiniert werden.
Dauer und Frequenz
Grundsätzlich orientieren sich Dauer und Frequenz am Bedarf des Einzelfalls. In der Rehabilitation bei
somatischen Hauptindikationen erfolgt im Allgemeinen die Beratung in einem bis drei
Gesprächsterminen. In der Psychosomatik, der Behandlung von Abhängigkeitserkrankungen und der
Neurologie sind zwei bis fünf Gesprächstermine à 30 bis 60 Minuten üblich.
Zielgruppe
Die Maßnahme richtet sich an Rehabilitanden, die eine eingeschränkte Erwerbsfähigkeit aufweisen
bzw. die aufgrund einer Veränderung der beruflichen, sozialen und finanziellen Lage einen
Beratungsbedarf haben. Eine Indikationsspezifität besteht nicht.
Beteiligte Therapeuten/Berufsgruppen
Durchführung der Maßnahme: Sozialarbeiter, Sozialpädagoge, Sozialtherapeut. Weitere mögliche
Beteiligte (sozialmedizinische Einschätzung, Zuweisung): Arzt, Reha-Team.
Notwendige Ausstattung
Informationsmaterialen. Bei Kombination mit einer psychoedukativen Gruppe oder Vortragsveranstaltung müssen entsprechende Räumlichkeiten und Präsentationsmöglichkeiten vorgehalten werden. Eine adäquate technische Ausstattung des Arbeitsplatzes (Internetzugang, Telefon, Fax) ist erforderlich.
71
Literatur
Deutsche Vereinigung für Sozialarbeit im Gesundheitswesen e.V. (2007). Produkt- und Leistungsbeschreibung der Klinischen Sozialarbeit (2. Auflage). Mainz: Deutsche Vereinigung für Sozialarbeit im Gesundheitswesen.
Deutsche Vereinigung für Sozialarbeit im Gesundheitswesen e.V. (2008). Soziale Arbeit in der Rehabilitation.
http://dvsg.org/uploads/media/GrundsatzpapierSAReha2008_01.pdf
(abgerufen im März 2012)
Gödecker-Geenen, N. & Mühlum, A. (2003). Soziale Arbeit in der Rehabilitation, München: Reinhardt.
72
5.4
Gruppen mit arbeits- und berufsbezogenen Themen
Ziele
Arbeits- und berufsbezogene Gruppen sind Therapiegruppen und/oder edukative Gruppen, die ausgerichtet sind auf die Bewältigung von Arbeitsbelastungen, welche Auswirkungen auf den Gesundheitszustand der Teilnehmenden haben (z. B. Konflikte am Arbeitsplatz, Berufskonflikte, Arbeitslosigkeit). Sie thematisieren unter anderem die Interaktion von Gesundheit bzw. (chronischer) Erkrankung/Behinderung und Arbeitswelt/Erwerbsleben. Die Möglichkeit zur Bearbeitung individueller
arbeits- und berufsbezogener Problemlagen soll gegeben sein. Ausgangspunkt der gruppentherapeutischen Arbeit ist die Reflexion der individuellen Arbeitssituation aller Teilnehmenden. Arbeits- und
berufsbezogene Gruppen beinhalten Angebote, die eine realistische Einschätzung und Entwicklung
der eigene Kompetenzen und Ressourcen und zielorientierte Verhaltens- und Einstellungsänderungen ermöglichen sollen. Auch sollen eine realistische Selbsteinschätzung hinsichtlich der eigenen
körperlichen und geistig-seelischen Funktionsfähigkeit erreicht und die Selbstakzeptanz verbessert
werden.
Wesentliche Inhalte
Während bei Angeboten der beruflichen Rehabilitation das Erlernen grundlegend neuer beruflicher
Kompetenzen im Vordergrund steht, sind arbeits- und berufsbezogene Gruppenangebote im Rahmen
der medizinischen Rehabilitation stets therapeutisch indiziert und auf das Ziel der Rehabilitation ausgerichtet. Sie beinhalten daher therapierelevante Elemente wie z. B. die Förderung von Einstellungsund Verhaltensänderungen und die Motivierung zur Auseinandersetzung mit der individuellen beruflichen Problemlage. Inhalte von arbeits- und berufsbezogenen Gruppen können sein:
Stress und Belastung
Stressfolgen, „Burnout“
Probleme und soziale Konflikte am Arbeitsplatz
Umgang mit Arbeitslosigkeit/Arbeitsplatzgefährdung
Berufliche Perspektive, Rückkehr in die Arbeit, Wiedereingliederung
Arbeitsmotivation und Arbeitsverhalten
Berufliche Identität
Berufsgruppenspezifische Angebote (z. B. Stressbewältigung für Pflegekräfte)
Berufsbedingte Traumatisierung
Zusammenhang von Arbeit und Gesundheit
Arbeitsplatzgestaltung/Ergonomie
Sozialrecht und Sozialmedizin.
73
Gruppen können Motivations- und Bearbeitungseinheiten beinhalten. Darüber hinaus ist die Vermittlung von spezifischen Informationen zur jeweiligen Thematik ein wesentlicher Inhalt. In den Motivationseinheiten gilt es, das Interesse bzw. die Bereitschaft des Rehabilitanden zur Auseinandersetzung mit arbeits- und berufsbezogenen Problem- und Konfliktbereichen zu fördern, Widerstände
gegenüber der Auseinandersetzung mit diesen abzubauen und die Bearbeitung der beruflichen
Problemlage zur Grundlage der weiteren Behandlung zu machen. Dabei ist die Schaffung einer vertrauensvollen und akzeptierenden Gruppenatmosphäre eine wichtige Voraussetzung für weitere
Handlungsschritte. Arbeits- und berufsbezogene Probleme und Belastungen, aber auch Ressourcen
sollen durch die Teilnehmenden erarbeitet und die Wechselwirkung zwischen beruflicher Belastung,
Bewältigungsstrategien und dem gesundheitlichen Beschwerdebild erkannt werden. Die Reflexion
der aktuellen Lebenssituation und der Erwerbsbiografie kann herangezogen werden, um das Problemverständnis zu vertiefen und Bewältigungsmöglichkeiten zu erarbeiten. Daneben werden auch
Basiswissen (z. B. zum arbeitsrechtlichen Hintergrund) und praktische Informationen zur weiterführenden individuellen psychologischen, therapeutischen und rechtlichen Unterstützung vermittelt
(z. B. klärende Gespräche mit Kollegen und Vorgesetzten, Hilfestellungen durch Betriebsrat oder Gewerkschaften). Da andere berufsorientierte Maßnahmen mit der Teilnahme an einer arbeits- und
berufsbezogenen Gruppe verbunden sein können, können die dabei erworbenen Erlebnisse und Erfahrungen in der Gruppe ausgetauscht und aktuelle Problemstellungen aufgegriffen und bearbeitet
werden.
Durchführung
Arbeits- und berufsbezogene Gruppen werden unter therapeutischer bzw. edukativer Leitung in
(Klein-)Gruppen bis maximal 12 Teilnehmern durchgeführt. Die Gruppen können zielgruppenund/oder themenspezifisch durchgeführt werden.
Dauer und Frequenz
Arbeits- und berufsbezogene Gruppenangebote variieren in Abhängigkeit von Ansatz, Struktur und
thematischem Schwerpunkt zwischen zwei bis drei einstündigen und sieben bis acht doppelstündigen
Gruppensitzungen. Bei einer dreiwöchigen Rehabilitationsmaßnahme kann realistischerweise von
einem Umfang von vier bis fünf Sitzungen ausgegangen werden.
Zielgruppe
Die Maßnahme richtet sich an Rehabilitanden mit beruflichen Problemlagen wie z. B. Konflikte mit
Arbeitskollegen/Vorgesetzten, Konflikte in Zusammenhang mit innerbetrieblichen Umstrukturierungen/Umsetzungen, Überforderungssituationen, Beeinträchtigungen am Arbeitsplatz/im Beruf und
Gefährdung der Berufstätigkeit durch körperliche und psychische Beschwerden, Unzufriedenheit mit
der beruflichen Situation oder Arbeitslosigkeit. In Abhängigkeit vom Thema bzw. der Zielgruppe können weitere Ein- und Ausschlusskriterien festgelegt werden.
74
Beteiligte Therapeuten/Berufsgruppen
An der Maßnahme beteiligte Berufsgruppen: Psychologe, Psychotherapeut, Sozialarbeiter, Sozialpädagoge, Ergotherapeut, Arzt
Notwendige Ausstattung
Benötigt wird die übliche Ausstattung für Gruppenarbeit und Moderation.
Literatur
Beutel, M.E., Gerhard, C., Bittner, R., Bleichner, F., Schattenburg, L., Knickenberg, R. J., Freiling, S.,
Kreher & Martin, H. (2004). Verminderung von Technologieängsten in der psychosomatischen
Rehabilitation - erste Ergebnisse zu einem Computertraining für ältere Arbeitnehmer. Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie, 3, 221-231.
Beutel, M.E., Gerhard, C., Kayser, E., Gustson, D., Weiss, B. & Bleichner, F. (2002). Berufsbezogene
Therapiegruppen für ältere Arbeitnehmer im Rahmen der tiefenpsychologisch orientierten
psychosomatischen Rehabilitation. Gruppenpsychotherapie und Gruppendynamik, 38, 313-334.
Hanna, R., Fiedler, R.G., Dietrich, H., Greitemann, B. & Heuft, G. (2009). Zielanalyse und Zieloperationalisierung (ZAZO): Evaluation eines Gruppentrainings zur Förderung beruflicher Motivation.
Psychotherapie, Psychosomatik, Medizinische Psychologie, 59, 1-10.
Heitzmann, B., Helfert, S. & Schaarschmidt, U. (2008). Fit für den Beruf. AVEM-gestütztes Patientenschulungsprogramm zur beruflichen Orientierung in der Rehabilitation. Bern: Huber.
Hillert, A., Koch, S. & Hedlund, S. (2007). Stressbewältigung am Arbeitsplatz: Ein stationäres berufsbezogenes Gruppenprogramm. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
Koch, S. Geissner, E. & Hillert, A. (2007). Berufliche Behandlungseffekte in der stationären Psychosomatik. Der Beitrag einer berufsbezogenen Gruppentherapie im Zwölf-Monats-Verlauf. Zeitschrift für Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie, 55, 97-109.
Koch, S., Hedlund, S. & Hillert, A. (2003). Entwicklung und Evaluation einer berufsbezogenen Therapiegruppe in der psychosomatischen Rehabilitation: Das Behandlungskonzept. Lengerich: Pabst.
Koch, S., Hedlund, S., Rosenthal, S. & Hillert, A. (2006). Stressbewältigung am Arbeitsplatz. Ein stationäres Gruppentherapieprogramm. Verhaltenstherapie, 16, 7-15.
Küch, D., Roßband, H., Kimmer, K. & Morfeld, M. (2008) - Evaluation des Stresskompetenztrainings
BUSKO – erste ausgewählte Ergebnisse. In D. Küch et al. (Hrsg.), Belastung, Stress, Burnout Therapie und Prävention. Beiträge zur 27. Jahrestagung des Arbeitskreises Klinische Psychologie in der Rehabilitation (S. 81-94). Bonn: Deutscher Psychologen Verlag.
Schattenburg, L., Knickenberg, R.J., Zwerenz, R. & Beutel, M.E. (2003). Effekte tiefenpsychologisch
fundierter Fokaltherapie bei beruflich stark belasteten Patienten im stationären Setting. Psychotherapie, Psychosomatik, Medizinische Psychologie, 53, 134.
75
5.5
Zusammenarbeit mit externen Institutionen
Ziele
Über die Zusammenarbeit mit externen Institutionen soll versucht werden, die beruflichen Hintergründe des Rehabilitanden besser zu verstehen, Anpassungen am (bisherigen oder zukünftigen)
Arbeitsplatz zu initiieren und Informationen über den Rehabilitationsverlauf und das -ergebnis zeitnah an relevante Akteure weiterzugeben. Solche Institutionen oder Akteure können beispielsweise
sein: Arbeitgeber, Betriebsärzte, betriebliche Sozialberatung, behandelnde Ärzte, behandelnde Psychotherapeuten, Rehabilitations-Fachberater der Leistungsträger, Einrichtungen beruflicher Rehabilitation und Integrationsfachdienste.
Die angestrebte Vernetzung erfordert umfangreiche Kontakte und eine intensive Kooperation mit
diesen Stellen und Personen. Auch innerhalb des Reha-Teams ist eine gute Kommunikationsstruktur
mit kurzen Informationswegen notwendig, um auf dieser Grundlage rechtzeitig die geeigneten Kontakte herzustellen.
Wesentliche Inhalte
Um die Behandlung entsprechend ausrichten zu können, sind die erwähnten Kontaktaufnahmen mit
externen Stellen bereits zu Beginn bzw. im Vorfeld der medizinischen Rehabilitation notwendig, um
relevante Informationen über den Arbeitsplatz und die individuellen Belastungsfaktoren des Rehabilitanden sowie weitere relevante Kontextfaktoren und Ressourcen zu erhalten. Im Verlauf der Rehabilitation können Kontakte zu externen Betrieben und Berufsförderungswerken genutzt werden, um
dem Rehabilitanden praktische Erprobungen oder berufliche Orientierungsmaßnahmen zu ermöglichen. Möglichst frühzeitig, spätestens aber zur Mitte der Rehabilitation soll die Vermittlung von Kontakten schließlich einen zeitnahen Übergang zu weiteren erforderlichen Leistungen der Teilhabe am
Arbeitsleben bzw. zur beruflichen Wiedereingliederung des Rehabilitanden ermöglichen. Nachfolgend werden die wesentlichen Stellen beschrieben, mit denen im Rahmen einer medizinischen
Rehabilitation typischerweise Kontakte aufgenommen werden und die zur Optimierung des RehaVerlaufs und -ergebnisses genutzt werden können:
Kontakte zum Arbeitgeber, zu Personalverantwortlichen, zu Werks- und Betriebsärzten und/oder
betrieblicher Sozialberatung
Identifizierung mutmaßlich rehabilitationsbedürftiger Arbeitnehmer. Betriebsärzte bzw. die betriebliche Sozialberatung haben besondere Kompetenzen und Möglichkeiten, um bei Beschäftigten arbeitsplatzbezogene Belastungen und Einschränkungen frühzeitig zu erkennen und damit Hinweise
auf spezifischen Förder-/Trainingsbedarf zu geben. Hierbei ist der Leistungsträger frühzeitig einzubinden. Insbesondere vor dem Hintergrund der Forderung eines betrieblichen Wiedereingliederungsmanagements können Betriebe für eine Zusammenarbeit mit medizinischen Rehabilitationseinrichtungen gewonnen werden.
76
Arbeitsplatzbeschreibung. Betriebsärzte, betriebliche Sozialberatung bzw. Arbeitsmedizinische Dienste können detaillierte Informationen über den Arbeitsplatz des Rehabilitanden zur Verfügung stellen
bzw. eine Stellungnahme zur psychosozialen Problematik der Arbeitssituation abgeben. Für die
Erstellung einer Arbeitsplatzbeschreibung kann neben einer Schilderung des Arbeitsplatzes durch
Rehabilitand und Arbeitgeber auch eine Arbeitsplatzbesichtigung (durch Sozialdienst, Ergo-/Physiotherapeuten) in Frage kommen, um einen realitätsnahen Eindruck von der Arbeitsplatzsituation mit
den spezifischen Anforderungen an den Rehabilitanden zu erhalten. Dies kann dazu dienen, ein
individuell zugeschnittenes Trainingsprogramm für die Rehabilitationsbehandlung zu erstellen.
Betriebsseminare/Gespräche mit Betriebsangehörigen oder Sozialdienst. Im Verlauf der Rehabilitation können Betriebsseminare bzw. Gespräche mit Betriebsangehörigen dazu genutzt werden, spezifische Risikofaktoren am Arbeitsplatz zu erkennen und alternative Verhaltensmöglichkeiten zu erarbeiten. An einem Betriebsseminar nehmen Rehabilitanden teil, die in einem Arbeitsverhältnis stehen.
Zum Seminar werden sowohl Betriebsangehörige eingeladen, die unmittelbar mit dem Rehabilitanden zu tun haben wie Arbeitskollegen und unmittelbare Vorgesetzte als auch Mitglieder des Betriebs- oder Personalrats sowie betriebliche Suchtberater und übergeordnete Funktionsträger (z. B.
Personalleiter). In Gesprächen mit den genannten Personen gelingt es häufig, wechselseitige Bedenken oder Ängste vor der Rückkehr an den Arbeitsplatz zu thematisieren und wesentliche Informationen über die Erkrankung des Rehabilitanden zur Verfügung zu stellen (dies ist insbesondere
bei Abhängigkeitserkrankungen relevant). Darüber hinaus können Fragen der beruflichen Eingliederung ebenso abgeklärt werden wie qualitative und quantitative Leistungseinschränkungen und deren
Auswirkungen auf die zukünftige Arbeitsplatzgestaltung.
Planung der zur Eingliederung erforderlichen Maßnahmen. Für die Planung der zur Eingliederung
erforderlichen Maßnahmen sind frühzeitige Kontakte der Klinik zum Betriebsrat, Schwerbehindertenbeauftragten, Reha-Fachberater bzw. Integrationsfachdienst hilfreich. Der Entlassungsbericht der
Klinik sollte, bei entsprechendem Einverständnis der Rehabilitanden, dem Betriebsarzt zeitnah zur
Verfügung gestellt werden.
Mitwirkung des Rehabilitanden und Datenschutz. Bei Kontakten zum Betrieb des Rehabilitanden besitzt der Schutz von Sozialdaten höchsten Stellenwert. Es ist erforderlich, Rehabilitandinnen und Rehabilitanden über den geplanten Datenaustausch, ihre schutzwürdigen Interessen und den Datenschutz aufzuklären und ihr schriftliches Einverständnis einzuholen.
Kontakte zum behandelnden Arzt bzw. zum Hausarzt oder Psychotherapeuten des Rehabilitanden
Weiterbehandelnde Ärzte werden über die Ziele und Ergebnisse der Rehabilitationsbehandlung, insbesondere aber über die Nachsorgeempfehlungen im Rahmen der Berichterstattung informiert. In
einem begrenzten Zeitraum nach Abschluss der Rehabilitationsbehandlung kann es sinnvoll sein, dass
die Klinik durch regelmäßige Kontakte die Nachsorge des Rehabilitanden begleitet.
Für die Übermittlung personenbezogener gesundheitlicher Daten des Rehabilitanden an behandelnde Ärzte ist eine Einverständniserklärung erforderlich.
77
Kontakte zu Berufsförderungswerken, Berufsbildungszentren und Betrieben
Über Kontakte zu Berufsförderungswerken (BFW), Berufsbildungszentren und externen Betrieben
können Rehabilitationskliniken den Rehabilitanden Erfahrungen mit praktischen Arbeitstätigkeiten
(z. B. im Rahmen einer Belastungserprobung, einer Berufsfindungsmaßnahme oder eines Praktikums)
ermöglichen. Die frühzeitige Vermittlung von entsprechenden Kontakten (zumeist über den Sozialdienst) soll einen möglichst optimalen Übergang zur beruflichen Wiedereingliederung ermöglichen.
So können Gesprächstermine beim Berufsförderungswerk oder bei wohnortsnahen Betrieben vereinbart oder geeignete Praktikumsstellen zusammengestellt werden.
Kontakte zu Berufsinformationszentren (BIZ) der Arbeitsagenturen
Die Berufsinformationszentren (BIZ) der Arbeitsagenturen bieten verschiedene Informationen (z. B.
zu Ausbildung und Studium, Berufsbildern und Anforderungen, Weiterbildung und Umschulung) für
Personen an, die vor einer beruflichen Entscheidung stehen. An Informationsplätzen mit Internetzugang, die in der Reha-Einrichtung bestehen sollten, besteht die Möglichkeit, sich über Fragen des
Berufs- und Arbeitslebens zu informieren und online nach Stellen zu suchen.
Eine besondere Rolle spielt der Kontakt zum BIZ im Vorfeld einer beruflichen (Neu-) Orientierung,
wenn erkennbar ist, dass ein Rehabilitand seine bisherige Tätigkeit nicht mehr ausüben kann und sich
ausführlich über berufliche Alternativen und deren Passung mit eigenen Motiven, Neigungen und
Interessen informieren möchte. Die Datenbank der Berufsinformationszentren bietet unter anderem
die Voraussetzungen, Berufsbilder, Ausbildungsinhalte, Qualifizierungswege und Ausbildungsstätten
kennen zu lernen.
Über eine Beratung und gezielte Motivierung des Rehabilitanden können Kontakte zu Berufsinformationszentren der Arbeitsagentur gefördert werden. Die Beratung sollte Aufbau und Möglichkeiten
des BIZ sowie eine Anleitung über das Suchsystem im BIZ unter besonderer Berücksichtigung der
beruflichen Ziele und Fragestellungen der Rehabilitanden beinhalten.
Kontakte zum Arzt des Rentenversicherungsträgers
In frühzeitigen Gesprächen mit den Ärzten des Rentenversicherungsträgers können, ausgehend von
bestehenden Einschränkungen der Leistungsfähigkeit, vor dem Hintergrund des positiven Leistungsbildes und der weiteren Ressourcen erforderliche nachgehende Maßnahmen zur Teilhabe geklärt
und zeitnah eingeleitet werden.
Kontakte zum Reha-Fachberater des Kostenträgers
Kontakte zum Rehabilitations-Fachberater des Kostenträgers dienen dazu, Leistungen zur Teilhabe
am Arbeitsleben während der medizinischen Rehabilitation vorzubereiten. Sofern kein Reha-Fachberater in der Klinik vorhanden ist, muss eine Kontaktaufnahme mit einem Reha-Fachberater am
Wohnort vereinbart werden.
78
Kontakte zu gemeinsamen Servicestellen der Reha-Träger
Für alle Landkreise und kreisfreie Städte sind von den Rehabilitationsträgern gemeinsame Servicestellen für Rehabilitation eingerichtet worden. Diese beraten und unterstützen in allen Fragen der
Rehabilitation (z. B. bezüglich der Rückkehr an den Arbeitsplatz oder Umschulungsmaßnahmen),
nehmen Reha-Anträge auf und ermitteln den zuständigen Reha-Träger. Von den Servicestellen wird
bei Bedarf auch der weitere Kontakt zum zuständigen Reha-Träger hergestellt und der Reha-Antrag
unverzüglich dorthin weitergeleitet, so dass das Reha-Management schnell und ohne Reibungsverluste vom zuständigen Reha-Träger übernommen werden kann.
Kontakte zum Integrationsfachdienst (IFD)
Bei erkennbarem Unterstützungsbedarf wird gegen Ende der Reha-Maßnahme vom Sozialdienst Kontakt zum Integrationsfachdienst (Beratung/Vermittlung) aufgenommen. Dieser berät und unterstützt
arbeitende und arbeitsuchende schwerbehinderte- und schwerbehinderten gleichgestellten Menschen. Sie bieten auch für Arbeitgeber Informationen und Unterstützung zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben an.
Kontakte zu den Arbeitsmedizinischen Diensten der Unfallversicherungsträger
Im Falle von Reha-Maßnahmen der gesetzlichen Unfallversicherung (UV) sind die Arbeitsmedizinischen Dienste des zuständigen Unfallversicherungsträgers (z. B. spezielle Berufsgenossenschaft) Ansprechpartner, um hinsichtlich des weiteren Verlaufs der Heilbehandlung und möglicher Fördermaßnahmen zu beraten.
Durchführung
Zu Beginn der Rehabilitation werden durch Kontakte, z. B. zum Betriebs- und Hausarzt des Rehabilitanden, relevante Informationen über Arbeitsplatz und Vorbefunde ergänzt. Im Verlauf der Rehabilitation können in spezifischen Indikationsbereichen über Kontakte (z. B. zu Berufsförderungswerken und externen Betrieben) praktische Erprobungen ermöglicht werden. Mit Blick auf die Anbahnung der nachgehenden Maßnahmen sollte dann möglichst frühzeitig, mit Einverständnis des Rehabilitanden, die Rehabilitationseinrichtung zum Betriebsarzt, zum Arbeitgeber und/oder zum Rehabilitations-Fachberater des Kostenträgers Kontakt aufnehmen, um die Nachsorge und berufliche Eingliederung des Rehabilitanden zu planen. Ein wichtige Aufgabe ist der Abgleich der betrieblichen
Arbeitsplatzanforderungen mit dem Leistungsbild des Rehabilitanden. Unter anderem ist zu prüfen,
ob weitere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) notwendig sind. Der Ablauf einer Stufenweisen Eingliederung muss bereits am Ende der medizinischen Rehabilitation mit dem Arbeitgeber
des Rehabilitanden geklärt, abgestimmt und im Entlassungsbericht festgehalten werden. Dies beinhaltet auch die Anfertigung eines Plans zur Stufenweisen Wiedereingliederung.
79
Dauer und Frequenz
Die Kontaktpflege zu externen Personen und Institutionen erfolgt optimalerweise kontinuierlich während des gesamten Rehabilitationsprozesses.
Zielgruppen
Die Maßnahmen sind nicht sinnvoll bei Rehabilitanden mit dauerhafter Berentung.
•
Kontaktierung externer Institutionen mit dem Ziel des Erhalts des alten Arbeitsplatzes: Zielgruppe sind erwerbstätige Rehabilitanden mit besonderen Belastungen am Arbeitsplatz
und/oder Rehabilitanden, bei denen Veränderungen am Arbeitsplatz notwendig sind.
•
Kontaktierung externer Institutionen mit dem Ziel der Um- bzw. Neuorientierung am Arbeitsmarkt: Zielgruppe sind arbeitslose oder nicht erwerbstätige Rehabilitanden bzw. Rehabilitanden, bei denen die Notwendigkeit einer beruflichen Umorientierung besteht.
Prinzipiell setzt die Kontaktaufnahme zu externen Personen und Institutionen das Einverständnis des
Rehabilitanden (und damit eine ausreichende Motivation und Kooperation) voraus.
Beteiligte Therapeuten/Berufsgruppen in der Klinik
Mögliche an der Maßnahme beteiligte Berufsgruppen: Arzt, Sozialarbeiter, Psychologe, Ergotherapeut, Arbeitstherapeut.
Notwendige Ausstattung
Ein Netzwerk zu Institutionen und Betrieben sollte bestehen. Informationsmaterialen (z. B. zu Berufsinformationszentren) und Internetanschluss sollten vorhanden sein.
Literatur
Bürger, W. (2004). Stufenweise Wiedereingliederung nach orthopädischer Rehabilitation – Teilnehmer, Durchführung, Wirksamkeit und Optimierungsbedarf. Die Rehabilitation, 43, 152-161.
Karoff, M., Röseler, S., Lorenz, C. & Kittel, J. (2000). Intensivierte Nachsorge (INA) – ein Verfahren zur
Verbesserung der beruflichen Reintegration nach Herzinfarkt und/oder Bypassoperation. Zeitschrift für Kardiologie, 89, 423-433.
Leitner, A., Jacobi, E. & Enderle, G. (2009). Betriebsärztliche Einleitung der Rehabilitationsmaßnahme
und Begleitung der Rückkehr an den Arbeitsplatz. DRV-Schriften, 83, 236-237.
http://forschung.deutsche-rentenversicherung.de/ForschPortalWeb/ressource?key=16_Leitner.pdf
http://www.deutsche-rentenversicherung-bw.de/DRVBW/de/Navigation/Rehabilitation/RehaProjekte/Betriebsaerztliche_Reha_node.html
80
6.
Praxisbeispiele
Im folgenden Kapitel werden zu den beschriebenen Interventionen Praxisbeispiele aus Rehabilitationskliniken vorgestellt, welche die Umsetzung arbeits- und berufsbezogener Orientierung illustrieren. Die Beispiele wurden von den Mitarbeitern in Rehabilitationskliniken erstellt, die entsprechende
Maßnahmen anbieten. Hierbei handelt es sich um keine vollständige Strukturerhebung, sondern um
eine Auswahl an Beispielen, durch die sich wichtige Aspekte arbeits- und berufsbezogener Maßnahmen anschaulich darstellen lassen.
Die Beispiele machen deutlich, dass arbeits- und berufsbezogene Maßnahmen in der Umsetzung
häufig Mischmodelle aus unterschiedlichen Maßnahmentypen darstellen. Diese können daher nur
teilweise den in Kapitel 5 beschriebenen „Kernmaßnahmen“ zugeordnet werden.
Der Bereich arbeits- und berufsbezogener Orientierung befindet sich in den meisten Kliniken in einer
stetigen Weiterentwicklung. Die im Folgenden aufgeführten Maßnahmenbeispiele geben den Stand
vom Winter 2011/12 wieder1.
Praxisbeispiele wurden freundlicherweise von folgenden Kliniken/Einrichtungen zur Verfügung
gestellt:
Klinik für Orthopädische Rehabilitation, Klinikum Bad Bramstedt GmbH, Bad Bramstedt
Rehabilitationsklinik Schloss Bad Buchau, Bad Buchau
Rehazentrum Bad Eilsen, Bad Eilsen
Paracelsus Klinik an der Gande mit dem Institut für Arbeits- und Sozialmedizin, Bad Gandersheim
Rehazentren Klinik Bavaria Bad Kissingen, Freyung, Kreischa
Psychosomatische Fachklinik St. Franziskastift, Bad Kreuznach
Schwarzwaldklinik, Bad Krozingen
Zentrum Beruf + Gesundheit, Bad Krozingen
Drei-Burgen-Klinik, Bad Münster am Stein-Ebernburg
Klinik Niedersachsen, Erwin Röver GmbH und Co. KG, Bad Nenndorf
Psychosomatische Klinik Bad Neustadt, Bad Neustadt/Saale
Klinik Münsterland, Bad Rothenfelde
Reha-Klinikum Bad Säckingen, Bad Säckingen
Rehabilitationsklinik Lipperland, Bad Salzuflen
Reha-Zentrum Bad Sooden-Allendorf, Klinik Werra, Bad Sooden-Allendorf
Klinik am Homberg, Bad Wildungen
Kliniken Hartenstein, Fachklinik Reinhardstal, Bad Wildungen-Reinhardshausen
Klinik Schloss Falkenhof, Bensheim
1
Die Verantwortung für die Korrektheit der Angaben tragen die jeweiligen Kliniken.
81
Ambulantes Reha Centrum Braunschweig GmbH, Braunschweig
REHA SÜD GmbH Zentrum für Ambulante Rehabilitation, Physiotherapie und Ergotherapie, Freiburg
salus klinik Friedrichsdorf, Friedrichsdorf
BG BAU - Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft, Arbeitsmedizinischer Dienst, Hamburg
m&i Fachklinik Herzogenaurach, Herzogenaurach
Therapiezentrum Koblenz, Koblenz
Kliniken Schmieder Konstanz, Konstanz
Fachklinik für Onkologische Rehabilitation Lehmrade GmbH, Damp, Lehmrade
Universitätsklinikum Münster, Münster
Klinik Roseneck, Prien
Reha-Zentrum Schömberg, Klinik Schwarzwald, Schömberg
Rehabilitationszentrum Seehof der DRV Bund, Teltow
Asklepios Fachklinikum Wiesen GmbH, Wildenfels
Die Autoren danken den Klinikvertretern herzlich für die Bereitstellung der Maßnahmenbeispiele.
82
6.1
Praxisbeispiele zur Kernmaßnahme „Belastungserprobung“
Interne Belastungserprobung („Buchauer Modell“)
Rehabilitationsklinik Schloss Bad Buchau, Bad Buchau ……………………………………………………………………. 84
Externe Belastungserprobung
St. Franziska-Stift, Psychosomatische Fachklinik, Bad Kreuznach ……………………………………………….…….90
Interne Belastungserprobung
Schwarzwaldklinik – Neurologie Park-Klinikum, Bad Krozingen ………………………………………..…………….. 97
Interne Belastungserprobung
Klinik am Homberg, Bad Wildungen ……………………………………………………………………………..………………. 100
Belastungserprobung
Klinik Schloss Falkenhof, Bensheim ………………………………………………………………………………..…………….. 102
Spezifische Erprobung
Fachklinik Herzogenaurach, Herzogenaurach …………………………………………..…………………………………… 105
Therapeutische Belastungserprobung
Klinik Roseneck, Prien am Chiemsee ………………………………………………………..…………………………………… 112
Interne Belastungserprobung (diagnostischer Schwerpunkt)
Asklepios Fachklinikum Wiesen, Wildenfels …………………………………………………..……………………………… 115
83
Interne Belastungserprobung („Buchauer MBOR Modell“)
Rehabilitationsklinik Schloss Bad Buchau, Bad Buchau
Psychosomatik, Neurologie
Ziele. Die interne arbeits- und berufsbezogene Belastungserprobung ist eine primär diagnostische
Maßnahme. Sie beinhaltet jedoch auch konkrete Vorschläge und Empfehlungen zur Förderung der
Teilhabe am Arbeitsleben. Sie ist regelhaft integriert in das Standarduntersuchungs- und Behandlungsprogramm der Klinik. Zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben werden standardisierte arbeits- und berufsbezogene Aktivitäten durchgeführt. Aufgrund dieser objektiven Ergebnisse
und der Verhaltensbeobachtungen wird das qualitative und quantitative, zeitlich abgestuftes Leistungs- und Fähigkeitsprofil ermittelt. Durch das Erfassen der person- und umweltbezogenen Kontextfaktoren (im Sinne der ICF) werden mögliche Barrieren für eine Berufsausübung erkannt, offengelegt und Förderfaktoren zur Teilhabe am Arbeitsleben erarbeitet, vermittelt, angeregt und/oder
umgesetzt. Das ermittelte Fähigkeitsprofil und die gewonnenen Erkenntnisse bilden auch die Grundlage für weitere rehabilitative Maßnahmen.
Inhalte und Ablauf. Für die interne Belastungserprobung verfügt die Klinik über folgende Bereiche:
1. Büro und EDV
2. Hauswirtschaft und Küche
3. Holz-, Kunststoff- und Metallbereich (CNC-gesteuerte Fräse, mit deren Hilfe das Programmieren
CNC-gesteuerter Maschinen und die praktische Durchführung von CNC-gesteuerter Werkstückbearbeitung erprobt werden kann. Mit Hilfe eines professionellen 3-D-CAD-Programms können
Konstruktionen im Holz-, Kunststoff- und Metallbereich erstellt werden.)
4. Lagerverwaltung (übernimmt die Versorgung der anderen Bereiche mit den notwendigen Arbeitsmaterialien).
Die folgenden Bilder zeigen Arbeitsplätze, in der Rehabilitationsklinik Schloss Bad Buchau für die interne Belastungserprobung genutzt werden.
84
Büroarbeitsplätze
CNC - Fräsmaschine
Küche
Lagerverwaltung
Die Arbeitsschwere der durchzuführenden Arbeiten liegt im leichten bis mittleren Bereich. Die Tätigkeiten werden im Sitzen und Stehen durchgeführt und beinhalten auch Überkopfarbeiten. Das Lager
verfügt über Boxen mit definiertem Gewicht, durch deren Transport Belastungen durch Tragen und
Heben getestet werden können. Mess-, Prüf- und Kontrollarbeiten müssen nach festgelegten Zeitvorgaben und nach optischer und akustischer Taktvorgabe durchgeführt werden und simulieren damit Akkordarbeit. Die Ergebnisse werden EDV-gestützt aufgezeichnet und ausgewertet. Im Bürobereich wird der kognitive Leistungsverlauf mithilfe der neuropsychologisch-kognitiven Software Cogpack® ermittelt.
Die Arbeitsleistung der Rehabilitanden in den jeweiligen Arbeitsbereichen wird anhand eines standardisierten Beurteilungsverfahrens (auf Basis von ERTOMIS – Hilfen zur Berufsfindung) von den Arbeitstherapeuten beurteilt und in einem Protokoll festgehalten (Abb. 6.1).
85
Abb. 6.1:
Beispiel einer Kurzfassung zur Leistungsbeurteilung
86
Die interne Belastungserprobung wird von ausgebildeten Arbeitstherapeuten in den Werkstätten der
Klinik in mehreren Schritten durchgeführt:
Erhebung einer arbeits- und berufsbezogenen Anamnese: Erfragt werden unter anderem detaillierte Informationen über Ausbildung, den ausgeübten Beruf, den letzten Arbeitsplatz und vor allem die eigene Einschätzung von besonderen Belastungen während Ausbildung und Arbeit.
Prüfen von Kenntnissen und Fertigkeiten: Hier werden anhand von Arbeitsblättern berufsübergreifende theoretische Kenntnisse getestet, wie z. B. Lesen technischer Zeichnungen, Ausmessen
von Winkeln oder die Grundrechenarten. Anschließend werden konkrete Fertigkeiten. überprüft,
wie z. B. ein Gewinde prüfen oder ein Werkstück ausmessen.
Praktische Erprobung: Die Praktische Erprobung ist in der Regel berufsunspezifisch, wobei allerdings das Bemühen besteht, der beruflichen Tätigkeit des Betroffenen möglichst nahe zu kommen.
Beispiel für ein Arbeitsblatt zum technischen
Verständnis (Papierform)
Die Einzelarbeitsplätze der unterschiedlichen Arbeitsbereiche können zukünftig auch in Form einer
„Übungsfirma“ kombiniert werden, in der jeweils eine Gruppe von sieben Rehabilitanden ein „Produkt“ herstellt. Dabei werden verschiedene Arbeitsschritte von der Planung und Auftragsannahme
über die Materialbestellung bis hin zur Herstellung durchlaufen. Durch diese „produktorientierte
Teamarbeit“ ist eine bessere Beobachtungsmöglichkeit hinsichtlich der sozialen Kompetenzen der
Rehabilitanden zu erwarten.
87
Die Kenntnisprüfung erstreckt sich über mehrere (in der Regel drei) Tage mit jeweils einstündigen
Terminen. Die sich anschließende praktische Erprobung dauert einen halben bis zwei ganze Tage.
Zielgruppe. Die Maßnahme richtet sich an Rehabilitanden mit besonderen beruflichen Problemlagen. Dies trifft vor allem für Rehabilitanden mit chronifizierten Verläufen zu, bei denen seit mehr als
6 Monaten berufliche Probleme bestehen, die die Erwerbsfähigkeit gefährden. Grundsätzliche Indikationskriterien für die interne Belastungserprobung sind: lang dauernde Arbeitsunfähigkeit oder
Arbeitslosigkeit, laufender Rentenantrag bzw. Rentenbegehren oder eine ablaufende Zeitrente. Die
Maßnahme wird nicht durchgeführt bei Rehabilitanden ab einem Alter von 61 Jahren sowie bei Vorliegen einer akutmedizinischen Problematik.
Beteiligte Berufsgruppen und Ausstattung. Arzt, Sozialarbeiter/Sozialpädagoge, Arbeitstherapeut. Benötigte Ausstattung: Modellarbeitsplätze.
Der Ablauf der Maßnahme ist in Abbildung 6.2 zusammenfassend dargestellt.
Abb. 6.2:
Maßnahme „interne Belastungserprobung“ in der Rehabilitationsklinik
Schloss Bad Buchau
88
Ansprechpartner
PD Dr. med. habil. G. Müller (Chefarzt der Psychosomatik)
Schlossklinik Bad Buchau
Schlossplatz 2
88422 Bad Buchau
g.mueller@schlossklinik-buchau.de
Markus Dietz (Ergotherapeut)
Arbeitstherapie
Schlossplatz 2
88422 Bad Buchau
dietz@schlossklinik-buchau.de
89
Externe Belastungserprobung
St. Franziska-Stift, Psychosomatische Fachklinik, Bad Kreuznach
Psychosomatik
Im St. Franziska-Stift wird die externe Belastungserprobung seit Beginn der Klinik 1992 systematisch
durchgeführt. Seitdem erfolgen eine stetige Zunahme der Belastungserprobungen sowie die weitere
Ausdifferenzierung der Standards in der Zuweisung, Durchführung und Auswertung. Dadurch verfügt
das St. Franziska-Stift über einen umfangreichen Erfahrungshintergrund, gestützt durch eine elektronische Datenbank, die von einem konstanten Mitarbeiterkreis von Dipl.-Sozialarbeitern aufgebaut,
gepflegt und ausgebaut wird. Die positiven Ergebnisse der Belastungserprobungen konnten durch
eine Studie belegt und auf dem 15. Rehabilitationswissenschaftlichen Kolloquium 2006 in Bayreuth
vorgestellt werden.
Neben den im Folgenden beschriebenen speziell ausgearbeiteten Indikations- und Durchführungskriterien sind dabei zusätzliche Aspekte, wie z. B. die Kontaktpflege und spezielle Angebote für die
mittlerweile über hundert Firmen und Abteilungen in Bad Kreuznach und Umgebung zu beachten.
Besonderes Augenmerk wird auf die Schulung der dort tätigen Mitarbeiter gelegt, die in die Praxisanleitung der Rehabilitanden und in die Fremdeinschätzung der Belastungserprobungen eingebunden sind. Weiterbildungsangebote seitens der Klinik in Form von Anleitung (train the trainer), speziellen Tagungen für die Mitarbeiter der in die Belastungserprobung involvierten Firmen sowie die
Möglichkeit von Erfahrungsaustausch untereinander und mit qualifiziertem Klinikpersonal gewährleisten einen hohen Standard.
Ziele. Die Belastungserprobung im Rahmen der medizinischen Rehabilitation ist sowohl nach § 5 SGB
VI als auch §42 SGB V und §26 SGB IX, Abs. 2 Nr. 7 klar geregelt mit dem Ziel einer besseren Einbeziehung der beruflichen Realität in die medizinische Rehabilitation und einer systematischen Erprobung somatischer und psychischer Belastbarkeit, sowie der berufsrelevanten Sozialkompetenzen und
der Integrationsfähigkeit.
90
Ziel der Maßnahme ist das Erproben von
berufsbezogener körperlicher und psychischer Belastbarkeit,
sozialer Kompetenz im Beruf,
beruflicher Neu- oder Umorientierung,
beruflicher Eignung,
Exposition und Tagesstruktur
sowie die Überprüfung der Motivation zur Rückkehr in das Arbeitsleben.
Inhalte und Ablauf. Bei der externen Belastungserprobung sind die Teilnehmenden an einem konkreten Arbeitsplatz den üblichen Arbeitsbedingungen ausgesetzt und bekommt die dort anfallenden
Arbeiten übertragen (z. B. im Verkauf Ware einsortieren und auszeichnen sowie Kunden beraten).
Die berufliche Realität wird konkret in die medizinische Rehabilitation einbezogen. Die Konfrontation
mit dem Berufsalltag verdeutlicht berufliche Ressourcen und Einschränkungen. Die Rehabilitanden
können dort ihre somatische und psychische Belastbarkeit erproben, berufsrelevantes Kommunikations- und Interaktionsverhalten analysieren und anwenden sowie neue Strategien einüben. Sie erstellen strukturierte Protokolle von jedem Arbeitstag (vgl. Abbildung 6.3) und erwerben eine realistische Selbsteinschätzung durch Gegenüberstellung von standardisierter Selbst- und Fremdbeurteilung
der erlebten und gezeigten Haltungen, Leistungen und Kompetenzen (vgl. Abbildungen 6.4 und 6.5).
Dabei werden sie begleitet durch Einzelgespräche mit Psychotherapeut und Dipl.-Sozialarbeiter. Die
Belastungserprobung wird so zu einer Grundlage zur sozialmedizinischen Einschätzung und gibt Hinweise auf weiterführende Maßnahmen (z. B. LTA).
91
Abb. 6.3:
Tagesprotokollbogen
92
Abb. 6.4:
Fremdeinschätzungsbogen durch den Praxisanleiter
93
Abb. 6.5:
Selbsteinschätzungsbogen durch den Rehabilitanden
Die Maßnahme umfasst in der Regel in einem Zeitraum von ein bis zwei Wochen einen täglichen Einsatz im Betrieb von vier bis sechs Stunden; hinzu kommen begleitende (sozial-)therapeutische Einzelgespräche nach Bedarf (mindestens zweimal pro Woche).
94
Der Ablauf der Maßnahme ist in Abbildung 6.6 zusammenfassend dargestellt.
Abb. 6.6:
Maßnahme „externe Belastungserprobung“ im St. Franziska-Stift,
Psychosomatische Fachklinik, Bad Kreuznach
95
Zielgruppe. Die Maßnahme richtet sich an alle (teil-)erwerbsfähigen Rehabilitanden, bei denen eine
berufliche Problemlage im Vordergrund steht mit folgenden Indikationen: lange Arbeitsunfähigkeit,
Arbeitslosigkeit, offener Rentenwunsch, berufliche Neuorientierung, fragliche Leistungsfähigkeit
(objektiv); „Arbeit macht krank“, Beeinträchtigungen am Arbeitsplatz durch Krankheitsempfinden,
Konflikte am Arbeitsplatz, berufliche Überforderung/Berührungsängste mit beruflichen Herausforderungen, fehlendes berufliches Zutrauen bzw. Unsicherheit hinsichtlich der beruflichen Selbsteinschätzung (subjektiv). Die Maßnahme wird nicht durchgeführt bei fehlender Motivation (siehe dazu
Abbildung 6.7) auf Seiten der Rehabilitanden (z. B. manifester Rentenwunsch), bei bestimmten
Berufsbildern, die sich in der Kürze der Zeit nicht erproben lassen sowie bei einer zu kurzen Dauer
der Rehabilitationsmaßnahme.
Abb. 6.7:
Kriterien zur Einschätzung der Patientenmotivation
Beteiligte Berufsgruppen und Ausstattung. Arzt, Psychologe, Sozialarbeiter/Sozialpädagoge,
Ergotherapeut, Stationspfleger/-schwester. Kooperationsnetzwerk mit zahlreichen Arbeitgebern im
Einzugsbereich der Klinik. Benötigte Ausstattung: Hilfestellung zum Erreichen des Arbeitsplatzes
(Fahrrad, Fahrdienst), berufsspezifische Arbeitskleidung.
Literatur
Anton, E., Meures, A., Schützeichel, I., Metz, U., Jürgensen, R. & Rüddel, H.
(2006). Zur Bedeutung einer Arbeits- und Belastungserprobung während der stationären psychosomatischen Rehabilitation. DRV-Schriften, 64, 54-56.
Ansprechpartner
Eleonore Anton (Dipl.-Sozialarbeiterin)
Andrea Meures (Dipl.-Sozialarbeiterin)
Prof. Dr. Heinz Rüddel (Chefarzt)
Psychosomatische Fachklinik St. Franziskastift
Franziska-Puricelli-Str. 3
55543 Bad Kreuznach
e.anton@fskh.de
www.fransziska-stift.de
96
Interne Belastungserprobung Schwarzwaldklinik – Neurologie
Park-Klinikum, Bad Krozingen
Neurologie
Ziele. Die Maßnahme zielt auf:
eine verbesserte Selbsteinschätzung und Gesundheitsförderung der Rehabilitandinnen im weiteren Verlauf
frühzeitige psychosoziale und berufliche Perspektiven und dadurch eine verbesserte Rehabilitationsmotivation
eine verbesserte sozialmedizinische Leistungsbeurteilung
eine Empfehlung zu Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben
kürzere berufliche und soziale Wiedereingliederungszeiten
Inhalte und Ablauf. Das Konzept umfasst die Arbeitstherapie in einem gewerblichen und kaufmännischen Bereich sowie die interne Arbeitserprobung. Sie dient der Abklärung der beruflichen Belastbarkeit vor allem in folgenden Bereichen:
Dauerbelastbarkeit bis zu einem vollen Arbeitstag
Verhalten bei Mehrfachanforderungen
Arbeitsverhalten (z. B. Ausdauer), Arbeitsleistung (z. B. Tempo, Konzentration)
Sozialverhalten
psychische und körperliche Belastbarkeit
Die interne Belastungserprobung beginnt nach ausreichender medizinischer bzw. psychischer Stabilisierung und ausreichender Motivation der Rehabilitanden in der Regel schon während der medizinischen Rehabilitation in der hausinternen Arbeitstherapie im handwerklichen- oder kaufmännischen
Bereich mit einer Steigerung der Belastungsdauer auf täglich zwei bis drei Stunden. Auch kann eine
Belastungserprobung im Küchenbereich durchgeführt werden. Begleitend werden alle notwendigen
therapeutischen Maßnahmen (z. B. Physiotherapie, Ergotherapie, Psychotherapie, Schmerztherapie)
durchgeführt. Sie erfolgt stufenweise; insbesondere wird die Belastbarkeit in Leistungs- und Lernsituationen beachtet.
Das Basisprogramm beinhaltet Anamnese, körperliche Untersuchung, neurologische Untersuchungen
und – falls notwendig – eine (neuro-)psychologische Untersuchung. Der Rehabilitand erhält eine
umfassende kognitive, psychische und soziale arbeitsplatzbezogene Evaluation (über Arbeitsanamnese, Fragebogenverfahren, neuropsychologische Diagnostik mit für die Arbeitswelt relevanten
Schwerpunkten, z. B. Aufmerksamkeit, Konzentration, Ausdauer oder Gedächtnis). Des Weiteren
erfolgt eine fachärztliche Untersuchung. Zusätzlich werden mögliche Funktionsstörungen im Hinblick
97
auf eine berufliche Wiedereingliederung durch Mitarbeiter aus den Bereichen Physiotherapie, Ergotherapie, Arbeitstherapie und Sprachtherapie erfasst.
Gemeinsam mit den Rehabilitanden werden ihre subjektiven Einschätzungen, die objektiven Ergebnisse und klinischen Beobachtungen ausführlich besprochen. Die Maßnahme wird drei bis fünfmal
pro Woche in einem Umfang von zunächst einer bis drei Stunden bis zur ganztägigen Belastung
durchgeführt.
Der Ablauf der Maßnahme ist in Abbildung 6.8 zusammenfassend dargestellt.
Abb. 6.8:
Maßnahme „interne Belastungserprobung“ in der Schwarzwaldklinik (Neurologie),
Park-Klinikum Bad Krozingen
98
Zielgruppe. Die Maßnahme richtet sich an berufstätige Versicherte der Rentenversicherung (DRV),
Berufsgenossenschaften und Krankenkassen. Sie wird nicht durchgeführt bei Rehabilitanden ab einem Alter von ca. 65 Jahren.
Beteiligte Berufsgruppen und Ausstattung. Arzt, Psychologie, Sozialarbeiter/Sozialpädagoge,
Arbeitstherapeut, Neuropsychologe. Benötigte Ausstattung: vollständig ausgerüstete Arbeitsplätze
im gewerblichen und kaufmännischen Bereich sowie eine Küche.
Ansprechpartner
Schwarzwaldklinik Neurologie
Park-Klinikum Bad Krozingen
Im Sinnighofen 1
79189 Bad Krozingen
info@park-klinikum.de
www.park-klinikum.de
99
Interne Belastungserprobung
Klinik am Homberg, Bad Wildungen
Psychosomatik
Ziele. Die Maßnahme zielt auf die Bearbeitung von kognitiven und handwerklichen Aufgabenstellungen, d. h. Arbeit mit dem Kopf und Arbeit mit den Händen. Sie dient der Rückmeldung im Hinblick auf
Stressverhalten und das Erleben der Belastung und gibt Hilfestellungen bei der sozialmedizinischen
Beurteilung.
Inhalte und Ablauf. Wesentlicher Inhalt der Maßnahme ist die Ermittlung von Grundarbeitsfähigkeiten. Dies umfasst beispielsweise die folgenden Fragestellungen: Kann ein Teilnehmer vier Stunden
lang verschiedene unbekannte Aufgaben abarbeiten? Wie belastend werden neue Aufgaben, Nebengeräusche oder die Nähe von drei weiteren Teilnehmenden erlebt?
Ein konkreter Arbeitsalltag wird hierbei nicht nachgestellt. Alle Teilnehmenden bearbeiten so viele
Aufgaben in der vorgegebenen Zeit wie es ihnen in ihrer jetzigen Verfassung möglich ist. Es müssen
nicht alle Aufgaben abgearbeitet werden. Ist die persönliche Belastungsgrenze überschritten, kann
die Therapie jederzeit abgebrochen werden.
Die Maßnahme umfasst eine 60-minütige PC-Übung (Rechnen, Merkfähigkeit, Logik, optische Wahrnehmung unter anderem mit dem Übungsprogramm COGPACK®), einen 120-minütigen Handwerksteil (Herstellen eines Tonstövchens) sowie eine weitere 60-minütige PC-Übung (Übungen wie
im ersten Teil).
Die Maßnahme wird einmal während der Rehabilitation durchgeführt. Die vierstündige Maßnahme
wird nach zwei Stunden mit einer 15-minütigen Pause unterbrochen.
100
Der Ablauf der Maßnahme ist in Abbildung 6.9 zusammenfassend dargestellt.
Abb. 6.9:
Maßnahme „interne Belastungserprobung“ in der Klinik am Homberg,
Bad Wildungen
Zielgruppe. Die Maßnahme richtet sich an Rehabilitanden, die eine sozialmedizinische Leistungsbeurteilung aufgrund eines eingeschränkten Leistungsvermögens zur besseren Objektivierung des
quantitativen und qualitativen Leistungsvermögens benötigen. Sie wird nicht durchgeführt bei fehlender Motivation auf Seiten der Rehabilitanden.
Beteiligte Berufsgruppen und Ausstattung. Ergotherapeut. Notwendige Ausstattung: PC- Arbeitsplatz mit Übungsprogramm (COGPACK®), Werkraum.
Ansprechpartner Marko Wissner (Ergotherapeut)
Klinik am Homberg
Fachklinik für Psychosomatische Rehabilitation/Psychotherapie
Herzog-Georg-Weg 2
34537 Bad Wildungen
wissnerm@klinik-am-homberg.de
www.klinik-am-homberg.de
101
Belastungserprobung
Klinik Schloss Falkenhof, Bensheim
Abhängigkeitserkrankungen
Ziele. Ziele der Maßnahme sind die Überprüfung des Leistungsvermögens und die sozialmedizinische
Einschätzung.
Inhalte und Ablauf. Die Belastungserprobung kann in Form eines internen oder externen Praktikums durchgeführt werden. Für die Umsetzung der externen Praktika kommen vielfältige Arbeitsfelder in Frage, beispielsweise Handwerksbetriebe (Metall, Holz, Elektro/Elektronik, Gärtnerei, Bauwesen), Betriebe der Dienstleistung und Organisation (Behörden, Verwaltung, Banken und Versicherungen), Pflege- und Gesundheitsdienste (Altenpflegeeinrichtungen, Krankenhäuser, Behindertenbereiche), Produktions- und Kommunikationsbetriebe (Großbetriebe, Druckereien, Reisebranche, Computerdienste) oder Fach-, Einzel- und Großhandelsbetriebe (Lagerverwaltung, Bürotätigkeit, Dienstleistungen und Verkauf).
Vor der Durchführung ist in der Regel ein kurzes Gespräch des Bezugsarbeitstherapeuten oder des
Arbeitsanleiters mit dem Betroffenen und dem medizinischen Dienst in der Klinik anzusetzen, bei
dem die Zielsetzung und der Zeitrahmen der Belastungserprobung besprochen werden. Der Stundenplan für die Belastungserprobung wird vom Arbeitsanleiter in Abstimmung mit dem Rehabilitanden erstellt. Unmittelbar nach der Durchführung der Belastungserprobung wird das Ergebnis vom
Bezugsarbeitstherapeuten ermittelt und schriftlich festgehalten.
Die Maßnahme dauert in der Regel zwei Wochen, wenn sie intern erfolgt, und vier bis sechs Wochen,
wenn sie extern durchgeführt wird.
102
Der Ablauf der Maßnahme ist in Abbildung 6.10 zusammenfassend dargestellt.
Abb. 6.10:
Maßnahme „Belastungserprobung“ in der Klinik Schloss Falkenhof, Bensheim
103
Zielgruppe. Die Indikation für die Durchführung einer Belastungserprobung besteht in der Regel bei
laufendem Rentenantrag, bei Langzeitarbeitslosigkeit (länger als ein Jahr), bei der Notwendigkeit
einer beruflichen Neuorientierung (externes Praktikum) oder zur Verbesserung der Diagnostik bei
körperlichen, kognitiven oder psychischen Einschränkungen. Außerdem kann eine Belastungserprobung auch durchgeführt werden im Sinne einer Strukturhilfe, z. B. bei Rehabilitanden mit Drogenproblemen, hinsichtlich psychischer Belastbarkeit, Ausdauer, Motivation, Frustrationstoleranztraining. Die Maßnahme wird nicht durchgeführt bei berenteten Rehabilitanden sowie bei fehlender
Motivation auf Seiten der Rehabilitanden.
Beteiligte Berufsgruppen und Ausstattung. Arzt, Psychologe, Sozialarbeiter/Sozialpädagoge,
Ergotherapeut. Benötigte Ausstattung: Modellarbeitsplätze (z. B. Schreinerei, Gärtnerei).
Ansprechpartner Daniel Ulbricht (Leitender Arbeitstherapeut)
Klinik Schloss Falkenhof, Fachklinik für Abhängigkeitserkrankungen
Nibelungenstraße 109
64625 Bensheim
falkenhof@caritas-bergstrasse.de
104
Spezifische Erprobung
Fachklinik Herzogenaurach, Herzogenaurach
Orthopädie, Neurologie, Kardiologie
Ziele. Im Rahmen der Maßnahme (Modellstatus) wird versucht, die neuropsychologische Belastungsdiagnostik mit einer realitätsnäheren berufsbezogenen Erprobung zu verzahnen, um die Vorteile beider Ansätze zu kombinieren. Die berufsbezogene Erprobung kommt durch Vernetzung mit
externen berufsfördernden Einrichtungen bzw. Kooperationspartnern zustande.
Inhalte und Ablauf. Der Kooperationspartner (BFW Nürnberg) ist Auftragnehmer der Fachklinik
Herzogenaurach; er wird vom ärztlich-therapeutischen Team mit konkreten Fragestellungen und
Aufgaben dann eingeschaltet, wenn das Team dies zur Absicherung der Rehabilitationsprognose oder
zur Förderung der Problemeinsicht des Rehabilitanden für sinnvoll hält.
Die zuständigen Ärzte erstellen ein vorläufiges positives und negatives Leistungsbild, das von der
Reha-Beratung zusammen mit einem beruflichen Anforderungs-/Tätigkeitsprofil (vgl. Abbildung 6.11)
und der schriftlichen konkreten Fragestellung (vgl. Abbildung 6.12) dem Auftragnehmer zugeleitet
wird. Dieser setzt kurzfristig eine geeignete Erprobungsmaßnahme um und gibt schriftliches Feedback (vgl. Abbildung 6.13) über das Ergebnis der Erprobung.
105
Abb. 6.11a:
Dokumentation des Anforderungs-/Fähigkeitsprofils (Seite 1)
106
Abb. 6.11b:
Dokumentation des Anforderungs-/Fähigkeitsprofils (Seite 2)
107
Abb. 6.12:
Formular zur Anfrage beim Berufsförderungswerk
108
Abb. 6.13:
Formular mit Erprobungsergebnis
Kooperationsmodell mit dem Berufsförderungswerk Nürnberg
Zielgruppen: Arbeitnehmer mit im BFW direkt abbildbaren Arbeitsplätzen, schwerpunktmäßig
aus dem gewerblichen und kaufmännisch-verwaltenden Bereich
Schnittstellen: Sozialdienst (in Rehabilitationsklinik); Case Manager (in Berufsförderungswerk)
Erprobungsstrukturen: Werkstätten und Arbeitsplätze aus dem Ausbildungsangebot des BFW,
zusätzlich Arbeitsplätze aus der Infrastruktur des BFW
Beurteiler vor Ort: Fachbezogene Ausbilder, psychologischer Dienst, ärztlicher Dienst, Sozialdienst
109
Die Maßnahme wird im Rahmen der Rehabilitation einmal durchgeführt und umfasst bis zu fünf
Tage, mindestens aber einen Tag.
Der Ablauf der Maßnahme ist in Abbildung 6.14 zusammenfassend dargestellt.
Abb. 6.14:
Maßnahme „Spezifische Erprobung“ in der Fachklinik Herzogenaurach
110
Zielgruppe. Die Maßnahme ist für Rehabilitanden aller medizinischen Indikationsgebiete der Klinik
(Orthopädie, Neurologie, Kardiologie) und aller Kostenträger möglich, wenn berufsfördernde Maßnahmen in Betracht kommen. Sie wird nicht durchgeführt bei einem Alter ab 60 Jahren, bei gestelltem Rentenantrag oder bei bereits berenteten Rehabilitanden und bei fehlender Motivation auf Seiten der Rehabilitanden.
Beteiligte Berufsgruppen und Ausstattung. Arzt, Psychologe, Sozialarbeiter/Sozialpädagoge,
Kooperationspartner und -strukturen.
Ansprechpartner Dr. Hartwig Kulke (Dipl.-Psychologe, Psychologischer Psychotherapeut)
m&i Fachklinik Herzogenaurach
Abteilung Neuropsychologie
In der Reuth 1
91074 Herzogenaurach
hartwig.kulke@fachklinik-herzogenaurach.de
www.fachklinik-herzogenaurach.de
111
Therapeutische Belastungserprobung
Klinik Roseneck, Prien am Chiemsee
Psychosomatik
Ziele. Es handelt sich um ein therapeutisch angeleitetes externes Berufspraktikum zur diagnostischen Überprüfung der beruflichen Leistungsfähigkeit sowie der Erprobung therapeutischer Maßnahmen (z. B. Angstexposition).
Inhalte und Ablauf. Teilnahme an einem externen Berufspraktikum in einem Kooperationsbetrieb.
Dafür wurden über den Sozialdienst Kontakte zu zahlreichen Arbeitgebern in der Umgebung aufgebaut, so dass ein breites Spektrum unterschiedlicher Arbeitsbereiche zur Verfügung steht, das von
einfachen, ungelernten Tätigkeiten über Berufe im Handwerk, im Büro oder dem Gesundheitswesen,
Umweltschutz und im ökologischen Bereich bis hin zu hochqualifizierten Tätigkeiten reicht. Das Berufspraktikum wird engmaschig therapeutisch begleitet. Die von den Rehabilitanden im Laufe der
Belastungserprobung gemachten Erfahrungen werden in der parallel durchgeführten Einzeltherapie
reflektiert, die eingangs besprochenen Therapieziele rekapituliert, Zwischenbilanzen gezogen und
neue Zwischenziele vereinbart. Die Maßnahme endet mit einer Abschlussbilanz.
Die Maßnahme wird wie folgt durchgeführt:
Indikationsstellung durch den Bezugstherapeuten, Diskussion im Team, Abklärung der prinzipiellen Möglichkeiten mit dem Sozialtherapeuten
Klärendes Gespräch, in dem Ziele und Möglichkeiten der Belastungserprobung offen dargelegt
werden
Gespräch zwischen Rehabilitand und Sozialtherapeut: Wünsche des Rehabilitanden und Möglichkeiten auf dem örtlichen Arbeitsmarkt werden abgeglichen (Kompromiss)
Klärung der praktischen Möglichkeiten/Rahmenbedingungen zwischen Sozialtherapeut und
potentiellem Arbeitgeber (Arbeitszeiten, Integration am Arbeitsplatz, Dienstgeheimnisse)
Vorgespräch des Rehabilitanden beim Arbeitgeber (wenn erforderlich in Begleitung des Sozialtherapeuten, evtl. als Training für zukünftige Bewerbungsgespräche)
Beginn der Belastungserprobung
Begleitende Gespräche zwischen Bezugstherapeut, Rehabilitand und Sozialtherapeut und Arbeitgeber/Vorgesetzten: Aufarbeitung von aktuell auftretenden Schwierigkeiten, Verhaltensdefiziten, falschen/unrealistischen Erwartungen und anderes; Zwischenbilanz und neue Zwi112
schenziele
Abschlussbilanz: Erfolge, offene und gelöste Probleme werden festgehalten und eventuell indizierte weiterführende sozialtherapeutische Maßnahmen eingeleitet
Zielgröße hinsichtlich des zeitlichen Umfangs der Maßnahme: vier Wochen mit vier Stunden/Tag.
Der Ablauf der Maßnahme ist in Abbildung 6.15 zusammenfassend dargestellt.
Abb. 6.15:
Maßnahme „Therapeutische Belastungserprobung“ in der Klinik Roseneck, Prien
113
Zielgruppe. Die Maßnahme richtet sich an Rehabilitanden mit psychosomatischer Erkrankung mit
erheblichen Problemen im Bereich Arbeit und Beruf. Sie wird nicht durchgeführt bei berenteten Rehabilitanden sowie bei Rehabilitanden mit deutlichem Rentenbegehren bzw. laufendem Rentenverfahren, bei fehlender Motivation auf Seiten der Rehabilitanden, bei Vorliegen akuter Psychosen,
Schmerzen oder die Durchführung der BE ausschließender körperlicher Erkrankungen sowie bei Rehabilitanden ab ca. 60 Jahren.
Beteiligte Berufsgruppen und Ausstattung. Arzt, Psychologe, Sozialarbeiter/Sozialpädagoge.
Kooperationsnetzwerk mit zahlreichen Arbeitgebern im Einzugsbereich der Klinik.
Literatur
Hillert, A., Cuntz, U., Heldwein, C., Froben, B. & Fichter, M. (1998). Die berufliche Belastungserprobung im Rahmen klinisch-stationärer Verhaltenstherapie: Praktische Durchführung, soziodemographische und psychologische Charakteristika der Patienten als Verlaufsprädiktoren.
Praxis Klinische Verhaltensmedizin und Rehabilitation, 42, 28-34.
Hillert, A., Staedtke, D. & Cuntz, U. (2002). Berufliche Belastungserprobung
als integrierter Bestandteil der verhaltenstherapeutisch-psychosomatischen Rehabilitation: Theoretische Konzepte, real existierende Patienten und multiple Schnittstellen. Praxis Klinische Verhaltensmedizin
und Rehabilitation, 15, 94-100.
Hillert, A., Staedtke, D., Koch, S. & Cuntz, U. (2004). Wie leistungsfähig sind
psychosomatische Patienten im Beruf? Selbst- und Fremdeinschätzung
von Patienten und Vorgesetzten im Vergleich – Ergebnisse einer kontrollierten Evaluation der Beruflichen Belastungserprobung (BE) in der
psychosomatischen Rehabilitation. DRV-Schriften, 52, 228-230.
Staedtke, D. (2009). Evaluation der beruflichen Belastungserprobung in der
stationären Psychotherapie. Peter Lang Verlag, Bern Berlin Europäische Hochschulschriften. Reihe 6: Psychologie, Vol. 753.
Ansprechpartner
Prof. Dr. Dr. Andreas Hillert
Klinik Roseneck
Am Roseneck 6
83209 Prien
ahillert@schoen-kliniken.de
www.schoen-kliniken.de/ptp/kkh/ros/klinik/
114
Interne Belastungserprobung (diagnostischer Schwerpunkt)
Asklepios Fachklinikum Wiesen, Wildenfels
Abhängigkeitserkrankungen
Ziele. Ziel der Maßnahme ist das Testen der Grundarbeitsfähigkeit.
Inhalte und Ablauf. Die Belastungserprobungen bestehen im Wesentlichen aus einem theoretischen und einem praktischen Teil.
Für den theoretischen Teil stehen Aufgabenblätter aus verschiedenen Berufszweigen (z. B. kaufmännisch, bürotechnisch, finanztechnisch oder lagerwirtschaftlich) zur Verfügung. Es besteht auch die
Möglichkeit, berufsspezifische Anforderungen (Elektriker, Maurer, Schlosser, Tischler) mit theoretischen Aufgabenstellungen zu prüfen. Die Auswertung erfolgt über standardisierte Antwortbögen.
Der zeitliche Umfang ist variabel gestaltbar (üblich ist ca. eine Stunde).
Der praktische Teil ist auf die Austestung von Grundarbeitsfähigkeiten ausgerichtet. Hier ist nur allgemein eine Unterteilung in handwerkliche bzw. bürotechnische Berufe möglich. Typische Arbeitsaufgaben können nur partiell simuliert werden. Für die praktischen Tätigkeiten stehen ein Holzarbeitsbereich und im Büro der Ergotherapie ein Computer zur Verfügung. Außer in den Wintermonaten steht auch ein größeres Außengelände für gärtnerische und landschaftsgestalterische Arbeiten
zur Verfügung (Pflegearbeiten, Transportarbeiten, Wartungsarbeiten).
Die Rehabilitanden werden im Rahmen der Ergotherapie auf die Belastungserprobung vorbereitet
(konditionell, inhaltlich und kognitiv). Berufsanamnese, vorbereitende Tests und Ähnliches wurden
im Vorfeld durchgeführt. Alle Rehabilitanden erstellen vor der Belastungserprobung eine Arbeitsplatzbeschreibung für den von ihnen zuletzt durchgeführten Arbeitsinhalt der versicherungspflichtigen Tätigkeit. Im Bedarfsfall ist im Vorfeld ein Belastungs-EKG erforderlich. Nachdem die Indikation
zur Belastungserprobung gestellt wurde, erfolgt ein vorbereitendes Gespräch. Es werden Schwerpunkte der Erprobung festgelegt. Diese resultieren aus der Berufsanamnese, dem aktuellen Stand
der Vorbereitung hinsichtlich der Fähigkeiten und Fertigkeiten und dem zu erwartenden Ergebnis. So
ist dann auch eine Aussage zu treffen, wenn der angegebene Beruf nicht mehr geleistet werden
kann. Die Rehabilitanden werden darauf hingewiesen, dass sie sich immer an einen Ergotherapeuten
wenden können, um Hilfe zu erhalten, um den Belastungsgrad zu verändern oder auch um die Belastungserprobung vorzeitig zu beenden.
Allgemeiner Ablauf: Der Rehabilitand wird an einem Tag über eine Zeit von acht Stunden belastet.
Wenn notwendig, beginnt die Erprobung mit dem d2-Test (Dauer ca. 20 Minuten). Danach folgt der
theoretische Aufgabenteil (Dauer ca. eine Stunde), an den sich der praktische Teil anschließt. Im Regelfall ist es eine komplexe Arbeitsaufgabe, in die der Rehabilitand eingewiesen wird. Zum Teil stehen dafür Arbeiten an Kleinserien zur Verfügung, die dann im Rahmen der Arbeiten für das Haus
realisiert werden. Die praktische Arbeit kann im Belastungsgrad sowohl physisch wie auch mental
variiert werden. Nach jeweils zwei Arbeitsstunden erfolgt eine Pause. Typische Maschinenarbeit wird
115
nicht durchgeführt. Nach dem Test wird ein kurzes Auswertungsgespräch mit dem Rehabilitanden
durchgeführt. Der Ergotherapeut bespricht mit den Rehabilitanden seine Beobachtungen während
der Erprobung. Die Rehabilitanden geben ihre Eindrücke und Empfindungen in diesem Gespräch
wieder. Auf der Grundlage dieser Informationen formuliert der Ergotherapeut seinen Bericht und
leitet daraus seine Empfehlungen ab.
Zeitlicher Umfang: Üblich ist zunächst ein Tag (acht Stunden = ortsübliche tägliche Arbeitszeit).
Bei Bedarf ist die Belastungserprobung auch verkürzt oder über mehrere Tage möglich.
Der Ablauf der Maßnahme ist in Abbildung 6.16 zusammenfassend dargestellt.
Abb. 6.16:
Maßnahme „Interne Belastungserprobung“ im Asklepios Fachklinikum Wiesen,
Wildenfels
116
Zielgruppe. Die Maßnahme richtet sich an Rehabilitanden mit eingeschränkter Belastbarkeit für die
zuletzt ausgeübte Tätigkeit oder für den allgemeinen Arbeitsmarkt sowie an Rehabilitanden, die seit
längerer Zeit arbeitslos sind oder lange nicht in ihrem Ausbildungsberuf gearbeitet haben. Sie wird
nicht durchgeführt bei bestehender Rente bzw. Rentenantrag.
Beteiligte Berufsgruppen und Ausstattung. Arzt, Psychologe, Sozialarbeiter/Sozialpädagoge,
Ergotherapeut. Benötigte Ausstattung: Modellarbeitsplätze (z. B. Handwerk, Büro, Außengelände)
Ansprechpartner
Hendrik Moritz (Oberarzt)
Fachklinikum Wiesen GmbH
Kirchberger Strasse 2
08134 Wildenfels
h.moritz@asklepios.com
www.asklepios.com
117
118
6.2
Praxisbeispiele zur Kernmaßnahme „Arbeitstherapie/Arbeitsplatztraining”
Arbeitstherapie („Buchauer Modell“)
Rehabilitationsklinik Schloss Bad Buchau, Bad Buchau ………………………………………………………………….. 120
Arbeitsplatzspezifische Rehabilitation
ARC-Gruppe, Braunschweig, Chemnitz, Dresden, Leipzig, Magdeburg, Riesa, Wolfsburg, Zwickau .. 125
Arbeitsplatzbezogene Therapie (ABT)
REHA SÜD Freiburg, Zentrum für ambulante orthopädische Rehabilitation ……………………………………134
Arbeitsplatzanalyse
Therapiezentrum Koblenz [teilstationäre Rehabilitation] ……………………………..………………………………. 138
Berufsspezifisches Training
Therapiezentrum Koblenz [teilstationäre Rehabilitation] …………………………………..…………………………. 143
Arbeitsplatzbezogene Medizinische Trainingstherapie (AMTT)
Reha-Zentrum Schömberg, Klinik Schwarzwald, Schömberg …………………………………………………………. 148
Büroarbeitsplatztraining (BAP)
Reha-Zentrum Schömberg, Klinik Schwarzwald, Schömberg …………………………………………………………. 152
119
Arbeitstherapie („Buchauer MBOR Modell“)
Rehabilitationsklinik Schloss Bad Buchau, Bad Buchau
Psychosomatik, Neurologie
Ziele. Ziel der Arbeitstherapie ist es, konkrete Hilfestellung und Unterstützung zur Förderung der
Teilhabe am Arbeitsleben zu leisten. Arbeitstherapie fördert zudem die berufliche Motivation und die
realistische Selbsteinschätzung der arbeitsbezogenen und beruflichen Leistungsfähigkeit. Es handelt
sich um eine therapeutisch orientierte Maßnahme, die klinikintern in Form von Einzeltherapie durchgeführt wird. Sie ist in das Standardheilverfahren integriert.
Inhalte und Ablauf. Die Arbeitstherapie bietet die Möglichkeit, die motorische, kognitive und psychische Leistungsfähigkeit im Bereich der Grundarbeitsfähigkeit zu überprüfen und zu trainieren.
Hierfür stehen verschiedene Arbeitsbereiche zur Verfügung: Büro/EDV, Werkstatt (Holzwerkstatt und
CNC-gesteuerte Fräse), Hauswirtschaft und Küche sowie Lagerverwaltung. Ist eine Rückkehr in den
alten Betrieb nicht möglich oder besteht kein Arbeitsverhältnis mehr, können als Vorbereitung für
eine weitergehende berufliche Rehabilitation in der Arbeitstherapie persönliche Fähigkeiten und
Stärken, z. B. handwerkliches Geschick, Interesse und Motivation überprüft und mit beruflichen Anforderungsprofilen abgeglichen werden.
Handelt es sich insbesondere um Rehabilitanden mit motorisch-funktionellen Einschränkungen,
können in den klinikeigenen Werkstätten berufsbezogene Tätigkeiten überprüft und trainiert werden
mit dem Ziel der Funktionsverbesserung und realistischen Einschätzung verbliebener Defizite. Ist eine
Rückkehr in den Betrieb nicht möglich oder besteht kein Arbeitsverhältnis mehr, wird in der Regel
eine umfangreiche neuropsychologische Untersuchung durchgeführt, um die kognitiven Voraussetzungen für mögliche umfangreiche Qualifizierungsmaßnahmen zu überprüfen. Ergeben sich in der
Arbeitstherapie Zweifel an der Belastbarkeit, kann die Arbeitstherapie ergänzt werden durch eine
Belastungserprobung.
Die arbeitstherapeutischen Termine werden individuell geplant. Am Beginn steht eine ausführliche
arbeitstherapeutische Anamneseerhebung, aus der sich dann das Behandlungsprogramm ergibt. Die
Arbeitstherapie ist als Einzeltherapie konzipiert und wird von Arbeitstherapeuten in den Werkstätten
der Klinik durchgeführt. Zusätzlich zu den diagnostischen und therapeutischen Terminen mit dem
Arbeitstherapeuten haben die Rehabilitanden die Möglichkeit, eigenständig in dem Bereich zu üben,
dem sie zugeteilt sind. Für die Arbeitstherapie stehen in der Rehabilitationsklinik Schloss Bad Buchau
folgende Arbeitsbereiche zur Verfügung:
120
Bürobereich/EDV
4 PC-Arbeitsplätze:
Es werden Kenntnisse vermittelt in Windows XP, Office 2003,
Internet (Einführung, Anwendungen), Microsoft Front Page,
Macromedia Flash 5 (Anwendung, Programmierung), Grafikprogrammen (Einführung) und Open Office. Zum Überprüfen
und Trainieren im Bereich der kognitiven Grundarbeitsfähigkeit
wird Cogpack® eingesetzt.
Werkstatt
3 Werkbankarbeitsplätze
3 Maschinenarbeitsplätze
(Dekupiersäge, Bandsäge, Ständerbohrmaschine)
CNC-Fräse für Metall, Kunststoff und Holz
3D-CAD-Konstruktion
Hauswirtschaftsbereich
2 Arbeitsplätze an Nähmaschinen
2 Arbeitsplätze für Stoffzuschnitt
1 Arbeitsplatz für Bügelarbeiten
Küchenbereich
2 Arbeitsplätze im Küchenbereich
Lagerverwaltung
Der Bereich Lagerverwaltung übernimmt die Versorgung der
anderen Bereiche mit den notwendigen Arbeitsmaterialien.
121
Die Gesamtzahl und Häufigkeit der Therapieeinheiten orientiert sich an der individuellen Situation
des Rehabilitanden. In der Regel wird die Arbeitstherapie zwischen drei und fünf Stunden pro Woche
eingesetzt. Im Normalfall finden einstündige arbeitstherapeutische Behandlungen parallel zum übrigen therapeutischen Programm der Rehabilitanden statt.
Der Ablauf der Maßnahme ist in Abbildung 6.17 zusammenfassend dargestellt.
Abb. 6.17:
Maßnahme „Arbeitstherapie, Buchauer MBOR Modell“ in der Rehabilitationsklinik
Schloss Bad Buchau
Zielgruppe. Die Maßnahme richtet sich zum einen an Rehabilitanden, die einen Arbeitsplatz haben
und denen durch die Arbeitstherapie geholfen werden soll, wieder an ihren konkreten Arbeitsplatz
zurückzukehren. Zeichnetet sich auf der Ebene der Körperfunktionen keine Funktionsverbesserung
ab, so werden auf der Ebene der Umweltfaktoren mit den Rehabilitanden Kompensationsmöglichkeiten im Sinne von arbeitsbezogenen Hilfsmitteln oder Möglichkeiten der Arbeitplatzadaption erarbeitet und praktisch erprobt.
122
Beispiel:
Rehabilitand mit einem PC-Arbeitsplatz und neu aufgetretener Armlähmung wird auf einhändige Bedienung des PC trainiert oder wird in die Anwendung von Spracherkennungssoftware eingeführt.
Zum anderen werden Rehabilitanden einbezogen, die einen Arbeitsplatz haben, diesen aber krankheitsbedingt nicht mehr ausüben können und denen in der Arbeitstherapie geholfen wird, sich für
eine andere Tätigkeit in ihrem Betrieb zu qualifizieren. Hier bietet Arbeitstherapie die Möglichkeit
erste Qualifikationen für eine andere Tätigkeit zu erwerben.
Beispiel:
Einführung in die Lagerverwaltung, Einführung in die CAD-Programmierung, Einführung in die 3-DKonstruktion/Technisches Zeichnen.
Die Maßnahme richtet sich darüber hinaus an Rehabilitanden mit Arbeitsplatz, die Schwierigkeiten
bei der Ausübung ihrer Tätigkeit haben und bei denen durch arbeitsbezogene Aktivitäten eine Verbesserung der relevanten Körperfunktionen und somit der Leistungsfähigkeit für diesen Arbeitsplatz
zu erwarten ist.
Beispiele:
Spezielles Arbeitsplatztraining zur Verbesserung der motorisch-funktionellen Körperfunktionen durch
das Training arbeitsüblicher Bewegungsabläufe (z. B. im Hinblick auf körperliche Belastbarkeit, Feinmotorik, Geschicklichkeit.
Ergonomie am Arbeitsplatz, Vermitteln und Trainieren der wichtigsten ergonomischen Regeln am
Arbeitsplatz wie z. B. richtiges Heben und Tragen, Arbeitsplatzgestaltung und Umgebungseinflüsse.
Eine weitere Zielgruppe sind Rehabilitanden ohne Arbeitsplatz.
Die Maßnahme wird auch dann durchgeführt, wenn die Rückkehr an den bisherigen Arbeitsplatz
nicht möglich ist. Hier stehen die personbezogenen Faktoren im Fokus der Arbeitstherapie. Persönliche Fähigkeiten, Fertigkeiten und Stärken werden mithilfe standardisierter arbeitsbezogener Aktivitäten erfasst. Das ermittelte Fähigkeitsprofil wird mit beruflichen Anforderungen verglichen und
kann als Unterstützung bei einer beruflichen Neu- oder Umorientierung oder im Hinblick auf eine
weitergehende berufliche Rehabilitation eingesetzt werden. Individuelle Maßnahmen wie Bewerbungstraining und Stellenrecherchen können als Hilfen und Unterstützung zur Teilhabe am Arbeitsleben erfolgen.
Beteiligte Berufsgruppen und Ausstattung. Ergotherapeut/Arbeitstherapeut. Benötigte Ausstattung: Grundausstattung Assessment „Buchauer MBOR Modell“ und Modellarbeitsplätze.
123
Ansprechpartner
PD Dr. med. habil. G. Müller (Chefarzt der Psychosomatik)
Schlossklinik Bad Buchau
Schlossplatz 2
88422 Bad Buchau
g.mueller@schlossklinik-buchau.de
Markus Dietz (Ergotherapeut)
Arbeitstherapie
Schlossplatz 2
88422 Bad Buchau
dietz@schlossklinik-buchau.de
124
Arbeitsplatzspezifische Rehabilitation
ARC-Gruppe, Braunschweig, Chemnitz, Dresden, Leipzig, Magdeburg, Riesa,
Wolfsburg, Zwickau
indikationsübergreifend
Ziele. Die ARC-Gruppe beschäftigt sich seit mehr als 10 Jahren mit der Ausrichtung der Rehabilitation
auf die Anforderungen des Erwerbslebens. Dabei spielt das von Susan Isernhagen (Kaiser et al. 2000)
entwickelte EFL-Verfahren eine zentrale Rolle.
Auf der Grundlage des EFL-Tests wurde nach und nach ein Konzept entwickelt, mit dem Anforderungsprofil und Fähigkeitsprofil der Rehabilitanden systematisch erfasst werden können. Der Profilvergleich ermöglicht eine zielgenaue arbeitsplatzbezogene Therapie. Entsprechende Therapieformen
wurden entwickelt, um Versicherte bei Problemen im beruflichen Umfeld gezielt zu rehabilitieren
und damit die Erwerbsfähigkeit langfristig zu sichern bzw. um eine Reintegration in das Erwerbsleben
zu ermöglichen. Dieses System der Arbeitsplatzspezifischen Rehabilitation wurde im mehrjährigen
Verlauf von der ARC-Gruppe mit den Ambulanten Reha Centren in Braunschweig, Wolfsburg, Magdeburg, Dresden, Zwickau und Riesa für Rehabilitanden mit muskuloskelettalen Erkrankungen konzipiert.
Folgende Einzelziele werden mit dem System verfolgt:
Schaffung einer nachhaltigen beruflichen (Re-)Integration bei Vorliegen von besonderen beruflichen Problemlagen (BBPL)
Erweiterung von Reha-Diagnostik und Therapie um berufsbezogene Kernmaßnahmen
intensivierte Ausrichtung der Module auf beruflich relevante personale Ressourcen
Aufhebung der Diskrepanz zwischen gemindertem Leistungsvermögen und arbeitsplatzbezogenen
Anforderungen im bisherigen Beruf
Festigung und Ausbau der Vernetzung mit Arbeitsmedizinern und Betriebsräten der einzelnen
Unternehmen
125
Inhalte und Ablauf. Das System umfasst:
die Erfassung des Anforderungsprofils durch die Funktionelle Jobanalyse
die gemeinsame Zielerarbeitung durch SMART
die Bestimmung des Fähigkeitsprofils durch den EFL-Screening-Test
die Leistungsbeurteilung und den Profilvergleich
Arbeitsplatzbezogene Therapieformen: Arbeitsplatzbezogene Medizinische Trainingstherapie
(AMTT) und
EFL-Screening-Training
Zusätzlich wird die individuelle Leistungsfähigkeit zum Ende einer jeden Rehabilitationsmaßnahme
bestimmt und ein erneuter Profilvergleich erstellt. Dieser zweite EFL-Screening-Test am Ende der
Rehabilitationsmaßnahme fließt in die ärztliche bzw. sozialmedizinische Leistungsbeurteilung mit ein
und gibt somit wichtige Informationen für das positive und negative Leistungsvermögen im Rahmen
des sozialmedizinischen Entlassungsberichts.
Erfassung des Anforderungsprofils durch die Funktionelle Jobanalyse
Mit der Funktionellen Jobanalyse werden Informationen bezüglich des Arbeitsplatzes des
Rehabilitanden zusammengestellt. Detaillierte Arbeitsplatzbeschreibungen durch den zuständigen
Arbeitsmediziner und / oder den Versicherten dienen der Erfassung beruflicher Anforderungen. In
der speziellen Datenbank „Kritische Arbeitsanforderungen“ der ARC-Gruppe wurden in den
vergangenen Jahren mehrere Hundert konkrete Arbeitsplatzbeschreibungen archiviert und
ausgewertet.
Aufgeführt werden unter anderem:
die Intensität der Belastungen in Kilogramm
die Zeit- und Taktbindung
die Größe, Handlichkeit und Positionierung der am Arbeitsplatz zu benutzenden Gewichte
die Arbeitshaltungen (z. B. Zwangshaltungen)
erschwerende Faktoren wie Schutzkleidung, Arbeitshandschuhe, schwere Arbeitsgeräte und
Witterungseinflüsse
der Einsatz von Hilfsmitteln wie Sackkarre oder Tragegurte.
Die Ergebnisse fließen als Grundlage (Charakteristik der arbeitsplatzspezifischen Anforderungen) in
die gemeinsame Zielerarbeitung und später in den EFL-Screening-Test ein und werden auf dem
Erfassungsbogen „Funktionelle Jobanalyse – SMART – EFL-Screening-Test“ dokumentiert.
126
Die Funktionelle Jobanalyse am Beispiel des Berufes „Dachdecker“:
Aufgabengebiet unter anderem:
Verlegen von Ziegeln, Schieferplatten, Holzschindeln, Betondachsteinen
Versetzen von Dachfenstern, Erstellen von Wärmedämmschichten
Fassadenisolierung, Auftrag von Dichtungsbelag, Reparatur von undichten Dächern
Verlegen von Dachfolien, Verschweißen von Bitumenbahnen vor allem bei Flachdächern und
Giebeldächern mit geringer Dachneigung
Aufbringen von Isolieranstrich, Bitumenanstrich und Dickanstrich als Feuchtigkeitssperre im
Bodenbereich und Dachaufbau
Aufstellen von Arbeitsgeräten und Gerüstbauteilen, z. B. Liftanlage für Dachziegel
Materialtransport über Gerüste, Leitern und Treppenhäuser.
Belastende Tätigkeiten sind i. d. R.:
hohe Belastung der Wirbelsäule durch Heben und Tragen von schweren Lasten beim Materialtransport und beim Anbringen des Dachbelages (zeitweise bis zu 30 kg auf Leitern und Gerüsten)
überwiegend Arbeit im Knien und Hocken oder in vorgebeugter Haltung (Flachdach, Bodenbeläge)
überwiegend Arbeit in seitwärts geneigter und verdrehter Haltung bei Ziegelbedeckung
überwiegend hohe Belastung von Händen und Armen durch hohe Anzahl an Wiederholungen
überwiegend hohe Belastung des Schultergürtel- und Nackenbereiches durch repetitives Hantieren von Lasten (Dachziegel, Schieferplatten) in körperfernen Ausführungsbedingungen
überwiegend hohe statische Belastungen des Schultergürtel- und Nackenbereiches durch statische Beanspruchung bei lang anhaltenden Tätigkeiten (Schweißbahnen verschweißen)
überdurchschnittliche Anforderungen an die Koordination bei lang andauernder Tätigkeit (auf
Leitern)
Absturzgefahr durch Arbeit auf Leitern, Gerüsten und Dächern
Einwirkungen von Kälte, Nässe, Zugluft und Hitze durch Arbeit im Freien.
Gemeinsame Zielerarbeitung durch SMART
Im Rahmen einer gemeinsamen Zielerarbeitung mit den Rehabilitanden (Erarbeitung von
Aktivitätszielen) anhand des SMART-Bogens wird der Versicherte gebeten, möglichst fünf für ihn
relevante Aktivitäten des beruflichen Alltags aufzulisten, bei denen er sich eingeschränkt fühlt. Diese
soll er nach Wichtigkeit und aktueller Ausführbarkeit bewerten. Hinsichtlich der Kriterien spezifisch –
messbar – akzeptabel - realistisch - terminiert (SMART) stimmen Rehabilitand und Therapeut unter
besonderer Berücksichtigung der beruflichen Perspektive die wichtigsten Ziele ab und halten diese
schriftlich fest. Die Unterschrift des Rehabilitanden bestätigt die konkrete Zielvereinbarung. In der
Regel besteht das Globalziel für Rehabilitand und Reha-Team darin, die Leistungsfähigkeit für den
bisherigen Arbeitsplatz wieder herzustellen. In enger Zusammenarbeit zwischen Versichertem und
Reha-Team werden individuell erreichbare und messbare Etappenziele formuliert, die in der Therapie
die aktive Mitarbeit des Rehabilitanden begünstigen und seine persönliche Kompetenz im
127
Rehabilitationsprozess
fördern.
Die
Etappenziele
werden
entsprechend
des
aktuellen
Leistungsniveaus festgelegt und das Erreichen wöchentlich überprüft. Die Anforderungen werden in
Abhängigkeit von den Beobachtungen des trainingsleitenden Therapeuten und den subjektiv empfundenen Beanspruchungen des Rehabilitanden (Borg-Skala) stetig erhöht. Die festgelegten
Wochenziele für das Kraft- und Ausdauertraining sowie für die arbeitsplatzbezogene Therapie
müssen einerseits das Erreichen des Globalzieles ermöglichen, andererseits aber auch in der
jeweiligen Woche für den Versicherten erreichbar sein. Das Erreichen der Etappenziele begünstigt
erfahrungsgemäß die Festigung des Kompetenzgefühls.
Bestimmung des Fähigkeitsprofils durch den EFL-Screening-Test
Beim EFL-Test nach Isernhagen absolviert der Proband 29 Einzeltests, verteilt auf 2 aufeinander folgende Tage. Der vollständige EFL-Test nach Isernhagen erscheint jedoch im Rahmen von Leistungen
der medizinischen Rehabilitation als zu aufwändig. Daher wurde von dem damaligen leitenden Medizinaldirektor der DRV Braunschweig-Hannover, Dr. med. Wilhelm Moesch, dem Chefarzt der Therapiezentren Brunswiek / Friedrichshöhe, Dr. med. Detlev Kasprowski, sowie von Albrecht Jacobs,
Gerhard Schnalke und Heiko Wehe (alle ARC-Gruppe) der EFL-Screening-Test entwickelt.
Innerhalb dieses Screening-Tests werden fünf bis sieben wesentliche Anforderungen des Arbeitsplatzes bestimmt und anschließend in arbeitsplatzbezogene Testsituationen umgesetzt. Der Test ist
auf eine Stunde begrenzt und gibt Auskunft über die momentane funktionelle Leistungsfähigkeit bezogen auf indikationsbezogene Fragestellungen und bildet eine sehr gute Grundlage für ein arbeitsplatzbezogenes Trainingsprogramm. Grundsätzlich setzen sich die Testelemente aus drei bis fünf
Basistätigkeiten und zwei bis vier arbeitsplatzspezifischen Tätigkeiten zusammen. Der EFL-ScreeningTest wird in der ARC-Gruppe von speziell geschulten Physiotherapeuten, Ergotherapeuten und Diplom-Sportlehrern in enger Zusammenarbeit mit dem Ärzteteam durchgeführt.
Testelemente des EFL–Screening-Tests am Beispiel Dachdecker:
typische Basistätigkeiten eines Dachdeckers:
Heben
Tragen
Arbeit über Kopfhöhe
Beispiele für arbeitsplatzspezifische Tätigkeit eines Dachdeckers:
Gehen auf schmalen Trittflächen mit Gewichten
Treppe / Leiter steigen mit Gewichten
Montage im Knien
128
Beispielfotos des EFL-Screening-Testes:
Arbeiten über Kopfhöhe
Tragen einhändig
Heben Boden-Taillenhöhe
Leistungsbeurteilung und Profilvergleich
Das Rehabilitations-Team führt nun unter fachärztlicher Leitung einen Abgleich der ermittelten Anforderungs- und Fähigkeitsprofile durch. Dabei wird ein differenziertes Profil des Versicherten entsprechend dem individuellen positiven und negativen Leistungsvermögens erhoben und ein individueller Therapieplan unter Berücksichtigung der weiteren rehabilitativen Möglichkeiten erstellt. Rehabilitandenspezifisch werden Therapieschwerpunkte mit Hinblick auf das arbeitsplatzspezifische
Anforderungsprofil bestimmt, entsprechende therapeutische Maßnahmen festgelegt sowie eine
Prognose und Zielsetzung für den Rehabilitationsverlauf festgelegt.
Arbeitsplatzbezogene Therapieformen
Die arbeitsplatzbezogene Therapie ermöglicht das gezielte Training von Arbeitsabläufen aus der
Berufswelt der Rehabilitanden. Hierzu zählen die folgenden Therapieformen:
Arbeitsplatzbezogene Medizinische Trainingstherapie (AMTT):
Wesentliche Zielsetzungen nach Verletzungen des Stütz- und Bewegungsapparates sind die
Wiederherstellung der funktionellen Stabilität bei physiologischer Beweglichkeit und das
Wiedererlangen und Stabilisieren von vielfältigen Fähigkeiten sowie die Entwicklung einer
individuellen Handlungskompetenz. Die AMTT ist streng an den Anforderungen des Arbeitsplatzes
orientiert. Das bedeutet, dass in der AMTT Ausgangsstellungen, Bewegungsmuster und
Belastungsmuster geschult werden, die vergleichbar mit den Belastungssituationen des jeweiligen
Arbeitsplatzes sind. Somit ist die Zielsetzung der AMTT die Verbesserung der speziell bei der
Ausübung einer bestimmten beruflichen Tätigkeit benötigten motorischen Eigenschaften. Auf Grund
dieser Zielsetzung werden auch bei gleichem Krankheitsbild, jedoch verschiedenen Anforderungen
im Beruf unterschiedliche Trainingsschwerpunkte bestimmt. Die AMTT wird in der ARC-Gruppe von
speziell geschulten Diplom-Sportlehrern und Physiotherapeuten durchgeführt. Der Trainingsplan
wird unter Zuhilfenahme einer Trainingssoftware individuell erstellt und dokumentiert.
129
Die folgenden Beispiele stellen die konkrete Arbeitstätigkeit des Dachdeckers auf der Baustelle und
die entsprechende Übung der AMTT gegenüber:
Ziehen am Seilzug mit Oberkörpervorneigung über 60° mit folgenden Varianten:
Oberkörper statisch und Arme dynamisch
Oberkörper dynamisch durch Aufrichtung und Arme dynamisch
Oberkörper dynamisch und Arme statisch
Armtraining am Seilzug mit folgenden Varianten:
- dynamisch
- Maximalkrafttraining mit statischen Komponenten
130
EFL-Screening-Training:
Das EFL-Screening-Training übernimmt die Aufgabe des elementaren funktionellen Trainingsteils.
Das Training eröffnet den Rehabilitanden die Chance, Abläufe und Tätigkeiten der Arbeit unter therapeutischer Begutachtung und ohne den Leistungsdruck des Betriebes einzuüben. Defizite können
gezielt und Schritt für Schritt angegangen werden. Vor der Rückkehr in den Betrieb können Beschäftigte ihre Ängste vor den Anforderungen und Belastungen des Arbeitsplatzes abbauen.
Basis für die Ausgestaltung des Trainings sind die Ergebnisse der Leistungsbeurteilung des EFL-Screening-Tests (s. o.). Entsprechend der Analyse der arbeitsbezogenen Defizite werden für das Training
geeignete Arbeitssituationen ausgewählt. Vorhandene Ressourcen werden durch Anpassung und
Ergonomisierung von vorhandenen Bewegungsmustern erweitert.
Mit standardisierten Arbeitsstationen kann ein wichtiger Teil der zu trainierenden Arbeitsanforderungen abgedeckt werden. Die Stationen sind so konstruiert, dass Tätigkeiten im Sitzen bzw. im Stehen, über Schulterhöhe, in vorgeneigter Rumpfhaltung und Zwangshaltungen sowie die Arbeitsdauer
und Konzentration optimal trainiert werden können. Jeder Beschäftigte bekommt vom Therapeuten
für jede Station eine eindeutig formulierte Aufgabenstellung, die er in vorgegebener Zeit zu absolvieren hat. Der Therapeut definiert die zu trainierende Funktion sowie statische und dynamische Belastungsparameter. Gebräuchliche Messeinheiten sind neben der Arbeitsdauer das Arbeitstempo sowie
die Fehlerquote.
Das EFL-Screening-Training wird in der ARC-Gruppe von speziell geschulten Physiotherapeuten, Ergotherapeuten und Diplom-Sportlehrern durchgeführt. Es erfolgt je nach Bedarfslage individuell oder
in der Gruppe. Auch hier wird der Trainingsplan individuell erstellt und dokumentiert.
131
Der Ablauf der Maßnahme ist in Abbildung 6.18 zusammenfassend dargestellt.
Abb. 6.18:
Arbeitsspezifische Rehabilitation der ARC-Gruppe
132
Zielgruppe. Das System mit Profilerhebung, gemeinsamer Zielerarbeitung, Profilvergleich und arbeitsplatzbezogener Therapie ist geeignet für Rehabilitanden mit besonderen beruflichen Problemlagen bei muskuloskelettalen Erkrankungen. Es ist prinzipiell für alle Berufsgruppen und auch für andere Indikationsbereiche geeignet.
Beteiligte Berufsgruppen. Fachärzte für Orthopädie, Diplom-Sportlehrer, Physiotherapeuten und
Ergotherapeuten mit abgeschlossener EFL-Fortbildung und Spezialschulungen im Bereich von arbeitsplatzbezogenen Screenings und Therapieformen (ABT Module I und II). Eine zweijährige Berufserfahrung der Therapeuten in der Rehabilitation ist Voraussetzung für die Teilnahme an der EFL-Fortbildung.
Ausstattung. Für die Durchführung des EFL-Screening-Testes und des EFL-Screening-Trainings wird
in der Regel ein spezifischer Raum mit einer Größe von 60 m² benötigt. Als Instrumente werden unter
anderem höhenverstellbare Regalsysteme für die Hebetests, ein höhenverstellbarer Tisch, Kisten für
ein- und beidhändiges Tragen, Gewichte für insgesamt 50 bis 60 kg (Sandsäcke, Bleisäcke, Gewichtsscheiben) mit den Abstufungen 2,5 kg - 5 kg - 10 kg, Vorrichtungen für Überkopfarbeit, Kraftmesser
für statisches Ziehen und Schieben / Drücken, Schlitten für dynamisches Ziehen und Schieben /
Drücken, Handkraftmesser, eine sichere Aufstellleiter, Holzbalken (300 cm / 600 cm x 10 cm x 5 cm),
Stoppuhr, Winkelmesser, Maßband, Pulsmesser, Blutdruckmesser, Sortierboxen und Schrauben
vorgehalten.
Ansprechpartner
Gerhard Schnalke (Geschäftsführer)
Ambulantes Reha Centrum Braunschweig GmbH
Hamburger Str. 49
38114 Braunschweig
gerhard.schnalke@rehacentrum-braunschweig.de
133
Arbeitsplatzbezogene Therapie (ABT)
REHA SÜD Freiburg, Zentrum für ambulante orthopädische Rehabilitation
Orthopädie
Ziele. Bei feststehendem Anforderungsprofil des individuellen Arbeitsplatzes soll das Fähigkeitsprofil
durch die ABT verbessert werden. Zielsetzung ist, die körperliche Leistung und Belastbarkeit soweit
zu steigern, dass die Anforderungen am Arbeitsplatz bewältigt werden können.
Hierzu zählen das Erlernen ergonomischer Bewegungsabläufe zur effizienteren und energiesparenden Durchführung von körperlich anspruchsvollen Tätigkeiten, ein Training der relevanten Muskelgruppen in der angeschlossenen arbeitsplatzspezifischen medizinischen Trainingstherapie (AMTT) zur
Steigerung der Kraftausdauer sowie das Aufdecken von Ressourcen und das Bewusstmachen von
Fähigkeitsreserven.
Inhalte und Ablauf. In simulierten Arbeitssituationen werden abhängig vom individuellen Anforderungsprofil arbeitsplatzspezifische Bewegungsabläufe trainiert. Die Teilnehmer werden konsequent
zu einem ergonomischen Arbeitsstil angeleitet (z. B. Erlernen von rückengerechtem Heben und Tragen in der entsprechenden Arbeitsplatzsituation). Bedarfsweise erfolgt das Erarbeiten und Einüben
von kompensatorischen Bewegungsabläufen zum Ausgleich von bestehenden, nicht korrigierbaren
Funktionsstörungen. Eine Automatisierung der Bewegungsabläufe und Erreichung einer ausreichenden Kraftausdauer erfolgen in der parallel laufenden AMTT.
a) Zugang
Die ABT ist für Zielgruppen konzipiert, die Komplexbewegungen mit mittleren und schweren Lasten
im Berufsalltag ausführen müssen. Der Zugang erfolgt über die Abklärung der beruflichen Situation.
b) Steuerung und Dokumentation
Festlegung der individuellen Inhalte des ABT-Trainingsplans
Die ABT trainiert individuell die für den Rehabilitanden berufswichtigen Funktionsstörungen und berufsspezifische komplexe Bewegungsabläufe. Zur Ermittlung dieser Funktionsstörungen werden
Assessmentverfahren (PACT [Performance Assessment and Capacity Testing], DASH [Disabilities of
the Arm, Shoulder and Hand], FFb-H-OA [Funktionsfragebogen Hannover - Osteoarthrose]) eingesetzt. Über ein speziell entworfenes Formular für den ABT–Trainingsplan werden Durchführung und
Verlauf dokumentiert (Abbildung 6.19).
134
Abb. 6.19:
Trainingsplan der Maßnahme „Arbeitsplatzbezogene Therapie“ im Zentrum für
ambulante orthopädische Rehabilitation, REHA SÜD Freiburg
c) Durchführung
Das Training findet in Kleingruppen (5-6 Rehabilitanden) unter Betreuung eines speziell für die ABT
ausgebildeten Ergotherapeuten, Physiotherapeuten oder Sportlehrers mit Ausbildung der Mitarbeiter an der EFL-Akademie in Brauschweig statt (Evaluation funktioneller Leistungsfähigkeit nach Isernhagen).
Training der Überkopfarbeit für Handwerker (z. B. Elektriker) und Lagerarbeiter
Die Rehabilitanden führen ein Stationstraining entsprechend des individuellen Trainingsplans unter
Kontrolle und Anleitung des Therapeuten durch. Dabei werden die Trainingsintensität und die Trai135
ningsbelastung entsprechend der Belastungsfähigkeit des Rehabilitanden gesteigert. Die Belastungssteigerung orientiert sich sowohl an dem maximal zu bewältigenden Gewicht als auch an der aktuellen Belastungsgrenze.
Der Ablauf der Maßnahme ist in Abbildung 6.20 zusammenfassend dargestellt.
Abb. 6.20:
Maßnahme „Arbeitsplatzbezogene Therapie“ im Zentrum für ambulante orthopädische Rehabilitation REHA SÜD Freiburg
136
Zielgruppe. Die Maßnahme ist konzipiert für Rehabilitanden, die körperlichen Tätigkeiten nachgehen, bei denen Komplexbewegungen bzw. Zwangshaltungen vorhanden sind und die mittlere und
schwere Lasten bewältigen müssen. Sie wird nicht durchgeführt bei postoperativen Zuständen, welche eine entsprechende Belastung noch nicht zulassen und bei nicht mehr gegebener Leistungsfähigkeit für den letzten Arbeitsplatz. Ferner bei bestehender Erwerbsminderungsrente bzw. Rentenantrag, bei bestehender passiver Altersteilzeit bzw. aktive Altersteilzeit mit bevorstehendem Übergang
in den passiven Abschnitt, bei Sitzarbeitsplätzen sowie fehlender Motivation.
Beteiligte Berufsgruppen und Ausstattung. Arzt, Krankengymnast/Physiotherapeut, Ergotherapeut, Sportlehrer (AMTT).
Ausstattung: Zur Durchführung der ABT werden Simulationsarbeitsplätze genutzt, welche teilweise
dem EFL-Konzept entnommen sind. Hierzu wird ein spezieller ABT–Raum genutzt, in welchem mit
Rehabilitanden i. S. eines Work Conditioning trainiert wird. Gleichzeitig kann der Raum für EFL–Testungen verwendet werden. Im Raum verteilt befinden sich 12 Stationen. An jeder Station lassen sich
verschiedenartige Arbeitssituationen simulieren und trainieren.
Ansprechpartner Dr. med. Jan Schulenburg
(Facharzt für Orthopädie, Facharzt für Rehabilitative und Physikalische
Medizin)
jan.schulenburg@reha-sued.de
Oliver Maehl (Geschäftsführer)
oliver.maehl@reha-sued.de
REHA SÜD GmbH
Zentrum für Ambulante Rehabilitation, Physiotherapie und Ergotherapie
Lörracher Straße 16a
79115 Freiburg
www.reha-sued.de
137
Arbeitsplatzanalyse
Therapiezentrum Koblenz [teilstationäre Rehabilitation]
Neurologie, Orthopädie
Ziele. Die Arbeitsplatzanalyse dient dazu, detaillierte Kenntnisse des körperlichen, psychischen und
sozialen Anforderungsprofils sowie detaillierte Kenntnis der Kontextfaktoren (im Sinne der ICF) des
Rehabilitanden zu erwerben. Dies dient der Fortschreibung des individuellen, permanent optimierten
Rehaplans, der auf eine nachhaltige Wiedereingliederung ausgerichtet ist.
Inhalte und Ablauf. Es wird eine detaillierte schriftliche Arbeitsplatzbeschreibung des
Rehabilitanden und des Arbeitgebers erhoben bzw. eingeholt. Ein Mitarbeiter des Rehazentrums
sucht persönlich den Arbeitsplatz des Rehabilitanden auf, dieser Arbeitsplatz wird hinsichtlich
Ausstattung und allen zu verrichtenden Tätigkeiten genau erfasst, zudem werden der Kontakt zu den
Kollegen und den Vorgesetzten sowie wichtigen Funktionsträgern und die Zusammenarbeit und
Kommunikation nach Frequenz, Intensität und Qualität aufgenommen. Die Informationen werden
nach Möglichkeit videodokumentiert und später im Team diskutiert. Hierbei werden insbesondere
die Kontextfaktoren analysiert und nach förderlich und hinderlich eingeschätzt; es wird nach Wegen
gesucht, wie die förderlichen gestärkt und gestützt und vermehrt eingebunden werden können und
die hinderlichen beeinflusst oder ausgeschaltet werden können.
Bei der Arbeitsplatzbesichtigung werden durch den Mitarbeiter des Therapiezentrums folgende
Informationen erhoben:
Atmosphäre am Arbeitsplatz
Bisherige Wertschätzung des Rehabilitanden
Interesse an Weiterbeschäftigung des Rehabilitanden
Kooperationsbereitschaft bei Problemen
Einverständnis mit Belastungserprobung / Wiedereingliederung
Der Rehabilitand wird gebeten, seinen Arbeitsplatz schriftlich umfassend zu beschreiben (komplettes
Tätigkeitsprofil und die damit verbundenen körperlichen und psychischen Belastungen nach Art,
Häufigkeit, Ausmaß, Dauer und Anteil an der Arbeitszeit). Daneben wird ein ebenso präzises
Arbeitsplatzprofil beim Arbeitgeber angefordert. Der Arbeitsplatz wird durch Therapeuten, meist
138
Ergotherapeuten, besucht; es erfolgt ein Informationsgespräch mit Vorgesetzten und Kollegen des
Rehabilitanden. Alle Anforderungen des Arbeitsplatzes werden präzise und vollständig erfasst und
dokumentiert (mit Videoaufzeichnung).
Auf dieser Basis wird ein Rehaplan mit erreichbaren Rehazielen und dafür erforderlichem Aufwand
nach Methoden und Zeit erstellt. Die geplanten Maßnahmen und Zielsetzungen werden mit dem
Rehabilitanden besprochen, um hierüber Einvernehmen und Commitment herzustellen.
Spätestens ab der zweiten Woche müssen die angegebenen Informationen über den Arbeitsplatz
vorliegen. Sie sind integraler Bestandteil jeder medizinischen Reha, wenn das Rehaziel die
Wiedereingliederung in die Erwerbstätigkeit ist, und sie sind Grundlagen für die Indikationsstellung
zur arbeitsorientierten Reha.
Der Arbeitsplatzbesuch ist notwendig, wenn eine problemlose Rückkehr an den Arbeitsplatz nicht
möglich sein wird und die dafür erforderlichen Informationen durch die Schilderungen des
Arbeitgebers und des Rehabilitanden nicht in ausreichender Weise gewonnen werden können. Der
Arbeitsplatzbesuch sollte so bald wie möglich erfolgen, da er für die weitere Steuerung des RehaVerfahrens von erheblicher Bedeutung ist.
Hierbei ist zu prüfen, ob bleibende, für die Aufgaben am Arbeitsplatz unverzichtbare Fähigkeiten
defizitär bleiben werden oder durch gezielte Maßnahmen im Sinne der arbeitsorientierten
Rehabilitation so weit verbessert werden können, dass sie ausreichend in der Qualität und in der
Quantität sind und sicher, das heißt mit Leistungsüberschuss, für die erforderliche Zeit verrichtet
werden können. Falls verbleibende Defizite zu erwarten sind, ist zu prüfen, ob dies durch Hilfsmittel,
Umwegstrategien, Einsatz von Hilfskräften kompensiert werden kann oder ob das Anforderungsprofil
geändert werden muss, gegebenenfalls bis hin zur innerbetrieblichen Umsetzung oder der
Beschäftigung in einem anderen Unternehmen des gleichen Arbeitgebers.
139
Die folgenden Bilder zeigen Beispiele aus Arbeitsplatzbesichtigungen im Rahmen der Maßnahme im
Therapiezentrum (Fotodokumentation, Videografie).
Heben/Tagen von Geschirrkörben auf normaler
Arbeitshöhe (70cm)
tiefes Bücken/Hochheben von verschiedenen (teilweise
sehr großen, schweren) Behältern aus Regalen
Heben/Tragen von
Behältern vom Boden
(10kg)
Beispiel 1: Arbeitsplatz Großküche
Steinbruch, Unfallort
(Förderband/Steinschredder)
Radlager Bagger (Außenansicht), hoher Einstieg;
Rangieren von großen
Steingeröll knapp an
Steinbruchabhang
Radlager Bagger (Kabine/Innenansicht),
zur Steuerung bedarf es der Koordination
beider Hände und Füße
Beispiel 2: Arbeitsplatz Steinbruch
Der Ablauf der Maßnahme ist in Abbildung 6.21 zusammenfassend dargestellt.
140
Abb. 6.21:
Maßnahme „Arbeitsplatzanalyse“ im Therapiezentrum Koblenz
Zielgruppe. Zielgruppe sind alle Rehabilitanden (Neurologie, Orthopädie, Psychotraumatologie,
chronische Schmerzen) mit dem Rehaziel einer beruflichen Eingliederung, bei denen die Rückkehr an
den Arbeitsplatz voraussichtlich problematisch sein wird. Wenn das Angebot einer medizinischberuflich orientierten Rehabilitation nicht zielführend ist, sind Maßnahmen der beruflichen
Rehabilitation im weiteren Sinne zu erwägen. Positiv formuliert muss der Rehabilitand das in einem
geeigneten Assessment abgebildete geforderte Leistungsprofil nach Qualität und Quantität sicher, d.
h. mit Leistungsüberschuss leisten können. Die Maßnahme ist grundsätzlich indikationsübergreifend
konzipiert, wird jedoch individuell maßgeschneidert in Bezug auf die vorhandenen Teilhabedefizite
nach ICF. Sie ist berufsgruppenübergreifend konzipiert, wird jedoch berufsspezifisch umgesetzt.
Ausgeschlossen sind Rehabilitanden, deren gesundheitliche Situation keine Auswirkungen auf den
Beruf hat sowie arbeitslose Rehabilitanden.
141
Beteiligte Berufsgruppen und Ausstattung. Arzt, Krankengymnast/Physiotherapeut, Psychologe,
Ergotherapeut, Sozialarbeiter, sonstige: medizinischer Trainingstherapeut, Work Hardening-Therapeut, EFL-Therapeut. Erforderliche Ausstattung: Videokamera beim Arbeitsplatzbesuch.
Ansprechpartner
Dr. Bernhard Kügelgen
Cecilija Kügelgen
Therapiezentrum Koblenz (Zentrum für Rehabilitation und Prävention)
Neversstr. 7-11
56068 Koblenz
kuegelgen@therapiezentrum-koblenz.de
www.therapiezentrum-koblenz.de
142
Berufsspezifisches Training
Therapiezentrum Koblenz [teilstationäre Rehabilitation]
Neurologie, Orthopädie
Ziele. Ziele des berufsspezifischen Trainings sind (a) der Abgleich des aktuellen individuellen
Leistungsprofils mit dem am Arbeitsplatz geforderten Anforderungsprofil durch ein geeignetes
Assessment (z. B. Teile des EFL), (b) die Formulierung einer Reha-Prognose hinsichtlich des positiven
und negativen Leistungsprofils am Ende der Reha und die daraus abgeleitete Arbeitsplatzprognose,
(c) die Steuerung der Reha auf das in der Reha-Prognose festgelegte Reha-Ziel hin und (d) die
Erprobung des aktuellen Leistungsprofils im Hinblick auf das Anforderungsprofil. Die Prognose wird
hierbei verstanden als Perspektive eines Sinn stiftenden Lebensentwurfes, den der Rehabilitand
annehmen kann. Kontextfaktoren im Sinne der ICF werden explizit eingebunden.
Inhalte und Ablauf. Das arbeitsorientierte Training basiert auf der medizinischen Trainingstherapie,
die ihm vorangeht und die eine ausreichende allgemeine körperliche Leistungsfähigkeit (hinsichtlich
Herz-Kreislauf-System und Bewegungssystem, insbesondere Ausdauer, Koordination und hinreichender Kraft) voraussetzt. Das Training selbst ist defizitorientiert, es werden also genau die Einschränkungen, die einen normalen Ablauf des Arbeitsprozesses erschweren oder verhindern, analysiert
hinsichtlich Art und Ausmaß: Fehlt es an der richtigen Technik, fehlt es an Kraft, fehlt es an Ausdauer,
sind bestimmte Funktionen nur durch andere Techniken oder Umwegstrategien zu erreichen oder
auch nur durch Hilfsmittel? Hier ist es von großem Wert, wenn die Rehabilitanden ihr eigenes
Werkzeug mitbringen, wodurch sie ihre Kompetenz darstellen und außerdem mit ihrem vertrauten
Arbeitsgerät tätig sein können. Der Arbeitsplatz wird genau nachgebaut, sofern er nicht einem der
Modellarbeitsplätze entspricht. Es erfolgt eine umfassende Analyse von Ressourcen und Risiken
hinsichtlich der beruflichen Teilhabe unter Beteiligung aller Berufsgruppen in allen Therapien.
Voraussetzung für das Training ist die ausreichende Wiederherstellung der körperlichen Funktionen,
so dass die Belastbarkeit ohne Verletzungsrisiko gesteigert werden kann.
Die Maßnahme umfasst im Einzelnen die folgenden Schritte bzw. Elemente:
Das aktuelle Leistungsvermögen in ausgewählten (erforderlichen) Teilen der EFL wird erfasst (als
diagnostische Maßnahme zur Steuerung des Verfahrens immer wieder in regelmäßigen (ca. 3-4wöchigen) Abständen), ergänzend wird der Performance Assessment Capacity Testing (PACT) zur
Überprüfung der eigenen Einschätzung der aktuellen körperlichen Leistungsfähigkeit eingesetzt.
143
Des Weiteren wird die psychische Leistungsfähigkeit erfasst über ein neuropsychologisches
Screening (bei positivem Befund durch eine ausführliche neuropsychologische Befunderhebung)
sowie den psychologischen Befund (Stressfähigkeit, Durchsetzungsvermögen, Teamfähigkeit,
Einschränkungen durch Ängste, Verstimmungen und psychiatrische Komorbiditäten).
Das in der Arbeitsplatzanalyse erhaltene Anforderungsprofil wird nach den Vorgaben der EFL in
körperliche Funktionen nach Art, Ausmaß und Anteil an der Arbeitszeit transferiert. Es erfolgt ein
Abgleich des aktuellen Leistungsvermögens mit dem beruflichen Anforderungsprofil sowie eine
Einschätzung der zu den jeweiligen Defiziten gehörenden Rehaprognose nach den folgenden
Kategorien:
derzeit zu leisten
noch nicht zu leisten, aber in der Reha zu erreichen
dauerhaft nicht zu leisten
Die Ergebnisse des PACT werden genutzt, um die Selbsteinschätzung des Rehabilitanden bei
Bedarf zu korrigieren (bei unangemessen hohem PACT (=Überschätzung): Mahnung zur Vorsicht
und Hinweis auf das Verletzungsrisiko, Information aller Therapeuten; bei unangemessen
niedrigem PACT (=Unterschätzung) Konfrontation mit Leistung und Leistungssteigerung über
regelmäßige Messungen und Konfrontation mit Diagrammen, Selbstkonfrontation mit
Videoaufnahmen im Work Hardening).
Eine umfassende Einbindung des Rehabilitanden wird durch eine Patientenschulung sowie das
gemeinsame Entwickeln des Rehaziels erreicht. Relevante Kontextfaktoren (Vorgesetzter,
Angehörige, …) werden frühzeitig eingebunden und das Rehaziel wird mit dem Rehabilitanden
und den anderen relevanten Protagonisten (Angehörige, Betrieb, Rehazentrum, …) schriftlich
abgestimmt/konsentiert (im Sinne eines Gesprächsprotokolls, dem aber Vertragscharakter
beigemessen wird). Bei Uneinigkeit hinsichtlich der Rehaziele (zwischen Angehörigen,
Vorgesetzten, Betriebsärzten, Hausarzt, Rehabilitand) gilt es, die Betroffenen rechtzeitig
einzubinden und einen Konsens zu finden. Zeitlich und systematisch ist Zielformulierung
entsprechend der SMART-Regel strukturiert (spezifisch, messbar, akzeptabel, realistisch,
terminiert). Beispiele für Rehaziele sind:
Wiedereingliederung am alten Arbeitsplatz
Wiedereingliederung am alten Arbeitsplatz mit Einschränkungen
Innerbetriebliche Umsetzung
Umsetzung beim gleichen Arbeitgeber
Vorbereitung auf eine berufliche Reha
Bei Arbeitslosigkeit: Herstellen einer guten körperlichen und psychischen
Leistungsfähigkeit für mindestens mittelschwere körperliche Arbeit, Bewerbungstraining, Bemühen um Eingliederungshilfen
144
Hierauf aufbauend wird ein berufsspezifisches adaptives EFL-gesteuertes Work Hardening
durchgeführt. Der Rehaplan wird kontinuierlich im Team aktualisiert, es erfolgt eine Abstimmung
mit dem Rehabilitanden und allen betroffenen Personen und Institutionen (Rehaträger,
Angehörige, Arbeitgeber, BEM-Beauftragter, Betriebsarzt und anderen Kontextfaktoren).
Die Eigenkompetenz (insbesondere in Form der Entwicklung von Problemlösekompetenzen) wird
als Rehaziel mit besonderer Bedeutung für die Zeit nach der Reha herausgestellt. Gemeinsam
wird ein Aktivitätenplan entwickelt (i. S. eines Programms für zuhause) und die
Wiedereingliederung vorbereitet.
Bei Bedarf wird ein Praktikum in der Nähe zum Rehaort mit dem Ziel eines positiven Zeugnisses
durch die Praktikumsstelle durchgeführt, und zwar dann, wenn Fehlleistungen oder Leistungseinschränkungen des Rehabilitanden zu Problemen am Arbeitsplatz führen können (etwa bei
Rehabilitanden in Führungsfunktionen). Auf diese Weise kann nach einer Vor-Ort-Analyse durch
das Reha-Team nachgebessert werden, indem der Rehaplan den nachträglichen Informationen
gemäß angepasst wird. Der Rehabilitand entwickelt mehr Selbstvertrauen, auch dadurch, dass
ein Scheitern ohne Nachteile erlebt werden kann.
Die Nachsorge nach der Reha umfasst regelmäßige ärztliche, eventuell auch noch therapeutische
Kontakte (ambulante Heilmittel), die Überwachung des Heimprogrammes durch schriftliche
Protokolle per Fax oder Mail, die Kontrolle des vereinbarten möglichen Leistungsprofils und
Intervention bei Überforderungen.
Die Maßnahme findet täglich und ganztägig statt und umfasst in der Regel 2 bis 4 Wochen, kann aber
in Ausnahmefällen, z. B. bei sehr schwerer körperlicher Arbeit, deutlich länger dauern. Das
geforderte Leistungsprofil muss sicher, das heißt regelmäßig und im Überschuss, geleistet werden
können.
Der Ablauf der Maßnahme ist in Abbildung 6.22 zusammenfassend dargestellt.
145
Abb. 6.22:
Maßnahme „Berufsspezifisches Training“ im Therapiezentrum Koblenz
Zielgruppe. Zielgruppe sind alle Rehabilitanden (Neurologie, Orthopädie, Psychotraumatologie,
chronische Schmerzen) mit dem Rehaziel einer wie auch immer gearteten beruflichen Eingliederung,
wenn die Rückkehr an den Arbeitsplatz nicht als problemlos zu erwarten ist, wenn also das in einem
geeigneten Assessment abgebildete geforderte Leistungsprofil nach Qualität und Quantität nicht
sicher, d. h. mit Leistungsüberschuss, geleistet werden kann. Wenn das Angebot einer medizinischberuflich orientierten Rehabilitation nicht zielführend ist, sind Maßnahmen der beruflichen
Rehabilitation im weiteren Sinne zu erwägen.
Die Maßnahme ist grundsätzlich indikationsübergreifend konzipiert, wird jedoch individuell
maßgeschneidert in Bezug auf die vorhandenen Teilhabedefizite nach ICF. Die Maßnahme ist
berufsgruppenübergreifend konzipiert, wird jedoch berufsspezifisch umgesetzt.
146
Ausgeschlossen sind Rehabilitanden, deren gesundheitliche Situation keine Auswirkungen auf den
Beruf hat.
Beteiligte Berufsgruppen und Ausstattung. Arzt, Krankengymnast/Physiotherapeut, Psychologe,
Ergotherapeut, Sozialarbeiter, sonstige: medizinischer Trainingstherapeut, Work Hardening-Therapeut, EFL-Therapeut. Erforderliche Ausstattung: Modellarbeitsplätze, gegebenenfalls muss der Arbeitsplatz nachgebaut werden.
Ansprechpartner
Dr. Bernhard Kügelgen
Cecilija Kügelgen
Therapiezentrum Koblenz (Zentrum für Rehabilitation und Prävention)
Neversstr. 7-11
56068 Koblenz
kuegelgen@therapiezentrum-koblenz.de
www.therapiezentrum-koblenz.de
147
Arbeitsplatzbezogene Medizinische Trainingstherapie (AMTT)
Reha-Zentrum Schömberg, Klinik Schwarzwald, Schömberg
Orthopädie
Ziele. Training der Muskelgruppen, die bei den jeweiligen Berufen besonders beansprucht werden.
Schulung von Bewegungsmustern der konkreten Arbeitssituation mit Ergonomisierung des Bewegungsablaufes sowie Verbesserung der im Beruf benötigten motorischen Eigenschaften.
Inhalte und Ablauf. Bei der AMTT werden berufsspezifische Bewegungen trainiert. Die Übungsauswahl orientiert sich individuell an den Anforderungen des Arbeitsplatzes. Durch Schulung von
Bewegungsmustern soll eine Fehlbelastung, Überlastung oder Unterforderung vermieden werden.
Für folgende Berufsgruppen liegen Trainingsprogramme vor: Verkauf, Pflege, Büroarbeit, Erzieher.
Rehabilitanden mit der Verordnung „Kinästhetik“ (Angebot für Rehabilitanden, die in Pflegeberufen
arbeiten zur bewussten Bewegungswahrnehmung bei beruflich bedingten Überlastungen und Beschwerden des Bewegungsapparats) erhalten automatisch die AMTT-Einweisung sowie das folgende
Training verordnet. Therapiebeginn ist, wenn möglich, in der ersten Woche. Rehabilitanden mit der
Verordnung „EFL-Testung“ erhalten unmittelbar im Anschluss an den Test eine AMTT-Einweisung mit
entsprechend berufsspezifischem Programm (vgl. Abbildung 6.23).
148
Abb. 6.23:
Trainingseinheiten der AMTT (Berufsgruppe „Verkäufer“)
Die Therapie beginnt, wenn möglich, in der ersten Woche. Die automatische Zuordnung der Programme für die Berufsgruppen „Erzieher“ und „Büroarbeit“ ist derzeit noch in Bearbeitung. Erhalten
Rehabilitanden, die einen anderen Beruf als die oben angegebenen ausüben, eine EFL-Testung, kön149
nen sie an einem AMTT-Programm teilnehmen, das ihren beruflichen Anforderungen am nächsten
kommt (z. B. ein Lagerarbeiter, der das AMTT-Programm „Verkäufer“ erhält).
Das Training findet zwei- bis dreimal in der Woche statt. Eine Therapieeinheit beträgt 30 Minuten
und beginnt mit einer fünfminütigen Aufwärmphase (Ergometer), danach erfolgt das Training mit
dem Zugapparat. Maximal drei Rehabilitanden trainieren gleichzeitig, unabhängig von der Berufsgruppe.
Der Ablauf der Maßnahme ist in Abbildung 6.24 zusammenfassend dargestellt.
Abb. 6.24:
Maßnahme „Arbeitsplatzbezogene Medizinische Trainingstherapie (AMTT)“ im
Reha-Zentrum Schömberg, Klinik Schwarzwald
Zielgruppe. Die Maßnahme richtet sich an Rehabilitanden mit Erkrankungen auf orthopädischem
Fachgebiet, vorzugsweise mit Rückenschmerzen, die an ihrem Arbeitsplatz unter Belastungen der
Wirbelsäule leiden. Die Maßnahme wird nicht durchgeführt bei Rehabilitanden mit deutlichem Rentenbegehren bzw. laufendem Rentenverfahren, bei fehlender Motivation auf Seiten der Rehabilitan150
den, bei erheblich eingeschränkter kardialer oder pulmonaler Leistungsfähigkeit oder bei Wirbelsäulen-OP innerhalb der letzten drei Monate.
Beteiligte Berufsgruppen und Ausstattung. Krankengymnast/Physiotherapeut, Ergotherapeut.
Benötigte Ausstattung: Ergometer, Zugapparate.
Ansprechpartner Uwe Wöbking (Physiotherapeut)
Reha-Zentrum Schömberg
Klinik Schwarzwald
Römerweg 50
75328 Schömberg
uwe.woebking@drv-bund.de
www.klinik-schwarzwald.de
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Büroarbeitsplatztraining (BAP)
Reha-Zentrum Schömberg, Klinik Schwarzwald, Schömberg
Orthopädie
Ziele. Ziel der Maßnahme ist eine Reduzierung von Belastungen des Bewegungsapparates durch eine
gesunde Körperhaltung am Arbeitsplatz. Es werden Hilfsmittel (höhenverstellbarer Schreibtisch und
verschiedene Bürostühle, ergonomische Tastaturen und PC-Mäuse) vorgestellt und erprobt und alternative Arbeitshaltungen (z. B. am Stehpult) in einem größeren Zeitrahmen aufgezeigt.
Inhalte und Ablauf. Erlernen von rückengerechten Bewegungsabläufen bezogen auf den PC-Arbeitsplatz, bzw. eines Rücken entlastenden Sitz- bzw. Stehverhaltens. Erprobung von Hilfsmitteln,
z. B. orthopädische Bürostühle, Handgelenksauflagen, ergonomische Tastaturen und PC-Mäuse. Erlernen von Kräftigungsübungen, Dehnungsübungen und Entspannungsübungen, die für die am PCArbeitsplatz beanspruchte Muskulatur abgestimmt sind. Diese helfen dem Teilnehmer, den Arbeitsalltag körpergerecht zu gestalten.
Die Teilnahme wird vom Stationsarzt aufgrund der Zugehörigkeit zur Berufsgruppe „Büro“ verordnet,
speziell für Rehabilitanden, die gesundheitliche Probleme durch die vorwiegend sitzende Tätigkeit
haben (max. drei Teilnehmer). Die Maßnahme findet an vier Terminen à 60 Minuten statt. Sie beginnt in der zweiten Reha-Woche mit zwei Terminen, in der dritten und vierten Woche findet jeweils
ein Termin statt (in Ausnahmefällen auch als Belastungserprobung/Schreibtraining über zwei Stunden möglich).
1. Termin: Theoretische Grundlagenvermittlung (richtiges Sitzverhalten, Einstellungen des Bürostuhles und Bürotisches; vgl. Abbildung 6.21) und selbstständiges Ausprobieren an den BeispielArbeitsplätzen, die bei jedem weiteren Termin gewechselt werden (Ringtausch).
2. Termin: Wiederholung des erworbenen Wissens am Beispiel-Arbeitsplatz (45 Minuten) und
dabei weitere Erprobung von Hilfsmitteln (diverse Sitzkissen, ergonomische PC-Mäuse und Tastaturen, Scripthalter). Durchführung von Dehnungsübungen für Schulter-Nacken-Bereich und Unterarm-Hand-Muskulatur.
3. Termin: PC-Arbeit an einem der Beispiel-Arbeitsplätze über einen längeren Zeitraum (45 Minuten). Erlernen von Theraband-Übungen zur Kräftigung der an diesem Arbeitsplatz überwiegend
beanspruchten Muskulatur.
4. Termin: Selbstständiges Arbeiten am Büroarbeitsplatz unter Aufsicht des Therapeuten mit
Berücksichtigung des zuvor Gelernten.
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Abb. 6.25:
Informationsblatt für Rehabilitanden (Auszüge)
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Der Ablauf der Maßnahme ist in Abbildung 6.26 zusammenfassend dargestellt.
Abb. 6.26:
Maßnahme „Büroarbeitsplatztraining (BAP)“ im Reha-Zentrum Schömberg,
Klinik Schwarzwald
Zielgruppe. Die Maßnahme richtet sich an Rehabilitanden, die vorwiegend im Sitzen an einem Büroarbeitsplatz tätig sind und vor allem wegen Rücken- und/oder Nackenbeschwerden krankgeschrieben sind. Sie dient der Verbesserung bereits vorhandener Einschränkungen und der Erleichterung der
Wiedereingliederung arbeitsunfähiger Rehabilitandinnen in das Berufsleben. Die Maßnahme wird
nicht durchgeführt bei Rehabilitanden mit deutlichem Rentenbegehren bzw. laufendem Rentenverfahren sowie bei fehlender Motivation auf Seiten der Rehabilitanden.
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Beteiligte Berufsgruppen und Ausstattung. Krankengymnast/Physiotherapeut, Ergotherapeut.
Benötigte Ausstattung: Verschiedene Beispielarbeitsplätze mit höhenverstellbarem Schreibtisch und
ergonomischem Bürostuhl und Tastatur, verschiedene Hilfsmittel wie PC-Mäuse, Unterarmvorlagen,
Sitzkissen.
Ansprechpartner Uwe Wöbking (Physiotherapeut)
Reha-Zentrum Schömberg
Klinik Schwarzwald
Römerweg 50
75328 Schömberg
uwe.woebking@drv-bund.de
www.klinik-schwarzwald.de
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