Bayerische Klima-Anpassungsstrategie

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Bayerische Klima-Anpassungsstrategie
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Bayerische Staatsregierung
Bayerische
Klima-Anpassungsstrategie
(BayKLAS)
Inhaltsverzeichnis
VORWORT
3
1 PRÄAMBEL
5
2
STRATEGISCHER ANSATZ
6
3
KLIMAWANDEL IN BAYERN
8
4
HANDLUNGSFELDER
4.1 Wasserwirtschaft
4.2 Landwirtschaft
4.3 Wald und Forstwirtschaft
4.4 Naturschutz
4.5 Bodenschutz und Georisiken
4.6 Gesundheit
4.7 Katastrophenschutz
4.8 Raumordnung (Landes- und Regionalplanung)
4.9 Städtebau/Bauleitplanung/Dorferneuerung
4.10 Bauen (Gebäudeplanung und Bautechnik)
4.11 Straßenbau und Verkehr
4.12 Energiewirtschaft
4.13 Industrie und Gewerbe
4.14 Tourismus
4.15 Finanzwirtschaft
HERAUSFORDERUNGEN IM ALPENRAUM UND IHRE
INTEGRIERTE BEWÄLTIGUNG
12
16
20
23
26
30
32
34
36
38
42
44
46
48
50
52
5 BESONDERE
6 RAHMENVORGABEN
7 INFORMATION
UND BETEILIGUNG
8 WEITERGEHENDER
9 UMSETZUNG
2
UND KOMPETENZEN DES BUNDES
FORSCHUNGS- UND UNTERSUCHUNGSBEDARF
DER BAYKLAS UND ERFOLGSKONTROLLE
53
55
56
58
62
LITERATUR
63
ANLAGE
1 Anpassungsmaßnahmen des Klimaprogramms Bayern 2020
2 Forschungsvorhaben (Anpassung) des Klimaprogramms Bayern 2020
64
64
66
Vorwort
Vorwort
Der Schutz des Klimas ist eine der größten
Herausforderungen des 21. Jahrhunderts.
Ganz besonders im Interesse künftiger Gene­
rationen müssen wir eine effektive, nachhal­
tige Klimaschutzpolitik betreiben.
Die Bayerische Staatsregierung stellt sich
dieser Verantwortung. Mit dem „Klimapro­
gramm Bayern 2020“ hat sie ein umfang­
reiches Maßnahmenpaket geschnürt. Ein über­
geordnetes Ziel ist es dabei, die klimaemp­
findlichen Bereiche bis zum Jahr 2020 best­
möglich an die unvermeidlichen Folgen
des Klimawandels anzupassen. Mit dem Hoch­
wasserschutz-Aktionsprogramm 2020, dem
Waldumbauprogramm oder dem Hitzewarn­
system wurden hier bereits Schwerpunkte
gesetzt.
Der Klimawandel ist ein globales Problem mit
regionalen Konsequenzen. Bayern ist mit
seiner sensiblen Alpenregion vom Klimawandel
besonders betroffen. Die Folgen sind bereits
heute deutlich spürbar. In den vergangenen
100 Jahren hat sich die mittlere Jahrestem­
peratur in den Alpen doppelt so stark erhöht
wie im globalen Durchschnitt. Mit der vor­
liegenden Bayerischen Klima-Anpassungs­
strategie stellt die Bayerische Staatsregierung
sowohl Handlungsmöglichkeiten als auch
konkrete Maßnahmen vor, mit denen auf die
Folgen des Klimawandels zum Schutz von
Mensch und Umwelt rasch und Ziel führend
reagiert werden kann. Das Konzept wurde
zusammen mit dem Klimarat des Bayerischen
Staatsministeriums für Umwelt und Gesund­
heit entwickelt, der seit April 2007 die Baye­
rische Staatsregierung in ihrer Klimapolitik
berät.
HORST SEEHOFER
Ministerpräsident
DR. MARKUS SÖDER MDL
Staatsminister
Wir müssen uns darauf einstellen, dass direkte
und indirekte Folgen des Klimawandels und
damit auch Klimaschutz- und Anpassungsmaß­
nahmen jeden gesellschaftlichen und wirt­
schaftlichen Sektor betreffen können. Das gilt
für Wasserwirtschaft, Land- und Forstwirt­
schaft, Naturschutz, Gesundheit und Katastro­
phenschutz. Ebenso betroffen sind Energie­
wirtschaft, Industrie und Gewerbe, Tourismus
und Finanzwirtschaft sowie Verkehr und
Infrastruktur.
Die Anpassung an den Klimawandel ist eine
gemeinsame Herausforderung für Staat und
Gesellschaft. Für eine erfolgreiche KlimaAnpassungsstrategie bedarf es des Vertrauens
und der Kooperation zwischen allen Betei­
ligten. Bayern setzt bei der Umsetzung auf
moderne, bürgerfreundliche und praxisnahe
Instrumente. Dazu gehören insbesondere die
Vernetzung aller Beteiligter, Information
und Motivation der Bürger, Dialog, zielgerechte
Forschung, Aus- und Fortbildung sowie fi­
nanzielle Förderung. Die Bayerische KlimaAnpassungsstrategie will alle Akteure moti­
vieren, sich selbständig für die Bewältigung
der Herausforderungen des Klimawandels
zu engagieren.
Auf staatlicher Seite muss der Erfahrungsaus­
tausch zwischen den Ländern und dem
Bund intensiviert werden, damit die erfolgver­
sprechendsten Konzepte auch für alle nutz­
bar werden. Die jeweiligen länderspezifischen
Besonderheiten bei einer Deutschen Anpas­
sungsstrategie sind dabei angemessen zu be­
rücksichtigen. So ist etwa der Schutz des
besonders sensiblen Alpenraums ähnlich wie
der Küstenschutz zunehmend als Gemein­
schaftsaufgabe zu betrachten.
Auf nichtstaatlicher Seite werden wir den
Dialog und die Zusammenarbeit mit den vom
Klimawandel betroffenen Kreisen vertiefen.
Neben der bayerischen Wirtschaft kommt hier­
bei auch den Partnern in der Bayerischen
Klima-Allianz eine besondere Rolle zu.
Schließlich bleibt zu bedenken, dass alle Pro­
gnosen zum Klimawandel an den wissen­
schaftlichen Fortschritt geknüpft sind. Es ist
daher vorgesehen, die Bayerische KlimaAnpassungsstrategie anhand der Erkenntnis­
fortschritte der Klimaforschung regelmäßig
zu aktualisieren.
3
4
1
Präambel
Präambel
Die Bayerische Staatsregierung hat sich als erste Landesregierung in Deutschland mit
dem Klimaprogramm Bayern 2020 das Ziel gesetzt, die klimasensitiven und verwundbaren
Bereiche bis zum Jahr 2020 bestmöglich an die unvermeidbaren Folgen des Klimawandels
anzupassen. Hierfür wurde ein Maßnahmenpaket beschlossen, das für die Jahre 2008 bis
2011 den laufenden Anpassungsprozess wirksam verstärken soll. Am 3. Juni 2008 hat der
Bayerische Ministerrat die Interministerielle Arbeitsgruppe „Klimaschutz“ beauftragt, einen
Vorschlag für eine „Bayerische Anpassungsstrategie“ (BayKLAS) an die Folgen des Klima­
wandels zu erarbeiten. Damit soll der strategische Ansatz verstärkt und Handlungsoptionen
für künftige Erfordernisse aufgezeigt werden.
Die Anpassung an die unvermeidbaren Folgen des Klimawandels ist eine gesamtgesell­
schaftliche Aufgabe. Deshalb beschränkt sich die BayKLAS nicht auf den staatlichen Bereich,
sondern verdeutlicht auch die mögliche Betroffenheit und Verwundbarkeit nichtstaatlicher
Bereiche und gibt eine Übersicht über mögliche Handlungsoptionen. Sie zeigt aktuell ergriffene
Anpassungsmaßnahmen der Bayerischen Staatsregierung und stellt zukünftige Handlungs­
möglichkeiten für den Umgang mit den Herausforderungen des Klimawandels zusammen.
Die BayKLAS wurde gemeinsam mit dem Bayerischen Klimarat entwickelt. Sie ist ein
politisches Strategiepapier ohne rechtliche Verbindlichkeit. Soweit die Umsetzung dieser
Strategie kostenwirksame Maßnahmen oder Systeme der öffentlichen Hand erfordert,
können diese nur im Rahmen der jeweils zur Verfügung stehenden Mittel und Stellen er­
griffen werden. Für außerstaatliches Handeln gilt das Prinzip der Freiwilligkeit und Kooperation
zwischen der Bayerischen Staatsregierung und den betroffenen Akteuren der verschie­
denen Handlungsfelder.
5
2
Strategischer Ansatz
Die Folgen des Klimawandels sind in Bayern
bereits heute spürbar. Als Indiz hierfür darf
gewertet werden, dass nach Aussage der
Münchner Rückversicherung die wetterund klimabedingten Naturkatastrophen wie
Hochwasser und Stürme auch in Bayern
seit den 1970er-Jahren deutlich zugenommen
haben. Nach Ansicht der Wissenschaft
dürfte sich dieser Trend mit zunehmender
Erderwärmung weiter fortsetzen. Ohne rechtzeitiges Handeln würde der Klimawandel
nach Annahmen des Deutschen Instituts für
Wirtschaftsforschung (DIW 2007) die bayer­
ische Volkswirtschaft bis 2050 rd. 96 Mrd. €
kosten. Hinzu kämen weitere 26 Mrd. € für
Anpassungsmaßnahmen.
Es gilt, dieses Risiko und die Schäden so
gering wie möglich zu halten und entsprech­
ende Vorkehrungen zu treffen. Hierzu hat
der Freistaat Bayern bereits vielfältige Maßnahmen eingeleitet. Beispielhaft sind zu
nennen:
•Das Hochwasserschutz-Aktionsprogramm 2020 unterliegt einer dynamischen Anpas­
sung. Ein wegweisender Schritt war die Einführung eines Klimaänderungsfaktors bei der
Bemessung von Hochwasserschutzanlagen im Jahr 2004. Zudem werden Maßnahmen
zur Vorsorge gegen Dürre und Trockenheit durchgeführt.
•In der Forstwirtschaft wurde massiv mit einem Waldumbauprogramm begonnen. Bis
zum Jahr 2020 sollen von den 260 000 ha akut gefährdeten Fichtenbeständen im Privatund Körperschaftswald rd. 100 000 ha in klimatolerante Mischwälder umgebaut werden.
Zudem werden die Schutzmaßnahmen im Bergwald erhöht.
•Im Naturschutz wurde ein Sonderprogramm zur Stabilisierung der biologischen Viel­
falt und von Ökosystemen gestartet und Vorkehrungen zum Erhalt natürlicher Kohlen­
stoffsenken und zur Verbesserung des Lokalklimas getroffen. Hierbei werden beispiels­
weise 50 Moore renaturiert.
•Im Jahr 2007 wurde ein Hitzewarnsystem zum Schutz der Bevölkerung als Ergänzung
zum Unwetterwarnsystem eingeführt.
•Ein Programm zur Eindämmung von Georisiken soll vor allem im Alpenraum den Schutz
vor geologischen Risiken erhöhen.
Hochwasserschutz
Waldumbauprogramm
Sonderprogramm zur Stabilisierung der biologischen Vielfalt und
Vorsorge gegen Dürre und Trockenheit
6
Strategischer
Ansatz
Nachdem die Folgen des Klimawandels nur in etwa abschätzbar sind, müssen die Anpas­
sungsmaßnahmen einem dynamischen Prozess folgen und sich an den jeweiligen Gege­
benheiten orientieren.
Auf staatlicher Seite ist der Erfahrungsaustausch zwischen den Ländern und dem Bund
zu intensivieren, um Erfahrungen und Best-Practice-Beispiele auszutauschen. Im Abstim­
mungsprozess mit dem Bund ist es erforderlich, dass die Strategien der Länder zum
zentralen Bestandteil des „Aktionsplans Anpassung“ der Deutschen Anpassungsstrategie
werden, den die Bundesregierung bis zum Jahr 2011 gemeinsam mit den Ländern und
anderen betroffenen Kreisen erarbeiten wird. Mit der Bundesregierung sollte weiter die
Frage diskutiert werden, inwieweit die Anpassungsmaßnahmen der Länder durch Bundes­
mittel beispielsweise aus den Einnahmen des Emissionshandels mitfinanziert werden
könnten. Eine Besonderheit bildet der Alpenraum, dessen Schutz ähnlich wie der Küsten­
raum zunehmend als Gemeinschaftsaufgabe betrachtet werden sollte.
Auf nichtstaatlicher Seite sind Dialog und Zusammenarbeit mit den vom Klimawandel
betroffenen Kreisen zu intensivieren. Hierbei kann bereits auf hervorragende Ansätze
zurückgegriffen werden. So hat die Bayerische Wirtschaft das Thema bereits im Jahr 2007
aufgegriffen und zusammen mit der Bayerischen Staatsregierung einen KlimaanpassungsKongress veranstaltet. Gemeinsam mit der IHK für München und Oberbayern wurde
im März 2009 eine Abfrage bei mehr als 20 000 Unternehmen über die Betroffenheit der
Bayerischen Wirtschaft durch den Klimawandel gestartet. Auch in anderen Bereichen
wie Land- und Forstwirtschaft, Tourismus oder Naturschutz sind schon vielfältige Informationsund Dialogmaßnahmen eingeleitet worden.
Ziel der Bayerischen Anpassungsstrategie ist es, die betroffenen Kreise schrittweise über
die möglichen Folgen des Klimawandels zu informieren und bei Bedarf auch Hilfestellung
zu leisten. Eine wichtige Multiplikatorenrolle kommt hierbei auch den Partnern der Klima­
allianz zu.
Programm zur Eindämmung von Georisiken
Hitzewarnsystem
Schutzmaßnahmen im Bergwald
d von Ökosystemen
Unwetterwarnsystem
7
3
Klimawandel in Bayern
Klimaentwicklung Die bisher beobachteten Veränderungen von
Temperatur und Niederschlag verzeichnen
für die letzten Jahrzehnte eine deutliche Er­
wärmung um bis zu 1,3° C, eine Zunahme
des Gebietsniederschlags im Winterhalbjahr
und eine Abnahme im Sommerhalbjahr
sowie eine deutliche Zunahme von Stark­
niederschlägen im Winterhalbjahr in ganz
Bayern (vgl. Tabelle 1).
Die Trends der Messreihen 1931– 2005
können nicht ohne weiteres in die Zukunft
extrapoliert werden. Die mögliche Ent­
wicklung des künftigen Klimas für Bayern
wird im Rahmen des Projektes KLIWA
(Klimaveränderung und Konsequenzen für
die Wasserwirtschaft) anhand ausgewählter
regionaler Klimaprojektionen abgeschätzt
und bewertet. Aktuell liegen für Bayern ver­
schiedene Klimaprojektionen vor, die mit
statistischen und mit dynamischen Region­
alisierungsverfahren abgeleitet wurden.
8
Aufgrund einer vergleichenden Auswertung
werden die mit dem statistischen Verfahren
WETTREG-2006 ermittelten Datensätze –
Projektionen des Umweltbundesamtes (UBA)
für drei verschiedene Emissionsszenarien
A1B, A2 und B1 (vgl. 4.Sachstandsbericht zur
Klimaänderung IPCC 2007) – gewählt (vgl.
Tabelle 2); diese stellen die Grundannahme
der BayKLAS für die Jahre 2021–2050
(nähere Zukunft) sowie die Jahre 2071–2100
(fernere Zukunft) dar.
Klimawandel
in Bayern
Tabelle 1:
Region
Trend der Temperatur [° C / 75 a]
Änderung des
Gebietsniederschlags [%]
Änderung des Starkniederschlags
(Dauer = 1 Tag) [%]
Winterhalbjahr
Sommerhalbjahr
Winterhalbjahr
Sommerhalbjahr
Winterhalbjahr
Sommerhalbjahr
Nordbayern
+ 1,1
+ 0,8
+ 25,7
- 4,4
+ 32,6
- 3,8
Südbayern
+ 1,3
+ 1,0
+ 24,6
- 2,2
+ 18,4
- 0,4
Langzeitverhalten verschiedener meteorologischer
Kenngrößen/ Extremwerte für die hydrologischen
Halbjahre im Zeitraum 1931–2005, Ergebnis des
Klimamonitorings
Tabelle 2:
Zeitraum 2021–2050
Zeitraum 2071–2100
Minimum
Mittel
Maximum
Minimum
Mittel
Maximum
hydrologisches Winterhalbjahr
(November – April)
+ 0,9
+ 0,9
+ 1,0
+ 2,2
+ 2,5
+ 2,8
hydrologisches Sommerhalbjahr
(Mai – Oktober)
+ 0,5
+ 0,7
+ 0,8
+ 1,6
+ 1,7
+ 1,9
- Nordbayern
+ 4,5
+ 5,9
+ 7,0
+ 12,0
+ 15,2
+ 20,2
- Südbayern
+ 1,3
+ 2,9
+ 4,0
+ 0,3
+ 3,6
+ 7,5
- Nordbayern
- 4,2
- 6,9
- 8,8
- 16,8
- 19,0
- 20,6
- Südbayern
- 3,6
- 6,5
- 8,8
- 17,9
- 20,7
- 23,6
Temperatur [° C]
Niederschlag [%]
hydrologisches Winterhalbjahr
hydrologisches Sommerhalbjahr
Darstellung der Ergebnisse der Klimaszenarien
für Bayern basierend auf Ergebnissen des KLIWAProjekts (Regionale WETTREG-2006/A1B,
A2 & B1-Datensätze, ECHAM5), Veränderung im
Vergleich zum Ist-Zustand 1971–2000
9
Den in Tabelle 2 dargestellten Ergebnissen liegt der statistische Modellansatz von WETTREG
zu Grunde. Bedingt durch die Extrapolation statistischer Parameter in die ferne Zukunft
und die damit verbundene Unsicherheit wird nachfolgend nur die mögliche Entwicklung
der klimatischen Verhältnisse in Bayern für den Zeitraum 2021– 2050 im Vergleich zur
Referenzperiode 1971–2000 diskutiert.
•Die mittlere Lufttemperatur wird in Bayern auch in der Zukunft weiter deutlich ansteigen.
Die Zunahmen fallen im hydrologischen Winter mit ca. 1° C geringfügig stärker aus als
im hydrologischen Sommer mit ca. 0,7° C. Im Sommerhalbjahr wird die mittlere Tagestemperatur ca. 14° C betragen, im Winter ca. 2,5° C.
•Die Anzahl der Sommertage (Tage mit Tmax > 25° C) in Bayern dürfte sich im Mittel von
32 auf ca. 42 Tage erhöhen. Die Anzahl der heißen Tage (Tage mit Tmax > 30° C) wird sich
um ca. 50 % erhöhen.
•Die Anzahl der Frosttage (Tage mit Tmin < 0° C) verringert sich im Mittel um rund 15 %
gegenüber dem derzeitigen Klima. Die Anzahl der Eistage (Tage mit Tmax < 0° C) wird
noch deutlicher um durchschnittlich 30 % abnehmen. Dies bedingt auch eine Verlängerung
der Vegetationsperioden. Auch verändert sich die Schneedeckendauer dadurch ganz
erheblich, vor allem in den mittleren und tieferen Lagen.
•Der mittlere Jahresniederschlag bleibt in Bayern in seiner Größenordnung voraussichtlich
erhalten bzw. wird sogar etwas zunehmen, erfährt jedoch innerjährliche und regionale
Verschiebungen. Die bereits beobachtete Tendenz zur innerjährlichen Verschiebung vom
Sommer- zum Winterhalbjahr dürfte sich also verstärken – mit Auswirkungen auf das
bisherige Abflussregime der Gewässer in Bayern.
•Im Winterhalbjahr lässt sich eine landesweite Zunahme der Niederschläge erkennen.
Je nach Flussgebietsregion beträgt die unterschiedlich stark ausgeprägte Zunahme dabei
bis zu 10 %. Auch die Anzahl der Tage mit hohen Niederschlägen (größer 25 mm) wird
künftig im Winter steigen, v. a. im Nordwesten Bayerns.
•Im Sommerhalbjahr ist ein rückläufiger Trend für die mittleren Niederschläge in Bayern
feststellbar, je nach Flussgebietsregion mit Abnahmen von bis zu 12 %. Die Nieder­
schlagsintensität einzelner Ereignisse und die Variabilität des Niederschlagsgeschehens
werden voraussichtlich zunehmen.
•Beim Auftreten von Trockentagen (Niederschlag weniger als 1 mm) ist von einer
saisonalen Differenzierung auszugehen: im Dezember bis Februar nehmen die Trocken­
tage ab, während sie in den für die Vegetation wichtigen Monaten April bis August
zunehmen. Regional wird es dadurch im Sommer zu einer Erhöhung der Anzahl der
Trockentage und auch zu einer Ausdehnung von Trockenperioden kommen.
•Wetterlagen: Im Winter werden die Häufigkeit und Dauer der für die Hochwasser­
bildung bedeutsamen Westwetterlagen zunehmen. Im Sommer sind keine größeren
Änderungen zu erwarten.
10
Klimawandel
in Bayern
Die Veränderung der oben genannten Klimagrößen lassen deutliche Auswirkungen auf den
Wasserhaushalt erwarten. So ist damit zu rechnen, dass Verschiebungen im Jahresgang
des Abflussverhaltens der Fließgewässer mit höheren mittleren Abflüssen im Winterhalb­
jahr und einem zeitweilig weiteren Rückgang der Abflüsse in den abflussschwachen
Monaten (die erwartete Temperaturzunahme im Winter verringert die Zwischenspeicherung
von Niederschlag als Schnee und verstärkt diese generell abnehmende Tendenz beson­
ders im Frühjahr) auftreten. Dadurch können extremere Abflusssituationen, nämlich größere
Hochwasser und Niedrigwasserperioden zu nehmen. Für den Zeitraum 2071–2100
werden sich die obengenannten Änderungen fortsetzen bzw. weiter verstärken, wie Tabelle 2
für die mittlere Lufttemperatur und die mittleren Niederschläge erkennen lässt.
Umgang mit Neben den gewählten regionalen Klimaprojektionen aus WETTREG-2006 (vgl. Tabelle 2),
Unsicherheiten die das UBA für Deutschland auf Basis des globalen Klimamodells ECHAM5 erstellen
ließ und einer regionalen Klimaprojektion für Süddeutschland aus dem Vorhaben KLIWA
(regionaler WETTREG-2003/B2-Datensatz, ECHAM 4) liegen zwischenzeitlich auch
weitere deutschlandweite Klimaprojektionen vor. Der Vergleich der vorhandenen regionalen
Klimaszenarien hinsichtlich der Kenngrößen Temperatur und Niederschlag zeigt eine
gewisse Bandbreite auf. Dies liegt daran, dass derzeit nicht alle Prozesse des Klimasystems
voll verstanden und in Klimamodellen abgebildet sind sowie Unterschiede bei den zu­
grundeliegenden Globalmodellen vorliegen. Somit werden auch die Unsicherheiten der
Grundlagen in dieser Bandbreite widergespiegelt.
Hinzu kommen aber auch Unsicherheiten im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung, z. B.
der Treibhausgasemissionen, des Bevölkerungswachstums, der Landnutzungsänderung
oder des Wirtschaftswachstums, die über die unterschiedlichen Emissionsszenarien abge­
deckt werden. Um die Unsicherheiten und Variabilitäten der Modellergebnisse erfassen
und bewerten zu können, kombinieren Klimaforscher verschiedene Regionalmodelle mit
unterschiedlichen Randbedingungen (Szenarien). Diese sogenannten „Multi-Model­
Ensembles“-Ansätze ermöglichen es, plausible Spannweiten nach dem erreichten Stand von
Wissenschaft und Forschung für die Entwicklung der klimatischen Kenngrößen anzugeben.
11
4
Handlungsfelder
Grundsätzlich müssen wir uns darauf einstellen, dass direkte und
indirekte Auswirkungen des Klimawandels, aber auch von Klima­
schutz- und Anpassungsmaßnahmen, in jedem gesellschaftlichen
und wirtschaftlichen Sektor auftreten können. Mit dem Klima­
programm Bayern 2020 (Bayerische Staatsregierung 2007) und den
Ergebnissen der Studie Klimaanpassung Bayern 2020 (Universität
Bayreuth, Oktober 2007, vgl. LfU 2008) sind die derzeit vordring­
lichsten Handlungsfelder für die Anpassung an den Klimawandel
in Bayern ermittelt:
12
Wasserwirtschaft
Landwirtschaft
Wald und Forstwirtschaft
Naturschutz
Bodenschutz / Georisiken
Gesundheit
Katastrophenschutz
Raumordnung (Landes- und
Regionalplanung)
Städtebau/Bauleitplanung
Bauen (Gebäudeplanung und
Bautechnik)
Straßenbau und Verkehr
Energiewirtschaft
Industrie und Gewerbe
Tourismus
Finanzwirtschaft
Handlungs­
felder
13
Für die einzelnen Handlungsfelder werden in der BayKLAS systematisch dargestellt:
•Auswirkungen und Betroffenheit (Folgen und Vulnerabilität)
•Handlungsbedarf bzw. die Handlungsziele (Handlungsziele)
•bestehende staatliche und nichtstaatliche Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen
des Klimawandels (bestehende Anpassungsmaßnahmen)
•Handlungsoptionen, welche mittelfristig bis 2020 ergriffen werden können (weiter­
gehende staatliche und nicht staatliche Handlungsoptionen).
Einige Maßnahmen lassen sich nicht eindeutig einem einzigen Handlungsfeld zuordnen.
Sie verfolgen einen integralen Ansatz und bedürfen daher der Zusammenarbeit verschie­
dener Handlungsfelder (z. B. Niedrigwassermanagement erfordert die Zusammenarbeit der
Handlungsfelder Wasserwirtschaft, Landwirtschaft, Energiewirtschaft, Industrie und
Gewerbe). Solche Handlungsoptionen werden durch den Vermerk „Querverweis > Hand­
lungsfeld“ gekennzeichnet.
Bei der Auswahl der bestehenden und weiterführenden Maßnahmen zur Anpassung an
die unvermeidbaren Folgen des Klimawandels werden mehrere Prinzipien beachtet:
•Nachhaltigkeit
Die Maßnahmen sollten eine dauerhaft umweltgerechte Entwicklung von Gesellschaft
und Wirtschaft ermöglichen. Dabei besitzen eine nachhaltige, umweltverträgliche
Landnutzung und erneuerbare Ressourcen künftig mehr denn je eine entscheidende
Bedeutung für die nachhaltige Entwicklung unserer Gesellschaft und Wirtschaft
(wissensbasierte „Bio-Ökonomie“). Wegen der starken Kopplung von biologischer
Vielfalt und Klimawandel müssen bei allen Anpassungsmaßnahmen – soweit möglich –
der Erhalt der biologischen Vielfalt bzw. deren Stärkung bedacht werden.
•Umweltverträglichkeit
Die Maßnahmen sollten nicht zu signifikant negativen Auswirkungen auf die Umwelt
führen. Die Prüfung der verschiedenen Aspekte erfolgt durch die bestehenden Um­
weltfolgenprüfungen (UVP, SUP, naturschutzrechtliche Eingriffsregelung, …), die für
bestimmte Projekte, formelle Pläne, z. T. Politiken und konkrete Projekte rechtlich
verankert sind. Umgekehrt sollten bei Projektplanungen und -genehmigungen künftig
verstärkt auch mögliche Auswirkungen des Klimawandels sowie etwaige positive
oder negative Rückwirkungen auf Klimaschutz- und Anpassungsziele ins Kalkül gezogen
werden.
14
Handlungs­
felder
•Wechselwirkungen zwischen Klimaschutz und Anpassung
Auswirkungen des Klimawandels und Anpassungsmaßnahmen können divers Wechsel­
wirkungen (Synergien, Zielkonflikte) zu Klimaschutzmaßnahmen entfalten. Einerseits
können Klimaschutzmaßnahmen aufgrund des Klimawandels in Gefahr geraten und be­
dürfen daher ggf. der Anpassung (z. B. Anbau nachwachsender Rohstoffe, C-Speicherung
in Mooren). Andererseits bestehen Synergien z. B. bei der Wärmedämmung von Altbauten
mit Holzweichfaserplatten (> Gesundheit und Energieeinsparung). Synergieeffekte
sowie negative Auswirkungen auf Dritte sollten bei der Umsetzung der BayKLAS beson­
dere Berücksichtigung finden.
•Integrative Ansätze
Die Bayerische Staatsregierung setzt auf das Prinzip der Kooperation und Solidarität,
wodurch Zielkonflikte rechtzeitig erkannt und wenn möglich vermieden werden. Effektive
Managementansätze mit Synergieeffekten für mehrere Handlungsfelder sollen vor­
rangig unterstützt werden (z. B. Renaturierung von Gewässern als Anpassung an verstärkte
Hochwasserrisiken und zur Umsetzung der Ziele des Naturschutzes).
•Unsicherheiten
Unsicherheiten bestehen sowohl hinsichtlich der zukünftigen Klimakenngrößen (Kap. 2)
als auch hinsichtlich der Auswirkungen des Klimawandels in allen Handlungsbereichen.
Politik und Gesellschaft müssen diesen Unsicherheiten bei der Auswahl der Anpassungs­
maßnahmen Rechnung tragen. Da das Vorsorgeprinzip hierbei an praktische und finanzielle
Grenzen stößt, kommt es besonders auf die Nutzung von Synergien an sowie auf Maß­
nahmen, die auch bei unterschiedlich starkem Klimawandel sinnvoll sind (No-Regret-Policy).
•Sonderrolle Wasser
Von besonderer Bedeutung für Anpassungsmaßnahmen ist die künftige Verfügbarkeit
der Lebensgrundlage Wasser. Der vom Wasserkreislauf bestimmte Wasserhaushalt ist
ein Querschnittsfaktor, der nicht nur das Aufgabenfeld Wasserwirtschaft, sondern auch
andere Sektoren unseres gesellschaftlichen Umfeldes, insbesondere des Naturraumes
und der wasserbezogenen Wirtschaftsbereiche wie Energieerzeugung, Landwirtschaft,
Fischerei oder Tourismus betreffen wird. Die Veränderungen des Wasserhaushalts sind
deshalb eine wichtige Grundlage, die bei der Konzeption von Anpassungsmaßnahmen
für eine Reihe vom Klimawandel betroffener Sektoren von Bedeutung und sachgerecht
zu berücksichtigen sind.
15
4.1
Wasserwirtschaft
Der Klimawandel führt zu Veränderungen
des Wasserkreislaufs auch in Bayern. Veränderungen des Wasserhaushalts haben
Auswirkungen auf nahezu alle dargestellten
Handlungsfelder. Ganz besonders betroffen
ist jedoch die Wasserwirtschaft selbst.
Sie muss sich beispielsweise auf veränderte
Wasserdargebots- und -nachfragesituationen sowie eine Zunahme von Hochwasserereignissen und Dürren einstellen.
Zuständigkeit: StMUG unter Beteiligung von StMELF, StMWIVT, StMI
Den Kommunen kommt als Träger der Ausbau- und Unterhaltungslast an den Gewässern
dritter Ordnung, als Betreiber bzw. Verantwortliche der Daseinsvorsorge
(v. a. der Wasserver- und -entsorgung) und als Träger öffentlicher Interessen eine große Verantwortung für die Planung und Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen zu.
Einbeziehen öffentlicher Akteure: Wasserforum Bayern
Intersektorale Vernetzung: Landwirtschaft, Wald und Forstwirtschaft, Naturschutz, Bodenschutz, Georisiken, Gesundheit, Städtebau/Bauleitplanung, Bauen, Tourismus, Energiewirtschaft
16
Handlungs­
felder
Folgen und Vulnerabilität
Die beschriebenen Veränderungen des Niederschlagsregimes (feuchtere Winter, trockenere
Sommer) wirken sich auf sämtliche Bereiche der Wasserwirtschaft aus:
•Geänderte Verfügbarkeit des Grundwassers in einzelnen Landesteilen und zu bestimmten
Jahreszeiten (Grundwasserneubildung, Grundwasservorräte bzw. Quellschüttungen)
•Änderung von Wasserstand und Abflussregime der Fließgewässer (Hoch- und Niedrig­
wasser) mit Konsequenzen für die verschiedenen Nutzungen
•Zunahme der Intensität und Häufigkeit von Extremereignissen (Starkregen, Hochwasser,
Trocken- und Niedrigwasserperioden, Stürme). Diese Ereignisse können hohe Schäden
an Ver- und Entsorgungseinrichtungen und zeitweilig lokale Einschränkungen der Versor­
gungssicherheit in der öffentlichen Wasserversorgung sowie Abwasserentsorgung
verursachen.
•Veränderung des Temperaturregimes sowie des ökologischen Zustands von Oberflächen
gewässern und des Grundwassers mit negativen Folgen, z. B. für die Fischerei und
andere Nutzungen
•Zunahme des Geschiebetransports bei höheren Abflüssen mit Konsequenzen insbeson­
dere für den Hochwasserschutz
Handlungsziele
•Erhalt und weitere Verbesserung des Hochwasserschutzes in den drei Handlungsfeldern
natürlicher Rückhalt, technischer Hochwasserschutz und Hochwasservorsorge
•Sichern der Wasserressourcen nach Menge und Qualität und Erhalt der Versorgungs­
sicherheit für Trink- und Brauchwasser
•Erhalt der Entsorgungssicherheit bei der Abwasserentsorgung (Niederschlagswasser,
Abwasser)
•Berücksichtigen des Einflusses des Klimawandels auf Wasserqualität und -menge bei
der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie und im Gewässergütemanagement
•Frühzeitiges Aufdecken nachteiliger Entwicklungen von Wasserqualität und -menge
insbesondere bei verstärktem Anbau nachwachsender Rohstoffe und intensiver Nutzung
der Geothermie
17
Bestehende Anpassungsmaßnahmen
Verbesserung des Hochwasserschutzes
•konsequente Fortführung des Hochwasserschutz-Aktionsprogramms 2020 unter Berück­
sichtigung des Klimawandels (z. B. Einführung eines Klimaänderungszuschlag bei der
Bemessung von neuen Hochwasserschutzprojekten in 2004, Sicherung und Ausbau von
HW-Rückhaltepotentialen)
• Ermitteln und Ausweisen von Überschwemmungsgebieten (§ 31 b WHG) und konse­
quenter Vollzug der damit verbundenen Nutzungsvorgaben insbesondere für einen
schadlosen Hochwasserabfluss (Querverweis > Landwirtschaft, Wald und Forstwirt­
schaft, Raumordnung, Städtebau/Bauleitplanung, Bauen, Naturschutz)
• Aufstellen von Hochwassergefahren- und -risikokarten und Hochwasserrisikomanage­
mentplänen (Art. 6 und 7 EG-Hochwasserrichtlinie 1) sowie Risikokommunikation
• Reduzierung der Restrisiken bei überströmungsgefährdeten Hochwasserschutzanlagen
durch bedarfsweise überströmungssichere Bauabschnitte
• Freihalten von Notüberlaufräumen als Notfall-Speicher jenseits des Regelhochwasser­
managements
Vorsorge gegen Trockenheit und Dürre
• Optimieren wasserwirtschaftlicher Messnetze und Intensivieren des Monitorings klima­
bedingter Änderungen der Wasserhaushaltsgrößen als Fundament des Niedrigwasser­
managements
• Prüfen und Sichern weiterer Standorte für Speicher zur Niedrigwasseraufhöhung sowie
für Trinkwassertalsperren (Querverweis > Raumordnung, Naturschutz)
• Erfassen und Bewerten der Versorgungssicherheit der Wasserversorgung bei veränderten
Wasserdargebotssituationen unter Berücksichtigung der demographischen Entwicklung
(regionale Zu- bzw. Abwanderung) und Durchführen sachgerechter Anpassungsmaß­
nahmen z. B.:
- Ermitteln der Bedarfsprognosen und Wasserbilanzen für kommunale Wasserversorgungs­
anlagen und Überprüfen der Betriebspläne vorhandener Talsperren auch bei mehr­
jährigen Trockenphasen sowie Ermitteln der Bedarfsdeckung von Industrie, Gewerbe
und Landwirtschaft
- Sichern, Anpassen sowie Ausweisen von Wasserschutz-, Wasservorrang- und Wasser­
vorbehaltsgebiete sowie potenzieller Standorte für Trinkwassertalsperren, auch wenn
konkrete Nutzungsabsichten noch nicht bestehen (Querverweis > Naturschutz, Raum­
ordnung)
- Initiieren von Maßnahmen zum örtlichen oder regionalen Verbund von Anlagen oder zur
Errichtung zusätzlicher Wassergewinnungsanlagen ("Zweites Standbein")
• Fortschreiben der Wärmelastpläne und Aufstellen von Niedrigwassermanagementplänen
• Nutzen von Potenzialen zum Wasserrückhalt und zur Erhöhung der Grundwasserneubil­
dung (dezentrale Niederschlagswasserversickerung, Minimierung der Versiegelung
insbesondere im ländlichen Raum (Querverweis > Landwirtschaft, Wald und Forstwirt­
schaft, Naturschutz, Raumplanung, Städtebau/Bauleitplanung, Bauen)
Erhalt der biologischen Funktionsfähigkeit der Gewässer
• Berücksichtigung der Biodiversität bei Maßnahmen des Hochwasserschutzes und der
Gewässerentwicklung
• Konsequente Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie
1 Richtlinie 2007/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007
18
über die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken
Handlungs­
felder
Weitergehende staatliche Handlungsoptionen
• Fortführen der Ermittlung belastbarer regionaler Daten über die zukünftige Entwicklung
der Hoch- und Niedrigwasserabflüsse, der Grundwasserneubildung und der Wasserqualität
von Grundwasser und Oberflächengewässern
•Entwicklung von Managementkonzepten für extreme Niedrigwasserereignisse zur
Bewirtschaftung des verfügbaren Wasserdargebots unter Berücksichtigung aller Wasser­
nutzungen (Vorrang der öffentlichen Wasserversorgung)
•Analyse der Wasserspeicherkapazität durch die Renaturierung von Mooren und Feucht­
gebieten (Querverweis > Naturschutz, Landwirtschaft, Forst)
•Entwicklung von Handlungsempfehlungen zum Aufbereiten und Wiederverwenden von
Abwasser
•Abmildern der Auswirkungen extremer sommerlicher Wassertemperaturen, z. B. durch
Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässerstruktur
•Berücksichtigen der zukünftigen klimatischen Entwicklung (z. B. Luft- bzw. Wasser­
temperatur, Abfluss, Grundwasserneubildungsrate) beim Erlass wasserrechtlicher
Bescheide (z. B. Auflagen zur Aufrechterhaltung von Wasserqualität und -quantität bei
der Genehmigung neuer Wassernutzungen)
•Ermitteln der Effekte des Klimawandels auf den Wasserhaushalt nach Menge und
Qualität auch mit Hilfe der Monitoringprogramme nach Wasserrahmenrichtlinie
•Beobachten der Auswirkungen möglicher Vegetations- und Landnutzungsänderungen auf
die Grundwasserqualität
Weitergehende nichtstaatliche Handlungsoptionen
•Erforderlichenfalls Aufbereiten (Reinigung/Hygienisierung) und Wiederverwenden von
Abwasser v. a. für den Wasserbedarf von Industrie, Gewerbe oder Landwirtschaft
•Verringern der Wärmelast von Gewässern (Kühlwasser) (Querverweis > Energie)
•Überrechnung der Entwässerungseinrichtungen kommunaler und privater Träger im
Hinblick auf Starkregenereignisse mit veränderter Intensität; erforderlichenfalls
entsprechende Anpassung
Weitergehende staatliche als auch nichtstaatliche Handlungsoptionen
•Überprüfung der Bemessungsansätze für die wasserwirtschaftlichen Infrastrukturen
(Kanal- und Versorgungssysteme, Wasserspeicher, Hochwasserschutz)
19
4.2
Landwirtschaft
Die Agrarwirtschaft muss sich insbesondere ereignisse sowie Veränderungen bei der
auf eine längere Vegetationszeit, zunehNährstoffverfügbarkeit und beim Schader­
mende Trockenheit, häufigere Starkregenregeraufkommen einstellen.
Zuständigkeit: StMELF unter Beteiligung von StMUG
Einbeziehen öffentlicher Akteure: Bayerischer Bauernverband, ARGE Jagdgenossenschaften, Landesvereinigung für den ökologischen Landbau, Naturschutzverbände,
Jagdverbände
Intersektorale Vernetzung: Naturschutz, Wasserwirtschaft, Bodenschutz, Gesundheit,
Raumordnung
Folgen und Vulnerabilität
•Längere Vegetationszeit, höhere mittlere Temperaturen, veränderte Niederschlagsmengen
im Winter- und Sommerhalbjahr sowie dadurch bedingte längere Hitze und Trocken­
phasen erfordern Anpassungen der Bewirtschaftungssysteme, der Sorten- und Arten­
wahl sowie der Fruchtfolge
•Erhöhte CO2-Konzentrationen verstärken bei ausreichender Wasserversorgung das
Pflanzenwachstum und führen gleichzeitig zu einer veränderten chemischen Zusammen­
setzung des pflanzlichen Gewebes (erhöhte Kohlenhydrat- und niedrigere Nähr- und
Inhaltsstoffkonzentrationen)
•Zunahme saisonaler Witterungsunterschiede (z. B. lang anhaltende Trockenperioden,
Spätfrostgefährdung) und verstärktes Auftreten bzw. erhöhte Intensität extremer Natur­
gefahren (Starkregen, Hagel, Hitze, Sturm) beeinträchtigen die landwirtschaftliche
Planungs- und Ertragssicherheit
•Ausbreitung von neuen Schädlingen (überwiegend aus dem Süden zuwandernd) und
neuen Krankheiten für Pflanzen und Tiere
•Gefährdung der Bodenfruchtbarkeit und anderer Bodenfunktionen, z. B. durch Zunahme
des Bodenabtrags, Abnahme des Humusgehaltes
•Veränderte Lebensbedingungen für Wildtiere
•Verstärkte Anforderungen an die Anpassung von Wildbeständen durch Jagdausübung
20
Handlungs­
felder
Handlungsziele
•Vorsorge hinsichtlich Gefahren durch neue Schädlinge und Krankheiten (Tierhaltung,
Pflanzenbau)
•Anpassen der Bewirtschaftungssysteme, um verstärkt auftretenden Trockenzeiten
und nachteiligen Veränderungen der Anbaubedingungen entgegen zu wirken (z. B. Fördern
der Grundwasserneubildung, Erosionsschutz, Vermindern von Humusabbau)
•Ausdehnen des ökologischen Landbaus als Bewirtschaftungssystem, das in besonderem
Maß die Auswirkungen des Klimawandels mindert bzw. zur Reduzierung klimarelevanter
Emissionen beiträgt (Erhalt des humosen Oberbodens; Erosions-, Grundwasserschutz,
biologische N-Bindung, Reduktion der flächenbezogenen CO2-Emissionen)
•Anpassen der Bewirtschaftungsmethoden für die Teichwirtschaft (neben einem voraus­
schauenden Wassermanagement, gezielte Besatzsteuerung, Berücksichtigung erhöhter
Krankheitsanfälligkeit)
Bestehende Anpassungsmaßnahmen
•Strategische Ansätze zur Schadensbegrenzung in den verschiedenen Produktions­
bereichen z. B.
- Verbundprojekt „Agro-Klima Bayern“: Weiterentwicklung von Anbau-, Bodenbearbei­
tungs-, Düngungs- und Bewässerungssystemen im Hinblick auf den Klimawandel, um
Wassereffizienz, Umweltverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit zu steigern
- Forschungsprojekt „Pflanzenzucht 2020“: Züchtung von Trockenstress toleranten Pflanzen
- Entwicklung neuer Behandlungsstrategien im Pflanzenschutz als Reaktion auf verän­
dertes Schaderregeraufkommen infolge des Klimawandels, unter besonderer Berück­
sichtigung des integrierten Pflanzenschutzes sowie des Pflanzenschutzes im ökolo­
gischen Landbau
•schonende Nutzung der Ressourcen Wasser und Boden durch Entwicklung entspre­
chender Bewässerungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung der wasserwirtschaftlichen
Prioritäten (Querverweis > Wasserwirtschaft) und Anpassen der Sorten-/Artenauswahl
an die Verfügbarkeit von Beregnungswasser
•Weiterentwicklung des ökologischen Landbaus im Hinblick auf den Klimawandel, um
Effizienz, Wirtschaftlichkeit und Umweltleistungen zu steigern
•Anbau- und Nutzungsempfehlungen für Energiepflanzen (StMELF und StMUG 2008)
(Querverweis > Naturschutz)
21
Weitergehende staatliche Handlungsoptionen
Ressourcenschutz
•Anpassen von Genehmigungs-, Kontroll- und Förderinstrumenten, um negative Auswir­
kungen von Bewässerungsmaßnahmen auf den Grundwasserspiegel und wasser­
abhängige Biotoptypen zu vermeiden (z. B. wasserrechtliche Genehmigung) (Querver­
weis > Wasserwirtschaft, Naturschutz)
•Entwickeln von Kriterien für die Anpassung der Landnutzung zum Schutz vor klima­
bedingt möglicherweise zunehmender Bodenerosion, Humusabbau und Strukturver­
änderungen
•Nutzung und Anpassung bestehender Steuerungs- und Anreizinstrumente (z. B. Land­
schaftsplanung, Schutzgebietsverordnungen, Agrarumweltförderung) für die Vermeidung
negativer Auswirkungen auf besonders empfindliche Biotope und Kerngebiete des
Naturschutzes beim Anbau von Energiepflanzen (Querverweis > Naturschutz)
•Anpassen der Fördermöglichkeiten für Bewirtschaftungssysteme, die Synergien zwischen
Naturschutz, Wasserwirtschaft (Hochwasserschutz, Umsetzung WRRL) und Klimaan­
passung ermöglichen (z. B. Grünlandnutzung in Wasserschutzgebieten)
Monitoringsysteme
•Überprüfung bestehender landwirtschaftlicher Monitoringsysteme auf Ergänzungsbedarf
durch weitere Klimaindikatoren
•Entwicklung eines Monitoringsystems für den Bodenwassergehalt landwirtschaftlich
genutzter Flächen im Rahmen der agrarmeteorologischen Messstationen
•Entwicklung von Monitoringsystemen zum frühzeitigen Erkennen neuer Krankheiten bei
Pflanzen und Tieren
Weitergehende nichtstaatliche Handlungsoptionen
Ressourcenschutz
•Vermeiden negativer Auswirkungen von Bewässerungsmaßnahmen auf den Grund­
wasserhaushalt und wasserabhängige Biotope
•Überprüfen der Notwendigkeit von Entwässerungsmaßnahmen auf Grenzertragsstand­
orten, Anpassen der Bewirtschaftung an möglicherweise verstärkt auftretende Erosion
durch Extremereignisse (Trockenheit, Starkregen). z. B. Optimierung der Fruchtfolge
22
4.3 Wald
und Forstwirtschaft
Der Klimawandel wird Auswirkungen auf
das Waldwachstum, die Baumartenzusammensetzung, die Boden- und Hangstabilität,
Handlungs­
felder
die Risiken durch abiotische und biotische
Schadensfaktoren und damit auf die Stabilität
von Waldökosysteme insgesamt haben.
Zuständigkeit: StMELF unter Beteiligung von StMUG
Einbeziehen öffentlicher Akteure:
a) öffentlich: Bayerische Forstverwaltung, Bayerische Staatsforsten
b) Eigentümervertreter: Forstliche Zusammenschlüsse (Forstbetriebsgemeinschaften,
Waldbesitzervereinigungen, Forstwirtschaftliche Vereinigungen), Gemeindetag, Städtetag,
Bayerischer Waldbesitzerverband, Bayerischer Bauernverband, ARGE Jagdgenossenschaften, Grundbesitzerverband
c) berufsständisch: Bayerischer Forstverein, Bund deutscher Forstleute, Gewerkschaft IG
B.A.U., VhBB, Weihenstephaner Forstingenieure, Verband freiberuflicher Forstsachverständiger, Verband der Forsttechniker, Landesbeirat Holz Bayern, Cluster Forst und Holz in
Bayern
d) Sonstige: AFSV, ANW, Forstexperten, SDW, Verein für Standorterkundung, Verein zur
Förderung der Waldforschung, Jagdverbände
Intersektorale Vernetzung: Wasserwirtschaft, Naturschutz, Bodenschutz und Georisiken,
Energiewirtschaft
23
Folgen und Vulnerabilität
•Längere Vegetationsperiode, höhere mittlere Temperaturen und ein geändertes Wasser­
regime bedingen möglicherweise Ertragszuwächse, aber auch eine Zunahme von
Schädlingsbefall (z. B. Borkenkäfer) und Pflanzenkrankheiten sowie verstärkten Humusabbau
• Zunahme saisonaler Witterungsunterschiede (z. B. Trockenperioden, Spätfrost) und
von Extremereignissen (Starkregen, Hagel, Sturm) beeinträchtigen die forstwirtschaftliche
Planungs- und Ertragssicherheit.
•Erhöhung von Hitzestress, Waldbrandgefahr und Versauerungsgefährdung
•Zunehmende Verdrängung der an kühl-feuchte Bedingungen angepassten Arten durch
Wärme liebende und trockenheitsverträgliche Arten. Hiervon betroffen sind auch
260 000 ha Privat-/Körperschaftswald.
•Die privaten Wälder und Waldbesitzer sind ist aufgrund überdurchschnittlich vieler Risiko­
bestände und ungünstiger Strukturen (u. a. geringe Betriebs- und Parzellengröße) besonders
gefährdet.
Handlungsziele
•Anpassung der Baumarten- und Herkunftswahl
•Identifikation von potenziell besonders gefährdeten Waldflächen (Risikobestände)
•Aufbau zukunftsfähiger Mischwälder durch Waldumbau und -pflege
•Stabilisierung der Bergwälder und ihrer Funktionen durch Schutzwaldpflege und Schutz­
waldsanierung (Schutz vor Lawinen, Steinschlag, Hochwasser)
•angepasste Schalenwildbestände nach dem gesetzlichen Grundsatz „Wald vor Wild“
(gemeinsame Verantwortung von Jägern, Jagdgenossenschaften, Jagdbehörden und der
Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten)
•Entwicklung von Prognosesystemen (z. B. regionale Klima-Risiko-Karten für Baumarten)
•Entwicklung von Konzepten zur Minimierung der Folgeschäden von Großschadensereig­
nissen (z. B. Katastrophenpläne, Lagerplatzkonzepte)
•Vermindern der Anfälligkeit von Betrieben im (Klein-)Privatwald
•Stärkung von Handlungs- und Entscheidungskompetenzen der heute und zukünftig
verantwortlichen Akteure
•weiterhin aktive Vernetzung und Zusammenarbeit aller forstlichen Akteure und Entschei­
dungsträger
24
Handlungs­
felder
Bestehende Anpassungsmaßnahmen
•Schulterschluss der Staatsregierung mit allen 21 forstlichen Verbänden und Vereinen
in Bayern im Rahmen der „Weihenstephaner Erklärung zu Wald und Forstwirtschaft im
Klimawandel 2 (StMELF et al. 2008)“
•Stärken der Fähigkeiten der Waldbesitzer zur präventiven Schadensminderung und
Bewältigung akuter Schadensfälle durch Aufklärung, Beratung, Aus- und Fortbildung
•Förderprogramme zum Waldumbau, v. a. von Fichten- und Fichten-Kiefern-Beständen
in artenreiche Mischbestände (Privat- und Körperschaftswald: 100 000 ha; Staatswald:
80 000 ha jeweils bis 2020)
•Schutzmaßnahmen im Bergwald (Bergwaldoffensive) wie z. B. Intensivierung von Schutz­
waldpflege und -sanierung in Verbindung mit einer effektiven Schalenwildregulierung
•Forschungspaket Forst in Bezug auf den Klimawandel (Risiken für Wälder beobachten
und quantifizieren, Anpassen der Baumartenempfehlungen, Überarbeiten von Standort­
kartierung, Waldbrand- und Schädlingsprävention)
•Aktionen zum Schutz der biologischen Vielfalt (z. B. Renaturierung von Mooren oder
Auwäldern, Naturwaldreservate) (Querverweis > Naturschutz, Wasserwirtschaft)
•Bereitstellung von Entscheidungshilfen für Anpassungsmaßnahmen (z. B. durch Ent­
wicklung standort- und baumartenbezogener Anbauempfehlungen)
•Abbau struktureller Nachteile durch bedarfsgerechte Walderschließung, Waldneuord­
nungen sowie Unterstützung effizienter forstlicher Zusammenschlüsse zur raschen
und effizienten Anpassung an den Klimawandel sowie zur Steigerung der nachhaltigen
Holznutzung (Querverweis > Klimaschutz)
•gezielte waldpädagogische Konzepte und Angebote (z. B. an den Bergwalderlebniszentren)
Weitergehende staatliche Handlungsoptionen
•Entwicklung und Förderung von Bewirtschaftungssystemen, die Synergien zwischen
Naturschutz, Wasserwirtschaft und Klimaanpassung ermöglichen (z. B. Neuanlage von
Auwald, Waldumbau)
•Analyse und Bewältigung von Zielkonflikten zum Naturschutz (z. B. beim Anbau gebiets­
fremder Arten in der Nähe von Schutzgebieten, Anpassung der Bewirtschaftungsmethoden
und Nutzungsintensität)
•Beobachten und Quantifizieren von biotischen und abiotischen Kalamitätsrisiken für Wälder
•Ergänzen bestehender forstwirtschaftlicher Monitoringsysteme (z. B. Bundeswaldinventur,
Waldklimastationen) um Klimaindikatoren
Weitergehende nichtstaatliche Handlungsoptionen
•Entwicklung von Versicherungs- oder Fonds-Lösungen zur Absicherung von Kalamitäts­
risiken (ohne staatliche Beteiligung)
•Bildung/Erweiterung forstlicher Zusammenschlüsse von Waldbesitzern
2 Gemeinsame Erklärung der Bayerischen Staatsregierung und der forstlichen Verbände und
Vereine in Bayern (Waldtag Bayern Freising-Weihenstephan, 18. Juli 2008)
25
4.4
Naturschutz
Der Erhalt der genetischen Vielfalt stellt
eine wichtige Vorsorgemaßnahme für die
menschliche Ernährung und die Stabilität
von Ökosystemen dar. Gegenwärtig ist ein
starker anthropogen bedingter Rückgang
an Arten, Lebensräumen und genetischer
Vielfalt (Biodiversität) zu beobachten.
Während durch die Erwärmung begünstigt
auch neue Arten nach Bayern zuwandern
und sich ausbreiten werden, können sich
die Verbreitungs- und Entwicklungsgebiete
einheimischer Arten in ihrer Lage und
Größe verändern. Vor allem an kühle Bedin­
gungen angepasste Arten werden dadurch
eventuell auch aussterben.
Zuständigkeit: StMUG unter Beteiligung von StMELF, StMI; beim jagdlichen Artenschutz:
Federführung StMELF
Einbeziehen öffentlicher Akteure: anerkannte Naturschutzverbände, Landschaftspflege­
verbände, ANL und andere Umweltbildungseinrichtungen
Intersektorale Vernetzung: Wasserwirtschaft, Landwirtschaft, Wald und Forstwirtschaft,
Stadt- und Landschaftsplanung, Bauen, Raumordnung, Tourismus
26
Handlungs­
felder
Folgen und Vulnerabilität
•zusätzliche Belastung sensibler Arten und Ökosysteme, insbesondere in den Naturräumen
der Alpen, den höheren Lagen der Mittelgebirge sowie in Feuchtgebieten und Talauen
•Verlagerung der Verbreitungsgebiete vieler Arten in vergleichsweise kurzen Zeiträumen
•Artenverluste für Flora und Fauna (in den nächsten Jahrzehnten auf 5–30 % bundesweit
geschätzt)
•Beeinträchtigung von Ökosystemfunktionen (z. B. Selbstreinigungskraft der Gewässer,
Kohlenstoffsenke der Wälder, Filter- und Pufferkapazität der Böden)
•Klimabedingte Veränderung der Zusammensetzung und Struktur von Lebensgemein­
schaften mit verschiedenen Risiken (entkoppelte Nahrungsketten, Auflösen von Sym­
biosen, mögliche Etablierung invasiver neuer Arten)
•Auftreten möglicher Zielkonflikte mit den Interessen des Naturschutzes aufgrund der
verstärkten Nutzung erneuerbarer Energien (z. B. großflächiger Anbau nachwachsender
Rohstoffe oder Ausbau der Wasserkraft)
Handlungsziele
•Erhalt der funktionellen und strukturellen Vielfalt ökologischer Systeme
•Erhalt bzw. Schaffen von Wandermöglichkeiten von Pflanzern und Tieren
(Biotopverbundsysteme)
•Erhalt ausreichend großer Populationen heimischer Arten
•Erhalt klimatisch und lufthygienisch wirksamer Flächen (Stadt-, Lokalklima)
•Erhalt der ökologischen Funktionen der Landschaft bei Maßnahmen zum Klimaschutz
•Erhalt und Verbesserung des Zustands wasserabhängiger Landökosysteme
(z. B. Auwälder, Moore) und der zugehörigen Lebensgemeinschaften
27
Bestehende Anpassungsmaßnahmen
•Umsetzung der Bayerischen Biodiversitätsstrategie sowie weitere Maßnahmen zur
Stabilisierung der biologischen Vielfalt und von Ökosystemen, um Rückzugs- und
Anpassungsräume für betroffene Arten und deren Lebensräume zu bieten, wie z. B.
- Vernetzen von Habitaten zur Schaffung von Wandermöglichkeiten für Tiere und Pflanzen
- Abmildern der Zerschneidungs- und Barrierewirkung insbesondere von Verkehrswegen,
Siedlungs- und Gewerbeflächen und Fließgewässerverbauungen
- Sichern und Entwickeln landesweit bedeutsamer Flächen (Naturschutzgebiete, geschützte
Landschaftsbestandteile usw.) als Kernflächen, Verbundachsen und Trittsteinbiotope
- Maßnahmen zum Erhalt besonders bedrohter Biotope (z. B. Renaturierung von Auen,
Quellen und Mooren) sowie besonders bedrohter Arten (insbesondere heimischer
und in Bayern endemischer Arten), Artenhilfsprogramme für Amphibien, Vögel, Fische
und Pflanzen
- Erhöhen der Nischen- und Strukturvielfalt in der Normallandschaft mit Unterstützung
der Agrarumweltprogramme von StMUG und StMELF 3 (Querverweis > Landwirtschaft,
Wald und Forstwirtschaft)
- Ökologischer Alpiner Verbund Bayern / Salzburg / Tirol / Vorarlberg im Rahmen des
Protokolls Naturschutz und Landschaftspflege der Alpenkonvention
•Aufnahme der Erfordernisse der Klimaanpassung in die Landschaftsplanung auf allen
Ebenen (Landschaftsprogramm, Landschaftsrahmenplan, Landschaftsplan) (Querverweis
> Städtebau/Bauleitplanung, Bauen) sowie in die Umweltfolgenprüfungen (z. B. natur­
schutzrechtliche Eingriffsregelung, Umweltverträglichkeitsprüfung)
•Vorkehrungen zur Verbesserung des Lokalklimas
- Erhalt und Renaturierung von Auen, Quellen und Mooren (Bayerisches Moorentwick­
lungskonzept bis 2020) mit dazugehörigen Lebensgemeinschaften
- Verbessern des Kleinklimas in großen Siedlungsräumen, Erhalt und Verbesserung
innerstädtischer Grünflächen, von Kalt- und Frischluftbahnen wie Wiesen und Talzügen
sowie lokalklimatisch bedeutsamer Wälder
- Förderung einer klimafreundlichen landwirtschaftlichen Nutzung von Niedermoorstand­
orten einschließlich Rückumwandlung von Ackerflächen in wiedervernässtes Grünland
3 z. B. Bayerisches Vertragsnaturschutzprogramm/Erschwernisausgleich (VNP) zur Förderung
naturschonender landwirtschaftlicher Bewirtschaftungsmaßnahmen auf ökologisch wertvollen
Flächen; Bayerisches Vertragsnaturschutzprogramm Wald (VNPWald) zur Förderung der natur­
schutzorientierten Bewirtschaftung von Wäldern; Landschaftspflege- und Naturpark-Richtlinien
28
zur Förderung des Erhalts, der Pflege und der Neuanlage ökologisch wertvoller Lebensräume
Handlungs­
felder
Weitergehende staatliche Handlungsoptionen
•Weiterentwicklung der Maßnahmen zur Stabilisierung der biologischen Vielfalt und von
Ökosystemen (z. B. Anpassung bestehender Artenhilfsprogramme, besondere Artenund Sortenhilfsmaßnahmen)
•Anpassen und Weiterentwickeln des Schutzgebietssystems einschließlich Anpassung
von Pflege- und Entwicklungsplänen/Managementplänen
•Weiterentwicklung der Landschaftsplanung auf allen Ebenen (Landschaftsprogramm,
Landschaftsrahmenplan, kommunaler Landschaftsplan) zu einem Planungs- und
Managementinstrument, das die Dynamik und Veränderung der Natur und Landschaft
einbezieht
- auf überörtlicher Ebene: Fokus auf flexible Entwicklungsmöglichkeiten im Zusammen­
spiel mit der Raumplanung
- Berücksichtigen von Prognosen zu Klimawandelfolgen sowie vorhandene Prognose­
unsicherheiten (Vorsorgeprinzip) bei der Prioritätensetzung
•Verstärkte Nutzung bestehender Steuerungsinstrumente und Anreize, um Zielkonflikte,
die aufgrund der verstärkten Nutzung erneuerbarer Energien auftreten, zu minimieren
und insbesondere sensible Biotope und die Kerngebiete des Naturschutzes zu erhalten
•Einrichten von Monitoring- und Forschungsprogrammen zu den Auswirkungen des
Klimawandels auf Arten und Biotope in ihrem gesamten Verbreitungsgebiet einschließlich
der Auswirkungen von Klimaschutz und Anpassung
- Sicherung, Weiterführung und Intensivierung langjähriger Messreihen zu den durch den
Klimawandel beeinflussbaren Zustandsparametern (z. B. Luft-, Boden-, Wassertemperatur,
Niederschläge, Corg-Gehalte im Boden, Bodenbiologie, Phänologie)
- Artenmonitoring (Geobotanisches Langzeitmonitoring, Monitoring ausgewählter, beson­
ders klimasensitiver Arten, in Bayern endemischer Arten sowie invasiver Arten
hinsichtlich Dynamik und Gefahrenpotenzial, Monitoring von Arten, die in Bayern ihren
Verbreitungsschwerpunkt haben)
Weitergehende nichtstaatliche Anpassungsmaßnahmen
•Bereitstellen privater Flächen für die Etablierung von Biotopverbund, Ausweichhabitaten
und zur Abpufferung der Belastung durch den Klimawandel (Verkauf, Verpachtung,
Nutzung von Fördermitteln) um die Anpassungsfähigkeit natürlicher Systeme zu sichern
29
4.5
Bodenschutz und Georisiken
Böden als Träger wichtiger ökologischer
Funktionen (z. B. Filter- und Pufferfunktion,
Grundwasserschutz) sind dem Klimawandel
in besonderem Maß ausgesetzt. Geologische Risiken wie z. B. Hangbewegungen
oder Felsstürze stellen vor allem im Alpenraum seit jeher eine latente Gefahr für Leben, Sachwerte und Infrastruktur dar. Wegen der mit dem Klimawandel verbun-
denen Häufung extremer Wetterereignisse ist in Zukunft mit einer Beeinträchtigung der ökologischen Leistungen von Böden und der Zunahme von Georisiken zu rechnen.
Zuständigkeit: StMUG unter Beteiligung von StMI, StMELF, StMWIVT
Einbeziehen öffentlicher Akteure: Bayerischer Bauernverband, Almbauernvereinigung,
Verband der Bergbahnbetreiber, Alpenverein, Sicherheitsbehörden, Katastrophenschutz­
behörden, Betreiber großer Infrastruktur (Bahn, Straßen), …
Intersektorale Vernetzung: Wasserwirtschaft, Landwirtschaft, Wald und Forstwirtschaft, Kommunen, Raumplanung, Verkehr, Industrie und Gewerbe, Tourismus, Naturschutz
30
Handlungs­
felder
Folgen und Vulnerabilität
•Erhöhung geologischer Risiken (Hangbewegungen, Rutschungen, Muren, Felsstürze,
Steinschlag)
•Zunahme der Intensität von Erosionsereignissen insbesondere infolge verstärkt auftretender
Extremereignisse (Starkregen, Sturm, Dürre)
•Veränderung der Filter- und Pufferfunktion von Böden, Sickerwasserraten/Grundwasser­
neubildung sowie des Wasserspeichervermögens
•Erhöhter Nährstoffaustrag im Winter
•Möglicherweise Veränderungen der Bodenfauna (Mikroorganismen, Regenwürmer,
Streuzersetzer) und dadurch bedingter Umsetzungsprozesse, ggf. verbunden mit Humus­
schwund in Böden
Handlungsziele
•Überwachen von Hangbewegungen und bayernweite Erarbeitung von digitalen Gefahren­
karten für geologische Risiken als Grundlage für Gefahrenprävention, -vorsorge und
-management
•Sichern der natürlichen Bodenfunktionen als Grundlage für deren ökologische Service­
leistungen
•Reduzieren des Flächenverbrauchs und der Flächenneuversiegelung, Intensivierung des
Flächenrecyclings und verstärkte Nutzung innerörtlicher Potenziale
Bestehende Anpassungsmaßnahmen
•Erarbeitung von Gefahrenhinweiskarten für geologische Gefährdungen für den bayerischen
Alpenraum als Grundlage für die flächenhafte Gefahrenvorsorge und -einschätzung
•Dauerhafte Untersuchung der Permafrost-Entwicklung in den bayerischen Alpen an der
Messstation an der Zugspitze
Weitergehende staatliche Handlungsoptionen
•Ausweiten des digitalen Georisk-Katasters und der Gefahrenhinweiskarten für geologische
Gefährdungen des LfU auf ganz Bayern
•Kartierung des Vorkommens von Permafrost in den bayerischen Alpen
•Anpassen/Optimieren bestehender Boden-Monitoringsysteme (BDF – Bodendauerbeo­
bachtung, BZE – Bodenzustandserhebung im Wald um klimarelevante Bodenparameter/­
indikatoren (z. B. Temperatur, Humusgehalt))
•Flächendeckende Bestimmung der Eigenschaften von Böden klimatischer Risikogebiete
(potenziell pflanzenverfügbares Wasser (nFK), Versauerungs-, Erosionsgefährdung,
Humusgehalte)
•Verstetigung/Intensivierung der Bemühungen zu Flächensparen
31
4.6
Gesundheit
Die bayerische Bevölkerung wird in vielfälKrankheitserregern erfordern ein eigen­
tiger Form vom Klimawandel betroffen sein. verantwortliches Verhalten in Anpassung
Zunehmende Hitze und die Ausbreitung von
an den Klimawandel.
Zuständigkeit: StMUG/LGL
Einbeziehen öffentlicher Akteure: Landesgesundheitsrat Bayern
Intersektorale Vernetzung: Wasserwirtschaft, Bodenschutz und Georisiken, Stadt- und
Landschaftsplanung, Bauen, Verkehr, Tourismus
Folgen und Vulnerabilität
•verstärktes Auftreten von Hitzeperioden im Sommer und damit einhergehende negative
gesundheitliche Effekte (Zunahme von Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems,
Erkrankungen der Nieren und Atemwege, Stoffwechselstörungen), besonders starke
Betroffenheit von älteren und pflegebedürftigen Menschen
•verstärktes Auftreten von Infektionskrankheiten aufgrund von intensivierter Vermehrung
tierischer Überträger (z. B. Zecken, Stechmücken, Mikroorganismen im Wasser)
•Verbreiten einheimischer Überträger und Etablieren neuer Überträger und Krankheitserreger
•längere und zeitlich verschobene Exposition gegenüber Luft getragenen Allergenen
wie Pollen
•günstigere Bedingungen für eine Massenvermehrungen von Krankheitsüberträgern ge­
koppelt mit Schimmelpilzbefall von Häusern nach extremen Hochwasserereignissen und
Überflutungen
•potenzielle Erhöhung der UV-Belastung und des Hautkrebsrisikos durch geringere Bewöl­
kung und damit einhergehende Erhöhung der Sonnenscheindauer
•verstärkte Bildung von bodennahem Ozon bei Hochdruckwetterlagen
•erhöhte Eutrophierungsgefahr der Gewässer mit nachteiligen Auswirkungen auf die
Badegewässerqualität (Querverweis > Wasserwirtschaft)
•Veränderung der Erholungsräume, insbesondere Seen und Gebirge (Querverweis >
Tourismus)
32
Handlungs­
felder
Handlungsziele
•Anpassen und Vorwarnen der Bevölkerung vor gesundheitlichen Auswirkungen der
Klimaerwärmung
•Ergänzen des bisher gängigen ärztlichen Diagnostik-Portfolios um die zu erwartenden
neuen Krankheitssymptome/Erreger
Bestehende Anpassungsmaßnahmen
•Monitoring der Ozonwerte durch den Deutschen Wetterdienst (DWD), der Luftbelastung
durch das Bayerische Landesamt für Umwelt (Landesüberwachungssystem Bayern –
LÜB) sowie der UV-Werte durch das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS)
Weitergehende staatliche Handlungsoptionen
•Erarbeiten von Handlungsempfehlungen zur gesundheitlichen Vorsorge an Hitzetagen für
das medizinische Fachpersonal und die Bevölkerung
•Ausweiten der Programme für die öffentliche Gesundheitspflege, so dass geeignete
Impfungen und die Eindämmung der Krankheitsüberträger durchgeführt werden können
(z. B. FSME)
Weitergehende nichtstaatliche Handlungsoptionen
•Anpassen der Gebäude (Gebäudehülle und Gebäudetechnik) und Siedlungsstrukturen an
längere Hitzeperioden (Querverweis > Städtebau/Bauleitplanung/Dorferneuerung, Bauen)
•Verringern von Luftschadstoffemissionen insbesondere Ozonvorläufer wie Kohlenwas­
serstoffe und Stickoxide (Querverweis > Industrie und Gewerbe, Energiewirtschaft,
Verkehr, Tourismus)
Weitergehende staatliche und nichtstaatliche Handlungsoptionen
•Erweiterung der Schulungsinhalte für das medizinische Fachpersonal im Zusammenhang
mit zunehmenden gesundheitlichen Belastungen durch neue Krankheitsüberträger/
-symptome bzw. Ausweitung der Hitzetage
33
4.7
Katastrophenschutz
Katastrophenschutz ist eine staatliche
Aufgabe in Zuständigkeit der Länder. Katastrophenschutzbehörden sind die Kreisverwaltungsbehörden (Landratsämter und
kreisfreie Städte), die Regierungen und
das Bayerische Staatsministerium des Innern.
Die zu erwartenden Veränderungen der
Häufigkeit und Intensität von Naturkatastro­
phen wie extreme Überschwemmungen,
Stürme oder Hagel aber auch eine Zunahme
der Waldbrandgefahr sind im Rahmen der
Planungen des Katastrophenschutzes zu
berücksichtigen.
Zuständigkeit: StMI, Regierungen, Kreisverwaltungsbehörden (Landratsämter, kreisfreie Städte)
Einbeziehen öffentlicher Akteure: Feuerwehren, THW, freiwillige Hilfsorganisationen
Intersektorale Vernetzung: Wasserwirtschaft, Landwirtschaft, Wald und Forstwirtschaft, Naturschutz, Bodenschutz und Georisiken, Kommunen, Verkehr, Industrie und Gewerbe,
Tourismus
34
Handlungs­
felder
Folgen und Vulnerabilität
•Zunahme der Intensität und ggf. Häufigkeit von extremen Naturgefahren (Starkregen,
Hochwasser, Trocken- und Niedrigwasserperioden, Stürme, Hagel) gefährdet die öffent­
liche Sicherheit und Ordnung
Handlungsziele
•Gefahrenabwehr zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vor dem Hinter­
grund veränderter Intensität und ggf. Häufigkeit auftretender extremer Naturgefahren
•Ver- und Entsorgungssicherheit der Bevölkerung (Wasser, Niederschlagswasser, Abwasser,
Energie, Transport, Verkehr, Telekommunikation) bei auftretenden Extremereignissen
Bestehende Anpassungsmaßnahmen
•Betrieb und Weiterentwicklung eines umfassenden Unwetterwarnsystems in Bayern
•Fortentwicklung von Katastrophenschutz-Sonderplanungen
- zur Bewältigung von Naturkatastrophen bzw. extremen Unwetterereignissen
- für Extremereignisse auf Autobahnen insbesondere bei winterlichen Straßenverhältnissen
•Aufbau von Ausbildungsprogrammen für Deichwehr und Waldbrandbekämpfung aus
der Luft
•Weiterführen der Waldbrandfrüherkennung (Luftbeobachtung)
•Beschaffen und Vorhalten benötigter Spezialeinsatzmittel
Weitergehende staatliche Handlungsoptionen
•bedarfsgerechte Anpassung der Notfallvorsorge- und Gefahrenabwehrsysteme vor dem
Hintergrund zunehmender und in ihrer Intensität verstärkter extremer Naturgefahren
(Querverweis > Anforderungen an den Bund)
Weitergehende staatliche und nichtstaatliche Handlungsoptionen
•Systematische Ereignisanalyse im Nachgang von wetterbedingten Extremereignissen in
enger Kooperation von Staat und Versicherungsgesellschaften (z. B. wie ändern sich
Art und Lokalität der betroffen Schadensschwerpunkte? Welche neuartigen Schäden treten
auf? Welche Auswirkung hat dies auf die kritische Infrastruktur und Alarmpläne?)
(Querverweis > Wasserwirtschaft, Bodenschutz und Georisiken, Gesundheit, Bauen,
Straßenbau und Verkehr, Energiewirtschaft, Industrie und Gewerbe, Finanzwirtschaft)
•Vorbereiten kritischer Infrastrukturen (KRITIS) wie Energie- und Wasserversorgung, Ab­
wasserentsorgung, Transport und Verkehr sowie Telekommunikations- und Informa­
tionstechnik auf Extremereignisse durch die jeweiligen staatlichen, landeseigenen und
kommunalen sowie privatwirtschaftlichen Träger
35
Raumordnung
(Landes- und Regionalplanung)
4.8
Die Raumordnung hat die Aufgabe, verschiedene Nutzungsansprüche im Raum zu
koordinieren. Als querschnittsorientierte
Planungen können die Landes- und Regio-
nalplanung die Umsetzung von Klimaan­
passungsmaßnahmen in vielen Handlungs­
feldern unterstützen.
Zuständigkeit: StMWIVT unter Beteiligung von StMI, StMELF, StMUG
Einbeziehen öffentlicher Akteure: Landesplanungsbeirat
Intersektorale Vernetzung: Wasserwirtschaft, Landwirtschaft, Wald und Forstwirtschaft,
Naturschutz, Bodenschutz und Georisiken, Städtebau/Bauleitplanung, Verkehr, Industrie
und Gewerbe, Tourismus
36
Handlungs­
felder
Handlungsziele
•Koordinierung der Raumnutzungen auf Regional- und Landesebene unter Berücksichti­
gung der Folgen des Klimawandels sowie überörtlich raumbedeutsamer Handlungsziele
der BayKLAS
Bestehende Anpassungsmaßnahmen
•Unterstützung der Umsetzung der verschiedenen Anpassungsstrategien, ggf. durch
nachrichtliche Darstellungen in den raumordnerischen Informationssystemen
•Permanente Überprüfung der Ziele und Grundsätze des Landesentwicklungsprogramms
und der Regionalpläne unter dem Aspekt des Klimaschutzes und der Anpassung an den
Klimawandel
•Gebietsscharfe Festlegungen, die dem Klimaschutz bzw. der Klimaanpassung dienen,
z. B. Vorranggebiete für den Hochwasserschutz, regionale Grünzüge in den Regionalplänen
Weitergehende staatliche Handlungsoptionen
•Weiterentwicklung von Naturgefahrenkarten und Risikokarten (Gefährdung, Empfindlich­
keit, Anpassungsfähigkeit) für naturgefahrenbezogene räumliche Risiken (Risikoanalyse)
- Einrichten von Datenbanken mit allen raumrelevanten Informationen auf kommunaler
und regionaler Ebene mittels GIS
- ggf. Integration der Darstellung in die Regionalplanung
37
Städtebau/Bauleitplanung/
Dorferneuerung
4.9
Den Kommunen kommt als Trägern der
kommunalen Planungshoheit eine große
Verantwortung für Planung und Umsetzung
von Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel zu. Ihr Sektor übergreifender Verwaltungsaufbau ermöglicht es, im Rahmen
der Wahrnehmung städtebaulicher Aufgaben Konzepte im Sinn der Nachhaltigkeit zu
entwickeln und umzusetzen, der Belastungsund Gefährdungssituation Rechnung zu
tragen und auf eine Verringerung der Vulne­
rabilität von Infrastruktur und Bevölkerung
hinzuarbeiten. Bauleitplanung und Stadtent­
wicklungskonzepte dienen den Kommunen
dabei als wichtige Planungs- und Steue­
rungsinstrumente.
Zuständigkeit: StMI unter Beteiligung des StMWIVT, StMELF, StMUG
Einbeziehen öffentlicher Akteure: Landkreistag, Städtetag, Gemeindetag
Intersektorale Vernetzung: Wasserwirtschaft, Naturschutz, Georisiken, Gesundheit,
Raumordnung, Verkehr, Industrie und Gewerbe
38
Handlungs­
felder
Folgen und Vulnerabilität
•Veränderung des Stadtklimas (Verstärkung des Wärmeinseleffekts großer versiegelter
Flächen, Inversionswetterlagen)
•Verstärktes Auftreten bzw. eine erhöhte Intensität von extremen Naturgefahren (Hoch­
wasser, Hitze, Stürme, Hagel, Eis) kann hohe Schadenssummen, Einschränkungen des
Verkehrsflusses, Schäden an Straßen, Brücken sowie Ver- und Entsorgungseinrichtungen
verursachen
•Zunahme der Feinstaub- und Ozonbelastung in Hitzeperioden
•zunehmende soziale Notfälle und Härten infolge von Schäden durch Naturkatastrophen
•örtliche Klimarisiken und Anpassungsmaßnahmen werden zu Standortfaktoren für
Ansiedlungen
Handlungsziele
•Berücksichtigen der Folgen des Klimawandels im Rahmen einer nachhaltigen Siedlungs­
entwicklung v. a.:
- Erhalt bzw. Verbessern von Kalt- und Frischluftentstehungsgebieten sowie von Kaltund Frischluftleitbahnen
- Erhalt der ökologischen Ausgleichsfunktion unversiegelter Flächen und Reduzierung des
Flächenverbrauchs, um Flexibilität für Anpassungsmaßnahmen gewährleisten zu können
- Verringern der Vulnerabilität
- Verbesserung des Wasser- und Stoffrückhalts
- Gewährleisten der Ver- und Entsorgungssicherheit der Bevölkerung (Wasser, Nieder­
schlagswasser, Abwasser, Energie, Transport, Verkehr, Telekommunikation) vor dem
Hintergrund zunehmender extremer Naturgefahren
39
Bestehende Anpassungsmaßnahmen
• Forcierung und fachliche Unterstützung nachhaltiger, klimaschonender, ökologisch ver­
träglicher und damit zukunftsorientierter Siedlungskonzepte (integrierte Planung, Ein­
führung Flächenmanagement, Meidung von Gefährdungsbereichen, Schaffung kompakter
Siedlungseinheiten mit kostengünstigen Bau- und Siedlungsformen, Verkehrsberuhigung
in Wohnquartieren, rationelle Energienutzung durch angepasste Siedlungskonzepte, nach­
haltige Flächenkonversion)
• Entwicklung und Abstimmung von energieoptimierten Konzepten für die Siedlungs­
entwicklung (z. B. Passiv-/ Niedrigenergiehäuser als Standard für Neubaugebiete) und
städtebauliche Erneuerung, Einfluss der Bebauung auf das lokale Kleinklima
• konsequente Einschränkung der Ausweisung neuer Baugebiete in Überschwemmungs­
gebieten (Art. 61 h BayWG, § 31 b Abs. 4 WHG)
•Berücksichtigen des Einflusses der Bebauung einerseits sowie der klimarelevanten
Funktionen von Natur und Freiräumen andererseits auf die Frisch- und Kaltluftversorgung
in Siedlungsgebieten (z. B. Straßenbegleitbäume, Waldflächen, Gewässerflächen) mit
Hilfe der kommunalen Landschaftsplanung und naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung
(Querverweis > Naturschutz)
- Aufzeigen bioklimatischer Belastungsräume
- Sichern und Neuanlage von Flächen mit lokalklimatischen und lufthygienischen Aus­
gleichsfunktionen im Innen- und Außenbereich von Siedlungsflächen
•Berücksichtigung der Folgen des Klimawandels im Rahmen der städtebaulichen Erneuerung
•Umsetzung nachhaltiger Konzepte und Maßnahmen in den Gebieten der städtebau­
lichen Erneuerung (Konversion, nachhaltige Verdichtung, Entsiegelung, Freiflächenkonzepte,
Berücksichtigung wechselseitiger Einflüsse der Bebauung auf umgebendes Klima)
40
Handlungs­
felder
Weitergehende staatliche und kommunale Handlungsoptionen
•Erstellen regionaler Studien zur Erfassung der Folgen und Auswirkungen des Klima­
wandels (vgl. GLOWA-Danube-Projekt)4
•Berücksichtigen der Folgen des Klimawandels für die Darstellungen und Festsetzungen
der Flächennutzungs- und Bebauungspläne (Bauleitpläne) (z. B. Aufnahme in den
Umweltbericht der Bauleitpläne nach § 2 Abs. 4 BauGB) sowie der Vorgaben der Pläne
und Programme der städtebaulichen Erneuerung
•Festlegungen hinsichtlich der Struktur neuer Siedlungsgebiete und zur Anpassung des
Bestands, z. B. Schaffung kompakter Siedlungseinheiten mit kostengünstigen energie­
effizienten Bau- und Siedlungsformen, Minimierung der Versiegelung, Freiflächenkonzepte,
Verkehrsberuhigung in Wohnquartieren
- Erhalt bzw. Schaffen von Frisch- und Kaltluftbahnen bzw. -entstehungsgebieten bei
Nachverdichtung und Innenentwicklung: Durchgrünung von Siedlungsgebieten, Wählen
lokalklimatisch günstiger Bau- und Siedlungsformen
- Erhalt zusammenhängender Flächen entlang von Gewässern zum Biotopverbund, zur
Hochwasservorsorge und zur Sicherung von Wasserressourcen (Zuständigkeit der
Kommunen für Gewässer 3. Ordnung) (Querverweis > Naturschutz, Wasserwirtschaft)
- nachhaltige Flächenkonversion
- Begrenzen der Schadenswerte in Risikogebieten durch amtliche Festsetzung von
überschwemmungsgefährdeten Gebieten ggf. verbunden mit Nutzungsbeschränkungen
bzw. -auflagen
- Anpassen der kommunalen Infrastruktur und Gebäude in Risikogebieten an Naturge­
fahren durch bauphysikalische und energietechnische Festlegungen hinsichtlich der
Gebäudeausstattung
- Integrieren von Zielen der Energieversorgung und -einsparung (z. B. Passiv-/Niedrig­
energiehäuser als Standard für Neubaugebiete)
•Entwickeln langfristiger Stadt- und Gemeindeentwicklungskonzepte (sowie Konzepten
der Ländlichen Entwicklung (Querverweis > Landwirtschaft) zur Reduzierung von
Schadenswerten in Risikogebieten (z. B. Unterstützen von Rückbau, Aufzeigen von Ab­
siedlungspotenzial, ggf. Anbieten von Ersatzflächen und Minimierung der Versiegelung)
•Berücksichtigen von Interessen des Klimaschutzes und der Klimaanpassung bei der Aus­
gestaltung von Finanzierungsinstrumenten (Förderprogramme, Steuern, Abgaben
und Gebühren)
•Entwicklung eigener Konzepte zur Freiraumentwicklung und zur Minimierung von
Aufheizungseffekten, Fördern von Frischluftschneisen, standortangepasster Bewässerung
öffentlicher Grünflächen, Sortimentsempfehlungen für Stadtbaumartenwahl und
Integration dieser Konzepte in Bauleitpläne und Konzepte der städtebaulichen Entwicklung
•Vorhalten von Flächen zur Umsetzung der verschiedenen Klimaanpassungsmaßnahmen
im Rahmen von kommunalen Flächenpools
4 GLOWA-Danube: Ziel der Forschung zum globalen Wasserkreislauf der Oberen Donau unter
Global Change Bedingungen (GLOWA) ist die Entwicklung von Entscheidungsunterstützungs­
systemen (DSS), die ein nachhaltiges Management der lebensnotwendigen Ressource Wasser
ermöglichen.
41
Bauen (Gebäudeplanung und Bautechnik)
4.10
An die Planung von Gebäuden und ihre
technische Ausgestaltung werden nicht
zuletzt deshalb hohe Anforderungen ge­
stellt, weil sie dem Menschen ausreichenden
Schutz vor äußeren Einflussfaktoren – und
hier vor allem dem Wetter – bieten müssen.
Klimaveränderungen können insbesondere
durch folgende „Natur-Phänomene“ auf Bau­
werke einwirken: Wind – Blitze – Regen –
Schlagregen – Schnee – Grundwasser –
Sonneneinstrahlung – Lufttemperatur. Die
Einflüsse und Auswirkungen auf die Kon­
struktion und die Nutzung von Bauwerken
können derzeit noch nicht quantifiziert
werden. Dennoch sind alle am Planungsund Bauprozess Beteiligten aufgefordert,
die Planung und Bautechnik differenziert
nach Regionen, Standorten und Objekten
an den Klimawandel anzupassen. Gebäude­
bestand und künftig zu erstellende Gebäude
an veränderte Anforderungen aufgrund des
Klimawandels zu adaptieren, ist sowohl
Aufgabe der öffentlichen wie auch privater
Bauherrn.
Zuständigkeit: StMI unter Beteiligung des StMWIVT, StMELF, StMUG
Einbeziehen öffentlicher Akteure: Landkreistag, Städtetag, Gemeindetag
Intersektorale Vernetzung: Wasserwirtschaft, Naturschutz, Georisiken, Gesundheit,
Raumordnung, Verkehr, Industrie und Gewerbe
42
Handlungs­
felder
Folgen und Vulnerabilität
•Erhöhte Wind-, Schnee- und Wärmelasten können zu Beeinträchtigungen und Schäden
an Gebäuden (Standsicherheit, Gebäudehülle und Innenraumklima) führen
•Veränderung der Baugrundverhältnisse (Einfluss auf die Beschaffenheit des Bodens,
Zunahme des Oberflächenwassers, etc.)
•Zunehmende Komfortprobleme in Gebäuden (insbesondere durch erhöhten Wärmeeintrag
aufgrund höherer durchschnittlicher Sommertemperaturen)
Handlungsziele
•nachhaltiges, umweltverträgliches, energieeffizientes und an die Auswirkungen des
Klimawandels angepasstes Planen und Bauen im Neubaubereich durch veränderte tech­
nische Anforderungen an Gebäude und Bauteile
•Anpassen, Erhalt und energieeffiziente Sanierung der vorhandenen Bausubstanz
•Zunehmende Unabhängigkeit des Gebäudebereiches von fossilen Rohstoffen zur Auf­
rechterhaltung der Versorgungssicherheit und Begrenzung des Klimawandels
Bestehende Anpassungsmaßnahmen
•Anpassen bestehender Gebäude und Auflagen für Neubauten hinsichtlich möglicher
zukünftiger Extremereignisse und damit verbundener erhöhter bauphysikalischer
Belastungen, v. a. bei Bauten in Hanglagen, in Erdfallgebieten, in Gebieten mit quellfä­
higen Böden, unter Grundwassereinfluss und unter Hochwassereinfluss sowie in
ehemaligen Bergbau- und Tagebaugebieten
•Planung und Realisierung ressourcenschonender, hoch energieeffizienter Gebäude
(Passivhäuser, Niedrigenergiehäuser) (Querverweis > Städtebau/Bauleitplanung/
Dorferneuerung)
•Verbessern des sommerlichen Wärmeschutzes unter Berücksichtigung des Energiebe­
darfs (Dämmung, Sonnenschutz und Nutzung passiver oder mittels erneuerbarer
Energien oder Abwärme betriebener Kühlungsmöglichkeiten, ggf. Einsatz solarer Kühlung)
(Querverweis > Gesundheit, Industrie und Gewerbe)
•Verstärkter Einsatz erneuerbarer Energien (Querverweis > Energiewirtschaft)
•Durchführen von Pilotprojekten der Bauverwaltung für Neu- und Bestandsbauten unter
wissenschaftlicher Begleitung in öffentlichen Gebäuden des Freistaates Bayern (Vorbild­
funktion des Staates)
Weitergehende staatliche und nichtstaatliche Handlungsoptionen
•Anpassen des bautechnischen Regelwerkes an die Einflüsse bzw. Auswirkungen der
Klimaveränderungen auf Gebäude und Anpassung der Architekten-/Ingenieurausbildung
(z. B. EnEV-Anforderungen erfordern „neue“ Bauweisen und ggf. auch neue Baumaterialien)
•Anpassen der bestehenden Instrumente der Gebäudeplanung und Bautechnik
•Weiterentwicklung von energieoptimierten Bauformen, Bauteilen und Versorgungstechnik
43
4.11
Straßenbau und Verkehr
Die Aufrechterhaltung des Personen- und
Güterverkehrs unter ungünstigen Wetterund klimatischen Bedingungen und nach Ex­
tremereignissen erfordert Anpassungsstra­
tegien für die einzelnen Verkehrsbereiche.
Die Bayerische Klima-Anpassungsstrategie
fokussiert auf Maßnahmen zur Anpassung
der Verkehrsinfrastruktur. Sie beschränkt
sich jedoch nicht allein auf Maßnahmen zur
Anpassung der Verkehrsinfrastruktur, denn
es bestehen deutliche Querverbindungen
bzw. Synergien zwischen Klimaschutz (CO2­
Emissionsreduktion) und Klimaanpassung.
So kann über eine Reduktion von Luftschad­
stoffen ein Beitrag zur Gesundheit und
zur Entlastung von Ökosystemen geleistet
werden (z. B. durch Förderung des inter­
modalen Verkehrs, öffentlichen Verkehrs,
verkehrslenkender Maßnahmen).
Für die Schienen- und Wasserstraßenin­
frastruktur ist der Bund bzw. die DB-Netz
zuständig. Der Luftverkehr ist aktuellen
Analysen zufolge nur bedingt von möglichen
Klimaänderungen betroffen. Allerdings
müssen Betriebsabläufe an Flughäfen und
bei der Flugsicherung unter Umständen
an häufigere Extremwettersituationen ange­
passt werden. Vorschläge für Anpassungs­
maßnahmen der Verkehrssektoren Schiene,
Wasserstraßen und Luft sollten auf Bundes­
ebene diskutiert werden.
Zuständigkeit: StMWIVT, StMI/OBB
Einbeziehen öffentlicher Akteure: ADAC, VCD
Intersektorale Vernetzung: Georisiken, Naturschutz, Städtebau/Bauleitplanung, Gesundheit, Industrie und Gewerbe, Tourismus
44
Handlungs­
felder
Folgen und Vulnerabilität
•Verstärktes Auftreten bzw. eine erhöhte Intensität extremer Naturgefahren (Hochwasser,
Hitze, Stürme, Hagel, Eis, Nebel, Waldbrände, Muren, extremer Schneefall) verursacht
hohe Schäden an der Verkehrsinfrastruktur, eine Verkürzung der Lebensdauer einzelner
Infrastrukturbestandteile und Einschränkungen des Verkehrsflusses.
Handlungsziele
•Aufrechterhalten der Transportwege und Transportleistung (Anpassung)
•Steigern der Effizienz der Verkehrsinfrastruktur
•rasche Wiederherstellung zerstörter Verkehrsinfrastruktur nach Katastrophenereignissen
(Transport, Verkehr von Bevölkerung und Gütern)
•Anregen einer verstärkten Nutzung des ÖPNV durch Verbesserung des ÖPNV-Verkehrs­
netzes und -takts
Bestehende Anpassungsmaßnahmen
•Erhalt und bedarfsgerechter Ausbau von Straßen zur Anpassung an extreme Witterungs­
bedingungen
Klimaschutzmaßnahmen mit Synergieeffekten für die Klimaanpassung
•Politik zur Förderung des intermodalen Verkehrs und des gemeinschaftlichen Verkehrs
z. B. durch verstärkte Einrichtung von Pendlerparkplätzen sowie die Prüfung alternativer
Mobilitätskonzepte (Querverweis > Städtebau/Bauleitplanung/Dorferneuerung)
• bedarfsgerechte Ausstattung des Straßennetzes mit Telematikeinrichtungen und Weiter­
entwicklung der Verkehrsinformationssysteme, verbessertes Verkehrsmanagement
(Baustellen- und Staumanagement)
Weitergehende staatliche Handlungsoptionen
•Technische Anpassung der Verkehrsinfrastruktur an geänderte klimatische Bedingungen
und mögliche Extremereignisse (z. B. an höhere Temperaturen angepasste Asphalt­
mischungen, Muren- oder Steinschlagschutz)
45
4.12
Energiewirtschaft
Die zu erwartenden Veränderungen durch
den Klimawandel führen voraussichtlich zu
einem steigenden Energiebedarf für Kühlsysteme sowie einem veränderten Nachfrageverhalten. Eine stärkere Erwärmung kann
einen Mangel an Kühlwasser in den Sommermonaten verursachen. Versorgungseng-
pässe bei Energieträgern können auftreten.
Um zukünftig eine zuverlässige, bezahlbare
und klimafreundliche Energieversorgung
langfristig sichern zu können, werden tech­
nische und strategische Veränderungen
erforderlich sein.
Zuständigkeit: StMWIVT, StMI
Einbeziehen öffentlicher Akteure: Verbände der Energiewirtschaft und der Energie verbrauchenden Wirtschaft, Verband kommunaler Unternehmen (VKU)
Intersektorale Vernetzung: Wasserwirtschaft, Landwirtschaft, Wald und Forstwirtschaft,
Bodenschutz und Georisiken, Naturschutz, Industrie und Gewerbe
46
Handlungs­
felder
Folgen und Vulnerabilität
• Sinkende Wasserstände und eine stärkere Erwärmung von Wasser können einen Mangel
an Kühlwasser insbesondere für thermische Kraftwerke verursachen (Kohle, Erdgas,
Kernkraft) (Querverbindung > Wasserwirtschaft).
•Extreme Hoch- und Niedrigwassersituationen können den Betrieb von Laufwasserkraft­
werken einschränken und zu Versorgungsengpässen konventioneller Kraftwerke mit
Rohstoffen führen, sofern der Schiffsverkehr unterbrochen ist.
•Höhere Lufttemperaturen können sich auf den Wirkungsgrad der Elektrizitätserzeugung,
v. a. in Gasturbinenkraftwerken auswirken.
•Extreme Stürme, Gewitter, Eislasten können die Energieinfrastruktur beeinträchtigen
•veränderte Stromnachfrage in Hitzeperioden (Kühlsysteme, veränderte Nachfragemuster)
Handlungsziele
•Erreichen einer klimafreundlichen (emissionsarmen und effizienten) Energieproduktion
und Stromversorgung
•Abstimmen der Planungen in Bezug auf eine nachhaltige Energieversorgung
•Aufrechterhalten einer sicheren und bezahlbaren Energieversorgung der Bevölkerung,
von Industrie und Gewerbe auch in klimabedingten Krisensituationen
Bestehende Anpassungsmaßnahmen
•Fortschreiben der Wärmelastpläne
•Ausbau von Wärme-/Kälteverbünden
•Vielfältige dezentrale Energieerzeugung, um Risiken bei der Verteilung zu vermindern
•ausreichende Redundanzen in der Energieerzeugung (Erzeugung und Netze),
um klimabedingte Leistungsausfälle oder Lastspitzen kompensieren zu können
•Netzverbünde, um Spitzenlasten auszugleichen
•Anpassung der Kühlsysteme von Energieerzeugungsanlagen an veränderte klimatische
Bedingungen
Weitergehende staatliche und nichtstaatliche Handlungsoptionen
•Investitionen in Energiespeichertechnologien (z. B. Pumpspeicherkraftwerke, Druckluft­
speicher, Wärme- und Kältespeichersysteme, Stromspeicher), um Spitzenlasten abzudecken
47
4.13
Industrie und Gewerbe
Industrie und Gewerbe sind auf die Versorgung mit Wasser, Energie, und eine
funktionierende Verkehrsinfrastruktur angewiesen. Dies muss auch bei veränderten
Klimabedingungen gewährleistet sein.
Der Klimawandel birgt aber auch Chancen
für innovative Unternehmen, die von hohen
Investitionen in Umwelttechnologien und
Anpassungsmaßnahmen an die Klimaänderungen profitieren können.
Zuständigkeit: StMWIVT unter Beteiligung des StMUG
Einbeziehen öffentlicher Akteure: Industrie- und Handelskammer (IHK), Bezirke, Handwerkskammer, Verband der Bayerischen Wirtschaft (VBW), Industrieverbände
Intersektorale Vernetzung: Wasserwirtschaft, Georisiken, Gesundheit, Stadt- und Landschaftsplanung, Raumordnung, Energiewirtschaft
Folgen und Vulnerabilität
•Zukünftige Häufung extremer Naturgefahren (am eigenen Standort sowie an Standorten
von Beschäftigten, Lieferanten und Kunden) führt ggf. zu Produktionsverlusten bzw.
Produktionsausfällen
•mögliche Engpässe der Rohstofflieferung, z. B. per Schiff während Niedrigwasserperioden
(Querverweis > Verkehr)
•zeitweilig geringere Verfügbarkeit von Wasser bzw. Kühlwasser für industrielle Prozess­
abläufe (Querverweis > Wasserwirtschaft)
•erhöhte Anforderungen bei Herstellung, Verarbeitung, Lagerung und Transport von
Lebensmitteln, insbesondere leicht verderblichen Lebensmitteln
•Indirekte Auswirkungen durch Maßnahmen zum Klimaschutz, z. B. Energieeinsparver­
ordnung: veränderte Normen für Baustoffe/Ersatzstoffe um bestimmte Wärmeleitwerte
zu erreichen
•Verknappung bestimmter Rohstoffquellen, z. B. Agrarrohstoff
48
Handlungs­
felder
Handlungsziele
•Aufrechterhalten des leistungsfähigen Wirtschaftsstandorts Bayern
•Nachhaltige Ausrichtung der Produktionsweise (Ressourcen sparend, Kreislaufwirtschaft,
Bewusstsein für Klimaanpassung/-schutz, verstärkte, vielseitige Verwendung heimischer
nachwachsender Rohstoffe in optimierten Verwertungspfaden)
•Steigern der Energieeffizienz/-produktivität
Bestehende Anpassungsmaßnahmen
•Unterstützen der Anpassung von Technologien und Produkten an veränderte Bedin­
gungen bzgl. Strahlung, Wasser, Luft, Temperatur (z. B. Auslegung Kühlsysteme, Speicher,
Zuluft-Filter, UV-Resistenz etc.)
•Berücksichtigen von Umwelt- und Nachhaltigkeitskriterien im Rahmen der Regionalförde­
rung als Ermessensgesichtspunkt
•Aufnahme der Maßnahmen der Klimaanpassung in den „Umweltpakt Bayern“5
Weitergehende staatliche und kommunale Handlungsoptionen
•Nachhaltige Standortpolitik
- Standortüberprüfung im Rahmen der räumlichen und kommunalen Planung
- Meiden von Standorten in Risikogebieten bzw. Anpassung bestehender Infrastruktur
in Risikogebieten
- flächensparende Bauweise und Berücksichtigung von Synergien (Energieleitplanung) (Querverweis > Städtbau-/Bauleitplanung/Dorferneuerung, Bauen)
Weitergehende nichtstaatliche Handlungsoptionen
•Senken der Lösemittelverwendung von Industrie, Gewerbe und privaten Haushalten
(Querverweis > Gesundheit) um Emissionen von Ozonvorläufern wie Kohlenwasser­
stoffe und Stickoxide zu verringern – konsequente Umsetzung der WHO-Leitlinien für
Luftgüte (WHO 2008)
•ressourcenschonende Produktionsweise durch Kreislaufwirtschaft, (z. B. Minimierung
des Wasser- und Stromverbrauchs, Regenwassernutzung)
•Senken der Energienachfrage für Kühlung durch Anpassung der Siedlungsstrukturen und
Gebäude (Querverweis > Städtbau-/Bauleitplanung/Dorferneuerung, Bauen)
•Minimieren innerer Wärmelasten (z. B. Verwenden elektrischer Geräte mit verminderter
Wärmelast), um Kühlbedarf zu verringern
•Berücksichtigen klimaschonender Kühlung, z. B. Einsatz solarer Kühlung für Bürogebäude
oder Nutzung von Abwärme zur Kälteerzeugung (Querverweis > Bauen)
•Anpassen der Kühlsysteme für den Betrieb von Industrieanlagen und weitestgehender
Verzicht auf Kühlwasser, sofern bei medienübergreifender Betrachtung günstigere Alter­
nativen zur Verfügung stehen
5 Umweltpakt Bayern: Umweltpakt III zwischen der Bayerischen Staatsregierung und der
bayerischen Wirtschaft für die Jahre 2005–2010 beinhaltet bereits Maßnahmen zum Thema
Klimaschutz
49
4.14
Tourismus
Für den Tourismus in Bayern spielen klimaAngebots müssen an die Gegebenheiten tische Bedingungen eine wesentliche Rolle. angepasst werden. Es ist Aufgabe der Infolge des Klimawandels kommen mittelBetriebe, rechtzeitig zusätzliche innovative bis langfristig erhebliche Herausforderungen und hochwertige Angebote zu entwickeln
auf die Tourismuswirtschaft zu. Sowohl die sowie bestehende Alternativen qualitativ touristische Infrastruktur als auch die Entauszubauen.
wicklung und Vermarktung des touristischen Zuständigkeit: StMWIVT, StMUG, (StMELF)
Einbeziehen öffentlicher Akteure: Tourismusverbände, Sportverbände
Intersektorale Vernetzung: Wasserwirtschaft, Naturschutz, Georisiken, Gesundheit, Raumordnung, Verkehr
50
Handlungs­
felder
Folgen und Vulnerabilität
•Chancen für den Sommertourismus (z. B. durch sommerliche Saisonverlängerung,
Nordverschiebung der Touristenströme aus den zunehmend heißen Mittelmeerländern)
•Risiken für den Wintertourismus (z. B. durch schneearme Winter 6)
•Höhere Luft- und Wassertemperaturen
Handlungsziele
•Entwicklung und Vermarktung eines an die Folgen des Klimawandels und die zu
erwartende Verschiebung der räumlichen Präferenz und Reisezeit von Touristenströmen
angepassten touristischen Angebots
•Anpassung der touristischen Infrastruktur (z. B. durch Dämmung bzw. Einbau möglichst
energieeffizienter/klimaschonender Kühlsysteme)
Bestehende Anpassungsmaßnahmen
•Ausbau von wetter- (insbesondere schnee-)unabhängigen Angeboten in den Bereichen
Natur, Kultur, Kulinarisches und Wellness zum Erschließen neuer Zielgruppen (z. B. von
der by.TM praktizierte Angebote unter dem Dach „WinterErlebnis Bayern“)
•Aufstellen raumbezogener Entwicklungskonzepte zur Aufrechterhaltung der Wettbe­
werbsfähigkeit des bayerischen Wintertourismus (v. a. für die langfristige Entwicklung
der Wintersportgebiete kann auch weiterhin der Einsatz von Beschneiungsanlagen not­
wendig sein)
•Erhalt bzw. Stabilisierung der Wälder mit Erholungsfunktion sowie zugehöriger Infra­
struktur (Querverweis > Wald und Forstwirtschaft)
Weitergehende staatliche Handlungsoptionen
•Prüfen der Staatsregierung, ob eine staatliche Unterstützung notwendig und möglich
sein wird, um den Spitzenplatz der Tourismusdestination Bayern auch unter veränderten
Rahmenbedingungen (Klimawandel und Folgen) zu behaupten
Weitergehende staatliche und nichtstaatliche Handlungsoptionen
•Entwicklung/Weiterentwicklung nachhaltiger, regionaler Tourismuskonzepte vor dem
Hintergrund des Klimawandels
6 Bereits heute werden ca. 14 % der bayerischen Skipistenflächen künstlich beschneit. Mit zu
nehmender Erwärmung werden langfristig Anlagen im Höhenniveau der bayerischen Mittelge­
birge kaum noch wirtschaftlich betrieben werden können.
51
4.15
Finanzwirtschaft
87 % der großen, global agierenden Unternehmen betrachteten den Klimawandel als
wirtschaftliches Risiko im Sinn von möglichen Produktionsunterbrechungen, steigenden
Kosten als Folge staatlicher Eingriffe oder drohenden Wettbewerbs- und Imageproblemen
(HWWI und Berenberg Bank, 2007). Allerdings ist der Klimawandel für die bayerische
Wirtschaft, die hohes, technologisches Potential im Bereich des Umweltschutzes hat, auch
eine Chance. Für Banken und für die Versicherungswirtschaft eröffnen sich neue Ge ­
schäftsfelder (z. B. Finanzierung erneuerbarer Energien, Emissionshandel, Versicherung
der Risiken innovativer erneuerbarer Energien, von CO 2 -Sequestrierung 7 sowie von
Projekten der Kyoto-Prozesse). Die Versicherungsindustrie muss auf die Zunahme von ex­
tremen Naturgefahren und/oder ihrer Intensität reagieren (Berechnung von Versicherungs­
prämien, Auszahlung von Versicherungsleistungen, Versicherbarkeit bestimmter Risiken).
Die Finanzwirtschaft ist daher gefordert, ihre Produkte an globale klimatische Verände ­
rungen und die Reaktionen aus Politik und Gesellschaft (Versicherungen, Vermögensanlagen)
anzupassen. Dazu zählt beispielsweise eine verstärkte Bewerbung der Elementarschaden­
versicherung und Vereinfachung des derzeitigen komplexen Systems der Gebäude-, Haus­
rat- und Elementarschadenversicherung. Für die Banken könnten die Prüfung von
Umwelt- und Nachhaltigkeitskriterien bei Vermögensanlagen bzw. Kreditvergaben (z. B.
Private Public Partnership-Projekt der UN und des Finanzsektors „UN-Principles for
Responsible Investment“, „The Climate Principles – A Framework for the Finance Sector“)
oder die Evaluierung von Unternehmen, Branchen und Sektoren nach Risiken und
Chancen des Klimawandels (inkl. Klagerisiken) zukünftige Handlungsoptionen zur Anpas­
sung an die Folgen des Klimawandels darstellen. Die Finanzaufsicht kann wiederum
sicherstellen, dass die von der Finanzwirtschaft verwendeten Risikomodelle auch vor dem
Hintergrund der sich abzeichnenden Klimaveränderung trennscharf sind.
Die Finanzbranche agiert in besonderem Maß in international vernetzten, globalisierten
Märkten. Deshalb wird im Rahmen der BayKLAS auf das Nennen konkreter Anpassungs­
maßnahmen und Handlungsoptionen verzichtet. Diese sind auf Bundesebene bzw.
weltweit zu entwickeln und abzustimmen. Da die Mehrzahl der Bürgerinnen und Bürger
sowie der Betriebe in Geschäftsbeziehungen zu Banken und Versicherungen stehen,
wird die Auseinandersetzung der Finanzwirtschaft mit dem Klimawandel hohe gesell­
schaftliche Aufmerksamkeit erfahren und damit auch Maßstäbe setzen.
7 CCS: carbon dioxide capture and storage, Carbon Capture Storage
52
Besondere Herausforderungen
im Alpenraum und ihre integrierte
Bewältigung
5
Besondere
Herausforderungen im
Alpenruam
Der Alpenraum stellt einen besonders sensitiven Raum für die Auswirkungen des Klima­
wandels dar. Zum einen zeigen Messreihen, dass die Temperatur im letzten Jahrzehnt
in den Alpen doppelt so stark angestiegen ist wie im globalen Durchschnitt. Alle Klima­
modelle sagen auch zukünftig eine überdurchschnittliche Temperaturerhöhung voraus.
Zum anderen reagiert das Bergökosystem Alpen besonders empfindlich, da eine Vielzahl
besonders sensibler Naturräume auf engem Raum vorkommen und die Auswirkungen
des Klimawandels oft irreversible Veränderungen auslösen. Hinzu kommt, dass der baye­
rische Alpenraum seit Jahren einen kontinuierlichen Bevölkerungszuwachs erfährt. Be­
stehende Flächen für Wohnen schränken die Entwicklungsmöglichkeiten der Gemeinden
bereits heute erheblich ein. Eine Zunahme von Wildbach- und Georisiken wird voraus­
sichtlich zu weiteren Einschränkungen führen. Ähnliches gilt für die Gemeinden in Talauen,
die durch den Klimawandel zukünftig verstärkt mit Überschwemmungen zu rechnen haben.
Folgende spezifische Auswirkungen des Klimawandels werden für den Alpenraum
prognostiziert:
•Zunahme der alpinen Naturgefahren
•Verschiebung der Lebensräume von Tieren
- Erhöhung geologischer Risiken
und Pflanzen in höhere Lagen, Bestands­
(Hangbewegungen, Rutschungen,
gefährdung v. a. für alpine Pflanzen mit
Muren, Felsstürze, Steinschlag)
geringem Ausbreitungspotenzial und gerin­
- Erhöhung wasserwirtschaftlicher Risiken gen Ausweichmöglichkeiten
durch Wildbäche, Überschwemmungen
•starker Rückgang der Schneesicherheit
und Lawinen
für alpine Wintersportgebiete (im Alpen ­
•Beeinträchtigung der Bergwälder und
vergleich wird für Deutschland die größte
deren Funktion als Schutz vor Naturgefahren
Betroffenheit prognostiziert (BMU 2007))
•weiterer Rückgang der Gletscher mit
wasserwirtschaftlichen Konsequenzen für
gletschergespeiste Flüsse und Seen
53
Besonderer Handlungsbedarf besteht damit vor allem in den Handlungsfeldern Wasser­
wirtschaft, Landwirtschaft, Wald- und Forstwirtschaft, Naturschutz, Georisiken und
Bodenschutz, Raumordnung (Landes- und Regionalplanung), Bauen (Gebäudeplanung
und Bautechnik) sowie Tourismus als einem der Hauptwirtschaftszweige der Alpen.
Die Bayerische Staatsregierung hat auf die hohe Betroffenheit des Alpenraums bereits
durch Sonderprogramme im Rahmen des Klimaprogramms Bayern 2020 reagiert.
Folgende Anpassungsmaßnahmen werden für den Zeitraum 2008 –2011 besonders
gefördert:
•Integrierte Wildbachschutzkonzepte zur
•Erarbeiten der fachlichen Grundlagen für
Beurteilung der Hochwassergefahren im
den Klima-Aktionsplan der Alpenkonvention
alpinen Raum und Festlegung von Vorsordurch das Forschungsprogramm
gemaßnahmen
"Klimaanpassung Naturhaushalt undAlpen"
•Erarbeitung der "Gefahrenhinweiskarte
(INTERREG-Projekte „ClimChAlp“,
bayerische Alpen" als Grundlage für die flä„AdaptAlp“, „CLISP“)
chenhafte Gefahrenvorsorge und -ein•Ökologischer Alpiner Verbund Bayern /
schätzung von geologischen Gefährdungen
Salzburg / Tirol / Vorarlberg im Rahmen des
•Schutzmaßnahmen im Bergwald sowie
Protokolls Naturschutz und Landschafts ­
zugehörige Bergwaldforschung (Bergwaldpflege der Alpenkonvention
offensive)
•systematische Neuausrichtung der Um ­
•Kartierung des Vorkommens von Permaweltforschungsstation Schneefernerhaus
frost in den bayerischen Alpen (Projekt
(UFS) zu einem international vernetzten
„PermaNet“)
Zentrum für Klima- und Höhenforschung
Ziel ist ein integrales Risikomanagement im Alpenraum, welches die Möglichkeiten der
Vorbeugung, der Bewältigung und der Regeneration optimal aufeinander abstimmt.
54
Rahmenvorgaben und Kompetenzen
des Bundes
6
Rahmenvorgaben und
Kompetenzen
des Bundes
Auch auf nationaler und europäischer Ebene gibt es Bestrebungen für Strategien und
Handlungsempfehlungen zur Anpassung an den Klimawandel, deren Überlegungen
und Ansätze bei der Aufstellung der BayKLAS berücksichtigt wurden. Dazu zählen in erster
Linie die Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel (BMU 2008) sowie
das europäische Grünbuch zur Anpassung an den Klimawandel in Europa (Europäische
Kommission 2007). Mittlerweile liegt auch der Entwurf eines EU-Weißbuchs vor.
Die Bundesregierung verfügt über die Regelungskompetenz für einige stark vom Klima­
wandel betroffene Bereiche. Dazu zählen beispielsweise die Binnenschifffahrt und Eisen­
bahninfrastruktur im Handlungsfeld Straßenbau und Verkehr oder die staatliche Banken­
aufsicht im Handlungsfeld Finanzwirtschaft. Die Bayerische Staatsregierung fordert den
Bund auf in diesen Bereichen die Klimaanpassung zu unterstützen.
Besonders hervorzuheben sind aus bayerischer Sicht:
•Anpassung der Binnenschifffahrt an
•bedarfsgerechte Anpassung der Notfall­
schwankende Strömungsverhältnisse und
vorsorge- und Gefahrenabwehrsysteme
geringere Wasserstände. Maßnahmen
des Bund vor dem Hintergrund zuneh­
z. B. Ausbau der Schifffahrtswege und Mamender und in ihrer Intensität verstärkter
nagement der Wasserstände unter Berückextremer Naturgefahren
sichtigung ökologischer Belange, Förde•verstärkte staatliche Förderung und/oder
rung der der Containerschifffahrt mit gerinsteuerliche Anreize für energieeffizientes
gerem Tiefgang
und an mögliche Klimafolgen angepasstes
•Vorbereitung der kritischen Infrastruktur
Bauen und Sanieren
(KRITIS) wie Energie- und Wasserversor­
gung, Abwasserentsorgung, Transport
und Verkehr sowie Telekommunikationsund Informationstechnik auf klimabe­
dingte Extremereignisse
Empfindliche Naturräume sind von den Folgen des Klimawandels ganz besonders betrof­
fen. In Bayern ist dies der Alpenraum. Der Schutz der Alpen ist, ähnlich dem Schutz des
Küstenraumes, als Gemeinschaftsaufgabe zu verstehen, an dem sich der Bund und die
Europäische Union als grenzüberschreitende Aufgabe beteiligen muss. Dies gilt auch
für Anpassungsmaßnahmen an die Folgen des Klimawandels (z. B. Hochwasserschutz,
Waldumbau etc.). Eine finanzielle Beteiligung des Bundes könnte beispielsweise über
die Einnahmen aus dem Emissionshandel erfolgen.
55
7
Information und Beteiligung
Die Bayerische Klima-Anpassungsstrategie stellt den Handlungsrahmen für die staatliche
Vorsorgepolitik gegenüber den Herausforderungen des Klimawandels dar. Sie dient
Bürgern, Wirtschaft und Kommunen, die ihr Verhalten und ihre Planungen an die sich än­
dernden Rahmenbedingungen anpassen wollen, als Orientierung und Handlungsempfeh­
lung. Sie kann nur dann erfolgreich umgesetzt und weiterentwickelt werden, wenn sie die
betroffenen Akteure frühzeitig und partnerschaftlich einbezieht und informiert (z. B. durch
Multiplikatoren aus Kommunalpolitik, Kirchen, Verbänden, Schulen und Medien wie etwa
den Partnern der Bayerischen Klimaallianz).
Information der Betroffenen
Verschiedene Informationsangebote bzw. -plattformen sind bereits im Bereich der bayerischen Staatsverwaltung etabliert:
•Zielgruppenbezogene Informationszentren:
- UmweltWissen (http://www.lfu.bayern.de/umweltwissen/klima_energie/index.htm)
- UmweltWirtschaft
(http://www.izu.bayern.de/uebersicht/index_uebersicht.php?pid=1503010100)
•Fachbezogene Warn - und Informationsdienste
- Hochwassernachrichtendienst (HND) (http://www.hnd.bayern.de/)
- Niedrigwasserinformationsdienst (NID) (http://www.nid.bayern.de/)
- Informationsdienst Überschwemmungsgefährdete Gebiete (IÜG)
(http://www.iug.bayern.de/)
- Informationsdienst alpine Naturgefahren (IAN) (http://www.ian.bayern.de/)
- Waldschutz-Informationen
(http://www.lwf.bayern.de/waldbewirtschaftung/waldschutz/index.php)
- Lawinenwarndienst (LWD) http://www.lawinenwarndienst-bayern.de/
Diese bestehenden Informationsdienste sind ggf. weiterzuentwickeln und räumlich
auszudehnen.
Ferner bestehen das Bayerische Hitzewarnsystem8 und das Frühwarnsystem für Infektions­
krankheiten des Robert Koch-Instituts 9.
Die Darstellung möglicher Risiken durch den Klimawandel (z. B. Gefahrenkarten für den
Alpenraum) sind eine Grundlage für Präventionsmaßnahmen von Staat und Bürgern.
Sie informieren darüber, welche Risiken bestehen und durch den Klimawandel auf uns
zukommen. In diesem Zusammenhang wird eine gesellschaftliche Diskussion über den
möglichen Schutzgrad ausgerichtet an wirtschaftlichen Aspekten zu führen sein (Risiko­
dialog). So werden derzeit Gefahrenhinweiskarten für geologische Gefährdungen im
bayerischen Alpenraum am Bayerischen Landesamt für Umwelt erarbeitet. Darüber hinaus
ziehen einige Fachressorts die Einrichtung von Informationssysteme zur Anpassung an
den Klimawandel in Erwägung (z. B. StMELF: Informationssysteme zum Bergwald, inter­
netbasierte, flurstücksbezogene Darstellung der Klimawandelfolgen und Handlungsemp­
fehlungen für die Waldbesitzer).
56
Information
und
Beteiligung
Eine Anpassung des Verhaltens der Bürger an mögliche Folgen des Klimawandels kann
etwa durch spezifische Informationskampagnen beispielsweise für den Abschluss von
Elementarschadenversicherungen (s. http://www.elementar-versichern.bayern.de/) oder
pro „klimafreundlichen“ Tourismus sowie die Publikation von Pilot- und Modellvorhaben
unterstützt werden.
Rolle der Kommunen für die Einbindung der Bürger und Verbände bei der
Umsetzung der BayKLAS
Der Klimawandel wirkt sich ganz konkret auf die Bürger und Betriebe vor Ort aus. Der
Kommune kommt im Rahmen ihrer „Allzuständigkeit“ z. B. als Eigentümer von Flächen
und Gewässern und als Träger der Bauleitplanung und des öffentlichen Interesses eine
zentrale Rolle für Bewusstseinsbildung und Vernetzung von Akteuren in allen Handlungs­
feldern zu. Sie können die Akteure (insbesondere Bürger, Betriebe, Behörden, Fach
behörden, Flächeneigner, Verbände) zum präventiven und vordringlichen Umgang mit Aus­
wirkungen des Klimawandels (Hilfe zur Selbsthilfe) anregen. Die staatlichen Behörden
werden diese notwendigen Aktivitäten durch Erarbeitung fachlicher Grundlagen und einer
geeigneter Informationsverarbeitung unterstützen.
Rolle der Umweltbildung
Der Klimawandel erfordert eine Bewusstseinsbildung sowohl hinsichtlich der CO2 -Emis­
sionsreduktion (Vermeidung) als auch beim Umgang mit den Auswirkungen (Anpassung).
Sollen die bayerischen, nationalen wie internationalen Klimaschutz- und Klimaanpassungs­
ziele erreicht werden, erfordert dies eine nicht unerhebliche Änderung unserer Handlungsund Konsummuster. Entscheidend ist daher eine nachhaltige, risikobewusste und
vernetzte Denk- und Lebensweise. Eine entscheidende Rolle spielen dabei Hochschulen
und Schulen, die allgemeine Berufsausbildung sowie Umweltbildungseinrichtungen. Sie
können über entsprechende Bewusstseinsbildung Handlungsbereitschaft entwickeln und
entsprechende Konzepte vermitteln.
Rolle etablierter Plattformen
Mit dem Forum für Umwelt und Gesundheit bietet das Bayerische Staatsministerium für
Umwelt und Gesundheit bereits eine Diskussionsplattform zu übergreifenden Themen.
Dieses Forum sollte thematisch um den Bereich Klimaanpassung erweitert werden, mit
dem Ziel, alle gesellschaftlichen Gruppen verstärkt für dieses Thema zu sensibilisieren
und aktiv einzubeziehen.
8 Der Deutsche Wetterdienst betreibt ein Hitzefrühwarnsystem, welches über die Frühwarnvor­
hersage von Bayern über bevorstehende Hitzeperioden informiert. Die Informationen erhalten
Bezirksregierungen, kommunale Behörden, Rundfunk- und Fernsehsender sowie stationäre
Pflegedienste, um gefährdete Personen rechtzeitig informieren und betreuen zu können. Auf
das Europäische Hitzeinformationssystem EuroHeat wird verwiesen.
9
Bereits am Robert-Koch-Institut etabliert, aber eine verbesserte Kommunikation in Richtung
Zielgruppen ist anzustreben.
57
Weitergehender Forschungsund Untersuchungsbedarf
8
Forschung und Entwicklung sind die Basis für die Konzeption fundierter Strategien und
deren Fortschreibung. Hier sind sowohl staatliche wie nicht staatliche Stellen als Akteure
gefordert. Das Klimaprogramm Bayern 2020 stellt für dringliche Maßnahmen im Bereich
der Anpassung über 84 Mio. €, für Forschungsmaßnahmen über 15 Mio € bis 2011 zur
Verfügung (s. Anlage). Allein aufgrund der Vielfalt an Handlungsfelder ergibt sich für die
Zukunft aber weiterer Forschungsbedarf.
Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Grundlagen
•Beobachtung der Entwicklung der Treibhausgas-Emissionen und ggf. Anpassung der
Szenarien und Prognosen und ihrer Auswirkungen auf alle Landschaftskompartimente
•Weiterentwicklung der globalen und regionalen Klimamodelle und Erweiterung der
Datensätze um regionale Paläotemperaturproxis als Basisdaten für regionale Klimamo­
delle in enger Kooperation von Behörden und Forschung
•Entwicklung und Einführung eines Sektor übergreifenden Klimaindikatorensystems
(Modellierung nach dem DPSIR-Ansatz10 ) als Management- und Kommunikationsinstru­
ment für Klimaanpassung und Klimaschutz in Bayern
•Untersuchungen zur Identifikation von Erfolgsfaktoren für die eigenverantwortliche
Anpassung von Bürgern und Organisationen an die Folgen des Klimawandels
•Untersuchungen zur raumbezogenen Zuordnung und Bewertung klimabezogener Gefähr­
dungspotentiale (multisektorale Vulnerabilitätsstudien) als Grundlage für regionale
Anpassungsmaßnahmen
•Analyse und Prognosen zu Art, Häufigkeit und Umfang von Gebäudeschäden, die aus
dem Klimawandel resultieren (Sturmschäden, Hochwasserschäden, Blitzeinschlag, etc)
10 Driving Sources – Pressure – State – Impact – Response, Ansatz des Europäischen
Umweltbüros (EEA) zur Entwicklung von Indikatoren
58
Forschungsund Untersuchungsbedarf
Wasserwirtschaft
•Fachliche Ausweitung und Fortführung des Untersuchungsprogramms KLIWA unter Ver­
stärkung der Wirkungsmodellierung
•Weiterentwicklung und Verbesserung der Modellierungswerkzeuge zur Erhöhung der
Prognosesicherheit der Auswirkungen von regionalen Klimaprojektionen
•Standardisierte Darstellung von Prognoseunsicherheiten, z. B. Modellunsicherheiten ver­
mitteln, Bandbreiten vorgeben, Entwickeln standardisierter Szenarien für unterschiedliche
Fachplanungen
•Untersuchung der Auswirkungen des Klimawandels auf Menge und Beschaffenheit des
Grundwassers in den für die Wasserversorgung wichtigsten Grundwasserleitern Bayerns
unter besonderer Berücksichtigung des Quellschüttungsverhaltens in den Mittelgebirgen
•Weiterentwicklung von integrativen Modellierungsansätzen für flussgebietsbezogene
Bewirtschaftungsinstrumente
•Untersuchung der möglichen Zunahme von Naturgefahren aufgrund der Klimaänderung
im Alpenraum (Hochwasser, Muren, Lawinen)
•Entwicklung von Methoden zur Lösung grenzüberschreitender Umweltkrisen, insbeson­
dere im Wassersektor
Naturschutz
•Entwicklung von Kriterien zur stärkeren Berücksichtigung der Ergebnisse der Klimafolgen­
forschung sowie deren Unsicherheiten in Programmen und Instrumenten des Natur­
schutzes (Vorsorgeprinzip)
•Langfristige Untersuchung der Reaktion von Arten, Lebensgemeinschaften und Öko­
systemen auf Klimaänderungen, z. B. Untersuchung potentieller Klimaxgesellschaften
der Vegetation
•Untersuchung der Reaktion von Arten, Lebensgemeinschaften und Ökosystemen auf
durch den Klimawandel bedingte Veränderungen in der Landnutzung
•Begleitende Forschung zu Anpassungsmaßnahmen (z. B. Erfolgskontrollen zum Biotop­
verbund, Translokationsmaßnahmen u. a.)
Landwirtschaft
•Entwicklung angepasster Produktionssysteme für die Landwirtschaft
•Analyse der Folgewirkungen geänderter Landnutzungssysteme auf Natur und Umwelt
(Auswirkungen auf Wasser- und Stoffhaushalt, Arten- und Lebensraumvielfalt)
•Entwicklung von Maßnahmen zur Minimierung der Emission klimaschädlicher Gase aus
der Landwirtschaft
59
Wald und Forstwirtschaft
•Weiterentwicklung klimatoleranter, flexibler und produktiver Waldbewirtschaftungssys­
teme mit umfassendem Gesamtnutzen (insbesondere Holz, biologische Vielfalt, Kohlen­
stoff-Speicherung)
•Untersuchung des Einsatzes von Kurzumtriebskulturen mit Zusatznutzen für die Anpassung
Untersuchung klimatoleranter agroforstwirtschaftlicher Bewirtschaftungssysteme
•Anpassung der Holzernte und -vermarktung (vom Waldort bis ins Werk) an erhöhte Wet­
tervariabilitäten und Bewältigung von Extremereignissen
•Entwicklung innovativer Holzprodukte mit Zusatznutzen für die Anpassung
•Erforschung sozioökonomischer Wechselwirkungen bei der Entwicklung einer BioÖkonomie
•Untersuchung effektiver Methoden zur Anpassung überhöhter Schalenwild- und Schwarzwildbestände
Bodenschutz und Georisiken
•Grundlagenforschung zur Ermittlung der Auswirkungen des Klimawandels auf Boden­
erosion und Humusgehalte der Böden
•Grundlagenforschung zur Interaktion von Klimaänderung und Hangstabilität, insbesondere
betreffend den Einfluss des Bergwasserspiegels und des Verwitterungsverhaltens
•Entwicklung von Instrumenten zur Rationalisierung/Automatisierung bei der Erstellung
von Gefahrenkarten auf der Basis von genauen digitalen Geländemodellen
•Erkundung der Möglichkeiten und Grenzen der Verfahren der Radar-Interferometrie (PS,
DINSAR; sowohl terrestrisch, als auch satelliten- oder flugzeuggestützt) zur Früherken­
nung und Überwachung von Hangbewegungen, insbesondere in bewaldeten Bereichen
•Erkundung des Kohlenstoffspeicherpotentials von Boden und Untergrund unter Berück­
sichtigung der Temperatursensibilität – auch vor dem Hintergrund gezielter biologisch­
technischer Sequenzierungsmaßnahmen
Gesundheit
•Umfassendes Monitoring und weiterführende Erforschung der Auswirkungen des Klima­
wandels auf die Verbreitung von tierischen Überträger wie Mücken und Zecken
(Risikoanalyse durch systematische Überwachung von Vorkommen und Verbreitung) und
durch sie verursachte Krankheiten:
- Entwicklung alternativer Bekämpfungsstrategien
- Ausarbeitung regionaler Vorhersagemodelle
•Auswirkungen der Luftbelastung auf Krankheitsgeschehen und Sterblichkeit
•Analyse von Trends in Bezug auf durch Lebensmittel übertragene und ernährungsbe­
dingte Krankheiten
60
Forschungsund Untersuchungsbedarf
Energiewirtschaft
•Entwicklung innovativer Heizungs- und Kühlsysteme für Niedrigenergiehäuser, z. B.
nutzerabhängige, trägheitsarme Steuerung bedarfsgesteuert, zeit- und raumvariabel
•Entwicklung überregionaler Energiekonzepte (auf Basis kommunaler Energiekonzepte)
•Einrichtung von „Energie-Tischen“ zur Optimierung von Querschnitts-Anwendungs­
techniken in kleinen und mittleren Betrieben (Antriebe, Prozesswärme, Beleuchtung,
Informations- und Kommunikations-Techniken)
•Anpassung in der Stromversorgung (Kühlung thermischer Kraftwerke, Laufwasserkraft­
nutzung, Pumpspeicher-KW-Ausbau, Netzausbau/-stabilisierung)
•Ermittlung von Potentialen der Recyclingwirtschaft zur Energieeinsparung
•möglichst flächendeckende Ermittlung und Kartierung von Abwärmepotentialen
•Entwicklung und kontinuierlicher Ausbau eines Energie-Atlas Bayern
Industrie und Gewerbe
•Handlungsempfehlungen für die Vorbereitung der KMU auf die Folgen des Klimawandels
•Weiterentwickeln effizienter und umweltfreundlicher Bau- und Dämmmaterialien und
angepasster Gebäudeformen für extreme Witterungsbedingungen und geänderte klima­
tische Verhältnisse, z. B. Schneelasten, Stürme, Hagel
•Entwickeln innovativer Konzepte zur Grauwassernutzung und Kreislaufwirtschaft (Upcycling11)
Raumordnung (Landes- und Regionalplanung)
•Untersuchung der Auswirkungen von klimatischen Veränderungen auf die regionalen
Landnutzungs- und Bevölkerungsstrukturen
Städtebau/Bauleitplanung/Dorferneuerung, Bauen
•Untersuchungen Städtebau/Bestandsgebiete in ihrer Auswirkung auf das Stadtklima
•Identifizieren von Synergien zwischen Vermeidungs- und Anpassungsstrategien
•bauordnungsrechtliche Begleitung (Normen, Technische Baubestimmungen) der Ent­
wicklung von angepassten Gebäudeformen an extreme Witterungsbedingungen und
geänderte klimatische Verhältnisse, z. B. Schneelasten, Stürme, etc.
•bauordnungsrechtliche Begleitung (Zustimmung im Einzelfall, allgemeine bauaufsichtliche
Zulassung) der Entwicklung effizienter und umweltfreundlicher Bau- und Dämmmaterialien
11 Upcycling: Herstellen hochwertigerer Produkte aus Abfallstoffen eines Prozesses
61
Umsetzung der BayKLAS
und Erfolgskontrolle
9
Grundprinzip „Eigenverantwortung und Solidarität“
Die Anpassung an den Klimawandel ist eine gemeinsame Herausforderung für Staat und
Gesellschaft. Vertrauen und Kooperation zwischen allen Beteiligten sind die Voraussetzung
für eine erfolgreiche Anpassung. Dabei sollte stets das Grundprinzip „Eigenverantwortung
und Solidarität“ gelten: Wer seiner Eigenverantwortung gerecht wird, kann Solidarität der
Gesellschaft, z. B. in Form von Fördermitteln, erwarten. Deshalb setzt Bayern im Rah­
men der verfügbaren Haushaltsmittel auf moderne, bürgerfreundliche und praxisnahe In­
strumente zur Umsetzung der BayKLAS. Hierzu zählen insbesondere Vernetzung der
Beteiligten, Information und Motivation der Bürger, Dialog und Erfahrungsaustausch, ziel­
gerichtete Forschung und Monitoring, kompetente praxisgerechte Beratung, Aus- und
Fortbildung sowie finanzielle Förderung. Die BayKLAS ist als eine Aufforderung an die
Akteure der genannten Handlungsfelder zu verstehen, selbständig für die Bewältigung
der Herausforderungen Klimawandels tätig zu werden. Gleichzeitig bietet sie eine Orien­
tierungshilfe, welche Maßnahmen der Klimaanpassung durch die Bayerische Staatsregie­
rung verfolgt werden.
Enge Verzahnung von BayKLAS und Klimaprogramm Bayern 2020
Die Umsetzung der Handlungsempfehlungen der BayKLAS kann aufgrund begrenzter
finanzieller Mittel nicht für alle Anpassungsmaßnahmen gleichzeitig erfolgen. Nach Kon­
kretisierung der Kosten und Zuständigkeiten der Maßnahmen ist es daher wichtig eine
zeitliche und räumliche Priorisierung vorzunehmen. Die vorrangig umzusetzenden Maß­
nahmen, die in den Verantwortungsbereich der Bayerischen Staatsregierung fallen, wer­
den z. T. bereits heute im Rahmen des Klimaprogramms Bayern 2020 berücksichtigt und
zukünftig im Rahmen seiner Fortschreibung für den Zeitraum nach 2011 aufgenommen.
Erfolgskontrolle und Aktualisierung der BayKLAS
Die Evaluierung der Umsetzung der Maßnahmen der BayKLAS kann für den Bereich der
staatlichen Anpassungsmaßnahmen anhand der Evaluierung der Umsetzung des Klimapro­
gramms Bayern 2020 erfolgen. Die Erfolgskontrolle der Umsetzung von Anpassungsmaß­
nahmen, welche darüber hinaus in den einzelnen Handlungsfeldern durch nicht staatliche
Akteure initiiert werden, kann nur im Rahmen einer freiwilliger Selbstkontrolle erfolgen.
Die Prognosen zum Klimawandel unterliegen dem wissenschaftlichen Fortschritt. Unab­
hängig von der Erfolgskontrolle der Maßnahmen, ist eine regelmäßige Nachjustierung
der Anpassungsstrategie aufgrund der Erkenntnisfortschritte der Klimaforschung (global/
regional) aber auch aufgrund geänderter politischer, gesellschaftlicher und naturräumlicher
Rahmenbedingungen (z. B. Entwicklung der weltweiten Treibhausgas-Emissionen) sowie
praktischer Erfahrungen notwendig.
62
Literatur
Umsetzung
der BayKLAS
und Erfolgs­
kontrolle
Bayerische Staatsregierung (2007): Klimaprogramm Bayern 2020. Minderung von Treibhausgasemissionen, Anpassung an den
Klimawandel, Forschung und Entwicklung.
www.stmugv.bayern.de/umwelt/klimaschutz/klimaprogramm/doc/klimaprogramm2020.pdf
BMU – Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (2008): Deutsche Anpassungsstrategie an den
Klimawandel. Beschluss des Bundeskabinetts vom 17. Dezember 2008.
BMU – Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (2007): Klimawandel in den Alpen. Fakten – Folgen
– Anpassung. www.bmu.de
DIW – Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (2007): Klimawandel kostet die deutsche Volkswirtschaft Milliarden.
Wochenbericht des DIW Berlin Nr. 11/2007. S. 165 –170
Europäische Kommission (2007): KOM(2007) 354 endgültig. Grünbuch der Kommission an den Rat, das Europäische
Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen. Anpassung an den
Klimawandel in Europa – Optionen für Maßnahmen der EU {SEK(2007) 849}. Brüssel.
HWWI – Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut und Berenberg Bank (2007): Klimawandel. Strategie 2030. Vermögen und
Leben in der nächsten Generation. Eine Initiative des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts und der Berenberg Bank.
Hamburg.
IPCC – Intergovernmental Panel on Climate Change (2007): IPCC Fourth Assessment Report (AR4), Climate Change 2007,
WG I: Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger. Klimaänderung 2007: Wissenschaftliche Grundlagen (18 S.)
Jochem, E.; Jaeger, C.; Battaglini, A.; Bradke, H.; Vremer, W.; Eichhammer, W.; Förster, H.; Haas, A.; Henning, E.; Idrissova,
F.; Köhler, J.; Köwener, D.; Krause, J.; Lass, W.; Lilliestam, J.; Mannsbart, W.; Meißner, F.; Müller, M.; Pflüger, B.; Radgen,
P.; Ragwitz, M.; Reitze, F.; Sauer, K.; Schade, W.; Sensfuss, F.; Toro, F. und R. Walz (2008): Aus Investitionen für ein
klimafreundliches Deutschland. Studie im Auftrag des BMU. Potsdam/ Karlsruhe.
LfU – Bayerisches Landesamt für Umwelt (Hrsg.) (2008): Klimaanpassung Bayern 2020. Der Klimawandel und seine Auswir­
kungen - Kenntnisstand und Forschungsbedarf als Grundlage für Anpassungsmaßnahmen. Kurzfassung einer Studie der
Universität Bayreuth. Umwelt Spezial. Augsburg.
www.bayceer.uni-bayreuth.de/bayceer/de/pub/pub/pub_detail.php?id_obj=54823
StMELF – Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und Forstliche Verbände und Vereine in
Bayern (2008): Weihenstephaner Erklärung zu Wald und Forstwirtschaft im Klimawandel.
http://www.forst.bayern.de/forstpolitik/wald_im_klimawandel/31464
StMELF & StMUG – Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten & Bayerisches Staatsministerium
für Umwelt und Gesundheit (2008): Anbau- und Nutzungsempfehlungen für Energiepflanzen. November 2008
StMUG – Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit (2008): Aktionsprogramm Ambrosiabekämpfung in
Bayern – Internetangebot Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz.
http://www.stmugv.bayern.de/gesundheit/umweltgesund/ambrosia/index.htm.
StMWIVT – Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie (2008): Eckpunkte der
bayerischen Energiepolitik. Von der Bayerischen Staatsregierung beschlossen am 3. Juni 2008.
http://www.stmwivt.bayern.de/pdf/energie-und-rohstoffe/energieversorgung/Eckpunkt e _Energiepolitik.pdf.
WHO – World Health Organization (2008): Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit vor den Folgen des Klimawandels in der
europäischen Union , Faktenblatt vom 04. April 2008
Ergebnisse des Projekts KLIWA „Klimaveränderung und Wasserwirtschaft“ unter http://www.kliwa.de
63
Anlage
1 Anpassungsmaßnahmen des Klimaprogramms Bayern 2020
Handlungsfeld Wasserwirtschaft
Verstärkung des Kooperationsvorhabens KLIWA zur Verbesserung der Wissensbasis im Hinblick auf Niedrig­
wasser und Trockenheit über Simulationsberechnungen
Intensivierung des Monitoring klimabedingter Änderungen der Wasserhaushaltsgrößen
Einrichtung eines Niedrigwasserinformationsdienstes
Dynamische Anpassung des Hochwasserschutz-Aktionsprogramms 2020 an den Klimawandel (Berücksich­
tigung Klimawandel bei der Bemessung von Hochwasserschutzanlagen (Klimaänderungsfaktor), verstärkter
Hochwasserrückhalt in der Fläche, Reduzierung der Restrisiken bei überströmungsgefährdeten Hochwasser­
schutzanlagen, Freihalten von Notüberlaufräumen als Hochwasserrückhalteraum jenseits des Regelhoch­
wassermanagements)
Vorsorge gegen Dürre und Trockenheit:
•Initiieren von Maßnahmen zum örtlichen oder regionalen Verbund von Anlagen oder zur Errichtung zusätz­
licher Wassergewinnungsanlagen ("Zweites Standbein") zur Erhöhung der Versorgungssicherheit bei der
Trinkwasserversorgung – insbesondere in den Wassermangelgebieten Frankens sowie des Oberpfälzer und
Bayerischen Waldes
•nachhaltiger Schutz von nutzbaren Grundwasservorkommen und sensiblen oberirdischen Gewässern
•Fortschreibung der Wärmelastpläne und Aufstellung von Niedrigwassermanagementplänen
Sicherung großer potenzieller Rückhalteräume für Hochwasserschutz, Niedrigwasseraufhöhung und Trink­
wasserversorgung
Weitere Verbesserung der Grundwasserneubildung durch Wasserrückhalt im ländlichen Raum und Maßnahmen
in der Siedlungsentwässerung (u. a. Versickerung/Minimierung der Versiegelung)
Handlungsfeld Land- und Forstwirtschaft
Aktionen zur Schadensbegrenzung in den verschiedenen Produktionsbereichen
Aktionen zum Aufbau eines zukunftsfähigen Waldes (Waldumbauprogramm; Umwandlung von rund 100 000
der insgesamt ca. 260 000 ha akut gefährdeten Fichtenbeständen im Privat- und Körperschaftswald in klima­
tolerante Mischwälder bis 2020)
Schutzmaßnahmen im Bergwald:
•Intensive Schutzwaldpflege und -sanierung in Verbindung mit einer effektiven Schalenwildregulierung, um den
Bergwald und seine lebenswichtigen Schutzfunktionen nachhaltig für die erheblichen Klimaveränderungen im
Alpenraum zu stabilisieren
•Flächendeckendes Informationssystem zur Ermöglichung von gezielten Reaktionen in regionalen Risikogebieten
Aktionen zum Schutz der biologischen Vielfalt
schonende Nutzung der Ressourcen Wasser und Boden
64
Handlungsfeld Naturschutz
Monitoring
Sonderprogramm zur Stabilisierung der biologischen Vielfalt und von Ökosystemen:
• Vernetzung von Habitaten zur Schaffung von Wandermöglichkeiten für Tiere und Pflanzen
• Intensive Vernetzung der BayernNetz Natur-Projekte mit dem europäischen ökologischen Netz Natura 2000
(FFH- und Vogelschutzgebiete)
• Abmilderung der Zerschneidungs- und Barrierewirkung insbesondere von Verkehrswegen, Siedlungs- und
Gewerbeflächen und Fließgewässerverbauungen
• Erhöhung der Nischen- und Strukturvielfalt in der Normallandschaft durch einen lokalen Biotopverbund mit
Unterstützung der Agrarumweltprogramme von StMUG und StMELF
• Sicherung und Entwicklung landesweit bedeutsamer Flächen (Naturschutzgebiete, geschützte Landschafts­
bestandteile usw.) als Kernflächen, Verbundachsen und Trittsteinbiotope
• Gezielte Maßnahmen zum Erhalt besonders bedrohter Arten (Erhalt heimischer und vor allem in Bayern
endemischer Arten)
• Ökologischer Alpiner Verbund Bayern/Salzburg/Tirol/Vorarlberg im Rahmen des Protokolls Naturschutz und
Landschaftspflege der Alpenkonvention
• Freiwillige Flächenstilllegungen zur Schaffung von Rückzugszonen und Ruheräumen
Vorkehrungen zum Erhalt natürlicher Kohlenstoffsenken und zur Verbesserung des
Lokalklimas:
• Erhaltung und Renaturierung von Auen und Quellen
• vorrangige Renaturierung von 50 Mooren aus dem Bayerischen Moorentwicklungskonzept bis 2020
• Förderung einer klimafreundlichen landwirtschaftlichen Nutzung von Niedermoorstandorten einschließlich
Rückumwandlung von Ackerflächen in wiedervernässtes Grünland
• Verbesserung des Kleinklimas in großen Siedlungsräumen, Erhaltung und Verbesserung innerstädtischer
Grünflächen sowie von Frischluftschneisen, wie z. B. Wiesen und Talzügen
Arten- und Biotopschutz: Gezielte Maßnahmen zum Erhalt besonders bedrohter Arten und Biotope, Anpassung
der Artenschutzprogramme, Initiierung und Umsetzung zusätzlicher Artenhilfsprogramme)
Handlungsfeld Bodenschutz und Georisiken
Ermittlung fachlicher Grundlagen für die Entwicklung von Vorsorgemaßnahmen und Anpassungsstrategien
gegen Auswirkungen des Klimawandels
Entwicklung von Boden schonenden Bearbeitungsverfahren, Anbau von an die Standortbedingungen ange­
passten Pflanzen
Anbau und Nutzungsempfehlung für Energiepflanzen
Erarbeitung von Hinweiskarten zu geologischen Gefahren für den gesamten bayerischen Alpenraum analog der
Gefahrenhinweiskarte Oberallgäu zur Identifikation und Beurteilung gefährdeter Gebiete
Programm zur Eindämmung von Georisiken: Ausweitung des für den bayerischen Alpenraum bestehenden
digitalen Georisk-Katasters auf das gesamte Gebiet des Freistaats zur Erhöhung der Vorsorgesicherheit
Programm zur Eindämmung von Georisiken: Untersuchung von Felssturzgefahren an der Permafrostgrenze
mittels Bohrung und Messungen auf der Zugspitze
65
Handlungsfeld Gesundheit
Präventionsmaßnahmen vor den negativen gesundheitlichen Auswirkungen der Klimaerwärmung (Hitzewellen
im Sommer, Belastung UV-A und UV-B-Strahlung, Verschlechterung der Badewasserqualität durch natürlich im
Wasser vorkommende Mikroorganismen)
Hitzewarnsystem: ab 2007 mit regionalen Hitzewarnungen und Hitzeprognosen in Betrieb direkt vom
Deutschen Wetterdienst für Gesundheitsämter, Regierungen, Rundfunk- und Fernsehsender sowie stationäre
Pflegeheime
Handlungsfeld Städtebau/Bauleitplanung/Dorferneuerung
Nachhaltige Siedlungsentwicklung:
• Forcierung und fachliche Unterstützung nachhaltiger, klimaschonender und damit zukunftsorientierter
Siedlungskonzepte (integrierte Planung, Reduzierung Flächeninanspruchnahme, Schaffung kompakter Sied­
lungseinheiten mit kostengünstigen Bau- und Siedlungsformen, Verkehrsberuhigung in Wohnquartieren,
rationelle Energienutzung durch angepasste Siedlungskonzepte)
• Entwicklung und Abstimmung von energieoptimierten Konzepten für die Siedlungsentwicklung und städte­
bauliche Erneuerung
• Einfluss der Bebauung auf das lokale Kleinklima
Handlungsfeld Tourismus
Prüfung durch Staatsregierung, ob eine staatliche Unterstützung notwendig und möglich sein wird, damit die
Tourismusdestination Bayern ihren Spitzenplatz auch unter veränderten Rahmenbedingungen (Klimawandel
und Folgen) behaupten kann.
2 Forschungsvorhaben (Anpassung) des Klimaprogramms Bayern 2020
Handlungsfeld Wasserwirtschaft
KLIWA – Klimaveränderung und Konsequenzen für die Wasserwirtschaft:
• Beiträge zur Weiterentwicklung regionaler Klimamodelle zur Verbesserung der regionalisierten Abschätzung
des künftigen Klimas und der Verringerung vorhandener Unsicherheiten
• Auswahl und Bewertung geeigneter regionaler Klimaszenarien in Zusammenarbeit mit nationalen und
internationalen Institutionen
• Festlegung einer einheitlichen Szenarienauswahl zusammen mit anderen bayerischen Fachverwaltungen
• Weiterentwicklung der wasserwirtschaftlichen Modellierungsinstrumente für eine Verbesserung der
Wirkungsmodellierung
• Studie über die Bedeutung der Ressource Wasser als Standortfaktor für die bayerische Wirtschaft und den
Wirtschaftszweig „Wasserwirtschaft“ unter den Randbedingungen des Klimawandels, der demografischen
Entwicklung und der Globalisierung
Handlungsfeld Landwirtschaft
Betreiben eines landwirtschaftlichen Forschungsbetriebes, um wichtige Beratungsaussagen für die Praxis
treffen zu können: u. a. Fragen zum Pflanzenbau, Nährstoff- und Wasserhaushalt, Bodenbearbeitung, PrecisionFarming, Erosionsvermeidung und Prüfung genetischer Ressourcen unter Klimastress
66
Handlungsfeld Wald und Forstwirtschaft
Anpassung der bestehenden Standortkartierung und Baumartenempfehlungen (rasche Überarbeitung der
bayernweit vorhandenen Standortkarten, Anpassung der waldbaulichen Bewirtschaftungs- und Pflegekonzepte
zur Prävention und Schadensbewältigung an die sich rasch ändernden Klimabedingungen)
Ausweisung klimabedingter Risikobestände im Bergwald: Identifikation der Risikobestände mit dem Ziel, den
erforderlichen Mitteleinsatz für Pflege und Sanierung gezielt steuern zu können
Schädlingsvorsorge im Forst
Handlungsfeld Gesundheit
Forschungsprogramm "gesundheitliche Folgen des Klimawandels in Bayern": Perspektiven (Auswirkungen
der Klimaerwärmung: erhöhte Sterblichkeit durch Hitzewellen im Sommer, Zunahme allergischer Beschwerden,
Ausbreitung von Infektionskrankheiten, erhöhtes Hautkrebsrisiko), Erarbeitung von Vorsorgestrategien und
Gegenmaßnahmen.
interdisziplinär: Handlungsfelder Wasserwirtschaft, Bodenschutz und Georisiken, Landwirtschaft,
Wald- und Forstwirtschaft, Naturschutz
Bayerischer Forschungsverbund "Auswirkungen des Klimas auf Ökosysteme und klimatische Anpassungs­
strategien" (FORKAST):
• Kenntnisse über Reaktionen regionaler Ökosysteme auf klimatische Veränderungen erweitern
• Erforschung der ökologischen Auswirkungen des Klimawandels und ihrer natürlicher Kompensations ­
möglichkeiten
• Untersuchung von Ökosystemen, die starke Reaktionen auf den Klimawandel erwarten lassen und in BY
sowohl ökonomisch relevant als auch von großer Flächenbedeutung sind (z. B. große Waldgebiete der
Mittelgebirge und Alpen sowie landwirtschaftliche Nutzflächen, insbesondere Talauen)
Forschungsprogramm "Klimaanpassung Naturhaushalt und Alpen": aufbauend auf den wissenschaftlichen
Grundlagen des FORKAST Forschungsverbundes Entwicklung konkreter Anpassungsstrategien für die Bereiche
Naturhaushalt (Natur- und Artenschutz, Biodiversität), Bodenschutz sowie Naturgefahren
Forschungsprogramm "Klimaanpassung im Alpenraum" (AdaptAlp): Nachfolgeprojekte von ClimChAlp (z. B.
Entwicklung von Klima- und Umweltindikatoren, Umgang mit alpinen Naturgefahren, Klimaszenarien für den
Alpenraum)
systematische Neuausrichtung der Umweltforschungsstation Schneefernerhaus (UFS)
• zu einem international vernetzten Zentrum für Klima- und Höhenforschung, insbesondere zur Entwicklung,
Demonstration und zum Betrieb innovativer Technologien für Satellitendatenvalidierung, Klima- und
Atmosphärenbeobachtung sowie Früherkennung von Naturgefahren. Übernahme einer führenden Rolle der
UFS in Europa innerhalb der wissenschaftlich-technischen FuE-Programme und Netzwerke
(7. EU-Forschungsrahmenprogramm, GMES-Initiative)
• Ersatz der rund 30 Jahre alten Hangseilbahn durch eine moderne und wartungsarme Forschungsbahn
• Ergänzung der Grundausstattung mit wissenschaftlichen Geräten
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Herausgeber Bayerisches Staatsministerium für
Umwelt und Gesundheit
Rosenkavalierplatz 2, 81925 München (StMUG)
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Fotos
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Stand
September 2009
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Gedruckt auf Papier aus 100 % Altpapier
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