Deutsche Hochschuleinrichtungen
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Deutsche Hochschuleinrichtungen im Tempus-Programm von 1990 bis 2010 IMPRESSUM Herausgeber: DAAD - Deutscher Akademischer Austauschdienst German Academic Exchange Service Nationale Agentur für EU-Hochschulzusammenarbeit Referat Tempus/Erasmus Mundus/EU-Drittlandkooperationen Kennedyallee 50, 53175 Bonn www.daad.de/www.eu.daad.de Redaktion: Nina Salden (verantwortlich) Judith Lesch (Projektkoordination) Marco Brückner Christine Dietz Christoph Jüngst Druck: Druckhaus „Thomas Müntzer“, BT Weimar Gestaltung: design_idee, büro_für_gestaltung, Erfurt Auflage: November 2010 – 2.500 Exemplare © DAAD Alle Rechte vorbehalten. Es wird um Verständnis gebeten, dass aus Gründen der besseren Lesbarkeit in dieser Publikation nicht durchgängig weibliche und männliche Sprachformen verwendet werden. Alle Angaben wurden sorgfältig recherchiert. Es wird jedoch keine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Daten übernommen. Die Publikation wurde aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert. Sie gibt nur die Meinung der Autoren wieder. ó 20 Jahre Tempus Bildnachweise: Titelseite: D. Ausserhofer/DAAD S. 4: BMBF S. 5: Universität Potsdam/Sören Stache/2009 S. 8: Lichtenscheidt/DAAD S. 9: Ausserhofer/Himsel/DAAD S. 10: DAAD S. 11: Europäische Union S. 12: D. Ausserhofer/DAAD S. 13: Europäische Union S. 14: D. Ausserhofer/DAAD S. 15: D. Ausserhofer/DAAD S. 17: D. Ausserhofer/DAAD S. 18: Moss/Uni Marburg S. 19 (oben): Markus Farnung S. 19 (unten): Markus Farnung S. 21 (oben): EPC S. 21 (unten): EPC S. 22: Karsten Eckold/TUD S. 23 (oben): D. Ausserhofer/DAAD S. 23 (unten): National Tempus Office Russia S. 24: National Tempus Office Russia S. 25 (oben): D. Ausserhofer/DAAD S. 25 (unten): D. Ausserhofer/DAAD S. 27: Europäische Union S. 28: D. Ausserhofer/DAAD S. 29: D. Ausserhofer/DAAD S. 30: IWi, Uni Saarland S. 31: C. Kocian S. 32: Uni Hannover S. 34: Uni Hannover S. 35: Ron Mertens/Istockphoto S. 36: LFI, RWTH Aachen S. 37 (oben): LFI, RWTH Aachen S. 37 (unten): LFI, RWTH Aachen S. 38 (links): Jenny Kopsch S. 38 (rechts): Jenny Kopsch S. 39: Melanie Dahms S. 40: ECESIS S. 41 (oben): ECESIS S. 41 (unten): ECESIS S. 42 (oben): TU Berlin S. 42 (unten): TU Berlin S. 43 (oben): TU Berlin S. 43 (unten): TU Berlin Inhalt Grußworte Prof. Dr. Annette Schavan, BMBF Prof. Dr.-Ing. Dr. Sabine Kunst, DAAD 4 5 Das Tempus-Programm 1990-2010 Geographische Entwicklung des Tempus-Programms 6 Kontakt im DAAD 8 20 Jahre Tempus – Ein Hochschulreformprogramm schreibt Geschichte Dr. Siegbert Wuttig, DAAD 9 The Tempus Success Factors Klaus Haupt, EACEA 12 Das Engagement deutscher Hochschuleinrichtungen in Tempus Judith Lesch, Christine Dietz, Nina Salden, DAAD 14 Das Tempus-Programm an der Philipps-Universität Marburg Christopher Moss, Angel Manuel Rafael, Philipps-Universität Marburg 18 Chancen für deutsche Hochschulen im Tempus-Programm – Die TU Dresden zieht Bilanz Matthias Winker, Technische Universität Dresden 20 Tempus Cooperation Between German and Russian Universities: Lessons Learnt and A Look Into the Future Prof. Olga Oleynikova, Nationales Tempus-Büro Russland 23 20 years of German-Polish Tempus cooperation Nina Salden, DAAD 26 Projektberichte Wirtschaftsinformatik als Studienfach an polnischen Hochschulen Prof. Dr. Dr. h.c. mult. August-Wilhelm Scheer, Universität des Saarlandes, Prof. Dr. Claudia Kocian, Hochschule Neu-Ulm 30 „… wir sind jetzt alle in Deutschland verliebt!“ – Pionierarbeit im Tempus-Programm Dominique Gillissen, Leibniz Universität Hannover 32 Entwicklung eines interdisziplinären Trainingsprogramms in der Wasserwirtschaft Prof. Dr. Heribert Nacken, Dr. Hani Sewilam, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen 36 Vorreiter im Westlichen Balkan: Agrarwissenschaften in der Reformdiskussion Dr. h.c. Jochem Gieraths, Jenny Kopsch, Universität Hohenheim 38 E-Government in Russland, der Ukraine, Moldawien und Armenien — ein Tempus-Projekt zur Weiterbildung von Verwaltungsbediensteten in vier Ländern der GUS Prof. Dr. Klaus G. Troitzsch, Universität Koblenz-Landau 40 Zukunft gestalten! – Ein Projekt zur Lehrplanreform in der Raumfahrttechnik Dmitriy Ostroverkhov, Dmitriy Bogdanov, Technische Universität Berlin; Dr.-Ing. Arnold Sterenharz, ECM-Office 42 ó 20 Jahre Tempus G R U S SWO R T Das EU-Hochschulkooperationsprogramm Tempus hat für Deutschland eine ganz besondere Bedeutung. Als Reaktion auf den Fall der Berliner Mauer und die politischen Umwälzungen in Mittel- und Osteuropa wurde es 1990 mit nachdrücklicher politischer Unterstützung Deutschlands ins Leben gerufen. Das Ziel: das gesamteuropäische Zusammenwachsen der Hochschulsysteme zu fördern und insbesondere die Beteiligung der ostdeutschen Hochschulen an den europäischen Bildungsprogrammen zu unterstützen. Heute zählen die Hochschulen in ganz Deutschland europaweit zu den erfolgreichsten Tempus-Programmteilnehmern. Tempus hat maßgeblich zur Reform von Bildung und Wissenschaft in den Partnerländern beigetragen und damit die Integration der mittel- und osteuropäischen Hochschulen in die europäische Bildungszusammenarbeit vorangebracht. Die grenzüberschreitende Kooperation und Internationalisierung der Hochschulen ist nach wie vor ein zentrales Anliegen unserer Regierungsarbeit. Mit der Strategie zur Internationalisierung von Wissenschaft und Forschung strebt die Bundesregierung nach einer engeren Wissenschaftskooperation mit neuen Wissenschaftszentren. Dass im Rahmen der Hochschulkooperation wichtige Impulse für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklungen gegeben werden können, hat Tempus in zahlreichen Beitrittsländern der Europäischen Union eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Modernisierung und wachsende Mobilität im Hochschulbereich sind unveränderte Schwerpunkte der Drittlandkooperation in der tertiären Bildung und bestätigen die Kernthemen von Tempus in ihrer Aktualität. den Ländern des westlichen Balkans, mit den südlichen Nachbarschaftsländern, mit Russland und Osteuropa sowie mit Zentralasien ausbauen. Deutschland und seine Hochschuleinrichtungen können damit einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und ihren Nachbarregionen zu stärken und bestehende Grenzen ein weiteres Mal zu überwinden. Dem Deutschen Akademischen Austauschdienst danke ich für die erfolgreiche Zusammenarbeit. Als Nationale Informations- und Beratungsstelle für Tempus hat er die europäische Hochschulkooperation stets kompetent begleitet und die Erfolgsgeschichte von Tempus nachhaltig mitgestaltet. Insbesondere vor dem Hintergrund unserer eigenen Geschichte wünsche ich mir, dass sich die erfreuliche Entwicklung der vergangenen zwanzig Jahre fortsetzt und die deutschen Hochschulen ihre führende Rolle im Rahmen von Tempus nun in der Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Annette Schavan, MdB Bundesministerin für Bildung und Forschung 4 ó 20 Jahre Tempus VO R WO R T Mit der Öffnung der Berliner Mauer, der deutschen Wiedervereinigung und dem Systemwechsel in den östlichen Nachbarländern eröffneten sich auch für die akademische Mobilität und Zusammenarbeit ganz neue Chancen und Herausforderungen, die die Arbeit des DAAD in den 90er Jahren nachhaltig prägten. Die Förderung der Internationalisierung der ostdeutschen Hochschulen und die Intensivierung von Kontakten ostdeutscher Hochschulen nach Westen, aber auch der westdeutschen Hochschulen nach Osteuropa waren die zentralen Aufgaben des DAAD in dieser Zeit. Das europäische Hochschulkooperationsprogramm Tempus entstand unter den gleichen historischen Vorzeichen. Es hatte zum Ziel, die Modernisierung des Hochschulwesens zu unterstützen, den Austausch zwischen Ost und West zu fördern und die Beteiligung osteuropäischer Hochschulen an der gesamteuropäischen Hochschulzusammenarbeit zu ermöglichen. Tempus stellte für den DAAD stets eine sinnvolle und willkommene Ergänzung zu den nationalen Fördermöglichkeiten dar. Als Präsidentin der Universität Potsdam begrüße ich es ganz besonders, dass die ostdeutschen Hochschulen – zu Beginn des Programms noch als Tempus-Partner, nach der Wiedervereinigung dann als EU-Hochschulen – vom TempusProgramm profitieren konnten und hier aktiv teilnehmen. Seit 1987 ist beim DAAD die Nationale Agentur für EU-Hochschulzusammenarbeit angesiedelt. Als das Hochschulkooperationsprogramm Tempus im Mai 1990 von der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten aufgesetzt wurde, fiel die Wahl des damaligen Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft für die Einrichtung einer Nationalen Kontaktstelle in Deutschland schnell auf den DAAD. Der DAAD hatte hierfür durch die Umsetzung der EU-Programme ERASMUS und COMETT, aber auch sein Engagement in Osteuropa bereits wichtige Erfahrungen gesammelt. Inzwischen hat die EU-Kooperation einen hohen Stellenwert in der Arbeit des DAAD. Neben ERASMUS und Tempus ist der DAAD im Auftrag des BMBF als Nationale Struktur für Erasmus Mundus und als Nationale Kontaktstelle für die EU-Drittlandprogramme tätig und begleitet den Bologna-Prozess in Deutschland. In seiner Funktion als Nationale Tempus-Kontaktstelle informiert der DAAD deutsche Hochschuleinrichtungen und politisch verantwortliche Stellen über Inhalte und Programmentwicklungen; er berät zu Antragstellung und Projektumsetzung und leistet einen Beitrag zur Weiterentwicklung des Programms. Wir freuen uns, dass das deutsche Engagement in Tempus über die letzten 20 Jahre konstant hoch geblieben ist. Deutsche Hochschulen stehen in der aktuellen Tempus IV-Programmphase im europäischen Vergleich an der Spitze. Das Ziel des Programms ist heute die Förderung der Modernisierung des Hochschulwesens in den Nachbarregionen der Europäischen Union. Das Programm zeigte aber von Beginn an seine positiven Auswirkungen auch innerhalb der EU und in Deutschland und fördert auch hier die Vernetzung und den Wissens- und Erfahrungsaustausch der teilnehmenden Hochschulen untereinander. Dieses Verdienst des Tempus-Programms und insbesondere seiner einzelnen Projektkoordinatoren und -partner herauszustellen und zu würdigen, ist ein Anliegen dieser Publikation. Als Beispiel für die vielfältige Tempus-Zusammenarbeit stellen ausgewählte Akteure ihre Arbeit vor – von 1990 bis 2010. Mein besonderer Dank gilt dem BMBF und der Europäischen Kommission für das Vertrauen in den DAAD und die finanzielle Unterstützung, die für Information und Beratung zum Programm unerlässlich sind. Nicht zuletzt dadurch wurde Tempus auch zu einer deutschen Erfolgsgeschichte. Prof. Dr.-Ing. Dr. Sabine Kunst Präsidentin des Deutschen Akademischen Austauschdiensts ó 20 Jahre Tempus 5 PARTNERLÄNDER Tempus I (1990 –1993) Teilnehmende Partnerländer: Polen, Tschechoslowakei (seit 1993: Tschechische und Slowakische Republik), Ungarn Nur 1990: Ehemalige DDR/Nur 1991: Jugoslawien Seit 1991: Bulgarien, Rumänien Seit 1992: Albanien, Estland, Lettland, Litauen, Slowenien Tempus II (1994 –1999) Zentralasien Teilnehmende Partnerländer: Albanien, Belarus, Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Russische Föderation, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ukraine, Ungarn Seit 1994: Kasachstan, Kirgisistan, Moldawien, Usbekistan Seit 1995: Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Mongolei Seit 1996: Bosnien und Herzegowina, Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, Turkmenistan 6 ó 20 Jahre Tempus Tempus III (2000 – 2006) Zentralasien Teilnehmende Partnerländer: Albanien, Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Bosnien und Herzegowina, Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, Georgien, Kasachstan, Kirgisistan, Moldawien, Mongolei (bis 2005), Russische Föderation, Turkmenistan, Ukraine, Usbekistan Seit 2001: Kroatien, Serbien (mit Kosovo), Montenegro (zunächst als Serbien und Montenegro) Seit 2002: Ägypten, Algerien, Besetztes Palästinensisches Gebiet, Jordanien, Libanon, Marokko, Syrien, Tunesien Seit 2004: Tadschikistan Seit 2005: Kosovo Tempus IV (2007 – 2013) Zentralasien Teilnehmende Partnerländer: Ägypten, Albanien, Algerien, Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Besetztes Palästinensisches Gebiet, Bosnien und Herzegowina, Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien (bis 2010), Georgien, Kasachstan, Kirgisistan, Kosovo, Kroatien (bis 2009), Libanon, Marokko, Moldawien, Montenegro, Russische Föderation, Serbien, Syrien, Tadschikistan, Tunesien, Turkmenistan, Ukraine, Usbekistan Seit 2008: Israel Seit 2010: Libyen ó 20 Jahre Tempus 7 KONTAKT IM DAAD Nationale Agentur für EUHochschulzusammenarbeit im DAAD Leitung: Dr. Siegbert Wuttig Tel.: +49 (0)228-882349 E-mail: wuttig@daad.de Nationale Tempus-Kontaktstelle im DAAD Referat „Tempus/Erasmus Mundus/EU-Drittlandkooperationen“ Leitung: Nina Salden Tel.: +49 (0)228-882520 E-mail: salden@daad.de Tempus – Information und Beratung zu Antragstellung und Projektmanagement: Marco Brückner Tel.: +49 (0)228-882477 E-mail: brueckner@daad.de Tempus – Information und Beratung zu Antragstellung und Projektmanagement: Judith Lesch Tel.: +49 (0)228-882466 E-mail: lesch@daad.de Allgemeine Anfragen, Veranstaltungen: Christine Dietz Tel.: +49 (0)228-882599 E-mail: dietz@daad.de 8 ó 20 Jahre Tempus 20 Jahre Tempus: Ein Hochschulreformprogramm schreibt Geschichte Dr. Siegbert Wuttig Mit dem Fall der Berliner Mauer und den politischen Ereignissen von 1989 und 1990 in Mittel- und Osteuropa sah sich die Außenpolitik der Europäischen Gemeinschaft unerwarteten Herausforderungen gegenüber. Die Europäische Kommission reagierte schnell auf die neue Situation und beschloss umgehend, die wirtschaftlichen und sozialen Reformen der Transformationsländer zu unterstützen. Bereits im Dezember 1989 wurde das Hilfsprogramm PHARE (Pologne, Hongrie: Assistance à la Restructuration Economique) gestartet, das den Rahmen für eine umfassende Gemeinschaftshilfe bildete.1 Von Beginn an betrachteten dabei die Gemeinschaft und die Partnerländer in Mittel- und Osteuropa den Hochschulbereich als wichtiges Element des Reformprozesses. Es war deshalb nur folgerichtig, dass schon im Mai 1990 vom Ministerrat das Hochschulreformprogramm Tempus (Trans-European Mobility Programme for University Studies) verabschiedet wurde, dessen Finanzierung über PHARE erfolgte und dessen Laufzeit zunächst die Jahre 1990/91 bis 1993/94 umfasste. Das Programm trat dabei mit dem Motto support through cooperation an und förderte gemeinsame europäische Strukturprojekte und individuelle Mobilität zwischen den Gemeinschaftsmitgliedern und den Reformländern. Ziel war es, insbesondere das Hochschulmanagement und die Curricula zu reformieren und durch den Austausch von Studierenden, Hochschullehrern und Verwaltungspersonal einen Veränderungsprozess auch in den Köpfen zu ermöglichen.2 Teilnehmen konnten an Tempus in Mittelund Osteuropa zunächst Polen, Ungarn, die Tschechoslowakei und bis zur deutschen Vereinigung auch die DDR. Bulgarien, Rumänien und zeitweise Jugoslawien folgten 1991, Albanien, Estland, Lettland, Litauen und Slowenien ein Jahr später. Deutschland hatte aufgrund seiner Geschichte und der besonderen Situation seiner Teilung in der Mitte Europas gegenüber diesen Ländern eine besondere Verantwortung und Verpflichtung, denen es gerade auch als Bindeglied zur Europäischen Gemeinschaft in vollem Umfang gerecht wurde. Der Bildungs- und Wissenschaftsbereich nahm dabei eine wichtige Rolle ein. Das damalige Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft (heute: Bildung und Forschung) und der DAAD haben den Reformprozess in Mittel- und Osteuropa und vor allem die damit einhergehende Integration der ostdeutschen Hochschulen in die europäische Hochschulzusammenarbeit mit Nachdruck unterstützt.3 Das BMBW übertrug dem DAAD aufgrund seiner vielfältigen bilateralen Zusammenarbeit mit den mittel- und osteuropäischen Ländern und der DDR, aber auch wegen seiner Funktion als Nationale Agentur für die europäischen Programme ERASMUS, COMETT und LINGUA, gleich nach der Verabschiedung von Tempus die Aufgaben einer Nationalen Informations- und Beratungsstelle. Gemeinsam mit dem Ministerium für Bildung und Wissenschaft der DDR und Vertretern des BMBW und der Europäischen Kommission wurde vom DAAD im September 1991 in Berlin eine Informationsveranstaltung für die ostdeut- 1991 führte der DAAD an der Humboldt-Universität Berlin eine Informationsveranstaltung für die ostdeutschen Hochschulen durch. Für die Tempus-Tagungen 2000 und 2010 zog es den DAAD erneut an die HU. 1 2 3 PHARE galt zunächst für Polen und Ungarn, wurde jedoch rasch auf andere Reformländer ausgedehnt. Vgl. Wuttig, S., Reckert, T.: „The role of Tempus as one of the EU’s political instruments for reforming higher education and advancing EU integration”, in: Kucha, R., European Integration through education, Lublin 2004, 611-622. Vgl. Wuttig, S.: „Help for higher education institutions in Central and Eastern Europe – The Tempus Program is promoting reform and student exchange”, in: European Education, 1998/Vol.30, NO.3, 89-91. Vgl. Erger, J.: „Der DAAD und die Herausforderungen des Tempus-Programms“, in: Alter, P. (Hrsg.), Der Deutsche Akademische Austauschdienst 1925–2000, Band I, Bonn 2000, 316-329. ó 20 Jahre Tempus 9 Seit Beginn des Tempus-Programms fungiert der DAAD als Nationale Informationsund Beratungsstelle für die deutschen Hochschulen. schen Hochschulen durchgeführt, um sie noch vor der deutschen Vereinigung zur einmaligen Beteiligung an Tempus als „Empfängereinrichtungen“ zu motivieren. Mit den von der EG zur Verfügung gestellten 2 Millionen DM konnten dann immerhin 12 Projekte gefördert werden. Die Veranstaltung wurde auch genutzt, um die Hochschulen für eine Antragstellung in den anderen europäischen Programmen fit zu machen.4 Diese standen den ostdeutschen Hochschulen nach der deutschen Einigung wie den Hochschulen der alten Bundesländer ab dem 3. Oktober 1990 offen. Die ostdeutschen Hochschulen haben die Förderangebote der EG hervorragend genutzt und damit den Grundstein für eine schnelle Integration in die europäische Bildungszusammenarbeit gelegt.5 Die Erfolgsgeschichte hält bis heute an. 4 5 6 10 Mit dem Beschluss vom 29. April 1993 wurde die zweite Phase des Programms (Tempus II) für einen Zeitraum von vier Jahren beginnend mit dem Hochschuljahr 1994/95 verabschiedet. Dabei wurde unter dem Dach von TACIS (Technical Assistance for the Commonwealth of Independent States) das Hochschulreform-Programm bereits für 1993 auf die Neuen Unabhängigen Staaten (Russland, Belarus und die Ukraine) ausgedehnt. Gleichzeitig wurde den assoziierten Ländern Mittel- und Osteuropas durch den Europäischen Rat in Kopenhagen 1993 und Essen 1994 eine Perspektive für den EU-Beitritt eröffnet. Um den Beitritt vollziehen zu können, mussten allerdings erst verschiedene institutionelle und administrative Voraussetzungen erfüllt werden und eine Anpassung an die Gemeinschaftsnormen (acquis commun- autaire) erfolgen. In diesem Zusammenhang wurde Tempus in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre mit dem Leitmotiv from assistance to cooperation zu einem zentralen Heranführungsinstrument. Die Ausbildung von Verwaltungsfachleuten und das institution building waren dabei wichtige Themenstellungen von Tempus II, das noch einmal um zwei Jahre bis 2000 verlängert wurde.6 Schrittweise konnten dann ab 1998/99 die assoziierten Länder Mittel- und Osteuropas an ERASMUS und anderen EU-Programmen teilnehmen. Damit war ihre Beteiligung als Empfängerländer am Hilfsprogramm Tempus beendet und der Übergang in die Kooperationsprogramme der EU vollzogen. Auf Seiten des DDR-Ministeriums engagierte sich vor allem Wolfgang Trenn in sehr eindrücklicher Weise für die Beteiligung der ostdeutschen Hochschulen an den europäischen Programmen und trug auch durch seine spätere Mitarbeit im DAAD maßgeblich zur erfolgreichen Integration der europäischen Bildungsarbeit bei. Vgl. Wuttig, S., Kesselburg, J., Trenn, W.: 20 Jahre Mauerfall – Die Integration der ostdeutschen Hochschulen in die europäische Bildungszusammenarbeit, Bonn 2009. Vgl. Wächter, B., Trenn, W.: Erfahrungen aus der Beteiligung deutscher Hochschulen, Organisationen und Unternehmen am Tempus-Programm der Europäischen Gemeinschaften – Ein Zwischenbericht über die Programmphase I (1990/91–1993/94) aus Sicht des DAAD, Bonn 1993. Vgl. Europäische Kommission (Hrsg.): Bericht der Kommission an den Rat, Bewertung der bisherigen Erfolge von Tempus und Perspektiven für die noch verbleibenden Bedürfnisse der Partnerländer, Brüssel 8.5.1996, 14 ff. Vgl. Arbeitsstelle EU des DAAD (Hrsg.): 8. Tempus-Jahrestagung des DAAD an der Universität Bayreuth 13. und 24.Oktober 1997, Bonn 1998. ó 20 Jahre Tempus Dies bedeutete für die mittel- und osteuropäischen Beitrittskandidaten nicht nur einen Wandel von mehr strukturell ausgerichteten Aktivitäten in Tempus zu einer eher auf Mobilität ausgerichteten Zusammenarbeit in ERASMUS. Auch waren die Fördermittel unter ERASMUS deutlich geringer als im Tempus-Programm – eine Situation, die viele Hochschulen Mittelund Osteuropas vor neue Herausforderungen stellte. Am 29. April 1999 beschloss der Ministerrat der EU das erfolgreiche TempusProgramm für die Jahre 2000 bis 2006 fortzuführen, das bis dahin mit einem Budget von fast 1 Milliarde Euro etwa 2.100 Hochschulprojekte gefördert hatte. Partner waren in der dritten ProgrammPhase zunächst die Länder Osteuropas, Zentralasiens und die Mongolei im Rahmen des TACIS-Finanzierungsinstruments sowie die westlichen Balkanländer, für die im Kontext des Stabilisierungsprozesses der EU für Südosteuropa Mittel aus dem CARDS-Hilfsprogramm (Community Assistance for Reconstruction, Development and Stabilisation) bereitgestellt wurden. Am 27. Juni 2002 erweiterte sich dann der Geltungsbereich von Tempus durch den Einbezug der Länder des südlichen Mittelmeerraums (z.B. Algerien, Ägypten, Tunesien) erneut. Dabei wurden für die Zusammenarbeit der Hochschulen der EU mit Partnern im Mittelmeerraum aus dem MEDA-Budget (Mediterranean Development Assistance) für die euromediterrane Partnerschaft rund 107 Millionen Euro für die Jahre 2003-2006 zur Verfügung gestellt. Mit dem EU-Beitritt der mittel- und osteuropäischen Länder konnten die früheren PHARE-Empfängerländer (wie Polen und Ungarn) nun wieder an Tempus teilnehmen (diesmal als EU-Mitgliedsländer sozusagen „auf der anderen Seite“). (Osteuropa mit Russland, Mittelmeerraum, Naher Osten), der Heranführungshilfe für Beitrittskandidaten (Westlicher Balkan) und der Entwicklungszusammenarbeit (Zentralasien). Das Programm, für das ab April 2009 die Exekutivagentur für Bildung, Audiovisuelles und Kultur (EACEA) der Kommission in Brüssel die Verantwortung übernahm, zielt auf die Modernisierung der Hochschulsysteme in diesen Ländern ab und ermöglicht den Ländern, sich auf freiwilliger Basis den Zielsetzungen der Lissabon-Strategie und des Bologna-Prozesses anzunähern.7 Gerade der Bologna-Prozess war bereits in Tempus III ein wichtiger Referenzrahmen für die Themenstellungen der Hochschulreform in verschiedenen Partnerländern. Das Tempus-Programm wurde wiederholt evaluiert und hat sehr positive Ergebnisse für die Partnerländer erbracht. So zeigt etwa die Ex-post-Evaluation von Tempus III: „[Tempus] has made an important overall contribution to the development of higher education systems [and] helped to create more internationally oriented and flexible higher education institutions in the Partner Countries of the Tempus programme.”8 Zu diesem Erfolg des Programms haben die deutschen Hochschulen in den bisherigen 20 Jahren von Tempus durch eine im europäischen Vergleich hervorragende Beteiligung wesentlich beigetragen. Nicht selten ging dabei die Zusammenarbeit mit den Partnerländern von einer DAADfinanzierten bilateralen Hochschulpartnerschaft aus. Trotz der bisherigen Erfolge bleibt in den kommenden Jahren aber noch viel zu tun, um die Modernisierungsagenda im Hochschulbereich der Tempus-Länder gemeinsam weiter umzusetzen. Die strategische Zusammenarbeit deutscher Hochschulen mit wichtigen europäischen Partnern (z.B. in Frankreich und Polen) kann dafür ein guter Ausgangspunkt sein. ó Kontakt: Dr. Siegbert Wuttig Leiter der Nationalen Agentur für EU-Hochschulzusammenarbeit DAAD – Deutscher Akademischer Austauschdienst Tel.: +49 (0)228-882349 E-mail: wuttig@daad.de Die aktuelle Phase des Programms (Tempus IV) gilt für den Zeitraum 2007 bis 2013 in den gleichen Partnerländern wie in Tempus III (erweitert um Israel), allerdings unter den neuen Finanzierungsinstrumenten der Nachbarschaftspolitik 7 8 Vgl. http://eacea.ec.europa.eu/tempus/programme/about_tempus_en.php [27.09.2010]. ECORYS Nederland BV: Ex-post evaluation of the Tempus III Programme – Final report, Rotterdam 2009, 16-17. ó 20 Jahre Tempus 11 The Tempus Success Factors Klaus Haupt Tempus is one of the most venerable programmes of the European Union. Over the past twenty years, Tempus has been going from strength to strength. Back in 1989, Tempus was the only EU education programme which focused on the EU‘s immediate neighbouring countries. Since then, it has increased from 17 participating countries to 56. It has grown from an enlarged European continent to cover Central Asia, North Africa and the Middle East. Its role has expanded from supporting a smooth transition to democracy and market economy in Central Eastern Europe, to contributing to the education dimension of the EU‘s external relations, such as enlargement, development and the neighbourhood policies. Stretching from Portugal to Mongolia and with more than 2,200 higher education establishments involved, Tempus has constituted one of the largest university networks in academic history. Over the past twenty years, Tempus has successfully responded to the evolving needs of its partner countries in the area of higher education. It started as an aid programme, providing necessary equipment and economic assistance to the countries of Central Eastern Europe after the fall of the iron curtain. During the transition phase to democracy and market economies, it provided support with the necessary restructuring of universities and government departments. It also helped prepare certain countries for accession to the EU. Since 2000, Tempus focused more strongly on large-scale reform of higher education systems. Today, Tempus is very much a co-operation programme which promotes capacity-building, modernisation and reforms through international partnerships. In spite of structural, geographical and historical evolutions over the past 20 years, the underlying philosophy of the programme has remained constant. Three key elements of this philosophy can be identified. While inherently simple, they have been prerequisites to the programme‘s success. The ‘Bottom-Up’ Approach While the guidelines for each programme have been driven by wider political imperatives, the development and implementation of those guidelines in the form of Tempus projects have been carried out by beneficiaries on the ground. While calls for proposals must conform with broad national priorities in the area of higher education, these calls merely mention broad themes that a Tempus project should fall under, but are not at all prescriptive in terms of tasks to be carried out. Beneficiaries are given the liberty to identify their own subject areas and activities. While regular monitoring and support is provided, there is no direct control from Brussels over the project. Stakeholders are given the freedom to manage the projects themselves as they see fit. Tempus relies on the motivation of people to make a difference. By creating this space for initiative, ‘islands of innovation’ have been created in countries where national policies for such initiatives have not yet been in place. Actions emanate from individuals themselves. A Two-Way Transfer of Knowledge and Know-How The second element underpinning the Tempus philosophy is the transfer of expertise – not only knowledge, but more importantly know-how, skills and practical experience. This transfer tended to be ‘one-way’ during the early stages of Tempus. Tempus I was after all an ‘assistance’ programme and Klaus Haupt, EACEA, presenting the new call for proposals at the DAAD Tempus conference at Freie Universität Berlin, November 2009 12 ó 20 Jahre Tempus pioneers from European universities set out with this ‘know-how’ to ‘assist’ their new neighbours. While it was an admirable objective at the time, nowadays, the transfer is more ‘two-way’. Mutual learning as a two-way process is at the heart of the Tempus philosophy. Structures at national level The most important element that has figured continuously throughout the programme has been the role of the National Tempus Offices (NTOs) in the partner countries and National Contact Points (NCPs) in the EU Member States. They have not only been a constant feature of the Tempus Programme since its inception, they have been its backbone. Tempus was created in Brussels, but needed people with local know-how to bring the programme to their home country. National Tempus Office coordinators with knowledge of EU and national policies and practices were crucial as ‘translators’. They showed stakeholders on the ground how Tempus could be relevant to their local context. National Contact Points have helped promote Tempus in the Member States and have systematically assisted EU applicants and partner institutions. Many Contact Points work in close cooperation with NTOs in the Partner Countries and all meet bi-annually face-to-face. Tempus Offices and Contact Points have access to valuable information on higher education institutions and are well placed to help with the mammoth task of partner-searching. The basic features of the Tempus programme have remained stable over the past twenty years and have been the secret to its success. Its simple philosophy promoting a ‘bottom-up approach’ has encouraged grass-roots participation and empowerment. Mutual benefits have been ensured through the ‘twoway’ transfer of knowledge and skills. Above all, people-to-people contacts have broadened minds and intercultural understanding, much wider than any academic textbook ever could. A diverse set of higher education stakeholders have been able to work together on projects, targeted at different levels of the higher education systems. The Tempus programme has a very illustrious past and it has greatly contributed to promoting reform and modernisation in all participating countries over the past twenty years. Tempus has been one of the cornerstones of the EU‘s policy to prepare the countries in the Western Balkans for accession and to draw the neighbouring countries as closely as possible to the EU. But its most important strength will continue to lie in the people that cooperate across boundaries and that have made the programme a success over the past twenty years. ó Contact: Klaus Haupt Head of Unit “Tempus & Bilateral Cooperation with Industrialised Countries” Education, Audiovisual and Culture Executive Agency, Brussels E-mail: Klaus.Haupt@ec.europa.eu ó 20 Jahre Tempus 13 Das Engagement deutscher Hochschuleinrichtungen in Tempus Judith Lesch, Christine Dietz, Nina Salden Seit Beginn des Programms im Jahr 1990 nehmen deutsche Hochschulen aktiv an Tempus teil. Dabei waren sie nicht ausschließlich auf EU-Seite an Projekten beteiligt: Durch eine Übereinkunft der Europäischen Gemeinschaft mit der damaligen DDR im Sommer 1990, unmittelbar vor der Wiedervereinigung, konnten die Hochschulen in Ostdeutschland sich für kurze Zeit als Partner an Projekten beteiligen. 1990/91 wurden zwölf Tempus-Projekte in einem Förderumfang von ca. 2 Mio. DM an ostdeutschen Hochschulen umgesetzt. Danach nahmen sie auf der EU-Seite gemeinsam mit den westdeutschen Hochschulen am Programm teil. Das Tempus-Programm bot sowohl ost- als auch westdeutschen Hochschulen die Möglichkeit, Kontakte zu europäischen Partnern wieder aufzunehmen und zu festigen. Bis zum heutigen Tag leisten die Teilnehmer einen wichtigen Beitrag zum europäischen Einigungsprozess und zur Hochschulzusammenarbeit mit den EU-Nachbarregionen. Die heutigen EU-Staaten Polen, Rumänien, Ungarn und Bulgarien kommen durch ihre Beteiligungen als Partnerländer zu Beginn des Programms auf eine vergleichsweise höhere Anzahl an Projekten. Bis einschließlich Tempus III konnten die Funktionen des Vertragsnehmers und des Koordinators bei zwei verschiedenen Hochschulen angesiedelt werden. Dies ermöglichte es Hochschulen in Partnerländern, Projekte selbst zu koordinieren, wenn sie auch nicht als Vertragsnehmer fungierten. Das änderte sich mit Beginn der vierten Programmphase 2007. Seitdem können auch Einrichtungen aus den Partnerländern Anträge in Tempus stellen. Koordinator ist dabei immer die antragstellende Einrichtung. 14 ó 20 Jahre Tempus Deutsche Hochschuleinrichtungen im EU-Vergleich Im europäischen Vergleich liegt die Projektbeteiligung deutscher Hochschulen in der Gesamtlaufzeit von 1990 bis 2010 an dritter Stelle hinter den britischen und den französischen Hochschulen. In der aktuellen Programmphase Tempus IV (2007-2013) ist sie noch deutlich gestiegen: Mit 43 % Projektbeteiligung stehen deutsche Hochschuleinrichtungen an der Spitze vor Italien, Spanien und Großbritannien. Die Säulen „Projekte“ beziehen sich auf die Anzahl an Projekten, an denen Hochschuleinrichtungen des jeweiligen Landes als Vertragsnehmer und/oder Partner beteiligt sind. Projekte, in die mehrere Einrichtungen eines Landes involviert sind, wurden nur einmal gezählt. ó 20 Jahre Tempus 15 Partnerregionen deutscher Hochschulen Deutsche Hochschulen arbeiteten in Tempus I besonders eng mit Ungarn, Polen und der ehemaligen Tschechoslowakei zusammen. In Tempus II trat mit der Russischen Föderation ein weiteres Land in das Programm ein, mit dem deutsche Hochschulen seitdem besonders häufig kooperieren. Sie beteiligten sich sowohl in Tempus II als auch Tempus III an knapp der Hälfte aller russischen Projekte; in Tempus IV sogar an 54 %. In absoluten Zahlen ist die Anzahl an Tempus IV-Projekten von 23 mit Russland die höchste; mit keinem anderen Partnerland werden derzeit unter deutscher Beteiligung so viele Projekte umgesetzt. Im Vergleich zu vorherigen Programmphasen ist der Anteil an Tempus-Projekten mit deutscher Beteiligung in der jüngsten Zeit am höchsten. In Tempus IV liegt er derzeit bei über 43 % (1. bis 3. Aufruf). Die höchste deutsche Projektbeteiligung in Tempus II und III ergibt sich damit in der Region des Östlichen Nachbarschaftsraums und Russlands, gefolgt von der Kooperation mit dem Westlichen Balkan und mit Zentralasien. In Tempus IV nahmen deutsche Hochschulen häufiger als zuvor an zentralasiatischen Projekten teil, nämlich an über 63 %. Da Zentralasien im Vergleich zu den anderen Regionen jedoch über ein niedrigeres Gesamtbudget verfügt, ist die Anzahl der zentralasiatischen Projekte im Vergleich zu anderen Regionen geringer. Im Westlichen Balkan ist das deutsche Engagement im Verhältnis zu der Gesamtzahl an Projekten in der Region von Tempus II und III hin zu Tempus IV leicht zurückgegangen. Mit den Südlichen Mittelmeeranrainern kam 2002 in Tempus III eine vierte Partnerregion hinzu. Die deutsche Beteiligung war hier anfänglich niedriger als bei den anderen Regionen, ist aber mit der Zeit auf mittlerweile 46 % in Tempus IV angewachsen, wobei die Zusammenarbeit mit Ägypten besonders intensiv ist. Das vorliegende Diagramm zeigt, an wie vielen Projekten mit den Partnerregionen deutsche Hochschuleinrichtungen in Tempus IV beteiligt sind. 16 ó 20 Jahre Tempus In Tempus IV sind deutsche Hochschulen somit in allen Regionen sehr gut vertreten. Nach der hohen Projektbeteiligung in Zentralasien von über 63 %, folgt die Zusammenarbeit mit dem Östlichen Nachbarschaftsraum (49 %), dem Südlichen Nachbarschaftsraum (46 %) und dem Westlichen Balkan (31 %). Die Beteiligung deutscher Hochschulen an allen Tempus IV-Projekten liegt bei 43 %. Die aktivsten deutschen Hochschulen Die gute Programmbeteiligung deutscher Hochschulen in Tempus ist nicht zuletzt dem außerordentlichen Engagement einiger einzelner Hochschulen und TempusKoordinatoren zu verdanken. Mit großer Kontinuität bewerben sie sich in jeder Antragsrunde sowohl als Koordinator als auch als Partner von Tempus-Projekten. Mit über 60 Projektbeteiligungen seit Beginn des Programms steht eine ostdeutsche Hochschule, die Technische Universität Dresden, an der Spitze, gefolgt von der Universität des Saarlandes, der Leibniz Universität Hannover und der JustusLiebig-Universität Gießen. In den letzten Jahren nehmen auch verstärkt deutsche Fachhochschulen am Programm teil. In Tempus IV sind sie in rund 16 % der deutschen Projekte involviert. ó Kontakt: Judith Lesch Referat „Tempus/Erasmus Mundus/ EU-Drittlandkooperationen“ DAAD – Deutscher Akademischer Austauschdienst Tel.: +49 (0)228-882466 E-mail: lesch@daad.de ó 20 Jahre Tempus 17 Das Tempus-Programm an der Philipps-Universität Marburg Christopher Moss, Angel Manuel Rafael Deutschland hat historisch gewachsene Kontakte zu den Hochschulen in Ost- und Südosteuropa sowie zu den Nachfolgestaaten der Sowjetunion. Viele dieser Kontakte reichen weit zurück. Durch den Fall der Mauer und die politischen Veränderungen vor zwanzig Jahren kam das Tempus-Programm wie gerufen, um endlich die Zusammenarbeit mit diesen Hochschulen auszubauen – und in vielen Fällen um sie für das ERASMUS-Programm vorzubereiten: so auch in Marburg. Damals wurde die Zusammenarbeit im Tempus-Programm zum Beispiel mit Kasachstan und der Ukraine von der Marburger Hochschule als Hilfeleistung gesehen. Die ersten Projekte beschäftigten sich mit dem Ausbau des Fremdsprachenangebots bzw. einer Neuorientierung des Jura-Studiums. Was sich damals schon herauskristallisiert hatte, war die Zusammenarbeit auch mit Partnern in den EU-Ländern, die gemeinsam mit der Philipps-Universität an Tempus-Projekten Workshopvorbereitungen zum Thema Qualitätssicherung an der Telavi State University, März 2009 18 ó 20 Jahre Tempus mitarbeiteten. Aus reinen Austauschbeziehungen wuchsen Kooperationen auf anderen Ebenen. Dies wurde mit dem Beginn der Umsetzung des Bologna-Prozesses deutlich, der eine neue Phase der Tempus-Kooperationen mit sich brachte: die Phase des miteinander Lernens. Die Projekte entwickelten sich von Fachbereichsprojekten zu Programmen der Universität und damit auch der Universitätsverwaltung und der Leitung. In Projekten mit den Ländern des Westlichen Balkans hat die Universität Marburg in Kooperationen mit Hochschulen in Flandern, England, den Niederlanden, Österreich, Portugal sowie Slowenien an neuen Strukturen im Einklang mit dem Bologna-Prozess gearbeitet. Es ging z.B. um die Einführung von ECTS, der Modularstruktur, Sommeruniversitäten sowie die Modernisierung von Hochschulstrukturen. Diese Projekte erwiesen sich als besonders wertvoll für die strategische Planung in Marburg und sind in neue Entwicklungen eingeflossen. Als Beispiel sei hier die Entwicklung eines zentralen Prüfungsverwaltungssystems erwähnt. Das könnte man als „umgekehrte Entwicklungshilfe“ bezeichnen. Aus der manchmal schwierigen Überzeugungsarbeit bei den Partnern lernt man Argumente, die man genauso gut bei der Internationalisierung zu Hause anwenden kann. Überhaupt bietet Tempus ein hervorragendes Mittel, um verschiedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hochschule einzubeziehen: Das bedeutet besonders für die Jüngeren Personalentwicklungen. Auch Studierende profitieren von den Tempus-Projekten. Im Rahmen der Tempus-Mobilität haben Marburger Studierende einen Studienaufenthalt in Bosnien-Herzegowina verbracht, um ihre Bachelorarbeiten vorzubereiten. Die Marburger Mediziner haben in Projekten mit Hochschulen in Georgien, Im aktuellen Tempus-Projekt „Modernisation and Reconstruction of University Management and Structure“ arbeitet die Universität Marburg mit Hochschulen in Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Serbien und der ehemaligen Republik Mazedonien zusammen. Kontakt: Angel Manuel Rafael Referat für Europäische Studienförderprogramme/European Office Philipps-Universität Marburg Tel.: +49 (0)6421-2826238 E-mail: erasmus@staff.uni-marburg.de Serbien und Syrien kooperiert. Hier ging es vorwiegend um eine Umstrukturierung des Studienangebots. Die Zusammenarbeit mit Serbien und Syrien wird aufgrund der gewonnenen Kontakte fortgesetzt. Die Kooperation mit der Universität Telavi in Georgien soll durch eine weitere Zusammenarbeit in den Bereichen Zahnmedizin und der Dermatologie im Rahmen neuer Förderprojekte weitergeführt werden. Häufig wird die Frage gestellt: Was haben wir davon? Es profitieren doch nur die Partner und Ressourcen werden gebunden. Doch jedes Tempus-Projekt zeigt von Neuem, dass sich diese Kooperationen ausgezeichnet in die Internationalisierungsstrategie einer Hochschule einbinden lassen. Das gilt besonders für die Bereiche Qualitätssicherung, Personalentwicklung sowie die Einführung von international lesbaren Standards. Last but not least entwickelten sich aus den Tempus-Kooperationen persönliche Freundschaften, die auch helfen, nationale Unterschiede bei den Partnern zu überbrücken. ó ó 20 Jahre Tempus 19 Chancen für deutsche Hochschulen im Tempus-Programm – Die TU Dresden zieht Bilanz Matthias Winker In den 20 Jahren nach der deutschen Einheit und den Umbrüchen in den ehemaligen Ostblock-Ländern sind für Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen interessante Förder- und Kooperationsinstrumente entstanden. Die Europäische Union – als einer der größten Förderer – entwickelte diese in den drei prinzipiellen Bereichen „Forschung und Entwicklung“, „Bildung und Kooperation“ sowie „Strukturfonds und Regionalentwicklung“. Die hierüber generierten Projekte und Drittmittel bilden für viele Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen eine stabile Säule in der „externen“ Wissenschaftsfinanzierung. Auch an der Technischen Universität Dresden (TUD) als eine der größten und drittmittelstärksten deutschen Universitäten haben EU-Förderungen in den letzten zehn Jahren ein beachtliches Ausmaß angenommen. So wurden seit dem Jahr 2000 über 500 EU-Projekte mit einem Gesamtfördervolumen von mehr als 100 Mio. Euro erfolgreich eingeworben. Die jährlichen Drittmitteleinnahmen daraus sind mittlerweile auf ca. 12 Mio. Euro angewachsen. Einen wesentlicher Anteil an diesem Erfolg in der Vergangenheit gehörte zweifelsohne dem EU-Programm Tempus. Mit 33 erfolgreich durchgeführten Tempus-Projekten seit 2002 nimmt die TUD einen Spitzenplatz in der deutschen Hochschullandschaft ein. Tempus – aktueller denn je Tempus ist heute das „Flaggschiff“ für die Zusammenarbeit mit den Nachbarländern der EU im Hochschulbereich. In der Vergangenheit galt es häufig als Wegbereiter der Förderung von Kooperation und grenzübergreifender Zusammenarbeit zwischen Hochschulen in Europa und deren alten und neuen Partnern im europäischen Nachbarschaftsumfeld. Trotz seiner expliziten Zielsetzung der Modernisierung des Hochschulwesens in Osteuropa und Russland, Zentralasi- en, den Ländern des westlichen Balkans und den südlichen Mittelmeeranrainern entfaltet das Programm seine positiven Wirkungen auch innerhalb der EU und befördert das Zusammenwachsen des europäischen Bildungsraums. Vor allem deswegen bildete und bildet Tempus für die Hochschulen in Deutschland eine stabile Basis zur Unterstützung bei deren Internationalisierungsbemühungen. Mit seinen thematischen Bereichen “Curricular Reform”, “Governance Reform” und “Higher Education and Society” begleitet es hochaktuelle und spannende Themen des Hochschulalltags in der ersten und zweiten Dekade des 21. Jahrhunderts. Die hierbei verfolgten Förderziele treffen den Bedarf sowohl in den genannten Zielländern also auch in den Ländern der EU. Die Vorteile, die sich aus einer Teilnahme an einem durch Tempus geförderten Projekt ergeben, sind vielfältig und helfen den deutschen Hochschulen bei der Verbesserung ihrer Position im internationalen Wettbewerb. Worin bestehen diese nun im Einzelnen? Vorteile der Teilnahme für die Hochschulen JEP/JP SCM/SM/CM IMG Joint (European) Projects, Structural and Complementary Measures, Individual Mobility Grants 20 ó 20 Jahre Tempus EU-Programme sind ein hervorragendes Mittel zur raschen Absorption international verfügbaren Wissens, dessen Einbindung in die hochschulinterne Wissensbasis und der anschließenden Umsetzung in wettbewerbsfähige Produkte der Hochschulen. International anerkannte Studiengänge im Einklang mit den Zielen der Bologna-Reform sind beispielsweise solche Produkte (Tempus-Stichwort: “Curricular Reform”). Insbesondere für Hochschulen besteht durch die gezielte Beteiligung an EU-Projekten die Möglichkeit, neue Marktchancen zu erkunden und neue Netzwerke in Europa aufzubauen. Die TUD leistet als aktiver Teil der Bürgergesellschaft und als Zentrum für Wissens- und Forschungstransfer einen Beitrag zur Leistungskraft der Unternehmen und Institutionen der jeweiligen Regionen und darüber hinaus (Tempus-Stichwort: “Higher Education and Society”). Voraussetzungen dazu sind eine stabile und international vernetzte Vielfalt in Forschung und Lehre, wobei im Rahmen von Kernkompetenzen Exzellenzfelder gefördert und entwickelt werden können. Dissemination Meeting und Workshop in Almaty, Kasachstan 2007 Wesentlich für den Erfolg ist, dass zum Beispiel die Teilnahme an einem TempusProjekt nach vorheriger Abstimmung mit der Hochschulstrategie erfolgt. Liest man Leitbilder und Strategieerklärungen deutscher Hochschulen, nimmt neben Spitzenforschung und -lehre vor allem auch die Internationalisierung und Kooperation innerhalb Europas einen wichtigen Stellenwert ein. So fördert die TUD beispielsweise die internationale Zusammensetzung ihrer Mitgliedschaft und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Forschung und Lehre. Die Universität möchte dabei eingebunden sein in weltweite Kooperationen und nutzt dazu vor allem auch Partnerschaften mit Hochschulen und außeruniversitären Wissenschaftseinrichtungen aus den Zielländern des Tempus-Programms. Exzellenz an der TUD entsteht aus der Einheit von hervorragender Forschung und begeisternder Lehre. Sie gründet in allen Bereichen der Universität auf Fachkompetenz, aber auch auf Initiativgeist, schöpferische Neugier, Leistungsbereitschaft, Kommunikation und Kritikfähigkeit. Alle Mitglieder befinden sich in einem Prozess des lernenden Forschens und des forschenden Lernens. Dabei strebt die Universität nach größtmöglicher Effizienz und Transparenz in ihren Entscheidungs- und Verwaltungsvorgängen und betreibt aktiv die Modernisierung ihrer Verwaltungsstrukturen inkl. der Einführung von Qualitätssicherungssystemen. Bei diesem Prozess sind internationale Erfahrungen und der Diskurs mit Partnern aus Europa und den Ländern der Tempus-Regionen ganz besonders willkommen (Tempus-Stichwort: “Governance Reform”). Zusammenfassend zeigt sich eine sehr hohe Zielkongruenz zwischen den Zielen des Tempus-Programms und den Zielen von Hochschulen in Deutschland. Genau diese Zielkongruenz macht eine Beteiligung an Tempus so wertvoll für die TUD und die vielen anderen deutschen Antragsteller. Kick-Off-Meeting im Projekt „IKTRU“, 2008 in Woronesch, Russland ó 20 Jahre Tempus 21 Erfolgreiche Umsetzung benötigt Management-Kompetenz Mit ihren komplexen Richtlinien sind EU-Förderinstrumente – und so auch Tempus – jedoch nicht nur in der Beantragung, sondern auch während der Durchführung anspruchsvoll. Die durch Tempus finanzierten Projektvorhaben erfordern auf Grund der internationalen Ausrichtung einen deutlichen administrativen Mehraufwand bei der Abwicklung. Um also das Tempus-Engagement der WissenschaftlerInnen positiv zu begleiten, deren Konzentration auf die fachliche Arbeit zu ermöglichen und inhaltlich hochwertige Anträge und Projektergebnisse erarbeiten zu können, werden sie an der TUD durch erfahrene ProjektmanagerInnen unterstützt. Mit einem bewährten Service-Konzept bietet das European Project Center (EPC) den WissenschaftlerInnen zahlreiche Betreuungsangebote, die sich nicht nur auf die Antragstellung beschränken. Ausgestattet mit umfassenden administrativen Kompetenzen hat das EPC ein ganzheitliches Dienstleistungskonzept entwickelt, welches den Projektzyklus von der Erstidee bis hin zur finalen Abrechnung vollständig umfasst. Neben den guten bis sehr guten Erfolgsquoten Tagung des DAAD an der TU Dresden, September 2007, anlässlich des Beginns der vierten Tempus-Programmphase bei den Bewilligungen zeichnen sich Tempus-Anträge der TUD durch optimale Mittelverwendung und eine sehr hohe Revisionssicherheit beim Mitteleinsatz aus. Dass dabei nunmehr seit Jahren eine hundertprozentige Refinanzierung der Kosten am EPC aus den betreuten Projekten möglich ist, steht für den Erfolgscharakter dieses Modells. Nicht zuletzt deswegen konnte sich die TUD bisher so erfolgreich bei der Einwerbung von Tempus-Geldern und anderen EU-Fördermitteln behaupten. Gestützt auf eine solche sichere administrative Basis hält das Interesse und die Nachfrage nach den Angeboten des Tempus-Programms bei den WissenschaftlerInnen der TUD über Jahre an. Ängste und Skepsis gegenüber internationalen Projekten und Kooperationen konnten abgebaut werden und wichen im Laufe der Zeit einer durch Neugier begleiteten stabilen Verankerung in der weltweiten „Tempus-Familie“. Darauf lässt sich mit Stolz und Freude zurückblicken. Die WissenschaftlerInnen der TU Dresden und die ProjektmanagerInnen des EPC gratulieren Tempus und allen daran Beteiligten zu 20 Jahren erfolgreicher Kooperationsarbeit und freuen sich auf die nächste Ausschreibungsrunde. ó Kontakt: Matthias Winker Direktor European Project Center (EPC) Technische Universität Dresden Tel.: +49 (0)351-463 33303 E-mail: matthias.winker@tu-dresden.de www.epc-dresden.de 22 ó 20 Jahre Tempus Tempus Cooperation Between German and Russian Universities: Lessons Learnt and A Look Into the Future Prof. Olga Oleynikova The Tempus programme which is marking its twentieth anniversary this year has offered unique and unrivalled opportunities for countries participating in it to modernise their higher education systems. The programme has proved highly effective in building the European Higher Education Space and in implementing the Bologna Action lines. In Russia, the effects of the Tempus programme are manifold and embrace effective policy learning at all levels (federal to regional to university), an extended remit of universities, and enhancement of their role in society. It is also thanks to the Tempus projects that major higher education modernisation efforts in the country have been made possible, such as the transition to the Bologna two-cycle system of higher education (with an appropriate federal law adopted in 2007), transition to the new national higher education standards based on learning outcomes that will result in new curricula contributing to the international comparability of degrees and qualifications, and a gradual introduction of the European credit transfer system. The Tempus projects in Russia to date have contributed to the implementation of the “Concept of the Modernization of the Russian Education for Period until 2010”. The Tempus projects have multiplied the impact of the national priority “Education” that aimed at enhancing university-enterprise cooperation and relevance of universities for building an innovative economy in Russia. Under the National Projects, grants were provided to innovative universities selected on a competitive basis to purchase equipment and develop new curricula. Quite a few universities in Russia that have benefited from both the national grant and the Tempus support display a synergy of new concepts of higher education (Tempus) with renovated facilities and equipment (national grant) that enhance the implementation of the new concepts and ideas. The number of Tem- Prof. Olga Oleynikova, introducing the national priorities at the DAAD Tempus conference at Freie Universität Berlin, November 2009 pus projects in Russia since 1993 after Russia had joined the programme is 319. Training “Development of 2-cycle curricula using Tuning methodology to achieve compatibility of diploma” by Prof. Volker Gehmlich, Moscow, July 2010 Tempus projects offer a valuable opportunity for universities to adapt to the challenges of the post-industrial society and the knowledge-based economy. The mobility opportunities under Tempus provide wonderful opportunities for crosscultural learning, which is of special importance in a globalised world. Also, the added value of Tempus is that it offers a testing ground for piloting innovations that are later introduced system-wise. The latter is of special significance in the context of the growing mass character of universities. (Since the early 1990s, the number of universities in Russia has doubled, and enrolment has grown 2.5 times). ó 20 Jahre Tempus 23 Tempus and Erasmus Mundus Info Session, Moscow, November 2008 74% of higher education institutions in Russia which have participated in Tempus attribute positive developments in the curricula changes to the Tempus programme. Tempus projects have also contributed to the re-thinking of methods of teaching and learning and of the role of teachers. Gradually, Russian universities are adopting learner-centered, self-managed learning methodology. Thanks to Tempus, a new culture of learning, namely that of life-long learning, has emerged at a number of universities in Russia that are extending their remit and opening up to a broader environment and new target groups. In the overall picture of Tempus success stories the contribution of projects implemented with participation of German universities is very important. The chart below shows the project figures. As is seen from the chart, after the upsurge of the total number of projects in 2006, their number has been on the decline, which calls for reflection and looking for ways to enhance the level of cooperation between Russian and German universities under Tempus. As for possible reasons for the reduced number of projects, one may include a changed format of cooperation, namely after the completion of Tempus projects the universities often carry on on a bilateral basis, using their own budgets – which is a strength and not a weakness. As for other reasons, it may be assumed that a certain share of cooperation has shifted to Erasmus Mundus projects, and on the whole the amount of provided funding can account for the reduced overall number of projects. Taking a closer look at the results of the two recent calls, in the third call, the Russian projects involving German universities amounted to five, three of which were with German universities as grantholders. These are Joint Projects focusing on curricula reform involving such univer- 24 ó 20 Jahre Tempus sities as Hochschule Wismar, Technische Universität Berlin and Leibniz Universität Hannover that act as grant-holders. The strength of practically all of the projects that involve German universities is that they pay special attention to enhancing the European dimension of higher education and contribute to the Bologna process. Also Russian universities can learn a lot from their German colleagues about the enhancement of the role of universities in fostering innovations and in translating the findings of university research into practical application by enterprises in industry. Currently, in Russia special attention is given to training more flexible specialists who would be employable in the labour market, and on the whole to enhancing the higher education-labour market links. German universities and the education system at large have an established tradition of cooperation with employers and both institutional and methodological mechanisms of this cooperation – this is something that can be further shared with the Russian partners. Another area of learning for Russian universities is autonomy of universities and university governance, both very well developed in Germany. As time has shown, projects involving German partners are highly successful in Russia due to well-prepared applications, clearly defined goals and objectives, effective project management and communication channels, effective study tours in Germany, and a clear focus on mutual learning. The projects usually have a high sustainability potential thanks to the support they enjoy on the part of the administration of Russian universities and to the integration of project outputs into the university development strategies. The key project areas to date have been diverse, covering mostly curricula development and updating (in numerous areas) and continuing training for third parties. Speaking about expectations for the future, Russian universities are looking forward to a further development of projects involving German universities, especially in areas relating to curricula in high-tech fields that have been identified as a national priority recently by the Ministry of Education of the Russian Federation and include nanotechnology and biotechnology, ecology and environment and energy. ó Prof. Olga Oleynikova with Klaus Haupt, EACEA, at the DAAD Tempus conference at Freie Universität Berlin, November 2009 Contact: Prof. Olga Oleynikova National Tempus Office of the Russian Federation Tel: +7-495-9723590 E-mail: office@tempus-russia.ru Website: www.tempus-russia.ru Workshop “Tempus Cooperation with Eastern Partner Countries” at the DAAD Tempus conference at Freie Universität Berlin, November 2009 ó 20 Jahre Tempus 25 20 years of German-Polish Tempus cooperation Nina Salden The Tempus programme was established in May 1990 at a decisive moment for Europe, and in particular for Germany and Poland. After the fall of the iron curtain it has been an important tool for German and Polish universities to reestablish contacts, to intensify cooperation within an enlarged Europe and to strengthen the internationalisation and modernisation of their higher education system. The joint commemoration of the 20 years anniversary of the Tempus programme by the German and Polish National Tempus Contact Points in 2010 shall pay tribute to successful GermanPolish Tempus cooperation over the last 20 years and underline the importance of the programme for both countries. The statistics show more than 300 Tempus projects with participation from German and Polish institutions from 1990 to 2010. These make up 21 % of all German Tempus projects and up to 43 % of all Polish Tempus projects. In numbers, German institutions range second after the United Kingdom within Polish Tempus projects. The nature of German-Polish Tempus projects has changed over the years, in line with the developments of the Tempus programme: starting with the exchange of students and university staff in the 1990s towards joint capacity-building in Eastern and Southern European Neighbouring countries since 2004. Poland has been, besides Hungary, former Czechoslovakia and the GDR (until 3rd October 1990), one of the first Tempus beneficiary countries. One of the very first Tempus projects, the ACTES (“Academic Co-operation in Training and Exchange of Students and Staff”) project, coordinated by the Technical University of Applied Sciences Berlin, has created a network of universities in Western Europe, Poland, Hungary, the (today) Slovak Republic and institutions in the former GDR, that enabled up to 284 student and 169 staff mobility. Mobility, linked with the introduction of new teaching methods and curricula, was at the heart of many of the first Tempus projects. The mix of mobility and structural elements in Tempus I has created the basis for fur- Between 1990 and 1999 Poland participated in Tempus as a partner country. 26 ó 20 Jahre Tempus “Managing this Tempus MJEP has become a very gratifying experience. I learnt to understand the importance of student mobility and of international relations in general for the Polish partner universities. I realised how many positive results can be achieved with rather modest financial means. I see the thankfulness of the partners. I did not only get to know Physics colleagues, I made friends.” Prof. Dr. Dr.h.c. Peter Sauer, Leibniz Universität Hannover, coordinator of the Tempus project EMSPS (European Mobility Scheme for Physics Students). ther cooperation in the following “Tempus years” (see Borchert in DAAD Success Stories III, 1999). In Tempus II (1994-1999) the objectives of the programme changed. Poland was preparing for EU membership and, as a consequence, for participation in the European mobility programmes, such as Leonardo and Socrates. Contrary to the bottom-up approach in Tempus I, the Tempus II projects aimed at implementing reform set within a national context. In Poland this included for example the upgrading of financial management at Polish universities. The NABUCOVA (“New Approach in Budget and Cost Valuation for the Administration”) project, coordinated by the University of Applied Sciences in Darmstadt, allowed participating Polish universities to learn from different European systems to set-up a computerised administration system. The maintenance and further use of the inter-university service centre created within this project, was seen as one of the most important achievements of the project and proved the sustainability and long-term impact of the new Tempus approach (see Göbel, Krier, Jüchen in DAAD Success Stories III, 1999). Mobility projects continued in Tempus II with a clear focus on introducing ECTS and the recognition of studying periods abroad, thereby assisting in the preparation of Polish universities for participation in the Socrates programme. One example is the EMSPS project (European Mobility Scheme for Physics Students), coordinated by the University of Warsaw and the Leibniz Universität Hannover that implemented mobility schemes with full academic recognition between Western European and twelve Polish higher education institutions. Since its EU accession in 2004 Poland is participating in Tempus again. Nevertheless the change from Tempus to Socrates (in 1999 Polish universities could apply for the last time as beneficiary institutions in Tempus) was difficult as scholarships for mobility decreased significantly with the introduction of Socrates. “I wish to stress that participation in the Tempus MJEP has had a great impact on our students – they became more self-relying, ambitious and active, not to say they learnt physics from another perspective and improved their language skills. On the other hand, the participation in the Tempus programme gave an impetus to our staff willingness to change and modernise study programmes at our university. (…). I learnt also from other coordinators more about the ECTS system which we are now trying to implement at our university.” Jan Klosinski, University of Lodz, participant in the EMSPS project. ó 20 Jahre Tempus 27 After Poland’s EU accession in 2004 Polish universities re-entered the Tempus programme contributing to the development and the modernisation of the higher education system in the new Tempus partner countries in the Eastern Neighbourhood, the Western Balkans – and later on – in Central Asia and the Southern In Tempus III the partner countries Albania, Armenia, Azerbaijan, Egypt, Former Yugoslav Republic of Macedonia, Georgia, Kazakhstan, Kyrgyzstan, Serbia, Tajikistan, Tunisia, Turkmenistan were involved in one German-Polish project each. 28 ó 20 Jahre Tempus Neighbourhood. Cooperation between German and Polish universities continued in this new setting. In Tempus III and Tempus IV 35 Tempus projects were realised with participation from both German and Polish institutions. The majority of these projects focused on Eastern European countries. In Tempus III Ukraine, Russia and Croatia and in Tempus IV Russia, Ukraine and Armenia are among the most frequent Tempus partner countries cooperating with German and Polish institutions. Each institution is contributing with a specific expertise to the projects’ objectives. The Warsaw University of Life Sciences (Poland), with a specific experience in agricultural and environmental sciences and the University of Hohenheim (Germany) have, for example, joined forces in the Tempus project RUDECO (“Vocational Training in Rural Development and Ecology”) to assist partner institutions in Russia to create vocational training modules in twelve thematic areas related to the sustainable development of rural regions. “It is extremely important for students from Central and Eastern European countries, which for 50 years were isolated from Western Europe, to have this chance of studying in the West. New elites of these countries should in future promote ideas of unified Europe.” Michal Praszalowicz, Jagellonian University Krakow, participant in the EMSPS project. 8 7 6 5 4 3 The German-Polish Tempus projects illustrate well the developments of the Tempus programme over the last 20 years. Despite significant changes, respectively regarding the partner countries, key features of the programme remained. Among these are higher education cooperation within an enlarged Europe, as well as the modernisation of higher education systems through the exchange of experience and know-how. The exchange of experience has thereby given rise to various synergy benefits both for Tempus partner countries as well as for European participating institutions. We hope that Tempus will maintain this focus within the next 20 years, thereby adapting to the changing environment of the higher education system in Europe and beyond. ó 2 1 0 Nina Salden at the DAAD Tempus conference at Freie Universität Berlin, November 2009 Contact: Nina Salden Head of Unit “Tempus/Erasmus Mundus/EU-Third Country Cooperation” DAAD – Deutscher Akademischer Austauschdienst (German Academic Exchange Service) Tel.: +49 (0)228-882520 E-mail: salden@daad.de ó 20 Jahre Tempus 29 TEMPUS I (1990–1993) Wirtschaftsinformatik als Studienfach an polnischen Hochschulen Prof. Dr. Dr. h.c. mult. August-Wilhelm Scheer, Prof. Dr. Claudia Kocian Das Tempus-Projekt „Universitätskooperation Wirtschaftsinformatik (UNIVERS)“ hatte das Ziel, die Modernisierung der polnischen Hochschulausbildung in der Betriebswirtschaftslehre (BWL), insbesondere im Vertiefungsfach Wirtschaftsinformatik, zu unterstützen. Von 1992 bis 1995 arbeiteten das Institut für Wirtschaftsinformatik (IWi) an der Universität des Saarlandes, das Institut Commercial der Universität Nancy und die Ökonomische Fakultät der Universität Warschau intensiv zusammen. Zusätzlich waren in Polen Partner aus der Wirtschaft beteiligt wie die Polnische Nationalbank oder das Statistische Zentralamt. Im letzten Jahr des Tempus-Projektes wurden mit der Wirtschaftsakademie Posen und der Technischen Hochschule Gleiwitz zwei weitere polnische Hochschulen einbezogen. Aufgrund des Projekterfolgs schloss von 1996 bis 1997 ein „Gemeinsames Europäisches Netzwerk“ zur Verbreitung der UNIVERS-Ergebnisse an. Es fanden in Polen Tempus-Workshops „Wirtschaftsinformatik an polnischen Universitäten“ sowie Intensiv-Seminare „Informationssysteme im Industriebetrieb“ statt. Polnische Hochschulen aus Torun, Danzig und Posen sowie polnische Softwarefirmen schlossen sich an, um über die Erfahrungen an der Universität Warschau und eigene Ansätze zu diskutieren und um neue Forschungs- und Managementtrends der Wirtschaftsinformatik zu erörtern. Das Engagement an der Universität Warschau wurde 1996 auch durch die höchste Verdienstmedaille des polnischen Ministeriums für Bildung und Wissenschaft für Prof. Scheer belohnt. Von der Idee zur Umsetzung 1992 gab es in Polen weder den Studiengang Betriebswirtschaft noch den Studiengang Wirtschaftsinformatik. Durch die Öffnung der Märkte stieg jedoch der Wettbewerbsdruck in Polen und verlangte nach gut organisierten Unternehmen. Es war notwendig, die betrieblichen Prozesse durch Informationstechnologien zu unterstützen. Gut ausgebildete Hochschulabsolventen mit interdisziplinären Kenntnissen der Wirtschaftsinformatik waren gefragt, konnten aber kaum rekrutiert werden. Am IWi entstand die Idee, die Hochschulausbildung in Polen zu modernisieren, indem der Studiengang BWL mit der Vertiefungsrichtung Wirtschaftsinformatik als Pilotprojekt an der Universität Warschau aufgebaut wurde. Zur Realisierung dieses Zieles wurden folgende Aktivitäten von 1992 bis 1995 durchgeführt: 1993 Institut für Wirtschaftsinformatik (IWi) V.l.n.r.: Prof. Kaspczak, R. Gabryelczyk, Dr. Elsner, Prof. Scheer, Piotr, Bozena: Die ersten polnischen Gaststudierenden mit Prof. Kaspczak aus Warschau 30 ó 20 Jahre Tempus ó Analyse der Hochschulausbildung auf dem Gebiet der BWL und Wirtschaftsinformatik in Deutschland und in Frankreich ó Entwicklung eines Studienplans und Erarbeitung von Lehrmaterialien in der polnischen Sprache für den Studiengang BWL mit der Studienrichtung Wirtschaftsinformatik für die Ökonomische Fakultät der Universität Warschau als Pilothochschule ó Strukturelle Hilfe in Form eines Rechnerlabors mit Hard- und Software ó Mobilitätsmaßnahmen für Hochschulpersonal sowie für 21 ausgewählte Studierende aus Polen; davon wurden vier Studierende nach Abschluss ihres Studiums als wissenschaftliche MitarbeiterInnen an der Universtität Warschau eingestellt und konnten ihr erworbenes Wissen im Lehrbetrieb weitervermitteln. ó Jährliche Durchführung von TempusKonferenzen zu aktuellen Themen der Wirtschaftsinformatik sowie zur Präsentation der Tempus-Ergebnisse mit verbreitungswirksamen Tagungsbänden ó Erstellung von Veröffentlichungen zur Verbreitung der Tempus-Projektergebnisse Ein gemeinsames europäisches Netzwerk zur Verbreitung der Ergebnisse Im Rahmen des darauf folgenden Tempus-Netzwerkes wurden weitere polnische Universitäten, z.B. aus Danzig und Torun, beteiligt, um das Studienfach Wirtschaftsinformatik auch dort einzuführen. Es folgten von 1996 bis 1997 z.B. die folgenden Aktivitäten: ó Tempus-Workshop „Wirtschaftsinformatik an polnischen Universitäten“ zur Präsentation der Projektergebnisse des Tempus-Projektes sowie zur Bedarfsanalyse und Einführungsplanung des Studienfaches Wirtschaftsinformatik an den beteiligten Hochschulen Universitätskooperation Wirtschaftsinformatik (UNIVERS) 2007 Universität Warschau V.l.n.r.: Prof. Dr. Chmielarz, Prof. Dr. Kocian, Dr. Gabryelczyk, M. Michael ó Intensiv-Seminar „Informationssysteme im Industriebetrieb“ zur Präsentation und Diskussion neuer Entwicklungen in der Wirtschaftsinformatik sowie zur Vorgehensweise bei industriellen Beratungsprojekten ó Mobilitätsmaßnahmen für Studierende der polnischen Hochschulen des Netzwerks Tempus fugit, amica manet Die Tempus-Seminare und -Workshops wurden in einem Tagungsband zusammengefasst, der sowohl an Unternehmen als auch an Universitäten gerichtet war. Das Tempus-Seminar „Informationssysteme im Industriebetrieb“ wurde auch in den darauffolgenden Jahren von der Universität Warschau organisiert als Forum zur Präsentation und Diskussion von wissenschaftlichen und praxisbezogenen Themen der Wirtschaftsinformatik. Nachhaltige Implementierung des Studienfaches Wirtschafsinformatik UNIVERS war ein Projekt, das konkrete und dauerhafte Änderungen im polnischen Hochschulsystem bewirkte. Die Studienrichtung Wirtschaftsinformatik existiert noch heute an der Universität Warschau, sowohl als grundständiger Studiengang als auch als Weiterbildungsmaßnahme für die Industrie. ó Als Studentin des Vertiefungsfaches Wirtschaftsinformatik von Prof. Scheer wurde ich 1993 als studentische Mitarbeiterin für das UNIVERS-Projekt am IWi eingestellt. Der Projektleiter Dr. Thaddäus Elsner hatte unser Tempus-Projekt initiiert und übernahm als polnischer Muttersprachler die Kommunikation mit unseren polnischen Partnern. Ich hatte in Frankreich studiert und war insbesondere für die Kommunikation mit unserem französischen Partner, dem Institut Commercial de Nancy, zuständig. Zudem betreute ich die polnischen Studierenden. polnische Hochschulen und Unternehmen teilnahmen, um neue Themen der Wirtschaftsinformatik zu diskutieren. Besonders motivierend für uns Projektmitarbeiter war es, dass mein Doktorvater Prof. Scheer höchstpersönlich Vorlesungen in Warschau hielt oder bei den Tempus-Konferenzen Neues aus Forschung und Praxis der Wirtschaftsinformatik vortrug. Für seine Bemühungen um den Know-how-Transfer zum Aufbau der Wirtschaftsinformatik an der Universität Warschau wurde Prof. Scheer 1996 deshalb auch die höchste Verdienstmedaille des polnischen Ministeriums für Bildung und Wissenschaft verliehen. Mit einer polnischen Gaststudentin habe ich mich gleich 1993 angefreundet. Die Freundschaft mit Dr. Renata Gabryelczyk besteht bis heute und wirkte sich auch stets auf universitärer Ebene aus. Denn ebenso wie ich wurde Renata nach ihrem Studium wissenschaftliche Mitarbeiterin und arbeitete im Tempus-Projekt mit. Wir organisierten zum Beispiel die jährlichen Tempus-Konferenzen in Warschau, an der 1996 wurde ich Projektleiterin des anschließenden Joint European Networks. Bei der Abschlussveranstaltung im Warschauer Schloss zupfte mich ein ehemaliger polnischer Gaststudent, der mittlerweile auch wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Warschau war, am Ärmel. Er wies mich darauf hin, dass es in Polen üblich sei, dass ich vor dem gemeinsamen Festessen eine Rede Laufzeit: 1992-1995 EU-Förderung: € 514.300 Koordinator: Universität des Saarlandes EU-Partnerinstitutionen: Universität Nancy, Frankreich Drittland-Partnerinstitutionen: Universität Warschau, Polen Statistisches Zentralamt Polen Polnische Nationalbank Polnische Sozialversicherungsanstalt Kontakt: Prof. Dr. Dr. h.c. mult. August-Wilhelm Scheer Institut für Wirtschaftsinformatik (Iwi) Universität des Saarlandes Tel.: +49 (0) 681-3025221 E-mail: scheer@iwi.dfki.de Prof. Dr. Claudia Kocian Studiengangsleiterin Wirtschaftsinformatik Hochschule Neu-Ulm Tel.: +49 (0)731-97621509 E-mail: claudia.kocian@hs-neu-ulm.de halten solle – wohlwissend, dass ich als Deutsche damit nicht gerechnet hatte. Nach einigen Jahren in der Industrie wurde ich Professorin an der Hochschule Neu-Ulm. Im Rahmen von ERASMUS habe ich 2007 Vorlesungen im Vertiefungsfach Wirtschaftsinformatik an der Universität Warschau gehalten. Gleichzeitig wurde ein Kooperationsvertrag geschlossen und wir pflegen nun über ERASMUS einen aktiven Studierendenaustausch. Über die Universität Warschau und die polnische Industrie kann ich heute nur staunen: Nach einer geglückten Transformation herrscht hier eine weltoffene Atmosphäre, von der wir nun wiederum lernen können. ó Prof. Dr. Claudia Kocian ó 20 Jahre Tempus 31 TEMPUS II (1994–1999) „… wir sind jetzt alle in Deutschland verliebt!“1 – Pionierarbeit im Tempus-Programm Dominique Gillissen Den Hörsaal erleuchtet der spärliche Schein einer 40-Watt-Lampe, die der Professor erst vor der Vorlesung eingeschraubt hat und danach auch wieder mitnimmt. Dieses Bild aus der Staatlichen Universität Saporoshje ist mir und meinen Kolleginnen und Kollegen neben vielen anderen nach 16 Jahren noch sehr präsent. Seit dem Akademischen Jahr 1993/1994 wurde es möglich, mit Partnereinrichtungen aus der Ukraine im Rahmen des Tempus-Tacis-Programms zusammenzuarbeiten. Angefangen hat die Kooperation mit der Staatlichen Universität Saporoshje zuerst einmal in meinem Kopf. Die Stadt mit dem schönen Namen Saporoshje liegt 200 km südöstlich von Kiew, direkt am Dnepr. Für die Kontakt- aufnahme musste ich damals das TelexGerät (Fernschreiber), das sich in der Telefonzentrale der Universität Hannover befand, benutzen. Die positive Antwort zur Zusammenarbeit vom Auslandsbeauftragten der ukrainischen Universität kam prompt. An der Universität Hannover konnte Herr Dr. Wanning als Wissenschaftler gewonnen werden. Die Universität Hildesheim war von Anfang an mit Herrn Dr. Lachaud als Kontaktperson dabei. Der Ansprechpartner aus der Universität Rouen, Prof. Dr. Gardin, war zu der Zeit gerade in China unterwegs, so dass seine positive telefonische Antwort einen Tag vor Bewerbungsschluss ankam. Das war der Anfang einer sehr produktiven und langjährigen Zusammenarbeit zwischen Hochschuleinrichtungen im Osten und im Westen. Das Projekt Das erste Kick-off-Meeting in Saporoshje fand nicht wie geplant im September 1994, sondern im Dezember statt. Das hatte nicht nur mit der verspäteten Unterzeichnung des Vertrags durch die Europäische Kommission zu tun, sondern hing auch mit den bis dahin ungewohnten „Reisevorbereitungsmaßnahmen“ (z.B. umständliche Visabeschaffung, Krankenversicherungen etc.) zusammen. Nach einer angenehmen Flugreise bis Kiew und einer mehr als siebenstündigen nächtlichen Zugfahrt – mit „Flutlichtaufenthalt“ in Dnepropetrovsk – empfing die Industriestadt Saporoshje uns mit Musik. Am 11. Dezember 1994 wurde uns eine Stadttour angeboten, u.a. mit der Besichtigung des Staudamms. Nur leider hatte der Nebel uns die ganze Sicht genommen, so dass unsere Stadtführerin die Seite eines Bildbands aufschlug und uns ein Foto des Staudamms in vollem Sonnenschein zeigte. Währenddessen standen wir bibbernd in mehr als knöchelhohem nassen Schnee. Nicht nur bei dieser Gelegenheit haben die Kolleginnen und Kollegen aus der Ukraine (Prof. Dr. Prydhodko, Prof. Dr. Rougine und Prof. Dr. Liouchinskaja) durch ihren persönlichen Höchsteinsatz das Unmögliche möglich gemacht. Damals hatte die Durchführung des Projekts sehr viel mit zeitaufwendiger Pionierarbeit zu tun. Häufig musste das Rad neu erfunden werden und wir konnten noch nicht auf die längjährigen Erfahrungen von Kolleginnen und Kollegen zurückgreifen. Das war ein wichtiger Grund, warum es zu der Zeit die einjährigen Vor- Projektteilnehmer vor der Universität Hannover im Februar 1995 (v.l.n.r.: Prof. Dr. Prydhodko, Dr. Lachaud, Frau Gillissen, Prof. Dr. Rougine, Prof. Dr. Richard-Zapella, Prof. Dr. Gorban, Prof. Dr. Gardin, Dr. Wanning, Frau Michailowa, Prof. Dr. Louschinskaya) 1 32 Zitat von Alla Michailowa, nachdem sie das erste Mal 1995 zusammen mit vier Kollegen aus Saporoshje für zwei Wochen in Deutschland war. ó 20 Jahre Tempus projekte im Tempus-Tacis-Programm gab. Das während des ersten Jahres erarbeitete gemeinsame Hintergrundwissen war eine notwendige Voraussetzung für weitere erfolgversprechende Kooperationen. Das erste Jahr war wie ein Übungsgelände, um dann allmählich zum Hauptprojekt zu schreiten. Inhaltlich zielte das Projekt in erster Linie auf die gemeinsame Entwicklung von Hilfsmaßnahmen bei der notwendigen Umstrukturierung des im Aufbau befindlichen Fachbereichs moderner Fremdsprachen an der Staatlichen Universität Saporoshje ab und legte die Schwerpunkte auf die deutsche und französische Sprache. Neben der Antragstellung für das Hauptprojekt bezog sich die Zusammenarbeit auf die Curricula im Bereich moderner Sprachen und auf die Durchführung von Lehrveranstaltungen. Seit der Öffnung zum Westen bestand ein großer Bedarf im Bereich des Erlernens von modernen Fremdsprachen. Der Druck kam hierbei vor allem aus dem wirtschaftlichen Bereich (u.a. die konkrete Nachfrage an Übersetzern und Dolmetschern). Die nach dem Wegfall des Eisernen Vorhangs katastrophale und deregulierte wirtschaftliche Lage in der Ukraine hat sich bei der finanziellen Abwicklung des Projekts stark bemerkbar gemacht. Da das Bankensystem dort nicht funktionierte, gab es abenteuerliche und manchmal nicht ganz ungefährliche Geldtransfers. Die BB-Methode (Brustbeutelmethode) von West nach Ost hat schon manche/n Transporteur/in in einen schweißgebadeten Zustand versetzt. Ein anderes Mal fand die Finanzierung von Geräten auf komplizierten Umwegen statt. Die Summe wurde von Hannover nach New York überwiesen und nachdem die Firma in Kiew hierüber aus New York die Bestätigung bekam, wurden die Geräte von Kiew nach Saporoshje transportiert und dort an der Partneruniversität installiert. Auch gab es eine spezielle Programmbedin- gung für die Anschaffung von Geräten, und zwar mussten diese in einem Raum mit Eisentür und vergitterten Fenstern aufgestellt werden. Dies wurde durch unsere Partner offiziell bestätigt. Das Jonglieren mit unterschiedlichen Landeswährungen mit anschließender Übersetzung in die wechselhaften ECU-Werte gehörte zu den zu erwerbenden Fähigkeiten der Projektmanagerin. Die damals noch handschriftlich ausgefüllten Haushaltsüberwachungslisten (HÜLS), wo die Ausgaben und die Einnahmen in unterschiedlichen Farben markiert wurden, wirken heutzutage wie aus einer ganz anderen Welt. Aber in ihrer Übersichtlichkeit – aus meiner Sicht – können sie es mit den heutigen SAP-Listen aufnehmen. Neben der Anschaffung von Geräten wurden für die Partneruniversität viele Bücher zur Sprachvermittlung angeschafft. Der Mangel an Unterrichtsmaterialien wurde uns dort durch die veralteten und zerfledderten Spiegel- und Stern-Zeitschriften deutlich vor Augen geführt. Beim ersten Treffen an der Universität Saporoshje wurde uns die Möglichkeit geboten, ein von den Studierenden vorgeführtes französischsprachiges Theaterstück anzusehen. Das sprachliche Niveau war verblüffend hoch. Die Kleingruppensituation in der Lehre (Betreuungsverhältnis von 1:9) war Garant für eine effektive Wissensvermittlung. Neben dieser Arbeit in Kleinstgruppen war die Unterrichtssituation gekennzeichnet durch den Anspruch der Dozentinnen und Dozenten, das Know-how so weit wie möglich selber zu vermitteln. Dies steht im Gegensatz zu einer eher individuellen Erarbeitung, wie an deutschen Universitäten üblich. Die Studierenden wurden in Saporoshje kontinuierlich begleitet und evaluiert. Darüber hinaus beinhaltete die starke Verschulung, dass die Studierenden, die früh eingeschult werden und nach elf Jahren theoretisch an der Universität studieren können, innerhalb der fünf Studienjahre Seminare in 47 verschiedenen Bereichen – u.a. Medizin, Die Entwicklung von thematischen Lehreinheiten im Bereich moderner Fremdsprachen unter Berücksichtigung neuer Technologien Laufzeit: 1994-1995 EU-Förderung: ECU 48.995 Koordinator: Leibniz Universität Hannover EU-Partnerinstitutionen: Universität Hildesheim, Deutschland Université de Rouen Haute Normandie, Frankreich Drittland-Partnerinstitutionen: Staatliche Universität Saporoshje, Ukraine Kontakt: Dominique Gillissen Leiterin des EU-Hochschulbüros Hannover/Hildesheim Leibniz Universität Hannover Tel.: +49 (0)511-7624093 E-mail: dominique.gillissen@zuv.uni-hannover.de Gotische Sprache und Folklore – belegen mussten. Das Studium glich eher einer Art von Studium Generale. Die sehr starke staatliche Regulierung im Bereich der Curricula und die Verschlankung derselben standen von daher im Fokus des Vorprojekts. Während der Projektlaufzeit wurde darüber hinaus eine zusätzliche, auch für die Zukunft der Zusammenarbeit wegweisende neue Aktivität im Bereich des Fernstudiums zum Erlernen der französischen Sprache mit aufgenommen. ó 20 Jahre Tempus 33 TEMPUS II (1994–1999) Eingang der Staatlichen Universität Saporoshje, Dezember 1994 Der Erfolg Zum Gelingen des einjährigen Projekts gehört ohne Zweifel eine gute Management- und Kommunikationsstruktur. Die reibungslose Zusammenarbeit entsteht durch klare Zuweisungen von Verantwortlichkeiten, kontinuierliche Kommunikation und eine „feste“ Kommunikationsstruktur neben der Durchführung von transparenten Verfahren. Während des ersten Jahres gab es für uns sozusagen „nur“ die technischen Hindernisse, die bei der Durchführung der Folgeprojekte eine wesentlich geringere Rolle gespielt haben. lichen Atmosphäre statt. Es gab keinerlei sprachliche Probleme, da entweder auf Französisch oder auf Deutsch kommuniziert werden konnte. Bei Bedarf wurde ad hoc von den jeweiligen Sprachdozenten ins Ukrainische bzw. ins Russische übersetzt. Bei den Projekttreffen an den einzelnen Standorten gab es immer offizielle Begrüßungen von Seiten der jeweiligen Präsidenten. Die Offenheit der Projektmitarbeitenden gegenüber dem „Anderssein“ und deren Akzeptanz ist sehr wichtig für das Gelingen von transnationalen Projekten, so dass ich hierzu einen eigenen Punkt verfasst habe. Die Begleitumstände Erfolgversprechend waren ebenfalls die Motivation und Offenheit aller beteiligten Personen, die sehr hoch waren. Das erste Arbeitstreffen im Dezember 1994 in Saporoshje fand in einer sehr freundschaftlichen, offenen und geradezu herz- 34 ó 20 Jahre Tempus Einerseits gibt es bei der Projektarbeit einen richtigen Lehrplan mit den ausformulierten fachlichen Zielsetzungen und andererseits gibt es – wie so häufig – ebenfalls einen heimlichen Lehrplan, der sich auf die interkulturellen Differenzen und die Reflexion hierüber bezieht. Diese Liste ist schier unendlich. Von daher erhebe ich keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Mir ist allerdings klar, dass das Erlangen von zusätzlichen interkulturellen Kompetenzen im Laufe solcher Projekte eine conditio sine qua non für die erfolgreiche Durchführung der Projekte ist. Das gegenseitige Staunen über die unterschiedlichen Realitäten hat viele produktive und lehrreiche Gespräche entstehen lassen. Am Anfang des Projektes habe ich häufiger folgenden Satz gehört: „Dominique, entscheide du bitte. Wir haben 40 Jahre nicht entscheiden dürfen.“2 Andererseits gab es viele Aktionen, die im Westen nicht durchführbar gewesen wären und die im Osten allerdings arrangiert werden konnten. So z.B. die Beschaffung von Konzertplätzen in Saporoshje, obwohl der Saal völlig ausverkauft war. (Lösung: Es wurde einfach eine zusätzliche Reihe von einzelnen Stühlen hingestellt.) 2 3 4 Parallel zu den Koordinierungsmeetings und sonstigen Treffen, wie z.B. Intensivkurse für junge Dozenten aus Saporoshje in Rouen und Hannover/Hildesheim, gab es immer ein kulturelles Rahmenprogramm, das durch die jeweiligen Gastgeber organisiert wurde (z.B. Stadtbesichtigung, Museumsbesuche, Besuch bei Folklorekünstlern, Opernaufführungen, Besuche bei einer regionalen Zeitung und sogar Tanzabende und Schützenauslauf: „Wir hatten Glück, beim Schützenfest anwesend zu sein, was im landeskundlichen Aspekt ziemlich interessant war.“3). Diese Rahmenprogramme waren sehr lehrreich für beide Seiten. Nicht nur das Wissen über die Rolle des Wodkas und dessen Umgang damit war wichtig, sondern auch die Essensrituale mit den vielen Begrüßungssprüchen konnten beflügeln und hatten eine sehr integrative Wirkung. Auch stieß die Menge an Fleisch und Fisch auf den Tellern im Westen – häufig sehr übersichtlich – nicht unbedingt auf Gegenliebe bei den Kollegen aus dem Osten. Zum Schluss Die wertvollen Erfahrungen, die damals gesammelt wurden, fließen nach wie vor heute in die konkreten Antragsberatungen mit ein. Und neben der vom Programm nicht unbedingt beabsichtigten Nachhaltigkeit, dass einige Mitarbeiter bzw. Studierende der Universität Saporoshje mittlerweile im Westen leben, gab es noch zwei weitere Tempus-Nachfolgeprojekte4, in denen u.a. die Staatliche Universität Saporoshje als Partner zusammen mit der Universität Hannover mitwirken konnte (das letzte Tempus-Projekt lief bis 2001). Bis heute werden Geburtstagsgrüße ausgetauscht. ó Zitat von Anatoli Prykhodko am Anfang der Laufzeit des Projekts. Zitat aus dem Mobilitätsbericht von Herrn Serguei Vapiriv, Dozent an der Staatlichen Universität Saporoshje, auf Besuch in Hannover im April 1995. „Komplementäre Entwicklung neuer Curricula sowie Erarbeitung didaktischer Modelle und Lehrmaterialien unter Einbeziehung neuer Technologien“ (1995) und „Disseminationsprojekt im Bereich Fremdsprachen und Übersetzen“ (1998). ó 20 Jahre Tempus 35 TEMPUS III (2000–2006) Entwicklung eines interdisziplinären Trainingsprogramms in der Wasserwirtschaft Prof. Dr. Heribert Nacken, Dr. Hani Sewilam In der Tempus-Runde des Jahres 2005 wurde das Projekt TOTWAT realisiert, bei dem sich die Projektpartner Cairo University (Irrigation and Hydraulics Department), Fayoum University (Engineers Departments), das National Water Research Center Cairo (alle Ägypten), das Institute for Advanced Studies (Wien) und die RWTH Aachen zusammengeschlossen haben, um ein Training-of-Trainers-Programm für den Wissensbereich der Wasserwirtschaft zu konzipieren und gleichzeitig zu implementieren. Die Funktion des Projekt-Koordinators und Grantholders lag bei der RWTH Aachen und wurde dort durch das Lehr- und Forschungsgebiet für Ingenieurhydrologie realisiert. Das Hauptziel des Projekts war es, ein interdisziplinäres Trainingsprogramm im Bereich des Wassermanagements zu ent- “It’s one of the very few projects in Egypt that is blending the university with the public sector in one project.” Yasser Elshayeb, National Tempus Office Egypt “We see a lack of communication and cooperation. That’s why we try to develop a training program […] to be hosted by Cairo and Fayoum University and to be offered to the Ministry Engineers.” Dr. Hani Sewilam, RWTH Aachen wickeln, das auf die lokalen Bedürfnisse zugeschnitten ist und das nach Ablauf der Förderphase eigenständig durch die ägyptischen Partner weiterbetrieben werden kann. Die ausgebildeten Trainer sollen als Multiplikatoren dienen, die nicht nur ihr Wissen auf möglichst viele Landsleute übertragen, sondern gleichzeitig die innovative Art der mediengestützten Wissensvermittlung in die Instanzen der lokalen Wasserwirtschaft hineintragen. Durch die starke Einbindung und Impulssetzung der ägyptischen Wasserwirtschaft in die internationalen Gremien des Nileinzugsgebietes waren speziell die Bedürfnisse der Mitarbeiter des ägyptischen Ministeriums für Wasserressourcen sowie weiterer Wasserspezialisten aus dem arabischen und afrikanischen Raum zu integrieren. Eine profunde Analyse der wasserwirtschaftlichen Erfordernisse ergab, dass die Wissensvermittlung auf fünf unterschiedliche Themenbereiche fokussiert werden sollte. Im Einzelnen waren dies folgende Bereiche: ó Technische Aspekte der Wasserwirtschaft ó Interdisziplinäre Aspekte der Wasserwirtschaft ó Sozioökonomie in der Wasserwirtschaft ó Umwelttechnische Aspekte der Wasserwirtschaft ó Generelle IT-Fähigkeiten für die Wissensvermittlung “Personally I think that it is one of the biggest achievements […] that we are not only addressing universities […] but you can also go to people who are working in their field and try to help them.” Yasser Elshayeb, National Tempus Office Egypt Das Gesamtwerk des Trainingsprogramms besteht aus fünf verschiedenen Modulen, die jeweils gesonderte Aspekte (wie z.B. Gender-Aspekte in der Wasserwirtschaft) aus den aufgeführten Themenbereichen behandeln. Die Inhalte der Module wurden intensiv mit den ägyptischen Partnern diskutiert und abgestimmt und wurden anschließend im Realfall mit 30 ägyptischen Professoren und Professorinnen sowie Assistenten und Assistentinnen trainiert. Die Trainingseinheiten wurden sowohl vor Ort in Ägypten als auch in Deutschland und Österreich realisiert. Einführung in die Nutzung von Kamera und Mikrofon. V.l.n.r.: Dr. Wael Aldahshoory (Fayoum University), Mohamed Embaby (National Water Reseach Center), Roman Breuer (RWTH Aachen) 36 ó 20 Jahre Tempus Zu einer mediengestützten Wissensvermittlung gehören ebenfalls die Weiterbildung im Bereich der Mediendidaktik sowie eine Anpassung der Infrastruktur an Think Interdisciplinary – Training-ofTrainers Program in Interdisciplinary Water Management (TOTWAT) Laufzeit: 2006-2009 EU-Förderung: € 495.650 Koordinator: Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen EU-Partnerinstitutionen: Institute for Advanced Studies, Wien, Österreich Interview mit einem lokalen Fernsehsender. V.l.n.r.: TV-Moderator, Dr. Yasser Elshayeb (Koordinator - Nationales Tempus Büro Ägypten), Klaus Ebermann (Leiter der europäischen Delegation in Ägypten), Prof. Hany Helal (Ägyptischer Hochschulminister) die aktuellen IT-Möglichkeiten. Diesem Aufgabenkomplex wurde gerade vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit des Projektes nach Ablauf der Förderphase ein großes Gewicht beigemessen. Im Rahmen des Projektes wurde eine OpenSource-Lehr- und Lernplattform eingesetzt und SCORM (Sharable Content Object Reference Model)-kompatible Inhalte produziert. Die ägyptischen Trainer wurden intensiv in die Prozesse der Erstellung der mediengestützten Wissensinhalte eingeführt und waren nach Abschluss der Trainingsphase in der Lage, eigenständig Inhalte zu erarbeiten (von der Konzeption über die verschiedenen Entwurfsphasen bis zum endgültigen Produkt). “It was the first time that we considered other training than face to face. […] That makes everything available and easy.” Dr. Rasha El-Khouly, National Water Research Center hydrologie der RWTH Aachen weiterbetrieben. Das Tempus-Programm legt zu Recht großen Wert darauf, dass Netzwerke aufgebaut werden und eine intensive Kommunikation gepflegt wird. Vor diesem Hintergrund wurden verschiedene regionale Workshops organisiert und eine abschießende Video-Dokumentation zu dem Projekt erstellt. Wenn Sie also mehr Drittland-Partner: Cairo University, Ägypten Fayoum University, Ägypten National Water Research Center (NWRC), Ägypten Projekt-Webseite: http://totwat.lfi.rwth-aachen.de/ Kontakt: Univ.-Prof. Dr.-Ing. Heribert Nacken Lehr-und Forschungsgebiet Ingenieurhydrologie RWTH Aachen Tel.: +49-(0) 241-80-25273 E-mail: +49-(0) 241-80-25273 Informationen im Detail erhalten wollen, besuchen Sie die URL http://totwat.blip. tv, wo Sie O-Töne der involvierten Akteure finden. ó Projektkoordinator Dr. Hani Sewilam mit ägytischen Partnern bei einem der vielen eLearning-Workshops Als Ergebnis liegen jetzt insgesamt 18 Wassertrainingskurse vor, die z.B. Inhalte aus den Bereichen der Modellierung, der Geoinformationssysteme, der Sozioökonomie, den Fragestellungen der Bewässerung sowie des Einflusses des Klimawandels abbilden. Sinn und Zweck der Modulentwicklung war es, diese Inhalte auch anderen Interessierten zur Verfügung zu stellen. So besteht für jedermann die Möglichkeit, nach einer Registrierung die Inhalte einzusehen (siehe dazu: http://totwatmoodle.lfi.rwth-aachen.de). Diese Seite wird auch nach Ablauf des Projektförderzeitraums vom Lehr- und Forschungsgebiet Ingenieur- ó 20 Jahre Tempus 37 TEMPUS III (2000–2006) Vorreiter im Westlichen Balkan: Agrarwissenschaften in der Reformdiskussion Dr. h.c. Jochem Gieraths, Jenny Kopsch Das von 2007 bis 2009 im Westbalkan realisierte Tempus-Projekt „Support Network for Improvement of the Strategic Planning” (SUNISP) stellt den inhaltlichen Abschluss der von Hohenheim aus koordinierten Hochschulreformprojekte dar, die in den letzten zehn Jahren das Ziel verfolgten, die Agrarfakultäten der Westbalkan-Region an den Europäischen Hochschulraum heranzuführen und sie zugleich untereinander zu vernetzen. Nach dem Balkankrieg gestaltete sich der Beginn dieses Hohenheimer Engagements mehr als schwierig. Im Rahmen des Stabilitätspaktes für Südosteuropa hat uns hier zunächst der DAAD in den Jahren 2000-2003 finanziell gefördert, um erstmals mit dem wissenschaftlichen Nachwuchs der Agrarfakultäten in Zagreb, Osijek, Novi Sad, Belgrad, Sarajevo, Prishtina, Tirana, Podgorica und Skopje Kontakt aufnehmen zu können und diesen durch ein jährliches vierwöchiges Studium der neu eingerichteten BSc- und MSc-Curricula an den Agrarfakultäten in Hohenheim, Göttingen, Kiel und Neubrandenburg an das Thema Bologna heranzuführen. Die mehr denn je notwendige Diskussion um die Reform des agrarwissenschaftlichen Studiums ist dann jeweils zum Jahresende mit den Kick-Off-Meeting in Zagreb, Oktober 2007: am Mikrofon Projektleiter Rektor Prof. Hans-Peter Liebig (Universität Hohenheim) im Gespräch mit Prof. Ivan Pejić (nationaler Koordinator) 38 ó 20 Jahre Tempus zuständigen Rektoren und Dekanen auf den Konferenzen in Timisoara, Plovdiv, Sopron und Cluj Napoca bilanziert worden. Im Blick auf die aus dem Zerfall des ehemaligen Jugoslawiens resultierenden politisch-kulturellen Verständigungsprobleme muss rückblickend eingestanden werden, dass nicht nur wir von Hohenheim aus mit dem DAAD-Projekt in einen Lernprozess eingetreten sind, sondern auch die regionalen Partner nach dem Krieg und den mit ihm verbundenen Verletzungen sehr behutsam, scheu und z.T. auch voller Verdacht die abgerissenen Gesprächsfäden neu knüpfen mussten. Vor diesem Hintergrund ist die Tatsache, dass in dem Tempus-Projekt SUNISP alle Agrarfakultäten der Westbalkan-Region an einem Tisch saßen, um erstmals gemeinsam über ihre Stärken und Schwächen im Bereich von Lehre und Forschung zu diskutieren, zunächst einmal als ein politisches Datum zu werten. Vorausgegangen sind von Hohenheim aus koordinierte, EU-finanzierte länderspezifische Curriculum-Reformprojekte, die den einzelnen Fakultäten in einem jeweils dreijährigen Zeitraum die Möglichkeit boten, sich eingehend mit dem Thema Bologna auseinanderzusetzen und ihre je eigene Form für die Reform des agrarwissenschaftlichen Studiums zu wählen. Erstes regionales Arbeitstreffen an der Universität Skopje, Mazedonien, März 2008 Außerdem wurde das zehnjährige Engagement der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) in der Region im Oktober 2006 in Kotor (Montenegro) bilanziert. Auf dieser Konferenz kamen am Ende ihrer Vorträge sowohl die damalige Rektorin der Universität Novi Sad, Radmila Marinkovic-Neducin, als auch der damalige Berater des albanischen Premierministers und heutige Wissenschaftsminister des Landes, Myqerem Tafaj, zu dem Schluss, dass die Steigerung von universitätsspezifischen Managementkompetenzen eines der vordringlich zu lösenden Probleme im laufenden Reformprozess darstelle. Ende 2006 wurde dann von Hohenheim aus in Zusammenarbeit mit der HRK, der Universität für Bodenkultur in Wien und der Agraruniversität in Nitra (Slowakei) ein Projekt definiert, das die Partner in die Lage versetzte, sich erstmals mit Fragen der strategischen Planung zu beschäftigen, eine Notwendigkeit, die zu diesem Zeitpunkt keineswegs von allen Mitgliedern des Lehrkörpers empfunden wurde. Um die verschiedenen Gruppen der regionalen Fakultäten bzw. der Agraruniversität Tirana – Rektorat, Dekanat, Lehrkörper, Verwaltung und Studierende – in diese gemeinsame Diskussion von strategischen Perspektiven einbinden zu können, sind unmittelbar nach der Eröffnungskonferenz in Zagreb im November 2007 lokale, paritätisch besetzte Arbeitsgruppen gebildet worden. Auf der Grundlage eines von den europäischen Partnern erarbeiteten Katalogs von 20 auf den gesamten Bereich von Lehre und Forschung und dessen Umfeld bezogenen Fragen haben sich diese Arbeitsgruppen erstmals in aller Offenheit mit ihrem Selbstverständnis und den Problemen ihrer eigenen Einrichtung beschäftigt. Die europäischen Partneruniversitäten in Nitra, Wien und Hohenheim Support Network for Improvement of the Strategic Planning (SUNISP) Laufzeit: 2007-2009 EU-Förderung: € 297.340 Vertragsnehmer: Universität Hohenheim Koordinator: University of Zagreb, Kroatien Studentenkonferenz, Krk, Kroatien, Mai 2009 (Workshop: „How to influence study programs and lectures“) stellten den Projektteilnehmern vor Ort ihre Struktur- und Entwicklungspläne vor, so dass die eigene Situation in der Westbalkan-Region kritisch reflektiert werden konnte. Die Bilanzierung dieser Auslandserfahrungen wurde in den lokalen Arbeitsgruppen, später auf der Ebene der regionalen Arbeitsgruppen aufgegriffen, um sich gemeinsam auf ein grobes Schema für die zu erstellende Selbstevaluierung zu verständigen. Mit steigender Intensität in der länderübergreifenden Diskussion haben diese regionalen Arbeitstreffen dann in den beiden Projektjahren in Osijek, Skopje, Podgorica, Novi Sad und Belgrad stattgefunden, auf denen schonungslos die Schwachstellen aller Agrarfakultäten der Region benannt wurden: die Überalterung und fehlende Sprachkompetenz der Hochschullehrer, die veralteten Lehrmethoden, die mangelnde Ausstattung der Unterrichtsräume, der Labore und Bibliotheken, der fehlende Praxisbezug des Studiums in seiner streng disziplinären Ausrichtung, der Brain-Drain des wissenschaftlichen Nachwuchses, die mit dem Zerfall des ehemaligen Jugoslawien verloren gegangene regionale Kooperation verbunden mit dem Zwang, sich hier und heute international, z.B. durch zeitgemäße englischsprachige MSc-Programme, neu ausrichten zu müssen. Diese schonungslose Ist-Analyse ist durch die externe Evaluierung bestätigt worden, die von den europäischen Partnern an allen Hochschulstandorten der Region im Sommer 2008 durchgeführt wurde. Deren Gespräche mit den verschiedenen Statusgruppen vor Ort haben auch gezeigt, dass die reformorientierten Kräfte in den einzelnen Fakultäten nicht per se immer auch deren Entscheidungsträger waren. Insbesondere in der Diskussion mit den örtlichen Vertretern der Studierenden wurden die Defizite ihrer teilweise nur rudimentär vorhandenen Selbstorganisation bzw. deren mangelnde Integration in die Entscheidungsabläufe der jeweiligen Fakultät erkennbar. Angeregt durch den Erfahrungsaustausch mit den Kommilitonen der EU-Partner bot hier die Studentenkonferenz auf der Insel Krk im Sommer 2009 ausreichend Gelegenheit, untereinander Fragen der studentischen Selbstverwaltung in einem allererst aufzubauenden regionalen Netzwerk zu diskutieren. Ziel des zweiten Projektjahres war es, am Beispiel der Forschung jeweilige länder- und fakultätsspezifische Prioritäten so herauszuarbeiten, dass diese zum Ende des Projektes als zentraler Bestandteil eines strategischen Entwicklungsplanes erkennbar waren, der fortan allen Mitgliedern der Fakultät als Orientierungsrahmen für die universitätsinterne und externe Diskussion mit Ministerien, Verbänden und Unternehmern dienen sollte. Die von der Präsidentin der HRK, Margret Wintermantel, in Sarajevo eröffnete Abschlusskonferenz hat allen noch einmal eindrücklich vor Augen geführt, welches Maß an länderübergreifender EU-Partnerinstitutionen: Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Deutschland Universität für Bodenkultur Wien (BOKU), Österreich Slovak University of Agriculture in Nitra, Slowakei Drittland-Partnerinstitutionen: Agricultural University of Tirana, Albanien University of Sarajevo, Bosnien und Herzegowina University of Pristina, Kosovo Josip Juraj Strossmayer University of Osijek, Kroatien University of Zagreb, Kroatien University Ss. Cyril and Methodius of Skopje, Mazedonien University of Montenegro, Podgorica, Montenegro University of Belgrade, Serbien University of Novi Sad, Serbien Kontakt: Dr. h.c. Jochem Gieraths Osteuropazentrum Universität Hohenheim Tel.: +49 (0)711-45923572 E-mail: osteurop@uni-hohenheim.de regionaler Verständigung erreicht wurde und auf welchem Niveau die Agrarfakultäten durch das Projekt in die Lage versetzt wurden, ein zeitgemäßes Selbstverständnis der Agrarwissenschaften in und für die Region im Blick auf einen sich verschärfenden nationalen und internationalen Wettbewerb zu artikulieren. ó ó 20 Jahre Tempus 39 TEMPUS IV (2007–2013) E-Government in Russland, der Ukraine, Moldawien und Armenien — ein Tempus-Projekt zur Weiterbildung von Verwaltungsbediensteten in vier Ländern der GUS Prof. Dr. Klaus G. Troitzsch Seit Mitte Januar 2009 läuft am Institut für Wirtschafts- und Verwaltungsinformatik am Campus Koblenz der Universität Koblenz-Landau ein Tempus-Projekt unter dem Namen „Educational Centers‘ Network on Modern Technologies of Local Governing (ECESIS)”. ECESIS, englisch für Heimischwerden (gemeint ist das Heimischwerden moderner Verwaltungspraktiken in Staaten der ehemaligen Sowjetunion), hat die Aufgabe, zusammen mit örtlichen Universitäten ein Netzwerk von Weiterbildungseinrichtungen für Verwaltungspersonal der kooperierenden Regionalverwaltungen in der Ukraine (Dnipropetrovsk, Sumy und Lviv), Russland (Moskau und Tambov), Armenien (Jerewan) und Moldawien (Comrat) zu schaffen. Diese Einrichtungen sollen den Mitgliedern regionaler und lokaler Verwaltungen offen stehen. letzten Jahren mehrfach mit DAAD-Stipendien in Koblenz, Studierende aus Dnipropetrovsk kommen immer wieder zu den Sommerakademien am Koblenzer Campus oder setzen ihre Ausbildung in Koblenzer Masterstudiengängen fort. Auch mit den Universitäten in Valladolid und Košice gibt und gab es schon gemeinsame EU-Projekte im sechsten und siebenten Rahmenprogramm sowie in Tempus und Leonardo. Die Mischung von Partnern, die sich schon lange kennen, und solchen, die erst in diesem Projekt dazu gestoßen sind, war eine gute Voraussetzung für das bisher — auch nach den Ergebnissen der Monitoring-Besuche an mehreren Partnerinstitutionen — erfolgreich verlaufene ECESIS-Projekt und für die erfolgreiche Beantragung eines weiteren Projekts unter dem dritten Call von Tempus IV. Viele der Partnerinstitutionen haben schon in früheren Tempus-Projekten mit der Universität Koblenz-Landau zusammengearbeitet: Für die Dnipropetrovsker Universität war es seit 1997 schon das vierte Projekt, für die Tambover Universität das zweite Mal, und Wissenschaftler dieser beiden Universitäten waren in den Das Projekt begann mit einer Auftaktveranstaltung in Koblenz, bei der sich die Partner gegenseitig vorstellten und die Arbeitsplanung berieten, die zunächst mehrere Treffen zur Erarbeitung von Anforderungen an die Curricula für die Weiterbildungsmaßnahmen in den später zu schaffenden Trainingszentren vorsah. Rektor Aram Simonyan begrüßt die ECESIS-Delegation an der Staatsuniversität Jerewan. 40 ó 20 Jahre Tempus Im Mai 2009 trafen sich in Sumy Repräsentanten der beteiligten lokalen und staatlichen Behörden mit den akademischen Partnern, im Juni und Juli 2009 folgten zwei weitere Treffen dieser Art in Koblenz, in denen im Rahmen der Koblenzer Sommerakademie 2009 bereits Module vorgestellt wurden, die zum Koblenzer Kanon der Verwaltungsinformatik gehören. Ein zentrales von mittlerweile zahlreichen Treffen zur Koordination, zur Abstimmung über Curricula der Weiterbildungseinrichtungen und zum Training von Lehrenden und Verwaltungsmitarbeitern fand Ende September/Anfang Oktober 2009 in der armenischen Hauptstadt Jerewan statt. Tagungsort und -zeit waren so gewählt, dass die Delegationen der Partner zugleich an den Feierlichkeiten zum neunzigjährigen Bestehen der Staatsuniversität Jerewan und zwei internationalen Konferenzen — „Universitätsausbildung im 21. Jahrhundert“ und „Quality Enhancement: Experience, Challenges and Perspectives for Armenian Higher Education“ — teilnehmen konnten. Zu der ersten steuerte Projektkoordinator Professor Troitzsch einen Vortrag zum Thema „Introducing Bologna Study Programmes in a German University“ bei. Auf der zweiten Tagung konnte Projektmanager Professor Chernyshenko (ursprünglich Dnipropetrovsk, zur Zeit Koblenz) ECESIS vorstellen. Im Wesentlichen diente das Treffen in Jerewan aber der Diskussion der Business-Pläne der im Entstehen begriffenen Zentren — mittlerweile sind alle Zentren arbeitsfähig —, der Verabschiedung der Curricula, der gegenseitigen Präsentation von Lehrmaterialien und der Educational Centers‘ Network on Modern Technologies of Local Governing (ECESIS) Laufzeit: 2009-2011 EU-Förderung: € 756.551 Koordinator: Universität Koblenz-Landau Das Weiterbildungszentrum an der Moskauer Regionalen Staatsuniversität wird von Sarah Moffat, EACEA (rechts), und Anna Muravyova, Tempus-Büro Russland (links), eröffnet. Vizerektor Prof. Sergey Traytak (Mitte): „Noch ein paar Tempus-Projekte und unsere Universität ist regional führend, was moderne Ausbildungsmethoden angeht.“ Vorbereitung der folgenden Workshops an den Universitäten Lublin, Valladolid und Košice, die im November 2009 bzw. im Januar und April 2010 stattfanden. Bei diesen Workshops wurden die Entwürfe der meisten Lehrmaterialien verabschiedet, sie dienten aber — wie auch der abschließende Weiterbildungsworkshop im Rahmen der Koblenzer Sommerakademie 2010 — der Teilnahme an Lehrveranstaltungen der jeweils gastgebenden EU-Universitäten. Die verbleibende Projektzeit wird dem weiteren Ausbau der Trainingszentren und der Veranstaltung erster Seminare Auch Tempus-Reisen können gefährlich sein: Ein privater Laptop mit Unmengen von Projektdokumentationen wurde zwischen Madrid und Valladolid aus dem Gepäckraum des Linienbusses gestohlen, eine Geldbörse mit viel Bargeld wurde auf dem Koblenzer Campus liegengelassen — das ganze Team suchte, aber der Hausmeister hatte die Börse längst gerettet. dienen, die sich der mittlerweile — sowohl elektronisch als auch gedruckt in mehreren Sprachen — vorliegenden Lehrmaterialien bedienen werden. Es bleibt am Ende ein Alumni-Netzwerk zu schaffen, das für die Nachhaltigkeit der Trainingszentren und dafür sorgen wird, dass mehr und mehr Verwaltungsangehörige der teilnehmenden Staaten — nicht nur aus den bisher beteiligten Regionen — moderne, das heißt IT-gestützte Verwaltungspraxis kennenlernen. ó EU-Partnerinstitutionen: Technical University Košice, Slowakei University Valladolid, Spanien Maria Curie-Skłodowska University, Lublin, Polen Drittland-Partnerinstitutionen: Universitäten Yerevan Academy of Fine Arts, Armenien Yerevan State University, Armenien Comrat State University, Moldawien Moscow State Regional University, Russische Föderation G.R. Deržavin State University, Tambov, Russische Föderation Ivan Franko National University, Lviv (Lemberg), Ukraine Oles Honchar National University, Dnipropetrovsk, Ukraine Sumy State University, Ukraine Regionale Verwaltungsbehörden Verwaltung des Tambover Gebiets, Russische Föderation Staatliche Verwaltung des Dnipropetrovsker Gebiets, Ukraine Staatliche Verwaltung des Gebiets von Sumy, Ukraine Staatliche Verwaltung des Lemberger Gebiets, Ukraine Ministerien Armenisches Ministerium der Bildung und Wissenschaft Bildungsministerium des Moskauer Gebiets Ministerium für Bildung und Wissenschaft der Ukraine Projekt-Webseite: http://www.ecesis.eu.org „Dank dem Tempus-Projekt sind wir viele Jahre in die Zukunft befördert worden und nun haben wir die Chance, die führende Institution in der Verwaltungsausbildung der Ukraine zu werden“, Vizerektor Volodymyr Lyubchak, Sumy (Mitte), während des Workshops in Košice. „Fantastisch! Diese Technologie ist der beste Weg zur Korruptionsbekämpfung — und sie zeigt, wie öffentliche Bedienstete nicht öffentliche Herrscher, sondern öffentliche Diener sind“, Kostyantyn Kyrychenko, Sumy (vorn), während eines Besuchs der Kölner Stadtverwaltung. Kontakt: Prof. Dr. Klaus G. Troitzsch Institut für Wirtschafts- und Verwaltungsinformatik Universität Koblenz-Landau Tel.: +49 (0)261 287-2643 E-mail: kgt@uni-koblenz.de ó 20 Jahre Tempus 41 TEMPUS IV (2007–2013) Zukunft gestalten! – Ein Projekt zur Lehrplanreform in der Raumfahrttechnik Dmitriy Ostroverkhov, Dmitriy Bogdanov, Dr.-Ing. Arnold Sterenharz Seit Jahrhunderten träumt die Menschheit von dem Beginn einer Ära, in der der erste Mensch die Grenze des Sonnensystems überschreiten wird, um eine lange Entdeckungsreise zu weit entfernten Welten vorzunehmen. Heute scheinen diese ehrgeizigen Träume wahr zu werden. Der beste Beweis dafür ist die Tatsache, dass seit dem Beginn der aktiven Phase der Weltraumerkundung ein erfahrungsreicher Weg bereits zurückgelegt wurde: Der Weg von einem einfachen kugelförmigen Sputnik bis zu internationalen Raumstationen. Zu dem Erfolg dieser überragenden Technik trägt nicht zuletzt die Intensivierung der internationalen Zusammenarbeit im Bereich der Raumfahrt bei. Auch in der Hochschulbildung spielt die Internationalisierung eine wesentliche Rolle: Ein gutes Beispiel dafür ist das gemeinsame Projekt CRIST (Curricula Reform in Space Technology), das im Rahmen des europäischen Programms Tempus von der Europäischen Kommission bewilligt wurde. Insgesamt sind 13 Universitäten und 15 Organisationen aus den Projektkonferenz in St. Petersburg, Mai 2010 EU-Staaten, Russland, Kasachstan und der Ukraine am Projekt beteiligt. Darunter sind weltweit führende Betriebe der Raumfahrtindustrie, wie das Konstruktionsbüro Yuzhnoye (Ukraine), das die Raketenträger Dnepr und Zenit produziert, TsSKB Progress (Russland), Hersteller und Betreiber von Soyuz-Trägerraketen, Weiterbildungsmaßnahme an der Hochschule Lessius, Campus DeNayer, Belgien, Sommer 2010 42 ó 20 Jahre Tempus und das renommierte Werk ISS (Russland), welches Dank seiner GLONASSSatelliten weltberühmt ist. Durch die Teilnahme dieser Industriepartner sind eine hohe Qualität und eine solide Nachhaltigkeitsstrategie der Projektergebnisse gesichert. Management und Koordination der Projektaktivitäten liegen bei der TU Berlin, die darin von einer ihrer Spin-OffGesellschaften, dem ECM-Office, unterstützt wird, wobei neue Methoden der Kooperation zwischen Hochschuleinrichtungen und Industrievertretern ins Leben gerufen werden. Die globalen Ziele des Projekts CRIST sind die Gewährleistung eines Anschlusses an die steigenden Anforderungen gegenüber der Hochschulbildung in den Partnerländern und die Unterstützung der Zusammenarbeit zwischen den Hochschulen aus der EU und den Partnerländern. Die spezifischen Projektziele beinhalten Entwicklung und Implementierung der drei neuen Curricula „Entwurf von Mikro- und Picosatelliten“, „Funkkommunikation für Raumfahrtanwendungen“ und „Raumfahrtmanagement“ sowie eines neuen Moduls CAD/CAM/CAE für Satelliten. Curricula Reform in Space Technology in Kazakhstan, Russia, Ukraine (CRIST) Laufzeit: 2009-2012 Unterzeichnung des Abkommens über die Zusammenarbeit zwischen dem Institut für Luft und Raumfahrt der Technischen Universität Berlin und dem nationalen ukrainischen Raumfahrtbildungszentrum, Berlin, Mai 2008 Außerdem sollen an jeder Hochschule der Zielländer eine Satellitenbodenstation, ein modernes Laboratorium für Satellitendesign und eine Computerklasse für CAD/CAM/CAE-Modellierung errichtet werden. Die Verbindung von theoretischen Elementen in den Vorlesungen mit praktischen Übungen unter Benutzung der etablierten Infrastruktur stellt ein besonderes Potential der Curricula dar. Die praktische Ausbildung vervollständigt fachliche Qualifikation zukünftiger Ingenieure, und die greifbare Nähe zu Raumflugobjekten steigert die Begeisterung der Studierenden an Forschung in der Raumfahrt. Nicht nur die wissenschaftlichen und technischen Ergebnisse sind für die Entwicklung des Projektes CRIST von großer Bedeutung. Auch die intensive Zusammenarbeit mit weiteren fachverwandten internationalen Institutionen trägt zur Erweiterung des Erfahrungsschatzes bei. Im ersten und zweiten Projektjahr fanden Projektkonferenz in St. Petersburg, Mai 2010 EU-Förderung: € 1.158.284 Koordinator: Technische Universität Berlin zahlreiche Aktivitäten statt, um Projektergebnisse zu verbreiten und Nachhaltigkeitsaspekte zu sichern. Infolge der Informationsveranstaltungen wurde eine Reihe der Hochschuleinrichtungen identifiziert, für die die Projektziele und -ergebnisse zutreffend und interessant sind. Jedoch waren diese Hochschulen nicht an dem CRIST-Projekt direkt beteiligt. So entstand für weitere potenzielle Mitglieder ein „CRIST-Plus“Netzwerk, in dem bis dato sieben Hochschuleinrichtungen aus dem osteuropäischen Raum angeschlossen sind. Es ist vorgesehen, die entwickelten Lehrmethoden und Curricula den Hochschulen in „CRIST-Plus“ zugänglich zu machen. Dabei werden Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten entsprechender Einrichtungen vorangetrieben. Die Erfahrungen und Ergebnisse aus dem Projektverlauf haben zu Gunsten einiger Konsortiumsmitglieder dazu geführt, dass sie ihre Kooperationen im Rahmen anderer internationaler Programme vertiefen konnten. So sind zwei Forschungsvorhaben innerhalb des Programms FP7 und ein Erasmus Mundus-Projekt entstanden, deren Entwicklung von dem Projekt CRIST stark beeinflusst wurde. ó EU-Partnerinstitutionen: DeNayer Institute, Hogeschool voor Wetenschap, Belgien ECM-Office, Deutschland Deutsche Gesellschaft für Luft- und Raumfahrttechnik (DGLR), Deutschland Fontys International Hogeschool Economie (FIHE), Niederlande Drittland-Partnerinstitutionen: Eurasian National University, Astana, Kasachstan Karaganda State Technical University, Karaganda, Kasachstan Ministry of Education and Science, Kasachstan Engineering Centre Technology Transfer, Astana, Kasachstan Chamber of Commerce, Kasachstan Samara State Aerocosmic University, Russland Baltic State Technical University Sankt Petersburg, Russland Siberian State Aerocosmic University, Krasnoyarsk, Russland Ministry of Education and Science, Russland State Research and Production Space Centre „TsSKB-Progress“, Samara, Russland Information Satellite Systems „ISS“, Krasnoyarsk, Russland Central Siberian Chamber of Commerce, Krasnoyarsk, Russland Dnipropetrovsk National University, Dnipropetrovsk, Ukraine National Technical University Kiev, Ukraine National Aerospace University Kharkiv, Ukraine National Space Educational Centre of Ukrainian Youth, Ukraine Yuzhnoye state Design Office, Dnipropetrovsk, Ukraine Chamber of Commerce Dnipropetrovsk, Ukraine Projekt-Website: www.crist-kru.eu Kontakt: Prof. Dr.-Ing. Klaus Brieß Institut für Luft- und Raumfahrt Technische Universität Berlin Tel.: +49 (0)30-31421339 E-mail: klaus.briess@ilr.tu-berlin.de ó 20 Jahre Tempus 43 www.eu.daad.de