Der Umgang mit Texten im Grundschulunterricht
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Der Umgang mit Texten im Grundschulunterricht
Hessisches Kultusministerium Der Umgang mit Texten im Grundschulunterricht Impressum Herausgeber: Hessisches Kultusministerium Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Luisenplatz 10, 65185 Wiesbaden Tel.: 06 11/368-0, Fax: 06 11/368-20 96 E-Mail: pressestelle@hkm.hessen.de www.kultusministerium.hessen.de Autorin: Regine Ahrens-Drath Redaktion: Anke Hundt, Christine Lauckhardt, Martina Wendl, Uta Braunschweig Gestaltung: Muhr, Design und Werbung, Wiesbaden www.muhr-partner.com Druck: Druckerei, Amt für Lehrerbildung, Fuldatal Hinweis: Als Online-Fassung finden Sie diese Publikation auch auf den Internetseiten des Hessischen Kultusministeriums unter www.kultusministerium.hessen.de Stand: August 2009 Didaktische Materialien – Texte im Grundschulunterricht Inhalt 1. Einführung 2 2. Textmerkmale und Textverstehen 4 3. Kriterien für geeignete Texte im Unterricht 7 4. Unterschiedliche Textsorten für unterschiedliche Leseziele 11 5. Arbeiten mit Texten im Unterricht 14 6. Textbeispiele mit didaktischen Kommentierungen und Vorschlägen für den Unterricht 16 7. Literaturverzeichnis 30 8. Anhang mit Kopiervorlagen 32 1 1. Einführung Einführung Der Umgang mit Texten gehört zum selbstverständlichen Unterrichtsalltag in der Grundschule. Dies gilt für den Deutschunterricht in besonderem Maße, aber auch für nahezu alle anderen Fächer. Die Fähigkeit der Schülerinnen und Schüler, Texte zu verstehen und sich deren höchst unterschiedliche Inhalte zu erschließen, ist also eine zentrale Voraussetzung und Grundlage für das schulische Lernen. Es ist daher sinnvoll und notwendig, neben dem Verstehen von literarischen Texten auch dem Verstehen von Sachtexten gleichermaßen besondere didaktische Aufmerksamkeit zu schenken. Die vorliegende Broschüre hat das Ziel, Grundschullehrerinnen und –lehrern Anregungen für die Auswahl von Texten und die Arbeit mit unterschiedlichen Textsorten im Unterricht zu geben. Dabei werden zunächst grundsätzliche fachliche und didaktische Aussagen zu diesem Thema zusammengefasst. Nach einigen methodischen Bemerkungen werden an einer Reihe von Textbeispielen exemplarisch mögliche Bearbeitungsformen im Unterricht vorgestellt.1 Lena ist vor vier Wochen eingeschult worden. Jeden Morgen kommt sie auf dem Weg zur Schule an einem Spielplatz vorbei, an dessen Eingangstor ein Schild angebracht ist. Lena gefällt dieses Schild, denn sie kann es „lesen“ – im Gegensatz zu all den anderen Informationen mit vielen Wörtern und Buchstaben, die sie noch nicht entziffern kann. „Sieht aus wie ein Comic“, murmelt Lena vor sich hin. Ihre Lehrerin lässt sich in der Schule von Lena das Schild genau beschreiben. Einige Tage später sitzen alle Kinder im Morgenkreis, vor sich ein Foto des Schildes, und sammeln Sätze, die man daraus ab-„lesen“ kann. Die Kinder sammeln alle Informationen und Fragen, die sie dem Schild entnehmen können: 1) Weitere Hinweise und Anregungen zu diesem Thema finden sich in den Lese-Infos des Hessischen Kultusministeriums, besonders in Lese-Info 4 „Lesen und Schreiben gehören zusammen“, in Lese-Info 7 „Was kommt nach der Fibel? Weiterführendes Lesen in der Grundschule“ und in Lese-Info 8 „Deutsch als Zweitsprache“, ebenso in der Broschüre „Didaktische Materialien zum sinnerfassenden Lesen in der Grundschule“. 2 Einführung „Hunde dürfen da nicht drauf!“ „Und Fahrradfahren darf man da auch nicht.“ „Und wenn Flaschen kaputt gehen, soll man die Scherben nicht rumschmeißen.“ „Also ich sag jetzt mal alles, was man machen soll, das sieht man da oben: wippen und im Sand spielen und rutschen und schaukeln...“ „Wieso darf man den Helm nicht aufsetzen?“ „Ich kann schon lesen, was in den Sprechblasen steht.“ „Was bedeutet die große Zahl bei dem Jungen?“ Ist das nun ein „Text“, den die Kinder des ersten Schuljahrs gelesen haben? Es fehlt die geschriebene Sprache als durchgängiges Merkmal der Darstellung. Andererseits enthält das Schild eine Fülle von Informationen, die einer übergeordneten und erkennbaren Mitteilungsabsicht entspringen, nämlich das Verhalten auf dem Spielplatz zu regeln. Die dargestellten Elemente können ohne Probleme in sprachliche Aussagen umgeformt werden. Das alles spricht für die „Textualität“ des Schildes. Die von den Kindern bewiesene Fähigkeit, konventionelle Zeichen zu deuten, z. B. den schwarzen Schrägstrich, der ein Verbot symbolisiert, gehört zu den wichtigen Vorläuferfähigkeiten des Lesens. Denn damit „lesen“ (dekodieren) sie bereits Zeichen, auch wenn sie den Text der Sprechblasen im Einzelnen noch nicht entziffern können. 3 2. 4 Textmerkmale und Textverstehen Textmerkmale und Textverstehen Textmerkmale und Textverstehen Texte bestehen in der Regel aus mehreren Sätzen und liegen in schriftlicher Form vor. Das lateinische Wort „textum“ bedeutet „Gewebtes“. Bereits in dieser Bezeichnung drückt sich das Zusammenfügen von Elementen zu einer gemeinsamen Struktur aus. Um den Textsinn für Leserinnen und Leser verständlich zu machen, müssen sowohl Kohärenz als auch Kohäsion des Textes optimal verwirklicht werden. Diese sprachlichen Mittel der Textgestaltung optimieren die „Webstruktur“ des Textes. Die inhaltlich-logischen Zusammenhänge eines Textes werden als Kohärenz bezeichnet. Kohärenz bezeichnet also Sinnkontinuität und logische Widerspruchsfreiheit eines Textes. Mit Kohäsion bezeichnet man die grammatischen Verknüpfungen der einzelnen Textelemente, z. B. durch Nebensatzkonstruktionen oder Referenzen. Hier handelt es sich nur um das formale Verklammern der sprachlichen Elemente auf der Textoberfläche. Die köhäsiven Elemente werden beim ungestörten Lesevorgang kaum registriert, wenn sie richtig gesetzt sind. Ungenauigkeiten und Mängel in diesem Bereich erschweren jedoch spürbar das Textverstehen und fallen daher ins Auge. Zuweilen sind Texte bewusst so gestaltet, dass sie im Bereich der Kohäsion allen Anforderungen gerecht werden, aber in ihrer Kohärenz widersprüchlich sind. Aus diesem Gegensatz ergeben sich komische Effekte, wie z. B. beim folgenden, sehr populären Gedicht. Dunkel war’s, der Mond schien helle, Schneebedeckt die grüne Flur, Als ein Wagen blitzeschnelle Langsam um die Ecke fuhr. Drinnen saßen stehend Leute Schweigend ins Gespräch vertieft, Als ein totgeschossner Hase Auf der Sandbank Schlittschuh lief. (mündlich überliefert) 5 Textmerkmale und Textverstehen Aber auch umgekehrt kann es eine Diskrepanz geben: mangelnde Kohäsion bei durchaus vorhandener Kohärenz, die die informierte Leserin bzw. der informierte Leser versteht. Das nebenstehende Hinweisschild ist ein Beispiel dafür. Die Aneinanderreihung von drei Nomen und einem Infinitiv ergeben keinen sinnvollen Satz oder Text. Und doch kann man aus Erfahrungs- und Weltwissen schließen, dass sich das Schild an G UN T H Autofahrerinnen und Autofahrer wendet, die in einer Wohnstraße AC DER N I Rücksicht auf spielende Kinder nehmen sollen. K TT RI SCH REN FA H Sowohl in Bezug auf Kohärenz als auch Kohäsion können Texte einfach oder komplex strukturiert sein. Eine lineare Aneinanderreihung gleichartiger Elemente ist weniger komplex und für Kinder leichter zu verstehen als Verknüpfungen, Abhängigkeiten oder Rückbezüge. In ihren eigenen mündlichen und schriftlichen Äußerungen verwenden Grundschulkinder noch vorwiegend reihende Konstruktionen („und dann, und dann…“). Der regelmäßige Umgang mit komplexen Textstrukturen macht sie vertraut mit differenzierteren Formen des Sprachgebrauchs und des inhaltlichen Aufbaus von Texten. Sprachliche Lern- und Erfahrungsprozesse dieser Art können im Unterricht gezielt unterstützt und geübt werden.2 Geschriebene Texte stellen eine Ansammlung feststehender sprachlicher Daten dar, dennoch werden sie nicht von allen Leserinnen und Lesern genau gleich verstanden. Die Lesepsychologie spricht von individuellen mentalen Modellen beim Textverstehen, die vom subjektiven Erfahrungs- und Wissenshorizont der Leserin oder des Lesers unterschiedlich geprägt sind. Verstehen heißt, Wahrnehmungen und Informationen in bereits vorhandene Wissensbestände zu integrieren, und diese sind bei allen Menschen unterschiedlich. Kinder deuten Texte und Bilder, denen sie teilweise ganz ungesteuert begegnen, auf ihre Weise. Sie machen sich „ihren eigenen Reim“ auf das, was sie hören und binden ihre Interpretationen in ihre Weltsicht ein. Nicht immer „stimmen“ diese Interpretationen. Auf diese Weise können skurrile „Sinnkonzepte“ entstehen, die manchmal jahrelang unbemerkt bleiben, bis sie irgendwann aufgedeckt werden und zur allgemeinen Erheiterung beitragen – wie bei dem bekannten Gedicht und Liedtext von Matthias Claudius „Der Mond ist aufgegangen“. Der Wald steht schwarz und schweiget Und aus den Wiesen steiget Der weiße Neger Wumbaba.3 2) Dazu finden sich konkrete Vorschläge in der Broschüre „Didaktische Materialien zum sinnerfassenden Lesen“ S. 15f und S. 22-32 3) Axel Hacke und Michael Sowa: Der weiße Neger Wumbaba: Kleines Handbuch des Verhörens. Kunstmann Verlag 2005 6 3. Kriterien für geeignete Texte im Unterricht Kriterien für geeignete Texte im Unterricht 7 Kriterien für geeignete Texte im Unterricht Lehrkräfte stützen die Auswahl von Texten für ihren Unterricht auf die Einschätzung, dass diese ihrer Lerngruppe angemessen sind. Dabei müssen sie verschiedene Aspekte berücksichtigen und auf die Interessen und Kompetenzen ihrer Schülerinnen und Schüler beziehen: - die Vertrautheit und Bedeutung des Themas für die Lerngruppe, - das Niveau der inhaltlichen Darstellung im Verlauf des Textes, - formale Merkmale wie sprachliche Komplexität, - die grafische Gestaltung auf dem Papier, - Differenzierungsmöglichkeiten in der Textbearbeitung und - das didaktische Potenzial, das ein Lesetext im Kontext des übrigen Unterrichts besitzt.4 Texte im Unterricht müssen an die Interessen der Kinder anknüpfen, sonst entsteht keine Motivation, sich mit ihnen zu beschäftigen. In einer guten Textauswahl verbindet sich aber das Bekannte und Beliebte immer mit der Perspektive auf neue Lese- und Spracherfahrungen, damit die Schülerinnen und Schüler sich in ihrer Lesekompetenz weiterentwickeln. Häufig sind ungewöhnliche Texte bei den Kindern auf Dauer besonders beliebt, weil sie spüren, wie kreative Prozesse ausgelöst, wie sie selbst herausgefordert und kognitiv aktiviert werden. Die unterschiedlichen Lesefähigkeiten der Schülerinnen und Schüler innerhalb der Klasse sollten dabei in Form von differenzierten Leseangeboten berücksichtigt werden. Es bieten sich neben unterschiedlichen Aufgabenstellungen auch Textvereinfachungen auf verschiedenen Niveaus an, die die Lehrkraft selbst vornehmen kann.5 Darüber hinaus sollten Texte natürlich im Zusammenhang des übrigen Unterrichts verankert sein und dabei ihre pädagogische Funktion erfüllen. Die folgende Mind-Map enthält Fragen zur Eignung von Texten für den Unterricht aus didaktischer und methodischer Perspektive. 4) Die Seiten des Anhangs sollen helfen, diese Einschätzung auf einer breiten und systematischen Grundlage vorzunehmen. 5) Zur Praxis von Textvereinfachungen findet sich ein Beispiel auf Seite 17 (Mario Ramos: Ich bin der Stärkste in ganzen Land). 8 Kriterien für geeignete Texte im Unterricht Welche Funktion hat der Text im aktuellen Unterricht? Welche Methoden und Lesestrategien sind anwendbar? Sind Fragen zum Text in unterschiedlichen Anforderungsniveaus möglich? Der Text im Unterricht Sind handlungsorientierte Erschließungsmethoden möglich? Ist Differenzierung durch Textentlastungsverfahren möglich? Welche Spezialformen bieten sich an? Für ungeübte Leserinnen und Leser der Grundschule ist eine klare Druckschrift ohne Schnörkel für die Worterkennung hilfreich. Sie sollte am Anfang einen Schriftgrad von mindestens 18 Punkt betragen – so wie im folgenden Beispiel: Das können Kinder gut lesen. Das flüssige, sinnerschließende Lesen wird auch durch den linksbündigen Flattersatz unterstützt. Dabei werden grammatisch oder inhaltlich zusammengehörende Wortgruppen nicht am Zeilenende auseinander gerissen. In der Regel beginnt jeder Satz mit einer neuen Zeile. Dadurch entsteht ein unregelmäßiges (flatterndes) Druckbild am rechten Rand. Die optische Gliederung des Textes ist zwar unregelmäßig, entspricht aber weitgehend der sprachlich-inhaltlichen Struktur. So wird das Zeilenende auch zur Zäsur und Atempause für das lesende Kind.6 Franz B. Wember hat mit einem Lesbarkeitsindex (LIX) den Versuch gemacht, die Schwierigkeit eines Textes als Zahlenwert auszudrücken.7 Für Leseanfängerinnen und Leseanfänger stellen viele lange Wörter und lange Sätze eine besondere Schwierigkeit dar. Leichte Texte zeichnen sich dagegen aus durch eine niedrige durchschnittliche Wortlänge (DWL), < 6 Buchstaben oder < 3 Silben pro Wort, durch eine niedrige durchschnittliche Satzlänge (DSL), < 8 Wörter pro Satz und durch einen niedrigen Diversifikationsquotienten, also häufige Wortwiederholungen. Dazu teilt man die Anzahl der verschiedenen Wörter (types) durch die Anzahl aller Wörter (token). 6) Zur Frage der Textauswahl finden sich weitere Anregungen im Lese-Info 7 „Was kommt nach der Fibel?“ auf den Seiten 22 - 25. 7) Franz B. Wember (1999): Besser lesen mit System. Ein Rahmenkonzept zur individuellen Förderung bei Leseschwierigkeiten. Neuwied: Luchterhand 9 Kriterien für geeignete Texte im Unterricht Der LIX nach Wember wird auf folgende Weise errechnet: Der Prozentsatz langer Wörter (PLW) wird addiert zur durchschnittlichen Satzlänge (DSL). Lange Wörter sind in diesem Fall Wörter mit mehr als 6 Buchstaben. Der LIX-Index an einem Beispiel konkretisiert: Eine Geschichte hat insgesamt 250 Wörter. PLW = 30 geteilt durch 250 mal 100 = 12,0 30 Wörter haben mehr als 6 Buchstaben. DSL = 250 geteilt durch 18 = 13,8 Die Geschichte hat 18 Sätze. LIX = 12,0 + 13,8 = 25,8 Als Richtwerte bei Texten für Kinder- und Jugendliteratur gelten folgende Zahlen: Bis 14 LIX-Punkte Bis 21 LIX-Punkte Bis 28 LIX-Punkte Lesestufe 1 Lesestufe 2 Lesestufe 3 extrem leicht sehr leicht leicht Schwierige Fachliteratur für Erwachsene kann einen LIX-Wert bis 70 haben. Sachtexte haben in der Regel einen höheren LIX-Wert als erzählende Texte. Gegen die Anwendung eines solchen Verfahrens könnte man einwenden, dass dabei nur wenige, rein formale Kriterien berücksichtigt werden, um den Grad der Schwierigkeit zu bestimmen. Aber schon beim Zählen der langen Wörter oder Sätze stellt man fest, dass die vorgegebenen Werte tatsächlich genau die Grenze zwischen einfachen und komplizierten Strukturen treffen. Deshalb ist der LIX-Index als zusätzliche Information durchaus interessant. 10 4. Unterschiedliche Textsorten für unterschiedliche Leseziele Unterschiedliche Textsorten für unterschiedliche Leseziele 11 Unterschiedliche Textsorten für unterschiedliche Leseziele Lesekompetenz zeigt sich unter anderem auch darin, dass Texte einem spezifischen Leseinteresse entsprechend ausgewählt werden. In der Grundschule sollen die Kinder erst noch lernen, diese Auswahl selbstständig vorzunehmen. Dazu müssen sie lernen zu unterscheiden, welches konkrete Leseziel sie anstreben (etwa Entspannung und Unterhaltung oder gezielte Informationsgewinnung auf Grund konkreter Fragen), welche unterschiedlichen Textsorten es zum Erreichen dieses Ziels gibt und wo man diese am besten finden kann. In den Bildungsstandards werden diese Fähigkeiten und Kenntnisse in der Teilkompetenz Über Leseerfahrungen verfügen konkretisiert und in folgender Weise aufgelistet:8 verschiedene Sorten von Sach- und Gebrauchstexten kennen Erzähltexte, lyrische Texte, dramatische Texte und einige ihrer Unterschiede kennen Kinderliteratur kennen: Werke, Autorinnen und Autoren, Figuren, Handlungen sich in einer Bücherei orientieren Angebote in Zeitungen und Zeitschriften, in Hörfunk und Fernsehen, auf Ton- und Bildträgern sowie im Netz kennen, nutzen und begründet auswählen Informationen in Print- und – wenn vorhanden – digitalen Medien suchen die eigene Leseerfahrung beschreiben und einschätzen Um eine solche Leseerfahrungskompetenz im Umgang mit Texten aufzubauen, ist es wichtig, dass im Leseunterricht der Grundschule von Beginn an regelmäßig mit unterschiedlichen Textsorten gearbeitet wird. Literarische Texte fördern die Ausbildung von Empathie und sind Impulse für phantasiegeleitete, individuelle Bedeutungskonstruktionen und sprachliche Kreativität. Passionierte junge Leserinnen und Leser versinken bei literarischen Texten oft tief in fiktionalen Welten und können alles um sich herum vergessen. Grundsätzlich gilt für literarische Texte in besonderem Maße, dass nicht nur das, was wortwörtlich an der Textoberfläche erscheint, Bedeutung hat, sondern dass Verstehen auch implizite Textinhalte einschließt. Je lebendiger der innere Dialog zwischen lesender Person und Text sich gestaltet, desto tiefer und wirksamer ist die Lektüre. Informationstexte dienen der gezielten Erweiterung sachlichen Wissens, der Kompetenz, Zusammenhänge systematisch zu fassen und widerspruchsfrei zu entwickeln. Bei Jungen ist eine Vorliebe zu Sachtexten oft verbunden mit der Faszination an Technik oder ausgeprägtem Expertenwissen in besonderen, oft auch extremen Bereichen. 8) Kultusministerkonferenz: Bildungsstandards im Fach Deutsch für den Primarbereich (Jahrgangsstufe 4). Beschluss vom 15.10.2004 12 Unterschiedliche Textsorten für unterschiedliche Leseziele Oft werden Sachtexte durch erzählende Elemente (Anbindung an bestimmte Protagonisten, Schauplätze und Handlungsverläufe mit lustigen oder spannenden Details etc.) für Kinder interessanter gemacht. Trotz ihrer Erzählstruktur sind sie meistens jedoch echte Sachtexte, denn es geht in erster Linie um Sachinformationen, die durchschaut und gelernt werden sollen. Der Unterricht sollte bestehende Vorlieben der Schülerinnen und Schüler aufgreifen, aber er sollte die Kinder auch mit bisher unbekannten Textsorten bekannt machen. Dies ist umso wichtiger, da konkrete Lesemethoden und strategien sich oft an bestimmten Textsorten besonders gut erfahren und üben lassen. 13 5. 14 Arbeiten mit Texten im Unterricht Arbeiten mit Texten im Unterricht Arbeiten mit Texten im Unterricht Ein Text präsentiert sich als festgelegtes sprachliches Material. Dieses entfaltet seine Bedeutung erst, wenn es auf Leserinnen oder Leser trifft. Deren Lesekompetenz ist unterschiedlich, ebenso ihre Bereitschaft, sich persönlich auf den Text einzulassen. Textverstehen findet im Kopf statt und ist nicht unmittelbar von außen zu beobachten. Es handelt sich um kognitive Operationen, wie bildliches Vorstellen des Gelesenen, Assoziieren, Verknüpfen, Transfer, Schlussfolgern oder Behalten des Inhalts. Nach außen kann sich Textverstehen in der erfolgreichen Bearbeitung von Anschlussaufgaben und Gesprächen zeigen, die die Möglichkeit bieten, eigene Gedanken zum Text auszudrücken und miteinander auszutauschen. Auch in schriftlichen, standardisierten Überprüfungen der Lesekompetenz kann Textverstehen erfasst werden. Geschriebene Texte sind nicht nur Sinnträger, um bestimmte Inhalte zu vermitteln, sondern haben jeweils eine sprachliche Form, die aufmerksam wahrgenommen werden sollte. Aufgaben zur Analyse der sprachlichen Struktur von Texten sind auch für die Ausbildung der Kompetenz des Textschreibens der Schülerinnen und Schüler von Nutzen. Schülerinnen und Schüler sollten im Unterricht eine Reihe von unterschiedlichen Lesestrategien als Texterschließungsverfahren kennen lernen und anwenden. Darunter gibt es einige, die den Textinhalt auf Wesentliches komprimieren (reduktive Strategien) und andere, die ihn durch assoziative Verfahren eher erweitern und anreichern (elaborierende Strategien). Anwendung reduktiver Strategien durch: Anwendung elaborierender Strategien durch: Formulieren von Überschriften Zusammenfassen von Textabschnitten Markieren von Schlüsselwörtern Unterstreichen wichtiger Sätze grafische Darstellung inhaltlicher Zusammenhänge (z. B. in Tabellen, Mindmaps, anderen Diagrammen) gezielte Suche bestimmter Informationen im Text Markieren oder Herausschreiben wichtiger Textelemente lautes Denken Vermutungen zum weiteren Textverlauf anstellen bildliches Vorstellen (Kopfkino) szenische Darstellungen künstlerisches Gestalten Gespräche mit anderen anschließende Schreibaufgaben (fiktive Briefe oder Tagebucheinträge der Personen der Handlung) Mit den folgenden Textbeispielen werden verschiedene Möglichkeiten für den Unterricht vorgestellt. Ziel des Leseunterrichts ist es generell, die Schülerinnen und Schüler mit den verschiedenen Formen und Möglichkeiten des Zugangs zu Texten so vertraut zu machen, dass sie letztendlich selbstständig die passenden Methoden für sich nutzen können. Für die sogenannte „Erstbegegnung“ mit einem Text ist zu berücksichtigen, dass alle Schülerinnen und Schüler immer die Möglichkeit haben sollten, zunächst einen Gesamteindruck zu gewinnen, bevor sie mit der Arbeit an einzelnen Aspekten beginnen. Bei erfahrenen Leserinnen und Lesern kann das durch die individuelle stille Lektüre geschehen. Oft ist es aber sinnvoll, dass die Lehrkraft der Lerngruppe einen Text zunächst vollständig vorliest. 15 6. 16 Textbeispiele mit didaktischen Kommentierungen und Vorschlägen für den Unterricht Textbeispiele mit didaktischen Kommentierungen und Vorschlägen für den Unterricht Textbeispiele mit didaktischen Kommentierungen und Vorschlägen für den Unterricht Es folgt nun eine Übersicht der anschließenden Beispiele für Lesetexte im Unterricht. In der rechten Spalte der Tabelle sind methodische Verfahren zugeordnet, die für den jeweiligen Text geeignet erscheinen. Es handelt sich nur um eine Auswahl, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Textsorte und Titel Vorschläge für den Unterricht Gedicht: bildliches Vorstellen (Imaginieren) kreatives Gestalten Gespräch Analyse der sprachlichen Struktur Lesevortrag Georg Britting: Goldene Welt Literarischer Text: Heinrich Hannover: Bei Räubers Dialogtext: Peter Härtling: Wie Bernd und Frieder miteinander reden Sachtext als Fließtext: Die ersten Wochen der Kätzchen Unterstreichen wichtiger Textelemente Antizipieren von Textinhalten Sprachförderung, Wortschatzerweiterung Gespräch Kreative Schreibaufgabe im Anschluss Unterstreichen wichtiger Sätze gezielte Suche bestimmter Informationen im Text Sprachförderung, Wortschatzerweiterung Gespräch Lesevortrag im Dialog Rollenspiel Gliedern eines Texts in Abschnitte gezielt Informationen im Text suchen grafische Darstellung inhaltlicher Zusammenhänge (Tabelle) Fragen zum Text beantworten Statistik aus der Klasse 4b Lernen, eine Tabelle zu lesen Situationsmodelle entwickeln und beschreiben lautes Denken Problemstellungen herausarbeiten Lösungen diskutieren Textvergleich von Gedicht und Sachtext: a) Ich weiß einen Stern b) Die Erde Merkmale von Textsorten gegenüberstellen Schreiben von Clustern Funktion von unterschiedlichen Textsorten erkennen und benennen Lesevortrag Ganzschriften: Textvereinfachungen (differenzierte Versionen) dialogisches Lesen, szenisches Interpretieren fächerübergreifendes Projekt Lesetagebuch Gespräch Sachtext als diskontinuierlicher Text: a) Ich bin der Stärkste im ganzen Land b) Sams Wal 17 Textbeispiele mit didaktischen Kommentierungen und Vorschlägen für den Unterricht Goldene Welt (Georg Britting)9 Textbeispiel 1 Im September ist alles aus Gold: Die Sonne, die durch das Blau hinrollt, das Stoppelfeld, die Sonnenblume, schläfrig am Zaun, das Kreuz auf der Kirche, der Apfel am Baum. Ob er hält? Ob er fällt? Da wirft ihn geschwind der Wind in die goldene Welt. Didaktischer Kommentar/Vorschläge für den Unterricht Die Bildwirkung der Sprache dieses Gedichts ist so stark, dass Kinder unmittelbar davon erfasst werden. Sie sollten aber nicht nur den Bildern des Autors nachspüren, sondern auch eigene Vorstellungen ausdrücken können (im Gespräch, in einem eigenen Text oder Bild). Folgende Impulse und Fragestellungen bieten sich unter anderem dafür an: Die Lehrkraft liest das noch unbekannte Gedicht vor, Kinder hören mit geschlossenen Augen zu (Kopfkino). „Was habt ihr gesehen?“ „Versucht das ‚Gesehene’ (das Imaginierte) zu malen.“ (den Text dazu vorlegen) „Was seht ihr vor eurem inneren Auge, was riecht, hört oder schmeckt ihr, wenn ihr an den Herbst denkt?“ (Gespräch) „Welche anderen Farben fallen euch dabei ein? (dazu eventuell Herbstblätter sammeln) Wie können wir diese Farben mit Worten genau beschreiben?“ Die Sprache dieses Gedichts zu erforschen, ist ein weiterer wichtiger Aspekt. Dabei stellen sich möglicherweise folgende Fragen: „Was alles ist im September aus Gold in dem Gedicht? Stimmt das über- haupt?“ „Wer ist die Person, die in dem Gedicht spricht oder fragt?“ „Wer bewegt sich in dem Gedicht? Die Sonne? Die Sonnenblume? Der Apfel? Der Wind? Der Dichter?“ „Welche Zeilen werden durch Reime zusammengehalten? Welche stehen für sich allein? Gibt es dafür wohl einen Grund?“ 9) Georg Britting: Gedichte 1940 bis 1964. © 1996 List Verlag in der Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 18 Textbeispiele mit didaktischen Kommentierungen und Vorschlägen für den Unterricht Zum Abschluss üben die Schülerinnen und Schüler das Gedicht laut vorzulesen mit dem Hinweis der Lehrkraft, an alles zu denken, was sie über das Gedicht jetzt in ihrem Kopf haben. Einige Freiwillige tragen das Gedicht vor. Die anderen Kinder berichten, was sie beim Zuhören wahrnehmen konnten. Bei Räubers (Heinrich Hannover)10 Textbeispiel 2 Bei Räubers geht es so zu: Wenn die Räuberkinder aufgewacht sind, waschen sie sich nicht etwa, nein, sie schmieren sich von oben bis unten mit Dreck voll. Sie kämmen sich auch nicht etwa, sondern stecken die Haare in den Honigtopf. Und sie putzen sich nicht etwa die Zähne mit der Zahnbürste, nein, sie bürsten sich gegenseitig mit dem großen Besen über das Gesicht. Wenn es bei Räubers was zu essen gibt, setzen sich die Räuberkinder nicht etwa schön ordentlich an den gedeckten Tisch, nein, als erstes reißen sie das Tischtuch mit allem Geschirr herunter. Wenn dann noch ein Teller heil ist, werfen sie ihn die Treppe hinunter, und die Messer, Gabeln und Löffel werfen sie aus dem Fenster. Sie machen aber nicht etwa vorher die Fenster auf, nein, alles fliegt durch die Scheiben, die in tausend Scherben zerspringen. Die Räuberkinder brauchen auch nicht zur Schule zu gehen, und sie haben auch keine schönen Spielsachen zum Spielen. Nein, die Räuberkinder hauen sich gegenseitig, sie schreien so laut wie die Löwen, sie reißen sich die Haare, die Arme und die Beine aus und beißen sich gegenseitig die Nase ab. Und wenn die Räuberkinder kaputt sind, klaut der Räubervater sich neue. 10) Heinrich Hannover: Das Pferd Huppdiwupp und andere Geschichten. Rowohlt Rotfuchs Taschenbuchreihe 19 Textbeispiele mit didaktischen Kommentierungen und Vorschlägen für den Unterricht Didaktischer Kommentar/Vorschläge für den Unterricht Diese Geschichte aus der Sammlung „Das Pferd Huppdiwupp“ ist eigentlich keine Erzählung, sondern eine Schilderung. Durch ihren ironisch-fiktionalen Charakter gehört sie jedoch in den Bereich literarischer Texte. Sie ruft durch die lakonische Aneinanderreihung von Grenzübertretungen und Grobheiten starke emotionale Reaktionen bei den Kindern hervor. Im Unterricht sollte man an diese Betroffenheit anknüpfen, dabei möglichst nah am Text arbeiten und spontane Reaktionen auf die Geschichte immer wieder mit der sprachlichen Vorlage in Beziehung setzen. Die Geschichte wird zunächst ohne den letzten Satz von der Lehrkraft vorgelesen. Danach lesen die Schülerinnen und Schüler an der Tafel den vorher notierten Halbsatz: „Und wenn die Räuberkinder kaputt sind, …“. Sie tauschen Vermutungen aus. Schließlich wird der zweite Halbsatz gezeigt: „… klaut der Räubervater sich neue.“ Wird der verrückte, aber vom Standpunkt der Räuber aus einleuchtende Schluss in dieser Weise isoliert, können die Kinder der Klasse das Absurde und Spielerische des Textes besser wahrnehmen. Nun könnten sich die beiden Aufgaben anschließen: „Was tun die Räuberkinder, was tun sie nicht? Unterstreicht es mit jeweils unterschiedlichen Farben.“ „Wir denken uns Wörter für das Leben in der Räuberfamilie aus (Nomen, Verben, Adjektive) und sortieren sie auf Plakaten.“ Der Text kann auch als Impuls für Kreatives Erzählen oder Schreiben genutzt werden. Mögliche Überschriften wären „Bei Ängstlichs“ (als Kontrast) oder „Stundenplan für Räuberkinder“. Die starke Bildsprache des Textes und die emotionale Reaktion der Kinder kann durch Aufgaben im Bereich des Bildnerischen Gestaltens Ausdruck finden, z. B. in Form von Collagen oder anderen Formen sinnlich-intensiven Umgangs mit Gestaltungsmaterial. 20 Textbeispiele mit didaktischen Kommentierungen und Vorschlägen für den Unterricht Wie Bernd und Frieder miteinander reden (Peter Härtling)11 Bernd: Frieder: Bernd: Frieder: Bernd: Frieder: Bernd: Frieder: Bernd: Frieder: Bernd: Frieder: Bernd: Frieder: Bernd: Frieder: Bernd: Frieder: Bernd: Frieder: Bernd: Frieder: Geh mir mal aus dem Weg! Textbeispiel 3 Warum? Weil du mir im Weg stehst. Aber du kannst doch an mir vorbeigehen. Da ist eine Menge Platz. Das kann ich nicht. Warum? Weil ich geradeaus gehen will. Warum? Weil ich das will. Weil du mein Feind bist. Warum? Weil du mir im Weg stehst. Darum bin ich dein Feind? Ja. Darum. Und wenn ich dir aus dem Weg gehe, bin ich dann auch noch dein Feind? Ja. Weil du dann ein Feigling bist. Was soll ich denn machen? Am besten, wir verkloppen uns. Und wenn wir uns verkloppt haben, bin ich dann auch noch dein Feind? Ich weiß nicht. Kann sein. Dann geh ich lieber aus dem Weg und bin ein Feigling. Ich hab gewusst, dass du ein Feigling bist. Von Anfang an hab ich das gewusst. Wenn du es schon vorher gewusst hast, warum bist du dann nicht an mir vorbeigegangen? 11) Peter Härtling: Der Traumschrank. Luchterhand Verlag 1976. Gefunden in: PIRI 3 – das SprachLese-Buch. Klett Verlag 2004. Seite 20 21 Textbeispiele mit didaktischen Kommentierungen und Vorschlägen für den Unterricht Didaktischer Kommentar/Vorschläge für den Unterricht Die konfliktgeladene Situation des Dialogs und die Rollen der beiden Jungen darin sind den meisten Kindern im Grundschulalter bekannt. Möglicherweise kann ein solcher Text sogar helfen, an einem Beispiel über Probleme zu sprechen, die die Kinder in der Klasse beschäftigen, ohne dass gleich konkrete Namen genannt werden. Einen besonderen Stellenwert hat deshalb bei der Arbeit mit diesem Text ein Kreisgespräch, in dem das Verhalten der beiden Jungen von den Schülerinnen und Schülern bewertet und nach möglichen Lösungen des Konflikts gesucht wird. Damit es erfolgreich verläuft, kann es durch bestimmte Aufgaben der Texterschließung vorbereitet werden. Dabei kann die Abfolge Einzelreflexion – Austausch mit der Partnerin oder dem Partner – Gespräch im Plenum besonders effektiv sein. Im Einzelnen sind folgende Aufgaben denkbar: „Lies die Unterhaltung von Bernd und Frieder still für dich. Unterstreiche das, was jeder Junge sagt, mit einer eigenen Farbe.“ „Wie unterscheiden sich die Sätze der beiden? Achte dabei auf die Satzzeichen.“ „Markiere - den Satz, der am besten ausdrückt, wie Bernd denkt, - den Satz, der am besten ausdrückt, wie Frieder denkt.“ „Welche der folgenden Wörter beschreiben die Jungen gut? Ordne sie nach deiner Einschätzung Frieder oder Bernd zu.“ ängstlich, dumm, frech, gefährlich, gemein, clever, groß, hilflos, lieb, klein, mutig, neugierig, schlau, stark, sympathisch, unverschämt „Such dir eine Partnerin oder einen Partner. Teilt die Rollen auf und lest den Dialog laut. Beim zweiten Lesen wechselt ihr die Rollen. Sprecht miteinander über eure Gefühle beim Lesen.“ Falls im Klassengespräch Lösungsvorschläge zur Auflösung des Konflikts entwickelt werden, besteht die Möglichkeit, diese im Rollenspiel zu erproben. 22 Textbeispiele mit didaktischen Kommentierungen und Vorschlägen für den Unterricht Die ersten Wochen der Kätzchen Textbeispiel 4 Katzenbabys wiegen bei der Geburt 70 – 130 Gramm. Weil das Fell kurz ist, sehen sie nackt aus. Neugeborene Kätzchen können nicht sehen und nicht hören. Aber sie können ihre Mutter riechen. Katzenbabys saugen die Milch der Katzenmutter. Sie haben noch keine Zähne. Laufen können sie auch noch nicht. Nach etwa zehn Tagen öffnen die Kätzchen die Augen. Nach drei Wochen fangen sie an zu laufen. Mit ihren Geschwistern erkunden sie neugierig die Welt um ihr Körbchen herum. Jetzt wachsen auch die Milchzähne. Die kleinen Katzen können nun feste Nahrung fressen. Nach drei bis vier Monaten sind die Kätzchen selbstständig. Dann können sie ohne ihre Mutter und Geschwister in ein neues Zuhause wechseln. Didaktischer Kommentar/Vorschläge für den Unterricht Schülerinnen und Schüler im Grundschulalter lieben Tierkinder, deshalb enthält dieser Sachtext für sie interessante Informationen. Der Text gewinnt seine Struktur durch die Beschreibung der Kätzchen in verschiedenen Phasen ihrer Entwicklung. Aus diesem Grund bietet er sich als Beispieltext an, um das Prinzip der Gliederung und Systematik von Textinhalten kennenzulernen und so mit Mustern vertraut zu werden, die auch beim eigenen Schreiben weiterhelfen können. Folgende Arbeitsaufträge könnten sich anschließen: „Trennt die Abschnitte im Text mit einem Strich voneinander, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten etwas über die Kätzchen aussagen.“ „Unterstreicht mit zwei unterschiedlichen Farben, was zum Aussehen berichtet wird und was die Kätzchen können oder noch nicht können.“ „Tragt die Informationen in die folgende Tabelle ein und ergänzt sie durch eigene Erfahrungen und Beobachtungen.“ 23 Textbeispiele mit didaktischen Kommentierungen und Vorschlägen für den Unterricht Wann? Aussehen Können/Nichtkönnen bei der Geburt nach zehn Tagen nach drei Wochen nach drei Monaten Mögliche schriftliche Fragen zum Text: Wie viel wiegen Katzenbabys bei der Geburt? Woran erkennen neugeborene Katzenbabys ihre Mutter? Warum können neugeborene Kätzchen nicht sehen? Können Katzen mit drei Wochen schon Mäuse fangen? Begründe. Wie alt sollten Katzenkinder sein, bevor man sie von ihrer Mutter trennt? Was bedeutet „feste Nahrung“? Was bedeutet „Die Kätzchen sind selbstständig“? Textbeispiel 5 Statistik aus der Klasse 4b: Wie kommen die Kinder morgens zur Schule? 24 Textbeispiele mit didaktischen Kommentierungen und Vorschlägen für den Unterricht Didaktischer Kommentar/Vorschläge für den Unterricht Die abgebildete Tabelle ermöglicht den Schülerinnen und Schülern, eine große Anzahl von Informationen zu gewinnen und sie im Sinne weiterführender Schlussfolgerungen miteinander zu verknüpfen. Darüber hinaus hat die Form der Textdarbietung über eine mittels eines Computers erstellte Tabelle hohen Aufforderungscharakter, den kompetenten Umgang mit diesem Medium zu thematisieren und zu fördern. Die Nutzung des Computers gewinnt als Teil der Lesekompetenz zunehmend an Bedeutung. Deshalb sollten die Schülerinnen und Schüler auch Gelegenheit bekommen, ähnliche Listen zu anderen Fragestellungen für die eigene Klasse zu erzeugen und mit ihnen zu arbeiten. Um kritische Reflexionen anzuregen, empfiehlt es sich, gleiche Daten unterschiedlich sortiert in mehreren Screenshots nebeneinander zu präsentieren. Das Lesen einer Tabelle lernen die Schülerinnen und Schüler, indem sie Schritt für Schritt vorgehen. Die folgende Anleitung ist selbst in Tabellenform abgefasst. 1. Schritt Ich lese die Überschrift oder den Text unter der Tabelle Worüber sagt mir die Tabelle etwas? Was weiß ich schon zu diesem Thema? 2. Schritt Ich schaue die Spalten an. Ich lese die Überschrift jeder Spalte und fahre mit dem Finger die Spalten von oben nach unten nach. Spalte 1 Spalte 2 Spalte 3 3. Schritt Ich schaue die Zeilen an Sie gehen von links nach rechts. Ich fahre jede Zeile mit dem Finger nach. 4. Schritt Ich fahre in jeder Zeile von Spalte zu Spalte. Was sagt mir die Information in dem jeweiligen Feld? 5. Schritt Ich stelle mir eine Frage zu der Tabelle. In welcher Spalte und in welcher Zeile muss ich dazu nachschauen? ? Beim vierten Schritt bietet sich die Leseverstehensmethode des „Lauten Denkens“ im Unterricht an. Während der Zeigefinger die Zeile von links nach rechts alle Spalten durchwandert, spricht das Kind laut mit, welche Informationen es im Moment aufnimmt. Die Fragen des fünften Schritts können die Schülerinnen und Schüler sich auch gegenseitig stellen und beantworten. 25 Textbeispiele mit didaktischen Kommentierungen und Vorschlägen für den Unterricht Nach der Sammlung aller Informationen aus der Tabelle zum Schulweg werden sich vermutlich weitere Fragen und Diskussionen ergeben, die bereits eine Reflexion und Bewertung der Fakten erfordern, etwa die Frage nach der Bedeutung von Freundschaften auf dem Schulweg, Umweltschutz und Gesundheit, Selbständigkeit oder Zeitökonomie. Man könnte eine solche Tabelle auch mit der geografischen Karte des Schulbezirks kombinieren, um noch weitere Überlegungen, beispielsweise zur Verkehrslage, anzuschließen. Textbeispiel 6 Ich weiß einen Stern Ich weiß einen Stern gar wundersam, darauf man lachen und weinen kann. Ich weiß einen Stern, drauf Blumen blühn, drauf herrliche Schiffe durch Meere ziehn. Mit Städten, voll von tausend Dingen. Mit Wäldern, darin die Vögel singen. Er trägt uns, er nährt uns, wir haben ihn gern: Erde, so heißt unser lieber Stern. (von Josef Guggenmoos)14 Die Erde Wie alle Planeten kreist auch die Erde um die Sonne. Gleichzeitig dreht sie sich auch noch um ihre eigene Achse. Die Erde wird auch der blaue Planet genannt, denn fast zwei Drittel ihrer gesamten Oberfläche sind mit Wasser bedeckt. Um die Erde erstreckt sich eine gasförmige Hülle, die Atmosphäre, ein Gemisch aus Stickstoff und Sauerstoff. Die Erde ist der einzige uns bekannte Himmelskörper, auf dem es Leben gibt. Zurzeit beträgt die Weltbevölkerung über sechs Milliarden Menschen, Tendenz steigend. 14) Josef Guggenmoos: Immerwährender Kinderkalender. Gedichte und Geschichten für Kinder. Österreichischer Bundesverlag 1958. 26 Textbeispiele mit didaktischen Kommentierungen und Vorschlägen für den Unterricht Didaktischer Kommentar/Vorschläge für den Unterricht: Die beiden Texte beziehen sich auf den gleichen Gegenstand, behandeln ihn aber auf unterschiedliche Weise. Der Sachtext liefert Informationen und Fakten. Im Gedicht geht es um Gefühle: die Freude über die Schönheit der Natur, das soziale Zusammenleben, das Gefühl, am richtigen Ort aufgehoben zu sein. Durch das scheinbar gleiche Thema tritt die Unterschiedlichkeit der Textsorten und ihrer Funktionen umso deutlicher zutage. „Wo begegnet man solchen Texten?“ „Bei welcher Gelegenheit sind die beiden Texte wohl entstanden?“ „Schreibt zu jedem Text ein Cluster. Die Grundworte sind „Stern“ und „Planet“. Tragt zuerst ein, was ihr im Text findet und ergänzt, was euch noch einfällt.“ „Im Gedicht heißt es „ich“ und „wir“. Warum kommen diese Wörter nicht im zweiten Text vor?“ „Lest die beiden Texte laut. Welche Kostüme oder Darstellungsformen würden bei einer Aufführung dazu passen?“ Es folgen zwei Beispiele für Ganzschriften. Das Bilderbuch „Ich bin der Stärkste im ganzen Land“ ist für das erste oder zweite Schuljahr geeignet, „Sams Wal“ für das dritte oder vierte Schuljahr. Textbeispiel 7 „Ich bin der Stärkste im ganzen Land“ von Mario Ramos, Moritz Verlag Ein junger Wolf spaziert selbstbewusst durch den Wald, überzeugt davon, dass er der Stärkste rundherum sei. Das lässt er sich von allen, die ihm begegnen, bestätigen. Ängstlich beflissen kommen auch alle seiner Aufforderung nach. Nur der kleine „Kröterich“, den er zum Schluss trifft, bleibt unerschrocken, weil er im Hintergrund seine riesengroße Mama weiß, vor der selbst der freche Wolf den Schwanz einzieht und schnell das Weite sucht. Ein witziges Buch über Mut, Macht und Angepasstheit. Didaktischer Kommentar/Vorschläge für den Unterricht Das Problem des persönlichen Standhaltens angesichts dreister Machtansprüche von Einzelnen innerhalb der Peer-Group hat für Kinder eine hohe Bedeutung. Hier wird das Thema durch die komische Darstellung entlastet: sprachliche Übertreibungen und ein witziges Aufgebot von Märchenfiguren, die den Schülerinnen und Schülern sicher bekannt sind. Schon die Leseanfängerinnen und Leseanfänger erfahren dabei, dass Texte sich durchaus auf andere Texte beziehen können und Lesekompetenz auch darin besteht, sich innerhalb dieser kulturellen Zusammenhänge auszukennen und zu bewegen. Jedes Kind soll die Gelegenheit haben, das Buch in seiner Originalgestalt kennenzulernen. Um den ganz unterschiedlich weit entwickelten Lesefähigkeiten der Kinder gerecht zu werden, sollte die Geschichte deshalb zunächst in ganzer Länge von der Lehrkraft vorgelesen werden und erst anschließend in differenzierten Lesetexten von den Schülerinnen und Schülern der Klasse je nach Lese- 27 Textbeispiele mit didaktischen Kommentierungen und Vorschlägen für den Unterricht fähigkeit selbst nachgelesen werden. Die schwierigste Version wäre der Originaltext des Buchs mit 513 Wörtern, die beiden folgenden Versionen (Text 1 und Text 2) sind Beispiele für Textvereinfachungen, die die Lehrkraft vorgenommen hat. Bei den gekürzten Versionen ist darauf geachtet worden, häufige Wortwiederholungen und eine stete Wiederkehr desselben Satzmusters zu verwenden. Diese Kriterien spielen neben der Textlänge insgesamt für Leseanfängerinnen und Leseanfänger eine wichtige Rolle bei der Bewältigung eines Textes. Text 1 Der Wolf lief durch den Wald. „Ich bin der Stärkste“, rief er laut. Er traf einen kleinen Hasen. „Wer ist der Stärkste im ganzen Land?“ Der Hase sagte schnell: „Das sind Sie, Herr Wolf!“ „Na klar!“ Da lief der Wolf weiter durch den Wald. Er traf Rotkäppchen. „Sag mal, du Kleine, wer ist der Stärkste im ganzen Land?“ „Das sind Sie, Herr Wolf.“ „Natürlich!“ Der Wolf lief weiter durch den Wald. Da traf er die drei kleinen Schweinchen. „Sagt mal, ihr kleinen Würstchen, wer ist der Stärkste im ganzen Land?“ „Das sind natürlich Sie, Herr Wolf.“ „Natürlich ich, wer sonst!“ Der Wolf lief weiter durch den Wald. Da traf er die sieben Zwerge. „Sagt mal, ihr kleinen Bergarbeiter, wer ist denn der Stärkste im ganzen Land?“ „Das sind Sie, Herr Wolf, auf jeden Fall.“ „Auf jeden Fall bin ich das!“ Der Wolf lief weiter durch den Wald. Da traf er einen komischen kleinen Kröterich. „Hallo, du Quabbelwabbel, wer ist der Stärkste im ganzen Land?“ „Das ist meine Mama.“ „Wie bitte? Du misslungene Artischocke! Du willst wohl Ärger? Noch mal: Wer ist der Stärkste im ganzen Land?“ „Aber das habe ich doch schon gesagt. Das ist meine Mama. Und wer bist du?“ „Ich, ich, ich... Ich bin der liebe kleine Wolf.“ Und der Wolf drehte sich um und lief so schnell weg, wie er konnte. Text 2 Der Wolf will immer der Stärkste sein. Alle sagen, dass der Wolf der Stärkste ist. Der Hase sagt, dass der Wolf der Stärkste ist. Rotkäppchen sagt, dass der Wolf der Stärkste ist. Die drei Schweinchen sagen, dass der Wolf der Stärkste ist. Die sieben Zwerge sagen, dass der Wolf der Stärkste ist. Nur der kleine Kröterich sagt: „Das ist meine Mama!“ Da hat sogar der Wolf Angst. 28 Textbeispiele mit didaktischen Kommentierungen und Vorschlägen für den Unterricht Bei diesem Buch bietet sich eine szenische Darstellung oder eine dialogische Bearbeitung des Textes für das gemeinsame laute Lesen besonders an. Das kann mit Aufgaben aus dem Kompetenzbereich „Sprache untersuchen“15 verbunden werden. So kann ausgehend vom Text geklärt und ausprobiert werden, wie bei unterschiedlichen Gefühlslagen und Redeabsichten sprachlich agiert wird. „Sams Wal“ von Katherine Scholes, Ravensburger Buchverlag Eines Morgens findet der Junge Sam einen hilflosen Zwergpottwal angespült am Strand liegen. Er schafft es schließlich, gegen viele Widerstände und Schwierigkeiten dem Wal eine Rückkehr ins offene Meer zu ermöglichen. Ein spannendes Buch, sensibel erzählt und anregend zur weiteren Beschäftigung mit dem Thema Wale. Didaktischer Kommentar /Vorschläge für den Unterricht Es gibt mehrere Gründe, dieses Buch für eine gemeinsame Lektüre im dritten oder vierten Schuljahr zu empfehlen. Eine Reihe von Merkmalen, die junge Leserinnen und Leser nach eigenen Angaben besonders schätzen, lassen sich in diesem Buch wiederfinden: das Thema Tiere und Tierschutz, Spannung und Abenteuer, interessante Illustrationen und geringer Textumfang Ein Junge im Grundschulalter als Hauptfigur, der sein Mitgefühl mit dem hilflosen Wal klug und beherzt in Handeln umsetzt, und die Einbettung der Erzählhandlung in einen interessanten Sachkontext (bedrohte Tierarten) sprechen vermutlich auch Jungen als Leser an. Die Bearbeitung im Unterricht sollte zwischen individuellen Lesephasen der Kinder und gemeinsamen Aufgaben für alle abwechseln und könnte dabei folgende Gesichtspunkte aufgreifen: Eine Thematisierung der Gefühle und Gedanken der Hauptperson Sam in gemeinsamen Gesprächen der Lerngruppe kann durch die Präsentation der Zeichnungen von Quint Buchholz intensiviert werden. Diese Illustrationen haben eine große Detailgenauigkeit und regen durch ihre durchgängige Perspektive auf Horizont und Weite des Himmels zu grundsätzlichen, auch moralischen Überlegungen an. Die Lektüre kann durch ein Lesetagebuch dokumentiert werden, das sowohl aus einheitlichen Formularen besteht als auch Platz für individuell gestaltete Seiten lässt. Ein fächerübergreifendes Projekt zum Thema Meer oder Schutz der Wale bietet sich an, in dem die Schülerinnen und Schüler inhaltliche Elemente der Erzählung in ihrem Sachkontext intensiv reflektieren (z. B. das Phänomen der Gezeiten oder die Praxis, Wale aus kommerziellen Interessen zu töten). Dabei können die Schülerinnen und Schüler sich in arbeitsteiligen Gruppen gezielt weiter informieren und zum Abschluss eigene Präsentationen vorstellen. 15) Kultusministerkonferenz: Bildungsstandards im Fach Deutsch für den Primarbereich (Jahrgangsstufe 4). Beschluss vom 15.10.2004, „Sprache und Sprachgebrauch untersuchen“, dort die Teilkompetenz „sprachliche Verständigung untersuchen“ 29 7. 30 Literaturverzeichnis Literaturverzeichnis Literaturverzeichnis Quellen der verwendeten Texte Britting, Georg: Goldene Welt. In: Georg Britting: Gedichte 1940 bis 1964. © 1996 List Verlag in der Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin Guggenmoos, Josef: Ich weiß einen Stern. In: J. G.: Immerwährender Kinderkalender. Gedichte und Geschichten für Kinder. Österreichischer Bundesverlag 1958. Gefunden in: James Krüss (Hrsg.): So viele Tage wie das Jahr hat – Gedichte für Kinder und Kenner. Sigbert Mohn Verlag 1959. S. 277 Hacke, Axel & Sowa, Michael: Der weiße Neger Wumbaba: Kleines Handbuch des Verhörens. Kunstmann Verlag 2005 Hannover, Heinrich: Das Pferd Huppdiwupp und andere Geschichten. Rowohlt Taschenbuchverlag 1972. S. 46-49 Härtling, Peter: Wie Bernd und Frieder miteinander reden. In: Thomas Scheuffelen u.a.: Der Traumschrank. Luchterhand Verlag 1976. Gefunden in: PIRI 3 – das Sprach-Lese-Buch. Klett Verlag 2004. S. 20 Menzel, Wolfgang (Hrsg.): Die ersten Wochen der Kätzchen. In: Pusteblume. Das Lesebuch 2. Schroedel Verlag, Braunschweig 2004. S. 52 Ramos, Mario: Ich bin der Stärkste im ganzen Land. Moritz Verlag 2003 Scholes, Katherine: Sams Wal. Ravensburger Taschenbuch Verlag 2008 Wedel-Wolf, Annegret: Tabellen, Grafiken und Diagramme lesen und verstehen. Praxis Grundschule 3/2005, S. 30-32 Didaktische Literatur Altenburg, Erika: Wege zum selbstständigen Lesen – 10 Methoden der Texterschließung. Cornelsen-Scriptor 1991 Bertschi-Kaufmann, Andrea: Lesekompetenz, Leseleistung, Leseförderung: Grundlagen, Modelle und Materialien. Kallmeyer 2007 Hollstein, Gudrun & Sonnenmoser, Marion: 100 Bilderbücher für die Grundschule – Eine Auswahl empfehlenswerter Bilderbücher mit Unterrichtsvorschlägen. Schneider Hohengehren 2007 Kultusministerkonferenz (Hrsg.): Bildungsstandards im Fach Deutsch für den Primarbereich (Jahrgangsstufe 4). Beschluss vom 15.10.2004 Osberghaus, Monika: Was soll ich denn lesen – 50 beste Kinderbücher. dtv-Taschenbuch 2003 Osberghaus, Monika: Schau mal! 50 beste Bilderbücher. dtv-Taschenbuch 2006 Reddig-Korn, Birgitta u.a.: Ravensburger Materialien zur Unterrichtspraxis: Materialien zu Katherine Scholes: Sams Wal. Ravensburger Buchverlag 2004. Auch abrufbar unter www.ravensburger.de/lehrerportal Richter, Karin & Plath, Monika: Lesemotivation in der Grundschule: Empirische Befunde und Modelle für den Unterricht. Juventa 2007 Rosebrock, Cornelia & Nix, Daniel: Grundlagen der Lesedidaktik und der systematischen schulischen Förderung. Schneider Hohengehren 2.Auflage 2008 Sennlaub, Gerhard: Texterleichterungen – Unterwegs zum Polarstern. In: Die Grundschulzeitschrift (Sonderheft 2003). S. 86-88 Spinner, Kaspar H.: Lesekompetenz erwerben, Literatur erfahren: Grundlagen, Unterrichtsmodelle für die 1.-4. Klasse. Cornelsen-Scriptor 2006 von Wedel-Wolff, Annegret: Tabellen, Grafiken und Diagramme lesen und verstehen. In: Praxis Grundschule 3/2005. S. 30-32 Wember, Franz: Besser lesen mit System. Luchterhand 2002 31 8. 32 Anhang mit Kopiervorlagen Anhang mit Kopiervorlagen Anhang mit Kopiervorlagen Die folgende Checkliste16 bietet eine einfache Möglichkeit, sich schnell Klarheit zu verschaffen, ob ein möglicher Unterrichtstext eher als einfach oder schwierig einzuschätzen ist. Hauptmerkmale einfach zu lesender Texte Inhalt: interessantes Thema für die Zielgruppe logischer, linearer Aufbau der Sinnschritte geringes erwartbares Vorwissen bei den Schülerinnen und Schülern Illustrationen als Verstehenshilfe Sprachliche Form: mehr kurze als lange Wörter, mehr kurze als lange Sätze einfache Strukturen bei Nebensätzen vertrauter Wortschatz sprachliche Wiederholungen im Text Druckbild: große, einfache Schrift Flattersatz auf Sinnschritte bezogen übersichtliche Gliederung in Absätze großer Zeilenabstand Illustrationen zur Entlastung der Textmenge pro Seite Die nachfolgenden Raster dienen dazu, Texte sehr genau einzuschätzen, um eine Auswahl für den Unterricht zu treffen. Diese umfangreiche Analyse ist nicht bei jedem Text notwendig. Jedoch in besonderen Fällen, etwa vor der Entscheidung für eine Ganzschrift, die als Textgrundlage für ein längeres Leseprojekt dient, kann die folgende Systematik hilfreich sein. Die einzelnen Indikatoren sind jeweils gegensätzlich ausgeprägt beschrieben. Findet sich die Mehrzahl der Kreuze auf der rechten Seite, ist der Text eher schwierig oder anspruchsvoll. Damit ist nichts über die Qualität des Textes an sich ausgesagt, sondern nur ein Hinweis auf mögliche Probleme bei der Behandlung im Unterricht gegeben. Bei der Entscheidung für oder gegen einen bestimmten Text im Unterricht muss die Lehrkraft abwägen, welche Aspekte ihr im konkreten Fall didaktisch vorrangig sind. 16) In sehr ähnlicher Form ist sie auch im Leseinfo 7 auf Seite 22 zu finden. 33 Anhang mit Kopiervorlagen inhaltliche Merkmale bei Sachtexten motivierendes Thema, alltagsrelevant eher fremde Thematik keine Benachteiligung von Subgruppen Benachteiligung von Subgruppen Einführung in das Thema des Textes ohne Einführung in das Thema des Textes Fragestellung und/oder Problemlösung explizit im Text Fragestellung und/oder Problemlösung müssen erschlossen werden anschauliche, konkrete Darstellung sachlich korrekt abstrakte, komplizierte Darstellung sachlich unklar oder zweifelhaft erforderliches Vorwissen gering erforderliches Vorwissen hoch unbekannte Wörter aus dem Kontext erschließbar unbekannte Wörter aus dem Kontext nicht erschließbar, andere Wissensquellen notwendig reihende Darstellung von Informationen Verschachtelte Darstellung von Informationen inhaltliche Merkmale bei fiktionalen Texten 34 ? ? motivierendes Thema eher unbekannte Thematik Identifikationsmöglichkeit hoch Identifikationsmöglichkeit gering keine Benachteiligung von Subgruppen Benachteiligung von Subgruppen Einleitung in die Handlung ohne Einleitung in die Handlung der Reihe nach erzählt sprunghaft erzählt/ Rückblenden keine Rahmenhandlung Rahmenhandlung ein einziger Schauplatz mehrere Schauplätze wenige Protagonisten viele Protagonisten gleichbleibende Erzählperspektive wechselnde Erzählperspektive psychologische Dimension flach Empathie für Textverstehen notwendig spannende Geschichte undramatische, beschauliche Art des Erzählens anschaulich, konkret eher abstrakt, kompliziert kaum Symbole, Metaphern viele Symbole, Metaphern erforderliches Vorwissen gering erforderliches Vorwissen hoch unbekannte Wörter aus dem Kontext erschließbar unbekannte Wörter nicht erschließbar, andere Wissensquellen notwendig Voraussehbarkeit hoch, genretypische Klischees Voraussehbarkeit gering, überraschender Verlauf Problemlösung im Text enthalten, produktive Irritation Interpretationsanlass gering Interpretationsanlass hoch Sinneserschließung gleichmäßig verteilt globaler Textsinn als Pointe am Schluss Anhang mit Kopiervorlagen sprachliche Anforderungen ? einfache Wörter ungewohnte, schwierige Wörter Alltagssprache literarische Sprache Erzählzeit Präsens Erzählzeit Präteritum nur Indikativ auch Konjunktiv und Zukunft Dialoge in direkter Rede indirekte Rede erschließbar einfache Hauptsätze verschachtelte Haupt- und Nebensätze grafische Gestaltung ? kontinuierlicher Fließtext diskontinuierlicher Text (Grafik, Tabelle) viele Illustrationen wenige Illustrationen Bilder vermitteln dasselbe wie Text Bilder geben zusätzliche Informationen starke Gliederung/viele Abschnitte geringe Gliederung/wenige Abschnitte 35 Anhang mit Kopiervorlagen Dieses Formular ist als Angebot für den Aufbau einer Textsammlung und zur Archivierung von geeigneten Texten für den Unterricht gedacht. Viele Lehrkräfte haben gute Erfahrungen mit Texten im Unterricht gemacht, die nicht im aktuell verwendeten Lehrwerk enthalten sind. Dieses Wissen sollte für alle nutzbar gemacht werden. Titel: Autor/Autorin: Quelle: inhaltliche Merkmale (Thema und Textaufbau): sprachliche Anforderungen: besondere Qualitäten unter didaktischem Aspekt: Ideen für den Unterricht/Differenzierung: 36 Hessisches Kultusministerium Luisenplatz 10 65185 Wiesbaden