Kateřina Kaločová Die Entwicklung der Fertigkeit Lesen im
Transcription
Kateřina Kaločová Die Entwicklung der Fertigkeit Lesen im
Univerzita Karlova, Filozofická fakulta, Ústav Germánských Studií, Germanistika Kateřina Kaločová Die Entwicklung der Fertigkeit Lesen im Unterricht Deutsch als Fremdsprache an Gymnasien Rozvíjení čtecí kompetence ve vyučování němčiny jako cizího jazyka na gymnáziích Developing of reading skills in teaching German as a foreign language in SecondaryGrammar Schools (diplomová práce) Vedoucí diplomové práce: PD. Dr. Mag. Paul Rössler Konzultant: PhDr. Eva Berglová Prohlašují, že jsem předloženou diplomovou práci vypracovala samostatně a za použití všech uvedených materiálů a pramenů. Kateřina Kaločová Autorka chce své vyjádřit poděkování těmto osobám: Paní doktorce Evě Berglové za veškeré její konzultace, za zapůjčení literárních pramenů a za komplexní odborné vedení spojené se vznikem této diplomové práce. Paní magistře Veronice Hutarové a nakladatelství Hueber za zapůjčení učebnic Blick 1 a Blick 2 a všech doplňkových materiálů. Paní magistře Karolíně Myškové a nakladatelství Klett za zapůjčení učebnic Deutsch mit Grips 1 a Deutsch mit Grips 2 a všech doplňkových materiálů. Verzeichnis: 1 Darstellung des Ziels der Diplomarbeit, Hypothesenaufstellung, Forschungsstand 7 1.1 Darstellung des Ziels der Diplomarbeit 7 1.2 Hypothesenaufstellung 8 1.3 Forschungsstand 9 2 Psychologische Grundlagen des Textverstehens unter dem Aspekt des Adressatenbezugs 2.1 Einige Aspekte des Fremdsprachenerwerbs 11 2.1.1 Biologische Voraussetzungen 11 2.1.2 Kognitive Voraussetzungen 2.1.3 11 12 2.1.2.1 Metasprachliche Fähigkeiten 12 2.1.2.2 Metakognitive Fähigkeiten 13 Verarbeitungsprozesse 13 2.1.3.1 Bewusstheit bei der Verarbeitung 14 2.1.4 Sprachlernstrategien 14 2.1.5 Sozialpsychologische Faktoren des Fremdsprachenerwerbs 15 2.2 Transfer und Interferenz 17 2.3 Umfeldsensibilität (Feldunabhängigkeit) und semantische Ambiguitätstoleranz 18 2.4 Psychologische Grundlagen des Textverstehens 3.1 Der fremdsprachige Leser 3.1.1 Kommunikative Sprachkompetenzen 19 22 22 3.1.1.1 Linguistische Kompetenzen 22 3.1.1.2 Soziologische Kompetenzen 26 3.1.1.3 Die pragmatische Kompetenz 27 3.1.2 Leseverstehenskompetenzen auf dem Niveau B2, B1 28 3.1.3 Zentralabitur und die spezifischen Ziele beim Leseverstehen 30 3.2 Die Lehr- und Lernziele 33 3.2.1 Pragmatische Lernziele 33 3.2.2 Kognitive Lernziele 35 3.2.3 Emotionale Lernziele 36 4 Begriffsdefinition: Rezeptive Fertigkeiten 37 4.1 Allgemeines 37 4.2 Hörverstehen 37 4.3 4.2.1 Hörerstrategien 39 Leseverstehen 39 4.3.1 Lesestile 41 5 Wissensgesteuerte Leser-Text-Interaktion (Leserstrategien, Antizipationsübungen) 43 6 Textgesteuerte Prozesse beim Leseverstehen 49 6.1 Steuerung des Lesens durch den Lehrer 7.1 Testen und Prüfen der Lesefertigkeit 52 54 7.1.1 Testen und Prüfen als Begriffe 54 7.1.2 Überprüfungsziele 55 7.1.3 Testaufgabentypologie 57 7.1.4 Gestaltung des Leseverstehens in den GI-Prüfungen Zertifikat Deutsch und 62 Goethe-Zertifikat B2 7.1.4.1 Das Zertifikat Deutsch (ZD) 7.1.4.1.1 Das Leseverstehen im ZD 7.1.4.2 Goethe-Zertifikat B2 (GZ) 7.1.4.2.1 Das Leseverstehen im GZ 7.2 Zentralabitur 62 63 64 64 66 7.2.1 Generelles 66 7.2.2 Die Konzeption 67 8 Geeignete Textsorten zum Leseverstehen 71 8.1 Generelles 71 8.2 Geeignete Textsorten bei nicht-literarischen Texten 72 8.3 Zur Rolle von literarischen Texten im Fremdsprachenunterricht 77 9 Lehrbuchanalyse 80 9.1 Blick – Band 1 (Lehrbuch, 1995) 80 9.2 Blick – Band 2 (Lehrbuch, 1997) 83 9.3 Zusammenfassung – Blick 1, 2 85 9.4 Deutsch mit Grips – Band 1 (Kursbuch, 2001) 88 9.5 Deutsch mit Grips – Band 2 (Kursbuch, 2002) 91 9.6 Zusammenfassung – Deutsch mit Grips 1, 2 93 9.7 Deutsch eins zwei 95 9.7.1 Deutsch eins zwei – Band 1 (Lehrbuch, 2002) 97 9.7.2 Deutsch eins zwei – Band 2 (Lehrbuch, 2002) 98 Zusammenfassung – Deutsch eins zwei 100 9.8 9.9 Tabellarische Darstellung der Analyse 10 Eigene Vorschläge zur Verbesserung des Ist-Standes 102 105 10.1 Authentische Texte 105 10.2 Literatur 106 10.3 Lesestrategien 106 10.4 Textarbeit 107 11 Zusammenfassung 109 12 Tschechisches Resümee 117 13 Englische Anotation 124 Literaturverzeichnis 126 1 Zur Darstellung des Ziels der Diplomarbeit, Hypothesenaufstellung, Forschungsstand 1.1 Zur Darstellung des Ziels der Diplomarbeit In der vorliegenden Diplomarbeit wird die Problematik des Leseverstehens im Hinblick auf die didaktische Auffassung dieser Fertigkeit im tschechischen Unterrichtsumfeld behandelt. Es ist ein Ziel dieser Arbeit anhand sowohl der grundlegenden Dokumente des Europäischen Rates (Gemeinsamer Europäischer Referenzrahmen für Sprachen: Lernen, lehren, beurteilen), als auch des tschechischen Schulwesens (Zentralabitur, Reformkonzept des Schulwesens), eine ausreichende Darstellung der Rolle dieser Fertigkeit im Fremdsprachenunterricht allgemein zu bieten. Dieses wird durch eine präzise Themenbereichswahl erzielt, indem die wesentlichsten Faktoren und Aspekte des Fremdsprachenerwerbs allgemein und in Bezug auf das Leseverstehen ermittelt werden. In dieser Arbeit soll gezeigt werden, dass in jedem Teilbereich des Fremdsprachenunterrichts zugleich didaktisch-pädagogische sowie (inter-)kulturelle, geschichtliche und teilweise politische Werte vermittelt werden können und sollen. Gleichzeitig ist die Komplexität des Vorgangs - Lesen in der Fremdsprache - auszulegen, indem die psychologischen, linguistischen und didaktischen Aspekte dieser Tätigkeit dargestellt werden. In weiteren Kapiteln werden die fach- und fertigkeitsspezifischen Themen wie Testen und Prüfen der Leseverstehensfertigkeit und ihrer Aneignung anhand geeigneter Textsorten im schulischen Bereich (Gymnasien) behandelt. Vordergründiges Anliegen dieser Diplomarbeit ist es, mit Hilfe einer Lehrbücheranalyse, bzw. der Analyse ihrer Leseverstehenstexte, den Stand und Qualität der Unterlagen für das Beibringen dieser Kompetenz zu untersuchen und zugleich ihre Geeignetheit kritisch zu beurteilen. Es ist nicht das Ziel dieser Arbeit, eine maßlose Kritik der vorhandenen Lehrwerke und ihrer Autoren auszuüben, obwohl diese als eine Ausgangsposition für mögliche Vorschläge für Verbesserung des heutigen Ist-Standes dienen wird. 1.2 Hypothesenaufstellung Im Folgenden sollen einige Hypothesen über die möglichen Ergebnisse der Untersuchung im Ausgang dieser Arbeit geäußert werden. Obwohl das Deutsche mit ihrer jetzigen Popularität eindeutig die zweite oder sogar die dritte Stelle im Fremdsprachenwettkampf besetzt, ist der Markt der Unterrichtsmaterialen im tschechischen Raum nicht klein. Die Verlage wie Hueber, Klett oder Fraus versorgen die Öffentlichkeit mit vielen Werken, die oftmals auch für die Zwecken der Schulen und des Studiums profiliert worden sind. Die allgemeinen Lehrbücher für die Mittelschulen und Gymnasien (Niveau B1, B2) nehmen am Markt einen relativ großen Anteil ein. Es gibt darunter Werke tschechischer Autoren – Deutschlehrer, die die Lehrbücher oftmals aus der Perspektive eines tschechischen Lehrers und Lerners vorbereiten, d.h. sie verwenden teilweise das Tschechische als Metasprache (Aufgabenstellung usw.) und passen die Themenauswahl nach der Themengestaltung der Abitur an. Somit bleiben sie in ihrer Anwendungsmöglichkeit in anderen Ländern auf Null. Somit ist ihre Anwendungsmöglichkeit in anderen Ländern gleich Null. Es ist anzunehmen, dass in diesen Lehrwerken mehrmals adaptierte, gekürzte oder auch von Nichtmuttersprachlern geschriebene Texte vorkommen können. Die Texte sind dann je nach ihrer sprachlichen Qualität, Angemessenheit dem Sprachstand der Lernenden und ihrem kommunikativen Wert zu beurteilen. Es ist anzunehmen, dass sich in den Lehrwerken nichtmuttersprachlicher Autoren gewisse Einwände gegen die Textauswahl und ihrer sprachlicher Gestaltung als berechtigt erweisen können. In Lehrwerkern deutscher Autoren ist die Breite ihrer Verwendung im Ausland natürlich größer und damit bietet sich eine Chance das Deutsche, die Deutschen und ihre Kultur und Geschichte von einem bestimmten Gesichtwinkel darzustellen. Die Texte können daher oft in ihren Themen sehr „deutsch“ und mit Deutschland verbunden sein und die Autoren können damit die Gefahr laufen, dass es wegen mangelhafter Interkulturalität in den Texten fruchtlos bleibt. Andererseits kann angenommen werden, dass ein Lehrer dies als einen Ausgangspunkt für den Kulturvergleich verwenden könnte. Aus der selbst erlebten Erfahrung mit Deutschunterricht nach mehreren Lehrbüchern nehme ich an, dass die Analyse eine nicht hinreichende Anzahl und Qualität der Texte ergeben wird. Es ist zu befürchten, dass die Schüler oft mit uninteressanten Texten konfrontiert werden, zu denen sie meistens nur ein paar Fragen (geschlossene, halboffene Aufgaben) beantworten müssen. Ähnlich kann erwartet werden, dass die Texte und vor allem die Aufgabenstellung die Aneignung unterschiedlicher Lesestile nicht fördert. Damit bleibt eine der wichtigsten Leseteilfertigkeiten unberücksichtigt. Zu der Verwendung der literarischen (adaptierter, gekürzter) Texte kommt es im tschechischen Fremdsprachenunterricht wahrscheinlich nur zufällig. Es ist anzunehmen, dass die Lehrwerke diese Texte gar nicht beinhalten oder dass sie lediglich auf die Verwendung der geeigneten Lesebücher verweisen. 1.3 Forschungsstand Die wissenschaftliche Forschung über das Lesen und Leseverstehenskompetenz gewann in den letzten mehr als zwei Jahrzehnten deutlich an Bedeutung. Dieses ist vor allem mit dem Übergang zu der kommunikativen Auffassung der Fremdsprachendidaktik (von der Grammatik-Übersetzenden oder der audio-lingualen Methode) verbunden. Die kommunikativen Ansätze in der Didaktik beanspruchten eine allseitige Untersuchung sowohl der linguistischen als auch psychologischer und didaktisch-pädagogischer Merkmale dieser Art des Fremdsprachenlernens. Heute befinden wir uns bereits in der Ära, die auf die grundlegenden Werke zu dieser Thematik baut und die immer wieder für eine neue Erweiterung des Interesses für das Lesen und das fremdsprachige Lesen sorgen. Bereits 1987 konstatiert Heinz Wilms in dem Vorwort zu Westhoffs „Didaktik des Leseverstehens. Strategien des voraussagenden Lesens mit Übungsprogrammen“, dass die Lesedidaktik „in“ sei, was er mit der Aufzählung der zahlreichen Beiträge von Seite des Goethe-Instituts (Reihenpublikation „Literarische Texte im Unterricht“), Wissenschaftszeitschriften (Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik) und Einzelpersonen (Bernd Kast mit „Jugendliteratur im kommunikativen Deutschunterricht“) beweist. Heutzutage stützen wir uns auf die Werke aus den 80er Jahren – dazu gehören die wesentlichen Beiträge von Gerard Westhoff und Christoph Edelhoff oder Hans-Eberhard Piepho, die sowohl eine theoretisch-didaktische als auch die praktische Basis der neueren didaktischen Leseforschung gelegt haben. Daran anknüpfend erscheinen die Werke spezifischer Art, wie Swantje Ehlers „Literarische Texte lesen lernen“ oder Rosemarie Buhlmanns und Ingeborg Laveaus „Arbeit mit Sachtexten“, die die weiteren Aspekte der Lesedidaktik erforschen. Dazu soll auch die praktisch angelegte Publikation von Ulrich Häussermann und Hans-Eberhard Piepho „Aufgabenhandbuch. Deutsch als Fremdsprache. Abriß einer Aufgaben- und Übungstypologie“ gezählt werden. In der neuesten Zeit gehören zu den bedeutsamsten Leistungen auf dem Feld der Fremdsprachen- und Leseverstehensdidaktik die „neuen“ Didaktiken von Gerhard Storch, von Hans-Werner Huneke und Wolfgang Steinig oder - aus dem tschechischen Raum - die Didaktik von Radomír Choděra und Lumír Ries. Diese Publikationen fassen die Forschungsergebnisse innerhalb des Bereichs Deutsch als Fremdsprache zusammen und tragen zu ihrer Weiterentwicklung bei. Das Interesse an dem Thema Leseverstehen belegen auch die zahlreichen Aktivitäten der Lehrer und Didaktiker in diesem Bereich wie es die „Stiftung Lesen“ mit ihrer Lesekompetenz stärkenden Projekten oder der per Internet zugängliche „Studienseminar Koblenz“ zum Leseverstehen im Unterricht oder „Bildungspartner NRW Bibliothek und Schule“ darstellen. 2 Psychologische Grundlagen des Textverstehens unter dem Aspekt des Adressatenbezugs Im Mittelpunkt dieses Kapitels stehen die psychologischen Voraussetzungen, die für das erfolgreiche Verstehen eines Textes grundsätzlich sind. Diesbezüglich werden auch einige generelle Aspekte des Fremdsprachenerwerbs und die wichtigsten terminologischen Begriffe, die mit Lesen und Leseverstehen verbunden sind, behandelt. 2.1 Einige Aspekte des Fremdsprachenerwerbs Im folgenden Abschnitt werden bestimmte Voraussetzungen für den Fremdsprachenerwerb und dessen Eigentümlichkeiten erläutert, besonders im Kontrast zum Erstsprachenerwerb. Es ist keineswegs das Ziel dieser Arbeit, alle diesen Themen im Detail zu behandeln. 2.1.1 Biologische Voraussetzungen Ein wichtiges Spezifikum des Fremdsprachenerwerbs ist vor allem seine Integration in das bestehende linguistische System der Erstsprache eines Individuums. Apeltauer konstatiert in Grundlagen des Erst- und Fremdsprachenerwerbs. Eine Einführung (1997:68ff), dass, wenn eine Zweitsprache nach dem dritten bzw. vierten Lebensjahr erworben wird, die Möglichkeit der Entstehung von (neuen) neuronalen Vernetzungen im Gehirn sinkt. Die Kenntnisse müssen in die bereits entstandenen (erst-)sprachlichen Strukturen integriert werden. Damit verbunden ist die unterschiedliche Aktivität des Gehirns bzw. der Hemisphären: Am Anfang des nachzeitigen (nach dem dritten, vierten Lebensjahr) Spracherwerbs wird die Aktivität der rechten Hemisphäre (sprachlich verantwortlich für Intonation, Akzentuierung, Prosodie, Pragmatik und kontextuelle Wahrnehmung) bedeutender. Apeltauer vermutet, dass dies mit den oft „gestalthaften“ Mitteln des Erwerbs (nonverbal, prosodisch) in dieser Anfangszeit verbunden ist. Die linke Hemisphäre (im Bereich der Sprache verantwortlich für die Grammatik, Lexik, Muster Wahrnehmung, wörtliche Wahrnehmung) scheint in späteren Phasen des Erwerbs erneut von größerer Bedeutung zu sein. In der Frage der hemisphärischen Dominanz spielen auch weitere Faktoren eine Rolle. So sagt Apeltauer: „Unterschiede bei der Verarbeitung scheinen durch Bedingungen der jeweiligen Erwerbs- bzw. Lernsituation zu entstehen. Informelle Situationen begünstigen z.B. eine rechtshemisphärische Verarbeitung. Auch Lerner mit einem geringen Bildungsstand verarbeiten eher rechtshemisphärisch oder auch ambilateral, während Lerner mit einem höheren Bildungssand zu einer stärkeren linkshemisphärischen Verarbeitung tendieren.“ (1997:69) Nicht zu unterschätzen ist, laut Apeltauer, auch die Relevanz des limbischen Systems (oder auch Zwischenhirn genannt), das für affektive und emotionale Prozesse verantwortlich ist und damit nicht nur die Speicherung der Informationen, sondern auch „Motivation, Sprechflüssigkeit und Aufmerksamkeitsspanne“ eines Lerners beim Fremdsprachenerwerb beeinflussen kann. (ebenda:70) Eines der weiteren biologisch bedingten Faktoren ist das Lebensalter der Lernenden. Apeltauer versucht zu beweisen, dass die häufige Prämisse, dass Kinder bessere Fremdsprachenlerner sind, zu relativieren. Das erfolgreiche und oftmals schnelle Fortschreiten beim Lernen einer Fremdsprache ist bei Kindern vielmehr ein Ergebnis ihres hemmungslosen Imitationsverhaltens, aus dem sie bei der Bewältigung insbesondere der phonetisch-phonologischen Erscheinungen Nutzen ziehen können. Erwachsene verfügen dagegen über komplexere Kenntnisse in den Bereichen der Morphologie oder Syntax. Aus der Sicht der reinen Biologie sind bei älteren Erwachsenen bestimmte altersbedingte biologische Veränderungen in Sinneswahrnehmung (Gehör, Sehschärfe) anzuführen. Junge Erwachsene können oft beide Vorteile in sich verknüpfen und schneller lernen. Apeltauer stellt fest, dass unter formalen Bedingungen ältere Kinder schneller als jüngere Kinder lernen, Jugendliche schneller als Erwachsene und Erwachsene schneller als jüngere Kinder lernen. Daraus ist offenkundig, dass die älteren Lerner von ihren kognitiven Potentialen profitieren. 2.1.2 Kognitive Voraussetzungen Je nach dem Alter kann man ebenso unterschiedliche Vorgehensweisen beobachten: „Kinder, so wurde ausgeführt, gehen eher spontan und intuitiv-ganzheitlich vor, während Erwachsene aufgrund ihrer kognitiven Möglichkeiten zu Verfahren tendieren, die eher analytisches und bewußt reflektierendes Vorgehen betonen.“ (ebenda:89) Kognitiv gesehen, wird beim Zweitsprachenerwerb automatisch auf die bereits während des Erstsprachenerwerbs entwickelten Fähigkeiten und Fertigkeiten zurückgegriffen, ähnlich wirken sich die Lebenserfahrungen und Bildungsvoraussetzungen positiv bei der Aneignung einer fremden Sprache aus. 2.1.2.1 Metasprachliche Fähigkeiten Als metasprachliche Fähigkeiten bezeichnet Apeltauer die sprachlichen und kognitiven Fertigkeiten, die für den Erstsprachenerwerb entwickelt wurden und den neuen Lernsituationen angepasst werden müssen. Wenn diese nicht ausreichen, können auch neue Fähigkeiten zum Zwecke der Zweitsprachenaneignung entwickelt werden. Es handelt sich unter anderem um die Fähigkeit der Korrekturen (Selbstkorrekturen) oder der Kommentare, die sich auf sprachliche Formen beziehen. Eine höhere Stufe bietet die Fähigkeit der Sprachspielereien. Diese Fähigkeiten werden vor allem in den Kontaktsituationen mit den Muttersprachlern der Zweitsprache geprägt. Es wurde auch festgestellt, dass diese Fähigkeiten „einen bewussten und willkürlichen Gebrauch sprachlicher Mittel“ sogar in der Erstsprache ermöglichen, und sie können den „Umgang mit den abstrakten Formen“ erleichtern. (ebenda:90) 2.1.2.2 Metakognitive Fähigkeiten Als metakognitive Fähigkeiten beschreibt Apeltauer Überwachungs- und Bewertungsprozeduren, die der Lerner als sein Verfahren beim Umgang mit der Sprache (Lesen, Sprechen) verwendet. Neben diesen Fähigkeiten entwickelt der Lerner auch metakognitives Verfahren, mit welchem Gedächtnisleistungen verbessert werden können. „...wir wissen, dass jedes Individuum mit zunehmender Lebenserfahrung Wissen über das Gedächtnis bzw. Gedächtnisprozesse sowie Verfahren zur Steuerung von Gedächtnisprozessen (metakognitive Verfahren wie z.B. Wiederholung, Gruppierung, Elaborierung) entwickelt.“ (ebenda:91) Als ein wichtiges Merkmal des nachzeitlichen Fremdsprachenerwerbs bezeichnet man ebenfalls die Verwendung unterschiedlicher Verfahren bei Problemlösungen, oder auch die Reaktionen der Zweitsprachler auf Lernprobleme, die oft flexibler als bei monolingualen Personen sind. 2.1.3 Verarbeitungsprozesse An der Aneignung einer fremden Sprache sind vor allem drei Prozesse beteiligt: Kontrolle, Automatisierung und Restrukturierung. Die ersten beiden Begriffe scheinen hauptsächlich mit den ersten Phasen des Erwerbs verbunden zu sein. Jede sprachliche Äußerung muss am Anfang mehr oder weniger stark kontrolliert werden. Wenn diese als richtig bestätigt werden, folgt der zweite Schritt in Form von Automatisierung der Vorgänge, die zu einer erfolgreichen sprachlichen Äußerung führen. Restrukturierung betrifft eine spezifische Situation, wo ein bestehendes Wissen („inneres Muster“) teilweise umformuliert oder ergänzt werden muss, weil der Lerner in eine neue Phase des Spracherwerbs gekommen ist, wo bisher beherrschte Regeln und Kenntnisse für anspruchsvollere Äußerungen nicht mehr ausreichend sind. „Restrukturierungen können eingeleitet werden durch einen Anstoß von außen (z.B. durch eine Fremdkorrektur) oder durch das Erkennen von Widersprüchen oder Unzulänglichkeiten. Sie können sich als Selbstkorrekturen äußern oder als – von außen nicht wahrnehmbare – Restrukturierungen.“ (ebenda:94) 2.1.3.1 Bewusstheit bei der Verarbeitung Die Frage, ob und inwieweit diese Verarbeitungsprozesse bewusst sind oder nicht, scheint laut Apeltauer geklärt zu sein. In der Zweitsprache handelt man immer in gewisser Weise mit mehr Bewusstheit. Selbst wenn es zu einer Automatisierung bereits gekommen war, „bleibt der Gebrauch der Zweitsprache insgesamt kontrollierter, weil eine zweite Sprache nur in Ausnahmefällen so automatisiert wird wie eine Erstsprache.“ (ebenda:95) Apeltauer zufolge, erfordert diese Bewusstheit der Verarbeitung eine größere Konzentration und Verarbeitungskapazität als beim Gebrauch der Erstsprache. 2.1.4 Sprachlernstrategien Apeltauer definiert Sprachlernstrategien als: „potentiell bewußt konzipierte Problemlösungsverfahren, die Lerner gebrauchen, um sich Teile einer fremden Sprache anzueignen.“ (1997:98) Es handelt sich also um kreative Antworten (als Gegensatz zu stereotypen Antworten) auf konkrete Sprachlernprobleme. Diese Strategien können den Lernern beigebracht werden, und zwar in Form von Techniken oder Vorgehensweisen, die je nach Bedarf konzipiert und modelliert werden können. Allgemein werden, so Apeltauer, sechs Typen von Sprachlernstrategien unterschieden: - metakognitive Strategien: „hinhören“, „Selbstkorrekturen“, „Selbsteinschätzung von Lernfortschritten“ - affektive Strategien: „Angstreduzieren“, „Selbstermutigung“ - soziale Strategien: „nachfragen“, „Kontaktsuche zu Sprechern der Zweitsprache“ - Gedächtnisstrategien: „gruppieren“, „sich etwas lebhaft vorstellen“ - Allgemeine kognitive Strategien: „Bedeutung raten aufgrund des Kontextes“, „Gebrauch von einfacheren Ausdrücken und von Gesten“ Einen Gegensatz zu den Sprachlernstrategien bilden die Kommunikationsstrategien, die als Vorgehensweisen zur Aufrechterhaltung der Kommunikation bezeichnet werden (Kompensationsstrategien), sie können aber ebenso gut zu didaktischen Zwecken verwendet werden. Zu den Sprachlernstrategien zählt man z.B. Beobachtungs- und Interaktionsstrategien, die vor allem bei Anfängern zur Geltung kommen. Die eher introvertierten Anfänger wählen lieber das Beobachten, ohne sich vorerst um eigene sprachliche Aktivität zu bemühen. Dagegen versuchen die eher extrovertierten Lerner eine Interaktion mit ihren Kollegen durch fragende Blicke oder Gesten auszulösen. Eine der häufigsten und meist erwähnten Strategien ist die Transferstrategie. Hier werden Wörter der Erstsprache in Äußerungen der Zweitsprache eingebaut, als Überbrückung von lexikalischen Lücken. Im Bereich der Lexik kommen, laut Apeltauer (1997:100), folgende Kommunikationsstrategien vor: - Paraphrase - Gebrauch von allgemeineren Ausdrücken - Gebrauch von Ausdrücken mit teilweise gleicher Bedeutung - Wortprägungen, die akzeptabel sind - Nicht konventionalisierte Wortbildungen d.h. Wortprägungen, die als falsch empfunden werden - Wörtliche Übersetzungen aus der Erstsprache - Selbstkorrekturen - Bitte um Korrektur - Offene oder verdeckte Bitte um Formulierungshilfe - Bitte um Erklärung 2.1.5 Sozialpsychologische Faktoren des Fremdsprachenerwerbs Affektive Faktoren „Nicht nur die kognitive Verarbeitung ist für die Speicherung verantwortlich, sondern auch unsere gefühlsmäßige Anteilnahme. Widersprüchliche oder negative Gefühle (z.B. Ärger) können das Lerner ebenso erschweren wie Gleichgültigkeit.“ (ebenda:105) Allgemein gilt, dass mit starken (besonders mit positiven, aber auch negativen) Gefühlen oder Assoziationen verbundenes Lernmaterial besser wahrgenommen und gemerkt werden kann. Gefühle können nicht nur die Speicherung beeinflussen, sondern auch die aktuelle Sprachverwendung; Emotionen und Gefühle können das Lernen erleichtern, negative Gefühle (Ängste, Hemmungen) erschweren den Sprachgebrauch. Apeltauer erwähnt auch, dass Lerner mit starker emotionaler Beteiligung am Lernprozess zu einer erhöhten Fehlerproduktion tendieren. Angst Die komplexe Emotion Angst hat, nach Apeltauer, zwei verschiedene Erscheinungsformen. Angst kann einerseits stimulierend und aktivierend wirken, sie kann motivieren und Lernbereitschaft fördern, andererseits ist es „lähmende Angst“, die den Lerner sprachlich paralysieren kann. (1997:107) Die Intensität dieses Gefühls ist individuell geprägt und darf von Seiten des Lehrers nicht unterschätzt werden. Eine negative Reaktion auf Fehler der Lernenden kann Angstgefühle auslösen und wirkt sich dann negativ auf die potentielle Lernsituation aus. Diese Fehler können weiter zur Bedrohung des (positiven) Selbstwertgefühls des Lerners führen. Die Sprechangst ist eine sehr häufig verbreitete Art von Angst, die bei dem Bedarf des Sprechens in der Fremdsprache entsteht. Sie kommt vor, wenn der Lerner Fehlerproduktion, falsche Artikulation oder die Verwendung falscher Konstruktionen befürchtet. Extremfall stellt die „latophobische Aphasie“, d.h. Sprachlosigkeit aus Fehlerangst, dar. (1997:107) Ängste entstehen (bzw. können entstehen) aufgrund von „unvertrauten Situationen, Interaktionen oder Lernaufgaben, von Verstehensangst, Sprechangst oder Leistungsangst (subjektives Empfinden, dass man einer Leistungsforderung nicht gewachsen sei).“ (1997:108) Motivation Unter dem Begriff Motivation versteht man oftmals eine Verbindung zwischen Ambition und Fähigkeit. Im Bereich des Spracherwerbs stellt Apeltauer fest, dass „tatsächlich ein kausaler Zusammenhang zwischen hoher Motivation und erfolgreicher Aneignung einer fremden Sprache besteht.“ (1997:111) Bei Motivation können drei Komponenten unterschieden werden: „Einstellung zu einem Ziel, die positiv oder negativ sein kann“, „der Wunsch, dieses Ziel zu erreichen“ und „die Bereitschaft des Lerners, Anstrengungen auf sich zu nehmen, um dieses Ziel zu erreichen.“ (ebenda) Jeder Mensch und Lerner hat aufgrund seiner Sozialisation spezifische Einstellungen entwickelt, die sich auf fremde Sprachen und Kulturen beziehen. Ebenso hat jeder Lerner aufgrund seiner Erfahrungen individuelle Einstellungen und Einschätzungen geformt. In fremdsprachlichen Situationen entsteht Motivation zum Fremdsprachenerwerb, laut Apeltauer, aus entweder Grundeinstellungen, die gesellschaftlich vermittelt sind (Instrumentelle Motivation, Elternmotivation, Prestigemotiv, Wissensmotiv, Kommunikationsmotiv) oder aus Grundgefühlen, die sich als Reaktion auf Lernsituation einstellen (z.B. auf Lehrer, Unterrichtsmaterial, Lernklima) oder durch das Selbstwertgefühl des Lerners. Apeltauer konstatiert, dass in zweitsprachlichen Situationen die Motivation zusätzlich z.B. durch Folgendes beeinflusst werden kann: Häufigkeit und Qualität von außerunterrichtlichen Sprachkontakten oder auch durch die motivationale Unterstützung oder Ablehnung, die die Lerner von den Sprechern der Zielsprache erfahren. 2.2 Transfer und Interferenz Die gemeinsamen Themen dieser zwei Termini sind die Ähnlichkeiten, die zwischen der Erstsprache und der Zielsprache bestehen, und somit das Verstehen und den Lernprozess beeinflussen können. Apeltauer stellt in seiner Arbeit fest, dass diese Erscheinung nur bei verwandten bzw. Nachbarsprachen vorkommt. Entfernte Sprachen wie z.B. Deutsch und Türkisch weisen geringe oder nur externbedingte Ähnlichkeiten (z.B. Internationalismen) auf. Apeltauer behauptet: „Im allgemeinen wird Verstehen durch Ähnlichkeiten von Elementen oder Strukturen erleichtert. Wenn solche Ähnlichkeiten zwischen Ausgangssprache (bzw. Erstsprache des Lerners) und Zielsprache (bzw. Zweitsprache) bestehen, entsteht oft ein Gefühl von Vertrautheit und Bekanntheit.“ (1997:79) Wenn ein Lerner solche Ähnlichkeiten entdeckt, fällt ihm die Aneignung wesentlich leichter und der Lernprozess gewinnt den Charakter eines Umstrukturierungsprozesses (bzw. Restrukturierungsprozesses). Je weniger Ähnlichkeiten zwischen den Sprachen bestehen, desto mehr ist der Lerner auf sein „Weltwissen“ angewiesen. Mit Hilfe dieses Wissens, seiner Erfahrungen und des Allgemeinwissens kann er seine Wahrnehmungen strukturieren und interpretieren. Ähnlichkeiten können das Lernen demnach sowohl erleichtern, wie auch negativ beeinflussen – die große Nähe zwischen den Sprachen kann nämlich Verwechselungen begünstigen. Wenn bestimmte Elemente oder Strukturen von einer Sprache auf eine andere übertragen werden, spricht man von einem Transfer. Ein positiver Transfer beschreibt dann die Situation, wo bei der Übertragung mögliche oder korrekte zweitsprachliche Formen entstehen (z.B. im Falle der Intonationsfrage). Interferenz (oder negativer Transfer) beschreibt eine solche sprachliche Erscheinungen, wo durch diese Übertragung Fehler entstehen (z.B. ich geh-te statt ich ging, aus dem Muster ich sag-te oder z.B. im Englischen He became a minister, im Deutschen falsch übertragen auf Er wurde ein Minister statt Er wurde Minister). Solche Übertragungen passieren oft, auch wenn der Lerner diese Operationen bewusst durchführt, z.B. um lexikalische Lücken zu überbrücken. Dies kann er durch direkte Entlehnungen eines Wortes aus der Erstsprache (z.B. er bekam sehr zornig statt er wurde sehr zornig, aus dem Englischen He became very angry), durch Entlehnung und Anpassung der Aussprache an die zielsprachlichen Regeln oder durch wörtliches Übersetzen machen. 2.3 Umfeldsensibilität (Feldunabhängigkeit) und semantische Ambiguitätstoleranz Diese Termini kommen bei Apeltauer als Gegensätze der Sprachlernstrategien vor, die als kreative Antworten auf Problemlösungen zu verstehen sind. Man kann die Wahrnehmungsund Lerngewohnheiten jedes Lerners als in gewisser Weise stereotypische Reaktionen bezeichnen. Sie stellen den Weg dar, wie ein lernendes Individuum Eindrücke verarbeitet, wie es nach Zusammenhängen und Bedeutungen sucht. Dieses Verfahren bezeichnet man als kognitiver Stil, es ist sehr individuell und wird sowohl von internen (Affekte, Emotionen) als auch von externen Merkmalen (kulturspezifische Erfahrungen und Erwartungen) beeinflusst. Kognitiver Stil bleibt bei Erwachsenen relativ stabil, bei Kindern kann er variieren, weil Kinder zuerst experimentieren versuchen und ihr Gedächtnis fordern. Kognitive Stile werden ebenso von den Lernstilen bzw. Lernerfahrungen geformt. Umfeldsensibilität stellt eine Art des kognitiven Stils dar, bei der die Lernenden durch ein „Überangebot an Reizen“, z.B. beim Lesen, verwirrt werden können. Sie lassen sich „durch einen Kontext irritieren“. (1997:103) Umfeldunabhängige Lerner sind fähig dieses Kontext zu ignorieren und konzentrieren sich besser auf gestellte Fragen und Aufgaben, sie neigen zu „selbständigem Beobachten, Überprüfen und Ausprobieren“. (ebenda) Semantische Ambiguitätstoleranz betrifft dann nicht mehr das Umfeld, sondern die einzelnen lexikalischen und morphologisch-syntaktischen Unklarheiten oder Bedeutungslücken in Äußerungen und Texten. Dieser Begriff beschreibt die Fähigkeit der Lernenden, solche semantischen Lücken zu überwinden oder zu tolerieren. 2.4 Psychologische Grundlagen des Textverstehens Das Textverstehen ist eine Fertigkeit, die vor allem auf der Tatsache beruht, dass unser Wahrnehmungsapparat in einer komplexen Beziehung mit den kognitiven Strukturen des Gehirns steht. Die erste Phase des Lesens ist die Sinneswahrnehmung der Umweltreize in Form von geschriebenen Texten, welche von einem wahrnehmenden (verstehenden) Subjekt in sein Kurzzeitgedächtnis gespeichert werden. Eines der bedeutendsten Feststellungen auf dem Gebiet der Psychologie ist die Tatsache, „daß aus dem gesamten im sensorischen Informationsspeicher anwesenden Material nur diejenige Information weitergegeben wird, aus der ein bedeutungsvolles Ganzes zusammenzusetzen ist.“ (Westhoff, 1987:30) Bereits in der Phase der Wahrnehmung werden bestimmte Informationen als wesentlich für das Verstehen wahrgenommen und im Kurzzeitgedächtnis gespeichert, andere werden als semantisch „unwichtig“ nicht berücksichtigt. Westhoff stellt fest, „daß die Identifikation einer Bedeutung der Wahrnehmung vorangeht.“ (1987:31) In Günther Storchs „Deutsch als Fremdsprache. Eine Didaktik; theoretische Grundlagen und praktische Unterrichtsgestaltung“ (2001) werden diese Themen weiter behandelt. Storch sagt, dass beim Lesen zu den erwähnten Wörtern (vor allem Bedeutungswörtern) eine bestimmte mentale Repräsentation der Begriffe hervorgerufen wird. Diese mentale Repräsentation entsteht durch unsere Lebenserfahrung und entwickelt bestimmte semantische Strukturen in unserem Gedächtnis, die als Schemata bezeichnet werden. „Ein Schema ist eine Organisationseinheit des Wissens im Gedächtnis, in der aufgrund von eigenkulturellen Erfahrungen typische Zusammenhänge eines Realitätsbereichs aufgenommen sind. Ein Schema vereinigt Konzepte über Gegenstände, Zustände, Ereignisse und Handlungen in einer Wissensstruktur. Dieses Wissen lässt sich auch als Netzwerk abbilden. Während jedoch im Text ein Netzwerk in der Sprache erstarrt, „festgeschrieben“ ist, spricht man im Gedächtnis von aktiven semantischen Netzwerken, da in ihnen auch Prozesse und Operationen ablaufen.“ (2001:118) Diese Schemata werden durch Umweltreize wie Lesen aktiviert, oder aber ganz bewusst in bestimmten Situationen, die Erwartungen und Erfahrungen hervorrufen. In der weiteren Phase des Lesens werden die Wahrnehmungen zu Informationen, die zur Schaffung eines sinnvollen Zusammenhangs notwendig sind. „Der Verstehensprozess ist darauf gerichtet, die unvollständigen Daten auf Schemata unserer kognitiven Struktur zu beziehen und sie aktiv zu vervollständigen.“ (2001:118) Diese Prozesse verlaufen im Arbeitsgedächtnis bewusst und aktiv, die Daten und das Wissen werden miteinander konfrontiert, die Daten können das Wissen erweitern und zur weiteren Überprüfung der wahrgenommenen Daten dienen. Das Wissen, mit dem die Wahrnehmungen/Informationen verglichen werden, umfasst eine ganze Wissensstruktur, die aus dem sprachlichen Wissen und Welt-/Situationswissen besteht. Diese beinhalten bereits angesprochene Schemata, die beim Lesen verschiedene Funktionen erfüllen: - „Sie sind im elementaren Sinn Voraussetzung jeglichen Verstehens, denn ohne ein entsprechendes Schema (z.B. ‘lateinische Schrift´) kann man Daten zwar wahrnehmen, nicht aber sie genauer verstehen (z.B. einen geschriebenen deutschen Text). - Sie erlauben es, Informationen zu antizipieren bzw. Hypothesen über mögliche Informationen zu bilden. - Weiterhin ermöglichen sie es, nicht wahrgenommene, verstandene oder ausgedrückte Informationen zu erschließen bzw. zu rekonstruieren und Verstehenslücken zu schließen - Schließlich bilden sie die Voraussetzung dafür, dass Verstandenes in die kognitive Struktur eingeordnet wird, sodass sie auch eine Erinnerungshilfe darstellen und Vergessenes zu rekonstruieren erlauben.“ (2001:119) Eine wichtige Erscheinung für die Texterschließung stellt die Redundanz dar. Es handelt sich im Text um Informationen, die für das Verstehen bzw. Erschließung der Bedeutung eines Textes nicht essential sind. Sie können bei der Wahrnehmung unberücksichtigt bleiben, da man zum Verstehen eines Textes nicht braucht, alle Daten gleichermaßen aufzunehmen und zu dekodieren. Die übersprungenen Textteile können durch die aktivierten Schemata ergänzt werden, die Buchstabe-für-Buchstabe bzw. Wort-für-Wort-Dekodierung des Textes ist daher überflüssig. Redundanz betrifft nicht nur die semantischen Merkmale eines Textes, sie kommt auch in der Sprache selbst vor, in dem die gleichen sprachlichen Erscheinungen im Text, Satz oder Wort mehrmals indiziert werden. Der Prozess des Verstehens ist also laut Storch „ein wechselseitiges Zusammenspiel von datengesteuerten und wissensgesteuerten mentalen Aktivitäten. Im Verlauf des Verstehensprozesses aktivieren Daten Ausschnitte (Schemata) der kognitiven Struktur (aufsteigende Prozesse); von den Schemata werden Informationen an die Daten herangetragen und überprüft (absteigende Prozesse)...“ (2001:119). Die kognitiven „aufsteigenden“ datengesteuerten Prozesse (bottom-up-processing) bezeichnen die Konfrontation der Daten mit der Wissensstruktur (sprachliches Wissen und Weltwissen); die „absteigenden“ wissensgesteuerten Prozesse (top-down-processing) benennen die Applikation des Wissens auf die textgebundenen Informationen. Prozesse werden in den Kapitel 5 und 6 weiterbehandelt. Beide 3.1 Der fremdsprachige Leser In diesem Kapitel werden die allgemeinen Anforderungen an den Leser erwähnt. Dabei werden die sprachlichen Kompetenzen zum Ausdruck gebracht, die zur allgemeinen Sprachbeherrschung Sprachverwendenden führen, es (deklaratives werden nicht Wissen, die allgemeinen Fertigkeiten und Kompetenzen prozedurales der Wissen, persönlichkeitsbezogene Kompetenzen, Lernfähigkeit) erwähnt, denn sie stehen nicht in einer relevanten Beziehung zum Thema dieser Arbeit. Es werden ebenso die Anforderungen an den Leser auf dem Niveau B2 und B1 präsentiert, so wie sie in dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen vorkommen. Letztendlich werden die spezifischen Ziele und Anforderungen zitiert, die in den Materialien des Schulministeriums zum Zentralabitur formuliert werden. Die psychologischen Grundlagen des fremdsprachlichen Lesens bleiben das Thema des Kapitels 2 dieser Arbeit und werden auf dieser Stelle nicht weiter erörtert. 3.1.1 Kommunikative Sprachkompetenzen 3.1.1.1 Linguistische Kompetenzen „Linguistische Kompetenz wird definiert als Kenntnis der formalen Mittel, aus denen wohlgeformte, sinnvolle Mitteilungen zusammengesetzt und formuliert werden können, und als die Fähigkeit, diese Mittel auch zu verwenden.“ (GERR, Kapitel 5:8) In diesem System des Referenzrahmens werden die linguistischen Kompetenzen in der vom Europarat bewilligten Skala A1 bis C2 behandelt. Für die Zwecke dieser Arbeit werden nur die Kompetenzniveaus B1, B2 angeführt, die dem Kenntnisstand der Gymnasiasten entsprechen, mit B2 das wünschenswerte Niveau für das Zentralabitur, dessen spezifische Ziele und Ansprüche hier auch weiter behandelt werden. Im Hinblick auf die Beherrschung der sprachlichen Mittel im Allgemeinen, sagen die Autoren des GERR Folgendes: zu B2: „Kann sich klar ausdrücken, ohne dabei den Eindruck zu erwecken, sich in dem, was er/sie sagen möchte, einschränken zu müssen. Verfügt über ein hinreichend breites Spektrum sprachlicher Mittel, um klare Beschreibungen, Standpunkte auszudrücken und etwas zu erörtern; sucht dabei nicht auffällig nach Worten und verwendet einige komplexe Satzstrukturen.“ zu B1: „Verfügt über ein hinreichend breites Spektrum sprachlicher Mittel, um unvorhersehbare Situationen zu beschreiben, die wichtigsten Aspekte eines Gedankens oder eines Problems mit hinreichender Genauigkeit zu erklären und eigene Überlegungen zu kulturellen Themen (wie Musik und Filme) auszudrücken.“ „Verfügt über genügend sprachliche Mittel, um zurechtzukommen; der Wortschatz reicht aus, um sich, manchmal zögernd und mit Hilfe von einigen Umschreibungen, über Themen äußern zu können wie Familie, Hobbys, Interessen, Arbeit, Reisen, aktuelle Ereignisse, aber der begrenzte Wortschatz führt zu Wiederholungen und manchmal auch zu Formulierungsschwierigkeiten.“ (Kapitel 5:9) Die lexikalische Kompetenz Diese Kompetenz umfasst die Kenntnis der lexikalischen und grammatischen Elemente der jeweiligen Sprache. Unter lexikalischen Elementen werden unterschieden einerseits - feste Wendungen wie Satzformeln (Begrüßungsformeln, Sprichwörter, archaische Ausdrücke), wie Idiomatische Wendungen, feststehende Muster (Sprachbausteine, Schablonen), andere feststehende Phrasen (Funktionsverbgefüge, präpositionale Gefüge) und feste Kollokationen. andererseits - Einzelwörter d.h. freistehende Wörter, Lexeme Die grammatischen Elemente in der lexikalischen Kompetenz betreffen die Kenntnis der geschlossenen Wortklassen. Ansprüche an Wortschatzspektrum bei B2: „Verfügt über einen großen Wortschatz in seinem Sachgebiet und in den meisten allgemeinen Themenbereichen. Kann Formulierungen variieren, um häufige Wiederholungen zu vermeiden; Lücken im Wortschatz können dennoch zu Zögern und Umschreibungen führen.“ B1: „Verfügt über einen ausreichend großen Wortschatz, um sich mit Hilfe von einigen Umschreibungen über die meisten Themen des eigenen Alltagslebens äußern zu können wie beispielsweise Familie, Hobbys, Interessen, Arbeit, Reisen, aktuelle Ereignisse.“ (Kapitel 5:10) Ansprüche an Wortschatzbeherrschung bei B2: „Die Genauigkeit in der Verwendung des Wortschatzes ist im Allgemeinen groß, obgleich einige Verwechslungen und falsche Wortwahl vorkommen, ohne jedoch die Kommunikation zu behindern.“ B1: „Zeigt eine gute Beherrschung des Grundwortschatzes, macht aber noch elementare Fehler, wenn es darum geht, komplexere Sachverhalte auszudrücken oder wenig vertraute Themen und Situationen zu bewältigen.“ (Kapitel 5:11) Die grammatische Kompetenz Grammatische Kompetenz definiert der Referenzrahmen als Kenntnis der grammatischen Mittel einer Sprache und die Fähigkeit, diese zu verwenden. Darunter sollte man nicht nur die Grammatik als Summe von Prinzipien zur Bildung eines korrekten Satzes verstehen, es handelt sich vielmehr um alle Faktoren der Sprache (auch Morphologie, Syntax, Wortbildung), die dabei berücksichtigt werden müssen. Der Referenzrahmen bietet eine Skala zur grammatischen Korrektheit, die im großen Maße der Skala der Beherrschung sprachlicher Mittel allgemein entspricht. Für B2: „Gute Beherrschung der Grammatik; gelegentliche Ausrutscher oder nichtsystematische Fehler und kleinere Mängel im Satzbau können vorkommen, sind aber selten und können oft rückblickend korrigiert werden. Gute Beherrschung der Grammatik; macht keine Fehler, die zu Missverständnissen führen.“ B1: „Kann sich in vertrauten Situationen ausreichend korrekt verständigen; im Allgemeinen gute Beherrschung der grammatischen Strukturen trotz deutlicher Einflüsse der Muttersprache. Zwar kommen Fehler vor, aber es bleibt klar, was ausgedrückt werden soll.“ „Kann ein Repertoire von häufig verwendeten Redefloskeln und von Wendungen, die an eher vorhersehbare Situationen gebunden sind, ausreichend korrekt verwenden.“ (Kapitel 5:12) Einer der wichtigen Faktoren der Grammatikskalaerschaffung (so wie es in allen Kompetenzbereichen ist) ist das jeweilige Ziel des Fremdsprachenunterrichts im Hinblick auf das Niveau des Endkenntnisstandes, was in unserer Gesellschaft durch das Abitur bzw. Zentralabitur (ab 2010) repräsentiert wird. Die semantische Kompetenz „Sie umfasst die Fähigkeit Lernender, sich der Organisation von Bedeutung bewusst zu sein und diese zu kontrollieren.“ (Kapitel 5:14) Man unterscheidet zwischen der lexikalischen, grammatischen und pragmatischen Semantik. Am bedeutendsten erscheint die lexikalische Semantik zu sein, indem sie die Fragen der Wortbedeutung behandelt, konkreter dann die Beziehung zwischen Wörtern und dem allgemeinen Kontext (Referenz, Konnotation, Repräsentation allgemeiner spezifischer Begriffe) und interlexikalische Beziehungen wie Synonymie / Antonymie, Hyponymie, Teil/Ganzes-Beziehung, Kollokation, Komponentenanalyse, Übersetzungsäquivalenz. Die phonologische Kompetenz „Sie involviert Kenntnisse und Fertigkeiten der Wahrnehmung und der Produktion in Bezug auf die lautlichen Einheiten (Phoneme) der Sprache, auf die phonetischen Merkmale, die Phoneme voneinander unterscheiden (distinktive Merkmale, z. B. stimmhaft, gerundet, nasal, plosiv), die phonetische Zusammensetzung von Wörtern, Satzphonetik (Prosodie) und phonetische Reduktion.“ (ebenda, :15) Die Skala für Beherrschung der phonetischen Regel und Gesetzmäßigkeiten lautet folgend: für B2: „Hat eine klare, natürliche Aussprache und Intonation erworben“ Für B1: „Die Aussprache ist gut verständlich, auch wenn ein fremder Akzent teilweise offensichtlich ist und manchmal etwas falsch ausgesprochen wird.“ (ebenda:15) Vor allem im Bereich der Satzintonation, Satzakzent und Satzrhythmus wird die Wichtigkeit deren Aneignung am Anfang des Schulunterrichts stark unterschätzt, was im späteren Verlauf des Spracherwerbs nur schwierig rückgängig zu machen ist. Die orthographische Kompetenz Diese Kompetenz ist eine zentrale Bedingung für den Fremdsprachenerwerb, deshalb ist der Anspruch auf die Beherrschung dieser Kompetenz enorm groß. Es handelt sich dabei nicht nur um Buchstaben, deren Kenntnis eine Ausgangsposition für Lesen und Schreiben darstellt, es handelt sich auch um Kenntnisse über Satzzeichen und Regeln der Zeichensetzung, typographische Konventionen und verschiedene Schriftarten und Kenntnisse über gebräuchliche logographische Zeichen wie z.B. @, &, $ usw. Die orthoepische Kompetenz Die Korrektheit der Aussprache der geschriebenen Sprache ist beim lauten Lesen oder Sprechen im Hinblick auf das Gelingen einer Kommunikation von zentraler Bedeutung. Es gibt folgende Teilfähigkeiten zum Erwerb dieser Kompetenz: Kenntnis der Rechtschreibung, Wörterbuch Arbeit zum Erwerb der Kenntnis, Kenntnis der Bedeutung geschriebener Formen usw. Beherrschung der Orthoepie wird im Referenzrahmen wie folgt bestimmt: Bei B2: „Kann zusammenhängend und klar verständlich schreiben und dabei die üblichen Konventionen der Gestaltung und der Gliederung in Absätze einhalten. Rechtschreibung und Zeichensetzung sind hinreichend korrekt, können aber Einflüsse der Muttersprache zeigen.“ Bei B1: „Kann zusammenhängend schreiben; die Texte sind durchgängig verständlich. Rechtschreibung, Zeichensetzung und Gestaltung sind exakt genug, so dass man sie meistens verstehen kann.“ (ebenda:16) 3.1.1.2 Soziologische Kompetenzen Als wichtige Bestandteile der kommunikativen Kompetenzen, die zusammen mit den linguistischen eine Sprachkompetenz des Sprachverwendenden bilden, sind die soziolinguistischen und pragmatischen Kompetenzen zu verstehen. Da die Sprache ein Phänomen der menschlichen Kultur ist, gilt es im gleichen Maße, dass die sozialen Aspekte der Sprache von großer Bedeutung für die Kommunikation sind. Unter den soziolinguistischen Kompetenzen werden im Referenzrahmen angeführt: - „Sprachliche Kennzeichnung sozialer Beziehungen: Auswahl und Verwendung der Begrüßungsformeln, Verwendung und Auswahl von Anrederformen, Konventionen des Sprecherwechsels und Ausrufe und Flüche. - Höflichkeitskonventionen: Kenntnisse über sprachliche Realisation der „positiven“ und „negativen“ Höflichkeit, angemessene Verwendung von bitte, danke usw. und direkte Unhöflichkeit. - Redewendungen, Aussprüche, Zitate und sprichwörtliche Redensarten - Registerunterschiede: Die Fähigkeit unterschiedliche Grade der Formalität der Sprache zu erkennen bzw. verwenden - Varietäten: Fähigkeit die sprachliche Variation auf Grund z.B. regionaler, ethnischer oder sozialen Faktoren zu erkennen“ (Kapitel 5:17ff) Im Referenzrahmen werden die soziolinguistischen Kompetenzen auf B2 folgend bestimmt: „Kann sich in formellem und informellem Stil überzeugend, klar und höflich ausdrücken, wie es für die jeweilige Situation und die betreffenden Personen angemessen ist. Kann mit einiger Anstrengung in Gruppendiskussionen mithalten und eigene Beiträge liefern, auch wenn schnell und umgangssprachlich gesprochen wird. Kann Beziehungen zu Muttersprachlern aufrechterhalten, ohne sie unfreiwillig zu belustigen oder zu irritieren oder sie zu veranlassen, sich anders zu verhalten als bei Muttersprachlern. Kann sich situationsangemessen ausdrücken und krasse Formulierungsfehler vermeiden.“ (ebenda:20) Für B1 dann folgend: „Kann ein breites Spektrum von Sprachfunktionen realisieren und auf sie reagieren, indem er/sie die dafür gebräuchlichsten Redemittel und ein neutrales Register benutzt. Ist sich der wichtigsten Höflichkeitskonventionen bewusst und handelt entsprechend. Ist sich der wichtigsten Unterschiede zwischen den Sitten und Gebräuchen, den Einstellungen, Werten und Überzeugungen in der betreffenden Gesellschaft und in seiner eigenen bewusst und achtet auf entsprechende Signale.“ (ebenda:20) 3.1.1.3 Die pragmatische Kompetenz Diese umfasst, laut dem Referenzrahmen, das Wissen über die Prinzipien der Gestaltung und Verwendung von Mitteilungen. Im Hinblick auf die Zwecken dieser Arbeit werden vor allem die Teilkompetenzen erwähnt, die man als Diskurskompetenz bezeichnet. Im Bereich der Diskurskompetenz werden folgende Kriterien auf Niveau B2, B1 berücksichtigt: - Flexibilität: B2: „Kann Inhalt und Form seiner Aussagen der Situation und dem Kommunikationspartner anpassen und sich dabei so förmlich ausdrücken, wie es unter den jeweiligen Umständen angemessen ist. Kann sich den in der Konversation üblichen Wechseln der Gesprächsrichtung, des Stils oder des Tons anpassen. Kann die Formulierungen für das, was er/sie sagen möchte, variieren.“ (Kapitel 5:22) B1: „Kann seine Ausdrucksweise auch weniger routinemäßigen, sogar schwierigeren Situationen anpassen. Kann ein breites Spektrum einfacher sprachlicher Mittel flexibel einsetzen, um viel von dem, was er/sie sagen möchte, auszudrücken.“ (Kapitel 5:22) - Sprecherwechsel: B2: „Kann in Gesprächen auf angemessener Weise das Wort ergreifen und dazu verschiedene geeignete sprachliche Mittel verwenden, kann Gespräche auf natürliche Art beginnen, in Gang halten und beenden und angemessen zwischen Sprecher- und Hörerrolle wechseln, kann ein Gespräch beginnen, im Gespräch die Sprecherrolle übernehmen, wenn es angemessen ist, und das Gespräch, wenn er/sie möchte, beenden, auch wenn das vielleicht nicht immer elegant gelingt, kann Versatzstücke wie 'Das ist eine schwierige Frage' verwenden, um Zeit zum Formulieren zu gewinnen und das Rederecht zu behalten.“ B1: „Kann in ein Gespräch über ein vertrautes Thema eingreifen und dabei eine angemessene Wendung benutzen, um zu Wort zu kommen, kann ein einfaches, direktes Gespräch über vertraute oder persönlich interessierende Themen beginnen, in Gang halten und beenden.“ (Kapitel 5:23) - Themenentwicklung: B2: „Kann etwas klar beschreiben oder erzählen und dabei wichtige Aspekte ausführen und mit relevanten Details und Beispielen stützen.“ (ebenda) B1: „Kann recht flüssig unkomplizierte Geschichten oder Beschreibungen wiedergeben, indem er/sie die einzelnen Punkte linear aneinander reiht.“ (ebenda) - Kohärenz und Kohäsion: B2: „Kann verschiedene Verknüpfungswörter sinnvoll verwenden, um inhaltliche Beziehungen deutlich zu machen, kann eine begrenzte Anzahl von Verknüpfungsmitteln verwenden, um seine/ihre Äußerungen zu einem klaren zusammenhängenden Text zu verbinden; längere Beiträge sind möglicherweise etwas sprunghaft.“ (ebenda:24) B1: „Kann eine Reihe kurzer und einfacher Einzelelemente zu einer linearen, zusammenhängenden Äußerung verbinden.“ (ebenda:24) 3.1.2 Leseverstehenskompetenzen auf dem Niveau B2, B1 Der Referenzrahmen bietet in dieser Hinsicht eine breite Skala an verschiedenen Leseverstehensaktivitäten bzw. –(Teil)Kompetenzen. Leseverstehen allgemein: B2: „Kann sehr selbstständig lesen, Lesestil und -tempo verschiedenen Texten und Zwecken anpassen und geeignete Nachschlagewerke selektiv benutzen. Verfügt über einen großen Lesewortschatz, hat aber möglicherweise Schwierigkeiten mit seltener gebrauchten Wendungen.“ B1: „Kann unkomplizierte Sachtexte über Themen, die mit den eigenen Interessen und Fachgebieten in Zusammenhang stehen, mit befriedigendem Verständnis lesen.“ (Kapitel 4:28) Korrespondenz lesen und verstehen: B2: „Kann Korrespondenz lesen, die sich auf das eigene Interessengebiet bezieht, und leicht die wesentliche Aussage erfassen.“ B1: „Kann die Beschreibung von Ereignissen, Gefühlen und Wünschen in privaten Briefen gut genug verstehen, um regelmäßig mit einem Brieffreund/ einer Brieffreundin zu korrespondieren.“ (ebenda) Zur Orientierung lesen: B2: „Kann lange und komplexe Texte rasch durchsuchen und wichtige Einzelinformationen auffinden, kann rasch den Inhalt und die Wichtigkeit von Nachrichten, Artikeln und Berichten zu einem breiten Spektrum berufsbezogener Themen erfassen und entscheiden, ob sich ein genaueres Lesen lohnt.“ B1: „Kann längere Texte nach gewünschten Informationen durchsuchen und Informationen aus verschiedenen Texten oder Textteilen zusammentragen, um eine bestimmte Aufgabe zu lösen, kann in einfachen Alltagstexten wie Briefen, Informationsbroschüren und kurzen offiziellen Dokumenten wichtige Informationen auffinden und verstehen.“ (Kapitel 4:29) Information und Argumentation verstehen: B2: „Kann aus hoch spezialisierten Quellen des eigenen Fachgebiets Informationen, Gedanken und Meinungen entnehmen. Kann Fachartikel, die über das eigene Gebiet hinausgehen, lesen und verstehen, wenn er/sie ab und zu im Wörterbuch nachschlagen kann, um das Verständnis der verwendeten Terminologie zu überprüfen, kann in unkomplizierten Zeitungsartikeln zu vertrauten Themen die wesentlichen Punkte erfassen.“ B1: „Kann in klar geschriebenen argumentativen Texten die wesentlichen Schlussfolgerungen erkennen. Kann bei der Behandlung eines Themas die Argumentation erfassen, wenn auch nicht unbedingt im Detail. Kann Artikel und Berichte zu aktuellen Fragen lesen und verstehen, in denen die Schreibenden eine bestimmte Haltung oder einen bestimmten Standpunkt vertreten.“ (ebenda) Schriftliche Anweisungen verstehen: B2: „Kann lange, komplexe Anleitungen im eigenen Fachgebiet verstehen, auch detaillierte Vorschriften oder Warnungen, sofern schwierige Passagen mehrmals gelesen werden können.“ B1: „Kann klar formulierte, unkomplizierte Anleitungen zur Bedienung eines Geräts verstehen.“ (Kapitel 4:30) Eine teilweise hybride rezeptive Fertigkeit bietet die audiovisuelle Rezeption, wobei der Sprachbenutzer zugleich einen fremdsprachlichen Text hört und sieht. Einige Beispiele dieser zugleich auditiven und visuellen Wahrnehmung bilden z. B. Sprachaktivitäten wie das Mitlesen eines vorgelesenen Textes, das Ansehen einer Fernsehsendung, Videoaufzeichnung oder eines Films mit Untertiteln oder auch die Verwendung der neuen Technologien wie der Multimedia oder des CD-Rom. Der Referenzrahmen bietet eine Skala des Verstehens der Fernsehsendungen und Filme, was eine der wichtigsten und für die Fremdsprachenlerner in dem Alter der Gymnasiasten eine der freiwillig meist benutzten Sprachfertigkeiten überhaupt, und zwar auch außerhalb des Schulunterrichts. Fernsehsendungen und Filme verstehen: B2: „Kann im Fernsehen die meisten Nachrichtensendungen und Reportagen verstehen. Kann Fernsehreportagen, Live-Interviews, Talk-Shows, Fernsehspiele sowie die meisten Filme verstehen, sofern Standardsprache gesprochen wird.“ B1: „Kann in vielen Fernsehsendungen zu Themen von persönlichem Interesse einen großen Teil verstehen, z. B. in Interviews, kurzen Vorträgen oder Nachrichtensendungen, wenn relativ langsam und deutlich gesprochen wird. Kann vielen Filmen folgen, deren Handlung im Wesentlichen durch Bild und Aktion getragen wird und deren Sprache klar und unkompliziert ist. Kann das Wesentliche von Fernsehprogrammen zu vertrauten Themen verstehen, sofern darin relativ langsam und deutlich gesprochen wird.“ (Kapitel 4:31) 3.1.3 Zentralabitur und die spezifischen Ziele beim Leseverstehen In der Struktur des Zentralabiturs wurde die unterschiedliche Ausgangslage der jeweiligen Schulen bzw. Studentenkenntnisse individuell im Allgemeinen nicht berücksichtigt. Der Gedanke, dass im Augenblick der Abiturprüfung der Kenntnisstand aller Schüler relativ gleich stehen sollte (B2 im Referenzrahmen), bildet die ganze Ideenkonzeption der Prüfungsreform. Die einzelne Möglichkeit die spezifischen Anforderungen zu beeinflussen haben die Schulen nur in dem profilierten Teil des Zentralabiturs, deshalb sind diese Ziele in beiden Teilen unterschiedlich formuliert. In den folgenden Zitierungen wurde vollends aus den Materialien des Schulministeriums und des Zentrums für die Ermittlung der Ausbildungsergebnisse (weiter nur CERMAT) ausgegangen, die unter den Titeln Katalog der Anforderungen zur Abiturprüfung – Die Deutsche Sprache 1 bzw. Katalog der Anforderungen zur Abiturprüfung – Die Deutsche Sprache 2 auf der Homepage des CERMAT zur Verfügung gestellt sind und die 2005 in ihrer Form erstmals erschienen sind. Im gemeinsamen Teil des Zentralabiturs wird zum Leseverstehen Folgendes gesagt: „Der Schüler kann: - den Hauptgedanken verstehen/die Hauptschlussfolgerungen eines Textes erkennen - die Intention und/oder Meinung des Autors/Erzählers/der Gestalten verstehen - die Wünsche und/oder Gefühle des Autors/Erzählers/der Gestalten verstehen - die Hauptpunkte erkennen - die Beschreibung der Ereignisse verstehen - den Textaufbau verstehen - Informationen aufsuchen - Die Informationen aus unterschiedlichen Textteilen zusammenfinden - Die Informationen aus mehreren Kurztexten zusammenfinden - Einfache Anweisungen, Vorschriften, Bezeichnungen, Anschriften und Instruktionen usw. verstehen - Die Bedeutung unbekannter Ausdrücke erraten - Erkennen, ob eine Text eine oder mehrere relevante Informationen beinhaltet“ (2005:7) Die Texte werden in diesen Materialien als authentisch, inhaltlich unkompliziert und einfach beschrieben, im Stil variieren sie vom informierend, künstlerisch zum populärwissenschaftlich. Als Orientierungsinstruktionen, Textsorte öffentliche können Beschreibungen, Meldungen/Instruktionen, Erzählungen, Flugblätter, Film/Prosaausschnitte oder Berichtüberblick vorkommen. Die Texte sind entweder kurz (50100 Worte), mittellang (ca. 250 Worte) oder lang (ca. 400 Worte), behandeln tägliche Themen und Situationen aus dem persönlichen, öffentlichen oder schulischen Bereich. Im profilierten Teil der Abiturprüfung werden die spezifischen Ziele wie folgt bestimmt: „Der Schüler kann: - den Hauptgedanken/Grundsinn des Textes verstehen - die Intention, Meinung und/oder Einstellung des Autors/Erzählers/der Gestalten verstehen - die Wünsche und/oder Gefühle des Autors/Erzählers/der Gestalten verstehen - die Hauptpunkte erkennen - den Textaufbau verstehen/die Folge der Grundgedanken - Informationen aufsuchen - Wichtige Einzelheiten aufsuchen - Die Informationen aus unterschiedlichen Textteilen zusammenfinden - Die Informationen aus mehreren Kurztexten zusammenfinden - Die Einzelheiten in Anweisungen verstehen - Die Bedeutung unbekannter Ausdrücke erraten - Erkennen, ob eine Text eine oder mehrere relevante Informationen beinhaltet“ (2005:7) In dem Katalog der Anforderungen zur Abiturprüfung – Die Deutsche Sprache 2 (2005:8) werden die verwendeten Texte als inhaltlich und sprachlich kompliziert beschrieben, es sind Texte des informierenden, künstlerischen oder populär-wissenschaftlichen Stils, es können auch literarische Texte sein – Rezensionen, Prosaausschnitte, Korrespondenz, Broschüretexte, Merkblätter usw. Ein großer Unterschied zur Gestaltung der Prüfung im gemeinsamen Teil ist die Herkunft der Texte, es sind nämlich entweder Autorentexte oder authentische Texte aus der Presse oder den elektronischen Medien (Webseiten, Zeitungen, Zeitschriften, usw.) Die Texte sind nie länger als das Format A4, kurze Texte umfassen ungefähr 100 Worte, mittellange umfassen eine Hälfte der A4-Formatseite, lange und komplizierte Texte haben den Umfang einer A4Formatseite. Die Texte betreffen bekannte und wenig bekannte Themen, denen der Schüler im persönlichen, sozialen, schulischen oder Arbeitsbereich begegnen kann, es sind Texte sowohl konkreten als auch abstrakten Charakters. 3.2 Die Lehr- und Lernziele Kapitel 3.2 ist der Bestimmung und Rolle der Lehr- und Lernziele im Unterricht DaF gewidmet. Dabei stütze ich mich einerseits auf die Publikation Deutsch als Fremdsprache. Eine Didaktik. Theoretischen Grundlagen und praktische Unterrichtsgestaltung (2001) von Günther Storch und andererseits auf Peter Doyés Aufsatz im Handbuch Fremdsprachenunterricht (1995). Doyé versucht die Unterschiede zwischen den Termini Lehrziel und Lernziel klar zu erfassen: entweder als Ziele der Lernenden und/oder der Lehrenden. Beide beziehen sich auf Kompetenzen, Kenntnisse und Haltungen von Menschen im Unterricht, die aber aus der Perspektive der lernenden und/oder lehrenden Person nicht identisch sein müssen. Als Lernziele verstehen wir die Ziele, die sich die Menschen (Lernenden) für ihr eigenes Lernen setzen. In manchen Lernsituationen werden diese Ziele nur vage definiert (z.B. „einfach Deutsch sprechen zu können“) oder sie stimmen mit den intendierten Zielen der Lehrenden (z.B. „Aneignung aller sprachlichen Kompetenzen auf dem Niveau C2 im Unterricht auf Gymnasium“) in gegebenen Situationen nicht überein. Die Lernziele sollen immer aus der subjektiven Ambition und objektiven Möglichkeiten des Lerners gebildet werden. Die Lehrziele sind Ziele, die Menschen bei der Steuerung des Lernens anderer intendieren. Sie erfassen sowohl die allgemeinen pädagogisch-didaktischen Ziele der schulischen Erziehung und Ausbildung, als auch die konkreten fachlichen Teillehrziele des Unterrichts und dessen Einheiten. Im Bereich des Fremdsprachenunterrichts leistete vor allem die Berliner Didaktische Schule (auch als Berliner Didaktik oder Berliner Modell bezeichnet) einen bedeutenden Beitrag zur Bestimmung der Lehrziele. Die Vertreter dieser Schule haben die Ziele in drei unterschiedliche Dimensionen geteilt, je nach den Eigenschaften, die in ihnen angestrebt werden. 3.2.1 Pragmatische Lernziele Innerhalb der pragmatischen Dimension werden solche Ziele bestimmt, die zur Aneignung der „praktischen Fähigkeit zum Gebrauch und zum Verstehen der Sprache vermitteln sollen“ (1995:161f). Diese praktische Fertigkeit wird in der neuen Daf-Didaktik als Kommunikationsfähigkeit bezeichnet und umfasst die vier fundamentalen sprachlichen Kompetenzen des Sprechens, Hörverstehens, Schreibens und Leseverstehens. Es sind diese kommunikative Kompetenzen, die den Lerner zum Vollzug sprachlicher Akte d.h. Kommunikation in der Fremdsprache befähigen. Storch führt dazu an, dass diese Lernziele „in Bezug auf möglichst genau definierte Lernergruppen und deren (zukünftige) kommunikative Bedürfnisse“ bestimmen werden sollten. (2001:25) Als Kriterium schlägt er, in Anlehnung an Neuner, die Nützlichkeit für die Lernenden sowie zukünftige Gebrauchs- und Verwendungsrelevanz in der jeweiligen Gruppe von Lernenden vor. Für die angemessene Auswahl der pragmatisch verwertbarer sprachlicher Mittel setzt er folgende Fragen als Anhaltspunkte: „ • Welche Rollen werden die Lernenden zukünftig einnehmen, wenn sie in der Fremdsprache kommunizieren? Kunde, Zeitungsleser, Tourist usw. • In welchen Situationen werden sie (in diesen Rollen) voraussichtlich in der Fremdsprache kommunizieren? Privater Raum, Hotel, Restaurant, Geschäft, Arzt usw. • Welche Kommunikationsabsichten werden sie dabei wahrscheinlich verfolgen? Informationen erfragen, ihren Namen nennen, Wünsche äußern, sich entschuldigen usw. • Welche Themen sind wahrscheinlich Gegenstand der Kommunikation? • Zu ergänzen wäre: Welche Textsorte werden verwendet und in welchem Medium findet die Kommunikation statt?“ (2001:26) Hat man diese Fragen zufriedenstellend beantwortet, kann die Auswahl von Elementen des linguistischen Systems und ihrer Integrierung in das Unterricht anfangen. Doyé erklärt noch dazu, dass man in diesen Situationen die Gefahr der isolierten Aneignung der Teilkompetenzen (Verwendung der syntaktischer, lexikalischer, phonologischer, orthographischer Sprachmittel) laufen kann; die Bereiche der Kommunikationen werden zu streng von einander getrennt und als solche didaktisiert. Die Lehrwerke setzen sich mit der unterschiedlichen pragmatischen Orientierung ihrer Verbraucher relativ flexibel auseinander, einige bevorzugen das Einüben der situationsadäquaten Realisierung von Redeintentionen in bestimmten Rollen („Deutsch aktiv“), andere gehen von den „elementaren Lebensfunktionen in industrialisierten Ländern“ aus („Themen“). (2001:26) Storch bemerkt, dass die bedarfsorientierte pragmatische Didaktik auch ihre Kritiker fand und eine Reaktion auf diesen Ansatz stellte die erneute Hinwendung zur Literatur oder internationaler Landeskunde dar. 3.2.2 Kognitive Lernziele Die kognitiven Lernziele verfolgen die Vermittlung der Kenntnisse über andere Länder und deren Kultur innerhalb des Fremdsprachenunterrichts. Dies ist eines der wichtigsten gesellschaftlich-politischen Ziele des Unterrichts. In der Landeskunde sollten nur die Inhalte und Gebiete der fremden Kultur thematisiert werden, die entweder das erforderliche oder wünschenswerte Hintergrundwissen für das intendierte sprachliche Handeln bieten oder die als repräsentativ, typisch für die Kultur gelten können. Einen besonderen Stand in dem Unterricht sollten dann die Bereiche der fremden Kultur darstellen, die den jungen Lernern näher als andere stehen, sie stützen damit das Interesse der Schüler sowohl am Thema, als auch an der Sprache selbst. Aus pädagogischer Sicht sind für Doyé auch die soziokulturellen Bereiche der beiden Kulturen zu behandeln, die leicht Konflikte auslösen könnten; die Spannungen können somit gewaltlos reflektiert und/oder beseitigt werden. Bei Storch sollen neben dem landeskundlichen Wissen (Wissen über „Land und Leute“ der deutschsprachigen Länder) auch soziokulturelles Wissen, pragmatisches Wissen und Wissen über das Lernen von Fremdsprachen der Lernenden beigebracht werden. Unter dem Begriff soziokulturelles Wissen meint Storch die Befähigung der Lerner zum situations- und partnergerecht adäquaten Verhalten in einem deutschsprachigen Land und zum adäquaten Einschätzen der wichtigen Aspekte des Alltagsvershaltens der Menschen in der fremden Kultur. Als pragmatisches Wissen versteht er die Befähigung zum angemessenen sprachlichen Handeln, entsprechend der kommunikativen Absicht und der jeweiligen Textsorte, und zum Verstehen des sprachlichen Handelns der Menschen der deutschsprachigen Kultur. Ein Teil des kognitiven Wissens ist ebenso die richtige Anwendung von sprachlichen Strategien (Produktions-, Verstehens-, Kompensationsstrategien), die als strategisches Wissen bezeichnet werden kann. Das Wissen über das Lernen von Fremdsprachen kann den Lernern helfen, ihr Lern- und Kommunikationsverhalten zu reflektieren und es selbstständig weiterzuentwickeln. Das Wissen im sprachsystematischen Bereich wird eher als Hilfswissen verstanden und es dient primär der Vertextung der einzelnen sprachlichen Mittel, es ist keine Komponente der Kommunikationsfähigkeit. „Die kognitiven Lernziele des Fremdsprachenunterrichts sind handlungsorientiert, d.h. sie sollen zu einem adäquaten sprachlichen und nichtsprachlichen Verhalten in der zielsprachlichen Umgebung und einem angemessenen Umgang mit den Menschen dort beitragen. Insofern sind sie kein Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck, und ihre Auswahl orientiert sich weitgehend daran, inwieweit sie diesem Zweck dienen.“ (2001:28) 3.2.3 Emotionale Lernziele Zusammen mit der Vermittlung der Werte und Kultur der fremden Länder ist die Erziehung zur Völkerverständigung eines der Bildungsaufträge der Schule überhaupt. Dieses affektive Lernen ist insofern stark mit den kognitiven Lernzielen verbunden. Es beruht auf der Beschäftigung mit anderen Ländern und Kulturen mit dem Lehrziel die Haltungen und Einstellungen wie Offenheit, Toleranz und Kommunikationsbereitschaft zu fordern. Doyé versteht die Offenheit als Freiheit von Vorurteilen, Offenheit für neue Erfahrungen. Als Ideal sieht er die Fähigkeit, den Angehörigen anderer Kulturen mit der gleichen Offenheit wie den Angehörigen der eigenen Kultur zu begegnen. Toleranz stellt eine weitere Stufe in den Einstellungen gegenüber fremden Kulturen dar, es ist „die Fähigkeit, das andere gelten zu lassen neben der eigenen Art zu leben und die Welt zu sehen.“ (1995:164) Die Kommunikationsbereitschaft lässt sich als die Manifestation der oben erwähnten Haltungen auffassen. Es ist „die Haltung desjenigen, der angesichts der erlebten Andersartigkeit von Phänomenen der fremden Kulturen und aufgrund seiner Neigung, sie als gleichwertig zu akzeptieren, bereit ist, aktiv zu werden,...“ (ebenda) Die Kompetenzen, Kenntnisse und Haltungen, die entweder als pragmatische, kognitive oder emotionale Lernziele verstanden werden, sind nur einige der Inhalte und Fähigkeiten, die die Schule vermitteln und beibringen soll. Zu den allgemeinen pädagogisch-didaktischen Zielen der Schule gehört auch Erziehung zur Selbstständigkeit und Verantwortungssein, zu Kritikfähigkeit, zu sozialem Verhalten und Solidarität, zur Emanzipation. 4 Begriffsdefinition: Rezeptive Fertigkeiten 4.1 Allgemeines Die Sprachfertigkeiten können als die einzelnen Sprachaktivitäten beschrieben werden, eine generelle Definition in Hendrichs „Didaktika cizích jazyků“ (1988) spricht man von der „Fähigkeit die Fremdsprache zum Zweck der Kommunikation zu benutzen“. (1988:186) Zur Aneignung einer Sprachfertigkeit führt der Weg nur über eine Sprachaktivität und jede Sprachaktivität hat ihre eigenen Spezifika und spezifische Entwicklungsmechanismen. Wie Günther Storch in seiner Publikation Deutsch als Fremdsprache. Eine Didaktik. Theoretische Grundlagen und praktische Unterrichtsgestaltung (2001) behauptet, stellt die Aneignung aller dieser Fertigkeiten das oberste Lehr- und Lernziel im Fremdsprachenerwerb dar, der sich im Medium der gesprochenen oder geschriebenen Sprache ereignet. Je nach der kommunikativen Grundhaltung, die ein kommunikativer Handelnder einnehmen kann, werden die Fertigkeiten in rezeptive (Informationsentnahme) oder die produktive (Informationsvermittlung) geteilt. Zwischen den Fertigkeiten bestehen enge Zusammenhänge, es wird allgemein (auch bei Storch) davon ausgegangen, dass die Beherrschung der rezeptiven Fertigkeiten der Aneignung der produktiven vorausgeht, Sprechen setzt Hören und Verstehen voraus, Schreiben setzt Lesen und Verstehen voraus. Psychologisch gesehen ist das sprachliche Handeln des Sprechens immer mit dem Handeln des Hörens verknüpft, genau wie es beim Schreiben mit dem Lesen der Fall ist. Durch das automatische Mithören und Mitlesen wird zugleich vom Sprachverwendenden eine Kontrolle über die Sprachproduktion ausgeübt. Dieses zeigt, dass die Fertigkeiten in realen Bedingungen meist nicht isoliert verwendet werden und dass die konventionelle Unterscheidung der vier Fertigkeiten vereinfacht vor allem dem Fremdsprachenunterricht zu dienen versucht. Eine selbstständige Art von Sprachfertigkeiten bietet Dolmetschen und Übersetzen (Sprachmittlung), denn diese Fertigkeiten benötigen einen hohen Grad an allen linguistischen Fähigkeiten, und sie werden speziell entwickelt. 4.2 Hörverstehen Eine der Grunddefinitionen (in Hendrich) dieser Sprachaktivität besagt, dass sie in der Wahrnehmung der Fremdsprache und Verständnis des Gedankengehalts der Aussage liegt. Da in der menschlichen Kommunikation der größte Teil des sprachlichen Inputs als gesprochenes Wort vorkommt, scheint die Rolle des Hörens und Hörverstehens in dem Sprachenerwerb zentral zu sein. Die Entwicklung beruht in der Hörschärfung und allmählichen Befähigung zur genauen Unterscheidung nicht nur des Inhalts, sondern auch der einzigen artikulatorischen und prosodischen Erscheinungen. Das Hörverstehen ermöglicht eine sukzessive Verbesserung des Sprechens und des lauten Lesens, es wirkt auch indirekt auf das Schreiben. Als eine rezeptive Fertigkeit weist das Hörverstehen einige Gemeinsamkeiten mit dem Leseverstehen auf. Es handelt sich laut H.W. Huneke und W. Steinig (2002:118ff) bei beiden Sprachaktivitäten um Wahrnehmung und Verarbeitung des übermittelten fremdsprachlichen Materials im Zusammenspiel der aufsteigenden (bottom-up) und absteigenden (top-down) Informationsverarbeitung. In den aufsteigenden Prozessen verläuft vor allem die Registrierung des akustischen Datenstroms, Hendrich unterscheidet in diesem Bereich drei Phasen, die er als „auditive Registrierung, auditive Integration und auditive Identifikation“ beschreibt. (1988:194) In absteigender Informationsverarbeitung wird der Datenstrom interpretiert, die einzelnen Wörter werden als Lexeme, Flexionsmorpheme erkannt, die syntaktischen Zusammenhänge werden erkannt, in dieser Phase (die semantische Interpretation der Aussage bei Hendrich) werden auch Sinnerwartungen aufgebaut und erprobt, Verstehenslücken werden geschlossen durch Vermuten oder Erraten und schließlich werden neue Wissensbestände integriert. Beim Hörverstehen wirken auch einige spezielle Faktoren mit, die beim Leseverstehen eine andere Bedeutung haben können. Einerseits handelt es sich um das Medium der gesprochenen Sprache, das die Kenntnisse des phonologischen Inventars der Sprache als eine notwendige Voraussetzung darstellt. Dazu können auch weitere Realisationszufälligkeiten (individuelle menschliche Stimmen, Nuscheln, Heiserkeit usw.) bei den Sprechern kommen, die das Verständnis in kommunikativen Situationen erschweren können. Ähnlich kann auch die mangelnde akustische Qualität bei Vermittlung des Signals ein Hindernis zum befriedigenden Verständnis darstellen. In den Situationen, die beim Üben des Hörverstehens im schulischen Bereich vorkommen, fehlen meist die nonverbalen Zeichen wie Gestik und Mimik, die das Kommunikationsgelingen erleichtern. Ein grundsätzlicher Unterschied findet sich in der zeitlichen Gebundenheit des Hörens, die lineare Abfolge der Sprecherkommunikation verläuft in realer Zeit und bildet damit einen wichtigen Stressfaktor für die Nichtmuttersprachler, der Hörer hat keine Möglichkeit des Verweilens oder des Zurückspringens wie es beim Lesen der Fall ist. Aus diesem Grunde wird beim Hören und Hörverstehensübungen besonders das Kurzzeitgedächtnis gefordert, in dem es in kürzester Zeit 7± 2 Elemente leicht aufnehmen und verarbeiten kann, solange bis diese Elemente z.B. zur Hypothesenaufstellung verwendet werden. In der Fremdsprache und deren Unterricht wird dieses um das fremdsprachliche Zeichenmaterial erschwert. In nichtauthentischen Kommunikationssituationen im Unterricht wird meist die Standardsprache oder die geschriebene Sprache präsentiert, da sie als ein Vorbild für die eigene Sprachproduktion der Nichtmuttersprachler dienen soll. Wenn diese aber in authentische Kontakte mit Muttersprachlern kommen, werden sie mit unterschiedlichen Varietäten der Sprache konfrontiert. Im Unterricht sollten deshalb Faktoren wie nationale Ausprägungen des Deutschen in Deutschland, Österreich und in der Schweiz, Dialekte, Soziolekte, Sondersprachen, spezifische sprachliche Register, Idiolekte, „foreigner talk“ („Ausländerregister“, die vereinfachende und fehlerhafte Sprechweise vieler Muttersprachler mit Ausländern) und unterschiedliche Grammatik und Lexik, die in authentischer Kommunikation der Muttersprachler verwendet werden, mitberücksichtigt werden. 4.2.1 Hörerstrategien Im Bereich des Hörverstehens sollen wir einige Hörstile spezifizieren, die sich in der Intensität und der Zielsetzung unterscheiden. Globales/extensives/kursorisches Hören - die hörende Aufnahme weniger Informationsteile einer Äußerung reicht aus zu deren allgemeinem Verständnis Detailliertes/intensives/totales Hören - das Verstehen der Gesamtäußerung verlangt die Aufnahme aller Detailinformationen Selegierendes/selektives Hören - nur Einzelinformationen werden nach Hörererwartung oder -interesse entnommen Zielgerichtetes Hören - auf Grund von Aufgabenstellungen oder Hinweisen wird nur auf bestimmte Informationen geachtet 4.3 Leseverstehen Die Gelegenheit zum Lesen eines fremdsprachlichen Textes bietet sich im Allgemeinen häufiger als die einer Konversation in der Fremdsprache. Darüber hinaus verläuft ein beträchtlicher Teil der Kontakte durch schriftlich niedergelegte Texte. Im Unterricht sind das vor allem Sprachlehrwerke, zusätzliche Lektüretexte oder auch Sprachenzeitschriften. Später und außerhalb des Unterrichts repräsentieren diese sprachliche Aktivität fremdsprachliche Zeitungen, Zeitschriften oder auch Bücher und Internet. In Hendrichs Didaktika cizích jazyků finden wir folgende Definition: „Das Leseverstehen ist eine rezeptive Fertigkeit, die vielmehr auf der Fähigkeit des Widererkennens der sprachlichen Mittel und des Sinnverständnis eines graphischen Texts beruht, als auf einer aktiven Kenntnis.“ (1988:222) Beim lauten Lesen kommt noch eine zusätzliche aktive akustische Realisierung der Sprache dazu. Das Leseverstehen wird, nach Huneke/Steinig, als die relativ einfachste Fertigkeit angesehen, beim Lesen wählt sich der Leser sein Tempo (kein Stressfaktor der Zeit), der geschriebene Text ist eine zeitlich festgebundene Gestalt, die graphisch klar dargestellt wird. Die Ziele des Lesens werden je nach dem unterschiedlichen Alter der Studenten formuliert. Als ein Teilziel ist die Technik des Lesens zu verstehen, es umfasst die Aussprache der Grapheme und die Aussprache der sprachlichen Komplexe. Das Verstehen eines Textes wird als das eigene Ziel des Lesens angesehen, allerdings muss die Bedingung der Kenntnis der sprachlichen Mittel der Fremdsprache erfüllt werden. Das Leseverstehen ist eine wichtige didaktische Sprachaktivität in dem Sinne, dass sie auch die Erkenntnisfähigkeit der fremdsprachlichen Verbindungen und Konstruktionen stützt und zur Festigung der orthographischen Gewöhnungen der Schüler dient. Die Phasen des Lesens und Leseverstehens werden in dem Kapitel 2 dieser Arbeit weiter behandelt, an dieser Stelle soll gesagt werden, dass diese ähnlich wie beim Hören vorkommen, als aufsteigende (visuelle Wahrnehmung des Textes, integrative Wahrnehmung, Identifikation) und absteigende Informationsverarbeitung (Interpretation des Textes). Bevor man aber zu den eigentlichen Wahrnehmungs- und Dekodierungsprozessen des Lesens kommt, muss vielfältiges Wissen primär mobilisiert werden, einerseits um die Verwendbarkeit des Textes zu prüfen, andererseits zum Aufbauen verschiedener Sinnerwartungen, die das Verstehen eines Textes erleichtern können. Es handelt sich beim Lesen nicht nur um Dekodieren graphischer Zeichen, sondern auch um einen begleitenden Prozess im Gedächtnis, der bereits gespeicherte Wissensbestände unterschiedlichen Wissens aktiviert. 4.3.1 Lesestile Für die Unterscheidung der Lesestile wird die Unterteilung in Gerhard Westhoffs Publikation „Fertigkeit Lesen“ (1997) und Rosemarie Buhlmann und Ingeborg Laveaus „Arbeit mit Sachtexten“ (1992) verwendet. Orientierendes Lesen Das orientierende Lesen ist ein eher strukturierendes, abwägendes Lesen mit dem Ziel, einen Überblick über den Textinhalt zu gewinnen und die hierarchischen Zusammenhänge festzustellen. Eine wichtige Überlegung beim Lesestil ist, ob der Text für den Leser wichtige oder interessante Informationen enthält oder nicht. Der Leser nimmt dabei eine Ja/Nein Haltung ein. Oft kommt bei diesem Lesestil nach der Feststellung der uninteressanten Informationen zur Unterbrechung der Lektüre. Der Leser orientiert sich vor allem am Titel des Buches, am Inhaltsverzeichnis, an Abbildungen, Statistiken und Bildkommentaren. Selektives (selegierendes) Lesen Beim selektiven Lesen will der Leser wissen, ob die spezifische Information, die er sucht, im Text ist oder nicht und vor allem wo. Er liest möglichst schnell durch, um bestimmte Informationen herauszufinden. Alle anderen Informationen werden als „unwichtig“ nicht berücksichtigt. Eine Voraussetzung für den Einsatz dieses Lesestils ist das Erkennen der Textsorte durch den Leser. Selektives Lesen ist an die Kenntnis der Lokalisierung von Informationen in einem Text gebunden. Dieser Lesestil setzt also das Wissen um die Prinzipien der Informationsanordnung im Text voraus, also das Wissen um die Textsorte. Dieser Lesestil kann beim Lesen eines recht umfangreichen Textes oder anderer spezifischen Textsorten wie Fahrplan oder Preisliste eingesetzt werden, dabei werden nur 10-15% des Textes tatsächlich gelesen. Globales (kursorisches Lesen) Das Ziel bei diesem Lesestil ist, Hauptinformationen zu erfassen. Der Leser verschafft sich einen ersten Überblick über die Makrostruktur, Thema und Teilthemen, welche die Hauptinformationen und den Aufbau des Textes vermitteln. Der Leser konzentriert sich nur auf das inhaltlich Relevante und Nebensächlichkeiten oder Einzelheiten lässt er unbeachtet. Wenn die erste Orientierung im Text (Textsorte, Aufbau) gelingt, markiert bzw. notiert der Leser die sprachlichen Elemente des Textes, d.h. zentrale Begriffe und wichtige Inhaltswörter (Nomen oder Verben). Dabei kann die optische Präsentation des Textes wie Überschrift, Unterteilung in Abschnitte, Hervorhebungen durch Schriftarten, Nummerierung, Abbildungen eine wichtige Verstehenshilfe darstellen. Ein Beispiel für das globale oder kursorische Lesen ist das Überfliegen der Zeitungen oder Zeitschriftenartikel, zur Feststellung der Hauptinformation genügt dem Leser circa 70 % des Gesamttextes zu lesen. Totales (detailliertes) Lesen Totales Lesen wird dann eingesetzt, wenn das vollständige Verständnis eines Textes bis in Einzelheiten gefragt ist. Der Text soll auf allen sprachlichen Ebenen komplett erschlossen werden, inklusive des (Spezial-)Wortschatzes. Diese Art des Lesens fördert einen hohen Grad der Konzentration und analytisches Lesen. Totales Lesen verwendet man in Situationen, wo alle Informationen im Text neues Wissen präsentieren oder keine der Informationen redundant bzw. irrelevant ist. Solches Lesen wird oft bei der Lektüre eines Rechtstextes wie Vertrag, Gesetztext, Formulare oder Fragebogen benutzt. 5 Wissensgesteuerte Leser-Text-Interaktion (Leserstrategien, Antizipationsübungen) Im Fokus dieses Kapitels stehen die „absteigenden“ top-down Prozesse, die zum Verständnis eines Textes wesentlich beitragen oder es gar ermöglichen. Diese werden in der Phase der Vorbereitung auf das eigentliche Lesen durchgeführt und ihr Ziel ist, den Leser auf das Thema, die Sprache und die weitere Arbeit mit dem Text vorzubereiten. Richtig aktiviertes Vorwissen über die Textsorte und Textinhalte, wie auch die formulierten Leseabsichten können nicht nur das Lesen erleichtern, sondern beeinflussen das eigentliche Verstehen des Textes in hohem Maße. In den folgenden Erläuterungen wird von der bereits erwähnten Publikation Günther Storchs Deutsch als Fremdsprache. Eine Didaktik. Theoretische Grundlagen und praktischen Unterrichtsgestaltung (2001) ausgegangen. Storch behauptet, dass „je mehr Wissen der Leser aktiviert, desto weniger Informationen muss er dem Text selbst entnehmen; korrekt aktiviertes Wissen macht das Verstehen zu Wiedererkennen.“ (2001:127) Diese Aussage unterstützt die Prämisse, dass im Text so viele redundante Informationen vorkommen, dass sie nicht mehr aktiv gelesen und dekodiert werden müssen. Dieses betrifft nicht nur die sprachlichen Erscheinungen, sondern auch die tatsächlichen Textinhalte. Der Leser soll vor dem Lesen die entsprechenden Schemata seines allgemeinen Weltwissens und Sachwissens (Weltwissen und Wissensstrukturen bei Storch) aktivieren, die für das Verstehen des Textes hilfreich sein könnten und die ihm helfen, bestimmte Erwartungen, Hypothesen, aber auch Leseabsichten herauszubilden. Voraussetzungen für die Schaffung dieser wissensgesteuerter Kenntnisse sind die „Einsichten in die pragmatischen Bedingungen und den globalen Inhalt eines Textes.“ (ebenda) Diese Einsichten gewinnt der Leser durch Beantwortung einiger elementaren Fragen zur Textgestaltung und dessen Umgebung. Storch nennt folgende Textannäherungsfragen: „- wo findet man einen solchen Text? - was für eine Textsorte liegt vor? - wer hat diesen Text geschrieben? - welche Funktion hat dieser Text? - an wen richtet sich der Text? - worum geht es in diesem Text?“ (ebenda) Aufgrund dieser Informationen kann der Leser „eine Leseintention bilden (Was interessiert mich an dem Text?), das relevante Kontextwissen aktivieren, Hypothesen zum Textinhalt bilden und überprüfen oder gezielt nach bestimmtem Informationen im Text suchen.“ (ebenda) In didaktischer Hinsicht kann man diese wissensgesteuerte Teilprozesse in einer Unterrichtssituation durch Strategieübungen trainieren. Einer der Hinweise, die der Leser zum Verstehen eines Textes verwerten kann, ist, nach Storch, die pragmatische Situierung eines Textes. Bei vielen Textsorten ist diese Situierung und der globale Inhalt offensichtlich, da sie durch die Textsorte benannt wird bzw. werden (z.B. Fahrplan, Telefonbuch, Speisekarte usw.). Trotzdem sollten diese Texte im Unterricht behandelt werden – im Hinblick auf ihre kulturspezifischen und sprachlichen Eigentümlichkeiten, die der erstsprachigen Kultur nicht entsprechen. Als einen weiteren Schritt erwähnt Storch die Übungen zur Bildung einer Leseintention, die sehr eng mit dem eigentlichen Lesestil des jeweiligen Lesers verbunden ist. Bei Zweitsprachenerwerb kann man auch oft auf das Problem der zu wörtlichen Dekodierung eines Textes geraten. Die Lesenden müssen dazu geführt werden, dass auch im fremdsprachlichen Lesen eine natürliche Lesehaltung angebracht ist. Als eine Übungsstrategie empfiehlt Storch eine thematische Zuordnung von Zeitungs- und Zeitschriftüberschriften, die zur weiteren Beurteilung des subjektiven Interesses am Lesen und an den bestimmten Informationen im Text dient. Die Leser sollen lernen, wie die thematischen Bereiche mit ihrer Lesemotivation zusammenhängen können. Während der Leser mit der Textsorte, dem Thema (nach Überschrift, begleitenden Bildern) vertraut gemacht wird, bildet er zugleich erste Hypothesen über den Textinhalt, er gewinnt erste inhaltliche Orientierung über den Text. Die Leseintention kann ebenso dadurch geformt werden, indem die Lernenden dazu aufgefördert werden, zu dem Text (den sie noch nicht gelesen haben, zu dem sie aber bereits bestimmte Erwartungen haben) Fragen zu stellen, die sie an dem jeweiligen Text interessieren würden. Oftmals kommen die Fragen vor, die im Text tatsächlich behandelt werden und daher mit den bestehenden Erwartungen (Hypothesen) und Wissensstrukturen der Lesenden konfrontiert werden können. Wenn die Leser einen unbekannten Text mit solchen Fragen im Bewusstsein verarbeiten, gehen sie selektiv vor und konzentrieren sich dabei nicht auf alle Einzelheiten, wie das häufig der Fehler ist. Solches fragengeleitete Textverstehen erleichtert somit das Verstehen des ganzen Textes und der Gesamtaussage. Eine ähnliche Art von Wissensaktivierung bietet Storch in Form vom hypothesengesteuerten Leseprozess. Das Prinzip bleibt gleich wie bei dem fragengeleiteten Textverstehen, nur in diesem Falle werden nicht Fragen zum Thema bzw. Text gestellt, sondern die Leser entwickeln eigene mehr oder weniger komplexe Hypothesen über den Textinhalt, z.B. Wer ist der Mann wohl?, woher hat er das Geld, warum verschenkt er das Geld usw. In gleicher 44 Weise können die Leser bestimme Informationen aufgrund von der Überschrift oder anderer Textmerkmale antizipieren. Die Hypothesen werden während des Lesens überprüft und als richtig oder falsch ausgewertet. Auch bei dieser Strategie konzentrieren sich die Lesenden auf die Aussagen, nicht auf jedes Wort. Hypothesengeleitetes Textverstehen kann durch einen „Voraussagetext“ (nach Westhoff 1987:119) geübt werden. Bei dieser Übung erhalten die Leser nur einen Textteil oder Abschnitt und sie werden dazu aufgefördert Hypothesen zu bilden. Danach erhalten sie den weiteren Teil/Abschnitt und sollen ihre Hypothesen modifizieren, präzisieren bzw. neu bilden usw. Ähnlich kann hypothesengeleitetes Textverstehen durch ein Assoziogramm geübt werden: „Anhand des Titels/Themas eines Textes, eines Bildes zu einem Text o.ä. wird ein Assoziogramm erstellt (→5.2.2.1), das textrelevante Schemata bzw. wichtigen Wortschatz aktiviert, eine Leseintention aufbaut und den Verstehensprozess erleichtert.“ (2001:133) Eine andere Möglichkeit stellt die Markierung der Informationen dar, die der Leser verstehen muss, um entsprechend der Leseintention bestimmte textbezogene Fragen beantworten zu können. Diese Übung (Textinformationen gewichten bei Storch) soll erst nach der Bildung der Leseintention und Globalverständnis durchgeführt werden. Es dient der Entwicklung der Fähigkeit, wichtige Informationen von den unwichtigen zu unterscheiden. Analog kann man diese Übung mit Wortschatzeinheiten (Wortschatz einschätzen) machen; die Leser markieren nach Schaffung der Leseintention und des Globalverständnisses die Begriffe, die man unbedingt verstehen muss, um entsprechend der Leseintention bestimmte textbezogene Fragen beantworten zu können. Antizipation Die Fähigkeit, bestimmte Vermutungen über den Inhalt und Fortgang eines Textes noch vor dem eigentlichen Lesen innerlich zu formulieren, nennt man Antizipation. Die Richtigkeit dieser Vermutungen wird dann durch die Lektüre überprüft und (nicht) bestätigt. Dieser kognitive Prozess läuft vor dem und parallel zum Lesen ab, zeitlich ist er nur schwierig zu erfassen und z.B. beim Lesen eines erstsprachigen Textes wird er nur selten wahrgenommen. Damit die Leser eine möglichst natürliche Lesehaltung (wie in der Erstsprachenlektüre) einnehmen können, soll man diese Fähigkeit im Zweitsprachenunterricht durch geeignete Übungen stärken. 45 Storch bietet einige Vorschläge zum Üben der Antizipation und zum hypothesengeleiteten Leseverstehen unterhalb der Textebene. Es werden die Übungsformen erwähnt, die direkt zum Verstehen eines Textes dienen: Eine der wichtigsten sprachlichen Erscheinungen für die Sinneserschließung sind die Konnektoren, Storch gibt folgende Definition an: „Konnektoren sind Kohäsionselemente auf einer mittleren satzübergreifenden Textebene, die inhaltlich-logische Zusammenhänge innerhalb eines Textes explizieren.“ (2001:133) Sie verdeutlichen die unterschiedlichen semantischen Beziehungen zwischen zwei oder mehr Sätzen und ermöglichen es auch die „Textinformationen zu erschließen bzw. Hypothesen über den weiteren Textverlauf zu bilden.“ (2001:134) Für die Leser stellen die Konnektoren eine mögliche Hilfe bei Verständnisproblemen im Bereich des Wortschatzes; kennt der Leser den entsprechenden Konnektor, kann er die semantischen Verhältnisse erfassen. Die Übungen variieren von Cloze-tests, wo die Konnektoren auch zur Auswahl angegeben werden, bis zu offenen Aufgaben mit Schwerpunkt auf der Verwendung der richtigen Konnektoren. Storch führt folgendes Beispiel aus seiner und Hubert Eichheims Publikation Mit Erfolg zum Zertifikat (1992:65) an: „1. Wir gingen dann zusammen auf die Straße. Obwohl es regnete, ____________________________________________________ Nach zehn Minuten waren wir dann bis auf die Haut nass. 2. Der Vater machte Karl schwere Vorwürfe, als er das Schulzeugnis sah. Schließlich sagte er: „Entweder du lernst___________________ 3. Die Mutter rief Sabine noch zu: „Zieh deinen Wintermantel an, damit_________________________ „Es ist doch gar nicht kalt draußen!“ erwiderte Sabine. Und schon war sie auf der Straße. 4. Er trainiert jeden Tag zwei Stunden, um sich auf die Olympiade vorzubereiten. Trotzdem______________________________ 5.....“ (2001:134) Ähnlich konzipiert ist diese Erschließungsübung: 1. „Er lernte sehr intensiv für den Test; trotzdem.... 2. Sie war eine sehr intelligente und fleißige Schülerin; deshalb... 3. Er hatte im Zeugnis nur schlechte Noten, weil.... 4. Turnen war sein Lieblingsfach, aber.... 5. Die Schule machte ihr keinen Spaß, obwohl... 6. ....“ (2001:134) 46 Es mag wohl erscheinen, dass die Konnektorenübungen überwiegend als Grammatik oder Syntaxübungen konzipiert werden, ihre semantische Rolle für das Textverstehen ist trotzdem nicht zu unterschätzen und sollte entsprechend im Unterricht gefördert werden. Die Sinneserschließung oder die Erschließung der sog. Textlücken ermöglichen nicht nur die semantischen Verhältnisse, die von Konnektoren verbalisiert werden. Der Text als eine semantisch kohäsive Einheit bildet einen sprachlichen und textlichen Kontext, der mit vielen Redundanzen und Texthinweisen das Verstehen ermöglicht und erleichtert. In den folgenden Übungen zeigt Storch, wie auch die unbekannten schwierigen Textteile semantisch erschlossen wurden: Die Leser bekommen einen zusammenhängenden Text, in welchem einige Textinformationen, manchmal ganze Sätze fehlen. Nach dem Globallesen und Sicherung des Globalverständnisses sollen sie die weggelassenen Textteile teilweise ergänzen, teilweise sollen sie überlegen, was für Informationen in den Lücken stehen könnten. Nach dieser möglichst Gruppen- oder Paaraktivität bekommen die Schüler die eigentlichen Textteile und sollen für sie die entsprechende Textstelle finden und sie mit ihren ursprünglichen Hypothesen vergleichen. Abschließend zu dieser Übung muss die Verständniskontrolle in der Gesamtgruppe bzw. –klasse durchgeführt werden. Eine solche Übung zeigt, wie man auch mit schwierigen unbekannten Textstellen umgehen kann und wie die kontextuellen Verstehensstrategien – wie die Lenkung der Aufmerksamkeit auf die bekannten Textteile und Einbeziehung des Kontextes oder aber des allgemeinen Weltwissens das Textverstehen erleichtern. Die Erschließung der Bedeutung eines unbekannten Wortes aus dem Kontext stellt dagegen eine relativ schwierige und in gewisser Weise eine intuitive Fähigkeit des Lesers dar. Storch behauptet, dass diese sprachlichen Einheiten oft mit Hilfe des Weltwissens begriffen werden können wie z.B. - Die Prinzessin lebte in einem wunderschönen ....(2001:135) Da wir wissen (Weltwissen, Märchenlektüre), dass die Prinzessinnen meistens in einem Schloss leben, können wir daher diese Lücke ergänzen. In einem zusammenhängenden Text hilft uns zugleich der Kontext, Storch bietet folgende Übung: „Schritt 1 (EA/PA): Nach dem Überfliegen des Textes Abb. 4.17 (Ziel: Globalverständnis) erhalten die Lernenden die Aufgabe herauszufinden, worauf sich die Zahlen im Text beziehen. Bei diesem zweiten Verstehensdurchgang, der zum 47 Verstehen aller wichtigen Textinformationen führt, handelt es sich um eine datengesteuerte Verstehensstrategie. Schritt 2 (PA): Nachdem das Textverständnis gesichert ist (Besprechung der Ergebnisse), erhalten die Lernenden die Aufgabe, die Bedeutung der unterstrichenen Wörter zu erschließen und dabei besonders auf den Kontext zu achten. Bei der Besprechung müssen insbesondere die Kontextelemente thematisiert werden, die das Erschließen der jeweiligen Wortbedeutung ermöglichen.“ (ebenda) Zum folgenden Text: „Scheidungsrate bei 35 Prozent Immer mehr Ehen gehen zu Bruch In der Bundesrepublik gehen immer mehr Ehen zu Bruch. Das geht aus der jüngsten Veröffentlichung des Kölner Bundesverwaltungsamtes im Staatanzeiger (6/1987) hervor. Betrug die Scheidungsrate in den Jahren 1960 zehn Prozent und 1970 rund 17 Prozent, so stieg sie inzwischen auf 35 Prozent. Die veröffentlichte Statistik bezieht sich auf die Jahre 1983 bis 1985. Danach gingen 1985 rund 365000 Paare aufs Standesamt. In etwa jeder zehnten Ehe war ein Ausländer mit von der Partie. Auffallend ist dabei die deutlich höhere Zahle der Ehen zwischen einer deutschen Frau und einem ausländischen Mann: rund 16000. Deutsche Männer und ausländische Frauen finden dagegen seltener zusammen: rund 10000mal. Im selben Jahr registrierte das Amt fast 130000 Scheidungen. Damit steht fest, dass etwa jede dritte Ehe wieder gelöst wird. Aus dem Rahmen fallen die Lebensbünde zwischen deutschen Frauen und ausländischen Männern: 45 Prozent dieser Ehen wurden 1985 wieder geschieden. Am dauerhaftesten erweisen sich die Ehen zwischen Ausländern: nur jede fünfte geht zu Bruch. Über die Ursachen der rapide steigenden Scheidungsrate macht das Bundesverwaltungsamt keine Angaben.“ (ebenda:135f) Bei einer solchen Übung muss vorher das Verstehen der Gesamtaussage und der wichtigsten Aussagen des Textes kontrolliert und gesichert werden, erst dann verfügt man über genügendes Kontextwissen, um die einzelnen unbekannten Wortbedeutungen zu erschließen. Eine der Grundgedanken der Didaktisierung des Textverstehens liegt erstmals in der Verlagerung der Aufmerksamkeit von dem Unbekannten auf das Bekannte, und dieses Wissen zum Ausgangspunkt der Erarbeitung der schwierigen und unbekannten Textstellen und Informationen zu machen. 48 6 Textgesteuerte Prozesse beim Leseverstehen Im folgenden Kapitel behandeln wir die Leser-Text Interaktion, die auf den datengesteuerten bottom-up aufsteigenden Prozessen beruht. Diese sollen auf keinen Fall als minderwertig zu den wissensgesteuerten Prozessen verstanden werden, obwohl sie in letzter Zeit in der didaktischen Forschung weniger Aufmerksamkeit bekommen haben. Es sind die datengesteuerten Prozesse, die den Ausgangspunkt für die Textarbeit bieten, sie vermitteln die Daten, die auch zur wissensgesteuerten Verstehensstrategien verwendet werden. Zur Darstellung dieser Problematik wurde, wie in den vorigen Kapiteln, die Publikation Günther Storchs Deutsch als Fremdsprache. Eine Didaktik. Theoretische Grundlagen und praktische Unterrichtsgestaltung (2001) verwendet. Wir übernehmen seine Beispiele der Didaktisierungen der verschiedenen Texte, möchten sie aber auf einige Texte aus der JUMA (1/2005) übertragen. Laut dem Autor dieser Publikation wurde es in den traditionellen didaktischen Vorgehensweisen von den unbekannten Wörtern und Textteilen ausgegangen, die problematischen Bereiche wurden zum Schwerpunkt der Textarbeit. Damit wurde die Konzentration der Leser von Anfang an auf das Negative gelenkt, die Arbeit mit dem Text konnte somit durch eine negative psychische Einstellung der Lerner ungünstig beeinflusst werden. Dieses Vorgehen wurde in den letzten Jahren radikal bestritten und es wird genau das entgegengesetzte Verfahren präferiert: die Leser werden dazu aufgefordert, sich auf das Bekannte, auf das Verstandene zu konzentrieren, wie es Storch im folgenden Beispiel der Didaktisierung eines Verstehenstextes zeigt. Es wird folgender Text gelesen: „Rosenstolz Aufgewachsen im Ostteil von Berlin, versucht sich Anna schon zu Zeiten der DDR als Sängerin. Mit dem kleinen Lohn, den sie als Chemielaborantin verdient, leistet sich Anna Gesangsunterricht. Nach dem Fall der Mauer und mit der deutschen Wiedervereinigung erweitern sich in Berlin die musikalischen Möglichkeiten. Anna trifft den Keyboarder Peter Plate. Der ist in Neu Delhi in Indien geboren und nach Stationen in Hamburg und Goslar schließlich in Berlin gelandet. Die beiden proben zusammen, komponieren eigene Lieder und gründen die Gruppe "Rosenstolz“. Das erste Konzert lockt nur wenige Zuschauer. Auch das erste Album interessiert niemanden. Zum Glück lassen sich Anna und Peter nicht entmutigen. Sie 49 komponieren und musizieren weiter. Bis es ihnen gelingt, einen kleinen Fankreis aufzubauen. 1995 kommen zu ihren Konzerten bereits 1 000 Besucher. Bei der Vorauswahl zum Grand-Prix-Wettbewerb 1998 erreichen sie Platz zwei. Inzwischen stehen ihre Alben in den Charts auf den vorderen Plätzen und die Konzerte sind ausverkauft. Rosenstolz ist ganz oben angekommen.“ (1/2005:36) Storch schlägt folgende Vorgehensweise bei der Erarbeitung des Textes vor: „Schritt 1 (EA): Nach dem Überfliegen des Textes (Globalverständnis) erhalten die Schülerinnen und Schüler den Arbeitsauftrag, alle Wörter und Textstellen zu unterstreichen, die sie direkt verstehen (d.h. alle bekannten Wörter), und die unterstrichenen Textteile anschließend zusammenhängend zu lesen. Schritt 2 (PL): Bei dem Versuch, das Verstandene mündlich wiederzugeben; erkennen die Lernenden, dass sie in dieser Phase (ohne vorherige Worterklärungen) bereits wichtige Textinformationen verstanden haben. Schritt 3 (PA): Die Schüler lesen den Text jetzt erneut und versuchen, die nicht unterstrichenen Stellen mit Hilfe der verstandenen (unterstrichenen) Textteile zu erschließen. Dabei markieren sie die Textstellen, die sie zu ihrer Deutung veranlasst haben.“ (2001:136f) Erschließen lassen sich u.a. Lohn, Keyboarder, entmutigen oder Fankreis. „Bei der Besprechung müssen die Kontextelemente thematisiert werden, die das Erschließen der unbekannten Wörter ermöglichen.“ (ebenda) Das Bekannte im Text kann in verschiedenen Studiumsstadien sehr unterschiedlich sein, aber allgemein kann gesagt werden, dass jeder Text bestimmte (viele) Elemente enthält, die oft relativ leicht zu verstehen sind und die für das Gesamtverständnis des Textes verwendet werden können. Eine der wichtigsten Verstehensstrategien fußt auf der Arbeit mit Zahlen, Eigennamen, geographischen Angaben, internationalen Wörtern (lateinischer, griechischer oder englischer Herkunft), Zeitangaben, Produkt- und Firmennamen usw. Storch bietet zur Unterstützung seiner Behauptungen folgende typisierende Übung, wir möchten sie auf den folgenden Text übertragen: „400 Kängurus vor Tötung Die australische Regierung hat erlaubt, dass auf einem Militärstützpunkt in Canberra 400 Kängurus getötet werden. Tierschützer haben dagegen heftig protestiert. Umweltminister Peter Garrett zeigte sich unbeeindruckt. "Wenn das Gleichgewicht 50 gestört ist, sind solche Programme manchmal nötig", sagte der frühere Rocksänger der Gruppe "Midnight Oil". Die Tiere hätten sich auf dem Stützpunkt dermaßen vermehrt, dass sie zu verhungern drohten. Tierschützer wollen jetzt Klage einreichen. Die Armee wollte die Tiere zunächst abschießen. Nach scharfen Protesten stellte sie einen anderen Plan vor: Die Kängurus, die in weiten Teilen Australiens als Plage gelten, sollten betäubt, auf gepolsterten Wagen mit Klimaanlage in den Busch hinausgefahren und dort freigelassen werden. Das hätte für jedes Tier so viel gekostet wie ein Flugticket um die ganze Welt, rechneten Zeitungen aus. Der Plan wurde von den Behörden abgelehnt. In Australien gibt es nach Schätzungen bis zu 80 Millionen Kängurus, bei rund 20 Millionen Einwohnern. Die Regierung gibt jedes Jahr Jagdscheine für den Abschuss von rund fünf Millionen Tieren aus.“ (übernommen aus www.n-tv.de, aus dem 12.3.2008) Dazu können wir diese Vorgehensweise (nach Storch) verwenden. Schritt 1 (PL): Anhand der Überschrift werden im Klassengespräch Fragen an den Text formuliert z.B.: Wo und was ist das passiert? Gab es Tote? Wie viele? Dadurch entsteht eine Leseintention. „Schritt 2 (PA): Die Schülerinnen und Schüler erhalten den Text mit der Aufgabe, alle Eigennamen, geographische Begriffe, internationalen Wörter und Zahlen aus dem Text auf ein Arbeitsblatt zu notieren. Danach notieren sie, worauf sich die Zahlen jeweils beziehen (Aufgabe 1 und 2). 1. Notiere alle Geographischen Begriffe internationalen Wörter Eigennamen Zahlen 2. Schreibe zu den Zahlen die Wörter, auf die sie sich beziehen.“ (2001:137f) 3. Wo und was ist das passiert? Gab es Tote? Wie viele? Schritt 3 (PA): Anschließend unterstreichen die Schüler im Text die Wörter aus der Überschrift und beantworten dann die Eingangsfragen: Wo und was ist das passiert? Gab es Tote? Wie viele? (Aufgabe 3). Eine ähnliche Übung kann weiter mit den Zeitangaben, verneinten Angaben, betonten Angaben wie vor allem, sehr, besonders usw. arbeiten. 51 Zu den weiteren datengesteuerten Erschließungsstrategien gehört die Verwertung von Schlüsselwörtern (Kernwörtern), d.h. „den zentralen Inhaltswörtern in einem Text“. (2001:138) In dem oben angeführten Text sollten das die Wörter Feuer und Opfer sein. Die Fähigkeit, die wichtige Informationen zu erkennen und sie von den unwichtigen zu unterscheiden, ist eine zentrale datengesteuerte Verstehensstrategie und stellt somit eine Grundfertigkeit bei der Auseinandersetzung mit allen Texten dar. Die möglichen Übungen können als Übungen zur Textreduktion konzipiert werden (Wegstreichen aller unwichtigen Informationen, Verwendung der übrig gebliebenen Kerninformationen zur Wiederherstellung der Hauptaussagen) bzw. Übungen als Notieren aller wichtigen Informationen oder aber als Suche der Wörter aus der Überschrift im Gesamttext und unter Miteinbeziehung der Umgebung der Wörter sollen die Hauptaussagen erfasst werden. 6.1 Steuerung des Lesens durch den Lehrer Im Gegensatz zu der selbstständigen Texterschließung, bei der die Leser entsprechende Verstehensstrategien verwenden, steht der Verstehensprozess, den der Lehrer bzw. das Lehrbuch steuert. Die Opposition dieser zwei Begriffe liegt vor allem in der Vermittlerfunktion der dritten Person (des Lehrers/Autoren des Lehrbuchs), deren Funktion vor allem in der Steuerung der Aufmerksamkeit auf die inhaltlich wichtigen Textstellen liegt bzw. in der Ablenkung von den weniger wichtigen Informationen. Dieses Eingreifen in die selbstständige Bewältigung des Textes durch die Lehrerfragen oder Lehrbuchinstruktionen dienen hauptsächlich der graduellen und kontrollierten Entwicklung der Lese-Intelligenz bei Fremdsprachenlesern. Die wichtigsten Techniken der Fremdsteuerung des Verstehensprozesses stellen Leitfragen zum Textinhalt, Multiple-Choice-Aufgaben zum Textinhalt oder Richtig-falsch-Aufgaben zum Textinhalt dar. Andere Übungsmöglichkeiten sind Übertragen von Textinformationen in ein vorgegebenes Inhaltsraster wie z.B.: „Notieren Sie die wichtigsten Informationen über Michael Wächter seine Wohnung Alter: ___________ Zimmer wie Beruf: __________ Wohnen: ________“ (2001:170) Aus diesem Text: 52 „Das ist Michael Wächter (22). Er ist Bankkaufmann von Beruf. Jetzt wohnt er noch bei seinen Eltern. Aber in zwei Wochen zieht er um. Dann hat er selbst eine Wohnung. Die Wohnung hat ein Wohnzimmer, ein Schlafzimmer, ein Bad, eine Küche und einen Flur. Das Schlafzimmer und die Küche sind ziemlich klein. Das Bad ist alt und hat keine Fenster. Aber das Wohnzimmer ist sehr schön und hell. Es hat sogar einen Balkon. Michael Wächter ist zufrieden.“ (2001:169) In der Phase der Vorentlastung kann der vereinfachte „Filtertext“ eingesetzt werden, indem die Leser aufgefordert werden, den Aussagen in dem Filtertext die Aussagen aus dem authentischen Text zuzuordnen. Ähnliche Funktion hat auch die Zuordnung von vorgegebenen (vereinfachten, verallgemeinerten) Aussagen oder Informationen den entsprechenden Textteilen, jeweils nach der Bewältigung des Textes. Diese Verstehensaufgaben können also als Mittel der Steuerung des Verstehens und damit seiner Erleichterung dienen, oder aber eignen sie sich zur Verständniskontrolle in der Form von Tests. Diese Tests überprüfen die Entwicklung und Stand der Lesekompetenz, die mit Hilfe solcher Verstehensaufgaben vom Beginn des Fremdsprachenunterrichts an entwickelt werden soll. Storch stellt fest: „Auch bei Anfängern in DaF kann man gesteuerte Verstehensübungen einsetzen, um die Lerner an den Umgang mit schweren Verstehenstexten zu gewöhnen und unerwünschten Lesegewohnheiten (z.B. linearem Wort-für-Wort-Lesen) entgegenzuwirken. Nach dem heutigen Stand der fachwissenschaftlichen Diskussion ist jedoch vor allem die Förderung von Verstehensstrategien dazu geeignet, beim Lerner eine fremdsprachliche Verstehenskompetenz aufzubauen.“ (2001:139f) 53 7.1 Testen und Prüfen der Lesefertigkeit Das folgende Kapitel ist der Bestimmung der Rolle des Testens und Prüfens in der DaF – Didaktik gewidmet. Diese Aspekte des Unterrichts gehören zu den problematischen Bereichen des Unterrichts, indem sie oftmals mit Angstgefühlen der Schüler/Innen verbunden werden. In folgenden Erläuterungen zu der Terminologie bzw. Testaufgabentypologie stütze ich mich auf die Fernstudieneinheit 7 von Hans-Georg Albers und Sibylle Bolton Testen und Prüfen in der Grundstufe. Einstufungstests und Sprachstandardprüfungen (1995). Im Kapitelteil über die Prüfungen des Goethe Instituts auf dem Niveau B1, B2 wurde von den Informationen des Goethe Instituts in Prag ausgegangen, die an der Website des GI (http://www.goethe.de/ins/cz/pra/csindex.htm) veröffentlicht werden. 7.1.1 Testen und Prüfen als Begriffe In der Unterscheidung dieser Begriffe identifizieren wir uns mit dem „gängigen“ Konzept bei Albers und Sibylle, d.h. die Erhebung der Daten über den Kenntnisstand der Schüler kann entweder auf einer (relativ) informellen und formellen Art verlaufen. Ein Test bezeichnet also eine Form der Überprüfung, die informell, ohne besondere Vorbereitung und nur für einen speziellen Kurs konzipiert wurde. Diese Überprüfung orientiert sich nicht an bestimmten offiziellen Kriterien und strebt an, solche Informationen zu liefern, die nur relativ zum Stand der Gruppe zu verstehen sind. Diese Daten können nicht als objektive, d.h. „über diesen konkreten Zusammenhang hinaus aussagekräftige Informationen“ (1995:15) gesehen werden. Es sind die Tests, die meistens den eben durchgegangenen Lernstoff betreffen und im schulischen Unterricht dem Lehrer als Überprüfungsmaßnahme dienen. Als formell sieht man in diesem Konzept die Prüfungen, die „den Anspruch erheben, Informationen über das sprachliche Können und/oder Wissen einzelner Schüler und Schülerinnen zu geben“. (ebenda) Diese Informationen sollen möglichst objektive Aussagen in Bezug auf festgelegte Kriterien bieten und damit immer gleich zu interpretieren sein. Die Objektivität in diesem Falle ist natürlich problematisch, da es sich um die Feststellung des Grades der Sprachbeherrschung eines Menschen von einem Menschen handelt, die nicht als eine objektive Materie zu verstehen ist. 54 7.1.2 Überprüfungsziele Bei beiden Typen der Überprüfung kann man von verschiedenen Zielen der Überprüfung selbst sprechen. Allgemein können drei Ziele genannt werden, die sowohl bei Tests als auch bei Prüfungen vorkommen: es sind Ziele zur Feststellung des Sprachstands zu Beginn eines Lernabschnittes (Einstufung) oder des Lernfortschrittes während des Kurses oder des Sprachstands zu einem bestimmten Zeitpunkt (meist Ende des Kurses). Einstufungstest/-prüfung Ein Einstufungstest wird meistens zur Feststellung der Kenntnisse der jeweiligen Lernergruppe am Kursbeginn dienen, solche Tests können unterschiedliche Inhalte oder Fertigkeiten überprüfen und werden sowohl im Schulunterricht als auch in Fremdsprachenkursen außerhalb der Schule durchgeführt. Eine andere Rolle bekommt der Test in der Situation, wo man eine Rangfolge der Teilnehmer herstellen muss. Dies geschieht meistens in Kursen, wo die Plätze für die Teilnehmer bereits besetzt sind oder wenn die Teilnehmer in mehrere Kurse geteilt werden müssen. Die Einstufungsprüfung wird meistens als Zulassungsprüfung bezeichnet und unterscheidet sich vom Einstufungstest dadurch, dass für die Teilnahme an einem Kurs oder Ausbildung eine genau definierte Mindestleistung gefordert wird. Die Prüfung kann die spezifischen Lerninhalte überprüfen oder eine allgemeine Befähigung zu einer bestimmten Art von Tätigkeit (Fremdsprachen lernen) feststellen. Lernfortschrittstests/-prüfung Zum Überprüfen des Lernfortschritts werden meistens informelle Tests verwendet, die Lernfortschrittsprüfung (Zwischenprüfung) beschränkt sich auf Klassenarbeiten und Klausuren im schulischen Bereich. In Vorbereitungskursen auf eine formelle Prüfung werden zur Feststellung des Fortschrittes meistens formelle Prüfungen auf einem niedrigeren Niveau ausgearbeitet. Die Lernfortschrittstests stellen das „Handwerkzeug eines jeden Lehrers, einer jeden Lehrerin.“ (1995:17) dar. Sie dienen der Überprüfung der Kenntnisse der Schüler nach der Behandlung eines Lehrbuchabschnitts oder eines Lernziels aus dem Curriculum. 55 Sprachstandstests/-prüfung Zur Feststellung des Sprachstandes werden vor allem formelle Prüfungen verwendet, die, wie bereits erklärt, eine objektive Aussage über die Kenntnisse des Lerners bringen und damit als ein zusätzlicher Qualifikationsmaßstab verstanden werden. Diese Abschlussprüfungen folgen meist einem Prüfungsvorbereitungskurs, der stark durch die Beschreibung des Prüfungsziels definiert wird. Das Bestehen dieser Prüfung bringt dem Sprachkursteilnehmer also einen weitgehend vergleichbaren Nachweis über einen genau definierten Stand der Beherrschung der Fremdsprache. Als Qualifikationsnachweis kann diese Abschlussprüfung die Funktion der Aufnahme- oder Zulassungsprüfung erfüllen. Auf dem Niveau B1, B2 (siehe GERR oder Kapitel 3.1 dieser Arbeit) bieten die GoetheInstituts folgende Prüfungen: Zertifikat Deutsch für Jugendliche, Zertifikat Deutsch, GoetheZertifikat B2 oder Zentrale Mittelstufenprüfung. Die Gestaltung einiger dieser Prüfungen vor allem im Leseverstehen ist Gegenstand des letzten Abschnitts dieses Kapitels. Kriterien für Tests und Prüfungen Albers und Bolton, die sich an die Testtheorie stützen, verdeutlichen die Beziehung zwischen den Lernzielen und den eigentlichen Tests und Prüfungen. Es wird gesagt, dass vor allem die Lernziele beim Erstellen von Lernfortschrittstestes und allgemeinen Leistungstests eine wichtige Rolle spielen. Um verlässliche Aussagen über die Kenntnisse der Lernenden durch die Tests zu gewinnen, müssen bestimmte Gütekriterien für Tests und Prüfungen erfüllt werden. Das erste und wahrscheinlich das wichtigste Kriterium stellt die Validität des Stoffes und der Aufgaben dar. Im Zusammenhang mit dem Leseverstehen betrifft dieses Kriterium die passende Textwahl und Gestaltung der Aufgaben: will man das Verstehen der Gesamtaussage eines Textes überprüfen, muss man entsprechend dem globalen Textverstehen die Aufgaben formulieren; will man das Detailverständnis überprüfen, soll der Lehrer dann solche Texte auswählen, „bei denen das natürliche Lese- und Hörinteresse auf ein Verstehen aller Details ausgerichtet ist.“ (1995:22) Neben der inhaltlichen Validität gibt es als zweite Forderung die Reliabilität, d.h. Zuverlässigkeit der Leistungsmessung. Die Vorstellung, dass eine wiederholte sprachliche Leistung immer den gleichen Punktwert erbringt, ist jedoch falsch. Das liegt an den sog. Messfehlern bei manchen Tests, die z.B. aus der nicht hinreichenden Formulierung der Anleitungen zur Durchführung des Tests oder der Formulierung der Arbeitsanweisungen entstehen können. Eine weitere Quelle der Messfehler sind die testexternen Faktoren (zu laute 56 Prüfungsräume, schlechte Akustik oder schlechte körperliche Verfassung des Prüflings), die allerdings nicht immer zu vermeiden sind. Albers und Bolton erklären, dass die Reliabilität eines Testes nur durch statistische Verfahren errechnet werden kann, da die Wiederholung desselben Tests mit identischen Kandidaten keine objektiven und verlässlichen Informationen erbringen kann. Bei der Auswertung und Benotung der Tests und Prüfungen muss dann die Objektivität bei allen Korrektoren gefordert werden. Bei manchen Aufgaben ist das relativ einfach zu kontrollieren, bei offenen Aufgaben wie freies Sprechen (mündlicher Ausdruck) oder freies Schreiben (schriftlicher Ausdruck) sind allerdings auch subjektive Urteile der Korrektoren über die Qualität ein Teil des Bewertens. Um möglichst gerechte Bewertung in diesen Fällen zu erzielen, können Bewertungsanleitungen mit genauen Informationen über die entsprechende Punktzahl bei bestimmten Leistungsstufen verwendet werden. Die Forderung der Objektivität bezieht sich nicht nur auf die Bewertung von Tests und Prüfungen, sondern betrifft auf die Bedingungen unter welchen das Überprüfen verlaufen soll. Dies betrifft hauptsächlich die Zeit zum Lösen der Aufgaben, die Länge beim schriftlichen Ausdruck, Inhalt des Tests oder die Verwendung der Hilfsmittel wie Lexikon usw. 7.1.3 Testaufgabentypologie Die Tests und Prüfungen in der Fremdsprachendidaktik können die vier Fertigkeiten des Leseverstehens, Hörverstehens, des freien Schreibens und Sprechens und zusätzlich noch Wortschatz und Grammatik betreffen. Die Aufgaben zu diesen Bereichen der sprachlichen Kompetenz werden nach dem Grad der Offenheit unterschieden. Offene Aufgaben Die offenen Aufgaben fordern von den Geprüften eine relativ freie, produktive Leistung zum gegebenen Thema. Die sprachliche Formulierung und Gestaltung der Antwort liegt allein bei dem/der Kandidaten/in. Diese Aufgaben eignen sich somit vor allem zur Überprüfung der produktiven Sprachleistungen beim freien Schreiben bzw. Sprechen. Es soll hier auch auf die potenziellen Nachteile dieser Aufgaben aufmerksam gemacht werden: bei der Bewertung offener Aufgaben beim freien schriftlichen oder mündlichen Ausdruck geraten die Kriterien Validität und Objektivität in Konflikt. Dadurch werden bei Bewertungen dieser Aufgaben bereis erwähnte präzise formulierte Bewertungsanleitungen gebraucht. 57 Zu den weiteren Bereichen, wo man offene Aufgaben verwenden kann, gehören das Leseund das Hörverstehen. Diese Fertigkeiten werden in der Form der Fragen zum Text, die schriftlich beantwortet werden sollen, überprüft. Zu den möglichen Nachteilen dieser Aufgaben zählt die Gefahr, dass die Lernenden die entsprechenden Wörter und Passagen aus dem Text abschreiben. Ebenso problematisch ist es, ob die grammatischen und orthographischen Fehler (die hier aber nicht getestet werden) zum Punkteabzug führen sollen oder nicht. Albers und Bolton vertreten die klare Meinung, dass in dieser Situation auf keinen Fall, obwohl das manchen Lehrkräften Probleme bereitet. Halboffene Aufgaben „Beim halboffenen Aufgabentyp ist die Antwort ebenfalls von den Kandidaten selbst zu formulieren, allerdings innerhalb eines genau begrenzten Kontextes.“ (1995:28) Die halboffenen Aufgaben können Ergänzungsaufgaben, Lückentexte oder Cloze-Tests sein. Ich führe zu den einzelnen Typen Beispiele aus den Lehrbüchern Tangram 1 aktuell (2004) und Německy s úsměvem - nově (2003). Das unterschiedliche Niveau der Lehrwerke (A1 bei Tangram, A1-B2 bei Německy s úsměvem - nově) stellt hier kein Problem dar, da es sich immer um die gleiche Typologie bei allen Kenntnisstandsniveaus handelt. Die Ergänzungsaufgaben sind meistens Einzelsätze mit Lücken, in die das passende Wort, Verbform oder Präposition zu ergänzen ist. Zum Beispiel: „Ergänzen Sie: • Woran arbeitest du? An der Hausaufgabe?/Auf wen warten Sie? Auf Jens? 1._________unterhalten Sie sich? _______Ihre Freunde? 2._________nehmen wir teil? _________ Stadtrundfahrt? 3. ________ fragen Sie? __________ Ansichtskarten? 4. ________ treffen Sie sich jetzt? _______ Freundin? 5. ________sprechen Sie? ________Vorlesung? Usw.“ (2003:166) Die Lückentexte stellen eine sehr beliebte Aufgabenform dar, es sind zusammenhängende Texte mit vorgegebenen Lücken. Die Lücken beziehen sich entweder auf eine bestimmte Lexik oder bestimmte grammatische Strukturen, manchmal auch auf beides. Zum Beispiel: „Ergänzen Sie. Liebe Rafaela, 58 danke ____deinen Brief _____ Bremen. Du schreibst ______deine Schwierigkeiten. Wann kommst du eigentlich _____Bremen zurück? Natürlich kannst du ______mir ein paar Tage wohnen. Du fragst ______meinem Studium. Es macht mir Spaß. Ich interessiere mich vor allem ______Englisch. Jetzt arbeiten wir gerade ______schwierigen Texten. Rafaela, du bittest mich ______die Adresse _____Heidi. Ich muss mich _____dir entschuldigen, ich habe sie noch nicht. Hoffentlich antworten Heidis Eltern bald _____meinen Brief. Ich freue mich jetzt schon _____dich. Du musst mir doch viel _____deiner Reise nach Schweden erzählen. Denk auch _____ unser Programm hier in München nach! Wenn du willst, können wir _____einer Stadtrundfahrt teilnehmen. Lass bald_____ dir hören. Ich warte____ einen Brief von dir. Es grüßt dich deine Sabine“ (2003:165) Mit Lücken arbeiten auch die sog. Cloze-Tests, die aber im Unterschied zu Lückentexten keine spezifische grammatische Erscheinung überprüfen. Bei Cloze-Tests werden die Lücken mechanisch getilgt – z.B. jedes vierte Wort u.ä. Als Beispiel nehmen wir einen Kurztext aus der Juma. Das Jugendmagazin (1/2005) und tilgen jedes sechste Wort (exklusive Überschrift): „ Männer wie wir Der Film "Männer wie wir“ ________ die Geschichte eines Fußballvereins. Der _____ wirbt auch für mehr Toleranz: ______ Torwart Ecki wird aus der ________ geworfen, weil er homosexuell ist. ______ genug, eine eigene Fußballmannschaft zu ________. Die Geschichte steckt voller Witz ______ Gefühl. Neben erfahrenen Schauspielern sieht _____ viele neue Gesichter und Nachwuchsschauspieler _____ dieser Komödie. Maximilian Brückner etwa, ____ den Torwart Ecki spielt, ging _____ zur Schule und spielte am ______ in "Die Räuber“ von Friedrich ______, als er bei einem Casting _____ die Hauptrolle im Film ausgesucht _____.“ (1/2005:36) Diese Aufgaben eignen sich für die Überprüfung der produktiven Beherrschung des Wortschatzes und der Grammatik, da die Schüler die Antworten selbstständig formulieren müssen. 59 Geschlossene Aufgaben Die geschlossenen Aufgaben beruhen auf der Fähigkeit der Schüler, die richtigen Antworten erkennen zu können, sie brauchen die Antworten nicht selbstständig zu formulieren. Eine sehr beliebte Form der geschlossenen Aufgaben sind die Multiple-Choice-Aufgaben, die sehr häufig in Fremdsprachenprüfungen vorkommen. Die Aufgabe wird mit einer Frage oder einem (Teil-)Satz eingeleitet, als Antworten auf die Frage oder Fortsetzung des Satzes werden zwei bis vier Alternativen gegeben, aus denen nur eine richtig ist. Die anderen werden als Distraktoren bezeichnet und sollen dem Kandidaten die Auswahl der richtigen Antwort erschweren. Diese Aufgaben werden vor allem zur Überprüfung des Leseverstehens verwendet. Als Beispiel für die Multiple-Choice-Aufgaben wird die Text- und Aufgabengestaltung aus dem Lehrbuch Tangram 1 aktuell (2004) genommen: „Lesen Sie den Text und markieren Sie. 1 Tanja und ihre Mutter 3 Tanja möchte 5 Das Kind heißt □ warten an der Kasse. □ nach Hause. □ Tanja Jünger. □ kaufen Süßigkeiten. □ Gummibärchen. □ Tanja Meier. 2 Frau Meier 4 Tanja 6 Der Text ist □ ist die Kassiererin. □ schreit. □ eine Werbung für Süßigkeiten □ ist eine Nachbarin. □ weint. □ eine Geschichte aus dem Supermarkt.“ (2004:46) Zum Text: „Beim neunten Nein kommen die Tränen Ich warte wieder einmal an der Kasse im Supermarkt. Von drei Kassen ist nur eine geöffnet. Ich beobachte meine Tochter Tanja. Sie steht vor den Süßigkeiten: links Kaugummis rechts Schokoriegel, oben Gummibärchen, unten Überraschungseier. Und schon geht es los: „Mama? Kaufst du mir...?“ „Nein.“ „Nur eins bitte!“ „Nein!“ „Bitte, bitte!“ Die Leute schauen, aber ich bleibe hart: „Nein, Tanja, nicht vor dem Essen.“ - „...“ Da höre ich eine freundliche Stimme: „Ach, Frau Jünger! Guten Tag. Wie geht es Ihnen?“ „Danke, gut.“, antworte ich. „Und Ihnen, Frau Meier?“ Frau Meier ist unsere Nachbarin. Tanja weiß: Frau Meier ist ihre Chance! „Mama, schau mal, Gummibärchen.“ „Nein.“ „Bitte, bitte!“ „Nein, heute nicht!“ 60 Beim neunten Nein kommen die Tränen. Alle Leute schauen zu Tanja. Meine Tochter schreit nicht, sie sagt kein Wort. Sie steht nur da und weint...und weint...und weint... Niemand sagt ein Wort. Sogar die Kassiererin flüstert: „Zehn Euro siebenundachtzig, bitte.“ Tanja weint ein bisschen lauter. Jetzt schauen alle Leute zu mir. Was mache ich nur? Kaufe ich ihr jetzt Gummibärchen oder kaufe ich ihr keine?“ (2004:46) Zur Fortsetzung des Textes haben die Autoren des Lehrbuchs eine Ja/Nein bzw. Richtig/Falsch-Aufgabe vorbereitet. In solchen Aufgaben müssen die Lernenden nach dem Inhalt des Textes entscheiden, ob die Aussage auf den Text zutrifft oder nicht. „Lesen Sie weiter und markieren Sie. Richtig Falsch 1 Frau Jünger kauft Tanja eine Tüte Gummibärchen. □ □ 2 Tanja weint nicht mehr. □ □ 3 Alle Leute im Supermarkt bekommen ein Gummibärchen. □ □ 4 Der Supermarkt verkauft viele Süßigkeiten an der Kasse. □ □ „Ohne ein Wort nehme ich eine Tüte. Jetzt lächelt Tanja wieder. Ich mache die Tüte auf und gebe ihr ein rotes Gummibärchen. Rot ist Tanjas Lieblingsfarbe. Tanja ist zufrieden. Sie sagt nicht „Danke“, aber der ganze Supermarkt sagt „Danke“. Es geht um viel Geld. Süßigkeiten an der Kasse verkaufen sich 14-mal besser als im Regal. Aber es geh auch um unsere Kinder. Deshalb: Keine Süßigkeiten und keine Spielsachen an der Kasse!“ (2004:47) Die dritte Art der geschlossenen Übungen stellen die Zuordnungsaufgaben dar. Sie arbeiten meistens mit den lexikalischen Einheiten zu einem Thema, können aber genauso gut als Zuordnungen der Aussagen zu den Gesprächspartnern konzipiert werden, u.ä. Zum Beispiel: „Wo gibt es was? Sortieren Sie. Äpfel, Bananen, Bier, Bonbons, Brot, Butter, Camembert, Curry, Eier, Eis, Fisch, Gouda, Jasmintee, Joghurt, Kartoffeln, Kaugummis, Klopapier, Kuchen, Mehl, Milch, Mineralwasser, Orangen, Pfeffer, Pizza, Putzmittel, Reis, Salami, Salat, Salz, Schinken, Schokolade, Tomaten, Waschmittel, Wein, Würstchen, Zucker Backwaren Fleischwaren Gemüse Getränke Gewürze Haushaltswaren _________ __________ _______ _______ _______ _____________ 61 _________ __________ _______ _______ _______ _____________ _________ __________ _______ _______ _______ _____________ Käse Milchprodukte Obst Spezialitäten Süßwaren Tiefkühlkost ____ ____________ _____ __________ ________ ___________ ____ ____________ _____ __________ ________ ___________ ____ ____________ _____ __________ ________ ___________“ (2004:114) Alle Aufgabentypen eignen sich in ihrer Funktion zu verschiedenen Lehr- und Lernzwecken. Die geschlossenen Aufgaben überprüfen eigentlich nur das Erkennen der richtigen Antwort, was keine produktiven Fertigkeiten fordert, aber zu der Entwicklung der Lernstrategien beitragen kann. Sie bieten außerdem noch eine objektive Bewertungsskala, indem für jede richtige Antwort ein bestimmter Punktwert gegeben wird. Offene und halboffene Aufgaben können dagegen nicht streng objektiv bewertet werden, da sie vor allem die Kreativität und sprachliche Geläufigkeit fordern. Alle Aufgabentypen kommen aus diesen Gründen in den meisten Fremdsprachenprüfungen, wie in den Prüfungen des Goethe-Instituts in der ganzen Welt. 7.1.4 Gestaltung des Leseverstehens in den GI-Prüfungen Zertifikat Deutsch und Goethe-Zertifikat B2 Die Prüfungen Zertifikat Deutsch und Goethe-Zertifikat B2 sind wahrscheinlich die bedeutendsten Sprachstandsprüfungen in der Mittelstufe. Laut den Materialien des GoetheInstituts in Prag (http://www.goethe.de/ins/cz/pra/csindex.htm) wurden diese Prüfungen getreu dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen (GERR) konzipiert und entsprechen dem Niveau B1 respektive B2. 7.1.4.1 Das Zertifikat Deutsch (ZD) Diese Sprachstandsprüfung gehört zu den populärsten DaF - Prüfungen auf dem Niveau 2 der ALTE (Association of Language Testers in Europe), was der Stufe B1 in dem GERR entspricht, weltweit. Die Prüfung wurde vom „Goethe-Institut (GI), der Schweizerischen Konferenz der Kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK), vertreten durch die Universität Fribourg, dem Österreichischen Sprachdiplom Deutsch (ÖSD) und der telc GmbH“ (http://www.goethe.de/lrn/prj/pba/zdt/enindex.htm) entwickelt. In Deutschland ist das ZD als 62 Nachweis von Deutschkenntnissen zur Erlangung der deutschen Staatsangehörigkeit anerkannt. Mit diesem Zertifikat werden solide Grundkenntnisse der wesentlichen grammatischen Strukturen in der deutschen Umgangssprache bewiesen, die erfolgreichen Kandidaten können sich in den meisten Alltagssituationen zurechtfinden, ebenso wie Gespräche über Situationen des täglichen Lebens führen. Sie können einfache Sachverhalte mündlich und schriftlich darstellen und verstehen Texte zu Alltagsthemen. Für das ZD sollen die Kandidaten ungefähr 400-600 Unterrichtseinheiten von 45 Minuten absolviert haben. Die Struktur des ZD: Die Prüfung besteht aus einem schriftlichen und mündlichen Teil. Mündlicher Teil dauert ungefähr 15 Minuten. Schriftlicher Teil umfasst das Leseverstehen, Sprachbausteine (Überprüfung der grammatikalischen und lexikalischen Kenntnisse anhand eines persönlichen und formellen Briefes), Hörverstehen und den schriftlichen Ausdruck. Die Informationen zu der Prüfungsorganisation und Beispiele, aus denen in folgenden Erläuterungen ausgegangen wurde, stammen aus dem Online – Zertifikat Deutsch – Übungssatz 0.4 – Kandidatenblätter (2003, 2006). 7.1.4.1.1 Das Leseverstehen im ZD Das Leseverstehen besteht aus drei Teilen und dauert ungefähr 70 Minuten. Teil 1 – geschlossene Aufgabe, Zuordnungsaufgaben mit Distraktoren (20 Minuten): Im ersten Teil werden die Kandidaten dazu aufgefordert, fünf Kurztexte zu lesen. Nach der Lektüre sollen sie aber zehn mögliche Überschriften durchgehen und letztendlich entscheiden, welche Überschrift zu welchem Text passt. Jede Überschrift (wie z.B. „Nachtarbeiter bleiben schlank“, oder „Spazierengehen mit dem Hund ist gesund“ (2003,2006:7)) darf nur einmal verwendet werden. Die Tatsache, dass es hier noch fünf weitere Alternativen zur Auswahl gibt, weist die Charakteristik der Distraktoren typisch für die Multiple-Choice-Aufgaben auf. Teil 2 – geschlossene Aufgabe, Richtig/Falsch-Aufgaben (35 Minuten): In dem zweiten Teil sollen die Kandidaten einen langen Text (Zeitungstext u.ä.) lesen und dann 5 Aufgaben lösen. Die Aufgaben werden mit einem Teilsatz eingeleitet und die Teilnehmer sollen die richtige Variante des Satzendes finden, sie müssen aus drei Möglichkeiten die eine richtige auswählen. Die Reihenfolge der Aufgaben entspricht nicht immer der Reihenfolge des Textes. Zum Beispiel: „ 6. Johann Wolfgang Goethe 63 A) erlebte 1766 ein Weihnachtsfest in Leipzig. B) schenkte 1766 Kindern in Nürnberg braune Lebkuchen. C) freute sich 1766 sehr über braune Lebkuchen aus Nürnberg.“ (2003, 2006:9) Teil 3 – geschlossene Aufgabe, Zuordnungsaufgaben (15 Minuten): In diesem Teil sollen die Kandidaten zuerst die möglichen 10 Situationen wie z.B. „Sie wollen Ihren Freunden beim Umzug in eine neue Wohnung helfen. Dazu möchten Sie einen kleineren Lastkraftwagen mieten“ (2003,2006:10) oder „Sie müssen Ihr Auto verkaufen“ (ebenda) durchgehen und zu diesen Situationen die passende Zeitungs-/Zeitschriftanzeige auswählen. In diesem Prüfungsteil ist es möglich, dass es zur entsprechenden Situation keine passende Anzeige gibt. 7.1.4.2 Goethe-Zertifikat B2 (GZ) Diese Prüfung ist eine Neuheit auf dem Gebiet der Sprachstandprüfungen im Goethe-Institut, die seit Herbst 2007 weltweit eingeführt wird. Das Kenntnisniveau der Prüfung entspricht dem Level 3 in der ALTE Skala und dem Level B2 im GERR. Mit diesem Zertifikat werden gute Kenntnisse der deutschen Standardsprache bewiesen, die erfolgreichen Kandidaten können sowohl mündlich als auch schriftlich viele Themen weitgehend korrekt behandeln und verstehen auch schwierige Texte. Für das GZ sollen die Teilnehmer ca. 590-680 Unterrichtseinheiten á 45 Minuten absolviert haben. Struktur des GZ: Die Prüfung besteht, genauso wie beim ZD, aus einem schriftlichen und mündlichen Teil und sie dauert ungefähr 200 Minuten. Der schriftliche Teil dauert 190 Minuten und umfasst das Leseverstehen, den Schriftlichen Ausdruck und das Hörverstehen. Der mündliche Teil ist entweder als Paar- oder Einzelprüfung konzipiert, sie hat einen monologischen und einen dialogischen Teil. Die Informationen zu der Prüfungsorganisation und Beispiele, aus denen in folgenden Erläuterungen ausgegangen wurde, stammen aus dem Online - Goethe-Zertifikat B2 Modellsatz. Kandidatenblätter. (2007). 7.1.4.2.1 Das Leseverstehen im GZ Die Leseverstehensprüfung hat 4 Aufgaben und dauert 80 Minuten. Aufgabe 1 – geschlossene Aufgabe, Zuordnungsaufgaben (15 Minuten): 64 Die Kandidaten sollen in diesem Teil zu den fünf Personen, die durch einen Satz charakterisiert werden (wie z.B. „Damian U., der gerne auch ältere Hunde oder Katzen auf seinem Bauernhof aufnehmen möchte?“ (2007:4)), den passenden Kurztext – einen kleinen Anzeigentext – finden. Es gibt die Auswahl von 8 Texten, wobei zu einer Person nur eine oder keine richtige Antwort gefunden werden kann. Aufgabe 2 – geschlossene Aufgabe, Multiple-Choice-Fragen (25 Minuten): Die Teilnehmer lesen einen mittellangen Text und nachher sollen sie entscheiden, welche der drei alternativen Antworten (a, b oder c) die Beste sein könnte. Zum Beispiel: „6. Warum sind Jakob und Wilhelm Grimm nicht nur wegen ihrer Märchen berühmt? □a Weil sie auch Sagen und Heldenlieder selbst erfunden haben. □b Weil sie sich in vielerlei Hinsicht mit der deutsche Sprache beschäftigt haben. □c Weil sie aus einer berühmten Familie stammten.“ (2007:6) Aufgabe 3 – geschlossene Aufgabe, Richtig/Falsch-Aufgabetyp (25 Minuten): Die Kandidaten lesen in diesem Teil einen mittellangen Text und sollen nach der Lektüre entscheiden, ob die Einstellung des Autors zu gegebenen Themen eine positive (a) oder negative bzw. skeptische (b) ist. Die Beurteilung der Aussage stellt damit eine teilweise veränderte Form der Richtig/Falsch- bzw. Ja/Nein – Aufgaben dar. Aufgabe 4 – halboffene Aufgabe, Cloze-Test (15 Minuten): Im letzten Teil der Leseverstehensprüfung sollen die Kandidaten die Wörter aus einem Kurztext ergänzen, die am rechten Rand des Textes stehen und unleserlich gemacht wurden. Im Unterschied zu der gewöhnlichen Form des Cloze-Tests wurde nicht jedes vierte oder zehnte Wort getilgt. Nach der Kontrolle wurde festgestellt, dass einmal das elfte, dann das zwölfte, zehnte oder dreizehnte Wort eliminiert wurde. Diese Aufgabe überprüft die komplexen sprachlichen Kenntnisse im Bereich der Grammatik und Lexik. Zum Beispiel: „.... In kaum einem Bereich des alltäglichen Lebens gehen ______ Verhalten und die Gewohnheiten von Mann und Frau so scharf auseinander wie____ Essen. Das hat zwar auch mit biologischen Unterschieden zu _____ mehr jedoch mit Tradition und Vorurteilen. ....“ (2007:10) Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die beiden GI-Sprachstandsprüfungen im Leseverstehen aus der dargestellten Aufgabentypologie ausgehen. Die Autoren der Übungs- 65 bzw. Modellsätze konkretisieren die Aufgabengestaltung mit originellem Herantreten an die Fragestellung (z.B. Beurteilung der Autoraussage als positiv oder negativ/skeptisch). Diese Zertifikate wurden als Repräsentanten der Sprachstandsprüfungen auf dem Niveau B1, B2 außerhalb des Schulunterrichts gewählt. Im folgenden Kapitel konzentriere ich mich auf die Abschlussprüfung im tschechischen Schulwesen, auf das Zentralabitur. 7.2 Zentralabitur 7.2.1 Generelles In der Behandlung des schulischen Unterrichts auf dem Niveau B1, B2 (siehe GERR) ist das Hauptziel die Aneignung der kommunikativen Kompetenz, die als einer der bedeutendsten Aspekte des Unterrichts auf Gymnasium ihren Ausdruck im Abschluss des Studiums hat. In unserer Umgebung handelt es sich um das Abitur, das bis jetzt als eine relativ selbstständig konzipierte Abschlussprüfung, deren Schwierigkeitsgrad und Organisatorisches je in der Kompetenz des Gymnasiums steht, durchgeführt wurde. Seit den 90er Jahren wird in diesem Zusammenhang über die Notwendigkeit der Vereinheitlichung dieses Grades diskutiert, sowie über die ganze Reform. Seit 2000 wurden dann die eigentlichen organisatorischen und pädagogisch-didaktischen Angelegenheiten dieses Projekts behandelt, indem das Ministerium das Dokument „Reformkonzept der Abiturprüfung“ bewilligt hatte. Seitdem wurde die Frage des zentralen Abiturs ein Politikum, das bei allen beteiligten Seiten verschiedene Erwartungen und Emotionen hervorruft. Die letzte formale Regierungsaktivität in diesem Sinne ereignete sich dann am 4. Februar 2003 mit der Genehmigung des Dokuments „Das neue Abitur“. Dabei sollen die eigentlichen Reformziele in der Konzeption des neuen Abiturs vor allem folgende sein: - die Steigerung der Objektivität und Zuverlässigkeit des Prüfungsresultats - die Schaffung eines Mechanismus, der die Aneignung des gemeinsamen Bildungsminimums (das Student jeder Mittelschule erringen sollte) verifizieren kann Als die zentrale Idee dieser Reform ist das bereits Erwähnte zu sehen: die Vereinheitlichung der Prüfung und deren Ansprüche hat die Aufgabe, die möglichen Ungleichheiten in der Ausbildung abzuschaffen. Somit wird es als ein objektives Kriterium für die Beurteilung des Ausbildungsgrades fungieren, die fernerhin für die potentiellen Arbeitgeber und/oder die 66 Examinatoren bei den Aufnahmeprüfungen an die Oberschule oder Universität von Bedeutung sein sollte. Zur Zeit wird vor allem der zeitliche Horizont der Einführung des Zentralabiturs diskutiert. Nach relativ turbulenter Diskussion wurde die Einführung des neuen Systems im Schuljahr 2007/2008 aus der Entscheidung des Parlaments verzögert. Die ersten Abiturienten werden erst 2010 ihre Prüfungen im Tschechischen und in einer Fremdsprache nach den neuen Regeln absolvieren. Die Wahlpflichtprüfung wird erst 2012 durchgeführt. Dieser Stand entspricht der Situation im Herbst 2007. 7.2.2 Die Konzeption Die zentrale Prüfung soll in zwei Bereiche geteilt sein, in den gemeinsamen Teil und in den profilierten Teil. Beide werden ausführlich in den Materialien des Schulministeriums (in Form der Presseerklärungen) und des Zentrums für die Ermittlung der Ausbildungsergebnisse (weiter nur CERMAT) in Form von Katalogen für die jeweiligen Fächer der Abiturprüfung behandelt. Der gemeinsame Teil Dieser Teil der Prüfung soll allen Mittelschulen gemeinsam sein, es soll so vorbereitet werden, dass auf allen drei Gebieten die gleichen Kenntnisse und Fertigkeiten auf gleiche Weise erprobt werden. Die Struktur beinhaltet drei Prüfungen – das Tschechische, eine Fremdsprache (Auswahl aus sechs möglichen, mit der bisherigen Struktur) und eine Wahlpflichtprüfung, der Student muss sich zwischen Mathematik, Staatsbürgerkunde, naturwissenschaftlich-technische Grundkenntnisse oder Grundkenntnisse aus den Bereichen Informatik/EDV entscheiden. Den Inhalt und die Form des gemeinsamen Teiles des Zentralabiturs bestimmt das Schulministerium. Die Prüfungen haben alle das gleiche Schwierigkeitsniveau für alle Abiturienten und testen vor allem die Kenntnisse und Fertigkeiten, die in ihrem zukünftigen Leben von Bedeutung sein werden. Der profilierte Teil Zu dieser Prüfung gehören ebenso drei Prüfungen, und zwar in Bereichen, die die Schule für sich als bedeutend erklärt. Durch diese Auswahl soll sich die Schule profilieren und es liegt deshalb ganz in ihrer Kompetenz, die Struktur dieser Prüfungen zu bestimmen. Es wird 67 erwartet, dass die erste Prüfung vom Schuldirektor bestimmt wird, die zweite dann entweder als obligatorische oder als Wahlpflichtprüfung, und die dritte als Wahlpflichtprüfung realisiert werden. Struktur der Fremdsprachenprüfungen im Zentralabitur Die fremdsprachlichen Teile des Abiturs werden vor allem für den gemeinsamen Teil behandelt, im profilierten Teil werden sie durch die Schule selbst bestimmt. Es werden sechs Sprachen angeboten: Englisch, Deutsch, Spanisch, Russisch, Italienisch und Französisch. In den Dokumenten des Schulministeriums und des „Zentrums für die Eruierung der Ausbildungsergebnisse“ (weiter nur: CERMAT) werden allgemein zwei Stufen unterschieden, eine für den gemeinsamen Teil, die andere für den profilierten. Deutsch 1 Diese Prüfung wird im gemeinsamen Teil des Zentralabiturs durchgeführt. In dieser Prüfung werden alle Kenntnisse und Fertigkeiten gleich an allen Mittelschulen geprüft, und deshalb wird sie so komplex wie nur möglich konzipiert. Die Prüfung selbst besteht, laut dem Katalog der Anforderungen zur Abiturprüfung – Die Deutsche Sprache 1 (2006: 3-11), aus einem geschriebenen und aus einem mündlichen Teil. Der geschriebene Teil besteht aus einem didaktischen Test (Hörverstehen, Leseverstehen und Sprachkompetenz) und aus einer strukturierten Schreibarbeit (Schreiben). Die mündliche Prüfung (Sprechen) mit der Schreibarbeit beträgt dann gesamt 50% der Endbewertung und der didaktische Test bildet selbstständig mit seinen Teilaufgaben die übrige Hälfte. Didaktischer Test - Hörverstehen Das Hörverstehen dauert etwa 30 Minuten, besteht aus 3-4 Aufgaben, die geschlossen oder halboffen sind. Es sind vor allem kürzere Monologe oder mittellange Dialoge. Beispiel: Didaktischer Test – Leseverstehen Das Leseverstehen dauert zusammen mit der Sprachkompetenz eine ganze Stunde. Das Leseverstehen umfasst 4 Aufgaben und einen langen Text mit geschlossenen dichotomischen Aufgaben (richtig/falsch- Aufgaben), die anderen Texte sind meistens kürzer und die Aufgaben liegen in der Auswahl einer richtigen Antwort (multiple-choice - Aufgaben). Die 68 Sprachkompetenzübungen arbeiten mit einem mittellangen Text und der Abiturient muss auch hier eine richtige Antwort auswählen. Strukturierte Schreibarbeit – Schreiben In dieser Aufgabe werden unterschiedliche Fertigkeiten der Studenten getestet, diejenigen, die mit den geschlossenen (oder auch kurzen offenen Aufgaben) nicht zu prüfen sind. Die Studenten sollen zwei Aufgaben mit einem langen (ca. 400 Worte) und mit einem kurzen Text (cca 50-100 Worte) beantworten. Die zweite Aufgabe kann entweder als ein zusammenhängender Text oder als ein Fragebogen oder auch als ein Formular konzipiert werden, entsprechend wird auch die Antwort unterschiedlich lauten. Bewertet werden vor allem Inhalt, sprachliche Korrektheit, Wortschatz, Textaufbau, Stilcharakteristik und Textlänge. Die gesamte Zeit für das Schreiben beträgt 60 Minuten. Mündliche Prüfung – Sprechen Der mündliche Teil besteht aus vier unterschiedlichen Aufgaben: - Motivationseinführung, Reaktion auf Fragen des Examinators - Selbstständiges Sprechen zum Thema (Beschreiben von Bildern oder einer Karte, usw.) - Interaktion zwischen dem Geprüften und dem Prüfenden in unterschiedlichen Kommunikationssituationen - Kurztextarbeit Bewertet werden vor allem Inhalt, sprachliche Korrektheit, Wortschatz, Kommunikationsfähigkeit, Intonation und Aussprache. Diese Prüfung dauert 15 Minuten und der Student hat vorher noch 15 Minuten für die Vorbereitung auf die Aufgabe 2 – Selbstständiges Sprechen zum Thema anhand von Bildern, Karte usw. Deutsch 2 Für den profilierten Teil des Zentralabiturs wurde die Fremdsprachenprüfung im Allgemeinen gleich konzipiert wie im gemeinsamen Teil (schriftlich und mündlich, 50% zu 50% Anteil am Finalergebnis). Die Unterschiede liegen dann in der Zeitdotation für einzige Unterteile und in der Struktur der Aufgaben, sie werden in dem Katalog der Anforderungen zur Abiturprüfung – Die Deutsche Sprache 2 (2006:3-11) detailliert beschrieben. 69 Didaktischer Test – Hörverstehen Beim Hörverstehen wurde die Zeitdotation auf 40 Minuten erhöht, vor allem wegen der Veränderung in den Übungen: In diesem Teil werden immer vier Aufgaben ausgearbeitet, es handelt sich dabei um multiple-choice-Aufgaben für kürzere Monologe, für längere Dialoge dann dichotomische oder multiple-choice-Aufgaben usw. Allgemein wird gesehen, dass im profilierten Teil der Zentralabitur der Schwierigkeitsgrad erhöht wird, indem man lange oder längere Texte als Prüfungstexte verwendet, wobei es beim gemeinsamen Teil eher mittellange Texte waren. Didaktischer Test – Leseverstehen In diesem Teil erscheint die äußerliche Struktur der Prüfung ähnlich zu sein, die Textlänge wird im Generellen einheitlich, die Aufgabentypologie ist die gleiche. Die Zahl der Aufgaben bewegt sich zwischen vier und fünf. Didaktischer Test – Sprachkompetenz In diesem Teil kommt es zu einer relativ großen Veränderung, indem hier zwei Prüfungsteile zu zwei mittellangen Texten in einerseits multiple-choice-Aufgabe und andererseits in offener Aufgabe mit kurzer Antwort erarbeitet werden. Im gemeinsamen Teil des Zentralabiturs betraf die Sprachkompetenzprüfung nur einen Prüfungsteil mit mittellangem Text und einer multiple-choice-Aufgabe. Strukturierte Schreibarbeit – Schreiben Im profilierten Teil wird die Zeitdotation entsprechend auf 90 Minuten erhöht und zwar aus dem Grunde, dass die Abiturienten hier zwei offene Aufgaben mit einer breiten Antwort zu zwei Texten (lang und kurz) zu beantworten haben. Mündliche Prüfung – Sprechen In beiden Teilen des Zentralabiturs bleibt die Struktur der mündlichen Prüfung gleich. Die spezifischen Ziele und Anforderungen an die Studenten zum Leseverstehen werden im Kapitel 3.1 Der fremdsprachige Leser weiterbehandelt. 70 8 Geeignete Textsorten zum Leseverstehen 8.1 Generelles An dieser Stelle möchte ich die Problematik der zum Leseverstehen geeigneten Texte und Textsorten behandeln. Ein Teil dieses Kapitels soll dann ausschließlich der Funktion und Form der literarischen Texte im Fremdsprachenunterricht gewidmet sein. In der Fremdsprachendidaktik nehmen die verschiedenen Texte in entsprechenden Lehrwerken eine unersetzliche Stelle ein. In allen Lehrbüchern kommen bestimmte Texte vor, die man entweder als Lehrtexte oder als Verstehenstexte bezeichnen kann. Die ersteren sind vor allem dialogisch gestaltet, sie dienen als Wiedergabe einer kommunikativen Situation und werden meist zur deren Einübung verwendet. Die Lerner sollen alle sprachlichen Bestandteile dieses relativ künstlich geschaffenen Textes verstehen, d.h. die Didaktisierung innerhalb der Grammatik und vor allem des Wortschatzes spielt hier eine wesentliche Rolle und ohne sie ist die erfolgreiche Einübung quasi unmöglich. Solche Texte finden wir in allen Lehrwerken und sie sind des Öfteren mit Hörverstehensübungen verknüpft. Die Verstehenstexte sind dann monologisch und meistens als ein zusammenhängender Text gestaltet. Weil es sich meistens um längere Texte handelt, ist die vollständige sprachliche Didaktisierung nur begrenzt zu empfehlen. Es ist eine der zentralen Fähigkeiten des Textverstehens, die unbekannten Informationen aus der Textumgebung und den Kontext zu erraten. Daher verläuft die sprachliche Arbeit größtenteils auf der Ebene der Syntax. Die Texte können weiter als Anlass für einen thematisch geprägten Dialog zwischen den Lernern dienen. Die Herkunft solcher Texte, d.h. die Verwendung der authentischen, originalen oder künstlichen Texte in unterschiedlichen Spracherwerbsstadien ist eine der Hauptfragen der Fremdsprachendidaktik. Bedeutender erscheint trotzdem die Frage der Angemessenheit dieser Texte, gleichgültig ob sie authentisch oder künstlich sind. Choděra (1999) behauptet, dass das primäre Problem der Leseverstehenstexte ihre Angemessenheit sei, die auf eines der Grundprinzipien von Comenius, nämlich „Nichts sprunghaft“, zurückgeht. Falls der angemessene Text zusätzlich noch authentisch ist, desto besser ist das für den Lerner. Dem schließt sich auch Christoff Edelhoff (1985) an, indem er empfiehlt, dass die Anzahl der unbekannten Laute und Zeichen so dosiert werden, dass sie für die Lernenden eine Herausforderung, aber keineswegs Überforderung darstellt. Er sagt auch, dass jeder Text Merkmale authentischer Sprache aufweisen soll und diese mit dem Lernfortschritt immer komplexer werden sollten. 71 Am Anfang des Fremdsprachenunterrichts sind „einfache“ authentische Texte nicht besonders leicht zu finden, und deshalb werden diese Lücken entweder mit künstlichen oder aber mit adaptierten authentischen Texten geschlossen. Zu der Problematik der Verwendung der adaptierten und nicht-adaptierten Texte werden wir noch später zurückkehren. Nach der Zweckbestimmtheit der Texte sollten in Lehrwerken auch Texte für die Einübung der unterschiedlichen Lesestile vorkommen, d.h. Texte für das Einüben des orientierenden, globalen, selektiven und des totalen Lesens. Bei den Texten mit dieser Funktion handelt es sich vor allem um Informationsvermittlung an den Leser, es sind grundsätzlich keine Transportmittel der Lexik oder grammatischer Strukturen. Wir können sie auch als Sachtexte bezeichnen. 8.2 Geeignete Textsorten bei nicht-literarischen Texten Es werden in folgendem Abschnitt die häufigsten Textsorten bei Sachtexten und ihre Lesestile behandelt. Bei den Erläuterungen wurde von der Publikation von Rosemarie Buhlmann und Ingeborg Laveau „Arbeit mit Sachtexten“ (1992) ausgegangen. Beim Lesen eines Textes sind, wie bereits teilweise erklärt, die Textsorte und die Leseabsicht von Bedeutung, d.h. man liest einen literarischen Text anders als einen Fahrplan. Einen Fahrplan liest man wiederum anders als ein Rezept, eine Nachricht usw. Bei den Sachtexten sind beim Lesen einige charakteristische Merkmale zu beachten: Die Thematik der Sachtexte ist klar gegeben und die Hauptinhalte sind direkt sprachlich ausgesagt und identifizierbar anhand von Schlüsselwörtern oder Kernwörtern. Die in ihnen beinhaltete Informationen wollen möglichst unmissverständlich übermittelt werden, daher verwenden die Autoren dieser Texte einige sprachliche Mittel, um logische Beziehungen deutlich zu machen, sie verfolgen bestimmte Aufbauprinzipien und machen damit Zusammenhänge deutlich. Im Vordergrund der Texte stehen die Fakten, die meistens direkt konzeptualisiert werden. Die Texte sind sachlich-objektiv. [vgl. Swantje Ehlers (1992)] Zu den geeigneten Textsorten innerhalb des Leseverstehensunterricht gehören: Anzeigen, Bedienungs-/Gebrauchsanleitungen, Bekanntmachungen (amtliche Verlautbarungen), Berichte, Beschreibungen, Bewerbungen/Lebenslauf, Bildtexte, Briefe, Einladungen, Eintrittskarten etc., Etiketten, Fahr- und Flugpläne, Formulare/Fragebögen, Flugblätter, Kommentar, Legende bei Landkarten und Stadtplänen, Nachrichten, Plakate, Preislisten, Speisekarten, Programme (Rundfunk-, Fernseh-, Kino-, Theater-, Opern-, Balletprogramme), Prospekte, Register, Schilder, Werbung, Wetterberichte, Tabellen. 72 Die verschiedenen Textsorten eignen sich für unterschiedliche Zwecke innerhalb des Einübens von Leseverstehen. Wie bereits erklärt, werden mit der Lektüre dieser Texte verschiedene Ziele verfolgt, was die Lesestile beeinflusst. Total gelesen (siehe Kapitel 4.3.1) werden meistens Texte wie Rezepte, Anzeigen, Bedienungs-/Gebrauchsanleitungen, Formulare oder Fragebogen. Im Unterricht können je nach der Übungssetzung aber fast alle Textsorten total gelesen werden. Wir führen Beispiele des totalen Lesens nach Buhlman/Laveau (1992) an: Beispiel 1: „In diesem Text ist ein Wort zu viel. Welches? EIN TYP MIT VIEL HERZ, 20 Jahre jung, sucht Brieffreundinnen aus aller Welt. Ich mag schnelle Autos, Karate und Surfen nicht. Außerdem Musik von Murry Head und lange Spaziergänge. Melde dich Michael Karakatsanis, Altmoabit 12 a, 1000 – Berlin 21.“ (1992:90) Beispiel 2: „Teilen Sie den Text in 3 Abschnitte. Begründen Sie Ihre Einteilung. Von Tür zu Tür im Hochhaus In diesem Hochhaus in Hamburg-Horn wohnen 80% Deutsche und 20% Ausländer.: 350 Menschen in 144 Wohnungen auf 16 Etagen. Das Haus hat 48 Ein-ZimmerAppartements (36m2), Zwei-Zimmer-Wohnungen (60m2) und Drei-Zimmer- Wohnungen (74m2). Wie geht es Mietern in einem so großen Hochhaus? Viele sagen: „nicht so schlecht, denn die Wohnungen sind nicht zu teuer, und wir möchten gern anonym leben.“ Aber viele, besonders Familien mit Kindern, sagen auch: „Wir wohnen hier nicht gern, denn es gibt keinen Graten und keine Natur, die Kinder haben keinen Platz in der Wohnung und sind isoliert.“ Die Ausländer haben noch ein Problem: „Wir haben keine Kontakt zu deutschen Familien im Haus. Das Hochhaus ist anonym wie eine Fabrik. Wir wohnen hier schon ein Jahr, aber Deutsch sprechen wir nicht, wir kennen keine Mieter im Haus.“ Quelle: Themen. Ausgabe in zwei Bänden. 1. Lehrwerk für Deutsch als Fremdsprache. 1989.“ (1992:96) Global oder kursorisch werden Zeitungsartikel, Berichte (Kongress- und Tagungsberichte, Arbeitsberichte, Wetterberichte) oder auch Bewerbungen und Lebenslauf gelesen. Am meisten ist dieses Lesestil mit der Lesehaltung bei der Zeitungslektüre in der Muttersprache verbunden und als solches wird es häufig so im Unterricht trainiert. Dies wird mit 73 spezifischen Übungen wie Zuordnung von Aussagen/Stichpunkten/Zwischenüberschriften im Text durchgeführt. Beispiel: „Wo finden Sie zu den folgenden Aussagen die passenden Textstellen – unterstreichen Sie diese. Alkohol macht nicht die Probleme kaputt, sondern dich Wenn man vom Trinken nur einen Kater bekommen würde, wär’s halb so wild. Aber einem Kater geht immer ein Rausch voraus. Wenn man sich einmal klarmacht, was so ein Rausch ist, versteht man schon eher warum man damit nicht spaßen sollte: Die Wirkung des Alkohols besteht nämlich darin, daß er die Gehirnfunktionen chemisch verändert. Wenn man anfängt zu schwanken oder undeutlich zu sprechen, so ist nicht anderes als eine Folge der künstlich hervorgerufenen Funktionsstörungen im Gehirn Beziehungsweise das eiste Anzeichen einer Alkoholvergiftung. Denn Alkohol ist ein Gift das unserem Körper in größeren Mengen gefährlich wird. Wenn man sich nun öfter so vergiftet, bleibt das auf die Dauer nicht ohne Folgen: Denn unser Körper kann nur eine ganz bestimmte Menge Alkohol pro Tag verarbeiten. Fachleute meinen, daß der Organismus eines gesunden Erwachsenen pro Tag höchstens etwa 80g Alkohol verarbeiten kann. (Das sind ungefähr 4 Flaschen Bier oder 1 Liter Weißwein.) Bei Jugendlichen liegt die Grenze, wo es kritisch wird, schon bei 40g pro Tag. Jeder, der regelmäßig mehr trinkt, muß mit der Zeit mit schweren körperlichen und seelischen Schaden rechnen. ► Alkohol ist ein Gift, das auf die Dauer schädlich ist ► Alkohol ruft chemisch bedingte Veränderungen der Gehirnfunktionen hervor. ► Bei einem gesunden Erwachsen liegt die Verarbeitungsgrenze des Organismus von Alkohol bei 80g.“ Quelle: Lohfert, Texte zur Landeskunde im Unterricht. Schule und Freizeit.“ (1992:132) Selektiv oder selegierend werden Texte gelesen, die bestimmte spezifische Informationen beinhalten, die für uns von Bedeutung sind. Den Text lesen wir meistens nur um die Information zu finden. Selektiv lesen wir meistens Fahr- und Flugpläne, Programme (Fernsehen, Zeitungen, Veranstaltungen, Messen u.ä.) oder auch Einladungen, Eintrittskarten oder längere zusammenhängende Texte wie Zeitungsmeldungen zu einem bestimmten Thema oder bestimmte Anzeigen. 74 Beispiel aus „Tangram 1 aktuell“ (2004): „Lesen Sie die Statistik und ergänzen sie den Text. Staubsauger 100% Fernseher und Telefon sind Standard – Computer im Kühlschrank 99% Vormarsch Fernseher In Deutschland gibt es in jedem Haushalt einen Staubsauger 96% und in fast jedem Haushalt einen Kühlschrank (99%). Etwa Telefon 96% 95% genauso viele besitzen einen Fernseher (__%), ein Telefon Fahrrad 78% (___%) und eine Waschmaschine (__%). Eine Mikrowelle PKW 74% findet man dagegen nur in ____ von 100 Haushalten, und Stereoanlage 72% nur knapp ein Viertel der Deutschen (___%) hat eine Handy 70% Videokamera. ___% der Deutschen in Ost und West Waschmaschine 59% besitzen inzwischen eine Stereoanlage, fast genauso viele Mikrowelle 59% ein Handy (___%) und über die hälfte der Haushalte (___%) Computer 54% hat inzwischen einen CD-Player. Computer sind nach wie Videokamera 22% vor der Verkaufshit: schon in ____ von 100 Haushalten gibt CD-Player Laptop 8% es einen Heimcomputer. Aber nur wenige besitzen einen Laptop: nur ____ von 100 Haushalten.“ (2004:35) 75 Orientierendes Lesen ist dann eingesetzt, wenn der Leser feststellen will, ob der jeweilige Text eine interessante Information enthält oder nicht, und wo diese lokalisiert werden kann. Dabei orientiert er sich an den hervorgehobenen äußeren Merkmalen der Textgestaltung wie Überschriften, Inhaltsverzeichnis, Abbildungen usw. Je nach dem, ob sie für den Leser attraktiv erscheinen, entscheidet er sich, ob er den Text tatsächlich lesen wird oder nicht, er nimmt damit eine Ja/Nein-Haltung ein. Orientierend lesen wir vor allem Zeitungen, Zeitschriften, aber auch Bücher, Plakate, Werbungen, Prospekte oder auch Tabellen. Die Übungsformen für orientierendes Lesen sind, laut Buhlmann/Laveau, nur schwierig zu erstellen. Beispiel: „Sie möchten wissen, ob etwas für Sie Interessantes in der Zeitung steht. Dazu müssen Sie sich einen Überblick über den Inhalt bzw. die einzelnen Themenbereiche verschaffen. 1. Welche Schlagzeile ist für Sie interessant? 2. Würden Sie den dazu passenden Artikel wirklich lesen? Warum?“ (1992:157) Schlagzeilen: „Jüdische Literatur im Dritten Reich Rückbesinnung vor dem Ende Die Diktatur weckte den Willen zur Selbstbehauptung / Von Julius H. Schoeps Bretagne Insel für jeden Tag Auf der Belle-Ile mit dem Rundkurs-Bus / Von Erich Loest Zinsen Auf gutem Wege Die Zinsensenkung macht am kurzen und am langen Ende des Marktes Forschritte. Wunder dürfen allerdings nicht erwartet werden. Das Haupthindernis für eine drastische Zinsensenkung kann auch eine neue Bundesregierung nicht rasch abbauen. Europäische Gemeinschaft Für die Deutschen zahlen? In Brussel ist der Streit um die Beiträge zur gemeinsamen Kassen wieder entbrannt. Schweiz Kurzarbeit und Entlassungen in der Maschinen- und Uhrenindustrie der Eidgenossen Erste Opfer der Flaute“ (ebenda) 76 8.3 Zur Rolle von literarischen Texten im Fremdsprachenunterricht Literarische Texte unterscheiden sich von den Sachtexten in vieler Hinsicht. Sie sind keineswegs sachlich-objektiv, sie sind eher subjektiv und vieldeutig, assoziativ und lassen mehrere Deutungen zu, wobei die Zusammenhänge und Schemata nicht klar wiedergegeben werden. Die Thematik und Hauptinhalte sind nicht immer anhand von Schlüsselwörtern direkt ablesbar. Literarische Texte haben eigene Aufbauprinzipien, die Verknüpfungsmittel können hier auch eine narrative Funktion haben. Diesen Texten stehen oft Fakten im Vordergrund, aber entscheidend bleibt, was Zusammenhänge usw.). damit ausgedrückt werden soll (Ideen, abstrakte Die Autoren dieser Texte folgen öfters dem Problem-Lösungs- Schema und arbeiten mit konnotativen Bedeutungen (Wertungen, Einstellungen, Gefühle). [vgl. Swantje Ehlers (1992)] Trotzdem wird die Verwendung der literarischen Texte im Fremdsprachenunterricht, nicht zuletzt auch von der Seite der Lehrbuchautoren, sehr unterschätzt. Die häufigsten Einwände erwähnen einerseits das angeblich geringe Interesse der Lernenden an Literatur, denn die Literatur sei zu lebensfremd und unmodern, oder die komplizierte poetische Sprache der Texte andererseits. Eines der stärksten Argumente gegen das Lesen literarischer Texte im Unterricht wäre eine nur schwierig zu findende Verknüpfung zwischen Literatur- und Sprachunterricht, d.h. es gäbe hier keinen Anlass für Grammatik- oder Wortschatzarbeit. Helmut Hofmann (1985) versuchte Thesen für die erfolgreiche Anwendung der literarischen Texte im Fremdsprachenunterricht darzulegen. Er bestreitet, dass diese Texte für die Schüler als uninteressant erscheinen müssen. Die Texte müssen aus dieser Hinsicht inhaltlich und thematisch aktuell sein, es sollten Texte mit einem gewissen Potenzial zur Provozierung, zu einer kritischen Thematisierung der im Text behandelten Probleme sein; Texte zu denen auch Jugendliche ihre Stellungnahme abgeben können. Damit verknüpft ist die inhaltliche Angemessenheit der Texte mit Rücksicht auf das Alter der Lernenden. Die Texte sollten möglichst authentisch sein, damit eine direkte Verbindung zu der Fremdsprache und deren Kultur und Geschichte (Funktion der Vorurteilsbekämpfung usw.) erstellt werden kann. Dabei ist auch eine Bezugnahme auf die Kultur des eigenen Landes wünschenswert. Die Arbeit mit diesen Texten sollte nicht grammatikorientiert, sondern themenorientiert sein, d.h. die Verwendung dieser Texte zur Bewältigung der neuen grammatischen Strukturen ist nicht zu empfehlen. Die weitere Arbeit sollte ihren Schwerpunkt in der Themendiskussion haben, eine bloße Textinterpretation bietet keine Möglichkeit zur eigenen sprachlichen Produktion der Lerner. 77 Die Lehrkraft sollte versuchen, die verschiedenen Textsorten im Unterricht verwenden, d.h. Sachtexte sollten mit literarischen Texten unterschiedlicher Art wechseln. Dies könnte auch innerhalb eines Themenbereiches und von verschiedenen Gesichtspunkten durchgeführt werden. Als besonders geeignet erscheinen kürzere Prosatexte mit einer deutlichen Abfolge der Handlungen und Geschehnissen. Laut Hofmann sollten die Texte keinesfalls gekürzt werden, was uns zu der Frage der Adaptierung von authentischen literarischen Texten bringt. Edelhoff erwähnt den Begriff der „didaktischen Manipulation“ (1985:24), die nicht nur die Auswahl und Zusammenstellung der Texte bezeichnet, sondern auch die Bearbeitung der Struktur und Sprachformen. „Für die Bearbeitung von authentischen Texten für Unterrichtszwecke wird gefordert, daß die Kriterien der Authentizität beibehalten werden müssen...“ (1985:25) Bei literarischen Texten heißt das, dass Neologismen, kreative Wendungen, Wortspiele, doppeldeutige Wörter oder Fügungen, spezielle Register, falsche Sprachformen und unvollständige grammatische und syntaktische Merkmale in den Texten beibehalten werden sollen. Bei der Bearbeitung der Texte unterscheidet Edelhoff die Techniken des Edierens/Präsentierens und des Texteingriffs. Bei den ersteren spricht er vom Entzerren bestimmter Textsorten in unterschiedliche Kontexte, vom Segmentieren der Texte, vom Kürzen der Sätze oder Texteile, von der Collage-Technik (Zeichnungen, Bilder, Tabellen, Diagramme usw. beifügen), vom Annotieren oder Glossieren des Textes oder vom Hervorheben bestimmter Textteile. Die Texteingriffs-Techniken sind Auslassen, Ersetzen oder Ergänzen einzelner Wörter oder Textteile, es werden hier auch schwierigere Sprachformen durch einfachere ersetzt, ähnlich wird die Handlung vereinfacht (Herausnahme von Personen und/oder Details). Manchmal werden die Texte von den Lehrkräften selbst geschrieben, entweder von Muttersprachlern oder von ihnen authentisiert. Diese Techniken müssen nur vorsichtig gebraucht werden und sollten vom Sprachstandniveau der Lernenden abgeleitet werden. Dies erscheint als unleicht, vor allem im Bezug auf den nur problematisch festzustellenden Schwierigkeitsgrad der Texte. Gerard Westhoff (1987) konstatiert, dass zum Training der Leseverstehensfertigkeit nicht einzelne Kurztexte verwendet werden sollen, sondern eher sog. Lesebücher, die didaktisch geeignet sind. Es sind Bücher, die Texte von dem einfachsten Niveau bis zu dem einfachsten Niveau der „anerkannten“ literarischen Werke beinhalten. Westhoff hat eine ausführliche Recherche gemacht und insgesamt 46 dieser Lesebücher zusammengestellt. Es sind zum Beispiel Texte 78 von Erich Kästner („Das doppelte Lottchen“, „Drei Männer im Schnee“, „Emil und die Detektive“ usw.), Gottfried Kellers „Kleider machen Leute“, Kafkas „Verwandlung“, Eichendorffs „Aus dem Leben eines Taugenichts“ u.a. Zusammenhängend lässt sich sagen, dass die Fertigkeit Leseverstehen vor allem durch vieles Lesen gefördert wird. Die Qualität der gelesenen Texte hängt ausschließlich von der Wahl der Lehrwerke und der Ergänzungsmaterialien ab. Deshalb sollten die Lehrkräfte solche Unterrichts- und Lehrmittel verwenden, von denen sie haben feststellen können, dass sie die Leseverstehensfertigkeit etappenweise und anhand sprachlich, kulturgeschichtlich und literarisch hochwertiger Texte beibringen. 79 9 Lehrbuchanalyse Im folgenden Kapitel kommen wir zu dem praktischen Schwerpunkt dieser Arbeit, d.h. der Analyse der Texte (vor allem Lesetexte) in ausgewählten Lehrbüchern, die im tschechischen Kontext die meist vertretenen Lehrwerke allgemein repräsentieren. Es wurden die Werke der Verlage Hueber (Blick 1,2), Klett (Deutsch mit Grips 1,2) und Fraus (Deutsch ein, zwei 1,2) gewählt, die der Niveaustufe B1 bzw. B2 entsprechen und damit gewissermaßen einen klaren Einblick in die schulische Realität bieten. Die Lehrbücher Blick 1,2 und Deutsch mit Grips 1, 2 wurden der Autorin dieser Arbeit seitens der Vertreter der Verlage frei zur Verfügung gestellt, zusammen mit den Arbeitsbüchern und Lehrerhandbüchern, die auch für die Zwecke dieser Analyse verwendet worden sind. Es werden sowohl die einzelnen Bände der Lehrwerke als auch die Konzeption der Werke behandelt. Schließlich beurteilen wir die Lehrbücher, in Bezug auf ihre Geeignetheit, Konzeption und innovatives Herantreten. In der Analyse wurden Lesetexte, literarische Texte als auch andere Leseaktivitäten berücksichtigt, es wurden vor allem die Techniken der Entwicklung der Lesefertigkeit, die Techniken der Aneignung der unterschiedlichen Lesestrategien und die Angemessenheit der Texte berücksichtigt. Am Ende der gesamten Analyse führen wir eine tabellarische Darstellung dessen, was bei jedem Werk festgestellt wurde, an. 9.1 Blick – Band 1 (Lehrbuch, 1995) Dieses Lehrwerk wurde laut des Lehrerhandbuches (weiter nur LHB, 1996) für Jugendliche und junge Erwachsene konzipiert, die auf der Grundstufe „ausreichende“ oder „befriedigende“ Grundkenntnisse gewonnen haben. (LHB, 1996:5) In jedem Band finden wir 6 Lektionen, mit jeweils vier Teilen – A, B, C und D. Den einzelnen Teilen der Lektion ist das Gesamtthema der Lektionen gemeinsam, das anhand der verschiedenen Aktivitäten unter mehreren Gesichtpunkten behandelt wird. Teil A bietet jedes Mal eine einführende Aktivität mit Lesetexten, die Teile B und C beinhalten auch Hörtexte. Teil D wird in jeder Lektion zum Vertreter der literarischen Texte im Fremdsprachenunterricht – es wurden vor allem Ausschnitte aus einem Jugendbuch gewählt. Im Vorwort des Lehrerhandbuches heißt es: 80 „Die Texte wurden so ausgewählt, dass der Lerner in den meisten Fällen unbekannten Wortschatz, der für das Verständnis wichtig ist, aus dem Kontext erschließen kann. Wortschatz, für den dies nicht zutrifft bzw. der in diesem Themenkreis keine Bedeutung hat und deshalb nicht in den Lernwortschatz aufgenommen wurde, wird in Fußnoten erklärt.“ (ebenda) Wir analysieren jetzt, inwieweit das Beibringen der Lesefertigkeit und der möglichst natürlichen Lesehaltung in diesem Werk erfolgreich ist. Die Texte, die Aktivitäten und vor allem die Aufgabenstellung der Autoren haben wir anhand der Lesestrategien, die sie beibringen, untersucht. Globales (kursorisches) Lesen Global werden die Texte dann gelesen, wenn die Aufgabenstellung vorher nicht gegeben wurde und die Schüler nicht nach spezifischen Informationen im Text suchen. Diese Technik an sich wird nur relativ wenig trainiert. In den Fällen, wo es der Fall war, diente sie meistens als eine Einführung zum Thema oder Eröffnung dieses Themas vor Aufgaben, die das Sprechen in Form der Diskussion, Umfragen u.a. üben sollte. Als Beispiel nehmen wir die Aktivität A3 in der vierten Lektion, wo 8 Kurztexte – Antworten der Jugendlichen auf eine Umfrage von der Zeitschrift treff – zum Thema „Wie sieht ihre Traumschule aus? Welche Wünsche und Ideen habt ihr?“ global gelesen werden sollen. Die Aufgabenstellung folgt nach der ersten Lektüre und lautet „Was denkt ihr über diese Aussagen?“. (LB,1995:68) Aus den insgesamt 32 Leseverstehensaktivitäten (inklusive literarische Texte), die ich festgestellt habe, werden rein global nur 4 Texte gelesen. Das beträgt ungefähr 12, 5 Prozent im gesamten Lehrbuch. Globales und selektives Lesen Im Lehrbuch werden etwas weniger als die Hälfte der Texte (46, 87%, d.h. 15 Leseverstehensaktivitäten ) zuerst global gelesen und dann sollen sie nochmals gelesen werden, allerdings bekommen die Schüler dann eine Aufgabe, die von ihnen bei der zweiten Lektüre selektives Lesen verlangt. Diese Strategie der Autoren dieses Lehrbuches wird oft eingesetzt, aber es variiert die Form der Übungen. In einigen Fällen müssen die Schüler Raster ausfüllen, oder Aussagen verknüpfen oder zuordnen, bestimmte Begriffe finden, Zeilen zu den unterschiedlichen Textausschnitten/Textteilen suchen usw. Die Lesestrategie erweist sich stark als „unterricht81 gebunden“, d.h. dass die Schüler in Wirklichkeit nur selten die Leseintentionen vor der Lektüre nicht kennen. Es ist trotzdem anzunehmen, dass gerade diese Kombination des globalen und des selektiven Lesens die Schüler dazu bringt, mit den Texten auch zu arbeiten. Nach dem ersten globalen Lesen werden die Schüler aufgefordert, den Text noch einmal mit veränderter Leseintention und Motivation zu lesen. Als Beispiel nehmen wir die Aktivität A2 in der Lektion 5, wo 8 Kurztexte – Äußerungen der Jugendlichen und bekannter Persönlichkeiten zum Thema Schönheitsideal – zuerst global gelesen werden, danach folgt eine Besprechung in der Klasse und dann sollen die Schüler die Aussagen den Personen zuordnen, was eine weitere, diesmal nur selektive Lektüre verlangt. Selektives (selegierendes) Lesen Nur selektiv werden solche Texte gelesen, die vor der Lektüre als Aufgabestellen nur bestimmte spezifische Informationen im Text zu suchen und lesen aufgeben. Natürlich wird davon ausgegangen, dass die Schüler dabei den roten Faden des Textes mitverfolgen, und so nur selektiv ihre Aufmerksamkeit verstärkt den passenden Textstellen widmen. Im Lehrbuch wird diese Übung unterschiedlich durchgeführt, manchmal müssen die Schüler ein Raster ausfüllen, passende Zeilen/Textteile finden, Belege für eine Behauptung oder Argumente finden usw. Es wurden in Blick 1 insgesamt 10 rein selektiv konzipierte Leseverstehensaktivitäten gefunden, was mehr als 31% ergibt. Es ist damit die zweite am meisten vertretene und trainierte Lesetechnik und es ist anzunehmen, dass sich das in der Entwicklung der Lesefertigkeit positiv spiegelt. Als Beispiel wird die Aktivität unter A1 in der Lektion 3 genommen, wo nach der Einführung, Besprechung in der Klasse und der Vorentlastung folgt: „c) Lies den Text und such alle Wörter heraus, die mit Training und Muskeln zu tun haben. Das sind in diesem Text die Schlüsselwörter. Sie tragen die wichtigsten Informationen. Was erfährst du über Thomas? Notiere.“ (LB,1995:87) Als selektiv/selektiv (etwa 3%, d.h. 1 Text) wird die Aktivität mit einer solchen Aufgabenstellung bezeichnet, die mehrmals unterschiedliche spezifische Informationen aus einem Text herauszuholen fordert. Totales (detailliertes) Lesen Total, also vollständig, werden solche Texte gelesen, bei denen die Aufgabenstellung eine möglichst komplette sprachliche und inhaltliche Entzifferung der Texte trainiert. Total liest man meistens Poesie, Anzeigen, Formulare, Fragebogen usw. In diesem Lehrbuch wird ein 82 Psycho-Test zum Thema Schönheitsstress und dann 7 Kurztexte – kleine Artikel zum Thema Jeans, die unterschiedliche Aussagen und Meinungen präsentieren --, zu denen man die passenden Überschriften finden soll, total gelesen. Im ganzen Lehrbuch kommt kein Gedicht oder Liedtext als Leseverstehensaktivität vor. Diese zwei Übungen repräsentieren diesen Lesestil mit 6, 25% und sind damit als die am wenigsten trainierte Lesestrategie im Lehrbuch Blick - Band 1 vertreten. 9.2 Blick – Band 2 (Lehrbuch, 1997) Im zweiten Band des Lehrwerks vom Verlag Hueber verfolgen die Autoren die gleiche Konzeption des vorherrschend text-orientierten Unterrichts. Die Zielgruppe sind Schüler und Studenten des Niveaus Mittelstufe an staatlichen oder privaten Schulen, die Unterricht für fortgeschrittenen Deutschlerner mit sehr guten Grundkenntnissen anbieten. Auch hier wird die Einteilung der insgesamt 6 Lektionen in Teile A, B, C und D eingehalten, wobei sich Teile A-C aus unterschiedlichen Textsorten zusammensetzen. In diesen Teilen werden auch die Grammatik und die Hörtexte behandelt und Hörverstehensübungen durchgeführt. Auch in diesem Band wird der ganze Teil D den literarischen Texten gewidmet. Die folgende Analyse zeigt die Tendenz zur verstärkten Textarbeit, indem insgesamt 50 Leseverstehensaktivitäten anhand der Texte im Lehrbuch ermittelt worden sind. Globales Lesen Die Arbeit mit längeren Texten, die sich nur auf das Erfassen des Hauptgedankenstrangs bezieht, ergibt 15, 38 % (d.h. 8 Aktivitäten) der Aufgabenstellungen im Lehrwerk. Die Übungen sind in ihrer Aufgabestellung meistens identisch: Zu bestimmten Textteilen/Abschnitten Schlüsselbegriffe notieren, elementare W-Fragen beantworten, Beschreibungen und Zusammenfassungen der Hauptgedanken. Als Beispiel nehmen wir den Teil D – den Sachtext/Artikel aus der Lektion 3: „b) Lesen sie den Bericht, und beschreiben Sie Rüdiger Nehberg (seine Einstellung, seine Lebensweise, seine Unternehmungen). Was halten Sie von seiner Lebensweise?“ (LB, 1997:71) Globales und selektives Lesen Von den zweiundfünfzig Leseverstehensübungen werden 20 (38, 46%) kombiniert gelesen. Auch hier wird die relativ erfolgreiche Strategie der globalen Erstlektüre und selektiven Zweitlektüre verfolgt. Die Anzahl ist etwas höher geworden, was allerdings durch die 83 vermengte Anzahl der gesamten Leseverstehensaktivitäten gegeben ist. Unter den 20 Beispielen befinden sich allerdings auch zwei Kombinationen, wo ein Text bzw. Textabschnitt selektiv gelesen werden soll und weiter dann nur global. Beide beziehen sich auf die D-Teile, die Arbeit mit literarischen Texten. Zum Beispiel nehmen wir den Text von Dagmar Chidolue aus der Lektion 6: „b) Lesen Sie den ersten Teil des Textes. Was erfahren wir über – Terrys emotionales Verhalten allgemein; - Terrys Gefühle Marcel gegenüber? c) Wie könnte Terrys Beziehung zu Marcel bisher verlaufen sein? Spekulieren Sie in der Klasse. Lesen Sie dann den Text zu Ende. d) Wie stellen Sie sich Terry vor (Aussehen, Alter)? Warum hat Marcel Ihrer Meinung nach das andere Mädchen vorgezogen? Begründen sie Ihre Meinung mit Stellen aus dem Text.“ (ebenda:131) Selektives Lesen Nur selektiv wird, was den prozentuellen Anteil von etwa 30 Prozent beträgt, auch im zweiten Band ungefähr gleich gelesen. Sechzehn von zweiundfünfzig Leseverstehensaktivitäten formulieren ihre Fragen spezifisch noch vor der ersten Lektüre. Zum Beispiel: „b) Lesen Sie den Text und berichten sie kurz über das Urlaubsverhalten der deutschen Jugendlichen: - Reiseziel; Begrüdung dafür - Aktivitäten am Urlaubsort - Begleitung - Organisation und Finanzierung der Reise“ (ebenda:117) Oder: „b) Lesen Sie die Textabschnitte und schreiben Sie einen Steckbrief von Greenpeace. Steckbrief Name: „Alter“: Zentrale: Mitglieder: Ziele: Vorgehen: 84 Erfolge: ...“ (ebenda:106) Aktivitäten, die auf die Texte nur selektiv in mehreren Phasen eingehen, also selektiv/selektiv, gibt es auch diesmal sehr wenig. Es wurde nur ein Beispiel gefunden: „a) Sammeln Sie die Argumente zum Thema Gewalt im Fernsehen. Ordnen Sie sie nach „positiv – negativ – neutral“.“ (ebenda:34) Orientierendes und selektives Lesen Das orientierende Lesen ist in den Lehrbüchern Blick 1,2 nur einmal teilweise vertreten, indem die Autoren innerhalb der Arbeit mit verschiedenen Textsorten einen Reisekatalog übernommen haben. Je nach der Lesehaltung der Schüler werden sie eher das orientierende Lesen bei der Erstlektüre anwenden, sie machen sich einen Überblick über das Angebot und die Gliederung des Textes, und gehen dann selektiv bei der Beantwortung der Aufgabe vor. Die Frage lautet relativ frei: „Lesen Sie das Inhaltsverzeichnis eines Reisekatalogs mit Angeboten für Jugendliche. Wohin würden Sie gern reisen? Was würden Sie dort machen? Sprechen Sie darüber in der Klasse.“ (ebenda:118) Totales Lesen Das detaillierte Lesen ist stark von der Textsorte abhängig und nicht anders ist es im Lehrbuch. Es kommen zwei Gedichte/Liedtexte, eine Statistik und ein Lebenslauf vor, die total gelesen werden. Total werden insgesamt vier Aktivitäten gelesen, was weniger als 8 Prozent ergibt. In zwei Fällen (3, 84 %) wird das totale Lesen mit dem selektiven (gegeben durch die Aufgabestellung) kombiniert. Es handelt sich um das Markieren der spezifischen Informationen bei der Lektüre eines Gedichts oder um eine sehr genaue Ausarbeitung eines Gesamttextes wie in der Aktivität A5 in der Lektion 5, wo die Zusammenhänge der lexikalischen und grammatischen Strukturen total behandelt werden und anknüpfend nach einer weiteren Lektüre noch Begriffe in ein Raster notiert werden sollen. 9.3 Zusammenfassung – Blick 1, 2 Es lässt sich behaupten, dass diese Lehrwerke – Blick 1, 2 – beide vor allem auf der Arbeit mit Texten, sowohl Lese- als auch Hörtexten, und Grammatik stehen. 85 Die Struktur der Lehrbücher ist sehr durchdacht, die Einteilung der sechs Lektionen in thematisch verbundene Teile scheint gelungen zu sein, vor allem hinsichtlich der Verwendung der literarischen Texte. Die Authentizität der Texte scheint unproblematisch zu sein, diese stammen aus verschiedenen deutschen gedruckten Medien wie Der Spiegel, treff oder JUMA, und einigen Zeitungen und Zeitschriften. Es liegen Texte vor, die von Muttersprachlern geschrieben worden sind, und die somit keinen Hinweis für die Anzweiflung ihrer sprachlichen Qualität geben. Die literarischen Texte stammen alle aus den Jugendbüchern, es kommen Texte von Peter Bichsel, Gabriele Wohmann, Othmar Franz, Dagmar Chidolue, Franz Hohler, Mirjam Pressler u.a. vor. Es ist lobenswert, dass die Literatur hiermit in den Unterricht auf regulärer Basis eingegliedert wurde. Es bleibt allerdings fraglich, inwieweit das für die Schüler von sprachlicher Bedeutung ist, was eines der häufigsten Gegenargumente für die Verwendung der literarischen Texte im Unterricht ist. Viel wichtiger scheint das Nahebringen der Literatur in die fremdsprachliche Realität der Schule zu sein. Aus demselben Grunde ist es bedauerlich, dass vor allem im ersten Band dieses Lehrwerkes keine Aktivitäten mit Gedichten oder Liedtexten vorkommen, die die Auffassung der Literatur als kulturelle Ganzheit noch vertiefen könnten. Was an der Konzeption des Lehrwerkes zu kritisieren wäre, ist die Verankerung der Aktivitäten vor allem in den Texten. Es wäre unrecht zu sagen, dass die Autoren die Bilder und die visuelle Seite völlig vergessen haben, trotzdem erscheint die Gestaltung des Lehrbuches optisch sehr rigide und ähnelt damit Lehrbüchern, die die kommunikative Methode des Fremdsprachenunterrichts nicht als die dominierende Konzeption verstanden haben. Das Positive im Lehrbuch ist auch die Verbindung der Hörverstehens- und Leseverstehensaktivitäten, wo oftmals die eine oder die andere als Vorentlastung und Einführung zum Thema dient und damit die kombinierte Einsetzung dieser Fertigkeiten fördert. Die Vorentlastungsaktivitäten gehören auch zu den positiv bewerteten Faktoren dieses Lehrwerkes, sie werden immer konsequent angegeben und erleichtern damit dem/der Lehrer/Lehrerin die Arbeit. In beiden Bänden führen die Autoren auch Lese-, Hör- und Lerntipps an, in denen sie den Schülern einige Vorschläge zur Erarbeitung und Bewältigung der Aufgaben geben und auch einige Informationen theoretischer Art vermitteln. Sie sind auch graphisch anders dargestellt, 86 und sind damit für die Schüler leichter von den anderen Texten zu trennen. Als Beispiele führen wir folgende Lese-, Hör- und Lerntipps: „Lesetipps Lies den Text nicht Wort für Wort, sondern in Sinneinheiten oder Sätzen. Keine Angst vor Wörtern, die dir auf den ersten Blick unbekannt erscheinen: Du brauchst nicht jedes Wort zu kennen um die Gesamtbedeutung des Textes zu verstehen. Es gibt ein paar Tricks, um die Bedeutung unbekannter Wörter zu erschließen. So brauchst du nicht jedesmal im Wörterbuch nachzuschauen. Versuche immer erst ohne Wörterbuch auszukommen!“ (LB1, 1995:24) „Lerntipp Das Auswendiglernen von kurzen Texten hilft dir wichtige Redemittel zu behalten.“ (ebenda:32) „Hörtipp: Refrain Wenn man den Inhalt von Liedern verstehen möchte, sollte man sich beim ersten Hören besonders auf den Refrain konzentrieren, denn hier werden die wichtigsten Aussagen mehrmals wiederholt. Danach versteht man die Themen der einzelnen Strophen besser.“ (LB2, 1995:33) Zusammenfassend lässt sich sagen, dass dieses Lehrwerk methodisch und pädagogischdidaktisch gut funktioniert bzw. funktionieren kann. Die Themenwahl ist meiner Meinung nach gut gelungen, es variiert von den Evergreens aller fremdsprachlichen Lehrbücher wie Medien und Technologie oder Ferien, Reisen, Abenteuer zu einigen interessanten Versuche anders die Jugendlichen und junge Erwachsene für das Lernen zu gewinnen wie Aussehen, Sucht und Abhängigkeit oder Jugendszene. Die Arbeit in der Klasse variiert vom Frontalunterricht zur Paar- oder Gruppenarbeit und lässt damit genug Raum für natürliche Interaktion und Kommunikation im Unterricht zwischen den Lernenden und Lehrenden. Die Aktivitäten scheinen gut geteilt zu sein und kopieren im vielen den Stil der englischen Lehrbücher. Die Texte sind meistens gut gewählt, thematisch und stilistisch, sprachlich einwandfrei und authentisch. Die literarischen Texte wurden für die schulischen Zwecke nicht gekürzt oder umgeschrieben, die gewählten Abschnitte ermöglichen sowohl Grammatikarbeit als auch weitere Textarbeit oder schriftliche und sprachliche Aktivitäten. Das Negative erscheint die prädominante Rolle des Textes zu sein, d.h. die verstärkte Verlagerung der sprachlichen Arbeit auf Hör- und Lesetexte und die diesbezüglichen Aufgaben. Die Grammatikarbeit und Wortschatzarbeit überwiegt dann in dem Arbeitsbuch 87 und man gewinnt das Gefühl, dass die Bereiche der Textarbeit im Lehrbuch und Grammatik/Wortschatz/Redemittel-Arbeit im Arbeitsbuch zu streng getrennt wurden, da alle diese Einheiten entsprechend ausgeglichen werden sollten und zwar möglichst in dem vorherrschend verwendeten Lehrwerk im Unterricht. 9.4 Deutsch mit Grips – Band 1 (Kursbuch, 2001) Deutsch mit Grips vom Verlag Klett ist ein Lehrwerk, das dieselbe Altersgruppe auf demselben Niveau ansprechen möchte wie Blick 1 und 2, versucht es jedoch auf eine andere Art und Weise. Im Lehrerhandbuch zu Band 1 wird gesagt, dass hier hauptsächlich früher erworbene Kenntnisse wiederholt, systematisiert und gefestigt werden. Innerhalb des Leseverstehens und des Angebots variiert das Lehrbuch einerseits authentische Texte verschiedener Textsorten aus „Schülerzeitungen, Jugendmagazinen, Wochenzeitschriften, Werbeprospekten und literarischen Werken“. (LHB, 2002:6) Die Autoren geben auch zu, dass manche leicht verkürzt oder vereinfacht wurden. Um das Angebot der Leseverstehensaktivitäten zu erweitern, führen die Autoren am Ende jeder Lektion in einem bestimmten Lektionsteil weitere Lesetexte an. Diese Texte sind nicht didaktisiert, d.h. die Schüler haben im Lehrbuch keine Aufgaben zu erarbeiten und es hängt jeweils vom Lehrer/Lehrerin ab, ob und wie sie mit den Texten arbeiten werden. Im Lehrerhandbuch geben die Autoren allerdings ein paar Vorschläge für die mögliche Leseverstehensarbeit. Von den literarischen Werken kommen im Lehrbuch Gedichte, kürzere Prosawerke oder Auszüge vor, die entweder didaktisiert oder als „Lesetexte“ nicht didaktisiert werden. Die Autoren behaupten, auf die Textarbeit einen besonderen Wert gelegt zu haben, indem sie vor allem das globale und selektive Lesen üben und dazu noch mit einer Indexzahl bei unbekannten oder aus dem Kontext nur schwer erschließbaren Wörtern arbeiten. Das Lehrbuch besteht aus 13 Lektionen, in denen immer mindestens zwei bis drei Leseverstehensaktivitäten und meistens einige Lesetexte beinhaltet sind. Jede Lektion setzt sich aus einem A, B, und C Teil zusammen, in einem Fall ist es auch der Teil D und mit den Ausnahmen der Lektion 1 und 13, kommen in jeder Lektion auch bereits erwähnte Lesetexte vor. Die Lesetexte wurden in der eigentlichen Analyse nicht berücksichtigt, da sie nicht didaktisiert sind und damit die Lesehaltung der Schüler notwendigerweise nicht steuern. Ihre 88 Gestaltung und die Textsorten und wahrscheinliche Lesestrategie werden trotzdem am Ende der Analyse erwähnt. Inwieweit sie die unterschiedlichen Lesestrategien mit den Lesetipps, der Aufgabenstellung oder Textwahl beibringen und wie die Anzahl dieser geübten Lesestile ist, zeigt die folgende Erläuterung. Globales (kursorisches) Lesen Aus den insgesamt 32 Leseverstehensaktivitäten, die im Lehrbuch vorkommen, werden 9, d.h. 28, 12 Prozent, global gelesen. Die Hauptgedanken und das Gesamtverständnis eines Textes und die Erfassung der wichtigsten Informationen nach der ersten und einzigen Lektüre spielen in diesem Lehrwerk eine relativ große Rolle. Die Aufgabenstellungen sind meistens kurze Zusammenfassungen, Berichten, W-Fragen usw. Zum Beispiel werden folgende Aufgabenstellungen genommen: „Die ersten zwei Texte erscheinen in deutschen Schülerzeitungen, der dritte in einer Wochenzeitung. Wählt einen Artikel und berichtet dann den anderen, was in eurem steht.“ (KB1, 2001:14) „Fass den Inhalt des Artikels über die „Igelmutter“ ganz kurz zusammen.“ (ebenda:19) Globales und selektives Lesen Das globale Lesen bei der Erstlektüre und selektives bei der zweiten ist eine Lesestrategie, die im Lehrbuch gleich vertreten ist wie das globale Lesen. Fast dreißig Prozent (28, 12%) der kombinierten Aufgabenstellungen zeigt auf eine ausgeglichene Position dieser zwei Lesestile bei den Autoren. Die Aufgabenstellungen sind nach dem ersten Lesen meistens Aussagen zuzuordnen, Raster auszufüllen, spezifische Info zu suchen usw. Als Beispiele nehmen wir: „Lest den Text noch einmal und füllt den Kasten neben dem Text stichwortartig aus. Wie ist Anna Ballboy geworden? Ihr könnt dann ihren Weg zum Ballboy ablesen.“ (KB1,2001:37)“ „Die Journalistin Franziska Keller hat Leute über das Thema „Spielen“ interviewt. Lies die Texte und errate, welche Fragen sie ihnen wohl gestellt hat. ... Lies bitte den Text noch einmal und kreuze an. Oft passe es zu mehreren Personen. (ebenda:44f) 89 Selektives Lesen Nur selektiv, also nach gegebenen Aufgaben, die die Suche nach bestimmten Informationen verlangt, wird von den zweiunddreißig Leseverstehensaktivitäten sechsmal gelesen, was weniger als 20 Prozent (18, 75%) ergibt. In den einzelnen Fällen bleibt es teilweise fraglich, ob sie wirklich nur nach spezifischen Informationen suchen müssen. Einmal wird das selektive/selektive Lesen geübt, indem man zum gleichen Text zwei selektive Aufgaben erarbeiten muss. Zum Beispiel: „Was für Hobbys haben Lars und Uwe, seit wann, was braucht man dazu und was sind die Stationen, wie man es lernt?“ (ebenda:38) „Sieh dir die Zeichnung genau an, lies den Text und fülle dann die Tabelle aus. ... Was alles kann man in dem Bücherschloss machen? Suche die Informationen im Text.“ (ebenda:64ff) Totales Lesen Von den insgesamt zweiunddreißig Aktivitäten werden siebenmal die Texte total gelesen (21, 87%), davon sind vier Aktivitäten insgesamt fünf Gedichte. In den anderen Fällen ist die Aufgabestellung stark von der Textsorte abhängig. Einerseits war es die Aufgabe, die Skizze eines Ausflugs mit dem stichwortartigen Programm zu vergleichen, andererseits war es die Lektüre kleiner Zettelchen mit einem Satz und den zuzuordnenden Aussagen. Lesetexte Da es vor allem die Aufgabenstellungen sind, die die Lesestrategie der Schüler im Unterricht beeinflussen, sind die nicht didaktisierten Texte nur schwierig in die Analyse einzugliedern. Wir sind in den Prozentzahlen von den Empfehlungen im Lehrerhandbuch und vom Charakter der Texte ausgegangen. Aus den insgesamt 35 Texten in den 11 Lektionen könnten höchstwahrscheinlich 28 davon, d.h. 80%, global gelesen werden. Je nach der Variierung der Aufgabenstellung auch global/selektiv. Nur selektiv sollten nach Lehrerhandbuch 2 Texte gelesen werden (5, 71%). Vier Rätsel bei einer Aktivität und ein kurzes Märchen werden total gelesen, d.h. zwei Aktivitäten (14,2%). 90 9.5 Deutsch mit Grips – Band 2 (Kursbuch, 2002) Im zweiten Band dieses Lehrwerkes verfolgen die Autoren die Absicht, die bereits erworbenen Kenntnisse produktiv anzuwenden. Nach dem Erwerben des neuen Lernstoffes sollten die Schüler dann in der Lage sein, die Prüfung Zertifikat Deutsch (des GoetheInstituts) erfolgreich abzulegen. Der Aufbau und die Komponenten des zweiten Bandes sind die gleichen wie im ersten Band. Die Autoren geben allerdings im Lehrerhandbuch zu, dass die im ersten Band trainierten rezeptiven Fertigkeiten hier den produktiven teilweise weichen müssen. Es war anscheinend die Absicht der Autoren, die Lerner im ersten Band auf ein gemeinsames sprachliches Niveau zu bringen, wobei die Textarbeit und Verstehensstrategien im Vordergrund standen. Die Überlagerung des Leseverstehens ist auch an der Anzahl der Leseverstehensübungen im Arbeitsbuch 2 zu sehen. Wo es im ersten Band des Arbeitsbuchs lediglich zwei Übungen waren, sind es im zweiten Band sechs Übungen. Im Lehrbuch sind weiterhin die Teile A, B und C in allen 12 Lektionen eingehalten, genauso wie die Lesetexte als Bonusmaterial am Ende jeder Lektion. Vielmehr als Verknappung der Leseverstehensaktivitäten sehen wir eine veränderte Konzeption in der Lenkung der Lesestrategien. Die literarischen Texte kommen weiterhin vor, obwohl Gedichte über Prosa überwiegen, es sind Texte von Hermann Hesse, Bertold Brecht oder Erich Kästner. Globales Lesen Von den insgesamt 39 Aktivitäten werden 12 (über 30 %) global aufgefasst. Damit bleibt es die meist vertretene Lesestrategie, die in den beiden Lehrbüchern beachtlich ausgeglichen vorkommt. Die Fähigkeit die wichtigsten Informationen zu entnehmen und die Hauptaussagen zu formulieren, findet bei den Autoren eine angemessene Wichtigkeit und Bedeutung. Als Beispiele der Aufgabenstellungen werden folgende Übungsaufgaben genommen: „a) Lies den folgenden Bericht: Was erfährst du über diese Sportart?“ (KB2, 2002:46) „a) Lest die Kurzberichte und fasst jeweils in einem Satz zusammen: Was wurde für die Umwelt getan?“ (KB2, 2002: 74) Globales und selektives Lesen Die Kombination kommt nicht mehr als die einzige Kombination der Lesetechniken vor, trotzdem überwiegt sie mit mehr als 15 Prozent, d.h. mit 6 Übungsaktivitäten. 91 Meistens handelt es sich um das häufige Konzept der ersten globalen Lektüre und der zweiten, die dann spezifische Informationen sucht. Als Beispiele können folgende Formulierungen der Aufgaben dienen: „a) Lest die beiden Texte. Welche außergewöhnliche Form der Vorstellung haben die beiden Klassen gewählt? b) Notiert, was ihr über die zwei Klassen erfahrt.“ (KB2, 2002:22) „Auf der Homepage deutscher Schulen wird häufig auch das Schulgebäude beschrieben und mit Fotos oder mit einer Zeitung vorgestellt. ... a) Unterstreicht die Wörter im Text, die ihr zur Beschreibung eurer eigenen Schule anwenden könnt.“ (KB2, 2002:38) Selektives Lesen Die rein selektive Lesetechnik soll von den Lernern insgesamt fünfmal (12,81%) angewendet werden, zweimal davon wiederholt bei einem und demselben Text (selektiv/selektiv). Zum Beispiel: „Unterstreiche die Stellen, wo Prominente Heimat definieren.“ (ebenda:33) „Lies die Gedanken einer deutschen Schülerin und notiere, welche positiven und welche negativen Seiten des Winters sie sieht.“ (ebenda:68) „b) Lest den folgenden Text und notiert die darin vorkommenden Produkte. Vergleicht dann die zwei Listen. ... c) Lest den Text noch einmal. Mit welchen Eigenschaften werden die Produkte charakterisiert? Tragt die Wörter in eure Liste neben das entsprechende Produkt ein.“ (KB2, 2002:82) Totales Lesen Das detaillierte Lesen kommt in der reinen Form elfmal vor, d.h. mehr als 28 Prozent, davon sind es achtmal Gedichte, die Wort für Wort gelesen werden und dechiffriert werden sollen. In der Aktivität mit Werbungen und Werbe-Slogans variiert die Aufgabenstellung je nach Textsorte, beide Texte müssen aber vollständig dekodiert werden. Die Aufgabenstellungen können ziemlich abwechslungsreich sein – von Textrekonstruktion zur Abänderung des Textes usw. „a) Welche Wendungen und Wörter findet ihr in der Parodie, die für Werbung sehr typisch ist? b) Versucht statt NICHTS andere Waren einzusetzen. Ihr könnt dabei den Text leicht verändern. ...b) Zu welchen Produkten können die folgenden Slogans passen?“ (KB2, 2002:80f) 92 „Füge die Sätze so zusammen, dass sich ein Text ergibt. Diskutiert dann die eventuellen Unterschiede bei den Lösungen.“ (ebenda:63) Die Technik des totalen Lesens wurde auch in einigen Fällen mit anderen Lesestilen kombiniert. Bei drei Aktivitäten ging dem totalen Lesen das globale voraus, in zwei Fällen folgte nach dem totalen noch das selektive Lesen. Es handelte sich meistens um Texte, die sprachlich oder von der Textsorte her teilweise ungewöhnlich waren. Einerseits war es eine Schilderung einer Zugfahrt aus der IchPerspektive, die nach den Schildern und Aufschriften formuliert wurde, andererseits handelte es sich um das Finden der passenden Überschriften für kurze Texte und dann der Suche der ursprünglichen Titel in einem Text, der nur aus Titel bestand und daher nicht ganz leicht zu lesen war. Lesetexte In den zweiten Band des Lehrwerkes ließen die Autoren neben die 39 Texte im Lehrbuch noch 21 Lesetexte eingliedern, von denen 16 (76,2 %) global gelesen werden könnten. Die übrigen fünf Texte sind Gedichte, die höchstwahrscheinlich total gelesen werden. 9.6 Zusammenfassung – Deutsch mit Grips 1,2 In dem Lehrwerk Deutsch mit Grips 1,2 wird die kommunikative Didaktik und Methodik gänzlich wahrgenommen und eingesetzt. In beiden Bänden wird die Konzeption einer kommunikativen Entwicklung der sprachlichen Fertigkeiten verfolgt und konsequent in den mannigfaltigen Übungspassagen zum Ausdruck gebracht. Die Texte, die zum Leseverstehen verwendet wurden, sind authentisch und falls sie, wie die Autoren auch zugeben, vereinfacht oder verändert wurden, sieht man dies an ihnen nicht, was für eine gute und angemessene Leistung der Autoren spricht. Als sehr positiv sehen wir die Variabilität der Aufgabenstellung bei den Leseverstehensaktivitäten, obwohl sie eindeutig das globale und selektive Lesen präferieren. Die anderen Lesestile sind genügend vertreten und auch gut kombiniert, so dass die Lerner ein klares Bild von den unterschiedlichen Lesestrategien gewinnen könnten und sollten. Die Themenwahl der einzelnen Lektionen entspricht in vieler Hinsicht den konventionellen Prinzipien der fremdsprachlichen Lehrwerke. Es werden Themata wie Beziehungen, Familie, Sport und Abendteuer, Essen oder Geographie behandelt. Dabei erscheinen aber auch 93 interessantere Themen wie „Mein Recht, dein Recht“ oder „Sparen oder auf den Kopf hauen?“. In jeder der dreizehn bzw. zwölf Lektionen werden immer alle der vier Grundfertigkeiten, nämlich Lesen, Hören, Schreiben und Sprechen, systematisch geübt und das auf einer relativ bunter Art und Weise, in dem die Autoren viele Möglichkeiten zur Vorentlastung und Weiterführung des Themas bringen. Als besonders lobenswert ist der Versuch der Autoren zu sehen, das Bonusmaterial in Form von zusätzlichen Lesetexten einzuführen. Die nicht didaktisierten Texte lassen Freiraum für die selbstständige Aktivität der Schüler, aber auch für das innovative Herantreten an den Unterricht seitens der Lehrenden. Eine gute Unterstützung finden die Unterrichtbeteiligten auch in dem Arbeitsbuch, das verständlicherweise viele Übungen zur Grammatik, Wortschatz, aber auch Lesen bietet. Das beweist auch in diesem Lehrwerk die Tendenz, die Wortschatzarbeit eher außerhalb des Hauptunterrichtsmaterials zu lassen. Es ist aber festzustellen, dass die Wortschatzarbeit unzertrennlich zum qualitativ hochwertigen Unterricht gehört und keineswegs nur als Randerscheinung wahrgenommen werden sollte. Die Lehrkräfte können sich gut auf das Lehrerhandbuch verlassen, es bietet viele Vorschläge zur Didaktisierung und der Vorgehensweise bei allen Aktivitäten sowohl im Kursbuch, als auch im Arbeitsbuch. Trotzdem sollten es die Lehrer nicht rigide verwenden, da die Autoren nicht immer ganz realistisch gewesen sind, besonders im Hinblick auf die zeitliche Dotation der jeweiligen Unterrichtseinheiten. Die literarischen Texte variieren die Textsorten sehr gut, es sind Erzählungen, Gedichte, kleine Prosaausschnitte oder Epigramme. Sie scheinen gut gewählt zu sein und vermitteln eine natürliche Wahrnehmung der Literatur und ihrer verschiedenen Gattungen. Auch in diesem Lehrwerk operieren die Autoren mit dem Gedanken den Lernenden bei dem Lernen bzw. Lesen etwas zu helfen, indem sie unterschiedlich lange Lesetipps verwenden, zum Beispiel: „Lesetipp In den folgenden Texten verstehst du vielleicht nicht alles, aber du findest sicher die wichtigsten Informationen. Unterstreiche, was du verstanden hast.“ (KB1, 2001:14) „Lesetipp Vor längeren Zeitungsartikeln steht oft eine kurze Einleitung. Sie hat die Funktion, die wichtigsten Themen des Textes aufzuzählen und so das Interesse des Lesers zu wecken. Studiere vor dem Lesen diesen Teil.“ (ebenda:28) 94 Zusammenfassen kann konstatiert werden, dass dieses Lehrwerk ein gutes Unterrichtsmaterial mit ausgeglichenem Anteil der vielen Aktivitäten ist. Es bietet eine relativ unterhaltsame, als auch pädagogisch vollwertige Gelegenheit zum Fremdsprachenlernen. Die Zielgruppe sind eindeutig die Jugendlichen, denen es wahrscheinlich auch relativ Spaß machen wird, mit einem neuen und modernen Material zu arbeiten. 9.7 Deutsch eins zwei Als letztes wird das Lehrwerk der Autoren der tschechischen Provenienz vorgestellt und analysiert. Es handelt sich um zwei Bände, die auf den Niveaustufen A1 bis B2 in dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen (GERR) eine teilweise andere Konzeption des Fremdsprachenunterrichts präsentieren. Im ersten Band, der für die Lerner ab 15 Jahren ohne Vorkenntnisse geeignet ist, werden die elementaren Kenntnisse und Bereiche auf dem Niveau A1, A2 behandelt. Im zweiten Band, auf der Niveaustufe B1, B2, werden die Kenntnisse vertieft, wiederholt und systematisiert. Das Lehrwerk eignet sich laut den Autoren für Unterricht an Mittelschulen, an allen Typen der Sprachschulen und in Sprachkursen oder für autodidaktische Zwecke. Nach der erfolgreichen Absolvierung dieser zwei Lehrbücher soll der Lerner dazu im Stande sein, die Staatsgrundprüfung oder das Abitur des höheren Niveaus B2 erfolgreich abzulegen. Um die Konzeption des Lehrwerkes gründlicher zu verstehen, wurden beide Bände analysiert und die Ergebnisse werden entsprechend angeführt. Jeder Band des Lehrwerkes besteht aus 15 Lektionen, die jeweils ein Thema aus unterschiedlichen Perspektiven behandeln. Jede Lektion hat drei Teile: Teil A wird immer mit einem dialogischen Text eingeführt, der zwar als Hörverstehenstext dient, aber trotzdem in graphischer Form wiedergegeben wird. Dieser Text soll vor allem den Hörverstehensübungen und dem Einüben kommunikativer Situationen dienen. In diesen Texten taucht eine reguläre Besetzung der fiktiven Figuren Karl (Erzähler) und Monika und Rolf (Hauptfiguren) auf. Der Teil B beinhaltet dann Lesetexte, zu denen verschiedene Übungen meistens weiter im Buch gegeben sind. In beiden Teilen der Lektionen findet man außerdem noch Grammatikerklärungen mit Übungen und Übungen zum Wortschatz. Der Wortschatz wird regelmäßig um die durchgenommenen Themenbereiche erweitert, die Liste der Wörter folgt nach jedem Teil B. Der Teil C besteht aus Übungen zum Wiederholen der Grammatik, Redemittel und des Wortschatzes. 95 Die letzten Seiten des Bandes bilden eine Liste der starken Verben, einen Schlüssel zu den Übungen, ein Wörterbuch, eine Grammatikübersicht und ein Register der durchgenommenen grammatischen Erscheinungen. Die Themenwahl der Lektionen variiert nicht besonders: Im ersten Band sind es die bekannten Themenbereiche wie Familie, Wohnen, Einkaufen, Hobbys, Stadtbesichtigung. Im zweiten Band sind es Eigenschaften, Reisen oder Zahnschmerzen. Ein Teil des zweiten Bandes ist der tschechischen und deutschen Kultur – Literatur und den Realien gewidmet. Die Lektionen 25-29 beschäftigen sich mit den deutschsprachigen Ländern, die Lektion 30A handelt von der EU und 30B von der deutschen Sprache. Die verwendeten Lesetexte stammen meistens aus deutschsprachigen Medien wie Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt, Kurier, Deutschland, Der Spiegel oder PZ. Leider sind die Quellen nur bei einigen der übernommenen Texte angeführt, eine Gesamtliste steht nicht zur Verfügung. Die anderen Kurztexte und Hörverstehenstexte, besonders die Dialoge am Anfang jeder Lektion scheinen Produkte der Autorinnen selbst zu sein. Die literarischen Texte kommen nicht auf einer regelmäßigen Basis vor, sie dienen vielmehr der Illustrierung der literarischen Stile bei den erwähnten Schriftstellern wie Franz Kafka, Max Frisch, Milan Kundera oder Erich Kästner. Es wurden keine Gedichte oder Lieder in diesen Lehrbüchern didaktisiert. Da es für dieses Lehrwerk kein Arbeitbuch gibt, werden alle Fertigkeiten, Wortschatz und Redemittel zusammen geübt und alle Übungen und Wiederholungsteile sind so in einem Buch zu finden. Im ersten Band des Lehrwerkes finden wir nicht besonders viele Leseverstehensaktivitäten, da es um die Niveaustufen A1-A2 geht, im zweiten Band wird das teilweise kompensiert. Die dialogischen Texte zwischen Monika und Rolf am Anfang jeder Lektion sind als Hörverstehenstexte zu verstehen und die Übungen zu ihnen zielen auf unterschiedliche Hörstrategien. Die nahe Verbindung der beiden rezeptiven Fertigkeiten spiegelt sich in der Bemühung der Autorinnen, sowohl die akustische als auch die visuelle Seite der Sprache wiederzugeben. Inwieweit dies eine erfolgreiche Strategie bei der Lösung der Hörverstehensaufgaben ist, bleibt weiterhin fraglich. Die Lesetexte, die durch unterschiedliche Textsorten repräsentiert sind, sollen immer zuerst gelesen werden und dann erst nach ein paar Seiten folgen die entsprechenden Aufgaben zu den Texten, d.h. idealerweise, oder zumindest nach den Vorstellungen der Autorinnen, sollen die Lerner die Texte immer mindesten einmal lesen, bevor sie erst mit der Aufgabenstellung konfrontiert werden, in der sie immer zu einer erneuten Lektüre aufgefordert werden. 96 In dem folgenden Abschnitt wird die Übungs- und Leseverstehenskonzeption im ersten Band dieses Lehrwerkes (Niveaustufe A1, A2) kurz zusammengefasst. Für wichtiger halten wir die Gestaltung des Leseverstehenskonzepts im zweiten Band (Niveaustufe B1, B2). 9.7.1 Deutsch eins zwei – Band 1 (Lehrbuch, 2002) In den fünfzehn Lektionen dieses Bandes kommen insgesamt 25 Leseverstehensaktivitäten vor. Wie bereits erklärt wurde, können dazu nicht die Texte gezählt werden, die zum Hörverstehen verwendet wurden. Die Texte, die tatsächlich unterschiedliche Lesestile testen und die Lesefertigkeit entwickeln, können manchmal auch mit weiteren Hörübungen verbunden werden, hauptsächlich bleibt, dass der Schwerpunkt auf der Arbeit mit dem Lesetext und dem Verständnis des Textes liegt. Die eindeutige Mehrheit gewinnt das globale und selektive Lesen mit 11 Aktivitäten (44%), wo die Texte zuerst global gelesen werden und dann anhand gegebener Aufgabenstellung wieder gelesen werden. Die zweite meist trainierte Lesestrategie ist in diesem Band das totale Lesen mit 4 Aufgaben (16%), sie verdankt die Position vor allem der Verwendung vieler Kurztexte (Anzeigen, tabellarischer Lebenslauf, Statistiken), die je nach der Aufgabenstellung Wort für Wort gelesen werden müssen. Die 12 Prozent aus der gesamten Statistik nehmen das rein globale und selektive Lesen. Nur global wurden oft Texte gelesen, auf die eine Diskussion und das Einüben des Sprechens anknüpften. Nur selektiv wurde dann gelesen, wenn die Schüler im Text gleich beim ersten Lesen bestimmte Begriffe, Komposita oder Argumente sammeln sollten. Jeweils vier Prozent nehmen dann Übungen ein, die mit kombinierten Lesestrategien arbeiten. In einem Fall wurde ein Text zuerst global gelesen, dann sollte er nochmals selektiv durchgegangen werden, um am Ende nochmals global gelesen zu werden. Einmal kombinierten die Autorinnen das totale und globale Lesen, ebenso wie das totale mit dem selektiven. Das orientierende Lesen verwendeten die Schüler zusammen mit einer selektiven Vorgehensweise bei der Übung, wo sie Anzeigen und Programme der verschiedenen Veranstaltungen durchgehen sollten. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass in dem ersten Band einige der Übungstypen und Vorgehensweisen bei der Arbeit mit Lesetexten eingeführt worden sind, damit sie im zweiten Band eine noch komplexere Form gewinnen können. 97 9.7.2 Deutsch eins zwei – Band 2 (Lehrbuch, 2002) Die Fortsetzung dieses Lehrwerkes knüpft da an, wo der erste Band aufgehört hat. Die Konzeption der Teile bleibt dieselbe, die Übungen werden jetzt komplizierter und länger, oftmals werden zu einem Text mehrere Übungen angegeben, die eine zusätzliche Lektüre mit derselben oder einer anderen Lesestrategie verlangen. Die Textsorten variieren von Zeitungsartikeln über literarische Erzählungen und Kurzbiographien der Schriftsteller zu Statistiken und Charakteristiken der deutschsprachigen Länder. Globales Lesen Nur global, wobei auch mehrmals zu einem Text, wurde von den insgesamt 60 Fällen fünfzehnmal (25%) gelesen. Dabei handelte sich oft um eine globale Erstlektüre, die danach in der Aufgabenstellung noch ein globales Lesen verlangte. Als Beispiel können die Aufgaben zur Arbeit mit dem Text von Max Frisch genommen werden: Nach der Vorentlastung durch gezielte Fragen sollen die Schüler den Text lesen und die WFragen (wie „Welche zwei historischen Tage vergleicht Max Frisch in seinem Tagebuch?“ usw.) beantworten. Ähnlich ist es in der Lektion 25, wo Österreich und seine Geschichte auf den ersten zwei Seiten zusammen besprochen werden. Vier Seiten weiter im Buch folgt die Übung: „Lesen sie noch einmal den Text. Was ist am 1. Mai 1945 in Wien nicht passiert?“ (LB1:159) Die Schüler sollen zuerst noch einmal den Text durchlesen und dann die richtigen Antworten aus den gegebenen Möglichkeiten auswählen. Globales und selektives Lesen Zuerst global und dann erneut mit einer gezielten Informationssuche, das ist die häufigste Lesestrategie, die in diesem Lehrbuch trainiert wird. So wird es in 21 (35%) Übungseinheiten zu einem Text verlangt. Wie wir bisher gesehen haben, ist das eine der wichtigsten Lesestrategien und sie kann auch mit unterschiedlichen Aufgaben und Übungen erzielt werden. Die Lerner sollen z.B. Raster mit Informationen aus dem Text ausfüllen, bestimmte Begriffe wie Komposita, Anglizismen oder statistische Angaben entnehmen. In einigen der Übungen bleibt fraglich, ob die Schüler nach der ersten globalen Lektüre den Text noch einmal global 98 lesen sollen und erst dann die Aufgabe lesen und beantworten sollen, oder ob sie die Texte gleich mit Rücksicht auf verlangte Informationen lesen oder ob sie die Aufgaben zwischen der Lektüre beantworten. Selektives Lesen Nur selektiv wird in diesem Lehrwerk relativ wenig gelesen, nur etwa über 8 Prozent der gesamten Aktivitäten fordern gleich eine selektive Lesehaltung, das sind 5 Aktivitäten von 60. Oft wird diese Technik für die Zwecke der anknüpfenden Grammatikarbeit durchgeführt, indem die Schüler in einem Text gleich bestimmte Wörter markieren sollen, wie z.B. alle Verben, Komposita usw. Die traditionelle Aufgabestellung, z.B. W-Fragen noch vor dem Lesen, bleibt aber auch erhalten. Totales Lesen Da es in diesem Lehrwerk, wie bereits erklärt wurde, keine Gedichte oder Liedtexte gibt, bleibt für das Wort-für-Wort-Erschließen nur die Möglichkeit der Verwendung spezifischer Textsorten oder spezifischer Aufgabenstellung. Sechsmal sollten die Leser die Texte vollständig lesen, indem sie z.B. 100 Wörter den einzelnen Themenbereichen zuordnen sollten oder Wörter in einer Art Kreuzworträtsel am Ende des Lehrbuches ergänzen sollten. Diese Aufgaben nehmen in der Statistik etwa 10 Prozent (6 Übungen) ein. Die gleiche Anzahl betrifft die Kombination des totalen und globalen Lesens, die einerseits die Statistiken der konkreten Länder, andererseits die Kurzcharakteristiken derselben betreffen. Total und selektiv (3,3%) wird bei einem Wetterbericht gelesen, der stichwortartig und als Text in einer Übung vorkommt, ähnlich konzipiert ist die Arbeit mit der tabellarischen Statistik der europäischen Länder, aus der man spezifische Informationen zu gegebenen Fragen erschließen sollte. 99 9.8 Zusammenfassung – Deutsch eins zwei Dieses Lehrwerk repräsentiert die Art und Weise, wie die tschechischen Autoren die Konzeption der kommunikativen Didaktik verstehen und mit ihr im Fremdsprachenunterricht umgehen. Dieses Werk funktioniert vielseitig als Lehr-, Arbeits-, Lese- und Wörterbuch. Damit verbunden ist die unausweichliche Kumulation der verschiedenen Aktivitäten in einem Raum, die zur Unübersichtlichkeit und manchmal auch schlechter Zweckdienlichkeit führen kann. Die visuelle Seite des Lehrbuchs wurde zugunsten der vielen Grammatik, Übungen und anderen Aktivitäten stark beseitigt, das entspricht nicht dem Standard der meisten fremdsprachlichen Lehrwerke und wirkt im heutigen Kontext störend. Die Autorinnen versuchen die Entwicklung der Fertigkeiten etwas anders anzugehen und liegen mit einigen Sachen richtig. Die nahe Verbindung der rezeptiven Fertigkeiten wurde bereits angesprochen, vor allem am Anfang des Lernens ist es gut, diese Gemeinsamkeiten zu betonen. Später im Prozess des Fremdsprachenerwerbs hat es keinen Sinn. Die Aktivitäten zu den produktiven Fertigkeiten wurden dementsprechend reduziert, was als eine der stark negativen Erscheinungen in diesem Lehrwerk zu sehen ist. Das Sprechen übt man meistens als nachfolgende Aktivität nach dem Lesen und nur stark begrenzt außerhalb der Lese- oder Hörverstehensaktivitäten. Das Schreiben wurde in einigen Fällen als nachfolgende Aufgabe zum Lesen durchgeführt. Die Tatsache, dass viel der Arbeit auf der Grammatik beruht, entspricht immer noch der vorherrschenden konservativen Unterrichtgestaltung, wo man davon ausgeht, dass die Schüler nicht kommunizieren können, wenn sie primär die Grammatik nicht kennen. Das ist einer der zentralen Fehler und Missverständnisse, die es je in der Fremdsprachendidaktik gab, und wo wir glaubten, dass sie bereits beseitigt wurde. Die Autorinnen, die auch das Lehrwerk Německy s úsměvem nově (zusammen mit Drmlová, Homolková, 2003), geschrieben haben, versuchen die größten kommunikativen Mängel aus diesem Werk in ihrem neuen zu eliminieren. Teilweise ist es ihnen gelungen, indem sie mehr Textarbeit in die Unterrichtseinheiten planen und die Texte und Übungen auch variieren. Die Textarbeit wird aber durch die fragliche Gestaltung und Präsentation der Texte erschwert. Sowohl der Lehrer als auch der Schüler müssen zuerst ein System finden, wie man die Texte in die Einheiten möglichst natürlich einbauen kann und wie die Hinführung zum Text/Thema und Vorentlastungsaktivitäten aussehen werden. Es wurde festgestellt, dass viele der Texte im Lehrbuch zwar vorkommen, aber in gewisser Weise versteht der Leser nicht wieso und warum. Einige der Texte werden nicht eingeführt, nicht einmal graphisch getrennt, die Arbeit 100 mit ihnen folgt erst nach ein paar Seiten. Sicherlich wundern sich viele Lehrer, dass sie die Leseverstehenstexte gleich da, wo sie stehen, mit den Schülern lesen sollten, oder ob sie warten sollen, bis sie über die Übungsflut zur Grammatik und Hörverstehen auch zu den Textarbeitsübungen kommen. Einen der größten Schwachpunkte stellt die Verwendung der Literatur im Lehrwerk dar. Die Autorinnen führen einige der wichtigen literarischen Persönlichkeiten und Ausschnitte aus ihren Texten an, trotzdem bleibt das eine isolierte Bemühung, um diese Anforderung seitens der modernen Fremdsprachendidaktik mindestens teilweise zu erfüllen. Der Verlag Fraus war sich dieser Schwäche wahrscheinlich bewusst und bereitete prompt ein Lesebuch der deutschen literarischen Texte vor, die aus allen Epochen des deutschen Schrifttums einige Beispiele, Vertreter und Charakteristiken anbieten. Die Arbeit mit den anderen Lesetexten ist relativ mannigfaltig, die Lesestrategien werden gut, viel und unterschiedlich geübt, was nur lobenswert ist. Die Texte zu Beginn jeder Lektion, die wir bereits teilweise behandelt haben, sind aber nicht als authentisch zu verstehen und obwohl sie in ihrer sprachlichen und kommunikativen Qualität nicht als fehlerhaft zu bezeichnen sind, erscheint diese künstliche Textschaffung nicht optimal zu sein. Schließlich kann man zusammenfassen, dass dieses Lehrwerk eine andere Typologie und einen anderen Zugang zum Fremdsprachenerwerb und seiner idealer Form hat, als die Autoren der anderen streng kommunikativ angelegten Lehrwerke. Es ist eine Möglichkeit, wie man beim Lehren und Lernen vorgehen soll, sie erweckt aber sehr stark das Gefühl, dass sie besonders dem jungen Publikum nicht konvenieren dürfte. 101 9.9 Tabellarische Darstellung der Analyse Legende: G (G,G) – globales Lesen G(G)S – globales/selektives Lesen OS – orientierendes/selektives Lesen S (SS) – selektives Lesen T – totales Lesen TS – totales/selektives Lesen GT – globales/totales Lesen Blick – Band 1: Lektion1: A1: GS B1: G B5: S C1: S D1: G (lit.) Lektion2: A1: S A2: GS B1: GS C1: GS D: GS (lit.) Lektion3: A1: S A4: GS B1: GS (lit.) C1: GS D: GS (lit.) Lektion5: A2: GS A3: S A5: T B2: T B4: GS D: GS (lit.) Lektion6: A1: S A2: S B3: GS C3: G D: SS (lit.) Statistik: GS(15) = 46, 87% G(4) = 12, 5% S(10) = 31, 25% SS(1) = 3, 1% T(2) = 6, 25% Lektion4: A1: S A3: G A4: S (lit.) C1: S C2: GS D: GS (lit.) Blick – Band 2: Lektion1: A1: GS A2: GS B1: S (lit.) B2: T B3: TS (lit.) C2: GS D: S Lektion5: A1: GS A3: TS B1: G C1: G C2: S Lektion2: A1: GS A3: GS A4: S A5: SS A7: S B1: G B3: GS C1: S C2: S C4: G D: GS (lit.) Lektion6: A1: GS A2: S A3: OS A5: S B1: S Lektion3: A1: S A2: GS A3: GS (lit.) A5: GS B1: GS (lit.) B4: S C1: GS C2: S C4: T (lit.) D: G Lektion4: A: T A1: GS A4: T B1: S B2: GS B4: G B5: GS C1: S D: G (lit.) GS(20) = 38, 46% G(8) = 15, 38% S(16) = 30, 76% SS(1) = 1, 92% T(4) = 7, 69% TS(2) = 3, 84% 102 GR3: GS D: G (lit.) C1: GS OS(1) = 1, 92% C3: S D: GS (lit.) Deutsch mit Grips – Band 1: Lektion1: A7: T B9: G B10: T Kein LT Lektion2: A1: G A4: S LT(5):G Lektion3: A1: G B3: GS LT(8):G Lektion8: B6,7: G C10: S LT: S Lektion9: A: T A3: S (lit.) C14: T LT (3):G Lektion10: A: GS C: G LT (3):T (lit.), S Lektion4: A: GS B4: GS C9: S LT(1):G Lektion5: A2: GS C: GS (lit.) LT(5): T Lektion6: A1: T B5: GS LT(2): G Lektion7: A1: GS B4: SS B8: T C12: GS LT(2):G Lektion11: Lektion12: Lektion13: Statistik (32): B3: T A2: G A2/3: G GS(9)=28,12% C8: S B10: G A4: G G(9)= 28,12% C10: S LT(1):G Kein LT S(6)= 18,75% LT(4): G SS(1)= 3, 12% T(7)= 21, 87% Lesetexte (35): G (28)=80% T(5)=14,29% S(2)= 5, 71% Deutsch mit Grips – Band 2: Lektion1: B9:T C12: G LT(3): G Lektion2: A4: GS B7: T LT(2):G Lektion3: A1: G A3: S B8: T C10: GS LT(1):G Lektion4: A: T A8: G B12: T LT(2): G,T Lektion5: A1: GT C15: T LT(3):G Lektion6: A2: G A3:G(lit.) A6: S B9: T B12: T C15: G LT(2):T Lektion8: Lektion9: Lektion10: Lektion11: Lektion12: Statistik (39): B5: G A1, A2: A3: GS A4: SS A4: G GS(6)=15,38% C10: T TS C12: GS B7: GT B9: TS G(12)=30,76% C11: GT B9: GS C15: G (lit.) B10: G S(3)=7, 69% LT(1):G C14: GS LT(2):G B8: G C12:T(lit.) SS(2)=5, 12% Kein LT LT(1):G C11: T T(11)=28,2% C12: S GT(3)=7,69% LT(2):T TS (2)= 5,12% Lektion7: B4: T B7: SS C12: G LT(2):G Lesetexte(21): G(16)=76,2% T(5)=23,8% 103 Deutsch eins zwei – Band 1: Lektion1: 1B: S Lektion2: 2B: T Lektion3: Lektion7: Lektion8: 8B: S Lektion9: 9B:G 9B:G Lektion13: Lektion14: Lektion15: 13B:, GS 14A: GS 15A:GS 13B: T,G,T 14B: GS 15B:GSG 13B: S 13B: T Lektion4: 4B: T 4B: ST Lektion10: 10A: OS 10B: GS Statistik (25): GS(11)=44% G(3)=12% S(3)=12% GSG(1)=4% T(1)=4% Lektion5: 5A: GS Lektion6: 6B:G Lektion11: 11A: GS 11B: GS 11B: GS Lektion12: 12A: TT 12B:GS, GS TT(1)=4% TGT(1)=4% OS(1)=4% ST(1)=4% Deutsch eins zwei – Band 2: Lektion16: B: GS B: T Lektion17: Lektion18: A: G S A: GGS B: G B: S B: T Lektion19: A: GS B: GS, GS B:G Lektion20: Lektion21: A: GS A: GGG B: T S B: GS B: GS, GS Lektion22: A: GG B: T, GS (lit.) Lektion23: B: T B: G S B: S Lektion24: A: T G A: G G (lit.) B: S (lit.) Lektion26: Lektion27: A: GGS A: TG,TG B: GGS A: S B: GG B: G Lektion28: A: GS A: G A: GGS (lit.) B: GG B: GS B: GGS B: T S B. G Lektion29: A: T G A:GS B: G Lektion30: A: T G A: G A: G S A: GS B: G B: G B: S B: G S B: G S B: T B: T Lektion25: A: TG A: GG A: GS B: G S B: GS Statistik (60): GS(21)= 35% T(6)= 10% TG(6) = 10% S(5)= 8,3% G,GG, GGG(15) =25% TS(2)= 3,3% GGS(5)= 8,3 % 104 10 Eigene Vorschläge zur Verbesserung des Ist-Standes Nachdem die Analyse der gewählten Werke durchgeführt wurde und die Ergebnisse dementsprechend eine Vorstellung von dem Stand des Lehrbuchmarktes und dem Standard der Werke in Tschechien vermitteln, sollten die teilweise kritisierten Tatsachen noch kurz erläutert werden. Alle Lehrwerke, die in dieser Arbeit verwendet wurden, finden sicherlich mit ihrer sprachlichen Qualität und Gesamtkonzeption ihre zufriedenen Verbraucher und können erfolgreich zu der Aneignung aller Fertigkeiten führen. Die zentrale Frage, auf die wir eine Antwort suchen, ist, welche der Methoden und Verfahren in den Lehrwerken am besten die kommunikative Didaktik und ihre Betonung der ausgeglichenen Entwicklung aller Sprachfertigkeiten berücksichtigen. Zusätzlich war einer der wichtigsten Faktoren die Angemessenheit und Attraktivität des Lernmaterials für die Zielgruppe der Gymnasiasten. Die möglichen Problembereiche, die zu Beginn dieser Arbeit angesprochen wurden, erwiesen sich in einigen Fällen als konstant. Andere wurden nicht in der erwarteten Menge oder minimal festgestellt. 10.1 Authentische Texte Wir haben erfreulicherweise ermitteln können, dass in allen analysierten Lehrwerken dominant authentische Texte aus deutschen oder deutschsprachigen Druckmedien gut und oft verwendet wurden. Allerdings erscheint die Möglichkeit der Verwendung nicht-authentischer Texte immer als verlockend, wenn es um die passende Themeneröffnung mit nachfolgender Arbeit im Bezug auf die Redemittel usw. geht. Die Authentizität ist wichtig primär aus dem Grunde, weil sie wirklichkeitstreu ist und durch diese Quellen wird eine reale kommunikative Situation mit authentischer Sprache vermittelt. Das gibt dem Lerner eine reale Erwartung, was auf ihn in einer Kommunikation mit einem Muttersprachler zukommt, und es steuert auch seine Motivation. Es soll konstatiert werden, dass, obwohl die Majorität der Texte aus authentischen Quellen stammt, die Anzahl dieser Texte noch nicht konstant in allen Lehrwerken ist und dass sich die Autoren der Lehrwerke, vor allem wenn es Nicht-Muttersprachler sind, nicht auf ihre eigenen Kenntnisse und Erfahrungen verlassen sollten. 105 10.2 Literatur Wesentlich problematischer erscheint die Eingliederung der Literatur in den Unterricht auf einer regelmäßigen Basis. In zwei von den Lehrwerken (Blick, Grips) finden wir viele Aktivitäten mit literarischen Texten und mit einer Kurzcharakteristik der einzelnen Autoren, in Deutsch mit Grips wird die Arbeit vielseitiger als in Blick, trotzdem halten wir hier die Art und Weise der Arbeit mit Literatur für ziemlich repräsentativ. Im dritten Lehrwerk – Deutsch eins zwei – spiegelt sich die traditionelle Auffassung des Fremdsprachenunterrichts, die Arbeit mit literarischen Texten als eine Randaktivität behandeln. Die tatsächlichen Texte der Autoren wie Franz Kafka, Max Frisch oder Erich Kästner reichen nicht, um es den Schülern ausreichend beizubringen, wie und warum man fremdsprachige literarische Texte liest. Eine mögliche Lösung wären leicht veränderte Themenbereiche des Abiturs, indem in beiden Teilen, sowohl dem gemeinsamen als auch dem profilierten, einige Fragen zu deutscher Literatur oder besser gesagt zu den bestimmten literarischen Texten gestellt werden könnten. Dies mag als eine relativ krasse Lösung wirken, es ist aber die einzige Möglichkeit, wie man die Konkurrenz, die mit Literatur arbeitet, von den wenig gelungenen Werken trennt und damit das Verhalten aller Lehrbücherautoren verändert. Die Kompensation der Fehler im Lehrbuch durch ein spezielles Lesebuch scheint nicht erfolgreich zu sein, da es vor allem darum geht, den Schülern eine natürliche und nicht ungewohnte Konfrontation mit Literatur, die regelmäßig neben den anderen Aktivitäten verläuft, beizubringen. 10.3 Lesestrategien Die Variabilität der unterschiedlichen Lesestile und ihre Textsortengebundenheit entgingen den Autoren aller Lehrwerke nicht und sie berücksichtigen die Notwendigkeit der Aneignung dieser Fertigkeit ausreichend. In Blick 1 und 2, wo die Textarbeit die dominante Aktivität ist, werden die Lesestile wirklich präzise und mit Überlegung geübt. In Deutsch mit Grips 1,2 werden die Lesestile ebenso gut trainiert, obwohl die Anzahl der anderen Aktivitäten vergleichbar mit dem Leseverstehen ist. In Deutsch eins zwei übt man verschiedene Lesestile auch relativ viel, sogar zu einem Text werden unterschiedliche Strategien mehrmals geübt. Was in den Lehrwerken fast völlig gefehlt hat, war das Trainieren des orientierenden Lesens. Da es eine sehr schnelle Lesetechnik ist, mit der man entscheiden möchte, ob ein Text oder 106 Textmaterial interessante Informationen enthält oder nicht, ist die Arbeit anhand Artikel und ähnlichen Texten für diesen Lesestil nicht besonders geeignet. Eine mögliche Lösung liegt nicht in den Lehrbüchern, sondern in der Vorbereitungsphase des Lehrers/der Lehrerin. Man könnte jedem der Schüler entweder deutschsprachige Zeitungen, Zeitschriften oder Prospekte geben und sie damit konfrontieren, dass sie gerade das Lesen sollen, was sie möchten. Dabei notieren die Leser, nach welcher Information sie sich bei der Wahl, welchen Text sie Lesen oder nicht, orientiert haben. Es ist keine besonders sprachlich wertvolle Übung, sie ermöglicht aber dem Schüler eine stressfreie Begegnung mit deutschsprachiger Presse und bietet dann weiter eine Möglichkeit der Lektüre einige der Texte in der Klasse. 10.4 Textarbeit Innerhalb der Textarbeit sollte vor allem die Verwendung unterschiedlicher Textsorten angesprochen werden. In Blick werden Texte unterschiedlicher Textsorten gut und relativ viel geübt, in Deutsch mit Grips ist die Arbeit mit den Textsorten nicht so reichhaltig und in Deutsch eins zwei bringen die Autoren wertvolle Übungen zu verschiedenen Textsorten. Ein möglicher Vorschlag zur Verbesserung der unausgeglichenen Arbeit mit Texten wie Veranstaltungsprogramme, Anzeigen, Wetterberichte, Lebensläufe, Emails, Briefe oder Zeitungsartikel oder Feuilletons ist die Verlagerung der Arbeit mit Gesamttexten wie Artikel, Zeitschriftartikel usw. in späteren Phasen des Unterrichts in die Form der Lesetexte wie es Deutsch mit Grips eingeführt hatte. Das ist eine gute Idee, die die Autoren eingeführt haben, und es lässt Raum für die selbstständige Arbeit des Schülers oder der Lehrer kann diese Texte als Hausaufgabe aufgeben. Damit werden die Texte behandelt, die Schüler lernen, je nach Aufgabenstellung, mit den Texten selbstständig zu arbeiten und im Unterricht bleibt die Zeit für die Arbeit mit anderen Textsorten und Texten spezieller Art. Die Hypothese, dass in den Lehrwerken zu wenige Texte und Leseverstehensaktivitäten beinhaltet sind, hat sich nur teilweise als richtig erwiesen, indem Blick viele Texte, Deutsch mit Grips genügend viele Texte und Deutsch eins zwei manchmal zu wenige, manchmal ausreichend viele Texte verwenden. Die Annahme, dass die Qualität, vor allem die sprachliche, sehr mangelhaft sein könnte, erwies sich als falsch. Die Texte wurden meistens sorgfältig gewählt und da sie meistens authentisch sind, sind sie grammatisch, stilistisch und lexikalisch in Ordnung. 107 Die Themenwahl der Texte hängt eng mit der Themenwahl der Lektion zusammen. In Blick entdecken wir Texte mit interessanter Thematik, die Jugendliche in diesem Alter vielleicht lesen möchten, z.B. Das ist mein Problem, Beliebte Fun-Sportarten oder Rauchen. Auch in Deutsch mit Grips finden wir alters- und themenbezogene Texte, die Interesse am Lesen des Textes erwecken könnten, z.B. Bananensprayer, Footbag oder das Schülerlexikon. In Deutsch eins zwei ist die Themenwahl der Lektionen und Texte ziemlich uninteressant, die Schüler werden wahrscheinlich kein besonderes Interesse an der Lektüre eines Reiseberichts, Bericht über Stadtbesichtigung oder Artikel zur Frauenkonferenz in Prag haben. Dagegen Texte über das Hundertwasserhaus, Lenka Reinerová oder der Identität können das Gegenteil beweisen. Als eine mögliche Lösung dieses Problems, der immer wieder auftaucht, könnte man vor dem Herausgeben des Werkes eine Umfrage unter den Studenten und Schülern machen. Es wäre eine empirisch belegte Studie, bei der die Studenten eine Mappe mit allen Lesetexten aus dem geplanten Lehrbuch bekommen und markieren sollen, welche Texte sie lesen würden, welche nicht und warum. Zusätzlich können sie erwähnen, welche Texte ihrer Meinungen nach in Lehrbüchern nicht fehlen sollten. Um die Unterrichtsroutine teilweise zu brechen und die Schüler zu aktivieren, kann der Lehrer/die Lehrerin sie bitten, dass sie alle einen Text aussuchen sollen, den sie lesen möchten, und dass sie die Fragen bzw. Aufgaben zu dem Text nach einem Muster im Lehrbuch vorbereiten. Diese Aktivität läuft aber die Gefahr, dass die Schüler einen relativ limitierten Zugang zu deutschsprachigen Medien haben oder nicht auf dem Sprachstandniveau stehen, das ihnen erlauben würde, Zeitungen oder Zeitschriften zu lesen. Es wurde in diesem Kapitel versucht, die wichtigsten Probleme anzusprechen und sie mit einigen Vorschlägen zu relativieren. Es bleibt nur festzustellen, dass die Autoren der deutschen Lehrbücher immer wieder ihre Blicke auf die englischen Lehrwerke richten sollen und hoffen, dass sie in ihnen eine weitere Inspiration für die Übernahme der Methoden der kommunikativen Didaktik in das Schreiben der deutschen Lehrwerke finden. 108 11 Zusammenfassung In diesem Kapitel werden hauptsächlich die präsentierten Inhalte, Tatsachen und Ergebnisse der durchgeführten Forschung zusammengefasst. Zugleich sollen auch die aufgestellten Hypothesen mit den Ergebnissen der Lehrbuchanalyse erneut konfrontiert werden und die Arbeit soll mit einem Resümee in Bezug auf das Erreichen der festgelegten Ziele dieser Arbeit abgeschlossen werden. Es wurde in dem ersten Kapitel gesagt, dass die Fertigkeit Leseverstehen als eine der vier sprachlichen Grundfertigkeiten gilt, die jeder Lerner beherrschen muss und soll. Jede dieser Fertigkeiten hat ihre eigenen Spezifika, die auch unterschiedliche pädagogisch-didaktische, kommunikative und psychologische Charakteristiken haben. Der Fremdsprachenerwerb ist ein langjähriger und oft kein leichter Prozess, der ganz allgemein bestimmte Voraussetzungen und Faktoren beansprucht, die oft nur in einem begrenzten Maße vom Lerner selbst beeinflusst oder verändert werden können. Dazu können bestimmte biologische und kognitive Faktoren gezählt werden, vorausgesetzt für den erfolgreichen Erwerb einer Zweitsprache werden auch bestimmte metasprachliche und metakognitive Fähigkeiten. Eines der wichtigsten Aspekte des Lernens einer fremden Sprache ist sicherlich das Lebensalter des Lernenden, von dem die Geschwindigkeit und die Methode des Lernens abhängig sind. Zu den möglichen Aspekten, die durch das Alter der Lernenden gegeben sind, sind die Qualität des Gehörs und der Sehschärfe. Die biologischen Gegebenheiten des Fremdsprachenerwerbs, wie die Verlagerung der Fertigkeiten und die Aktivitäten der Hemisphären als auch die Funktion des limbischen Systems, werden im Kapitel 2 dieser Arbeit erläutert. Genauso, wie wenig subjektiv beeinflussbar die biologischen Voraussetzungen sind, so sind es auch die kognitiven Fähigkeiten. Aus der Sicht der kognitiven Funktionen werden bei dem Fremdsprachenerwerb die metasprachlichen (beim Erwerb der Erstsprache gewonnen) und die metakognitiven (Wissen über Gedächtnis, Verfahren der Problemlösungen usw.) unterschieden. Viel bewusster und gezielter können gewisse Verarbeitungsprozesse bei Lernen einer Fremdsprache verwendet werden, in dem der Lerner der wichtigsten drei – Kontrolle, Automatisierung und Rekonstruierung – in allen Phasen des Lernens verwendet. Das unterschiedliche Verfahren, wie man eine Fremdsprache lernt, ist vor allem durch verschiedene Sprachlernstrategien gegeben; die unterschiedlichen Arten dieser Strategien – wie metakognitive, affektive, soziale, Gedächtnisstrategien – können einerseits vom Lerner 109 selbst gesteuert werden, andererseits sind sie oft durch bestimmte affektive Faktoren gegeben (Angst, Motivation, Grundeinstellungen). Bei dem Fremdsprachenerwerb verwendet man auch bestimmte Kommunikationsstrategien, die aber als Opposition der Sprachlernstrategien zu verstehen sind, da sie nicht den Erwerb, sondern die Kommunikation steuern, bzw. zu ihrer Aufrechterhaltung dienen. Psychologisch gesehen, ist Lesen und Leseverstehen in der Fremdsprache gleich mit den Prozessen und Vorgängen beim Lesen in der Erstsprache. Dazu kommt aber die Notwendigkeit der Aktivierung bestimmter semantischer Strukturen (Schemata) durch die Umweltreize, die in der weiteren Phase Wahrnehmungen zu Informationen machen und damit einen sinnvollen Zusammenhang herstellen. Eine wichtige Erscheinung des Lesens allgemein, die auch in der Fremdsprache von großer Bedeutung ist, ist die redundante Art bestimmte Informationen und Bestandteile des Textes, die für die Erschließung des Textes nicht grundsätzlich sind und so mit den wichtigsten Bedeutungseinheiten (Schlüsselwörter usw.) nicht gleich zu stellen sind. Der fremdsprachige Leser verwendet bei der Lektüre eine Skala von Fertigkeiten und Fähigkeiten, die auf der Niveaustufe B1, B2 des „Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen: Lernen, lehren, beurteilen“ entsprechend beschrieben werden. Die Kompetenzen bzw. Teilkompetenzen des Lesers umfassen kommunikative Sprachkompetenzen, d.h. linguistische und soziologische Kompetenzen. Linguistische Kompetenzen bezeichnen konkrete Teilfertigkeiten der Lernenden im Bereich der Lexik, Grammatik, Semantik, Phonologie, Orthographie und Orthoepik und deren Kenntnisstand auf dem Niveau B1 und B2 wird in dem entsprechenden Kapitel dieser Arbeit ausgeführt. Allgemein lässt sich festzustellen, dass auf diesem Niveau der Lerner bereits selbstständig sein sollte; in seinen Ausdrucksmöglichkeiten liegt es umfangreichere und komplexere Themenbereiche relativ frei zu behandeln, in den früheren Stadien kann er zu Wiederholungen des Wortschatzes im Zweifelsfalle kommen. Er soll im Stande sein, unvorhersehbare Situationen zu beschreiben, die wichtigsten Aspekte seiner Gedanken oder Probleme hinreichend auszudrücken oder seine Überlegungen zu kulturellen Themen zu bieten. Die Unterschiede in der Kenntnissen und Kompetenzen der Stufe B1 und B2 sind natürlich deutlich und können oftmals einen großen Sprung in der Qualität der Sprachbeherrschung darstellen und deshalb wurden diese Fertigkeiten jeweils bei der entsprechenden Stufe ausführlich zitiert. 110 Ähnlich wurde die Darstellung der soziologischen, d.h. der soziolinguistischen und pragmatischen Kompetenzen durchgeführt. Die soziolinguistischen Kompetenzen bezeichnen Kenntnisse und Fertigkeiten, die sprachliche Kennzeichnung sozialer Beziehungen, Höflichkeitskonventionen, Kenntnisse der Redewendung u.a., Kenntnisse über Registerunterschiede und Varietäten umfassen. Auf den beiden Niveaus sind diese Kenntnisse bereits relativ stabil und umfangreich, trotzdem ist ihre Anwendung mit einem unterschiedlich großen Fehlerproduktionspotential verknüpft. Die pragmatischen Kompetenzen umfassen Wissen über die Prinzipien der Gestaltung und Verwendung von Mitteilungen, d.h. vor allem die Diskurskompetenz, die Fertigkeiten innerhalb der Flexibilität, des Sprecherwechsels (wie und wann es verlaufen sollte), der Themenentwicklung (mit welchen Mitteln) und Fertigkeit der Aufrechterhaltung der Kohärenz und Kohäsion einer Aussage beansprucht. Innerhalb der Fertigkeit Leseverstehen können wir weitere Bereiche dieser Kompetenz ausführen, die im Referenzrahmen auf den jeweiligen Stufen präzise formuliert sind. Allgemein kann ein Lerner auf dem Niveau B1 unkomplizierte Sachtexte über Themen, die mit seinen eigenen Interessen und Fachgebieten zusammenfassen, befriedigend lesen und verstehen. Der Lernende auf dem Niveau B2 liest bereits sehr selbstständig, wählt seinen Lesestil und Lesetempo je nach dem Text und Zwecken der Lektüre. Er verwendet geeignete Nachschlagewerke, sein Lesewortschatz kann als groß bezeichnet werden, trotzdem weicht er den Problemen mit den Ausdrücken einer niedrigen Verwendungsfrequenz nicht aus. Die spezifischen Teilfertigkeiten innerhalb des Leseverstehens betreffen die Lektüre der Korrespondenz, das orientierende Lesen, das Verständnis der Information und Argumentation, sowie der schriftlichen Anweisungen oder Fernsehsendungen und Filme. Um damit eine bestimmte Stufe der Kenntnisse und Fertigkeiten zu erreichen, benötigt das meistens eine klare Zielsetzung des Lernenden und Lehrenden zugleich. Die Lernenden können ihre Ziele unterschiedlich formulieren und es gilt daher als eine subjektive Projektion ihrer Wünsche. Dagegen stehen die Lehrziele der Lehrenden und des Schulwesens allgemein, die die Aneignung oder Entwicklung gewisser Eigenschaften, Fertigkeiten und Haltungen fordern. Da diese zwei Begriffe – Lern- u. Lehrziele – oft undifferenziert verwendet werden, benutzen wir meistens den ersteren, da er häufiger vorkommt. Die Ziele können als pragmatisch, kognitiv und emotional bezeichnet werden und sollen ideal in derselben Menge und mit derselben Betonung im Unterricht vertreten werden. Zu den pragmatischen Lernzielen gehört vor allem die Kommunikationsfähigkeit, die Fähigkeit eine 111 Kommunikation mit sprachlichen Mitteln erfolgreich zu führen. Die Lernenden sollten immer darauf hingewiesen werden, dass die Fähigkeit der Kommunikation für sie der größte und bedeutendste Gewinn in ihrem Bestreben nach fremdsprachlichen Kenntnissen sein sollte. Entsprechend müssen auch die Ziele und Auswahl der Elemente des Unterrichts den betreffenden Gruppen der Lerner angepasst werden. Kognitiv gesehen soll im Unterricht das unterschiedliche Wissen angestrebt werden, das die Kenntnisse über andere Länder und ihre Kultur vermitteln kann. Dazu gehört nicht nur landeskundliches Wissen, sondern partnergerechtes Verhalten), auch pragmatisches soziokulturelles Wissen Wissen (Fähigkeit (situations- des und angemessenen sprachlichen Handelns) und Wissen über das Lernen der Fremdsprachen allgemein. Die zu vermittelnden emotionalen Werte und Haltungen über und gegenüber anderen Ländern und deren Kulturen machen das Lernziel des affektiven Lernens aus. Im Fremdsprachenunterricht sollten vor allem Werte und Eigenschaften wie Offenheit, Toleranz und Kommunikationsbereitschaft möglichst natürlich angestrebt werden. Im vierten Kapitel dieser Arbeit kehren wir zu der Charakteristik der Fertigkeit selbst zurück und definieren sie als eine rezeptive Fertigkeit, die eng mit dem Hörverstehen verbunden ist. Da sie beide eine rezeptive Sprachaktivität verlangen, werden sie isoliert vor den produktiven Fertigkeiten durchgeführt, denn ohne Hören und Lesen kann nicht gesprochen und geschrieben werden. Die Bedeutung des Lesens wird in unserer Welt immer größer, da der Kontakt mit den Muttersprachlern und den fremdsprachlichen Texten häufiger schriftlich verläuft. Im Unterricht sind diese Tatsachen vor allem durch die Lehrwerke repräsentiert, die die realen Situationen teilweise zu simulieren versuchen und damit den Schülern eine möglichst natürliche Angehensweise und Verhalten in den betreffenden Momenten vermitteln wollen. Eines der wichtigsten Erscheinungen, die mit dem Lesen verbunden sind, ist der Ziel der Lektüre, der immer die Wahl des entsprechenden Lesestils (oder Lesestrategie genannt) bestimmen. Die Entwicklung aller Lesestile – des orientierenden, globalen, selektiven oder des totalen Lesens – ist eine der zentralen Aufgaben jedes Lehrwerkes. Bei der Erarbeitung der Texte im Unterricht verfolgen die Lehrkräfte zuerst die Prinzipien der absteigenden (top-down) Informationsverarbeitung, die auch als wissensgesteuerte LeserText-Interaktion bezeichnet wird. Sie beruht auf der Annahme, dass jeder Leser über ein Wissen über Texte, Textsorte, bestimmte Inhalte aber auch über ein allgemeines Welt- und Sachwissen verfügt, und die Aufgabe des Unterrichts ist es diese Kenntnisse auf die 112 entsprechende Situation und vor der Lektüre des Textes zu aktivieren, sie präsent zu machen und damit das Lesen sehr zu vereinfachen. Die Aktivierung dieses Wissens kann verschieden und durch mehrere Übungen durchgeführt werden. Zuerst sollte der Text pragmatisch situiert werden, d.h. es sollen seine Textsorte und das Thema anhand der Überschrift oder den begleitenden Bilder angesprochen werden, was dem Leser auch helfen kann, eine gewisse Leseintention zu bilden. Während der Erarbeitung dieser Fragen gelingt es dem Leser, sich meistens bereist teilweise inhaltlich in dem Text zu orientieren und bestimmte Hypothesen zu entwickeln. Das alles verhilft ihm die entsprechenden Schemata in der Mutter- und Fremdsprache zu aktivieren, was bei dem Lesen selbst eine wesentliche Rolle spielen könnte, da die bereits erwarteten Begriffe nicht vollständig erst beim Lesen neu aktiviert werden müssen und daher die Aufmerksamkeit auf die Aussage des Textes gelenkt wird. Solche Vorentlastungsübungen sollten immer bei jedem Text konsequent durchgeführt werden, damit sie jeder Leser automatisch bei jeder Lektüre eines fremdsprachlichen Textes auch außerhalb des Unterrichts durchführen kann. Solche Übungen variieren von bestimmten Fragen zum Text, zur geleiteten Hypothesenaufstellung zum Text, oder zu wortschatzgebundenen Assoziogrammen. Die Fähigkeit bestimmte Inhalte und Fortgang des Textes nach vor dem Lesen zu formulieren, bezeichnet man als Antizipation und sie gehört zu den bedeutendsten Strategien, die das Verstehen eines Textes erleichtern kann. Die Arbeit mit dem Text und den darin enthaltenen Informationen, nennt man aufsteigende datengesteuerte (bottom-up) Informationsverarbeitung und sie beruht auf der Didaktisierung des Textes und den Übungen zum Text. Das ist eigentlich der Schwerpunkt der Textarbeit nach der Lektüre und sie kann sehr variieren und wird in den Lehrwerken unterschiedlich aufgefasst und man bezeichnet diese Arbeit als Lehrer/Lehrwerk gesteuert. In der schulischen Umwelt gehört zur täglichen Realität das Testen und Prüfen der Lesefertigkeit, die die erfolgreiche Aneignung der Techniken des Lesens zu überprüfen versuchen. Als Testen bezeichnen wir die Unterrichtsaktivitäten, die meistens dem Lehrer und dem Schüler eine Orientierung und mögliche Bewertung der Fertigkeit bieten. Testen verläuft nach seiner Art informell, obwohl es ein der wichtigsten Faktoren bei der Beurteilung der Fähigkeiten des Schülers ist. Als Prüfungen nennen wir dagegen formelle Varianten des Testens, die aber einen Anspruch erheben, über die Kenntnisse und Fertigkeiten des jeweiligen Schülers möglichst objektive 113 Schlussfolgerungen zu ziehen. Die Kriterien für die Gestaltung der Prüfungen und Tests sollten vor allem folgende sein: die Validität des Stoffes und der Aufgaben, Reliabilität der ermittelten Ergebnisse und Objektivität bei der Auswertung. Die Gestaltung der Aufgaben dieser Tests und Prüfungen verfolgen die übliche Übungstypologie der geschlossenen, halb-offenen und offenen Aufgaben. Die Ziele, mit welchen man diese Tests und Prüfungen durchführt, können in drei Gruppen zusammengefasst werden. Will man in einen Kurs aufgenommen werden, oder will man den Sprachstand der Lernenden noch vor dem Kurs feststellen, macht man einen Einstufungstest bzw. Einstufungsprüfung. Möchte man den Lernfortschritt der Lernenden überprüfen, verwendet man einen Lernfortschritttest oder Lernfortschrittprüfung. Diese beschränken sich fast immer auf die Klassenarbeiten und Klausuren im schulischen Bereich. Zur Feststellung des Sprachstandes zu gegebener Zeit dienen meistens die Sprachstandsprüfungen, die nach festgelegten formellen Kriterien verlaufen und einen möglichen Qualifikationsmaßstab bieten. Zu solchen Prüfungen gehören im tschechischen Bereich auf dem Niveau B2 das Zentralabitur und im europäischen Kontext dann die Prüfungen des Goethe-Instituts Zertifikat Deutsch und Goethe-Zertifikat B, deren Gestaltung, Ziele und Form im Kapitel 7.1.4 bzw. 7.2 ausführlich behandelt wurden. Im achten Kapitel wurden die geeigneten Textsorten für das Training des Leseverstehens behandelt. Dabei wurde die Problematik der Anwendung der literarischen Texte im Unterricht auch ermittelt. Da im Unterricht vor allem die Frage der Angemessenheit der Texte für die Schüler ausschlaggebend ist, können für das Üben der unterschiedlichen Lesestile sehr viele Textsorten der nicht-literarischen und Sachtexte verwendet werden, wie z.B. Anzeigen, Gebrauchsannleitungen, Berichte, Beschreibungen, Briefe, Einladungen, Formulare/Fragebögen, Nachrichten, Plakate usw. Die Arbeit mit solchen Texten wirkt in den Lehrbüchern sehr erfrischend, es variiert das Lesen im ganzen Buch und die Autoren sollten sich dieser Tatsachen bewusst sein. Literarische Texte haben dagegen eine historisch etwas komplizierte Position, indem sie nicht informativ sind, sie haben eigene Aufbauprinzipien und müssen anders als Sachtexte gelesen werden. Ihre abstrakte Art machte sie für manche Didaktiker und Lehrwerkautoren unbeliebt, obwohl sie zu wichtigen Repräsentanten des geschriebenen Wortes in jeder menschlicher Kultur gehören und Träger des Gedankenguts der Gesellschaft sind. Trotzdem fürchten sich auch manche Lehrer, diese Texte im Unterricht zu verwenden, da sie möglicherweise wenig für die Erarbeitung der sprachlichen Erscheinungen geeignet sind. Diese Ansichten haben wir 114 vollständig angezweifelt und es wurde festgestellt, dass diese Texte im Unterricht ihren gerechten Platz finden sollten. Die Frage, ob und inwieweit diese Texte für die Zwecke des Unterrichts verändert werden sollten, ergibt unterschiedliche Meinungen, da laut einigen Autoren genug gute Texte vorhanden sind, die nicht gekürzt, vereinfacht oder umgeschrieben werden müssten. Es gibt allerdings Methoden, wie man die Texte teilweise „leichter“ machen könnten, die wir auch in neueren Lehrwerken finden, wie z.B. kurze Wortschatzanmerkungen usw. Der Stand der Texte in den Lehrbüchern wurde in dem neunten Kapitel dieser Diplomarbeit zum Schwerpunkt des praktischen Teils, der für die Analyse und die Schlussfolgerungen wichtige Anstöße gab. Es wurden drei Lehrwerke auf der Niveaustufe B1 bis B2 ausgewählt und es wurden die Leseverstehensaktivitäten in ihnen untersucht. Es wurde auch die Konzeption des Lehrbuches als das überragende Element, das auch die einzelnen Übungen betrifft, festgestellt. Jedes der Lehrwerke bot entsprechend bunte Ergebnisse, die sich vor allem in der Gesamtzahl der Leseverstehensaktivitäten, in ihrer Variabilität und der Anwendung der literarischen Texte unterschieden. In diesem Kapitel und dem folgenden konnten wir wieder zu den ursprünglichen Hypothesen und Vermutungen über den Stand und über die sprachliche Qualität der Texte zurückkehren und konstatieren, dass einige der Hypothesen als falsch auszuwerten sind. In allen drei Lehrwerken konnten wir die Anwendung der Prinzipien der kommunikativen Didaktik in unterschiedlichem Maße feststellen, was eine der besten Nachrichten für die Didaktik von Deutsch als Fremdsprache ist. Es wurde nämlich angenommen, dass die Aktivitäten, die vor allem die Kommunikationsfähigkeit als die wichtigste sprachliche Kompetenz fördern, in manchen der Lehrbücher nur sehr begrenzt erscheinen. Es liegt vor allem in den Vorentlastungsaktivitäten, die in den Werken konsequent vorkommen, aber auch in der Bemühung der Autoren genügend Raum dem Üben des Sprechens zu geben. Der Akzent der Analyse lag auf der Ermittlung der Variabilität der geübten Lesestile und ihr Anteil im ganzen Lehrbuch. Wir haben feststellen können, das sehr überlegen das globale Lesen und das selektive, oder beide in Kombination, geübt werden. Diese Lesestile werden auch vom totalen Lesen und seinen Kombinationen ergänzt. Es wurde auch festgestellt, dass allerdings das orientierende Lesen gar nicht oder minimal geübt wird, was als ein nachzuholender Mangel anzusehen ist. 115 In dem Lehrwerk Deutsch eins zwei wurde der nahe Charakter der rezeptiven Fertigkeit Hören und Lesen wiederholt deutlich gemacht, obwohl das in einigen Fällen vor allem in den bereits fortgeschrittenen Phasen des Lernens etwas überflüssig wirken konnte. Die sprachliche Qualität der Texte, die in den Werken zum Ausgangspunkt der Leseverstehensaktivitäten wurden, wurde als überraschend hoch ermittelt. Viel von diesem positiven Schluss geht auf die Vermutung der Autoren und Autorinnen, dass nur solche Texte eine ausreichende Quelle der authentischen Sprache sind, die von den Muttersprachlern geschrieben worden sind. Die Texte wurden meistens aus den gedruckten deutschen Medien übernommen und dienen in dieser Form vollständig ihrem Zweck. Die literarischen Texte, die allerdings auf einer regulären Basis nur in zwei von den drei untersuchten Lehrwerken vorkommen, sind authentisch und bieten mit ihrer Themenwahl auch ausreichende Anlässe zur weiteren Textarbeit und Diskussion. Die Tatsache, dass in zwei von diesen Werken die Literatur so stark vertreten ist, widerlegt auch die ursprüngliche Hypothese, dass die Literatur nur minimal oder nicht mit hochwertigen Texten repräsentiert wird. Als Ergebnis der Analyse wurde die Notwenigkeit einer konsequenten Anwendung der kommunikativen Methode im Deutschen angesprochen, die im Endeffekt eine Konkurrenz in Qualität der Lehrbücher dem Englischen werden könnte und die Einstellung vieler junger Lerner gegenüber dem Deutschen verändern konnte. Das allerdings lässt sich nicht mittels des Grammatik-orientierten Unterrichts oder der uninteressanten Themenauswahl und unmoderner graphischer Darstellung erreichen. Als eine mögliche Lösung kann man die Miteinbeziehung der Lerner als Zielgruppe in den Prozess der Lehrwerkproduktion und Textauswahl sehen. Diese Vorschläge wurden ausführlicher im Kapitel zehn dieser Diplomarbeit behandelt und schließen damit sowohl den theoretischen als auch den empirischen Teil dieser Arbeit ab. 116 12 Tschechisches Resümee Cílem této diplomové práce bylo objasnit, do jaké míry je čtení s poslechem důležitým faktorem učení cizího jazyka a čím je tato pozice dána. Zároveň bylo úkolem shrnout základní teoretické poznatky o čtení jako takovém, tzn. objasnit jeho pedagogicko-didaktické, jazykové i psychologické charakteristiky. Na teoretickou část navazuje část praktická, která spočívá v analýze tří učebnic jazyka německého, které lze považovat za dominantní na trhu v České republice, a které zároveň reprezentují práci tří rozdílných nakladatelství a jejich přístup k didaktice němčiny jako cizího jazyka. Tato analýza se zabývala především koncepcí výuky a samotnými texty a aktivitami s nimi spojenými. V první kapitole jsme nastínili základní předpoklady této analýzy, které se týkaly jak kvality uvedených textů, tak rozmanitosti práce s nimi. Lze předpokládat, že i jazykově a pedagogicko-didakticky budou mít tyto učebnice jisté rezervy, na než chceme tímto upozornit. V druhé kapitole této práce jsme se věnovali psychologickým charakteristikám čtení jako takového, a to především z hlediska čtenáře. Kromě toho, že se v této fázi učení cizího jazyka objevují jistá specifika, promítají se zde i všeobecné aspekty učení cizího jazyka vůbec. Existují jisté faktory, které nutně a často ovlivňují způsob a úspěšnost tohoto mnohdy zdlouhavého a náročného procesu. Mezi ně řadíme nepochybně biologické předpoklady studenta či žáka, jehož věk může do jisté míry silně ovlivnit jeho úspěšnost a hlavně rychlost, s jakou se učí nové poznatky a rozvíjí své schopnosti a dovednosti. Mezi biologicky podmíněné aspekty učení se cizímu jazyku řadíme i aktivity obou hemisfér mozku a limbického systému. Vedle biologických předpokladů jsou pro naučení se cizího jazyka nezbytné i určité kognitivní aspekty. Mezi ně řadíme především procesy zpracování nového učiva a určité strategie učení jako takového. Ony základní tři kognitivní procesy jsou kontrola, automatizace a rekonstrukce. V procesu učení je vždy potřebná důsledná kontrola nad jednotlivými dílčími kroky při osvojování nových poznatků, dokonce se dá říci, že komunikace v cizím jazyce probíhá mnohdy do jisté míry uvědoměleji nežli komunikace v rodném jazyce. Po základním osvojení určitých poznatků a pravidel přichází fáze automatizování, při níž se snažíme vytvořit přirozený postoj, tak, aby používání této znalosti bylo bezchybné za minimální potřeby kontroly. V případě, že se dostáváme ve svých znalostech a dovednostech stále dále, docházíme nutně k poznání, že některá pravidla či jazykové jevy fungují za 117 složitějších situací jinak a my musíme své získané znalosti modifikovat a rekonstruovat svou dosavadní znalost. Mezi kognitivní aspekty osvojování cizí řeči řadíme i metajazykové a metakognitivní schopnosti nebo strategie učení, které si každý žák či student sám vytváří, které jsou ovšem často dány i jeho celkovými osobnostními rysy. Tyto strategie mohou být kognitivní, afektivní, sociální, paměťové či všeobecně kognitivní. Jako protipól strategií učení existují strategie komunikační, které používáme k udržení a rozvíjení komunikace. Mezi afektivní faktory, které ovlivňují naše učení patří některé emoce a pocity, které mohou někdy i negativně působit na naše snahy naučit se cizímu jazyku. Mezi takové afektivní faktory patří především strach, motivace či základní postoje, pocity či naše sebehodnocení a sebevědomí. Z psychologického hlediska je čtení v cizím jazyce v zásadě stejné jako v jazyce rodném. Vždy se jedná o dráždění nervových vláken nějakými vzruchy, které jsou v tomto případě vyvolány zrakovými podněty. Tyto podněty se následně přeměňují v informace, které putují do našeho mozku, kde se abstrahují a přiřazují k odpovídajícím sémantickým a myšlenkovým schématům. Tato schémata jsou jednotná pro všechny myšlenky, ať už jsou vyvolány podněty v jazyce rodném či cizím. Rozdílná je jazyková vybavenost pro pojmenování těchto sémantických jednotek, která může především ze začátku způsobit určité nepříjemné komplikace. V souvislosti s tím je dobré znát pojem redundance textu, kdy máme na mysli jisté nepotřebnosti jazykového vnímání a opakovaného jazykového rozklíčování informací v textu, které se opakují nebo které nejsou pro pochopení textu zásadní. Ten, kdo se rozhodne učit se cizí jazyk, se bude věnovat osvojování a zdokonalování všech čtyř základních jazykových dovedností. Ve Společném evropském referenčním rámci pro jazyky: učení, vyučování, hodnocení vydaným Radou Evropy se hovoří o rozvíjení komunikativních jazykových kompetencí, mezi něž patří lingvistické, sociologické a pragmatické kompetence. Zmíněný dokument stanovuje pro všechny jazykové úrovně míry znalostí a specifikuje dovednosti žáků na jednotlivých úrovních. Pro účely této práce jsme se zaměřili na úrovně B1 a B2, které odpovídají úrovni žáků na gymnáziích. Lingvistickými kompetencemi rozumíme jazykové dovednosti v rámci určitých jazykových oblastí jako jsou znalosti slovní zásoby, gramatiky, významu slov, fonologie, pravopisu či správné výslovnosti. 118 Sociologickými kompetencemi jsou pak míněny sociolingvistické kompetence jako schopnost jazykově postihnout sociální vztahy, dále znalosti zdvořilostních zvyků, jazykových obratů, citátů apod., či znalosti rozdílů mezi jednotlivými jazykovými rejstříky či jazykových variet. Mezi pragmatické kompetence řadíme znalosti principů, podle nichž tvoříme a používáme jazyková sdělení. V Referenčním rámci se hovoří o dovednostech a znalostech flexibility, o zásadách tzv. „turn-takingu“, o znalostech, jak dál rozvíjet určitá témata a jak udržet v rámci nějakého sdělení koherenci i kohezi. V rámci dovednosti čtení pak Referenční rámec určuje následující dílčí dovednosti, které musí žák na úrovních B1 a B2 ovládat. Jedná se o schopnost číst a rozumět korespondenci, umět orientačně číst, porozumět informacím a argumentům, porozumět písemným pokynům, televizním programům či filmům. Ve všech těchto aspektech mají žáci gymnázií dosáhnout úrovně B2, aby mohli úspěšně složit tzv. státní maturitu, jejíž podoba a nároky ohledně čtení s porozuměním jsou rozebrány v kapitolách 3.1.3 a 7.2 této práce. Při osvojování si nebo vyučování cizího jazyka dochází většinou k stanovení určitých cílů, kterých chceme dosáhnout. Jedná se o cíle jednak žáků a studujících, kteří si stanoví, do jaké míry chtějí cizí jazyk zvládnout a co chtějí umět, za druhé jsou to určité cíle, které stanoví nejen učitel, ale také vzdělávací systém jako celek. Typickým výukovým cílem, který stanovil vzdělávací systém, je dosažení úrovně B2 před maturitou. Je jasné, že ne vždy se subjektivní cíle žáka či studenta shodují s cíli učitele či vzdělávací instituce. Vzhledem k tomu, že se tyto osvojovací a výukové cíle někdy terminologicky překrývají, budeme užívat termínu cíl jako všeobjímajícího pojmu. Rozlišujeme pragmatické, kognitivní a emotivní cíle v rámci výuky cizího jazyka všeobecně. Pragmaticky se snažíme hlavně o osvojení popř. naučení schopnosti komunikace v cizím jazyce, která zahrnuje všechny dílčí schopnosti a dovednosti. Není většího přínosu než schopnost komunikovat v cizím jazyce s cizincem, i za cenu gramatických chyb a lexikálních nepřesností. Kognitivně se snažíme dát studentům informace a poznatky, které se bezprostředně týkají kultury země, jejíž cizí jazyk se učíme. Jedná se o vědění vlastivědné, sociálně - kulturní, pragmatické či o vědění o tom, jak se učí cizí jazyk vůbec. Mezi emotivní cíle výuky řadíme hlavně zprostředkovávání určitých všeobecně uznávaných hodnot, názorů a postojů, které mají za úkol vytvořit atmosféru blízkou multikulturnímu kontaktu. Těmito vlastnostmi jsou především otevřenost, tolerance a ochota ke komunikaci se zástupci cizích zemí a kultur. 119 Čtení s porozuměním jsou spolu s poslechem s porozuměním dvě ze čtyř základních jazykových dovedností, které jsou výukou cizího jazyka rozvíjeny. Čtení a poslech patří mezi receptivní dovednosti, jejichž zvládnutí předchází osvojování dovedností produktivních tzn. mluvení a psaní. Zároveň je třeba ale zdůraznit propojenost všech dovedností a jejich komplexnost ve vztahu k osvojování jazyka jako takového. Význam osvojování cizojazyčného čtení spočívá v roli četby pro dnešní svět, která je založena z velké části na písemném kontaktu. Lze se domnívat, že je mnohem pravděpodobnější, že spíš bude člověk číst (nebo poslouchat) cizojazyčné médium než hovořit v autentické situaci s rodilým mluvčím. Proces čtení se zakládá především na rozpoznávání již známých prvků a jejich usouvztažnění v daném kontextu, zároveň je tento proces silně ovlivněn tím, za jakým účelem a proč daný text čteme tzn. co v něm hledáme, které informace a kolik jsou pro nás relevantní. Odpovědi na tyto otázky potom určují, jakým způsobem daný text čteme, určují náš čtecí styl, naši čtecí strategii. Můžeme číst globálně, selektivně, orientačně nebo totálně, existují i různé kombinace těchto technik. Při zpracovávání určitého cizojazyčného textu bychom vždy, a především v prostředí výuky cizího jazyka, měli postupovat od tzv. sestupného top-down zpracovávání informací k vzestupnému bottom-up zpracovávání informací v textu. Tyto procesy jsou předmětem samostatných kapitol 5 a 6 této práce. Sestupné procesy, které jsou řízené především naším věděním, jsou postupy, které získaly pozornost zejména v posledních letech a zakládají se na všeobecném vědění každého čtenáře. Tyto aktivity, které mají za úkol připravit čtenáře na četbu daného textu a které mu chtějí tuto aktivitu ulehčit, spočívají na domněnce, že každý z nás využívá znalost o textech, druzích textů, stejně jako znalost z určitých oborů či všeobecnými vlastnostmi. Máme-li tolik znalostí, mohou nám v mnohých situacích posloužit jako možný kontextový rámec, u něhož aktivujeme své potenciální znalosti, které nám pomohou vytvořit určité očekávání, co se týče tématu daného textu, jeho lexikálního rezervoáru či o jeho prezentovaném obsahu. Při samotném čtení pak můžeme zaměřit svou pozornost na další informace, které jsou pro nás nové či neznámé, a které budou vyžadovat více pozornosti, chceme-li danému textu dobře porozumět. Tyto aktivity, ať už to je aktivizace slovní zásoby pomocí asociogramu, obecné hypoteticky položené otázky či jenom spekulace ohledně tématu na základě fotografií nebo nadpisů apod., mohou výrazně přispět k úspěšnému porozumění textu a jako takové by měly být trénované a prováděné před každým čtením, zvláště souvislejšího textu. 120 Procesy, které směřují svoji aktivitu hlavně na obsahovou a datovou složku textu, označujeme jako vzestupné, neboť vycházejí od jednotlivých jednotek textu a vytvářejí souvislosti až po přečtení textu. Tyto procesy jsou řízené textem a jako takové s ním patřičně operují, jsou to především úkoly k textům, které najdeme ve všech učebnicích. Pokud se něco učíme v rámci daného vzdělávacího procesu, neunikneme většinou testování a zkoušení našich dovedností. Zatímco testování je aktivita rámcově neformální a slouží především žákům a učitelům k získání přehledu o jejich schopnostech, popř. jako možnost získání více či méně objektivních dokladů o učebním pokroku daného žáka, je zkoušení záležitost spíše formální a má za úkol poskytnout co nejobjektivnější doklad o stavu jazykových dovedností daného žáka. Kritéria, podle nichž by měly být jak testy, tak jazykové zkoušky koncipovány, se v zásadě shodují, přestože v případě jazykových zkoušek je situace většinou vyhrocenější. Mezi tyto kriteria řadíme validitu, tzn. platnost nebo spolehlivost zvoleného učiva a úkolů pro dané přezkoušení. Dále sem řadíme kritérium spolehlivosti, „reliability“, které označuje nutnost spolehlivého a kvalitního přezkoušení tak, aby tento výsledek byl dostatečným dokladem stavu věcí. Jako poslední zmiňujeme hledisko objektivity vyhodnocení výsledků, které je třeba zajistit u každého z opravujících a vyhodnocujících subjektů. Především v rámci školního prostředí mohou vznikat pochybnosti o objektivitě hodnocení ve vztahu určitých žáků a jejich učitelů. Důvody, proč píšeme testy či skládáme jazykové zkoušky, mohou být různé. Jednak se můžeme snažit zjistit jazykovou úroveň žáků na začátku nebo ještě před začátkem kurzu. Na základě výsledků pak můžeme žáky rozřadit do jednotlivých kurzů nebo stanovit, kde je třeba pokračovat ve výuce. Dalším důvodem může být již částečně zmíněné zjišťování pokroku v průběhu daného kurzu, které se provádí tedy většinou v podobě testů v školním prostředí. Zjistit objektivní stav jazykových znalostí, jehož potvrzením můžeme získat také certifikovaný doklad naší jazykové kvalifikace, je nejběžnějším případem, proč skládáme jazykové zkoušky. V každém testu či zkoušce se pak většinou jejich autoři řídí základní typologií všech úkolů, tzn. otevřené, polo-otevřené a zavřené úlohy s rozdílným podílem vlastního úsudku a znalostí studenta. Jako příklady dvou typů zkoušek, které mají zjistit a ohodnotit stav jazykových dovedností, zvláště pak dovednosti čtení s porozuměním, jsou v sedmé kapitole této práce podrobně 121 rozebrány zkoušky Goethe-Institutu Zertifikat Deutsch a Goethe-Zertifikat B a jako jejich protipól pak státní maturitní zkouška. V následující osmé kapitole opouštíme problematiku zkoušení a přecházíme do fáze nacvičování rozvíjení dovednosti čtení. Snažíme se odpovědět na otázku, které druhy textů se hodí pro nácvik čtení. Docházíme k závěru, že rozhodujícím by měla být přiměřenost těchto textů, tzn. že jejich náročnost a složitost by měly být v souladu s objektivními možnostmi a schopnostmi jejich potenciálních čtenářů v rámci jazykové výuky. Základním úkolem výuky čtení je osvojování jednotlivých čtecích stylů nebo technik a jejich aplikace v reálných situacích. Vzhledem k tomu, že čtecí strategii určuje především účel, za jakým text čteme, jsou tyto techniky určovány předem autory učebnic ve formě zadání úkolů k těmto textům. I z tohoto důvodu se pro nácvik čtení hodí mnoho nejrůznějších textů jako například: inzeráty, návody k použití, zprávy, popisy, formuláře, dotazníky, dopisy, pozvánky, programy, jídelníčky atd. V souvislosti s druhy textů, které najdeme v učebnicích, jsme se dotkli i otázky používání literárních textů při výuce cizího jazyka a v rámci nácviku čtení s porozuměním. Přestože si literární texty ve výuce našly mnohé kritiky, konstatujeme, že dnes v době převládající komunikativní metody výuky cizích jazyků, je literatura chápána jako součást kultury a hodnot dané země a proto by neměla být izolována jako předmět výuky literatury. Jazyk má mnoho podob a literární texty, ač jsou pro zpracovávání gramatických jevů či informativní debatu nevhodné, mají svůj půvab v abstraktnosti a umožňují hlavně tematicky orientovanou diskusi k tématům textu či nácvik některé z čtecích technik. S používáním literárních textů souvisí i jejich možné úpravy pro účely výuky, od nichž už v dnešní době bývá většinou upouštěno, protože mění jazykovou i obsahovou podobu díla. Krácení literárních textů, resp. používání jejich výňatků je pak naopak jednou z možností, jak se vyrovnat s požadavkem současně didaktiky, používat literaturu v běžné výuce cizího jazyka. V následující deváté kapitole jsou pak uvedeny výsledky provedené analýzy již zmíněných třech učebnic a jejich shrnutí. Pozornost byla věnována textům, na základě nichž jsou koncipovány aktivity s čtením s porozuměním. V každém z těchto didaktických pomůcek jsme konfrontováni s jinou koncepcí výuky a uplatňování současných trendů v didaktice cizích jazyků. Kde je Blick hlavně učebnicí pro starší žáky a používá pro nejrůznější aktivity právě texty jako výchozí impuls, tam je učebnice Deutsch mit Grips mnohem všestrannější a vyváženější didaktická pomůcka, která může tradičně silné pozici nakladatelství Hueber a jeho učebnic 122 směle a kvalitně konkurovat. Učebnice Deutsch eins zwei je jiným, spíše tradičně českým dílem, jehož autorky vycházejí ze zavedeného způsobu výuky němčiny u nás. Jedná se o aktivity, které jsou výrazně dominovány gramatickými cvičeními či cvičeními ke slovíčkům. Texty jsou v ni rovněž zastoupeny silně, nicméně poněkud nerovnoměrně a literatura zde je zastoupena zcela minimálně. Na základě těchto závěrů lze shrnout, že v rámci výuky němčiny jako cizího jazyka se mezi autory učebnic stále objevuje skutečně minimální snaha o uplatnění komunikativní didaktiky a jejích metod. Je s podivem, do jaké míry se učebnice typu Deutsch eins zwei či Německy s úsměvem stále drží na předních místech žebříčku popularity mezi učiteli němčiny u nás. Je proto třeba dále a opakovaně upozorňovat na nedostatky, které se v nich objevují, a nabádat i učitele a autory učebnic, aby se snažili zohlednit potřeby žáka a studenta, který se z celkového hlediska musí hlavně umět dorozumět a být schopen vytvořit fungující komunikaci s rodilým mluvčím či se dostatečně orientovat v cizojazyčném prostředí a čtivu. Spolu s tím lze zmínit i potřebu volby originálnějších témat jednotlivých lekcí či aktivit a důraz, který by měl být kladen na grafickou podobu těchto učebnic. Co se týče kvality a kvantity použitých textů, dá se konstatovat, že jejich podíl v celé učebnici samozřejmě případ od případu kolísá, ale objevují se v dostatečném množství a dobré jazykové kvalitě. Domněnka, že tyto texty budou z pohledu jazyka závadné, se nepotvrdila; jedná se o texty, které byly přejaty z německého tisku či specializovaných periodik, tedy texty autentické. Jako pozitivní lze hodnotit i seznam pramenů těchto textů, které u učebnic německých autorů najdeme kompletní, u Deutsch eins zwei se to někdy zdá problematičtější. V této učebnici najdeme také texty, jejichž autory jsou nejspíš samy autorky a jejich jazykoví konzultanti, kteří ovšem jazykově tyto texty nijak nepoškozují. Posuzovány byly i formy cvičení a rozvíjení různých čtecích stylů, které jsou ve všech analyzovaných učebnicích dostatečně zastoupeny. Nejvíce mají žáci číst globálně či selektivně, čtou i totálně, ovšem méně často; objevují se i kombinace všech těchto technik. Orientačně ovšem žáci skoro nečtou, tato technika zde v podstatě není zastoupena. Ve vztahu k literatuře se německé učebnice vyrovnávají s požadavky komunikativní didaktiky velmi dobře, jedná se o texty tematicky spřízněné s probíranou lekcí a o texty některých významných autorů. Způsob a počet aktivit, které se vztahují k literárnímu textu, se ovšem v učebnici Deutsch eins zwei ukázal jako nedostačující. Další kritika a možná řešení jsou nastíněny v desáté kapitole a uzavírají tím teoretickou i praktickou část této diplomové práce. 123 13 Englische Anotation In the presented thesis about developing reading skills in teaching German as a foreign language in Secondary-Grammar schools, it has been both theoretically and practically shown how important teaching of reading skills is. It was the author’s original aim to complete a work that would address the readings’ basic role in the communicative didactics and summarize its general significance in learning a foreign language. The general psychological character of reading and its biological, cognitive and affective aspects were the subjects of chapter two, together with the basic terminological items such as transfer and interference, context sensibility or semantic ambiguity tolerance. The communicative skills - such as linguistic, lexical, grammatical, semantic, phonological, orthographical and orthoepic - were presented with regard to their knowledge and mastery at the level of B1 and B2, as they are defined in the Common European Framework of Reference for Languages: learning, teaching, assessment. The objectives of both learning and teaching languages (pragmatic, cognitive and emotional) and their specificity are discussed in the second part of chapter three. The following chapter is dedicated to the definition of reading as a skill and its receptive character, especially in connection with the other receptive skill – listening. In addition to that, the diverse listening and reading strategies are explicated in this part of the work. Coming back to the psychological particularity of reading and its role in foreign languageeducation, the top-down (from general/common knowledge to specific information) processing and the bottom-up (from concrete data to abstract terms and knowledge) processing are explained in chapter five and six. Their significance for the success of reading activities is largely determined by the methods of communicative didactics. Over the last decades, since the wide implementation of communicative teaching, the top-down processing has experienced its biggest wave of interest and has received a lot of attention from both the scientific and the teaching community. A necessary part of every institutionalised process of learning is testing and examination that provides useful information about the current state of language skills at any point of our studies. These specifics are the subject of chapter seven, which offers not only comprehensive characteristics of testing/examination, but also analyses models of two of the most common language exams in German at the level of B1 and B2 in Europe and their equivalent of the Czech Grammar-school system, i.e. the State school-leaving exam. 124 Before coming to the practical part of the thesis, we discuss the appropriate text types for developing reading skills and usage in education in chapter eight. The ninth chapter presents the results of the empiric analysis of three textbooks used in Czech schools today. The results often disprove the original assumptions concerning the quality of the texts, their authenticity, attractiveness for the students and the percentage of these texts being of literary character. Finally, we present main weak points of the textbooks and try to suggest possible ways of improving the current state that seems to be satisfactory, but is still far from perfect, and which leaves a lot of room for further amelioration. 125 Literaturverzeichnis: Primärliteratur: Analysierte Lehrwerke: Blick 1, 2: Fischer-Mitziviris, A./ Janke-Papanikolaou, S. (2000): Blick. Mittelstufe Deutsch für Jugendliche und junge Erwachsene. Lehrbuch. Band 1. Ismaning Fischer-Mitziviris, A./ Janke-Papanikolaou, S. (1997): Blick. Mittelstufe Deutsch für Jugendliche und junge Erwachsene. Arbeitsbuch. Band 1. Ismaning Fischer-Mitziviris, A./ Janke-Papanikolaou, S. (2002): Blick. Mittelstufe Deutsch für Jugendliche und junge Erwachsene. Lehrerhandbuch. Ismaning Fischer-Mitziviris, A./ Barabas, J. (1997): Blick. Mittelstufe Deutsch für Jugendliche und junge Erwachsene. Lehrbuch. Band 2. Ismaning Fischer-Mitziviris, A. (2001): Blick. Mittelstufe Deutsch für Jugendliche und junge Erwachsene. Arbeitsbuch. Band 2. Ismaning Fischer-Mitziviris, A. (2001): Blick. Mittelstufe Deutsch für Jugendliche und junge Erwachsene. Lehrerhandbuch. Band 2. Ismaning Deutsch mit Grips 1, 2: Deutsch mit Grips. Lehrwerk für Jugendliche. Kursbuch. (2001). Band 1. Stuttgart Deutsch mit Grips. Lehrwerk für Jugendliche. Arbeitsbuch. (2002). Band 1. Stuttgart Deutsch mit Grips. Lehrwerk für Jugendliche. Lehrerhandbuch. (2002). Band 1. Stuttgart Deutsch mit Grips. Lehrwerk für Jugendliche. Kursbuch. (2002) Band 2. Stuttgart Deutsch mit Grips. Lehrwerk für Jugendliche. Arbeitsbuch. (2003) Band 2. Stuttgart Deutsch mit Grips. Lehrwerk für Jugendliche. Lehrerhandbuch. (2003) Band 2. Stuttgart Deutsch eins, zwei: Kettnerová, D./ Tesařová, L. (2002): Deutsch eins zwei 1. Němčina pro začátečníky. Plzeň Kettnerová, D./ Tesařová, L.(2002) : Deutsch eins zwei 2. Němčina pro pokročilé. Plzeň Nicht analysierte Lehrwerke: Dallapizza, R.-M./ Jan von E./ Schönherr, T. (2004): Tangram 1 aktuell. Lektion 1-4. Kursbuch und Arbeitsbuch. Ismaning 126 Drmlová, D./ Homolková, B./ Kettnerová, D./ Tesařová L. (2003): Německy s úsměvem – nově. Plzeň Bok, V./ Pfeiferová, D./ Šetinová, D. (1998): Čítanka německých textů. Deutschsprachige Literatur in Lesetexten. Plzeň Hasenkamp, G. (1995): Leselandschaft 1. Unterrichtswerk für die Mittelstufe. Ismaning Hasenkamp, G. (2000): Leselandschaft 2. Unterrichtswerk für die Mittelstufe. Ismaning Farkas, E./ Morvai, E./ Pohl, P. (1997): Leselandschaft. Handbuch für den Unterricht. Ismaning Sekundärliteratur: Albers, H.G./ Bolton, S. (1995): Testen und Prüfen in der Grundstufe. Einstufungstests und Sprachstandsprüfungen. Fernstudieneinheit. München Apeltauer, E. (1997): Grundlagen des Erst- und Fremdsprachenerwerbs. Eine Einführung. Fernstudieneinheit 15, Kassel Buhlmann, R./ Laveau, I. (1992): Arbeit mit Sachtexten. Fernstudieneinheit. München Choděra, R./ Ries, L. (1999): Výuka cizích jazyků na prahu nového století (metadidaktika, humanizace). Ostrava Doyé, P. (1995): „Lehr- und Lernziele.“ In: Bausch K.-R., Christ H., Krumm H.J.: Handbuch Fremdsprachenunterricht. Tübingen Edelhoff, C. (1985): „Authentizität im Fremdsprachenunterricht“ In: Authentische Texte im Deutschunterricht. Einführung und Unterrichtsmodelle. München Ehlers, S. (1992): Literarische Texte lesen lernen. München Goethe-Institut/Kastner Ag (2003, 2006): Zertifikat Deutsch. Übungssatz 0.4. Kandidatenblätter. München Goethe-Institut/Felix Brandl (2007): Goethe-Zertifikat B2. Modellsatz. Kandidatenblätter. München 127 Häusermann, U./ Piepho, H.-E. (1996): Aufgabenhandbuch. Deutsch als Fremdsprache Abriß einer Aufgaben- und Übungstypologie. München Hendrich, J. a kol. (1988): Didaktika cizích jazyků. Praha Hofman, H. (1985): „Zur Integration von literarischen Texten in einem kommunikativen Sprachunterricht“ In: Authentische Texte im Deutschunterricht. Einführung und Unterrichtsmodelle. München Huneke, H.W./ Steinig,W. (2002): Deutsch als Fremdsprache. Eine Einführung. Berlin Juma 1/2005. Jugendmagazin. Köln, 2005 Nöstlinger, C. (1991): Die Ilse ist weg. Langenscheidt, München Storch, G. (2001): Deutsch als Fremdsprache. Eine Didaktik. Theoretische Grundlagen und praktischen Unterrichtsgestaltung. München Westhoff, G. (1987): Didaktik des Leseverstehens. Strategien des voraussagenden Lesens mit Übungsprogrammen. München Westhoff, G. (2005): Fertigkeit Lesen. Fernstudieneinheit 17. München Internet Quellen: http://www.msmt.cz/pro-novinare/nova-maturitni-zkouska http://www.cermat.cz/novamaturita/katalogy.php www.wikipedia.com www.wikipedia.de http://www.goethe.de/ins/cz/pra/csindex.htm http://www.bildungspartner.nrw.de/ http://www.stiftunglesen.de/projekte/Default.aspx http://www.leseverstehen.studienseminar-koblenz.de/ 128 http://www.goethe.de/z/50/commeuro/i0.htm 129