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Relationes Schriftenreihe des Vorhabens „Wissenschaftsbeziehungen im 19. Jahrhundert zwischen Deutschland und Russland auf den Gebieten Chemie, Pharmazie und Medizin“ bei der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig Herausgegeben von Heiner Kaden und Ortrun Riha Band 1 Heiner Kaden und Ortrun Riha (Hgg.) Studien zu Carl Julius Fritzsche (1808-1871) und Il’ja Il’ič Mečnikov (1845-1916) Quellenarbeit in der Wissenschaftsgeschichte Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Gedruckt mit Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sowie des Freistaates Sachsen (Sächsisches Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst) Copyright Shaker Verlag 2008 Alle Rechte, auch das des auszugsweisen Nachdruckes, der auszugsweisen oder vollständigen Wiedergabe, der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen und der Übersetzung, vorbehalten. Printed in Germany. ISBN 978-3-8322-7560-0 ISSN 1867-3198 Shaker Verlag GmbH • Postfach 101818 • 52018 Aachen Telefon: 02407 / 95 96 - 0 • Telefax: 02407 / 95 96 - 9 Internet: www.shaker.de • E-Mail: info@shaker.de V Vorwort Mit dem vorliegenden Band der neuen Schriftenreihe stellt die Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig erste Ergebnisse der Forschungsarbeit aus dem 2007 begonnenen Akademievorhaben „Wissenschaftsbeziehungen im 19. Jahrhundert zwischen Deutschland und Russland in Chemie, Pharmazie und Medizin“ vor. Die Geschichte von Naturwissenschaften und Medizin spielt traditionell in der Sächsischen Akademie eine hervorgehobene Rolle. Hans WUßING und Karl-Heinz SCHLOTE haben die abgeschlossenen Forschungen und die in den Schriften der Sächsischen Akademie bis zum Jahr 1996 erschienenen Arbeiten dieses Gebiets zusammengestellt und ausführlich kommentiert.1 Darüber hinaus hat sich Leipzig mit einer Serie von Kolloquien und Veröffentlichungen um die Erarbeitung von Erkenntnissen und die Wiedergabe historischer Zusammenhänge der deutsch-russischen Wissenschaftsbeziehungen verdient gemacht: In den Jahren 1999 bis 2006 war ein von Ingrid KÄSTNER und Dietrich von ENGELHARDT geleitetes DFG-Projekt zu diesem Thema am Karl-SudhoffInstitut für Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig angesiedelt; die daraus hervorgegangene Schriftenreihe (Aachen 1999 bis 2007) umfasst 15 Bände. Im gesamten 19. Jahrhundert war der Wissenschaftsaustausch zwischen Deutschland und Russland im europäischen Kulturraum von großer Bedeutung. Während im 18. Jahrhundert der Transfer aus westlichen Ländern in das weniger fortschrittliche Zarenreich dominierte, veränderte sich im 19. Jahrhundert vor dem Hintergrund politischer und sozialer Umbrüche in Russland das Bild, indem es zunehmend zu wechselseitiger Befruchtung kam. Der Reihentitel will diese Gegenseitigkeit des Erkenntnisgewinns, bei der jede Seite beim „Berichten“ etwas für sich mit „zurückträgt“, ebenso hervorheben wie die Internationalität der Wissenschaft bzw. der gelehrten Welt. Das Akademie-Projekt hat zum Ziel, Erkenntnisse zur damaligen Entwicklung der Naturwissenschaft in Deutschland und in Russland komparatistisch unter kulturellen, sozialen, methodischen und wissenschaftstheoreRelationes Deutsch-russische Beziehungen in Medizin und Naturwissenschaften Relationes 1 Hans Wußing, Karl-Heinz Schlote: Historiographie der Naturwissenschaften in den Sitzungsberichten der Sächsischen Akademie der Wissenschaften. In: Günter Haase, Ernst Eichler (Hgg.): Wege und Fortschritte der Wissenschaft. Beiträge von Mitgliedern der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig zum 150. Jahrestag ihrer Gründung. Berlin 1996, 755-771. VI tischen Aspekten zu erbringen. Der Ansatz ist insofern interdisziplinär und daher über die Geschichte der Naturwissenschaften und der Medizin bzw. die Wissenschaftsgeschichte hinaus auch für die Kultur-, Sozial-, Alltags-, Mentalitäts- und Institutionsgeschichte von Interesse: Wissenschaftshistorische Entwicklungen werden in internationale gesellschaftliche und politische Zusammenhänge eingeordnet; die Rolle, die Universitäten, Akademien, wissenschaftliche Gesellschaften sowie Privatgelehrte in den deutschrussischen Wissenschaftsbeziehungen übernahmen, wird einen weiteren Forschungsschwerpunkt bilden. Als angestrebter Nebeneffekt soll die Sicherung kultureller Wissensbestände mit historischen Erkenntnissen die heutigen Kultur- und Wissenschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Russland fördern helfen. Auch im Zusammenhang mit der Erweiterung der Europäischen Union tragen historische Kenntnisse und historisches Verständnis wesentlich dazu bei, Europa nicht nur als Wirtschaftsraum, sondern auch als Kultur- und Wissenschaftsraum zu verstehen. Als erste Resultate der Projektarbeit liegen nun zwei Studien zu Naturwissenschaftlern vor, die verschiedene Arten der deutsch-russischen Wissenschaftsbeziehungen des 19. Jahrhunderts repräsentieren. Gleichzeitig sollen damit verschiedene Herangehensweisen und unterschiedliche Quellentypen innerhalb des Projekts vorgestellt werden, denn sowohl Archivalien als auch Primärliteratur (i.S.v. historischen Originalarbeiten) harren der Auswertung. Aktueller Anlass für die Themenwahl waren die mit diesen Personen verbundenen Jubiläen im Jahr 2008 – der 200. Geburtstag von Carl Julius FRITZSCHE und der 100. Jahrestag der Verleihung des Nobelpreises an Il’ja Il’ič MEČNIKOV. Carl Julius FRITZSCHE (1808-1871), deutscher Pharmazeut und Chemiker, siedelte bereits 1833, entgegen den Angaben in deutschen Lexika, nach einer Assistenzzeit bei Eilhard MITSCHERLICH (1794-1863) nach St. Petersburg über. 1844 wurde er an der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften außerordentliches und 1852 ordentliches Mitglied. Seine Arbeitsgebiete waren unter anderem Doppelsalze, organische Farbstoffe, Anthracen und Pikrinsäure, aber auch die Modifikationen des Zinns (Zinnpest). Ihm wurde die besondere Ehre zuteil, dass ein Mineral nach ihm benannt worden ist: Johann Friedrich August BREITHAUPT (1791-1873), berühmter Mineraloge an der Bergakademie Freiberg, gab 1865 einem ManganUranyl-Vanadat aus der Grube Georg Wagsfort in Johanngeorgenstadt im VII sächsischen Erzgebirge den Namen Fritzscheit. Der im deutschen Raum fast vergessene, aber in Russland immer noch hoch geschätzte FRITZSCHE steht stellvertretend für Persönlichkeiten mit unterschiedlicher nationaler Bewertung, die für das Projekt besonders interessant sind; zudem gibt seine Karriere als Mineralwasserfabrikant aufschlussreiche Einblicke in die Kulturgeschichte der Medizin. Der russische Zoologe und Bakteriologe Il’ja Il’ič MEČNIKOV (1845 bis 1916) studierte in Russland und Deutschland und arbeitete später am Institut Pasteur in Paris. Seine Beiträge zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Wirbellosen sowie über Bakterien, Toxine und Immunität fanden hohe Anerkennung. Er entdeckte die Phagozytose durch weiße Blutkörperchen und erhielt 1908 für seine Arbeiten zum Immunsystem zusammen mit Paul EHRLICH (1854-1915) den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin. Ihm gilt der zweite ausführliche Beitrag dieses Bandes, in dem die nicht unumstrittenen populärphilosophischen Ideen MEČNIKOVs vorgestellt und in den Kontext der zeitgenössischen gesamteuropäischen Diskussion gerückt werden. MEČNIKOV verdeutlicht mit seiner Vielseitigkeit exemplarisch, dass die Zuordnung von Gelehrten des 19. Jahrhunderts zu einzelnen Fachdisziplinen bisweilen nur schwer möglich ist. In dem Beitrag Chemie, Pharmazie und Medizin in der Wissenschaftsgeschichte: Zur Konzeption eines biobibliographischen Lexikons zu den deutsch-russischen Wissenschaftsbeziehungen im 19. Jahrhundert wird zunächst ein weiterer wesentlicher Bestandteil des Akademievorhabens in seiner Planungsphase vorgestellt. Die Erarbeitung dieses Nachschlagewerkes wird mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Leipzig, im August 2008 Heiner Kaden Ordentliches Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig Ortrun Riha Ordentliches Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig Inhalt Marta Fischer, Heiner Kaden, Ortrun Riha Chemie, Pharmazie und Medizin in der Wissenschaftsgeschichte: Zur Konzeption eines biobibliographischen Lexikons zu den deutsch-russischen Wissenschaftsbeziehungen im 19. Jahrhundert Regine Pfrepper Carl Julius Fritzsche (1808-1871) – Pharmazeut und Chemiker in Dresden, Berlin und St. Petersburg Anhang 1: Die Briefe von Carl Julius Fritzsche (1808-1871) an Eilhard Mitscherlich (1794-1863) [Erstedition] Anhang 2: Schriftenverzeichnis von Carl Julius Fritzsche Abbildungsnachweis Literatur 1 11 41 76 87 88 Thomas Schmuck Il’ja Il’ič Mečnikov – Denkwege zwischen Philosophie und Medizin 1. Einleitung 2. Mečnikovs Leben und wissenschaftliche Arbeit: Embryologie, Evolutionstheorie, Immunologie und Bakteriologie 3. Mečnikovs philosophische Arbeiten 4. Die Disharmonien: Sexualität, Alter, Todesfurcht 5. Physiologie der Unsterblichkeit 6. Der natürliche Todesinstinkt 7. Zum Pessimismus und seiner Kritik durch Mečnikov 8. Wissenschaft als Zukunftsreligion 9. Mečnikov und Tolstoj 10. Methoden der Orthobiose 11. Ausblick Abbildungsnachweis Literatur 94 111 115 128 134 141 145 151 154 161 165 166 Regine Pfrepper Personenregister 171 91 91