10 exotische Orte der Weinproduktion: China – Dänemark – England

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10 exotische Orte der Weinproduktion: China – Dänemark – England
10 exotische Orte der Weinproduktion: China – Dänemark – England –
Stintfang – Georgien – Indien – Iran – Israel – Lanzarote - Mexiko
China
China gehört zu den wenigen Hochkulturen, in denen der Wein keine wichtige
Bedeutung erlangt hat. Ursache war das extreme Klima mit heißen Sommern
und kalten Wintern und die Vorliebe für scharf gewürzte Speisen, zu denen
Reisschnaps besser passt als Wein. Die moderne chinesische Weingeschichte
beginnt im Jahre 1892, als ein Beamter 120 Rebsorten aus Europa einführte.
100 Jahre später startet an der Ostküste, oberhalb von Shanghai die chinesische
Weinrevolution. Mit Hilfe von Investoren wie Rémy Martin, Pernod Ricard
und Miguel Torres sind Anbaufläche und Produktion (12 Mio. hl) seitdem
verdreifacht worden. Damit liegt China weltweit bereits vor Australien auf
Platz 6. Die chinesische Führung erhofft sich vom Weinbau auch einen Impuls
für den Tourismus und eine Eindämmung der Landflucht.
Dänemark
König Christian IV. (1577-1648) musste sich für seine zahlreichen Feste noch
fassweise Riesling vom Mittelrhein importieren. Heute ist das anders. Seit dem
1. August 2000 ist Dänemark von der EU als Weinbaugebiet anerkannt – und
darf damit dänischen Wein zu kommerziellen Zwecken anbauen und verkaufen.
Ein knappes Dutzend Weingüter sind registriert, die meisten im Umland von
Kopenhagen. Etwas skurril sind die Namen der beliebtesten Rebsorten. Die rote
„Rondo“ entstand 1964 in der damaligen CSSR aus Kreuzungen klimarobuster
Sorten mit kurzen Vegetationszeiten. Aus Ungarn stammt die weiße „Reform“,
die sonst eher als Tafeltraube geschätzt wird. Der bedeutendste alkoholische
Beitrag Dänemarks ist jedoch nach wie vor der aus Kartoffeln oder Getreide
gebrannte Aquavit mit der geschützten Herkunftsbezeichnung „Danske“.
England
Britische Weinjournalisten wie Michael Broadbent, Hugh Johnson und Jancis
Robinson haben weltweit das Bewusstsein dafür geprägt, wie guter Wein sein
soll und welche Voraussetzungen er für seine Entstehung braucht. Jüngst haben
die Champagnerwinzer laut darüber nachgedacht, wegen dem Klimawandel
Reben in Südengland zu pflanzen. Dort werden bereits heute sehr erfolgreich
Schaumweine mit Flaschengärung aus Chardonnay und Pinot Noir hergestellt.
Eine Besonderheit sind die British Wines, die aus importiertem TraubenmostKonzentrat erzeugt werden. Die „echten“ Weine werden als United Kingdom
Table Wine oder English Vineyards Quality Wine verkauft. So wie in England
die clotted cream zum Tee gehört, so gehört bis heute (etwas) Zucker in den
Wein: Nirgendwo auf der Welt werden so viele süße Weine getrunken wie dort.
Deutschland Hamburger Stintfang
Guter Wein blickt auf Wasser sagt man. Der ungewöhnlichste Weinberg
Deutschlands liegt auf einem beeindruckend steilen Hang über dem Hamburger
Hafen mit Blick auf das quirlige Treiben der Barkassen und gigantische Docks.
1996 schenkten Wirte des alljährlich Stuttgarter Weindorfs auf dem Hamburger
Rathausmarkt der Bürgerschaft Rebstöcke der Sorten Regent und Phönix. Die
Trauben werden jeden Herbst liebevoll per Hand geerntet, nach BadenWürttemberg gebracht und dort von der Winzerfamilie Currle ausgebaut. Die
Cuvée von weißen und roten Reben, „Hanse Primeur“ genannt, ist lachsfarben
und soll sehr fruchtig schmecken. Leider gibt es pro Jahr nur 50 bis 200
Flaschen, weshalb der Hamburger Senat ihn nur selten verschenkt und es nur
wenige Menschen gibt, die verlässlich von seinem Geschmack berichten
können.
Georgien
Eine der Wiegen des Weinbaus liegt in Georgien. Von hier trat möglicherweise
Dyonisos seine Reise an, die den Griechen Wein brachte und ihm einen Sitz im
Pantheon der Götterwelt. Unter dem windschützenden Einfluss des hoch
aufragenden Kaukasus gibt es für den Weinbau geradezu ideale klimatische
Verhältnisse, was Wein zum zweitwichtigsten Exportartikel des Landes (nach
dem Export von Alteisen) macht. Traditionell größter Abnehmer war bisher
Russland, diese Position ist aber durch die aktuelle russische Politik mit ihrem
zeitweiligen Handelsembargo stark gefährdet. Die Weine haben so schön
klingende Namen wie Kindzmarauli, Napareuli und Zinandali. Sie animieren
die Georgier zu einem wichtigen Ritual der georgischen Tafel, den
Trinksprüchen, die mit großer Poesie und Inbrunst vorgebracht werden.
Indien
Obwohl dem höchsten vedischen Gott, dem kriegerischen Indra, eine hohe
Trinkfestigkeit nachgesagt wird, ist der Hinduismus Alkohol gegenüber kritisch
eingestellt. Dies gilt auch für den Buddhismus, dessen fünftes Gebot den
Alkoholgenuss verbietet. Buddha (563-483 v. Chr.) selbst war da nicht so
streng und bezeichnete ihn lediglich als „Verzehrer des Wohlstands“. Auf ihn
kann sich die wachsende Mittelschicht beziehen, die inzwischen abends eher
zum Weinglas als zur Teeschale greift. Indischer Wein ist heute fast
gleichzusetzen mit dem Weingut Château Indage, das 1982 mit Hilfe von
Piper-Heidsieck gegründet wurde und ca. 60% der gesamten indischen
Weinmenge produziert. Recht erfolgreich versucht man hier im Bundesstaat
Maharashtra um die Stadt Mumbai (Bombay) herum hochwertigen
Champagner nachzuahmen.
Iran
Der griechische Historikers Herodot berichtet, dass in Persien der Rausch
bewusst eingesetzt wurde, um wichtige Entscheidungen zu fällen, die dann
nüchtern noch einmal bestätigt werden mussten. Umgekehrt sollen
interessanterweise auch nüchterne Entscheidungen in Trunkenheit nochmals
bekräftigt worden sein. Trotz der moslemischen Machtübernahme im Jahre 641
und dem damit verbundenen Verbot wurde Wein weiterhin produziert und
genossen. Erst nach dem Sturz des Schah und der Installierung des AyatollahRegimes im Jahre 1979 kam die Herstellung von Wein fast völlig zum
Erliegen. Nur noch ein Prozent der rund 220.000 Hektar Rebfläche werden
heute für die Weinerzeugung genutzt, wobei die Trauben zumeist in
Nachbarländer geschafft, dort zu Wein verarbeitet und dann wieder über die
Grenze geschmuggelt werden.
Israel
Das Land Kanaan als Ursprung des heutigen Israel zählt zu den ältesten
Weinbau-Gebieten. Das „Gelobte Land“ wurde unter Abraham etwa 2000 bis
1900 und unter Moses etwa 1300 bis 1200 v. Chr. von den Israeliten besiedelt.
Im modernen Staat Israel wird Wein auf einer Rebfläche von 5.000 Hektar
angebaut. Israel ist damit Hauptlieferant für koscheren Wein weltweit.
Kennzeichen für koscheren Wein sind beispielsweise: Die Reben dürfen alle
sieben Jahre nicht geerntet werden, der Zusatz von Zucker, Schwefel oder
industriellen Zuchthefen ist verboten und ein kleiner Teil des Weines muss
verschenkt werden. Eine weitere Besonderheit des israelischen Weinbaus: Mit
Hartnäckigkeit und moderner Technologie ist es gelungen, selbst in entlegenen
Gebieten wie den Golan-Höhen und der Negev-Wüste guten Wein zu erzeugen.
Lanzarote
Lanzarote heute – das ist schwarzes Vulkangestein. Kaum zu glauben, dass
Wein im 16. Jahrhundert das wichtigste Exportprodukt war. Doch im Jahre
1730 gab es einen sechs Jahre lang andauernden Vulkanausbruch, der die
gesamte Insel mit einer teilweise meterdicken Lapillischicht bedeckte. Umso
schöner zeichnet sich das helle Grün der Weinblätter in den sogenannten
„Weinbergen der Unmöglichkeit“ ab. Die Reben werden in künstlich
angelegten Mulden gepflanzt und mit Steinmauern umgrenzt, um sie vor dem
Wind zu schützen und den nächtlichen Tau zu sammeln. Die besten Weine
entstehen aus bis zu hundert Jahre alten Rebstöcken. Das bekannteste, bereits
im Jahre 1775 gegründete Weingut ist die Bodega „El Grifo“, die ein eigenes,
sehenswertes Weinmuseum betreibt und berühmt für ihre lieblichen MalvasiaWeine ist.
Mexiko
Wein gibt es in Mexiko länger als in jedem anderen Land auf dem
amerikanischen Kontinent. Die spanischen Konquistadoren unter Hernando
Cortez pflanzten im Jahre 1522 im Bundesstaat Coahuila in der Nähe von
Parras Reben der mitgebrachten roten Sorte Mission (heute Criolla) für den
Messwein. Cortez erließ die makabre Erlaubnis, für jeweils hundert tote
Indianer tausend Rebstöcke zu pflanzen. Es wird vermutet, dass die
mitgebrachten Reben schon damals auf einheimische Wurzelstöcke
aufgepfropft wurden, denn Probleme mit der Reblaus gibt es bis heute nicht.
Von Mexiko aus begann sich der Weinanbau auf dem ganzen Amerikanischen
Kontinent auszubreiten. Das wichtigste Anbaugebiet ist Baja California im
Norden an der Grenze zu Kalifornien, wo der spanische Betrieb Domecq seinen
Brandy „Presidente“ herstellt.