Biografie und Werkbeschrieb Michel Fingesten
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Biografie und Werkbeschrieb Michel Fingesten
Erinnern – Gedenken Eine Ausstellung auf Leben und Tod Michel Fingesten Biografie und Werkbeschrieb Michel Fingesten ist 1884 in Buczkowitz in Österr. Schlesien geboren. Er besucht die Wiener und die Münchner Akademie und beginnt nach ersten Aufträgen für die satirische Zeitschrift „Der liebe Augustin“ ein abenteuerliches Wanderleben, das ihn nach Amerika, Australien und Ostasien führt. Ab 1913 ist er in Berlin Mitglied der Neuen Secession. Er wendet sich hauptsächlich der Druckgrafik zu. Es entstehen Mappenwerke und Exlibris. Mit dem Erstarken des Faschismus bekennt er sich zu den „Entarteten“. 1935 übersiedelt er nach Mailand. Ab 1940 wird er seiner jüdischen Abstammung wegen in süditalienischen Lagern interniert, wo er 1943 nach einem chirurgischen Eingriff stirbt. Virtuoser Zeichner Michel Fingesten schuf für seine Zeitgenossen, darunter Richard Strauss, Rainer Maria Rilke, Igor Strawinski, Bernhard Shaw und Luigi Pirandello, rund achthundert Exlibris, die meisten davon als Radierungen. Diese Kleingrafiken dienten zur Kennzeichnung der Bücher des Auftraggebers. Sie waren mit dem Namen des Besitzers und mit einem auf ihn abgestimmten Sujet versehen. Sein Sohn Peter würdigte Fingesten folgendermassen: „Michel Fingesten entwickelte einen komplexen, sehr persönlichen Symbolismus … Das Erotische und Sarkastische, das Melancholisch-Musikalische und reine einfache Formen verraten den Virtuosen, der jede künstlerische Aufgabe, die sich ihm stellt, mit absoluter Freizügigkeit behandelt.“ Michel Fingestens bevorzugtes Motiv war der Tod. Ihn stellte er als Schädel oder in personifizierter Form als Kontrapunkt zum prallen Leben, das häufig durch weibliche Akte verkörpert wurde, immer wieder dar. Es entstanden Grafikfolgen wie der Totentanz in dreizehn Blättern „Essai de Danse macabre“, der 1938 in Mailand erschien und 1939 in Antwerpen ausgestellt wurde. Die höchst seltene Ausgabe im Besitz von Josef Burch ist mit skizzenhaften Darstellungen auf den Randleisten, sogenannten Remarquen versehen. Urs Sibler 2010