Gift in Baby- und Kinderprodukten

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Gift in Baby- und Kinderprodukten
FACTS_CHEMIE
Gift in Baby- und
Kinderprodukten
Risiko-Chemikalien in Puppen, Wickelauflagen und
Regenschutzhauben
Testprodukte und Testumfang
Ende September 2005 hat Greenpeace sieben Baby- und Kinderprodukte gekauft und diese für eine
Analyse auf Risiko-Chemikalien an ein unabhängiges Speziallabor in den Niederlanden übergeben.
Bei den Produkten handelte es sich um drei Puppen, ein Quietschtier, einen Hüpfball, eine
Wickelauflage sowie einen Regenschutz für Kinderwägen. Alle Produkte bestehen zumindest
teilweise aus dem Umweltgift PVC. Das Labor wurde beauftragt, nach folgenden bedenklichen
Chemikalien zu suchen: Phthalate (Weichmacher), Nonylphenol und Bisphenol-A (beide
Antioxidantien), bromierte Flammschutzmittel, Blei (Stabilisator) und Cadmium (Farbstoff
und/oder Stabilisator).
Zusammenfassung der Ergebnisse: Giftkonzentration bis 70% in Babyprodukten
Die Ergebnisse waren schockierend. Fünf Produkte enthielten mehr als 10% Phthalat-Weichmacher.
Besonders ärgerlich: Diese Produkte enthalten die Phthalate DINP und DEHP, die bereits von der
EU aufgrund ihrer fortpflanzungsgefährdenden Eigenschaften für bestimmte Kinderprodukte
verboten worden sind. Puppen, Wickelauflagen, Hüpfbälle oder Regenschutzhauben fallen jedoch
nicht unter dieses Verbot, weil dieses nur für Produkte gilt, die bei „bestimmungsgemäßer
Verwendung in den Mund genommen werden“, also nur für Beißringe, Quietschtiere und ähnliches.
Manche Hersteller versuchen, das EU-weite Verbot zu umgehen, indem sie Produkte mit der
Aufschrift „Nicht geeignet für Kinder unter 3 Jahren“ verkaufen, obwohl diese üblicherweise auch
in die Hände der ganz Kleinen geraten.
Den Weichmacher-Rekordwert erreichte der Hüpfball mit ca. 70% Phthalaten, doch auch die
Wickelauflage, die Kinderwagen-Regenhaube und zwei Puppen waren sehr stark belastet.
Alle sieben Produkte enthalten hohe Mengen des Hormongifts Nonylphenol, vier Produkte
enthalten sogar das aufgrund seiner fortpflanzungsgefährdenden Eigenschaften längst in Verruf
geratene Bisphenol-A.
In einer Disney-Puppe wurde nervenschädigendes Blei gefunden, im Hüpfball krebserregendes
Cadmium. Cadmium ist in Österreich bereits seit 1993 verboten.
Nur die Flammschutzmittel konnten nur in einem Produkt in relativ geringer Konzentration
nachgewiesen werden.
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Ergebnisse im Detail:
Produkt
gekauft
bei:
DINP
DEHP
mg/kg
82000
2200
mg/kg
72000
14
BisNonylphenol-A phenol
mg/kg
mg/kg
37
490
0,3
1200
Wickelauflage
Leiner
Zapf Puppe
Interspar
„Baby Chou
Chou“
Puppe “Emily
Gerngross 320000 1,9
0,5
Erdbeer”
Puppe “Disney
Gerngross 360000 1100
92
Princess”
Hüpfball
Toys´R´Us 700000 38000 200
Schnappi, das
Interspar
1800
610
2
kleine Krokodil
(Simba)
Regenschutz für Lutz
1500
110000 190
Kinderwägen
n.n.: nicht nachweisbar
Fettgedruckte Werte sind die besonders besorgniserregenden.
Blei
Cadmium
mg/kg
mg/kg
n.n.
n.n.
n.n.
n.n.
580
n.n.
n.n.
460
46
n.n.
710
1500
n.n.
n.n.
2,9
n.n.
480
n.n.
n.n.
Informationen zu den Schadstoffen:
1) Phthalate
Phthalate werden in großen Mengen hergestellt, in der EU beträgt das Marktvolumen
ca. eine Million Tonnen. Die Hauptmenge der Phthalate wird als Weichmacher in PVC
eingesetzt, das ohne diesen Zusatz hart und spröde ist. Der Gehalt in Weich-PVC ist
durchschnittlich 30% und kann bis zu 70% betragen. Phthalate können sich aus den
Produkten lösen, weltweit sind Böden, Flüsse, Meere, Niederschläge und Luft mit diesen
Stoffen belastet1,2.
Der menschliche Körper kann Phthalate durch die Atemluft, aus der Nahrung und über die
Haut aufnehmen. Kinder sind oft noch stärker mit diesen Stoffen belastet als Erwachsene.
Phthalate können bei längeren Belastungen Gesundheitsschäden z.B. an Leber und Nieren
verursachen. Fast alle Phthalate stehen im Verdacht, hormon-ähnliche Wirkungen zu
haben, einige sind in der EU als fortpflanzungsgefährdend eingestuft.
Aufgrund dieser Probleme wurde die Verwendung von DEHP, DINP, DOP, DIDP, BBP
und DBP in Spielzeug für Kinder unter 3 Jahren in der EU verboten3.
DEHP (Diethylhexylphthalat) wird in PVC, anderen Kunststoffen und Gummi
verwendet, ist aber auch z.B. in Parfums enthalten.
Es gibt Hinweise darauf, dass DEHP-hältiger Staub aus PVC-Bodenbelägen die Bronchien
von Kindern schädigen kann4. Wiederholter Hautkontakt kann Dermatitis hervorrufen5.
DEHP ist fortpflanzungsgefährdend (EU Kategorie 2), muss als ‚giftig’ gekennzeichnet
werden und kann das Kind im Mutterleib schädigen. Seit 1. 4. 2005 darf DEHP EU-weit
nicht mehr in Kosmetika enthalten sein.
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DINP (Diisononylphthalat) wird eingesetzt in PVC, Gummi, Tinten, Dispersionsfarben,
etc. DINP hat schwach hormonelle Eigenschaften6, 7 ist fortpflanzungsschädigend und
tumorbildend im Tierversuch8.
2) Alkylphenole
Alkylphenole werden regelmäßig in Flüssen, Seen und im Meerwasser nachgewiesen,
ebenso wie in Klärschlamm, der oft auf Felder ausgebracht wird. Auch in Hausstaub9
und Regenwasser10 wurden sie nachgewiesen.
BPA (Bisphenol-A ) zählt zu den weltweit meistverwendeten Chemikalien11, es wird in
der Kunststoffproduktion z.B. für Polycarbonate und als Antioxidans und für Epoxidharze
verwendet12. Es steckt in unterschiedlichsten Produkten wie CDs und Baby-Trinkflaschen,
in Handys und Lebensmittel-Verpackungen, u.v.a.m.
BPA wurde von der EU als reproduktions-toxisch eingestuft, seine Abbauprodukte haben
östrogenartige Auswirkungen. Aktuelle Forschungsberichte beschreiben nicht nur Veränderungen bei Fischen und Säugetieren, sondern auch Störungen des menschlichen
Immunsystems, der Fortpflanzungsfähigkeit und der enzymatischen Abläufe1.
NP (Nonylphenol-Ethoxylate) werden als Antioxidantien in Kunststoffen und in
Reinigungsmitteln verwendet. Auch in Textil- und Teppichreinigern, in Körperpflegeprodukten, Klebstoffen, Lösungsmitteln und Pestiziden findet sich diese Stoffgruppe.
NP haben hormonelle Wirkungen und sind gewässergiftig. Sie reichern sich in der
Nahrungskette an.
Alkylphenole wurden in der Plazenta und in Nabelschur-Blut gefunden13, und Nonylphenol in Muttermilch nachgewiesen14. Es wurden DNA-Schädigungen beim Menschen
festgestellt15.
3) Schwermetalle
Blei kann neben anderen Anwendungen als Stabilisator in PVC eingesetzt werden.
Auch kleinste Mengen Blei - über einen längeren Zeitraum aufgenommen - werden im
Körper gespeichert und erzeugen eine chronische Vergiftung, die sich in Kopfschmerzen,
Müdigkeit, Abmagerung und Defekten der Blutbildung, des Nervensystems und der
Muskulatur zeigt.
Als Folgewirkung beschrieben werden z.B. Nierenschäden, Fehl- und Frühgeburten,
verminderte Fruchtbarkeit bei Männern durch Schädigung der Spermien und verminderte
Lernfähigkeit und Verhaltensstörungen bei Kindern (Hyperaktivität usw.).
Cadmium wird als Stabilisator in Kunststoffen (z.B. PVC) und in Farben eingesetzt.
Cadmium und seine Verbindungen sind hochgiftig und vermutlich krebserregend.
Cadmiumhaltiger Staub führt zu Schäden an Lunge, Leber und Niere; es kann aber auch
wie ein Schwangerschaftshormon wirken. Cadmium ist in Österreich seit 1993 verboten.
Die Lösung liegt in Händen der Minister Pröll und Bartenstein
Gift in Babyprodukten ist eine Folge des Versagens der Chemiepolitik. Voraussichtlich Ende
Dezember 2005 werden beim EU-Ministerrat wichtige Entscheidungen im Rahmen der gerade
laufenden Reform der Chemiepolitik fallen.
Vor allem Umweltminister Pröll muss Stärke zeigen und sich dafür einsetzen, dass RisikoChemikalien in Zukunft EU-weit generell verboten werden, und zwar nicht nur in Beißringen
und Quietschtieren, sondern in alle Produkten.
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Wenn Minister Pröll „umfällt“, dann wird sich die mächtige Chemie-Industrie durchsetzen und
weiterhin Europa mit gefährlichen Chemikalien vergiften! Es kann nicht sein, dass Chemikalien, die
bekanntermaßen gefährliche Eigenschaften haben, trotzdem in alltäglichen Produkten und sogar in
Babyprodukten eingesetzt werden dürfen.
Was können die KonsumentInnen tun?
Fordern Sie von den Ministern Pröll und Bartenstein und Bundeskanzler Schüssel ein konsequentes
Eintreten für weniger Risiko-Chemikalien in Europa.
Protestpostkarten finden Sie auf www.greenpeace.at oder Sie können sie telefonisch unter
01/5454580 bestellen.
Achten Sie beim Einkauf von Kinderprodukten darauf, keine PVC-Produkte zu wählen. Leider
müssen diese nicht gekennzeichnet werden. Gut geschultes Verkaufspersonal kann Ihnen jedoch
sicherlich weiterhelfen.
Informationen im Internet: http://marktcheck.greenpeace.at/babyprodukte.html
November 2005
Literatur
1
Chemie außer Kontrolle, Das systematische Versagen der EU Chemikalienpolitik in den letzten 20 Jahren, Greenpeace
Hamburg 2002
2
Sattelberger R., HORMONELL WIRKSAME SUBSTANZEN IN DER AQUATISCHEN UMWELT – ANALYTISCHE
ERGEBNISSE UND ÜBERBLICK, Umweltbundesamt, MONOGRAPHIEN, Band 161 M-161, Wien, 2002,
http://www.umweltbundesamt.at/fileadmin/site/publikationen/M161.pdf
3
2004/178/EC, COMMISSION DECISION of 20 February 2004, amending Decision 1999/815/EC concerning
measures prohibiting the placing on the market of toys and childcare
4
Risikobewertung DEHP
http://europa.eu.int/comm/health/ph_risk/committees/sct/documents/out141_en.pdf
5
International Chemical Safety Card : WHO, IPCS, ILO, EU,
http://www.cdc.gov/niosh/ipcsngrm/ngrm0271.html
6
Risikobewertung DINP
http://ecb.jrc.it/DOCUMENTS/Existing-Chemicals/RISK_ASSESSMENT/DRAFT/R046_0105_env_hh.pdf
7
Catherine A. Harris, Pirkko Henttu, Malcolm G. Parker and John P. Sumpter, The Estrogenic Activity of Phthalate
Esters In Vitro, Environ Health Perspect 105:802-811 (1997).
http://ehp.niehs.nih.gov/docs/1997/105-8/harris.html
8
The Registry of Toxic Effects of Chemical Substances, 1,2 - Benzenedicarboxylic acid, diisononyl ester, RTECS #:
CZ3850000, CAS #: 28553-12-0, update August 2004
http://www.cdc.gov/niosh/rtecs/cz3abf10.html
9
Santillo D, Labunska I, Davidson H, Johnston P, Strutt M, O Knowles (2003). Consuming Chemicals – Hazardous
chemicals in house dust as an indicator of chemical exposure in the home. Greenpeace Research Laboratories Technical
Note 01/2003. [http://www.greenpeace.to/publications_pdf/housedust_uk_2003.pdf]
10
Peters RJB (2003). Hazardous chemicals in precipitation. TNO report R2003/19.
[http://www.greenpeace.org/raw/content/international/press/reports/hazardous-chemicals-in-precipi.pdf]
11
vom Saal FS, Hughes C (2005). An extensive new literature concerning low-dose effects of bisphenol a shows the
need for a new risk assessment. Environ Health Perspect - online 13 April 2005.
12
Bisphenol A Global Industry Group: http://www.bisphenol-a.org/about/faq.html
13
Takada H, Isobe T, Nakada N, Nishiyama H, Iguchi T, Irie H, Mori C (1999). Bisphenol-A and nonylphenols in
human umbilical cords. Proceedings of the International Scientific Conference on Environmental Endocrine Disrupting
Chemicals, Switzerland, March 7–12, 1999.
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14
Guenther K, Heinke V, Thiele B, Kleist E, Prast H, Raecker T (2002). Endocrine disrupting nonylphenols are
ubiquitous in food. Environ Sci Technol;36(8):1676-1680.
15
Harreus UA, Wallner BC, Kastenbauer ER, Kleinsasser NH (2002). Genotoxicity
and cytotoxicity of 4-nonylphenol ethoxylate on lymphocytes as assessed by the COMET assay. International Journal of
Environmental Analytical Chemistry;82(6):395-401.
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