sur la terre - Felipa de Almeida
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sur la terre - Felipa de Almeida
20 design sur la terre Text Felipa de Almeida The Instant Decorator (Lavender Bathroom), 2004, Flex Print, 76,2 x 96,5 cm The Long House (Red Bathroom/Blue Figure), 2004, Cibachrome Print, 121,9 x 149,9 cm Fotos Courtesy Sperone Westwater, New York 21 design design sur la terre Spiel und Manipulation Die Inszenierungen der Laurie Simmons Laurie Simmons, geboren 1949 in Long Island, New York, lebt und arbeitet in New York. Sie wird durch die Galerie Sperone Westwater in New York repräsentiert, die ihre Arbeiten vom 27. April bis zum 30. Juni 2006 ausgestellt hat. Ihr neuestes Werk, der Film «Music of Regret» wurde vom 24. bis 29. Mai 2006 im Museum of Modern Art (MOMA) in New York vorgestellt. Ihre Werke gehören zu den ständigen Sammlungen zahlreicher internationaler Museen wie beispielsweise dem Metropolitan Museum of Art in New York, dem MOMA, dem Stedelijk Museum in Amsterdam, dem Hara Museum in Tokio, dem Whitney Museum in New York oder der Ellipse Foundation in Lissabon. Laurie Simmons, 2004 © Sarah Charlesworth Seit Mitte der siebziger Jahre inszeniert und fotografiert die amerikanische Künstlerin Laurie Simmons Spielzeuge, Puppen, Miniaturhäuser oder auch Marionetten und verleiht ihnen die Rolle von Akteuren einer Mikrogesellschaft. Ihre Bilder und Szenarien stellen eine sehr enge Verbindung zur kindlichen Vorstellungskraft und zu Kindheitserinnerungen her. Ende der achtziger Jahre wählte sie alltägliche Gebrauchsobjekte wie beispielsweise ein Haus, eine Taschenuhr, einen Kuchen oder eine Kamera und verband diese mit Teilen des weiblichen Körpers, wodurch sie eine vermenschlichte, zuweilen unangenehme Erscheinung annahmen. In ihrer Serie «The Music of Regret», die im Jahre 1994 entstand, arbeitete Laurie Simmons mit Kindheitsfiguren, den Bauchrednerpuppen. Diese von ihr fotografierten Holzpuppen besitzen einen eigenartigen Charakter und die Inszenierung sowie die Beleuchtung lassen sie seltsam und manchmal beängstigend wirken. Zusammen mit dem Architekten Peter Wheelwright hat sie im Jahre 2001 ausserdem das «Kaleidoscope House» erschaffen, ein modernes Puppenhaus mit insgesamt fünf Bausätzen, die aus einem Salon, einem Essund einem Schlafzimmer sowie aus zwei Kunstsammlungen bestehen. Die Figuren, die dieses Haus bewohnen, stellen Laurie Simmons, Peter Wheelwright und ihre zwei Kinder dar. Sie nehmen Platz auf einem Sessel von Ron Arad, essen an einem Tisch von Karim Rashid, legen sich auf ein Sofa von Jasper Morrisson und betrachten ein Foto von Barbara Kruger oder ein Ensemble von fünf Skulpturen des Künstlers Allan McCollum. Alle diese Objekte sind im Massstab 1:12 nachgebaut. Im Jahre 2004 entstand die Serie «The Instant Decorator», bei der sich Laurie Simmons von einem Handbuch für Inneneinrichtung aus den siebziger Jahren inspirieren liess, auf dessen Grundlage sie Arrangements von Collagen entwickelte, welche aus Bildern bestanden, die sie aus Zeitschriften, Sex-Handbüchern oder Comics ausschnitt. Das Ganze fotografierte sie schliesslich. Sur La Terre hat diese faszinierende Künstlerin getroffen und sie stellt uns vor allem ihre neuste Arbeit vor, den Film «The Music of Regret». Sur La Terre: Wie hat sich Ihr Interesse für Miniaturdarstellungen entwickelt? Laurie Simmons: Miniaturwelten wie Puppenhäuser können als Mikrokosmos der realen Welt agieren: ein Ort, an dem die Fantasien und Sehnsüchte in einem anderen Massstab spielerisch ausgelebt werden können. Der psychologische Transfer zwischen dem Kleinen und dem Grossen stellt einen konzeptuellen Raum dar, der mich sehr interessiert. S.L.T: Ahmt Ihre Arbeit das reale Leben nach? L.S: Ich kopiere nicht das wahre Leben. Die Idee des Nachahmens interessiert mich nicht, selbst wenn meine Szenarien letztendlich auf einer Übertragung des realen Lebens beruhen, die im Wesentlichen in unserem Gedächtnis stattfindet. Wirklich zutreffend ist, dass meine Inszenierungen bestimmte Aspekte einer charakteristischen Emotion oder einer besonderen Geistesverfassung hervorrufen können. S.L.T: Ihre Arbeit «Magnum Opus» stellt Objekte wie zum Beispiel eine Kamera, ein Haus 22 design sur la terre Meine Inszenierungen können bestimmte Aspekte einer charakteristischen Emotion oder einer besonderen Geistesverfassung hervorrufen. Purple Woman/Kitchen/Corner, 1979, Cibachrome, 8,9 x 12,7 cm The Long House (Pink Bedroom), 2004, Cibachrome, 121,9 x 152,1 cm oder eine Uhr mit Beinen dar. Ist das ein Kindheitstraum von Ihnen? L.S: Nein, die Anthropomorphisierung* von unbelebten Objekten ist ein natürlicher Drang des Menschen, der wahrscheinlich während der Kindheit aufkommt, da in dieser Zeit die Fantasie viel aktiver und weniger gehemmt ist. Die von mir gewählten Objekte, wie die Kamera, die Taschenuhr oder das Haus weisen einen wichtigen Bezug zum Menschen auf: die Kamera und das Auge, die Uhr und das Gedächtnis, das Haus und die Psyche. sichtlich. Selbst wenn die Lichtverhältnisse meiner Fotografien versuchen, real zu erscheinen, so offenbaren sie dennoch die Künstlichkeit des Cinemascope oder des Technicolor wie in den Filmen des Cineasten Douglas Sirk. Dies ist vor allem den beschränkten technischen Möglichkeiten meiner Arbeit geschuldet, also der Arbeit im Studio ohne grosse technische Hilfsmittel mit Theaterbeleuchtung und Farbfiltern aus Gelatinefolie. Als ich mich entschlossen habe, einen Film zu machen, bat ich deshalb auch Ed Lachman, mein Kinematograph zu sein. Er hat den Film «Far From Heaven» (Dem Himmel so fern) von Todd Haynes gedreht, der ein grossartiges Remake des Films «All That Heaven Allows» (Was der Himmel erlaubt) von Douglas Sirk war. S.L.T: Wie ist Ihr Haus gegenwärtig eingerichtet? Könnte es Sie noch für eines Ihrer Werke inspirieren? L.S: Die Einrichtung bei mir zu Hause ist sehr minimalistisch. Ich sammle jedoch ständig Glas, Lampen und andere kleine Objekte oder Skulpturen, die ich visuell interessant finde. Ich mag vor allem funktionale Objekte aus Keramik. Ich bin eine Künstlerin, die mit einem Künstler verheiratet ist, und wir beide besitzen eine enorme Sammlung unserer eigenen Werke. Ich versuche, mein Leben und meinen Platz nicht von den Puppen, Figuren, dem Mobiliar, der Tapete und den Puppenhäusern einnehmen zu lassen. Das Gleiche gilt für die Zeitschriften und Comics, obwohl ich wirklich extrem viele Zeitschriften lese (bisweilen auf Kosten von Büchern, was ich sehr bedaure). Ich habe sämtliche Modezeitschriften aufbewahrt, die ich im Alter von 16 Jahren gelesen habe, und sie haben mir zwei Figuren für meine neueren Bilderserien wie «The Instant Decorator» und «The Long House» (genauer die «Slumber Party» (Frauenabend) geliefert. S.L.T: Hat Sie das Kino inspiriert? L.S: Ich denke, der Einfluss des Kinos ist in meinen Fotografien offen- S.L.T: Was hat Sie dazu bewegt, sich selbst in Ihre Arbeit einzubeziehen? *Anthropomorphisierung: das Übertragen eines menschlichen Aspektes oder Verhaltens auf ein Tier oder eine Sache. L.S: Als ich 1993 den Entschluss fasste, eine weibliche Ankleidepuppe aus Holz für die Serie «The Music of Regret» zu entwerfen, wollte ich diese Rolle unbedingt für mich in Anspruch nehmen. Mir gefiel die Idee, meine eigene Inspiration oder Muse zu sein. Ich habe also einen Hersteller von Schaufensterfiguren gebeten, eine Puppe mit meinem Abbild anzufertigen. Diese Foto-Serie ist die Grundlage für den zweiten Akt meines Films «The Music of Regret» geworden. Die weibliche Rolle habe ich Meryl Streep gegeben. Wir ähneln uns nicht und sie hat blaue Augen, deshalb beschloss ich, als sie die Rolle zugesagt hatte, dass die Puppe blaue Augen bekommen sollte. Ich habe die Figur also nicht mehr so sehr als ein Selbstportrait gesehen, sondern eher als ein neues hybrides Wesen, dass von Meryl verkörpert wird. Trotz allem erkenne ich, wenn ich den Film ansehe, Aspekte von mir, mit 23 design sur la terre Ich versuche, mein Leben und meinen Platz nicht von den Puppen, Figuren, dem Mobiliar, der Tapete und den Puppenhäusern einnehmen zu lassen. denen Meryl möglicherweise gespielt hat. Literatur: Laurie Simmons: Walking, Talking, Lying Laurie Simmons, Aperture, 2005 S.L.T: Ihr Film ist im Kasten, arbeiten Sie bereits an neuen Projekten? L.S: Nein. Nach einem Film braucht man, denke ich, eine Pause, um seine Batterien wieder aufzuladen. Filme sind wie starke Drogen. Wenn man dabei ist, einen zu drehen, ist man völlig abhängig. Zur Zeit gilt es, sich zu entwöhnen. In and Around the House: Photographs 1976-78 Laurie Simmons, Carolina Nitsch, and Carol Squiers, Hatje Cantz, 2003 Laurie Simmons Photographs 1978/79 by Laurie Simmons and Collier Schorr, Skarstedt Fine Art, 2003 Weitere Informationen zur Arbeit von Laurie Simmons unter: www.speronewestwater.com Laurie Simmons the Music of Regret: The Music of Regret by Jan Howard, Laurie Simmons, Baltimore Museum of Art, 1997 The Music of Regret (Meryl), 2006, Flex Print, 101,6 x 101,6 cm Walking Gun/The Music of Regret, 2006, Gelatin Silver Print, 213,4 x 121 cm The Instant Decorator (Wood Paneled Den), 2001, Flex Print, 76,2 x 99,7 cm