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Pressemitteilung
Frankfurt am Main
27.03.2015
LECTURE & FILM: PIER PAOLO PASOLINI
Zwei Vorträge zu Filmen Pasolinis und begleitende Filmreihe mit Werken von
Sergej Eisenstein, Kenji Mizoguchi und Carl Theodor Dreyer
Mittwoch, 1. April, bis Donnerstag, 30. April
Stadtführung Frankfurter Kinogeschichte
Dienstag, 31. März, 18:30 Uhr
LECTURE & FILM: PIER PAOLO PASOLINI
Zwei Vorträge und begleitende Filmreihe
Sexualität, Spiritualität, Macht: Pier Paolo Pasolini hielt sich nicht mit
oberflächlichem Geplänkel auf, sondern stach mit seinen Filmen, Büchern,
Gedichten und Essays mitten hinein ins Wespennest der politischen und
gesellschaftlichen Missstände im Italien der 1960er und 70er-Jahre. Sein
Unmut richtete sich insbesondere gegen die fehlende Aufarbeitung des
Faschismus, die sozialen Verwerfungen im Subproletariat und die Arroganz
des Bürgertums. Viele seiner Werke lösten Skandale aus, und immer wieder
musste Pasolini seine Kunst vor Gericht verteidigen. Werke, die sich mit den
Themen des Regisseurs beschäftigen, begleiten die Vorträge internationaler
Experten. Im April stehen Pasolinis Idole im Mittelpunkt: Sergej Eisenstein,
Carl Theodor Dreyer und Kenji Mizoguchi.
DAS BLINDE SEHEN:
SEHEN: GESCHICHTE UND MYTHOS IN EDIPO RE
Lecture von Regine Prange
Donnerstag, 16. April, 20:15 Uhr
Pier Paolo Pasolini war von der Figur des Jesus Christus ebenso fasziniert
wie von Ödipus, dessen freudianische Deutung er im Prolog zu EDIPO RE
(IT/MA 1967) entfaltete. Beide Figuren – Christus und Ödipus – sind
verbunden durch das Motiv des sühnenden Selbstopfers. An der ÖdipusSage faszinierte Pasolini besonders die Unwissenheit des Helden, die seiner
Handlungsweise eine gewisse Unschuld verleiht. Durch den Versuch, seinem
Schicksal zu entkommen, sorgt Ödipus für die Erfüllung der Prophezeiung.
Pasolinis mythische Filmerzählung EDIPO RE markiert von Anfang an die
‚blinden‘ Momente, in denen sich die Tragödie ankündigt und vollzieht. Sie
wird dabei auch als ein Bild für die Geschichte der modernen Zivilisation
lesbar, welche der Erlösung bedarf. Nach Pasolinis Auslegung transformiert
die Selbst-Blendung des „christomorphen Ödipus“ (Franco Citti) seine
unwissende Blindheit in ein nunmehr erkennendes ‚blindes Sehen‘. Und
zwar nach dem Vorbild des Teiresias – ein Sehen, das sich
der Führung des Volkes überlässt. Es beschreibt
gleichzeitig die Rolle Pasolinis als eines Intellektuellen, dem
im
zeitgenössischen
Italien
eine
Außenseiterrolle
zugewiesen wird.
Regine Prange
Pr ange ist Professorin für Neuere und Neueste
Kunstgeschichte, Kunst- und Medientheorie an der GoetheUniversität Frankfurt.
Deutsches Filminstitut
Deutsches Filmmuseum
Schaumainkai 41
60596 Frankfurt am Main
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Leitung: Frauke Haß
Tel. 069 961 220-222
Fax 069 961 220-579
presse@deutsches-filminstitut.de
info@deutsches-filminstitut.de
www.deutsches-filminstitut.de
www.deutsches-filmmuseum.de
Die Reihe organisieren das
Institut für Theater-, Filmund
Medienwissenschaft,
das
Institut
für
Kunstgeschichte und das
Institut
für
Romanische
Sprachen und Literaturen
der
Goethe-Universität
gemeinsam mit dem Kino
des
Deutschen
Filmmuseums im Netzwerk
der Hessischen Film- und
Medienakademie.
Filmbeginn: ca. 21:15 Uhr
EDIPO RE Edipo Re – Bett der Gewalt
Italien/Marokko 1967. R: Pier Paolo Pasolini
D: Silvana Mangano, Franco Citti, Alida Valli. 104 Min. 35mm. OmeU
Laios und Iokaste, die Herrscher von Theben, erfahren durch ein Orakel, dass
ihr Sohn den Vater umbringen und die Mutter heiraten wird. Sie beauftragen
einen Diener, ihren Sohn Ödipus zu töten. Doch der Diener setzt das Kind in
den Bergen bei Korinth aus. Dort findet es ein Bauer, der es König Kreon
übergibt. Als Ödipus erwachsen ist, erfährt er vom Orakel des Apollon die
grauenvolle Weissagung. Das Schicksal nimmt seinen Lauf. Pasolini
bezeichnete EDIPO RE als seinen autobiografischsten Film, da die
Ödipusfigur darin dem Vatermord näher steht als dem Inzest.
EDIPO RE
Donnerstag, 16. April, 20:15 Uhr
PPP & MGM. GENRE UND SERIALITÄT BEI PASOLINI AM BEISPIEL DES
DECAMERONE UND DER „TRILOGIE DES LEBENS“
Lecture von Bernhard Groß
Donnerstag, 30. April, 20:15 Uhr
Pier Paolo Pasolini gilt als einer der einflussreichsten Filmemacher des
Autorenkinos in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts; nicht
zuletzt, weil er wie kaum ein anderer in seiner Arbeit die Bedeutung des
Kinematographischen für die anderen Künste, für Theorie und Gesellschaft
einsichtig gemacht hat. Der Versuch, die Arbeit Pasolinis auch auf ihren
Bezug zum Genrekino zu befragen, verspricht weitreichende Erkenntnisse.
Nach IL VANGELO SECONDO MATTEO arbeitete Pasolini für seine „Trilogie
des Lebens“ erstmals wieder mit „fremden Drehbüchern“. Diese Vorlagen
zeichnen sich dadurch aus, dass sie stark durch
Wiederholungen und Variationen geprägt sind. Inwieweit
formt Pasolini daraus kinematographische Elemente, die
Rhetoriken des Genrekinos entsprechen?
Bernhard Groß,
Groß Professor für Medienwissenschaft an
der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig, ist
Autor des Buches Figurationen des Sprechens. Pier Paolo
Pasolini (2008).
Filmbeginn: ca. 21:15 Uhr
IL DECAMERON Decameron
Italien/Frankreich/BRD 1971. R: Pier Paolo Pasolini
D: Franco Citti, Ninetto Davoli. 112 Min. 35mm. OmeU
IL DECAMERON erzählt neun Novellen des Boccaccio: Den Leitfaden im
ersten Teil bildet die Geschichte des Ser Cepperello, der beim Beichten den
Priester belügt und sich in einen Heiligen verwandelt. Der Fresken- Maler
Andreuccio wird von einem Mädchen ausgeraubt und erleichtert die Leiche
eines Bischofs um seine Juwelen. Masetto gibt sich taubstumm, wird in ein
Nonnenkloster aufgenommen und lässt sich dort bis zur Erschöpfung
verführen. Ein Film „mitten hinein ins volle, pralle Leben“, urteilte
Fassbinder-Schauspieler Harry Baer nach der Premiere auf der Berlinale
1971, bei der Pasolini mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet wurde.
IL DECAMREON
Donnerstag, 30. April, 20:15 Uhr
2/4
Begleitende Filmreihe zu den Lectures
Mittwoch, 1. April, 18 Uhr
Samstag, 4. April, 18 Uhr
BRONENOSEC POTËMKIN Panzerkreuzer Potemkin
UdSSR 1925. R: Sergej M. Eisenstein
D: Aleksandr Antonov, Vladimir Barskij. 70 Min. DCP
Restaurierte „Berliner Fassung“, Musikfassung. Mit dt/russ. ZT
Odessa 1905: Die Matrosen des russischen Kriegsschiffs Potemkin beginnen
zu meutern, weil sie faules Fleisch essen sollen. Als der Kapitän einige
erschießen lässt, bringen die Matrosen das Schiff in ihre Gewalt, und die
Bewohner der Stadt solidarisieren sich mit ihnen. Doch dann kommt es auf
der Hafentreppe zur blutigen Auseinandersetzung mit der Armee des Zaren.
Durch seine revolutionäre Montagetechnik in BRONENOSETS POTYOMKIN
erlangte der Regisseur und Filmtheoretiker Sergei M. Eisenstein Weltruhm.
Mittwoch, 1. April, 18 Uhr
Samstag, 4. April, 18 Uhr
Mittwoch, 8. April, 18 Uhr
Samstag, 11.April, 18 Uhr
DIE GEZEICHNETEN
Deutschland 1922. R: Carl Theodor Dreyer. D: Elisabeth Pinajeff, Adele
Reuter-Eichberg. 105 Min. DCP. Musikfassung. Mit dt/russ. ZT
Russland Anfang des 20. Jahrhunderts: Aufgrund antisemitischer
Anfeindungen verlässt die junge Jüdin Hanne-Liebe Segal ihr Heimatdorf
und reist zu ihrem Bruder Jakow nach St. Petersburg. Da er zum Christentum
konvertiert ist, kann Jakow als Anwalt praktizieren. Hanne-Liebe trifft auf eine
revolutionäre Gruppe, der auch Rylowitsch angehört, der als Wandermönch
antisemitische Hetze betreibt. In Hanne-Liebes Heimatdorf löst Rylowitsch
ein Pogrom gegen die jüdische Bevölkerung aus. DIE GEZEICHNETEN
entstand als erster Film Carl Theodor Dreyers außerhalb Dänemarks, in einer
nachgebauten Filmstadt in Groß-Lichterfelde nahe Berlin.
Mittwoch, 22. April, 18 Uhr
SANSHŌ DAYŪ Sansho Dayu – Ein Leben ohne Freiheit
Japan 1954. R: Kenji Mizoguchi. D: Kinuyo Tanaka, Yoshiaki Hanayagi, Kyōka
Kagawa. 124 Min. Blu-Ray. OmeU
Im japanischen Kaiserreich des 11. Jahrhunderts wird der Statthalter wegen
seiner sozialen Politik und der Auflehnung gegen den Feudalherrn ins Exil
verbannt. Seine Ehefrau wird zur Prostitution gezwungen, die Kinder werden
als Sklaven verkauft. Als sie erwachsen sind, gelingt dem Sohn die Flucht
und er macht sich auf den Weg, die Rätsel seiner Vergangenheit zu lösen.
„Ein Meisterwerk von Mizoguchi, das Bilddichtung mit kraftvoller Darstellung
vereint und von der Überzeugung beseelt ist, daß der Mensch nur durch
Mitleid und Barmherzigkeit bestehen kann“, urteilt das Lexikon des
Internationalen Films.
SANSHŌ DAYŪ
Mittwoch, 22. April, 18 Uhr
3/4
Stadtführung Frankfurter Kinogeschichte
Dienstag, 31. März, 18:30 Uhr
Wo heute Bücher und Burger verkauft werden (in einem in München
beheimateten Bücherkaufhaus und einer US-Burgerbraterei an der
Hauptwache), erhellten einst die Leuchtreklamen prächtiger Kinopaläste die
Straßen. Ganze 85 Kinos zählte Frankfurt im Jahr 1959, von großen
Filmpalästen bis hin zu einfacheren Stadtteilkinos – heute sind es gerade
einmal 14, mit allerdings weit mehr Leinwänden. Christian Setzepfandt
nimmt die Führungs-Teilnehmer mit an die vergessenen Schauplätze der
Frankfurter Kinogeschichte. Sie erfahren, wo vor mehr als 100 Jahren die
ersten Frankfurter Kinos eröffneten und wo der erste Film in Frankfurt
gedreht wurde. Setzepfandt berichtet von der Glanzzeit des Kinos in den
1920ern, dem Kinoboom der 1950er Jahre, dem Kinosterben in den 1960er
Jahren und von Filmpremieren, Stars und Skandalen. Und er führt die
Teilnehmer zum ältesten kontinuierlich spielenden Kino Frankfurts, dem
„Eldorado“ (ehemaliges „Scala“). Stadtgeschichte trifft Kinomagie!
Dienstag, 31. März, 18:30 Uhr
Treffpunkt: 15 Minuten vor Führungsbeginn am Hauptbahnhof Frankfurt
(Haupteingang)
Kosten: 16 Euro (Führung + Gutschein für die Ausstellung FILMTHEATER)
Dauer: ca. 1,5 Stunden
Buchung unter frankfurter-stadtevents.de
In Zusammenarbeit mit Frankfurter Stadtevents
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