Unterwegs»-Sondernummer zum Geschäftsbericht 2014
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Unterwegs»-Sondernummer zum Geschäftsbericht 2014
Sondernummer zum Geschäftsbericht | 26. März 2015 Die SBB. 2014 So sehen es Kunden Lob und Kritik von Urs Weishaupt und Valérie Dussex Silvestri. Seite 6 Wo die SBB steht: Das sagen Andreas Meyer und Ulrich Gygi. Seite 12 Schwarze Zahlen beflügeln das Cargo-Team in Cadenazzo. Seite 26 Die SBB 2014 + 0,2 % Kundenzufriedenheit CO2-Emissionen +1,6 – 37 % Kundenpünktlichkeit 87,7 % Punkte im Vergleich zu 1990 von 100 Die SBB ist die pünktlichste Bahn Europas. Onlineverkäufe Personenverkehr +19 % Gewinn 373 2014 Mio. CHF 1,18 Mio. +57 % 2013 + 3,7 % Reisende pro Tag Gütertransp orte + 7,7 % + 2,6 % SBB Cargo 210 0 0 0 Nettotonnen pro Tag Netznutzung 10 268 auf dem SBB Netz pro Tag Mitarbeitende Züge 32 730 inkl. vollständige Integration der Login AG + 5,7 % Inhalt & Editorial 36 Fotos: Daniel Winkler, Beat Schweizer, Alessandro Della Bella, Raphaël Leibundgut Engagieren 12 Geschichten und Gesichter 26 Die SBB bewegt die Schweiz – und ist selbst in voller Fahrt: Wir wollen bis 2016 top werden bei der Kundenzufriedenheit. Dazu müssen unsere Leistungen stimmen, Tag für Tag. Gleichzeitig gilt es, Effizienzpotenziale dort zu realisieren, wo die Kunden es nicht spüren. Und es braucht den vorausschauenden Blick auf neue Mobilitätsbedürfnisse, um sich im Markt richtig zu positionieren. 04 Smarte Mobilität 24 Mister Gotthard Peter Jedelhauser: der Mann, der den Tunnel zum Netz vervollständigt 05 Lisa Guyaz Voll auf den Kunden fokussiert 26 SBB Cargo in Cadenazzo Die Schwarze Null und ihre Folgen 06 So sehen Kunden die SBB Mit Urs Weishaupt und Valérie Dussex Silvestri unterwegs 29 Gewinn – weshalb? Gewinnt die SBB, gewinnen alle 11 Die Flotte erneuern So komplex ist die Beschaffung Nutzen 30 Nachhaltige SBB 12 VR-Präsident und CEO Ulrich Gygi und Andreas Meyer über das SBB Geschäftsjahr 2014 31 Christina Meier Unermüdliche Kämpferin für die Natur Erfahren 32 Drehscheibe Bahnhof Fotostory: 24 Stunden in Basel SBB 18 Die Bahn baut 36 Bewegliche Mitarbeitende Andrea Gian Mordasini, Thomas Burri, Sofie Züblin: Mobilität in der DNA 19 Martin Gautschi Stolz auf neue Betriebszentrale 20 Erkämpfte Hochleistung Wie die SBB das Schienennetz laufend erneuert und ausbaut 38 Energiesparzüge Cyril Holewa rüstet Züge mit neuer Software aus Jetzt App für iPad herunterladen: sbb.ch/unterwegs-app (sbb, benefit) Sondernummer zum Geschäftsbericht 2014 Die ganze Jahresberichterstattung: geschaeftsbericht.sbb.ch 2014 haben wir auf diesem Weg einiges erreicht und auch vieles gelernt. Davon erzählt diese Sonderausgabe «Unterwegs», die zugleich Mitarbeitermagazin und Geschäftsbericht ist. Wie konkretisieren sich unsere Herausforderungen im SBB Alltag? Wie erleben unsere Kunden diese intensive Zeit? Und was heisst das für unseren Weg zum Ziel 2016? Geben wir dazu unseren Mitarbeitenden und Kunden das Wort. Lassen Sie sich von den Geschichten und Gesichtern 2014 inspirieren. Und tanken Sie dabei selber Motivation und Kraft für die eigene Arbeit. Nur gemeinsam erreichen wir das Ziel. Kathrin Amacker Leiterin Kommunikation, Mitglied der Konzernleitung 3 4 ÖV der Zukunft Wie sich die Mobilität verändert Viele Menschen, viele Bedürfnisse: Den einen ist das Reiseerlebnis wichtig, für andere steht der effiziente Weg von Tür zu Tür im Vordergrund. Neue Verkehrsmittel werden auftauchen. Aus Transport- wird Mobilitätsmanagement, das Schlüsselwort heisst «smarte Mobilität». Text: Martin Stutz | Infografik: Laetitia Buntschu Smarte Mobilität Smarte Mobilität verändert Unternehmen und Arbeitsmarkt. Sie bietet Chancen für neue Geschäftsmodelle, erschliesst neue Rekrutierungspotenziale, gibt den Mitarbeitenden mehr Flexibilität und macht sie produktiver. Smarte Mobilität macht die Arbeitswelt energieeffizienter. Die neue, schreibtischunabhängige Art zu arbeiten verändert aber auch die Gesellschaft. Sie verbessert die Work-Life-Balance und sorgt für neue Lebensund Arbeitsmodelle. ÖV-Mobilitätsberatung Drehscheibe Bahnhof Das Mobilitätssystem Kundeninformation basiert auf Echtzeitdaten, wird immer individueller und führt punktgenau an den richtigen Ort. Sie deckt die ganze Reisekette ab und wird zur eigentlichen Mobilitätsberatung im öffentlichen Verkehr. Sie erlaubt die effiziente Kombination aller Verkehrsmittel und Services. Kurz: Genau die Informationen, die Kunden benötigen – just in time, just smart. Bahnhöfe verbinden verschiedenste Verkehrssysteme zu einem sinnvollen Ganzen. Hier wird gearbeitet, gelebt und eingekauft. Am Business Point finden zwischen zwei Firmenstandorten Sitzungen statt, anschliessend gibt man seinen Anzug in die Reinigung. Am Bahnhof erfolgt der Umstieg auf andere Verkehrsmittel. Schiene gegen Strasse: Diese Betrachtungsweise ist von vorgestern. Neu werden alle Verkehrsmittel smart kombiniert. Ein Ticket für alles, das ist die Vision. Viele Hersteller arbeiten daran: Selbstfahrende Autos sind mehr als Zukunftsmusik. Sie werden mit ihrer künstlichen Intelligenz den öffentlichen Verkehr individualisieren und lassen sich ins öV-System integrieren. Foto: Stefan Walter Engagieren 5 Sie will ihre Liebe zum Reisen auf die Kunden übertragen: Lisa Guyaz. Aus Leidenschaft Organisatorin von Alltagsfluchten Lisa Guyaz blättert in Katalogen. Sie sucht ein Angebot für das Paar, das ihr im SBB Reisebüro Lausanne gegenübersitzt. Das gespannt wartende Paar will eine Reise nach Mailand mit Zug und Hotel buchen sowie eine Rundreise durch Schottland, mit Flugzeug, Mietwagen, Hotel in den Highlands und Karten für das Edinburgher Tattoo. Der wichtigste Teil der Arbeit sei das Zuhören, sagt die 23-jährige Reisekauffrau. «Ich muss die Wünsche der Kunden und Kundinnen erfassen, herausfinden, wovon sie träumen und wie sie sich ihren idealen Ferienaufenthalt vorstellen. Und dann ein Angebot vorlegen, das ihren Gemessen: die Leistung der SBB im Jahr 2014 Vorstellungen rundum entspricht.» Ein echtes Vertrauensverhältnis sei für das Organisieren einer «Alltagsflucht» notwendig. Lisa Guyaz hat vor drei Jahren beschlossen, eine Ausbildung zur Reisekauffrau zu machen. Aus Liebe zum Reisen und zum Entdecken neuer Länder. Aus Leidenschaft für ihre Kundinnen und Kunden. Kehren diese zurück, ruft sie Lisa Guyaz kurz an, um zu erfahren, ob die Reise den Erwartungen entsprochen hat und um sie zu einem Kaffee ins Büro einzuladen. «Ich liebe es, ihre Geschichten zu hören und zu erfahren, dass die Reise den Erwartungen entsprochen hat.» Es sei ein Privileg ihres Berufs, den Kundinnen und Kunden zu einem schönen, erholsamen Aufenthalt zu verhelfen. Und Lisa? Geht sie auch in die Ferien? «Ja klar, ich liebe das. Ausflüge, Wanderungen und das Entdecken neuer Gegenden! In einigen Tagen mache ich mich auf nach Kolumbien.» Text: Jean-Philippe Schmidt → Kundenzufriedenheit → Konzernimage → Personalmotivation Der Gesamtwert ist um 1,6 Punkte gestiegen. Im Personenverkehr nahm er leicht von 75,7 auf 75,9 Punkte (von 100) zu. Besser beurteilt wurden Sauberkeit, Platzangebot und Preis/Leistung; schlechter Fahrplan und Pünktlichkeit. Die CargoKunden waren mit 74,4 statt 66,4 Punkten klar zufriedener. Das Image der SBB hat sich von 63,7 auf 64,7 von 100 Punkten verbessert. Einen positiven Effekt hatte im ersten Quartal die FABI-Abstimmung. Im Sommer ging der Wert wegen Störungen mit Auswirkungen auf die Pünktlichkeit zurück. Zugelegt hat die SBB bei der Glaubwürdigkeit. Die Motivation lag mit 75 Punkten drei Punkte höher als bei der letzten Vollbefragung 2012. Die Zufriedenheit der Mitarbeitenden verbesserte sich sogar um vier Punkte. Mit 66 von 100 Punkten erreichte sie einen Höchststand, liegt allerdings gegenüber vergleichbaren Unternehmen noch zurück. Neun Ziele messen den Erfolg der SBB. → Die weiteren Ziele auf den Seiten 19 und 31 Sondernummer zum Geschäftsbericht 2014 6 Engagieren Kundenzufriedenheit Die Arbeitspendlerin: Valérie Dussex Silvestri, 42, Re eis sen e de pro o Tag ag weiss als Kundenbeirätin und Langdistanzpendlerin , wo Verbesserungen möglich sind. Kundenzufriedenheit Engagieren Der Freizeitreisende: Urs Weishaupt, 61, hat als Pensionär einen besonders entspannten Blick auf die SBB-Dienstleistungen. Er will Komfort und Stil. Die SBB der Kunden Kundenzufriedenheit auf dem Prüfstand: Die Kundenbeirätin Valérie Dussex Silvestri und der ehemalige St. Galler Informationschef Urs Weishaupt reisen mit der SBB und vermitteln ihre Sicht. Text: Ruedi Eichenberger | Fotos: Stefan Walter 7 8 Engagieren Kundenzufriedenheit Vor Urs Weishaupt, 61, steht ein Espresso im Porzellantässchen und auf einem weissen Tischtuch. Der Ende 2013 zurückgetretene Informationschef der Stadt St. Gallen sitzt um 11 Uhr im Speisewagen des aus München kommenden Eurocity 196 – einer seiner Lieblingszüge: «So hats Stil. Und der Zug fährt von St. Gallen nonstop nach Winterthur, ohne die Zwischenhalte, welche die Fahrt gefühlt um eine Viertelstunde verlängern.» Valérie Dussex Silvestri, 42, würde sich ebenfalls einen Kaffee wünschen. Doch im Interregio von Brig nach Genf Flughafen gibt es keinen Speisewagen und keine Minibar – ein Service, den sie vermisst, diesen frühen Morgen besonders. «Im Kundenbeirat hat man uns gesagt, es sei nur eine regionale Verbindung, dabei dauert die gesamte Fahrt zwei Stunden und 40 Minuten.» Der Kundenbeirat ist 2009 geschaffen worden und war ein erstes Symbol für die Zuwendung der SBB zu den Kunden. Seine 26 Mitglieder beraten das Unternehmen aus Kundensicht. Sie gestalten mit, besitzen aber keine Entscheidkompetenz. Valérie Dussex hat sich vor drei Jahren für die Teilnahme beworben; sie ist Sprecherin für die Romandie und das Tessin. «Le Matin» in der Luftseilbahn Urs Weishaupt wohnt am nördlichen Stadtrand St. Gallens, er will in der Sammlung Rosengart in Luzern wieder einmal Picasso und Klee ansehen. Valérie Dussex‘ Zuhause liegt 1300 Meter über Meer hoch in Vercorin VS, über Sierre im Rhonetal. Sie arbeitet bei Swisscom als Business-Analystin und fährt heute zur Arbeit nach Lausanne. Er, pensioniert und teilzeitlich noch auf Mandatsbasis tätig, benützt den Öffentlichen Verkehr mehr und mehr als Freizeitreisender. Sie ist als Pendlerin unterwegs – meist zwei Tage pro Woche, einen weiteren arbeitet sie von zu Hause aus. Die Reise von Valérie Dussex beginnt punkt 6 Uhr früh in der Luftseilbahn von Vercorin ins Tal hinunter nach Chalais. Es ist die erste Fahrt des Tages; die Betriebsleiterin und Kassiererin in Personalunion hängt in der 15-plätzigen Kabine soeben noch den druckfrischen «Le Matin» und den «Nouvelliste» auf – die einheimische Kundschaft schätzt den Service. Urs Weishaupt startet vier Stunden später mit dem Stadtbus, an der Endhaltestelle einer Zweiglinie direkt neben der Siedlung, 2016 will die SBB bei der Kundenzufriedenheit zu den Topunternehmen der Schweiz gehören. in der er wohnt. Ob Luftseilbahn, Bus und Bahn im Wallis oder Bus /Zug / Zug von St. Gallen nach Luzern: Beide Transportketten sind perfekt verzahnt, die Umsteigezeiten kurz, der Takt dicht. Das ist, worum die halbe Welt die Schweiz beneidet und was SBB Kunden heute erwarten. Billette: zu kompliziert Der Billettkauf ging noch voraus. Dussex und Weishaupt besitzen beide ein Halbtaxabo. Sie hat ihr Ticket zuhause mit dem iPhone gelöst, er benützt meist ebenfalls den SBB Mobile Shop, heute jedoch einen Billettautomaten in der St. Galler Bahnhofhalle. Und ärgert sich etwas: «Zehn Klicks bis zum Billett, dies ist einfach zu kompliziert. Schauen Sie» – er zeigt zu einem anderen Automaten –, «dieses junge Paar war bereits längere Zeit vor mir da und hat es noch immer nicht geschafft.» Valérie Dussex findet die Mobile Tickets praktisch. Erst nach der Billettkontrolle – Zugchef Bernard Biaggi scannt mit seinem neuen Zugpersonalgerät den Code auf ihrem Bildschirm – verfinstert sich ihre Miene: «Warum muss ich jedes Mal zusätzlich mein Halbtaxabo zeigen und zudem noch umdrehen? Dies begreife ich nicht.» Weishaupt kennt Dussex nicht, beanstandet aber unabhängig von ihr das Gleiche: «Da kommt bei mir immer wieder die Erinnerung an alte Zeiten hoch, als Passagiere noch Transportgut waren und nicht Kunden.» Eine SBB, die von den Kunden her denkt, von innen nach aussen, statt umgekehrt: Genau auf diesem Weg befindet sie sich. Dies mit dem Ziel, bis Ende 2016 bei der Kundenzufriedenheit zu den Topunternehmen der Schweiz zu gehören. «Die Kundenbrille aufsetzen», das beginnt oben in der Hierarchie: 3000 Kaderleute fassen an 60 «Top SBB II»-Workshops die Aufgabe, als Kunden zum Beispiel online Plätze zu reservieren, mit sperrigem Gepäck eine Reise anzutreten oder in einem grossen Bahnhof Blumen und eine Flasche Wein zu kaufen. Oft gar nicht so einfach – weil sie auf Dinge stossen, die nur von innen her gedacht worden sind statt vom Kunden. Anstösse zum Handeln gibt auch die Marktforschung. Bei den «Basisleistungen» wie Sicherheit, Sauberkeit und Pünktlichkeit sieht sich die SBB mehrheitlich auf Kurs, Schwächen decken die Erhebungen zur Kundenzufriedenheit etwa in der Kundeninformation bei Störungen oder der Pünktlichkeit auf. Diese geht sie an. Darüber hinaus sollen sich die Kunden von der SBB verstanden fühlen und sich über Aufmerksamkeit freuen. Verspätungen, Schmutz oder überfüllte Züge sind für beide Reisenden kaum ein Thema. Schon eher ist es der Komfort. Den IC-Doppelstockzug von Zürich nach Luzern empfindet Urs Weishaupt als wenig komfortabel: «Für Strecken bis zwei Stunden mag er angehen, aber ein echter Kundenzufriedenheit Engagieren 9 Liebt Reisen mit Stil, möglichst ohne Zwischenhalte: Urs Weishaupt. «Ein echter Fernverkehrszug muss komfortabel sein – ansonsten genügt es mir, vom Personal vernünftig behandelt zu werden.» Urs Weishaupt Nutzt die Zeit unterwegs für ihre Arbeit: Valérie Dussex. «Ich wünsche mir von der SBB, dass sie den Kundenbeirat noch stärker mit einbezieht als bisher.» Valérie Dussex Silvestri 26 Beiräte zeigen der SBB die Kundensicht auf – Valérie Dussex Silvestri ist eine von ihnen. S BB Sondernummer zum Geschäftsbericht 2014 10 Engagieren Kundenzufriedenheit Fernverkehrszug ist dies nicht.» Oft verbarrikadiere Gepäck mangels Ablagemöglichkeiten die Durchgänge. Haltung und Verhalten? Die Ansprüche von Valérie Dussex Silvestri sind diesbezüglich bescheiden. Als Pendlerin erwartet sie keine besondere Aufmerksamkeit. Aber auch der Freizeitreisende Urs Weishaupt denkt ähnlich. «Reisen ist für mich primär Zweck und der Zug ein Massentransportmittel. Meist fühle ich mich vom Personal vernünftig behandelt, das genügt.» Von der SBB und ihrem Personal erwartet er Kulanz. Wenn schon, dann hätte Dussex lieber dies: «Ein Fitnesswagen auf der Reise nach Zürich, das wäre super.» Oder eine bessere Netzverbindung auf der Gotthardstrecke. Zudem wünscht sie sich, dass die SBB noch mehr auf den Kundenbeirat höre. Perfekt verzahnte Transportketten: von der Seilbahn bis zum Fernverkehr. Videointerviews mit Urs Weishaupt und Valérie Dussex Silvestri finden Sie in der iPad-Ausgabe von «Unterwegs». Das Kundenversprechen von SBB Cargo SBB Cargo schreibt zum zweiten Mal schwarze Zahlen. Ihr Erfolg und der Erfolg ihrer Kunden sind nahe Verwandte. «Wir tragen zum Erfolg unserer Kunden bei», heisst der Leitsatz des 2014 abgegebenen Kundenversprechens. Die Nähe zu den Güterkunden und die Haltung ihnen gegenüber sind für Cargo-Chef Nicolas Perrin entscheidend: «Die Menschen bei SBB Cargo sind neben der Leistung ein wesentlicher Faktor.» Noch sehen Partner Spielraum nach oben. «Die Grundleistung ist sehr gut», lobt Christian Kempter-Imbach, Geschäftsführer von Imbach Logistik. Doch: «Verbesserungspotenzial gibt es bei Unregelmässigkeiten. SBB Cargo muss sich noch vermehrt mit den Kunden und ihren Dienstleistungen identifizieren.» Ähnlich spricht Daniel Brenner von Novelis Switzerland: «Im Verkauf nehme ich die SBB als sehr kundenorientiert wahr, im Tagesbereich aber als relativ kompliziert. Sie sollte auch die Sprache der Kunden reden statt nur jene der Bahn.» Hier gibt das Versprechen Gegensteuer. Es baut auf den fünf Werten der SBB auf und versteht zum Beispiel den Wert «ambitioniert» so: «Wir verstehen unsere Kunden und sind Partner auf Augenhöhe.» Oder «respektvoll»: «Wir handeln unkompliziert, schnell und freundlich.» Dass die Kunden unterschiedlich ticken, kalkuliert die SBB ein. Sie arbeitet mit sechs modellhaften Kundentypen. Die SBB will die Zufriedenheit nicht nur mit Kosmetik steigern, sondern sie will sich umfassend für die Kunden und den Nutzen für sie einsetzen. Dies beginnt mit den Chefs und setzt sich mit allen anderen Mitarbeitenden fort: Alle sollen sich ihrer Rolle in der Wertschöpfungskette bewusst werden. «Denn die Mitarbeitenden im direkten Kontakt mit den Kunden können nur so stark sein wie jene hinter ihnen, welche die Voraussetzungen schaffen», sagt Karin Grundböck, die den Blickwechsel mitverantwortet. Bald geht es in die Breite: Auf die im März abgeschlossenen Workshops der 3000 Kaderleute folgen nun Sicherheits- und Qualitätswerkstätten für alle Mitarbeitenden, in denen Kundenorientierung grossgeschrieben wird. 100 Minuten nach der Abfahrt im Bahnhof St. Gallen hat Urs Weishaupt demnächst Zug erreicht. In der gleichen Zeit nach dem Türschliessen in der Luftseilbahn nähert sich Valérie Dussex Silvestri ihrem Ziel Lausanne. «Ausstieg in Fahrrichtung links», tönt Zugchef Biaggi aus dem Lautsprecher. Sie lächelt – mit dem Kundenbeirat hat sie diese Neuerung bewirken können, als Hilfe für viele Reisende mit Kinderwagen oder anderem grossem Gepäck. 3000 SBB Kaderleute haben an Workshops die Kundenbrille aufgesetzt. Flottenerneuerung Engagieren Komplexe Käufe Neue Züge für eine moderne SBB beschaffen: Das geht ins Geld und hat nicht selten Tücken. Text: Lea Hornstein | Bild: Stadler Rail AG, NOSE Design AG In Daniel Novaks Büro in Bern stapeln sich die Ordner. Hier befinden sich alle Unterlagen zum neuen Zug für den Nord-Süd-Verkehr der SBB. Novak leitet das Projekt für dessen Beschaffung. Er ist zufrieden: «Im Mai 2014 hat die SBB den Auftrag für 29 Züge vergeben, im Oktober konnten wir die Verträge trotz Einsprachen bereits unterzeichnen. Das ging relativ schnell.» Der Zug hat nun auch einen Namen: «Giruno» – abgeleitet vom rätoromanischen Wort für «Mäusebussard». Die SBB zählt zu den besten Eisenbahnen der Welt. Dazu investiert sie jährlich rund eine Milliarde in neue Züge und in die Modernisierung der bestehenden Flotte. 2014 waren es 676 Millionen Franken. Die Beschaffung von neuem Rollmaterial ist komplex. Dies zeigt das Beispiel des neuen Doppelstockzugs für den Fernverkehr (FV-Dosto). Das Projekt ist mittlerweile rund drei Jahre verspätet. Im November 2014 konnten Bombardier und SBB nun die offenen Fragen zur bisherigen Verzögerung klären. Jetzt endlich geht es ganz um die Hauptsache: die Produktion und Tests der Züge. Vergangenes Jahr wurde zudem ein Meilenstein in einem weiteren Beschaffungsprojekt erreicht. Die ersten der acht zusätzlichen Züge des Typs ETR 610 kamen pünktlich an und fahren im Nord-Süd-Verkehr bereits. Der Ausblick auf 2015 stimmt auch bei den anderen Projekten positiv: Im Frühjahr wird die SBB zwei Testzüge des neuen FV-Dosto prüfen. Sofern die Qualität stimmt, können die ersten Züge ab 2017 produktiv fahren. Bei «Giruno» beginnt bereits im Frühjahr die Maquettenphase: Interessen- und Anspruchsgruppen begehen ein Holzmodell und geben Rückmeldungen. 250 km/h schnell, 2 × 200 m lang, 2 × 400 Sitzplätze: Der «Giruno» für den Nord-Süd-Verkehr. Sondernummer zum Geschäftsbericht 2014 3 Fragen an Jeannine Pilloud, Leiterin Personenverkehr Rechnen sich hohe Investitionen in die Flotte? Damit können wir unseren Kunden mehr Komfort und bis 2030 60 Prozent mehr Sitzplätze anbieten. Neben Neuanschaffungen investieren wir auch viel in die bestehende Flotte, um so deren Lebensdauer erhöhen zu können. Die moderne, funktionierende Flotte ist der zentrale Basisfaktor. Ohne Rollmaterial – keine SBB. Kann sich die SBB dies leisten? Ja, wir können und müssen uns das leisten. Ansonsten können wir den Erwartungen unserer Fahrgäste nicht mehr gerecht werden. Im schlimmsten Fall hätte dies eine Rückverlagerung auf die Strasse zur Folge, was wir unbedingt verhindern müssen. Denn unser Auftrag aus der Politik verlangt, dass möglichst viel Verkehr auf der Schiene abgewickelt wird. Turbulenzen bei der Rollmaterialbeschaffung Anfang 2014: Ihr Fazit? Öffentliche Ausschreibungen sind für alle Beteiligten anspruchsvoll. Dank der Professionalität aller Beteiligten konnte die Situation in den verschiedenen Projekten jedoch stabilisiert und alle Rechtsfragen geklärt werden, so dass wir uns nun auf das Wesentliche konzentrieren können: das Bauen der Züge. Foto: Daniel Winkler 11 12 Engagieren Rückblick 2014 «Wir arbeiten an smarter Mobilität» Mehr Passagiere und Güter transportiert, bei Sicherheit und Pünktlichkeit zugelegt; gestiegene Kundenzufriedenheit und ein höheres Konzernergebnis: Verwaltungsratspräsident Ulrich Gygi und CEO Andreas Meyer blicken auf 2014 zurück – und werfen einen Blick in die Zukunft, in der die Mobilität smart wird und wo gleichzeitig handfeste Aufgaben gelöst sein wollen. Text: Martin Stutz, Andreas Stuber | Fotos: Beat Schweizer Herr Gygi, wie beschreiben Sie das Geschäftsjahr 2014 in einem Satz? Ulrich Gygi: Die SBB ist 2014 gut vorangekommen – aber noch nicht am Ziel. Und welchen Satz wählen Sie, Herr Meyer? Andreas Meyer: Wir haben grundsätzlich positiv abgeschlossen, und besonders freue ich mich über die verbesserte Kundenzufriedenheit und die gestiegene Motivation der Mitarbeitenden. Welches sind aus Ihrer Sicht die grössten Erfolge? Gygi: Mit der gestiegenen Kundenzufriedenheit sind wir gut unterwegs auf dem Weg zum Ziel 2016, nämlich zu den geschätztesten Dienstleistern in der Schweiz zu gehören. Wir haben das am intensivsten genutzte Schienennetz der Welt – und sind gleichzeitig die pünktlichste Bahn Europas. Darauf dürfen wir stolz sein. Mit dem Ja zu FABI haben die Stimmberechtigten eine starke Basis für den Schienenverkehr gelegt. Meyer: Bei der Sicherheit konnten wir deutlich zulegen, die Pünktlichkeit ist in einem anspruchsvollen Jahr mit vielen Baustellen leicht höher. Grosse Projekte sind planmässig vorangekommen. Die erste Etappe der Durchmesserlinie in Zürich etwa bringt den Kunden ein deutlich höheres Angebot und verbesserte Qualität. Der Spatenstich zum zehn Jahre dauernden Grossprojekt Léman 2030 markiert den Beginn eines wahren Quantensprungs im Bahnverkehr der Romandie. Die grossen Rollmaterialbeschaffungen sind wieder aufgegleist. Welche Leistung für Kunden streichen Sie speziell heraus? Meyer: Die Mobilfunkverbindungen in Schweizer Fernverkehrszügen. Hier sind wir top, wie der Netztest des führenden Fachmagazins «Connect» ergeben hat. Davon profitieren unsere Kunden, denn Verbindungen aus und in die Züge sind heute gleich wichtig wie die Zugsverbindungen selbst. Mobilfunkverbindungen sind die Basis für den Bahnverkehr von morgen – besonders im Hinblick auf die zunehmende Digitalisierung. Zudem haben wir mit dem SwissPass eine wichtige Weiche gestellt und zahlreiche Bahnhöfe modernisiert, so etwa den schönsten Bahnhof der Schweiz, Genf Cornavin. Rückblick 2014 Engagieren Rund zwei Drittel der Schweizer Bevölkerung zählt die SBB zu ihren Kunden. 13 14 Engagieren Rückblick 2014 Mit ihrem Ja zu FABI haben die Stimmbürger einen wegweisenden Entscheid gefällt. Wie geht es nun weiter? Gygi: FABI bedeutet vor allem eine gesicherte Finanzierung der gesamten Bahninfrastruktur. Und es gilt der Grundsatz: Unterhalt und Substanzerhalt geht vor Neubau. Dort, wo ausgebaut wird, soll dies mit Augenmass und nicht nach dem Giesskannenprinzip erfolgen. Also Ausbau nur dort, wo wir grosse Engpässe beseitigen und attraktive Angebote gestalten können. Wir müssen auch den Kostendeckungsgrad im Auge behalten. Eine Vollkostendeckung ist im Öffentlichen Verkehr zwar kaum möglich. Aber wir sollten darauf achten, dass der Anteil der effektiven Verkehrserträge an der Kostendeckung gesteigert und nicht geringer wird. Das ÖV-System muss für Bund und Kanton bezahlbar bleiben. Meyer: Bei Ausbauten müssen Kundenbedürfnisse, Rentabilität und Wirtschaftlichkeit ein hohes Gewicht erhalten. Zudem hat der Ausbauschritt 2030 einen Horizont bis rund 2100. Wir müssen uns also heute intensiv mit den Kundenbedürfnissen und dem Mobilitätsverhalten in der Zukunft befas«Der Netzzustand liegt sen – sonst investieren wir am mir am Herzen. Wir sind falschen Ort. aber noch lange nicht am Ziel.» Andreas Meyer, CEO Das Konzernergebnis ist gestiegen, auch weil die Sparund Effizienzprogramme greifen? Gygi: Die Verbesserung von Effizienz und Rentabilität eines Unternehmens ist eine Daueraufgabe. Zudem müssen wir differenzieren. Die Ergebnissteigerung erklärt sich zur Hauptsache aus den Immobilienverkäufen. In unserem Kerngeschäft Transportleistungen haben wir weit weniger zugelegt. Die finanzielle Lage bleibt angesichts der eher schwachen Ertragskraft und der hohen Unterhaltskosten anspruchsvoll. Meyer: Der Fokus auf Kundenzufriedenheit und Ergebnis /Finanzierung ist wichtig und richtig. Deshalb freue ich mich sehr, dass der Güterverkehr die schwarzen Zahlen trotz kompetitivem Marktumfeld bestätigen konnte. Allerdings wird es gerade für den Güterverkehr schwierig werden wegen des starken Frankens. Bei der 373 Mio. CHF betrug das Konzernergebnis 2014. 135 Mio. mehr als im Vorjahr. 2013 2014 Alle 1081 Wagen des Fernverkehrs wurden mit Signalverstärkern für bestmöglichen Mobilfunkempfang ausgerüstet. Infrastruktur konnten wir das Defizit verringern, trotz fast 100 Millionen Franken, die wir selber für den Unterhalt des Schienennetzes bezahlt haben. Der Netzzustand liegt mir am Herzen. Wir sind hier noch lange nicht am Ziel: Der Nachholbedarf ist 2014 weiter gestiegen, um rund 200 Millionen Franken auf 2,5 Milliarden. Wie schätzen Sie die Frankenstärke ein, Herr Gygi? Gygi: Sie erschwert uns das Geschäft vor allem im internationalen Güterverkehr und im touristischen Verkehr. Die Konzernleitung hat umgehend Massnahmen zum Schutz unserer Ergebnisse eingeleitet. So werden beispielsweise die Investitionsprogramme überprüft. Möglicherweise muss auch der geltende Einstellungsstopp auf Bereiche mit Euro-Umsätzen ausgeweitet werden. Keine gute Nachrichten für die Mitarbeitenden… Meyer: Wenn sich die Wirtschaftslage verschlechtert, müssen wir reagieren. Für uns ist aber klar: Wir werden eine attraktive und verlässliche Arbeitgeberin bleiben, mit sichereren Arbeitsplätzen im Vergleich mit andern. Mit den Sozialpartnern sind wir im Dialog für weitere Massnahmen der SBB zur Stabilisierung der Pensionskasse, auch wenn dies vor dem Hintergrund von Frankenstärke und Negativzinsen sehr anspruchsvoll ist. Und für die Kunden? Meyer: Von der Frankenstärke sind auch die Kunden betroffen. Deshalb werden wir uns dafür einsetzen, dieses Jahr auf Preiserhöhungen zu verzichten. Bei allen Sparanstrengungen ist klar: Die Kunden dürfen davon nichts spüren. Das heisst, Qualitätseinbussen bei unseren Basisleistungen wie Sicherheit, Pünktlichkeit und Sauberkeit akzeptieren wir nicht. Bei der Sicherheit haben wir 2014 ein Topergebnis erzielt. Doch der Unfall von Rafz hat uns im Februar Rückblick 2014 Engagieren 2015 vor Augen geführt: Im Sicherheits- und Qualitätsmanagement dürfen wir nie nachlassen. Die Verkehrsnachfrage steigt aber stetig. Wie kann das Bahnsystem dies bewältigen? Gygi: Wo sich die Nachfrage dynamisch entwickelt, werden wir das Bahnnetz weiter ausbauen und allfällige Engpässe beseitigen. Insgesamt aber sind unsere Züge nur zu rund einem Drittel ausgelastet. Wenn wir das Bahnsystem immer nur mit Blick auf die Spitzenzeiten ausbauen, ist das teuer und auf Dauer nicht finanzierbar. Es braucht Anstrengungen, um die Nachfrage regelmässiger über den Tag zu verteilen. Meyer: Wir können die Bahn smarter nutzen. Flexible, ortsunabhängige Arbeitsformen können die Hauptverkehrszeiten entlasten – auf bestimmten Zügen um bis zu 30 Prozent. Die Technologie dazu ist längst da. So rüsten wir bis Ende 2015 alle Mitarbeitenden mit einem Smartphone oder Minitablet aus. Zusammen mit anderen grossen Arbeitgebern unterstützen wir die «Work Smart»-Initiative zur Flexibilisierung von Arbeitszeiten. Davon profitieren Mitarbeitende mit einer besseren Work-LifeBalance – und Unternehmen von motivierten Mitarbeitenden. Auch die Besteller sind gefordert, die Auslastung besser zu verteilen, so wie es zum Beispiel der Kanton Bern mit späterem Start der Schulzeiten auf der Oberstufe plant. Ein smarterer Umgang mit der Mobilität – was heisst das für die SBB? Meyer: Die Basisleistungen müssen stimmen, heute und auch in Zukunft. Deshalb investieren wir einerseits rund eine Milliarde Franken jährlich in neues Rollmaterial und bauen das Schienennetz wo sinnvoll weiter aus. Gleich- Frankenstärke: So sind SBB und die Schweiz betroffen Kosten in Franken – Erträge in Euro. Wer so aufgestellt ist, bekommt die Frankenstärke zu spüren. Dies betrifft die Schweizer Exportwirtschaft – und auch die SBB, beispielsweise im grenzüberschreitenden Güterverkehr. Zudem: Ferien in der Schweiz sind für Touristen aus Europa deutlich teurer geworden. Zu erwarten sind deshalb Auswirkungen auf den Personenverkehr. Klar ist weiter: Die Hochpreis- und Hochlohninsel Schweiz steht mit der Frankenstärke unter zusätzlichem Druck. Hinzu kommt, dass die Konjunktur in Europa nach wie vor schwächelt. Sondernummer zum Geschäftsbericht 2014 zeitig verändern sich die Kundenbedürfnisse rasant. Die sogenannte «Wired Generation» will unterwegs arbeiten, sich informieren, in sozialen Netzwerken kommunizieren oder sich unterhalten lassen. Deshalb brauchen wir auch Investitionen in neue Technologien, etwa für den Mobilfunkempfang in Zügen. Zudem nutzen wir die Chancen der Digitalisierung: SBB Online ist mit fünf Millionen Downloads die erfolgreichste App der Schweiz. Wir arbeiten an der smarten Mobilität. Neue Kundenbedürfnisse bringen auch neue Kundenansprüche mit sich – kann die SBB diesen gerecht werden? Gygi: Der Kunde will heute im Zug alle Optionen haben: lesen, schlafen, die Landschaft geniessen, aber eben auch ununterbrochen via Netz mit der Welt verbunden sein. Letzteres ist technisch in Zügen anspruchsvoll und kostspielig, aber völlig unumgänglich. Reisezeit ist eben auch Arbeitszeit. Immer wichtiger wird es, den Kunden in seiner ganzen Reisekette von Tür zu Tür zu assistieren und noch bestehende Schranken abzubauen. Verwaltungsratspräsident Ulrich Gygi: den Kunden in der ganzen Reisekette zur Seite stehen. 15 16 Engagieren Rückblick 2014 Top-Unternehmen bei der Kundenzufriedenheit gehören. Dies wird gelingen, wenn sich alle Mitarbeitenden auf die Kundenbedürfnisse ausrichten, und wir gleichzeitig unser Ergebnis und die notwendigen Finanzierungen sicherstellen. Meyer: Ende Jahr wird der Fahrplanwechsel 2015/16 – der anspruchsvollste seit Bahn 2000 – zahlreiche Verbesserungen und Veränderungen für die Kunden bringen. Für die SBB ist er eine besondere Herausforderung, und wir bereiten uns seit mehreren Jahren darauf vor. Mit der zweiten Etappe Durchmesserlinie und der erneuerten Nord-Süd-Achse stehen eigentliche Jahrhundertvorhaben vor ihrer Vollendung. Beide sind Leuchtturmprojekte für SBB, und auf beide «Das System des Direkt- die dürfen wir stolz sein. Mit dem neuen Gotthardverkehrs wollen wir wird die SBB 2016 mit dem nötigen Tempo tunnel auf der Nord-Süd-Achse Geschichte schreiben. Eine ausbauen.» Ulrich Gygi, VRP einmalige Chance für die Schweiz und die SBB. 2017 wird das Jahr von West-Ost werden, weil dann nämlich gemäss Lieferplan von Bombardier endlich die ersten Fernverkehrs-Doppelstockzüge rollen werden. CEO Andreas Meyer: die Bahn spielt eine wichtige Rolle bei der Ausgestaltung eines neuen, smarten Mobilitätssystems. Meyer: Die Technik ist smart, die Kunden sind es auch, also muss die Mobilität smart werden. Wir möchten es allen Kunden ermöglichen, die Stärken der verschiedenen Verkehrsträger optimal zu verbinden. Dazu gehören nicht zuletzt ein einfacher Zugang zum ÖV-System und faire Nutzungsbedingungen. Hier besteht noch Handlungsbedarf. Als grösstes der rund 250 Verkehrsunternehmen der Schweiz sind wir in der Branche und mit den Verbünden besonders gefordert. Ganz entscheidend ist zudem die Kundeninformation, die wir schrittweise ausbauen werden. Sie basiert auf Echtzeitdaten, wird persönlicher, punktgenauer, schneller und wird zur persönlichen Mobilitätsberatung. Welche Meilensteine erwarten die SBB 2015 und in den Jahren danach? Gygi: Grundsätzlich gilt es, den Weg der SBB in Richtung mehr Kundenorientierung weiterzuführen. Ich bin überzeugt, es wird gelingen. Die SBB hat rund 33000 motivierte Mitarbeitende, moderne Arbeitsbedingungen, eine dynamische Führung und legt den Fokus klar auf Kundenzufriedenheit. Bis 2016 will die SBB zu den Welche Herausforderungen sehen Sie, wenn Sie etwas weiter in die Zukunft blicken? Meyer: Sicher ist, es werden uns neue Konkurrenten erwachsen. Die Fernbusse etwa sind schon da und Vorboten für weitere Veränderungen. Selbstfahrende Autos sind mehr als nur Zukunftsmusik: Sie haben das Potenzial, den Mobilitätsmarkt nachhaltig zu verändern. Und sie bieten uns Chancen für die Tür-zu-TürMobilität und die Entwicklung eines öffentlichen Individualverkehrs. Hier gilt es, sich auf die Stärken der Eisenbahn in Kombination mit anderen Verkehrsträgern zu konzentrieren. Und wir brauchen in der Schweiz eine Diskussion über die Mobilität der Zukunft. Bei deren Ausgestaltung werden wir eine wichtige Rolle spielen. Bei allen Anstrengungen zur Verbesserung der Kundenzufriedenheit und von Ergebnis /Finanzierung müssen wir uns stets vor Augen halten: Es zählt nur, was auf der Schiene und bei den Kunden ankommt. Gygi: Eine grosse Herausforderung besteht darin, mit unseren über 200 Partnern das System des Direktverkehrs mit dem nötigen Tempo auszubauen. Der SwissPass als Eintrittskarte zum schrankenlosen ÖV! Gleichzeitig sind politische Bestrebungen im Gang, sowohl international, national und regional, Wettbewerbselemente im ÖV-System einzubauen. Die Eisenbahnunternehmen werden sich dieser neuen Umgebung anpassen müssen. SBB Stimmen Engagieren «Die Kundeninformation von SBB Cargo greift seit dem Fahrplanwechsel 2014 besser. Das freut mich sehr. Neben dem Ordermanagement ist die Operative Steuerung der Regionalen Cargo Produktion direkte Ansprechpartnerin der Kunden. Sie kann sich nun bestmöglich auf deren Bedürfnisse einstellen. Wichtig ist jetzt eine gute Ausbildung und Schulung aller Mitarbeitenden.» Peter Gähwiler, Mitarbeiter Operative RCP Steuerung, Wil Wo steht die SBB? Was bleibt zu tun? Die Standortbestimmung der Mitarbeitenden «Uns Lokführer beschäftigt derzeit intensiv die Strategie Zugführung 2020. Im Arbeitspaket Technologie geht es darum, den technologischen Wandel zu beherrschen und die Führerstände zu standardisieren. Wir fahren alles! Ich bin froh, dass die angespannte Personalsituation beim Lokpersonal erkannt wurde. Bis die Massnahmen greifen, wird es aber noch einige Zeit dauern.» Olivier Buntschu, Lokführer, Basel «Die Infrastruktur weiterzuentwickeln, das fordert uns heraus. Wir müssen die personellen und finanziellen Ressourcen sichern, aber auch die Ressourcen im Bereich der betrieblichen Massnahmen. Ausserdem möchten wir den Fahrplan ausbauen. Und dabei – ganz wichtig – die Erwartungen der Kunden an die Pünktlichkeit der Züge erfüllen. Also Arbeit genug! Doch ich bin zuversichtlich.» Astrid Dinger, Projektleiterin Infrastruktur, Projekte Westschweiz, Lausanne «Mitarbeitende, die durch eine Restrukturierung ihre Stelle verlieren, unterstützt die SBB weiterhin bei ihrer beruflichen Neuorientierung – eine super Sache! Noch besser wäre es, wenn die SBB bei der Stellenbesetzung diese Fachleute mit ihrem Potenzial an Fähigkeiten und Erfahrungen konsequent berücksichtigt. Jüngste Beispiele zeigen, dass dies funktioniert.» Heinz Flüeli, IT-Spezialist, Arbeitsmarktcenter Olten «Für uns Reisezugbegleiter auf der NordSüd-Achse war es anstrengend: Die Personalknappheit stellte uns auf eine harte Probe. Trotzdem ist es uns insgesamt gelungen, einen qualitativ hochwertigen Service anzubieten. Mit den neuen Verbindungen und neuem Rollmaterial hat sich die Lage verbessert. Die neuen ELAZ-Zugpersonalgeräte erleichtern uns die Arbeit.» Marco Trapletti, Reisezugbegleiter Nord-Süd-Achse, Chiasso «Ich habe alle Renovierungsetappen am Bahnhof Genf Cornavin miterlebt, vom Spatenstich bis zur Eröffnung im Herbst 2014. Sie alle waren intensiv und haben bewiesen, dass die Zusammenarbeit zwischen allen Divisionen notwendig und möglich ist. Dass diese Zusammenarbeit trotz unterschiedlicher Ziele klappte, werten Kollegen als Ausnahme. Warum eigentlich?» Myriam Marsala, kaufm. Assistentin, SBB Immobilien, Geschäftsführung, Genf Sondernummer zum Geschäftsbericht 2014 17 18 Nord-Süd-Achse Wichtige Projekte: 1 Basel 1 Bözbergtunnel Für den 4-Meter-Korridor wird der doppelspurige Bözbergtunnel neu gebaut. Termin: 2020 2 Die SBB saniert diese Strecke. Zwischen Walchwil am Zugersee und Arth-Goldau entsteht zudem eine neue Doppelspur. Termin: 2018. Zürich 4-Meter-Korridor Von Basel bis zur italienischen Grenze wird das Profil erweitert. So können Sattelauflieger mit einer Eckhöhe von vier Metern mit der Bahn fahren. 3 Termin: 2020 Axenstrecke Zwischen Brunnen und Flüelen am Vierwaldstädtersee wird das seeseitige Gleis umfassend saniert. Termin: 2019 Zug 2 4 Von Basel bis Chiasso: Die Bahn baut Gotthardbasistunnel Längster Eisenbahntunnel der Welt (57 km) mit zwei Personenzügen und vier bis fünf Güterzügen pro Stunde und Richtung. Termin: Dezember 2016 Arth-Goldau 2016 geht der neue Gotthardtunnel in Betrieb. Und mehr als das: Von Basel bis Chiasso und Luino wird um- und ausgebaut sowie unterhalten – für Sicherheit, Kapazität und Komfort. Auf dem gesamten Schweizer Streckennetz ist viel los. Kunden sollen möglichst wenig spüren. Text: Sara Riesen | Infografik: Laetitia Buntschu Zug – Arth-Goldau 3 Erstfeld 4 Biasca 5 Der Personenbahnhof und der Güterbahnhof S. Paolo werden aus- und umgebaut und ihre Kapazität gesteigert. Termin: 2019 Wer baut wo? Für Bau und technische Ausrüstung von Gotthard- und Ceneribasistunnel ist die Alptransit Gotthard AG zuständig. Die Arbeiten auf den Zulaufstrecken – inklusive 4-MeterKorridor – sind Aufgabe der SBB und ihrer Projektorganisation Nord-Süd Achse Gotthard (PONS). Knoten Bellinzona 6 Ceneribasistunnel Mit ihm wird die «Flachbahn» im Güterverkehr Realität. Die Reisezeit zwischen Zürich und Lugano sinkt auf unter zwei Stunden. Das Tessin rückt zusammen. Termin: 2019 7 5 Luino Bellinzona 6 Lugano Südtessin Diverse Strecken- und Tunnelausbauten sowie Stellwerkerneuerungen. Termin: etappiert bis 2020 7 Chiasso Foto: Valentina Verdesca Erfahren 19 Martin Gautschi: Die neue Betriebszentrale Mitte in Olten ist auch sein Kind. Vordenker, Ausbilder und Gastgeber Der Lift kommt nicht. Kurzerhand erklimmt Martin Gautschi die Treppen zu seinem künftigen Arbeitsplatz im vierten Stock. Der 1900 Quadratmeter grosse Kommandoraum der Betriebszentrale (BZ) Olten ist fast menschenleer. «Aber bald gehts hier rund!» Als gelernter Betriebsdisponent und derzeitiger Teamleiter in der Betriebsleitzentrale Luzern weiss Gautschi, worauf es dann ankommt. Seit vergangenem Herbst reist er ein bis zwei Mal pro Woche nach Olten, um die künftigen Mitarbeitenden der BZ Mitte für ihre neuen Jobs zu schulen. «Wir haben die BZ haargenau auf die Bedürfnisse des Betriebs abgestimmt», schwärmt der 35-Jährige. «Dass Gemessen: die Leistung der SBB im Jahr 2014 Wie sicher, wie wirtschaftlich, wie pünktlich? Von den neun Konzernzielen der SBB bilden diese drei den Kern. Sondernummer zum Geschäftsbericht 2014 dabei meine Vorstellungen eingeflossen sind, macht mich extrem stolz!» Sein komplettes Team wechselt den Arbeitsort von Luzern nach Olten. Auch die Kollegen in den Stellwerken von Bern, Basel, Luzern und Olten ziehen in die neue BZ Mitte. Hier wird Gautschi weiter als Teamleiter tätig sein, und er freut sich auf die neue Zusammenarbeit mit kurzen Abstimmungswegen: «Zugverkehrsleitende und Disponenten werden auf einem neuen Level zusammen- arbeiten.» So viel Innovation lockt Publikum an. Im Besucherraum mit grosser Panoramascheibe nebenan wird Gautschi bald Gästen aus aller Welt erklären, wie die BZ Mitte funktioniert: «Sie ist das Vorzeigeobjekt einer Betriebszentrale in der Schweiz.» Für Gautschi, der gern einen Schritt weiter denkt, startet die BZ Mitte gerade rechtzeitig: «Die Effizienz, die wir hier herausholen, benötigt die SBB dringend für ihre anstehenden Bauprojekte der kommenden Jahre.» Text: Heiko Meyer → Sicherheit → Jahresergebnis → Kundenpünktlichkeit Ein hohes Sicherheitsniveau ist die Geschäftsgrundlage der SBB. 2014 lag es auf einem Höchststand: Noch nie seit 2004 gab es so wenige Zug-, Rangier- und Berufsunfälle. Eine Streifkollision in Rafz im Februar 2015 verdeutlichte, dass Sicherheit weiterhin jeden Tag von Neuem zu erarbeiten ist. 2014 steigerte die SBB das Ergebnis CHF von 238 auf 373 Millionen Franken. Der Gewinn ermöglicht es, dass sie Investitionen tätigt, die Verschuldung begrenzt und sich an der Stabilisierung der Pensionskasse beteiligt. Jeder Franken fliesst ins Bahnsystem zurück. Mehr darüber lesen Sie auf Seite 29. SBB Kunden wollen pünktlich ankommen: Ihre Ansprüche sind hoch. Trotz mehr Bautätigkeit verbesserte sich die Kundenpünktlichkeit um 0,2 Prozentpunkte auf 87,7 Prozent. Die kundengewichtete Anschlusspünktlichkeit betrug 97,1 Prozent; hier hat die SBB 0,2 Prozentpunkte eingebüsst. fahren täglich im Durchschnitt über jedes Hauptgleis. Sie machen den Streckenabschnitt für die nächsten 30 Jahre fit: Gleismonteure an der Arbeit in Rotkreuz. lang ist das am dichtesten befahrene Schienennetz der Welt. Bahninfrastruktur Erfahren Hochleistungsschienennetz Die SBB betreibt das weltweit meistgenutzte Schienennetz. Es unter laufendem Betrieb in Schuss zu halten, ist eine Riesenaufgabe. Aus- und Neubauten kommen noch hinzu. Text: Sara Riesen | Fotos: Daniel Winkler Tag 3 auf der Gleisbaustelle in Rotkreuz nahe dem Zugersee. Unter Baustellenchef Refik Shabanis wachsamen Augen hat das Gleisbauteam bereits einen halben Kilometer Gleis und Schotter ersetzt. Nun müssen noch die alten Schienen durch neue ausgewechselt werden. Diese liegen in der Mitte des Gleises bereit. Zügig lösen die Gleismonteure die Schwellenschrauben der alten Schienen. Der Bagger übernimmt die Schwerarbeit, hebt die alten Schienen heraus und die neuen hinein. Festschrauben, verlaschen. In der Nacht rücken die Schweisser an. Dann werden die Schienen geerdet, die Baustelle aufgeräumt und wieder für den Bahnverkehr freigegeben. Shabanis Team ist im Zeitplan. «Schärfere Brille» hat Folgen Das Schienennetz der SBB ist 3173 Kilometer lang und mit 101 Zügen pro Hauptgleis und Tag das am dichtesten befahrene der Welt. Müsste man die Bahninfrastruktur von Grund auf neu bauen, würde sie gemäss letztjährigem Netzzustandsbericht mehr als 92 Milliarden Franken kosten. Grund genug, die Anlagen und das bestehende Netz gut zu pflegen. So wie in Rotkreuz. Nach etwa 20 Jahren wollte der Gleisuntergrund nicht mehr richtig mitmachen. «Wir sind immer wieder für kleine Unterhaltsarbeiten ausgerückt. Mit der Erneuerung sind die Probleme behoben, und das Gleis ist fit für die nächsten 30 Jahre», sagt Refik Shabani. Die SBB weiss genau, wie es um den Zustand des Schienennetzes steht: Schienen, SchwelSondernummer zum Geschäftsbericht 2014 len und Schotter haben eine Standardlebensdauer. Je nach Witterung oder eingesetztem Rollmaterial kann sich diese aber verkürzen. Deshalb untersucht die SBB den Zustand des Schienennetzes regelmässig mit Streckeninspektoren und einem Diagnosefahrzeug und die Schienen zusätzlich mit einem speziellen Schienenprüfzug mit Ultraschall. Diese «schärfere Brille» macht auch kleinste Schienenfehler sichtbar. Dadurch erhöhte sich zwar nach dem ersten Einsatz im Jahr 2013 auf einen Schlag der Bedarf an Unterhaltsund Erneuerungsarbeiten, dafür sollten böse Überraschungen nun ausbleiben. Shabanis Baustelle in Rotkreuz zeigt beispielhaft, was es für Unterhalts- und Erneuerungsarbeiten braucht: Notwendig ist zuerst ein Intervall, also ein Zeitfenster, in dem der Zugverkehr auf diesem Abschnitt gesperrt ist. Dann braucht es Personal und die richtigen Maschinen. In Rotkreuz arbeiten neben Shabani sechs Gleismonteure, ein Bagger- und zwei Baulokführer. All dies kostet. Neu bauen – von Zürich bis Genf Die Zahl der Reisenden ist 2014 erneut gestiegen, ebenso die Menge an Gütertransporten. Neben einem gut gepflegten Schienennetz sind deshalb auch Ausbauten von Bahnknoten und Neubauten von Strecken nötig. Dazu gehört beispielsweise die Durchmesserlinie in Zürich mit dem Weinbergtunnel und dem neuen unterirdischen Bahnhof Zürich Löwenstrasse. Ab Dezember fährt auch der Fernverkehr hier durch und über die neuen Brückenbauwerke Richtung Altstetten. Im Tessin hat die SBB im Dezember 2014 den Schweizer Teil der Ferrovia Mendrisio–Varese eröffnet. Sie ermöglicht den Pendlern im Mendrisiotto eine bessere Anbindung an die Tessiner Zentren. Und die Arbeiten für den Gotthard-Basistunnel sowie den CeneriBasistunnel laufen auf Hochtouren. Auch die Westschweiz steht vor einem Quantensprung im Bahnangebot: Im Raum Genf entsteht die grenzüberschreitende S-Bahn-Linie von Genf Cornavin nach «Mit der Erneuerung ist das Gleis in Rotkreuz fit für die nächsten 30 Jahre.» Baustellenchef Refik Shabani 21 Erfahren Bahninfrastruktur 3 Fragen an Philippe Gauderon, Leiter SBB Infrastruktur Letztes Jahr wurde der «Nachholbedarf» bei der Fahrbahn heiss diskutiert. Ist Besserung in Sicht? Der Nachholbedarf, also der Rückstand bei der Erneuerung, wird noch bis 2016 anwachsen. Wenn alles ideal läuft, erreichen wir bis 2020 eine Stabilisierung. Dann erwarten wir bis 2035 einen «Courant normal» beim Unterhalt und Erneuern. Ist der zusätzliche Aufwand finanzierbar? Bis 2016 haben wir eine Finanzierungslösung, bei der Bund, Konzern SBB und SBB Infrastruktur die Kosten zu je einem Drittel übernehmen. Am 1. Januar 2016 wird FABI in Kraft treten, was uns bessere Rahmenbedingungen bei der Finanzierung bringt. Die Leistungsvereinbarung 2017–20 stellt die erste Konkretisierung von Fabi dar. Im Moment gehen die Positionen der SBB und des Bundes noch auseinander. Mit dem neuen Trassenpreissystem, welches den Verschleiss der Fahrbahn miteinrechnet, werden künftig auch die Eisenbahnunternehmen ihren Teil zum Unterhalt beitragen. Annemasse (Ceva). Ein noch grösseres Ausbauprojekt ist «Léman 2030». Es umfasst den Ausbau der Bahnhöfe Lausanne, Renens und Genf sowie des Schienennetzes, was schliesslich doppelt so viele Sitzplätze und den Viertelstundentakt im Regionalverkehr ermöglicht. «Damit holt die Westschweiz fast 20 Jahre Infrastrukturausbau auf – und davon profitiert letztlich die ganze Schweiz», erzählt Programmleiter Laurent Staffelbach. Bei «Léman 2030» gilt es eine besondere Herausforderung zu meistern: den Ausbau unter laufendem Betrieb. «Anders als bei anderen Ausbauprojekten können wir weder mit dem Bahnbetrieb noch mit den Bauarbeiten ausweichen. Wir werden beispielsweise den Bahnhof Lausanne komplett umbauen, ohne den Verkehr einzuschränken.» Deshalb hat das Projektteam eine umfassende Risikoanalyse durchgeführt und die Bauarbeiten minutiös geplant. Staffelbach ist optimistisch. «‹Léman 2030› ist ein komplexes Programm. Aber wir können auf ein tolles und hochmotiviertes Team zählen.» Im Infopavillon in Renens: Mit «Léman 2030» verdoppelt sich das bisherige Bahnangebot. Ausbauten, Unterhalts- und Erneuerungsarbeiten erfolgen oft unter laufendem Betrieb: Funktioniert das? Die Fahrplanplaner machen einen sehr guten Job, sodass die Kapazitäten grundsätzlich vorhanden sind. Es kann aber lokale und regionale Häufungen von Bau- und Unterhaltsarbeiten geben. Wir sind gefordert, sogenannte «Hotspots» rechtzeitig zu erkennen und rasch die Kundeninformation und allenfalls einen Baufahrplan umzusetzen. Foto: François Gribi Foto: Guy Perrenoud 22 Qualität Erfahren Sicher, sauberer, nicht ganz pünktlich Bei den zentralen Werten der Bahn fällt die Bilanz für 2014 etwas durchzogen aus. Text: Ruedi Eichenberger Sicherheit, Pünktlichkeit, Sauberkeit: Diese drei stehen bei der SBB oben. Es sind sogenannte Basisfaktoren – Eigenschaften, welche die Kunden von ihr ganz einfach erwarten oder sogar voraussetzen. Punkto Sicherheit war 2014 ein gutes Jahr für die Bahn, die ohnehin eines der sichersten Verkehrsmittel überhaupt ist. Es gab gerade mal zwei Zugsereignisse, also Unfälle mit Zügen; in einem Fall wurde eine Reisende leicht verletzt. Dies ist ein starkes Indiz dafür, dass das Sicherheitsniveau hoch ist und die gehäuften Ereignisse 2013 einen Ausreisser bildeten. Das jährliche Sicherheitsprogramm trägt zum guten Safety-Resultat wesentlich bei. Auch bei der Sicherheit von Kunden und Mitarbeitenden in Zügen sowie Bahnhöfen (Security) zeigt sich die Lage stabil. Vergangenes Jahr haben die gemeldeten Ereignisse um 14 Prozent abgenommen. Die SBB ruht aber nicht, weder bei der Security noch bei der Safety: Sie setzt ihre Bemühungen für eine sichere Bahn auf der ganzen Linie fort. Dies verlangen der dichtere Verkehr auf Schienen wie auch gesellschaftliche Entwicklungen. Dasselbe bei der Sauberkeit, welche die Kunden besser beurteilen als in den Vorjahren. Frühzeitig erkennen, langfristig koordinieren Bei der Pünktlichkeit schloss die SBB leicht besser ab als im Vorjahr (siehe Seite 19) und hat ihre Spitzenposition in Europa gehalten. Bei ihr gilt ein Zug bereits dann als verspätet, wenn er drei Minuten zu spät ankommt, zudem misst sie die Pünktlichkeit kundengewichtet. Der Kommentar von Sarah Tischhauser, Verantwortliche für die Kundenpünktlichkeit: «Trotz vielen Baustellen sowie Erdrutschen konnten wir uns leicht verbessern – auch weil die Störungen an Anlagen und Fahrzeugen leicht zurückgegangen sind.» Allerdings, so ergänzt Tischhauser diesen Befund: Grosse Teile des Netzes sind ausgelastet, deshalb könne sich der Betrieb nach Störungen nur allmählich erholen. Im Visier sind nun jegliche Risiken, die den Bahnbetrieb und die Pünktlichkeit beeinträchtigen könnten. Frühzeitiges Erkennen und langfristiges Koordinieren sollen die Auswirkungen klein halten. Pünktlichkeit bleibt ganz oben auf der Liste, betont auch Sarah Tischhauser: «Die Ansprüche der Kundinnen und Kunden sind hoch; dem wollen wir gerecht werden.» Fotos: Raffael Waldner, Daniel Winkler Sondernummer zum Geschäftsbericht 2014 Bessere Werte für Sauberkeit und trotz Baustellen Europarekord bei der Pünktlichkeit: Die SBB arbeitet hart an der Qualität ihrer Dienstleistungen. 23 24 Erfahren Nord-Süd Der Entwickler Am Gotthard entsteht Grossartiges: Ein Bahnnetz wird neu erfunden. Die komplexen Aufgaben werden von Peter Jedelhauser koordiniert. Er hält sozusagen ein Uhrwerk in Gang. Text: Bruno Habegger | Fotos: Claudio Bader Die Sonne. Der Sand. Flimmernde Luft. Sind wir verloren in der Wüste? Und all das nur, weil Halil zu wenig Benzin in den Tank des Wüstenjeeps gefüllt hatte! Peter Jedelhauser, 56, schaut sein Gegenüber verschmitzt an, als er dieses Gleichnis für die Wichtigkeit eines jeden in einem Team erzählt. Seine Augen verraten es: Er sehnt sich mit einem Stück seines Herzens immer noch zurück in jene Zeit, die ihn als jungen Ingenieur in den Jemen brachte, wo ihn das Schicksal zum Baustellenleiter beförderte und ihn in die unangenehme Lage brachte, von Halil, seinem Fahrer, nur noch «Sir» genannt zu werden. «‹Ich bin immer noch derselbe›, habe ich ihm damals erklärt, du bist genauso wichtig wie ich.» Weil nur er ihn aus der Wüste zurückbringen könne. findet Peter Jedelhauser faszinierend. Heute ist er unterwegs, um sich am Tor zum Tessin über den Stand der Bauarbeiten zu erkundigen. «Probleme ansprechen, Verbindlichkeit einfordern, klare Ziele vereinbaren», nennt er die Formel, die die Inbetriebnahme des Gotthardbasistunnels schon Ende 2016 erlaubt hat. Früher als geplant. «Dieses Ziel hat grosse Kräfte im Team freigesetzt», sagt er. Ohne seine Teilprojektleiter gehe nichts. Die Schweiz stärken Für den Erfolg tut Peter Jedelhauser alles. Sogar althergebrachte Projektorganisationen auflösen und bereichs- und divisionenübergreifende «Arbeitspakete» durchsetzen. Er schmunzelt. Man sieht in seinem Gesicht mit der funktionalen Brille den jungen Ingenieur, Jedes Detail muss stimmen der leidenschaftlich für seine Peter Jedelhauser erzählt die Bewässerungsprojekte kämpfte. Anekdote aus seinem reichen Mit derselben Energie setzt er Ingenieursleben, das ihn an viesich für das Gelingen des Gottle exotische Orte brachte, nicht hardprojektes ein, letztlich für einfach so. Unterwegs nach die Stärkung der Schweiz auf Bellinzona illustriert er damit der Nord-Süd-Achse. sein Verständnis von Führung Damit dies gelingt, braucht es und Teamarbeit und beschreibt den Ceneri-Basistunnel und «Es ist doch so: den Schlüssel zur Lösung des den 4-m-Korridor – JedelEine Richtlinie Gotthardproblems: Mit seiner hauser ist längst mit diesen Projektorganisation Nord-Südnächsten grossen Meilensteizu zitieren, ist keine Achse Gotthard, kurz PONS, nen des Nord-Süd-Projektes Kundenorientierung.» einem Team von Ingenieuren 2019 und 2020 befasst, der Peter Jedelhauser, Gesamtprojektleiter und anderen Fachleuten in den damit verbindenden zeitlichen Nord-Süd-Achse Gotthard Divisionen komplettiert er den und räumlichen Ballung von fertig gebauten GotthardbasisBaustellen: «Letztere bergen das tunnel und den noch im Bau beRisiko, Kundenerwartungen zu findlichen Ceneri zu einem neuen Bahnnetz. Für enttäuschen.» Nicht die einfache Lösung, sondern den Tunnelbau ist die SBB Tochter ATG zuständig. die für den Kunden beste Lösung fordert er ein. Er für das ganze System. «Und dabei müssen alle Schon im Ansatz sollen die Auswirkungen auf die Menschen und ihre Fähigkeiten wie Zahnräder Kunden mit einbezogen werden. «Wenn jemand eines Uhrwerks ineinandergreifen.» Mit ihnen bei der SBB eine Richtlinie zitiert, frage ich etwas entwickeln und nach Lösungen suchen, das zurück: ‹Erklärst du das etwa so dem Kunden?›.» Nord-Süd Erfahren neue Arbeitsplätze entstehen in den EIZ in Erstfeld und Biasca Peter Jedelhauser (rechts) auf der Baustelle des Zentrums Biasca: zufrieden mit dem Stand der Arbeiten. Zuvor war der in Kaiseraugst AG aufgewachsene Peter Jedelhauser mehr als 20 Jahre in der Energiewirtschaft tätig, hatte an der ETH das Fach Eisenbahntechnik belegt, seine Faszination erst spät zum Beruf gemacht: Seit zehn Jahren ist er bei der SBB, längst sind die schlaflosen Nächte – «Kann ich das überhaupt?» – der Leidenschaft für das Nord-Süd-Projekt und seine Menschen gewichen. Wie ein Uhrmacher seine Uhr liebevoll pützelt, taktet er gegen Mittag an der Konferenz in der Betriebszentrale Bellinzona den Stand der Bauarbeiten; am Ende lehnt er entspannt an der Wand und sagt: «Das kommt gut.» Ein Satz, den er am Nachmittag bei der Besichtigung des Sondernummer zum Geschäftsbericht 2014 im Rohbau stehenden neuen Erhaltungs- und Interventionszentrums (EIZ) Biasca noch einmal wiederholen wird. Warum kommt es gut? «Weil ich den inneren Antrieb habe, niemals zu kapitulieren.» So kümmert er sich um jedes Detail, bezieht alles mit ein. «What-if-Denken» nennt er das. Er glaubt fest daran, dass er die Überführung des neuen Bahnsystems in den Regelbetrieb noch vor seiner Pensionierung erleben werde. Das Uhrwerk hält ihn in Gang, der Spass daran, gemeinsam ein Problem gelöst zu haben. Seine alte Leidenschaft, das Reisen in ferne Länder, hat er jüngst wieder entdeckt. Wandern in Oman. Die Wüste hat ihn nicht verschluckt. Er war halt gut vorbereitet. ← 25 Drei Männer in Cadenazzo und hinter ihnen in sicherer Distanz der Reachstacker: Teamleiter Giorgio Biasca, Gianfranco Fantin und Franco Bariffi. Schwarze Null Erfahren 27 Viel Arbeit und eine unternehmerische Einstellung führen zu schwarzen Zahlen – und schwarzen Handschuhen. Ein Team greift nach dem Erfolg SBB Cargo hält sich in den schwarzen Zahlen. Dies beflügelt die Mitarbeitenden zu guten Leistungen für die Kunden und zu guter Zusammenarbeit – zum Beispiel im Tessin. Text: Miriam Wassmer | Fotos: Alessandro Della Bella «Wir haben ein gutes letztes Jahr gehabt», sagen zwei Mitarbeiter am Standort Cadenazzo der Regionalen Cargo-Produktion (RCP) und ihr Teamchef. Die Verkehre im Terminal in Cadenazzo sind seit der Eröffnung vor drei Jahren stetig gewachsen. Die positiven Zahlen und die massgeblich gesteigerte Verkehrsleistung von SBB Cargo widerspiegeln sich auch im Tessin: «Wir haben unser Ziel erreicht und eine gute Auslastung erzielt», spricht Teamleiter Giorgio Biasca für die ganze 15-köpfige Belegschaft von Cadenazzo. Seit 2013 bringt der Linienzug Dietikon– Cadenazzo, ein Angebot des kombinierten Binnenverkehrs, Güter ins Tessin. Mit dem Effekt, dass bereits mehrere Kunden mehr Waren auf die Schiene bringen, merkt der Teamleiter an. Für Biascas Mitarbeiter Gianfranco Fantin hat sich viel verändert im vergangenen Jahr. Vorher arbeitete er für SBB Cargo International (siehe Box rechts) in Bellinzona und kümmerte sich Sondernummer zum Geschäftsbericht 2014 um Transitzüge. In Cadenazzo gefällt es ihm: «Am meisten befriedigt mich der direkte Kontakt mit den Kunden und Kollegen.» Der Kunde steht im Zentrum, da sind sich die drei einig. Franco Bariffi bringt es auf den Punkt: «Wenn der Kunde etwas möchte, dann versuchen wir alles, ihn zufriedenzustellen.» Und Teamleiter Biasca ergänzt: «Es ist wichtig, dem Kunden zuzuhören. Wenn du ihm erklären kannst, warum etwas nicht geht, ist am Ende auch er zufrieden.» Die Motivation der Mitarbeitenden ist gut, «Noch nie habe ich einen solchen Teamgeist erlebt», sagt Fantin. «Natürlich», räumt Biasca ein, «haben wir auch Diskussionen, aber das ist Teil...» – «...jeder Familie», fällt ihm Fantin ins Wort – «...des Spiels», schmunzelt der Chef. Gianfranco Fantin spricht die veränderte Arbeitseinstellung an, die sich allmählich bemerkbar mache: «Hier wandelt sich einiges. Früher war es für den Mitarbeiter wichtig, Schwarze Zahlen – erstmals auch international Michail Stahlhut kann mehr als zufrieden sein: Die Tochterfirma SBB Cargo International, die er leitet, hat innerhalb von vier Jahren die Gewinnschwelle erreicht und schwarze Zahlen geschrieben. Das ist nicht ohne auf der stark umkämpften NordSüd-Achse. «Wir haben uns stark verbessert, mit Produktivitätssteigerungen von rund 20 Prozent bei den Lokführern und 25 Prozent bei den Loks», sagt Stahlhut. «Und wir haben die Währungsdifferenz des Euros zum Franken von 1.45 zu 1.20 erfolgreich gemeistert. Das war nur möglich, weil sich unsere Mitarbeitenden enorm ins Zeug gelegt hatten.» Seit Mitte Januar ist Stahlhut allerdings mit neuen Währungsdifferenzen konfrontiert: «Jeder Rappen Kursdifferenz bedeutet für uns rund 700 000 Franken weniger Ergebnis.» Die Ziele für 2015 sind deshalb klar: Die Leistungen stimmen, jetzt gilt es dranzubleiben und sich weiter zu behaupten. SBB Cargo International hat sich als Anbieterin auf dem NordSüd-Korridor etabliert. Und hätte Michail Stahlhut einen Wunsch frei für 2015, so lautete der: ein Wechselkurs von CHF 1.15. 28 Erfahren Schwarze Null möglichst wenig zu tun zu haben. Je kürzer der Zug, desto besser. Nun ist eine neue Kultur entstanden, das Unternehmerische, da sind wir alle mitbeteiligt.» Schwierigkeiten? «Nachts um halb zwei Uhr mit der Arbeit zu beginnen, ist nicht einfach», so Giorgio Biasca. Aber wenn jeder seine Arbeit gut verrichte, klappe die Übergabe und es falle nichts zwischen Stuhl und Bank. Neue Programme wie etwa CAROS zum Planen des Personalund Lokeinsatzes erleichtern die Arbeit. Wenn man sich erst einmal darin zurechtgefunden hat. Franco Bariffi: «Wen fragst du morgens um zwei, wenn etwas nicht geht? Auf der anderen Seite ist es auch anregend, Neues zu lernen, du bleibst nicht stehen.» Für die Zukunft von SBB Cargo wünschen sich die drei, dass das Unternehmen auf dem eingeschlagenen Weg bleibt und weiterhin schwarze Zahlen schreibt. Und mit der Eröffnung des neuen Gotthardtunnels 2016 wird der Verkehr voraussichtlich nochmals zunehmen. Darauf freuen sie sich. Aber vorerst geht es zum Fototermin und dann an die Arbeit. Der nächste Lastwagen wartet bereits. «Am Unternehmerischen, da sind wir alle beteiligt.» Gianfranco Fantin 3 Fragen an Nicolas Perrin, Leiter SBB Cargo AG Was hat SBB Cargo 2014 erreicht? Wir konnten die schwarzen Zahlen bestätigen, die wir im Vorjahr 2013 erreicht hatten. Bis in die zweite Jahreshälfte lief es sehr gut, dann spürten wir, dass in Europa die Konjunktur zu schwächeln begann. Im November erschwerten Streiks von Lokführern anderer Bahnen und das Hochwasser im Tessin und in Italien den Betrieb. Ich bin für uns alle stolz, dass wir trotzdem 33 Millionen Franken Gewinn erarbeitet haben. Woher kam die Motivation? Die Motivation für den Touch Down, das Erreichen der schwarzen Zahlen, haben wir weitergezogen. Dazu kommt, dass die verstärkte Kundenorientierung Wirkung zeigt, was zusätzlich motiviert. Wir haben gelernt, dass das Fokussieren auf gemeinsame Ziele zum Erfolg führt. Welche Hürden muss SBB Cargo 2015 meistern? Die Nationalbank gab Anfang Jahr den Mindestkurs auf – seitdem fordert uns der schwache Euro massiv. Allein durch die Kursdifferenz wird unser Ergebnis im zweistelligen Millionenbereich belastet. Der starke Franken dürfte sich zudem auf wichtige Kunden von SBB Cargo negativ auswirken. Zusätzlich ist der extrem niedrige Dieselpreis kontraproduktiv für die Verlagerungspolitik und reduziert die Konkurrenzfähigkeit des Schienengüterverkehrs gegenüber der Strasse. Unsere Herausforderungen werden also nicht kleiner. Der starke Franken ist aber nicht ein Thema von SBB Cargo, sondern der gesamten Schweizer Wirtschaft. Ich bin überzeugt, dass wir auch das meistern werden, auch wenn es stellenweise weh tun wird. ← Foto: Christian Aeberhard Gute Aussichten, gute Zukunft: Franco Bariffi. Mit Kunden verbunden: Giorgio Biasca. Geschäftserfolg Erfahren Warum die SBB einen Gewinn braucht Schwarze Zahlen sind nötig: Die SBB braucht Gewinn für Investitionen in neue Züge oder für zeitgemässe Vertriebssysteme. Das Ergebnis 2014 von 373 Millionen Franken hilft, das Unternehmen weiterzuentwickeln. Anders als bei börsenkotierten Aktiengesellschaften warten keine Aktionäre auf ihre jährliche Dividende – jeder verdiente Franken fliesst zurück ins Bahnsystem und sichert den Kunden dessen hohe Qualität. Gewinnherkunft Personenfernverkehr SBB Cargo SBB AG: viel erreicht, aber nicht am Ziel Bereiche ohne Gewinn: Regionalverkehr und Infrastruktur sind nicht auf Gewinn ausgerichtet. Ihre Leistungen werden von der öffentlichen Hand bestellt bzw. mitgetragen. Ein Unternehmen zu sein, verpflichtet: Die SBB ist für ihren wirtschaftlichen Erfolg selbst verantwortlich. Seit der Gründung 1999 als AG hat sie viel bewegt, ist produktiver und wirtschaftlicher geworden. Doch am Ziel ist sie noch nicht. Gewinn, Verschuldung und das Niveau der Leistungen und Investitionen: Nur wenn dieses Dreieck ausgewogen ist, ist die SBB finanziell stabil. Für einen besseren Schuldendeckungsgrad und den Ausbau des Angebots muss die Ertragskraft noch steigen. Immobilien 373 Gewinnverwendung (wichtige Verwendungszwecke, Auswahl) Mio. Franken beträgt der Gewinn der SBB im Jahr 2014. Er stellt das Konzernergebnis dar – das, was als Differenz aller Erträge und Aufwände unter dem Strich übrig bleibt. Vertriebssysteme erneuern neue Güterwagen für SBB Cargo neue Züge für Personenverkehr Sondernummer zum Geschäftsbericht 2014 Infrastruktur unterhalten WiFi in Bahnhöfen ausbauen 29 30 Nachhaltigkeit Nachhaltig unterwegs mit der SBB Die SBB verpflichtet sich zu einer umfassenden Nachhaltigkeit – wirtschaftlich, sozial und ökologisch. Und kommt Schritt für Schritt voran: für die Schweiz, ihre Menschen und die Umwelt. Hier die Ziele und Beispiele auf dem Weg dazu. Text: Ruedi Eichenberger | Infografik: Laetitia Buntschu 37 % Umweltvorteil stärken Verantwortungsvolle Arbeitgeberin sein Die SBB erhöht die Energieeffizienz, senkt die CO2-Emissionen und minimiert die Lärmbelastung. Gegenüber 1990 hat die SBB die CO2-Emissionen um 37 % vermindert. Mit ihrer Klimastrategie hat sie so das Ziel des Bundes markant übertroffen. Als fortschrittliche Arbeitgeberin fördert die SBB die Gesundheit und Arbeitsmarktfähigkeit ihrer Mitarbeitenden. 1, 2, 3! Verantwortungsvolle Lieferkette sicherstellen Bei der Beschaffung zählen soziale, ökologische und Sicherheitskriterien. Die SBB schont Ressourcen und verwertet möglichst alle Stoffe wieder. Mit einem Modell der Lebensarbeitszeit und drei neuen Pensionierungsmodellen können Mitarbeitende ihre Lebensphasen flexibler gestalten – eine Pioniertat der SBB. Lieferanten von Berufskleidern müssen die strengen BSCI-Standards einhalten. Für SBB Jeans wird Bio-Baumwolle verwendet. Zugang zur Mobilität einfach gestalten Die Dienstleistungen der SBB sollen für alle sicher und zugänglich sein, Barrieren für Personen mit eingeschränkter Mobilität fallen. Für Betagte, Behinderte usw. sind bereits heute 82 % der Reisen mit der SBB möglich. Nachhaltige Produktnutzung ermöglichen Wer mit der SBB fährt, tut Mensch und Umwelt gut. Kunden können ihren ökologischen Fussabdruck messen und reduzieren. 2014 bestehen Seit Recyclingstationen in den fünf grössten Bahnhöfen – weitere werden folgen. Foto: Raffael Waldner Nutzen 31 Christina Meier: weibelt intern für eine nachhaltig wirtschaftende SBB. Ohne Zeigefinger: die Kommunikationschefin der Natur Christina Meier streicht mit der Hand über das Feld aus zierlichen Pflänzchen. In 50 Metern Höhe auf dem Dach des SBB Hauptsitzes schwärmt die 41-Jährige über die Vorzüge der Dachbegrünung. Diese sei nur ein Beispiel dafür, wie die ökologische Nachhaltigkeit in den Neubau eingeflossen sei. «Nachhaltigkeit ist einer der Trümpfe der Bahn», sagt Meier. Und der Grund, warum die studierte Ökonomin 2012 aus der Kommunikation des Stromkonzerns Alpiq zur SBB wechselte: «Das Thema liegt mir sehr am Herzen.» Als Leiterin des Bereichs Nachhaltigkeit Gemessen: die Leistung der SBB im Jahr 2014 Neun Ziele messen, wie sich die SBB entwickelt. Drei betreffen die Nachhaltigkeit – ökologisch, wirtschaftlich und sozial. Sondernummer zum Geschäftsbericht 2014 ebnen sie und ihr vierköpfiges Team aus Umwelt- und Kommunikationsspezialisten intern den Weg dafür, dass die Bahn in Zeiten von Carsharing und Elektroautos ihren Umweltvorteil stärkt. Dafür laufen sie aber nicht ständig mit erhobenem Zeigefinger umher, lacht Meier: «Vielmehr zeigen wir auf, welcher konkrete Nutzen durch nachhaltiges Wirtschaften herausspringt.» Bevor die SBB etwa beschloss, beim 50-Hertz-Strom bis 2019 auf 100 Prozent erneuerbare Quellen umzustellen, haben sie über Monate dafür geweibelt. Mit tatkräftiger Unterstützung durch die Umweltspezialisten in den Divisionen. Das Resultat: massive CO2-Einsparungen, klimafreundlichere Dienstleistungen für die Kunden und ein fühlbarer Beitrag zu einer nachhaltigen Schweiz. «Und heute engagieren sich sehr viele Mitarbeitende für eine nachhaltige SBB.» Für sie wurde jüngst eine Nachhaltigkeits-Ambassadoren-Community gebildet. Text: Heiko Meyer → Free Cash Flow → Marktanteil Für Investitionen sind frei verfügbare Mittel nötig. Ist der Free Cash Flow positiv, kann sich die SBB ohne zusätzliche Verschuldung weiterentwickeln. Mit –205,2 Millionen Franken liegt er weiterhin im negativen Bereich, hat sich aber gegenüber den Vorjahren verbessert (2013: –652,9 Millionen Franken). SBB Cargo und SBB Immobilien bauten ihre Marktposition mit Verkehrszunahmen und gesteigerten Mieterträgen aus. Im Personenfernverkehr und im Regionalverkehr nahmen die Verkehrsleistungen bescheidener zu; im internationalen Verkehr wurde das Vorjahresniveau nicht erreicht. → Ökologische Nachhaltigkeit Mit Energiesparen und tieferen CO2Emissionen hat die SBB ihre Umweltleistung deutlich gesteigert. So im Bahnbetrieb mit Massnahmen beim Rollmaterial sowie der adaptiven Lenkung (ADL), bei Gebäuden mit energiesparendem Bauen sowie mehr Strom aus Wasserkraft. 06:46 9:24 Ruhe vor dem Sturm: Migros-Mitarbeiterin Claudine Sergneur nimmt den Take-awayStand in Betrieb. Hinter ihr, im Nordwestflügel des Bahnhofs, verköstigten sich die Reisenden einst in den Buffets 1. und 2. Klasse. Ruhig und doch zentral: Nur wenige Meter vom hektischen Treiben im Bahnhof entfernt geniessen Brigitte und Max Zehnder den Komfort und den Service in der Seniorenresidenz Südpark. Den Blick auf die Passerelle inklusive. 10:38 13:11 Viel Abfall landet in den Recycling-Stationen. Um den ganzen Rest kümmern sich Ylysi Gashi und seine Kolleginnen und Kollegen von SBB Rail-Clean. Sie sorgen an 365 Tagen im Jahr für saubere und sicher begehbare Bahnhöfe. Zwischen zwei Zügen, auf dem Nachhauseweg oder am Sonntagnachmittag schnell die Haare schneiden? Kein Problem: Berivan Guemues und das Team des Coiffeurs Lüdi stehen in der Passage West mit Schere, Föhn und Haargel bereit. Immobilien Nutzen Der Bahnhof schläft nie 140 000 Menschen strömen jeden Werktag durch den Bahnhof Basel SBB. Sie eilen zu ihrem Zug, kaufen ein oder lassen sich ein Getränk lang nieder. In Stosszeiten wird es auch einmal eng im grössten Grenzbahnhof Europas. Fast 24 Stunden herrscht in ihm Betrieb. Text: Urs Schmid | Fotos: Stefan Schmidlin 17:10 Zu den Stosszeiten bahnt sich ein Grossteil der Pendlerinnen und Pendler den Weg durch die Schalterhalle. Die Wandgemälde, darunter der gigantische «Vierwaldstättersee» von Ernst Hodel, beobachten das bunte Treiben seit bald 90 Jahren. Die Bilder, welche schon ruhigere Zeiten erlebt haben, werden derzeit restauriert. 33 34 Nutzen Immobilien 17:12 Unterhaltsarbeiten im Hauensteintunnel beeinträchtigen den regulären Zugverkehr ein Wochenende lang stark. Der Interimsfahrplan, Zugsumleitungen und -ausfälle lassen auch Vielreisende den Überblick verlieren. Da ist der freiwillige Einsatz von Kundenbetreuerinnen und -betreuern wie Nadine Wolfsberger unabdingbar. Sie behalten die Übersicht, bewahren Geduld und lenken die Reisenden sicher ans Ziel. Immobilien Nutzen 3 Fragen an Jürg Stöckli, Leiter SBB Immobilien 19:05 Eliane Starobinski vom Spettacolo serviert frisch gemahlenen Kaffee. Nebst guter Qualität ist hier vor allem auch schneller Service ein absolutes Muss. Ist der Bahnhof Basel SBB Verkehrsdrehscheibe oder Einkaufszentrum? Bahnhöfe sind Einstiegsportale für die Reisenden und Visitenkarten der SBB. Basel SBB und die anderen grossen Bahnhöfe sind ÖV-Mobilitätszentren, die ein breites Dienstleistungsangebot mit kurzen Wegen zu den Zügen verbinden. Mit SBB WiFi surfen sie zudem gratis im Internet. Wir entwickeln laufend Innovationen: So lotst im Zürich HB die App «Mein Bahnhof» Ortsunkundige ans Ziel. Kleinere Bahnhöfe dienen dagegen primär dem Zugang zur Bahn. Hier wie dort geniessen Sicherheit und Sauberkeit höchste Priorität. Wie in den meisten Städten liegt in Basel der Bahnhof sehr zentral. Was macht die SBB daraus? Direkt beim Bahnhof finden Sie nebst einer Seniorenresidenz auch die grösste Coop-Filiale der Stadt – beide im von uns realisierten Südpark D. Dies ist ein Beispiel, wie die SBB die Bahnhofareale nachhaltig und nachfrageorientiert weiterentwickelt und so die Stadtzentren aufwertet. Das Hauptaugenmerk liegt auf den Interessen der Kunden, der Öffentlichkeit und der Städte und Gemeinden. Deshalb fokussieren wir uns künftig noch stärker auf den Wohnungsbau. 23:40 Spätnachts wird es ruhig im Bahnhof. Damit dies auch so bleibt, drehen Dominic Meyer (links) und Nicola Schaad und ihre Kolleginnen und Kollegen der Securitrans ihre Runde. Sie sorgen für Sicherheit, Ruhe und Ordnung im und um den Bahnhof. Bis 2030 nehmen die Pendlerströme kontinuierlich zu. Was heisst das für die Bahnhöfe? In den Hauptverkehrszeiten ist der Platz heute schon knapp – nicht nur in Basel. Wir arbeiten eng mit dem Personenverkehr und der Infrastruktur zusammen, um die bestehende Fläche bestmöglich zu nutzen und Aus- und Umbauten optimal umzusetzen. Dabei wird eine weiterentwickelte Kundeninformation und -lenkung zentral sein. Foto: Beat Schweizer 35 36 Nutzen Bewegliche Mitarbeitende Mobilität in der DNA Mobil online sein, flexibel arbeiten auch in den Büros: Die SBB ist als Arbeitgeberin auf der Höhe der Zeit. Text: Ruedi Eichenberger | Fotos: Daniel Winkler und Guy Perrenoud Umgestiegen: Andrea Gian Mordasini, 37, hat nach dem Lizenziat sieben Jahre an der Uni Bern in Forschung und Lehre gearbeitet. Dazu war er noch Radrennfahrer. Seit anderthalb Jahren fährt er nun als Lokführer in Lausanne Züge. 80 Prozent. Ein radikaler Wechsel. Aber: «Mein Umfeld reagierte positiv.» Im Führerstand ist ihm so wohl, dass er noch nie Wechselgelüste hatte. Obwohl er weiss: «Es gäbe noch viele Möglichkeiten, auch bei der SBB.» Bewegliche Mitarbeitende Nutzen Noch nie in der 15-jährigen Geschichte der Personalumfrage war die Zufriedenheit und Motivation der SBB Mitarbeitenden so hoch wie 2014. Dies, obwohl der Wandel zum kundenorientierten und fitten Bahnunternehmen für manche auch persönliche Veränderung bedeutet. Motivierte und qualifizierte Mitarbeitende braucht die SBB mehr denn je. In den kommenden Jahren werden viele erfahrene Fachkräfte in Pension gehen. Die demografische Situation fordert heraus, den Nachwuchs zu sichern und Mitarbeitende zu halten. Doch Trümpfe gibt es genug: vielfäl- tige Tätigkeiten, moderne Arbeitsplätze, zahlreiche Entwicklungschancen. «Vielseitigkeit und viele Möglichkeiten – deshalb habe ich diese Ausbildung gewählt», sagt die angehende Logistikerin Sofie Züblin. Punkto Arbeitsmittel und Arbeitsplätze macht die SBB gerade einen Sprung nach vorn. Bald werden alle Mitarbeitenden online mit ihr verbunden sein, auch jene in der «Fläche» – mit Minitablet oder Smartphone. In neuen, zentralen Bürogebäuden in Bern, Zürich und Olten ist das flexible Arbeiten Programm. Mit aktueller Kommunikations- Umgesattelt: Sofie Züblin, 20, hätte nach einem längeren Praktikum im Jura Pferdefachfrau lernen können. Doch dann setzte sie auf ein anderes Pferd, eine vielseitige Logistiklehre bei Login. Drei Jahre später steckt die Zürcherin mitten in der Abschlussprüfung und ist im Gespräch für eine Stelle bei der SBB – als Rangiererin im Personenverkehr. Der grösste Partner im ÖV-Ausbildungsverbund ist für sie erste Wahl: «Nirgends stehen dir mehr Wege offen.» Ausgewichen: Thomas Burri, 47, tut, was die SBB ihren Büromitarbeitenden rät: die Stosszeiten meiden. Der Anlagenmanager bei SBB Energie in Zollikofen BE – zuständig für das Kraftwerk Ritom – ist auch diesen Morgen erst um 7.47 Uhr in Aarau in den Zug zur Arbeit gestiegen. «Dafür mache ich mich auch erst um 18.15 Uhr auf den Heimweg.» Mit Notebook und Smartphone ist er öfters unterwegs oder zu Hause online. «Und mit Lync kann ich Kollegen auf meinen Bildschirm blicken lassen.» technik können Mitarbeitende auch zu Hause und unterwegs arbeiten; so entlasten sie die Hauptverkehrszeiten. «Flexibilität nützt ihnen gleichermassen wie der SBB», findet Personalchef Markus Jordi. «Immer mehr nutzen diese Möglichkeiten gerne – und nicht zuletzt profitieren die Kunden davon.» Videointerviews mit Sofie Züblin, Thomas Burri und Andrea Mordasini finden Sie in der iPad-Ausgabe von «Unterwegs». 37 38 Nutzen Nachhaltige SBB Leiser und sparsamer in die Bahnzukunft SBB Züge fahren immer energiesparender, sind länger im Einsatz und werden ressourcenschonend entsorgt. Ein Fahrzeug wie der Doppelstocktriebzug (DTZ) beschäftigt somit mehrere Generationen von Mitarbeitenden. Text: Heiko Meyer | Fotos: Martin Guggisberg Zehn Gigawattstunden sparen dank neuer Fahrzeugsoftware. Im dicht belegten Gleisfeld vor der Serviceanlage in Oberwinterthur glänzt an diesem Wintermorgen ein Doppelstocktriebzug (DTZ) der Zürcher S-Bahn. Neben der Treppe zum Führerstand kniet Cyril Holewa zwischen Computerkabeln. Der 33-jährige Spezialmonteur rüstet insgesamt zehn Steuergeräte mit einer komplett neuen Fahrzeugsoftware aus. «Hier im Gleisfeld störe ich niemanden bei Instandhaltungsarbeiten, und niemand stört mich», sagt er. Über zwei Notebooks hat sich Holewa zuerst mit dem Bedien- und Diagnoseterminal des Lokführers verbunden und parallel dazu eine der insgesamt acht Klimaanlagen im Fahrzeug angezapft. Pro Gerät benötigt der Ladevorgang rund 20 Minuten. Dank der neuen Fahrzeugsoftware, mit der nun alle 61 Fahrzeuge der DTZ-Flotte ausgerüstet werden, verringert sich deren Lärmemission und wird Energie gespart. So kann der Lokführer künftig situativ entscheiden, ob er den Zug gleichzeitig elektrisch und pneumatisch oder rein elektrisch bremst. In letzterem Fall speist das Fahrzeug die Bremsenergie zurück ins Stromnetz. Zudem wird neu über das Gewicht der einzelnen Wagen gemessen, wie viele Personen sich im Zug befinden, und die Klimaanlagen passen die Belüftung entsprechend an. Sind keine Passagiere an Bord und der Führerstand unbesetzt, schaltet das Fahrzeug automatisch auf Schlummerbetrieb. Gut für Umwelt und Portemonnaie Die zwischen 2006 und 2009 gebauten DTZ-Züge werden nach dem Einspielen des Energiesparpakets mehr als zehn Gigawattstunden Energie einsparen. Das entspricht dem jährlichen Stromverbrauch von 2500 Haushalten. Damit tragen sie zur Umsetzung des «Top-Programms» Energiesparen bei, das bis 2025 konzernweit 600 eingesparte Gigawattstunden zum Ziel hat. «Wir sind auf Kurs», bestätigt Markus Nater, Leiter Umwelt und Energiemanagement bei Operating. «Das Programm ist ein ökologischer und vor allem auch ein wirtschaftlicher Erfolg.» Neben den laufenden energetischen Optimierungen des Rollmaterials kann sich auch die Lebensdauer der SBB Züge sehen lassen: Während technische Geräte – vom Handy bis zum Auto – heute immer schneller durch neue Modelle abgelöst werden, nutzt die Bahn ihre Fahrzeuge immer länger. So werden die 115 gut 25-jährigen Zürcher S-Bahn-Züge der ersten Generation (DPZ) bis 2018 fit gemacht für rund weitere 20 Dienstjahre. Und auch die 119 Lokomotiven Re 460, die seit gut zwei Dekaden das Rückgrat der Fernverkehrsflotte bilden, erfahren bis 2022 eine Modernisierung im Industriewerk Yverdon-les-Bains und werden anschliessend für weitere 20 Jahre im Einsatz stehen. SBB Personenverkehr investiert jährlich rund eine Milliarde Franken ins Rollmaterial. Angesichts dieser Dimension müssen die Lieferanten und Unterlieferanten hohe Anforderungen erfüllen in Bezug auf nachhaltige und rechtskonforme Lieferketten. «Dabei betrachten wir nicht nur die reinen Einkaufspreise, sondern das gesamte Preis-Leistungs-Verhältnis im Produktlebenszyklus. Wir haben damit seit 2008 gute Fortschritte und Erfahrungen in allen Flottenausschreibun- Nachhaltige SBB Nutzen reicht der Strom, den die SBB bei 61 DTZ-Zügen einspart. Spezialmonteur Cyril Holewa spielt dem DTZ-Zug die neue Software ein. «Wahrscheinlich werde ich noch vor diesem Zug in Pension gehen.» Cyril Holewa gen gemacht und übertragen dies nun auf Ersatzteile und Anlagen», sagt Dietmar Gessner, Leiter Flottenbeschaffung und strategischer Einkauf. Ein Beispiel hierfür sind neue Komponenten für die Stromrichter der Re-460-Loks, die Energie im Wert von drei Millionen Franken pro Jahr einsparen. Modernisieren oder ersetzen? Ob eine bestehende Flotte modernisiert oder durch neue Fahrzeuge ersetzt wird, prüft das im Mai 2014 ins Leben gerufene Lifecycle-Management von Operating im Auftrag des Regional- oder Fernverkehrs. «Was in welchem Fall sinnvoll ist, hängt unter anderem von der Angebotsentwicklung, dem vorhandenen Rollmaterial und den zu erwartenden Gesamtkosten einer Flotte ab», sagt Leiter Fabian Hohermuth. Energieeffizienz sei dabei ein wichtiger Faktor. Weitere Nachhaltigkeitsaspekte wie zum Beispiel ein barrierefreier Zugang, familienfreundliche Bereiche oder ergonomische Sitze im Führerstand werden nach und nach in allen Flotten umgesetzt. Hat ein Fahrzeugtyp einmal das Dienstende erreicht, erfolgt die Verschrottung nach SBB weit abgestimmten Prozessen. Achsen, Radsätze, Puffer etc. werden in vielen Fällen ausgebaut und wieder aufgearbeitet. «Grundsätzlich achten wir bei der konzernweiten Entsorgung von Fahrzeugen darauf, dass in Absprache mit dem Ersatzteildienst, alle kritischen Materialien wiederverwertet werden», sagt Rolf Kaufmann, Leiter des Kompetenzcenters Entsorgung und Tankanlagen. Seit Anfang 2015 betreut dieses sämtliche Standorte der SBB mit dem Ziel, die bis anhin unterschiedlichen Prozesse bei der Entsorgung zu vereinheitlichen, dadurch die Kosten zu reduzieren, den Erlös aus Wertstoffen zu steigern und die Einhaltung aller gesetzlichen Anforderungen nachweisbar sicherzustellen. Cyril Holewa hat die neue Software inzwischen erfolgreich auf dem Doppelstöcker installiert. Der DTZ ist ab sofort noch nachhaltiger unterwegs. «Bei seiner Ausmusterung werde ich vermutlich längst pensioniert sein.» → «Unterwegs», Sondernummer zum SBB Geschäftsbericht 2014, 26. März 2015 Sonderausgabe der Zeitschrift für die SBB Mitarbeitenden zum SBB Geschäftsbericht 2014, 26. März 2015 → Herausgegeben von der SBB Kommunikation: Andreas Stuber, Reto Kormann → Redaktion (SBB) Ruedi Eichenberger, Martin Stutz → Realisation (Infel AG) Bruno Habegger (Leitung), Laetitia Buntschu Signer (Art Director), → Übersetzungen SBB Sprachdienst, UGZ Übersetzer Gruppe Zürich GmbH → Druck Stämpfli AG, Bern, ISSN 2296-1852 → Mehr zur Jahresberichterstattung 2014 im Internet: www.sbb.ch/geschaeftsbericht Sondernummer zum Geschäftsbericht 2014 39 → Seite 6. Illustration: Tom Künzli