Chronologie des Arbeitskampfes - Gesundheit & Soziales

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Chronologie des Arbeitskampfes - Gesundheit & Soziales
Chronologie des Arbeitskampfes
Beschäftigte der Brandenburgklinik Berlin-Brandenburg
GmbH und Michels Pflege GmbH kämpfen für einen
Tarifvertrag
Wer oder was ist die Brandenburgklinik?:
Bei der Brandenburgklinik und der Michels Pflege handelt es sich um Unternehmen
der Michels Kliniken - ein modernes familiengeführtes Unternehmen im
Gesundheitswesen.
„Die Brandenburg Klinik Berlin-Brandenburg beheimatet die Fachabteilungen für
Neurologie in den Behandlungsphasen B (75 Akutbetten im Krankenhausbedarfsplan
des Landes), C und D, Psychosomatik sowie Orthopädie und Kardiologie. Mit einer
Aufnahmekapazität von insgesamt 700 stationären Patienten ist die Brandenburg
Klinik das größte Haus im Unternehmensverbund der Michels Kliniken.“ Weitere
Rehabilitationskliniken des Unternehmensverbunds gibt es in Sachsen und
Niedersachsen.
Was bisher geschah:
September 2013: Der zu dieser Zeit noch Betriebsratsvorsitzende der
Brandenburgklinik meldet sich bei mir, mit Bitte um ein Treffen. Zu diesem Zeitpunkt
gab es in der Brandenburgklinik mit rund 600 Beschäftigten 26 Mitglieder. Ziel des
Gespräches war es, Möglichkeiten aufzuzeigen und Strategien zu entwickeln, wie die
Belegschaft in den Genuss von tariflichen Regelungen kommt.
Denn, das wurde deutlich, die Entgelte der KollegInnen liegen weit unter dem des
TVÖD und vergleichbaren Tarifverträgen.
Ab Oktober 2013 – Frühjahr 2014:
- Teilnahme von ver.di Gewerkschaftssekretärin an Betriebsversammlung,
-
Einberufen und Durchführung von Mitgliederversammlungen,
-
Aktionswoche „Es ist mehr drin“ im November 213 wurde zum Schlüsselereignis
in der Mitgliederentwicklung:
Nachdem wir die Aktion langfristig vorher bei der Geschäftsführung und den
Beschäftigten angekündigt hatten, erhielt ver.di
15 Stunden vor
Aktionsbeginn, eine per Einschreiben zugestellte Zutrittsverweigerung auf dem
Gelände der Brandenburgklinik. Daraufhin wurde in einer „Nacht- und
Nebelaktion“ ein Flugblatt entworfen und gedruckt, mit dem ab dem frühen
Morgen des 13.11.2013 zwei hauptamtliche Kolleginnen vor den Toren
standen und den Beschäftigten erklärten, dass wir leider nicht rein kommen
usw.
Das war für viele Beschäftigte Anlass, sich ver.di anzuschließen und sich für
bessere Arbeitsbedingungen und höhere Entgelte stark zu machen.
-
Ende des Jahres 2013 zählten wir schon fast 100 ver.di Mitglieder.
-
Es folgten weitere Mitgliederversammlungen und
Infoflugblätter. Der Kontakt
zum Betriebsrat wurde stetig ausgebaut, neue Aktive gewonnen und ein
Netzwerk über Mail- und Handyverteiler aufgebaut.
-
Zum 1.1.2014 wurde der Pflegebereich aus der Brandenburgklinik in die
Michels Pflege GmbH nach 613 a BGB ausgegliedert. Damit wurden bei den
Betriebsratswahlen im Frühjahr 2014 zwei Betriebsräte (beide ver.di
dominiert) gewählt.
-
Am 04.03.2014 wurde in einer Mitgliederversammlung die gemeinsame
Tarifkommission – zusammengesetzt aus 6 ver.di Mitgliedern der
Brandenburgklinik und 6 Mitgliedern der Michelspflege.
Frühjahr 2014 – bis Oktober 2014:
- Die Tarifkommission traf sich ungefähr 8 mal nach Dienstende gegen 16:30
Uhr im Restaurant Rosengarten in Wandlitz sowie zu 2 Klausurtagungen am
Wochenende.
Es wurde der Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes (TVÖD) bearbeitet und
daraus Forderungen abgeleitet bzw. ein für die Beschäftigten zutreffender
Tarifvertrag formuliert.
-
In der Samstagsklausur am 11.10.2014 wurden vor allem Absprachen zum
Verfahren getroffen.
Gewählte ver.di Mitglieder hatten sich also 7 Monate lang in ihrer Freizeit mit den
Forderungen auseinandergesetzt – nun war es an der Zeit den Rest der Belegschaft
noch mehr als bisher einzubeziehen und mitzunehmen!
Beginn des Arbeitskampfes ab November 2014:
Arbeitgeber wurden von ver.di im Oktober (17.10.) 2014 erstmalig zu
Tarifverhandlungen aufgefordert. In beiden Unternehmensteilen gibt es zu diesem
Zeitpunkt keine tarifliche Bindung und die Entgelte liegen immer noch weit unter
dem des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst und ebenfalls unter vergleichbaren
Einrichtungen in Berlin oder Umkreis.
Die Forderung lautet:
Wir fordern einen Haustarifvertrag, der sich am Niveau des Tarifvertrages für den
öffentlichen Dienst (TVöD) orientiert. Dazu gehören u.a. Zuschläge für Dienste zu
ungünstigen Zeiten, Jahressonderzahlung (Weihnachtsgeld) bis zu 90 Prozent eines
Monatsgehaltes, Krankengeldzuschuss, Zusatzurlaub für Wechselschicht- und
Schichtarbeit, bessere Kündigungsfristen, nachvollziehbare gerechte
Eingruppierungsregelungen, ein gutes Gehalt, das mit regelmäßigen
Tarifverhandlungen auch in Zukunft erhöht wird.
Die Geschäftsführung meldet sich nicht – auf Nachfragen wird nicht reagiert.
Es folgen:
- 17.11.2014 aktive Mittagspause vor den Toren – es gibt Kaffee, ver.di
Brotdosen und Süßes zum
„Aktivieren und Durchhalten“ – Janine Balder
berichtet, dass die Geschäftsführung zu Tarifverhandlungen aufgefordert sei,
sich aber nicht meldet und zeigt auf, was mögliche nächste Schritte sein
können. Es kamen ca. 100 Beschäftigte aus beiden Betriebsteilen in der Zeit
von 12:00 – 13:00 Uhr vor das Haupttor
18.12.2014 im Zusammenhang mit einer weiteren aktiven Mittagspause gab es
-
eine Aktion „Tarifvertrag jetzt“ – es wurden Textilaufkleber mit diesem
Aufdruck verteilt und von vielen von diesem Tag an getragen. Auch an
dieser Aktion, bei inzwischen weit kühleren Temperaturen, beteiligten sich
ebenfalls ca. 80 Beschäftigte und tauschten sich bei einem Kaffee über das
weitere Vorgehen aus.
„Da die Geschäftsführungen – trotz wiederholter Aufforderung – noch nicht einmal
den Mut haben, uns zu sagen, dass sie keinen Tarifvertrag verhandeln wollen,
haben die ver.di Mitglieder beschlossen, zu streiken. Das ist das einzige Mittel, um
die Geschäftsführung zu Verhandlungen zu zwingen“ sagte danach
Gewerkschaftssekretärin Janine Balder gegenüber der Presse
Das
Ergebnis
dieser
Aktionen
war
es,
dass
die
Geschäftsführungen
der
Brandenburgklinik Berlin-Brandenburg GmbH und der Michels Pflege GmbH fast allen
Beschäftigten eine Gehaltserhöhung bis zu 300,- angeboten hat.
Ziel der Geschäftsführungen war es, die Kolleginnen und Kollegen zufrieden zu
stellen,
damit
sie
sich
nicht
weiter
für
einen
Tarifvertrag
einsetzen
und
die
Belegschaft für einen Arbeitskampf zu schwächen. Die KollegInnen und Kollegen
aber haben mehr verdient, und es geht um mehr als nur die Erhöhung der
Entgelte. Außerdem, das war der Tenor unter der Belegschaft, warum kann die
Geschäftsführung diese Gehaltserhöhung nicht tariflich festschreiben. Klar schien, der
Wille nach einem Tarifvertrag ist stark und so beschlossen die ver.di Mitglieder in
den Streik zu gehen.
Vor dem Streik gab es am Samstag, den 10.01.2015 eine weitere Klausur, in der
wir vor allem über die Notdienstvereinbarung abstimmten und die Durchführung des
Streiks zu planen und zu organisieren.
Für den 20. und 21.01.2015 rief ver.di daher zu zwei Warnstreiktage jeweils von 06:00
bis 18:00 Uhr vor den Toren des Klinikgeländes auf.
Die Arbeitgeberseite wurde von ver.di Hauptamt am 13.01.2015 zur Aufnahme von
Verhandlungen zu einer Notdienstvereinbarung für bevorstehende
Arbeitskampfmaßnahmen aufgefordert.
Auch dieses Angebot wurde leider von der Geschäftsführung durch Nichtreagieren
ausgeschlagen.
Am 15.01.2015 wurde die Arbeitgeberseite dann schriftlich über die Durchführung
von zwei Warnstreiktagen informiert.
Da keine Räumlichkeiten zur Verfügung standen, von sehr aktiven Ehrenamtlichen
organisiert, alles heranzuholen was wärmt…Zelte, Heizpilze, Feuerschalen, heiße
Getränke, Musik zum Bewegen und zum Mittag eine heiße Suppe aus der
Gulaschkanone.
…und schon am zweiten Tag, kam fast Wohnzimmeratmosphäre auf der Strasse –
trotz nasskalter Temperaturen um die 2 Grad auf – die Streikenden brachten
Decken und Klappstühle – es wurde Feuerholz von Verwandten und Bekannten
gebracht, selbstgebackener Kuchen angeboten und Tipps zum Warmhalten der Füße
weitergegeben…
Leider bleibe aber auch diese Kampfmaßnahme ohne Erfolg – Rückmeldungen waren
allerdings, dass vermehrt Leasingkräfte organisiert wurden, so dass auf manchen
Stationen mehr Personal als unter normalen Alltagsbedingungen anzutreffen war.
-
am 02. Februar 2015 wurde in einer weiteren sehr gut besuchten
Mitgliederversammlung beschlossen, eine Urabstimmung für die Aufnahme
eines Erzwingungsstreiks durchzuführen.
-
bei der Urabstimmung am 24. und 25. Februar 2015, die ebenfalls unter einem
Zelt vor den Toren abgehalten wurde, sprachen sich 96 % für die
Durchführung eines Erzwingungsstreiks aus.
Taktisch / strategisch entschieden wir uns zunächst für einen Wellenstreik –
mit sehr kurzen Ankündigungsfristen sowohl für die Arbeitgeber als auch für
die Beschäftigten und Streikenden.
1. Streikwelle: 04.- 05. März 2015
ca. 150 Streikende pro Tag, wieder nasskaltes Wetter, dennoch super
Stimmung,
2. Streikwelle: 10.- 12. März 2015
ca. 120 Streikende pro Tag, wieder nasskaltes Wetter, obwohl die Aussichten
besser schienen – was leider etwas aufs Gemüt schlug…
Gestreikt wurde in beiden Streikwellen in der Früh- und Spätschicht, mit
Einbruch der Dunkelheit und nachdem wir uns versichert hatten, dass die
Spätschicht entsprechend unserer angewandten Notdienstvereinbarung, besetzt
war, wurden die Zelte abgebaut. Wie schon beim den beiden
vorangegangenen Warnstreiktagen, wurden die Streikenden immer kreativer, in
Bezug auf aufs Warmhalten – unterstützt wurden und ermutigt, durchzuhalten,
wurden die KollegInnen von haupt- und ehrenamtlichen KollegInnen – u.a.
auch aus Berlin und durch Solierklärungen von der Fraktion der Linken
Uckermark/Barnim sowie von anderen Rehakliniken aus der Bundesrepublik,
dem BzfbV Uckermark/Barnim, der Berliner Landesleitung und natürlich durch
eine gute Pressebegleitung über die Märkisch Oderzeitung, RBB und Antenne
Brandenburg.
Bis zum Ende der 2. Warnstreikwelle gab es keinerlei Zeichen der
Geschäftsführung, dabei war das zu diesem Zeitpunkt die wichtigste Forderung
der Streikenden, dass es endlich Gespräche mit ver.di und der
Arbeitgeberseite gibt!
Dann kam ganz plötzlich das lang ersehnte Zeichen:
Herr Kurt Josef Michels wandte sich mit einer Mail am 13.03.2015 mit folgendem
Inhalt an die Gewerkschaftssekretärin Janine Balder:
Vor dem Hintergrund , dass sie (die GF) bis zum September 2015 erkennen und
dokumentieren können, wie die bisher zugesagten und seit Januar 2015 umgesetzten
Lohnveränderungen in der Brandenburgklinik und Michels Pflege die
betriebswirtschaftliche Situation der Klinik verändert haben, seien sie bereit mit ver.di
ab dem 1.09.2015 Gespräche aufzunehmen. Zum Wohle der Klinik und der
Belegschaft baten sie von weiteren Streikmaßnahmen abzusehen, und sicherten zu,
von Repressalien gegenüber der Belegschaft abzusehen.
Daraufhin wurde die für die 12. KW geplante 3. Streikwelle zunächst ausgesetzt.
Die Tarifkommission diskutierte und beratschlagte trotz des zunächst willkommenen
Zeichens am 17.03.2015 lange und heftig über das weitere Verfahren.
Es gab daraufhin ein Schreiben dieser an die Geschäftsführung, mit dem Hinweis,
dass September zu spät ist und wir gerne noch im April 2015 Sondierungen
aufnehmen wollen. Dies sollte bis zum 27.03.2015 von der Geschäftsführung
bestätigt werden.
Am 23.03.2015 bekam Janine Balder, zuständige Gewerkschaftssekretärin einen Anruf
von Herrn Kurt Josef Michels, indem er zum einen den Eingang des Schreibens
bestätigte und entsprechend unserem Wunsch, Terminvorschläge für ein
Sondierungsgespräch unterbreitete.
In der Tarifkommission war man sich im Vorfeld darüber einig, dass dieses
Gespräch zunächst von Heike Spies als Verhandlungsführerin und Janine Balder mit
der Geschäftsführung geführt wird.
Nun haben wir nach über 6 Monaten warten und einigen harten
Arbeitskampfmaßnahmen den langersehnten ersten Schritt – am 29. April 2015 gibt
es ein Sondierungsgespräch.
Ziel wird es nun sein, nach dem Sondierungsgespräch zügig in Verhandlungen zu
kommen. Mit inzwischen 221 Mitgliedern bei 618 Beschäftigten eine gute
Voraussetzung.
Janine Balder und Heike Spies