x-marks the pedwalk

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x-marks the pedwalk
März / April 10
Ausgabe 24 - Jahrgang 4
X-Marks
the Pedwalk
The Beauty of Gemina
My Friend Skeleton
Bacio di Tosca
Absurd Minds
Mind in a Box
Eisbrecher
De/Vision
Noisuf-X
KMFDM
PTYL
The Beauty
of
Gemina
mit
Gratis CD Sampler Dark Alliance Vol. 6
Editorial
Schloss Cottenau – 95339 Wirsberg
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Schloss Cottenau, 95339 Wirsberg
Chefredaktion: Peter Heymann (V.i.S.d.P.)
Redaktion: Freya Diepenbrock, Gert Drexl, Frank
„Otti“ van Düren, Daniel Friedrich, Peter Heymann,
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Oben, Siegmar Ost, Philipp Strobel, Luke J.B. Rafka,
Diana Schlinke, Ian Stone
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...in diesen Clubs gibt es das NEGAtief:
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oder per Abonnement bei www.NEGAtief.de
Sich inmitten des tiefsten Winters Gedanken über die
nächste Festivalsaison oder die im Frühjahr startenden
Tourneen zu machen, ist gar nicht so leicht und irgendwie auch surreal. Während nun also vor dem Fenster
die Schneeflocken nicht totzukriegen sind und die Heizung auf maximaler Leistung ihr Bestes gibt, haben wir
für euch wieder ein schwarz-buntes Paket an Artikeln
geschnürt, um zumindest musikalisch den Frühling
einzuleiten. Schluss mit Eiszeit, es lebe der Pollenflug!
Na ja, so ganz ernst gemeint ist das natürlich nicht, zumal gerade die Jungs von Eisbrecher streng an ihrem
Thema festhalten, aber zumindest was X-Marks the
Pedwalk angeht, ist hier jemand aufgetaut, auf dessen
Comeback viele schon lange gewartet haben. In diesem
Sinne: Hi Ho, let’s go!
Eure Redaktion
Schreiber gesucht!
Ihr kennt euch aus mit Gothic, EBM, Electro oder
Mittelalter? Eure zweite Heimat ist der Platz vor dem
Bildschirm eures Rechners? Dann habt ihr schon die
ersten beiden Hürden genommen, kommen jetzt
noch Leidenschaft zum Schreiben und vielleicht erste Erfahrungen hinzu, so wird es höchste Zeit, dass
ihr euch bei uns bewerbt. Bitte sendet uns euer persönliches Kurzprofil und ein oder zwei Leseproben
an kontakt@negatief.de.
Da unser Dark Alliance Sampler nicht aufgeklebt wird
- das schöne Artwork soll ja keinen Schaden nehmen kann es immer mal wieder passieren, dass du leer
ausgehst. Das muss nicht sein, denn du kannst das
NEGAtief auch problemlos gegen Porto abonnieren.
So bekommst du das NEGAtief nicht nur regelmäßig,
sondern auch immer wieder besondere Gimmicks,
die unseren Abonnenten vorenthalten sind.
Inhalt
5 Kolumne Schementhemen
7Soundcheck
35Buch Zwerchwerk
40 Festival M‘era Luna
50 Absurd Minds
41 Alter der Ruine
12 Bacio di Tosca
16 The Beauty of Gemina
15 CeDigest
23 Dandelion Wine
5 Destroid
25 De/Vision
48 Eisbrecher
24 Eisenfunk
31 Lost in Desire
36 mind.in.a.box
26 My Friend Skeleton
21 Noisuf-X
35 Inkubus Sukkubus
43 KMFDM
39 Resist
44 Paul Roland
41 Psyborg Corp.
30 PTYL
34 Sarah Jezebel Deva
44 StatiCViolence
38 Vlad in Tears
46 Whispers in the Shadow
42 X-Divide
8 X-Marks the Pedwalk
40 XotoX
Myk Jung durchleuchtet die Schatten
Prokrastination
alsbald, in höchster Schreiblaune, zurück
zum wartenden Monitor zu eilen, doch
weh! Nun wird es schon dunkel, und
in der dämmrigen Stunde des Abends
Wenn ich nicht das dringliche Gefühl hät- wird man melancholisch: da hilft nur ein
te, die im Titel genannte Krankheit breite kleines Stauder Pils und ein Kippchen,
sich grassierend aus, würde ich bestimmt und unverhofft fällt einem jener manicht drüber schreiben! Indes befürchte gische Herbstabend von anno dazumal
ich ja, dass das Prokrastinationsfieber ein, dessen man kurz ein bisschen länger
um sich greift. Doch vielleicht kennt eingedenk sein könnte – vielleicht ließe
ihr gar nicht diesen Krankheitsbegriff? sich aus ihm ja ein Kolumnenthema zimMacht nix, ich kannte ihn ja bis vorge- mern? Schnell noch den Aschenbecher
stern auch nicht – doch seine Symptome, leeren, der stört ja mit seinem Mief den
die kenne ich! Sie sehen
frischen Hauch der Inspiungefähr so aus: Es ist der
Lesungstermine:
ration; dann aber geht’s
Deadline-Tag der Kolumne
14.3. Flux, Velbert
los!… Wisst ihr, was das
gekommen. Der Monitor
19.3. Wärmehalle Süd,
ist? Richtig! Chronischer
strahlt
erwartungsvoll,
Leipzig
Handlungsaufschub. Im
leer und gleißend. Nun 20.3. Victor Jara, Leipzig Fachjargon: eine waschmuss er nur noch mit eiechte Prokrastination!
11.4. Flux, Velbert
ner aufwühlenden Idee
25.4. Orlando, Bochum
Krass, oder? Nun aber
gefüttert werden. Da man
könnte ich eigentlich
gähnend mit den Dämonen der Einge- beruhigter sein: Ich kann doch gar nix
bung ringt, gleitet der müde Blick nach dafür, wenn hier keine richtige Kolumne
ringsherum. Was für ein Durcheinander! entsteht! Is’ ja nur meine ProkrastinaDutzende von vollgeschmierten Zet- tion! Schnell noch ein Bier, zum Relaxen.
teln, CDs, Kram, Gedöns! Kein Wunder, Falls ihr auch Prokrastination habt, seid
dass einem nichts einfällt! Schnell ein einfach ebenfalls erleichtert: Euch selbst
bisschen Ordnung schaffen: kleine Stä- trifft ja keine Schuld.
pelchen schichtet man von links nach www.schementhemen.de
rechts. Ein paar von den Stapeln könnte myspace.com/schementhemen
man auch auf dem Küchentisch platzieren, damit der
Blick zum Monitor schön frei
wird – wie sieht’s denn in
der Küche aus? Man sollte
dringend was unternehmen:
denn in einer solchen Chaos-Umgebung kann einem
ja schlichtweg nichts Gutes
einfallen! Also fopp! Eine
kurzfristig eingeschobene
Spül-Session – und da man
schon dabei ist, könnte man
auch gleich mal flüchtig
staubsaugen; währenddessen hat man bestimmt die
zündende Idee, um dann
(Über die Schwierigkeit, Kolumnen zu schreiben – oder überhaupt etwas zu machen)
Electro gegen
die Stille in der Welt
Was macht ein Electrotüftler,
wenn ihm langweilig ist? Er bastelt ein neues Werk, welches er
„Silent World“ tauft. Der Haujobb
Fan dachte schon, dass sich der
liebe Daniel von der großen Bühne so langsam zurückzieht, aber
da wurde die Rechnung ohne den
Wirt gemacht. Herr Myer ist einfach ein unruhiger Geist, der nicht
ohne die Musik leben kann. Sei es
durch sein Projekt Destroid, welchem er nun die letzte Zeit seine
volle Aufmerksamkeit gewidmet
hat oder mit seiner seit 2006 zusätzlichen Mitgliedschaft bei den
Futurepop Heroen von Covenant.
Auch hier wird es 2010 wieder
was Neues geben. Dass sich dieses
Genie eher durch die Musik ausdrückt, merkt man am nachfolgenden prägnanten Interview.
Mit „Silent World“ bringst du erneut eine EP auf den Markt. Wie
bist du als Perfektionist mit der CD
zufrieden?
Wie immer, die ersten zehn Minuten
finde ich die neuen Tracks super, danach werden neue gemacht. Für den
nicht ganz so musikwahnsinnigen
Hörer kann ich aber sagen, dass es
eine sehr gelungene EP geworden ist,
die nicht nur abwechslungsreich,
sondern
auch
qualitativ in der Oberliga spielt.
Mir gefällt der Titelsong „Silent
World“ im SITD Remix und das
The Sisters Of Mercy Cover „Lucretia My Reflection“. Welcher Song
liegt dir am Herzen?
Es freut mich, dass dir zumindest ein
Teil der EP gefällt. Mir gefallen alle
Tracks.
Fehlt dir dein Projekt Haujobb und
was erwartet uns in Sachen Covenant?
Das Projekt Haujobb fehlt mir nicht
wirklich, wir arbeiten gerade am neuen Album. Und auch mit Covenant
wird es eine neue Scheibe bzw. Download geben. Dieses Jahr wird für mich
sehr aufregend und für den musikinteressierten Zuhörer auch.
Was ist dieses Jahr noch geplant?
Eine Tour? Festivals?
Geplant ist viel, sehr viel. Festivals, LP,
etc.
Danke für das Interview. Dir gehören die letzten Worte an unsere
Leser und deine Fans.
Wenn man nichts zu sagen hat – mal
einfach Klappe halten.
Heiko Nolting
www.destroid.de
www.myspace.com/destroidmusic
VÖ: „Silent World“ 19. Februar 2010
„alter“ Fan oder wem XMTP bisher nichts sagte. Die Booklet-Fotografie, für die Markus Hauschild engagiert wurde,
vervollständigt das Werk. Sevren selbst präsentiert die
Themen des Albums wie Angst und Sehnsucht in eindrucksvoll-ästhetischen Schwarz-Weiß-Bildern. Wer mehr über X
Marks the Pedwalk erfahren möchte, sollte zu unserer Titelstory umblättern. Diana Schlinke
tipp der redaktion
The Beauty of Gemina
„At the End of the Sea“
Die Schweizer um den charismatischen Frontmann und
Songschreiber Michael Sele
liefern mit ihrem dritten
Longplayer „At the End of
the Sea“ ein deutlich rockigeres Album ab. Im Vergleich zum vielumjubelten
Vorgänger „A Stranger to Tears“ hat man sich diesmal
verstärkter auf die Gitarrenarbeit konzentriert, ohne jedoch
die ausdrucksstarken Melodien und den kompositorischen
sowie textlichen Tiefgang vermissen zu lassen. Die 13 neuen
Songs sind genauso hypnotisch wie bisher und machen einfach süchtig, denn ihre unverkennbare Mischung aus Coldwave, Dark Rock und Electro gemischt mit Seles intensiver
Stimme und seinen tiefschürfenden Texten geben dem neuen Album eine unglaubliche Dichte und Ausstrahlung. Mit
„At the End of the Sea“ beweisen The Beauty of Gemina
nachdrücklich, dass sie zur Speerspitze der internationalen
Rock- und Waveszene gehören. Poloni Melnikov
X-Marks the Pedwalk
„Inner Zone Journey“
Wer die alten XMTP erwartet, wird vielleicht etwas
enttäuscht sein, aber Sevren
Ni-Arb kontert, er mag sich
nicht gerne selbst kopieren.
So ist das neue Studioalbum
eine Weiterentwicklung des
alten Stils. Mal sehr kantig wie beim Einsteiger „Lifeline“,
der übrigens sofort im Ohr hängen bleibt, und mal sogar
etwas verträumt wie bei „Sattelite“. Der gemeinsame Gesang von Sevren und seiner Frau Estefania wie bei „Obscure
Reason“, „Winter comes tomorrow“ und „Clean Hearts“
ergänzen sich und schaffen so eine vollkommene Harmonie.
Jedes Lied ist tanzbar, ob nun kantig oder etwas ruhiger.
Die elf Songs bilden insgesamt ein homogenes Ganzes, ein
Elektropop-Album, in das jeder reinhören sollte, ob nun DJ,
Phallus Dei „A Day In The
Life Of Brian Wilson“
Acht Jahre warteten die Fans
von Phallus Dei auf neues
Material. Seit dem 22. Januar 2010 steht „A Day In The
Life Of Brian Wilson“ in den
Läden. Mit der relativ unbekannten kanadischen Sängerin Clara Engel und John Walker, von den
legendären „Walker Brothers“, haben die drei Musiker zwei
Gastsänger verpflichten können, die mit ihren Stimmen den
jeweiligen Tracks eine besondere Mystik und Melancholie
einhauchen. Theatralisch, romantische Geräusche sowie der
Gesang werden von den Musikern gekonnt mit akustischen
Gitarrenklängen, Klaviertönen und Schlagwerk gepaart.
Mal ertönt ein metallisches Rauschen, dann hört man nur
einen wavigen Basslauf als Hauptinstrumentalisierung oder
es sticht das Klavier, die Akustikgitarre sowie der Gesang
in den Vordergrund und schafft somit eine besonders entspannende Atmosphäre. Ein gelungenes Werk für mystisch
angehauchte Romantiker. Luke J.B. Rafka
My Friend Skeleton
„Vanitas”
Es ist beeindruckend, was für
ein Konzept hinter diesem
Debüt steckt. Das Vergänglichkeits-Motiv,
welches
zwei Seiten birgt, wird von
den maskierten Bandmitgliedern perfekt musikalisch
umgesetzt. So beinhaltet das Album zwei CDs, mit jeweils
einem Thema, welches nicht nur lyrisch, sondern auch musikalisch dargestellt wird. Die erste CD „Hinter der Maske der
Schönheit…“ hat einen warmen Sound, oft mit einer weiblichen Stimme zum Ausdruck gebracht. Die Texte sind hier
primär in Englisch verfasst, bis auf den letzten Song „Alice“. Dieser bildet in deutscher Sprache den Abschluss des
ersten Parts des „Vanitas“-Konzeptes. CD 2 „… lauert der
Tod“ hat einen kalten Klang. Inspiriert vom Industrial- und
EBM Genre hören wir verzerrte Stimmen und der Hauptteil
besteht aus einer sogenannten „Roboterblut-Ouvertüre“
mit mehreren Akten. Oft stark rhythmisch geprägt, aber
dennoch abwechslungsreich, bietet sie ein interessantes
Hörerlebnis. My Friend Skeleton haben mit diesem Album
ein Gesamtkunstwerk geschaffen, an dem besonders Musikliebhaber mit breit gefächertem Geschmack viel Freude
haben werden. Norma Hillemann
Bacio di Tosca
„Hälfte des Lebens“
„Hälfte des Lebens“ – das klingt wie die
Bestandsaufnahme, das Resümee und der
Abschied von der Jugend. Doch Bacio di
Tosca wären nicht von der Muse geküsst,
wenn sie nicht schon immer eher dem
neoklassischen Genre gefrönt hätten. Diese Stilistik, die vor allem in der Hochzeit
der Neuen Deutschen Todeskunst rege Blüten trieb, ist die
Königsdisziplin der beiden Protagonisten und lässt einen
Klangkosmos sondergleichen hinter der barock anmutenden
Musikfassade entdecken. So sind die klassischen Gesänge
und Interpretationen hochromantischer Texte und Themen
im minimal tanzbaren Orchesterbett bestens aufgehoben
und versprechen schwebende Momente, die vor allem bei
Kerzenschein, einem guten Glas Wein und der Rückbesinnung ihre ganze Kraft entfalten können. Entschleunigung,
das Entdecken der Stille und die innere Einkehr wurden selten so leicht gemacht. Was braucht man mehr, um Abstand
zum rasenden Alltag zu gewinnen? Gert Drexl
mind.in.a.box
„R.E.T.R.O“
Sich an die Vergangenheit zu erinnern,
ist angesichts der Geschwindigkeit, mit
der sich bisweilen die Dinge verändern,
nicht die schlechteste Herangehensweise.
Nachdem mind.in.a.box ihre vorangegangene Alben-Trilogie mit „Crossroads“
erfolgreich abschließen konnten, stand
für „R.E.T.R.O“ mit einer Rückschau auf
die Sounds der Commodore 64 Ära ein gänzlich anderes
Konzept auf dem Programm. Inspiriert von den Klängen jener Zeit, als Heimcomputer flächendeckend ihren Einzug in
die Wohnstuben halten konnten, erschufen die Österreicher
ihre eigenen Coverversionen zu Computerspiel-Soundtracks
wie „The Last Ninja“. Neben den direkt als 80er-Hommage
angelegten Titeln, finden sich aber auch gänzlich neue
Songs wie „Whatever Matters“, die ebenfalls bestens dazu
geeignet sind, eine Brücke zwischen den Instrumentals der
Vergangenheit und zeitgemäßen Elektronikdesigns zu erzeugen. Ein rundes Album. Ian Stone
X-Marks The Pedwalk
Das Unterfangen „Comeback“
Nach fast 15 Jahren musikalischer Abstinenz
sind XMTP zurück. Mit der neuen Single „Seventeen“ bekamen die Fans bereits einen Vorgeschmack auf „Inner Zone Journey“ (Infacted
Recordings). Kopf der Band Sevren Ni-Arb gab
uns einen Einblick in das neue Werk, was ihn
dazu bewogen hat, nun doch erneut ein Album aufzunehmen und er verrät, wann wir
XMTP endlich wieder live erleben können.
Nach ungefähr 15-jähriger Pause seid ihr wieder zurück. Was hat euch dazu bewogen?
Das war ein recht langer Weg. Dabei stand der Albumtitel „Inner Zone Journey“ bereits 1997 fest. Ich habe
zu dieser Zeit den XMTP-Titel „Bloom“ produziert
– meine zugleich letzte XMTP-Produktion, die 2004
ihren Weg auf unser Best-Of-Album „Experiences“
fand. In den Jahren nach der Veröffentlichung von
„Experiences“ spielte ich gelegentlich mit dem Gedanken, dieses Album zu realisieren. Aber es blieb
dann auch nur bei den Überlegungen. Mitte 2008 beschäftigte ich mich dann aber intensiver mit der Idee,
machte konkrete Pläne. Zunächst war für mich besonders wichtig, zu sehen, wie ich es vor allem zeitlich
arrangieren könnte. Im Oktober 2008 hat mich dann
doch eine gewisse Unruhe gepackt und ich wollte
es einfach wissen. Also habe ich mir dann noch einmal ein kleines Studio in meinem Haus eingerichtet.
Schneller als gedacht – ich musste mich schließlich
erst einmal in die neuen digitalen Produktionsmöglichkeiten einfinden – standen erste Ideen. Da war
mir klar, dass es tatsächlich funktionieren kann. Ich
kontaktierte meinen Bruder Raive. Im März fiel dann
die Entscheidung für das offizielle Comeback.
Als Vorgeschmack auf „Inner Zone Journey“ erschien bereits die Single „Seventeen“. Welche
Reaktionen habt ihr darauf bekommen?
Zunächst einmal waren wir doch überwältigt, welches
Feedback die Ankündigung unseres Comebacks generell bei Fans und in den Medien ausgelöst hat. Wir haben ja die gesamte Szene in den letzten Jahren überhaupt nicht weiter verfolgt. Aber natürlich wurde auch
schnell klar, dass die Erwartungshaltungen an das
neue Material so vielfältig waren, wie unsere gesamte
Discography. Die einen wünschten sich eher Anschluss
an die alten Sachen wie „Freaks“, „The Killing Had
Begun“, andere an die späteren Werke „Meshwork“
und vor allem „Drawback“. Nun, ich hatte ja bereits
ganz eigene Pläne, was den neuen Sound von XMTP
anbelangte. Da waren gegensätzliche Meinungen
quasi vorprogrammiert. Aber für den Großteil markiert
„Seventeen“ ein mehr als gelungenes und großartiges
Comeback. Viele neue Fans, die uns zuvor weniger gemocht haben oder uns auch noch gar nicht kannten,
waren begeistert. Die digitalen Kommunikationswege
ermöglichen uns ja, das Feedback unmittelbar mitzuverfolgen. Verschiedene gute Chartplatzierungen (z.B.
DAC, GEWC, DUC) haben auch das positive Interesse
in den Medien und der Szene generell widergespiegelt. Also wir sind soweit sehr zufrieden.
„Es geht um unsere emotionale
Verletzlichkeit, die innere Flucht
vor Gefühlen.“
Fotos: M. Hauschild
Repräsentiert „Seventeen“ bereits den Stil des
Albums? Was erwartet uns auf „Inner Zone
Journey“? Was ist das große Thema?
Das große Thema bei „Inner Zone Journey“ sind
Ängste und Sehnsüchte in spezifischen Situationen.
Es geht um unsere emotionale Verletzlichkeit, die
innere Flucht vor Gefühlen, die unser Denken und
Handeln beeinflussen und verändern. Für mich ist
es also die Begegnung mit sich selber - und mit mir
selber - die Reise durch die „innere Zone“ der eigenen Persönlichkeit. „Inner Zone Journey“ folgt musikalisch dabei keinen dedizierten Trends. Ich wollte,
dass XMTP weiter charakteristisch und eigenständig
bleiben. Die konzeptionelle und sehr emotionale
Grundidee des Albums war der entscheidende Rahmen für die Produktion. Daher sind die Titel des Albums in weiten Teilen auch vom Songwriting und
Sounddesign deutlich komplexer und dichter, als das
geradlinige „Seventeen“, der doch „plakativste“ Titel auf dem Album, den wir aus diesen Gründen auch
bewusst als Single gewählt haben. Insgesamt habe
ich sehr viel Zeit für das Sounddesign genutzt. Jeder
Song klingt von der Grundanlage her anders, kann
so seine eigene Dramaturgie entfalten und dennoch
folgen alle Titel einer Linie. Ich denke, so liegt der
Reiz des neuen Albums insbesondere auch in der
faszinierenden Mischung aus verschiedenen Phasen der elektronischen Musik. Songs wie „Lifeline“,
„Human Scientists“, „Snapshost In A Dark Room“
oder „Distant Rain“ haben dabei durchaus einen
Bezug zu unseren älteren Alben, sind kantig und rau,
mit teils dunklerer Atmosphäre.
Habt ihr für die Booklet-Fotografie ein Model
engagiert oder bist du das, Sevren? Wer ist für
die Fotografie verantwortlich?
Das bin in der Tat ich auf den Booklet-Fotos. Auch
das folgt konsequent dem emotionalen Kontext der
neuen Sachen und dem engen Bezug zu meiner Persönlichkeit. Uns war wichtig, dass auch alle visuellen
Bausteine sehr eng unseren Vorstellungen entsprechen. So habe ich auch wieder die Art-Direktion für
das Cover-Design und auch die konzeptionelle und
kreative Seite der Videoproduktionen übernommen.
Ich bin überaus glücklich und stolz, dass wir Markus
Hauschild als Fotograf gewinnen konnten. Ich kenne ihn aus meiner Agenturarbeit und bin begeistert
von seiner Kreativität. Markus hat ja nicht nur in der
Musikszene etliche Größen und Stars vor der Linse
gehabt – bis hin zu Robbie Williams. Das Fotokonzept für Cover und Booklet habe ich im Zuge der
Entwicklung des neuen XMTP-Logos erarbeitet und
Markus hat einen sehr guten Weg gefunden, wie wir
mit den Fotos die notwendige Nähe, Spannung und
Emotionalität erzeugen und dennoch eine gewisse
Unnahbarkeit ausstrahlen lassen können. Wer sich
die Fotos im Booklet einmal anschaut, wird sich sicher vorstellen können, welch sensibler Prozess das
war. Auch für mich war das eine neue und wertvolle
Erfahrung. Die neuen offiziellen Bandfotos haben
wir ebenfalls mit Markus gemacht.
„Das Comeback bedeutet für mich
ganz klar auch einen Neuanfang.“
Ihr habt „Abattoir“ und „Cenotaph“ wiederveröffentlicht. Wie steht ihr zu euren „alten“
Werken? Sind XMTP noch immer das, was sie
damals waren?
Unsere alten Songs höre ich mir, wenn überhaupt,
mit Neugier an und genieße selber ein wenig das
nostalgische Flair. Für mich sind die alten Songs musikalische Vergangenheit, der ich mich durchaus noch
verbunden fühle. Aber XMTP sind ganz sicher nicht
mehr das, was sie damals waren, eben weil wir auch
nicht mehr so sind, wie damals. In den fast 15 Jahren
meiner Abwesenheit vom Musikgeschäft hat sich die
Welt verändert, habe ich mich verändert, hat sich meine Umwelt verändert. Der immense Erfolg der Re-Releases zeigt natürlich schon die Bedeutung, die unsere
früheren Werke für die Musikszene hatten und auch
heute noch haben. Das ist schon ein wunderbares Gefühl, aber das Comeback bedeutet für mich ganz klar
auch einen Neuanfang. Einfach nur auf einen fahrenden Zug aufzuspringen, hätte keine Herausforderung
dargestellt. Ich möchte gerne gestalten, modellieren
und verändern, schauen, was geschieht, wenn ich Din-
10
ge anders mache. Ich bin überzeugt, dass es viele Fans
gibt, die mich gerne dabei begleiten und sich von den
neuen Eindrücken überwältigen lassen.
Eure Musik wird als Industrial, EBM, Electro bis
hin zu Techno bezeichnet. Wie nennt ihr denn
selbst die Musik, die ihr macht?
Naja, das ist diese Sache mit den Schubladen. Die Alben „Meshwork“, „Drawback“ und auch die Single
„Facer“ waren weder Gothic noch Industrial, noch
EBM und auch kein Techno. Wer uns immer noch
gezielt in diesen Schubladen sucht, wird enttäuscht.
„Inner Zone Journey“ ist aus meiner Sicht im Wesentlichen ein Elektro(pop)-Album, wenngleich es
verschiedene musikalische Strömungen aufgreift und
genügend Ecken und Kanten bietet. So wie ich mich
über die Jahre verändert und weiterentwickelt habe,
musste sich für mich auch stets der Sound von XMTP
verändern. Wie zuvor gesagt, suche ich in meinen
Musik-Produktionen selber eine Herausforderung.
Ich möchte mich nicht gerne selbst kopieren, sondern
gehe mit jedem Album einen ganz eigenen Weg. Dabei
kann und will ich mich nicht einschränken oder von
äußeren Faktoren zu sehr beeinflussen lassen. Unsere
ersten Sachen waren selbstverständlich konkret dem
EBM und Industrial zugeordnet. Die Phase ab unserer
Single „Facer“ markierte dann aber eine wesentliche Änderung im Sound von XMTP. Im Vordergrund
standen technoide und trancige Basics, die ich mit
Elektrofragmenten gemischt habe. Die Arrangements
waren teils stärker cluborientiert und die Tracklängen
entsprechend. Das wurde auf dem anschließenden
Album „Meshwork“ noch mal ein ganzes Stück deutlicher. Gesang und Text waren deutlich reduziert. Das
Album „Drawback“ hingegen betonte schon wieder
mehr den songorientierten Charakter und ich habe
dort auch wieder stärker den Elektrostyle herausgearbeitet. Heute wird mir mit der Single „Facer“ aus
dem Jahr 1995 die Begründung des „Futurepop“
zugesprochen. Wer sich intensiv mit der Entwicklung
von XMTP beschäftigt (und nicht immer wieder nur
die Veröffentlichung aus unserer frühen EBM-Industrial-Phase heranzieht), dürfte nachvollziehen können, dass wir uns heute eher dem Elektro/Elektro-Pop
zuordnen. Und das ist ja immer noch eine sehr große
Schublade. Ich bewege mich mit meiner Musik nicht
in der Vergangenheit sondern im Hier und Jetzt und
vielleicht im Morgen. Das aber sind für mich der Reiz
und die Bewahrung der Eigenständigkeit und es soll
charakteristisch bleiben für mich und XMTP.
Gibt es euch denn auch wieder live zu sehen?
Ich hörte etwas vom Wave Gotik Treffen?!
Ja, das ist richtig. Wir haben uns entschieden, beim
WGT eine Exklusiv-Show für unsere Fans zu veranstalten. Nach so vielen Jahren musikalischer
Bühnenabstinenz ein Erlebnis, auf das wir uns sehr
freuen. Weitere Live-Aktivitäten sind bis dato nicht
geplant. Wir bekommen aktuell sehr viele Anfragen
auch aus dem Ausland, aber leider schaffen wir es
zeitlich nicht.
Was ist für die Zukunft geplant?
Aktuell bereiten wir uns natürlich auf unsere Exklusiv-Show beim WGT in Leipzig vor. In der Tat habe
ich wieder viele Ideen im Kopf – zu viele fürchte ich.
Und so kann ich noch nicht wirklich sagen, ob, wann
und wie es weitergeht. Die letzten Monate haben
sehr viel Kraft und natürlich auch Zeit gekostet. Es
liegt unglaublich viel Energie in der neuen Produktion. Ich bin daher erst einmal glücklich und durchaus
stolz, dass das Unterfangen „Comeback“ tatsächlich funktioniert hat.
Diana Schlinke
www.xmtp.de
www.myspace.com/xmtpde
www.twitter.com/xmtp_sevren
VÖ: „Inner Zone Journey“ 19. März 2010
11
Modernes Dornröschen
Klassische Musik mit modernen
Klängen zu verschmelzen, ist für
sich genommen nichts Neues. In der
Form wie Dörthe Flemming mit ihrem Herzensprojekt Bacio di Tosca
diese Fusion angeht, handelt es
sich aber um eine wohltuend
frische Klangwelt, die Freunde
dunkler Wave-Musik und
klassischen Operngesangs
gleichermaßen verzückt.
Bereits in der letzten Ausgabe unseres Magazins
hatten wir angekündigt,
dass nun das dritte Bacio
di Tosca-Album „Hälfte
des Lebens“ auf den
Markt kommt. Jetzt
nutzen wir die Gelegenheit,
der
reizenden Künstlerin hierzu ein
paar Fragen zu
stellen. Zunächst
wollten wir wissen, worum sich ihr
neuestes Werk inhaltlich dreht.
Dörthe Flemming: Das aktuelle Album hat auch wieder ein übergeordnetes Konzeptthema, um das sich die
vertonten Gedichte drehen, dieses Mal ist
es das Leben und seine Vergänglichkeit! Neben modernen Kompositionen ist nach wie vor
meine größte Inspiration die Form des in der Romantik populären Kunstliedes. Einen Unterschied gibt es
allerdings doch, und zwar in gesanglicher Hinsicht
und so bediene ich mich diesmal nicht durchweg nur
der rein klassischen Gesangstechnik. Für den Ausdruck bei einigen Liedern wie z. B. „Der Schmerz“,
passte eine zerbrechlicher wirkende, zartere Stimme
einfach besser.
Dein Musikstil wird als „Symphonic Wave“
beschrieben. Was kann man sich darunter vorstellen?
Zunächst einmal sei gesagt, dass die Bezeichnung
„Symphonic Wave“ nicht von mir stammt, sondern
von meinen Fans kreiert wurde. Mir gefiel der Begriff
aber so gut, dass ich ihn gerne angenommen habe
– beschreibt er doch sehr passend die beiden Hauptelemente von Bacio di Tosca. Eben die Verbindung
von klassischer Operstimme mit modernen Wave Elementen. Aber selbst in diesen lassen sich noch eine
Reihe klassischer Kompositionsansätze finden. So ist
beispielsweise das sehr elektronische „Vergebens“
in der sogenannten A-B-A Form aufgebaut, welche
bei Barockarien sehr häufig genutzt wurde.
Zwischen Fertigstellung des Albums und dem
eigentlichen Release liegen ja einige Wochen.
Mit welchen Gefühlen hast du diese Phase
durchlebt?
Die Arbeit an meinem neuen Album war schon sehr
aufreibend. Ich bin eben sehr perfektionistisch und
habe an Bacio di Tosca hohe Ansprüche. Das bringt
mich auch schon mal bis an die Grenzen meiner
Kraft. Darum hieß es für mich nach Fertigstellung
des dritten Albums erst mal aufatmen und wieder
Kraft tanken. Auch ist es schön, wieder mehr Zeit
für Unternehmungen mit der Familie und mit
12
Freunden zu haben. Das lenkt auch etwas von der
Spannung ab, welche natürlich steigt, je näher der
VÖ-Termin rückt.
Wenn etwas zu Ende geht, bedeutet das ja
auch meist einen Neuanfang. „Gestutzte Eiche“ von Hermann Hesse erzählt von dieser
uns innewohnenden Kraft, trotz aller Niederlagen immer wieder aufzustehen. Glaubst du,
wir brauchen diese Tiefschläge, um uns unserer Kräfte bewusst zu werden?
Ich möchte mir nicht anmaßen, darüber zu urteilen,
ob Menschen Tiefschläge brauchen oder gar verdient hätten. In erster Linie brauchen die Menschen
etwas, für das es sich lohnt, immer wieder aufzustehen. Und darum müssen sie im Leben vor allem
Wertschätzung, Erfolgserlebnisse und Liebe erfahren. Ein selbstbewusster Mensch wird Tiefschläge
besser verkraften und meistern, als jemand der sich
seines eigenen Wertes nicht bewusst oder sozial isoliert ist.
In deinen Kunstliedern verarbeitest du vornehmlich Texte alter deutscher Dichter wie
eben Hesse, Heine oder auch Mörike. Was
macht für dich den besonderen Reiz der großen deutschen Lyriker aus? Und kannst du auch
mit modernen Gedichten etwas anfangen?
Mich fasziniert an den alten Gedichten, dass sie
trotz ihres Alters oft von erstaunlicher Aktualität
sind. Nehmen wir beispielsweise das Heine-Gedicht
„Das Herz ist mir bedrückt“. Wem kommt die dort
beschriebene Situation heute nicht bekannt vor?
Mich berührt auch, in welcher Schönheit die deutsche Sprache in den Zeilen alter Dichter zur Geltung
kommt. Es ist mir wichtig, mit Bacio di Tosca auf
diese Schönheit aufmerksam zu machen und dem
Trend, dass diese, unsere Sprache heute zunehmend
verstümmelt und entstellt wird, entgegen wirken.
Ein Nachteil moderner Kommunikationsformen wie
Internet oder SMS ist leider, dass sie inzwischen
verstärkt persönliche Gespräche und Diskussionen
ersetzen und dabei wird sich nicht selten einer vereinfachten Grammatik, Symbolen und Abkürzungen
bedient. Das kann auf Dauer gravierende Folgen für
unsere Kultur haben, denn mit einer vereinfachten,
verarmten Sprache können kulturgeschichtliche
Werte weder erhalten noch bemerkenswerte neue
geschaffen werden. Das wäre gerade für das „Land
der Dichter und Denker“ sehr bedauerlich. Deshalb
schätze ich natürlich auch die Werke zeitgenössischer Autoren, die ja einen entscheidenden Beitrag
zum Fortbestand unserer Kulturgeschichte leisten.
Ausgangspunkt von „Hälfte des Lebens“ ist mit viele Menschen quasi ihr Leben nur halb leben,
Sicherheit der Titeltrack, basierend auf dem weil sie sich unnötig im falschen Beruf oder
gleichnamigen Gedicht von Friedrich Hölder- unglücklichen Beziehungen herumquälen. Ist
lin und der ebenfalls „Hälfte des Lebens“ ge- es in der heutigen Zeit denn überhaupt noch
nannten Verfilmung seines Lebens.
möglich, sich selbst zu verDarf man fragen, inwieweit all diese
„Mich fasziniert wirklichen und Erfüllung zu
Inspirationsquellen das Gesamtkonfinden?
an den alten
zept des Albums geprägt haben?
Meiner Meinung nach sind gerade
Gedichten, dass in der heutigen Zeit die Chancen
Hauptsächlich hat mich der Film „Hälfte
des Lebens“ inspiriert. Dieser Film hat
zur Selbstverwirklichung größer
sie trotz ihres
mich sehr berührt, nicht zuletzt wegen
als jemals zuvor. Früher war das
Alters oft von
der überzeugenden Darstellung Friedrich
Leben stark von festen Rollenmuerstaunlicher
Hölderlins durch Ulrich Mühe. Ich mag an
stern und gesellschaftlichen Zwändem Film auch seine Symbolik, seine Tief- Aktualität sind.“ gen geprägt. Das reichte noch bis
gründigkeit und dass er sich nicht mittels
in die 50er Jahre hinein. Heute
Effekthascherei aufbläht oder wichtig macht. Kurz: können junge Menschen viel selbstverständlicher
Ein Film mit Tugenden, die mir auch bei meiner Ar- ihre individuellen Interessen wahrnehmen und müsbeit mit Bacio di Tosca wichtig sind. Das Hölderlinge- sen sich nicht erst gegen alte Familientraditionen
dicht gab dem aktuellen Album dann seinen Namen durchsetzen. Die Kehrseite hierbei ist nur, dass es bei
und den roten Faden. Die anderen Gedichte wählte so vielen Möglichkeiten nicht immer einfach ist, ein
ich dann passend zu diesem Thema aus.
festes Ziel zu finden. Oder aus Angst vielleicht etwas Besseres zu verpassen, sich nicht ganz und gar
In einem anderen Interview betonst du, dass auf etwas oder jemanden einlassen zu können. Und
der Titel des Albums auch in der Hölderlin’schen auch das kann einem das Gefühl geben, vieles halb
Interpretation ausgelegt werden kann, dass aber nichts „ganz“ zu machen.
13
Ein wenig Schmunzeln musste ich doch damals
bei der Ankündigung, es gäbe auf „Hälfte des
Lebens“ zwei Weihnachtssongs, obwohl das
Werk erst im Februar auf den Markt kommen
sollte. Was hat dich zu diesem ungewöhnlichen
Schritt bewogen, und welche Bedeutung hat
Weihnachten für dich persönlich?
Schon seit Längerem liebäugele ich damit, ein Weihnachtsalbum herauszubringen. Allerdings ist es für
ein künstlerisch orientiertes Projekt wie Bacio di
Tosca schwer, sich im kommerziellen Weihnachtsgeschäft zu behaupten und darum zog ich es vor, erst
mal nur zwei Weihnachtslieder als Bonustracks auf
„Hälfte des Lebens“ zu veröffentlichen. Für mich
persönlich sind mit Weihnachten schöne Kindheitserinnerungen verbunden, der Geruch von Zimt, Pfefferkuchen und Orangen. In der Weihnachtszeit wird
mir noch deutlicher bewusst, wie schön es ist, eine
Familie zu haben.
Die Bebilderung deiner Alben beinhaltet immer
eine dezente Provokation. So sieht man dich im
Booklet zum neuen Album als Dornröschen mit
Heroinspritze. In welchem Zusammenhang stehen denn bei dir Musik und visuelle Aspekte?
Beim Artwork nutze ich gern die Möglichkeit, mit
entsprechenden Bildern das Thema des Albums zu
unterstreichen. Was dabei im ersten Moment wie
ein starker Kontrast oder eine Provokation wirken
kann, fügt sich bei genauerer Betrachtung stimmig
in das musikalische Konzept ein. Bei meinem letzten
Album war es ein Cover mit Prostitutionshintergrund
als Ausdruck für die Sehnsucht nach tiefen, echten
Gefühlen, die man eben nicht einfach kaufen kann.
Das moderne Dornröschen im Booklet des aktuellen
Albums passt ebenfalls zum Albumtitel. Einerseits
in Bezug auf den Dornröschenschlaf, der ja auch
Synonym für ein nur halb gelebtes Leben quasi im
Dämmerzustand sein kann. Andererseits steht die
Heroinspritze für die Unfähigkeit, sich dem Leben
ganz zu stellen, in Traumwelten zu flüchten und sein
Leben dadurch am Ende zu verpassen oder gar zu
vergeuden. Umgekehrt kann man mit Musik auch
Bildern Ausdruck verleihen, wie es bei Filmmusik
der Fall ist. Auch wird jeder schon die Erfahrung
gemacht haben, dass beim bewussten Hören von
Musik unterschiedlichste Bilder vor dem geistigen
Auge aufsteigen und die Fantasie angeregt wird.
Manchmal weckt sie auch Erinnerungen – schöne
oder schmerzliche Bilder.
Konzerte sind aufgrund der speziellen Art deiner Musik natürlich immer schwierig, vor allem
14
das Ambiente sollte stimmen. Ein ganz besonderes Konzert steht im März an, was kannst du
uns denn dazu erzählen?
Du sprichst das Konzert am 20.03.2010 in der Baumannshöhle in Rübeland (Harz) an. Auf dieses Konzert freue ich mich wirklich ganz besonders, denn
das Ambiente – eine Tropfsteinhöhle – ist sehr inspirierend. Ich kenne diese Höhle noch aus meiner Kindheit. Damals hätte ich mir nicht träumen lassen, dass
ich dort eines Tages auftreten würde. Dem Publikum
empfehle ich allerdings, sich warm anzuziehen oder
auch eine Decke mitzubringen, denn in dieser Höhle
liegen die Temperaturen bei nur 8°C.
Drei Alben in drei Jahren, deine Kreativität
und Energie scheinen wahrlich kein Ende zu
nehmen. Was dürfen wir denn sonst in nächster Zeit von deiner Seite aus erwarten?
In den letzten drei Jahren war ich ja live eher weniger präsent. Das soll sich nun ändern und so werde
ich mich verstärkt auf Auftritte konzentrieren. Deshalb kann ich nicht versprechen, dass ein viertes Album in ebenso schneller Folge zu erwarten ist wie
VÖ: „Hälfte des Lebens“ 05. Februar 2010
bisher. Was mich auf jeden Fall reizen würde, wäre
eine „Unplugged“-Umsetzung von Bacio di Tosca.
Frank „Otti“ Van Düren
www.bacio-di-tosca.de
Damen und Herren von der Insel
da eigentlich fabrizieren.
CeDigest
Blutiger EBM von der Insel
CeDigest sind sechs junge Musiker
aus Großbritannien. Ursprünglich
betätigte sich die im Jahr 2004
gegründete Band im digitalen
Hardcore. Die musikalische Ausrichtung verschob sich schnell in
Richtung Dancefloor. Aber dort
wurde noch lange nicht Halt gemacht. Und so lässt sich heute
kaum noch feststellen, was die
Sie selbst bezeichnen ihre Musikrichtung als Terror-EBM und entsprechend
blutig geht es auf der neuen Scheibe
„Walking In The Flesh“ zur Sache.
Schon das triefende Cover weist darauf
hin, dass keine Gefangenen gemacht
werden. Und so veröffentlichen CeDigest auf ihrem dritten Album eine bizarre Mischung aus klassischem EBM,
schreddernden Black-Metal-Gitarren
und düsterem Trance. Die Breaks kommen dabei so unverhofft, dass man
nicht selten Schwierigkeiten hat, den
Musikern auf ihrem Weg zu folgen.
Eben stampfen die elektronischen Beats
eingängig vor sich hin, da fliegt einem
im nächsten Moment auch schon eine
kreischend-verzerrte Stimme um die
Ohren. Wenn dann ein leises Keyboard
einsetzt und im Hintergrund der Regen
vor sich hinplätschert, werden CeDigest nicht weniger düster und hinterlassen eine verkehrte Welt. Und die ist
durchaus interessant. Endzeitstimmung
inklusive. Im Sommer 2009 konnte der
Plattenvertrag beim deutschen Label
NoiTekk unterschrieben werden. Damit stellen sich die sechs Briten in eine
Reihe mit Grendel und Psyclon Nine.
Bleibt abzuwarten, ob CeDigest ebenso punkten können. Die absolut kranke
Mischung ihrer Musik lässt auf jeden
Fall so einiges erwarten.
Freya Diepenbrock
www.myspace.com/cedigest
VÖ: „Walking In The Flesh“ 26. Februar 2010
15
Erobern die See
16
Blickt man als Deutscher auf die Gothic-Szene
in unserem schönen schweizerischen Nachbarland, drängt sich die Floskel „Qualität statt
Quantität“ unweigerlich auf. Zumindest musikalisch schaffen es nur wenige Bands aus dem
guten Helvetia, hierzulande Gehör zu finden,
aber diese Ausnahmen setzen regelmäßig
neue Akzente. Eine von ihnen hört auf den
klangvollen Namen The Beauty of Gemina und
setzt nun mit der dritten Veröffentlichung „At
The End Of The Sea“ zu einem weiteren virtuosen Angriff auf unsere Gehörgänge an.
Vor gerade mal vier Jahren gegründet, hat die Band
um Mastermind Michael Sele bereits beachtliche
Erfolge eingefahren. Sowohl das Debüt „Diary Of
A Lost“ als auch der Nachfolger „A Stranger To
Tears“ brachten Fans wie Kritiker gleichermaßen ins
Schwärmen. Die zweite Scheibe hielt sich gar acht
Wochen in den Deutschen Alternativen Charts (kurz
DAC). Songs wie „Suicide Landscape“ (erreichte
Platz 1 der Gothic Global Charts), „The Lonesome
Death Of A Goth DJ“ und „Victims Of Love“ zeugten
von einer unglaublichen Kreativität und Dichte, und
garantieren seit ihrem Erscheinen volle Tanzflächen
in den dunklen Tanztempeln dieser Welt.
Dabei war es wie so oft ein Scherbenhaufen, mit
dem alles begann. Mancher mag sich noch an die
Wave-Formation Nuuk erinnern, welche im Jahr
2005 zusammen mit den Recken von ASP durch die
Lande tourte. Als deren Sänger kurz darauf die Band
verließ, nutzte Michael Sele die Gunst der Stunde
und erschuf mit den übrig gebliebenen Mitgliedern
Martin Luzio am Bass und Mac Vinzens als Drummer
The Beauty Of Gemina, um fortan seine ganz eigenen Visionen düsterer Rockmusik Wirklichkeit werden zu lassen. Als Live-Gitarrist wurde zudem Dennis
Mungo an Bord geholt.
Was dann kam, war besagte Erfolgsgeschichte, welche bis heute nicht zu Ende geschrieben scheint.
Unter neuem Namen und mit entfesselter Energie
entstanden Songs, die sämtliche Elemente moder17
ner Goth-Musik zu einer vollkommenen Einheit
verschmelzen. Den Sound der Schweizer in Worte
zu fassen, ist dabei nahezu unmöglich: Wave meets
Rock meets Industrial meets Pop-Anleihen, und
selbst das vermittelt auch nur ansatzweise die Komplexität des Beauty Of Gemina-Gesamtwerks. Michael Sele schafft es in seinen Kompositionen den
Charme der Wave-Anfänge in den 80ern mit einer
modernen, kraftvollen Seele neu zu erwecken. Dabei
ist es nicht zuletzt seine eingängige und unverkenn-
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bare Stimme, die das Klanggebilde abrundet, und
The Beauty Of Gemina aus der Masse der Neuveröffentlichungen wohltuend hervorhebt.
Ihren Erfolg hat die Band dabei natürlich nicht nur
den beiden bisher erschienen Alben zu verdanken,
sondern auch ihrer mächtigen Live-Präsenz sowie
zahlreichen Auftritten in Fernsehen und Radio. So
begaben sich The Beauty Of Gemina – wie bereits
ihre Vorgängerband – mit ASP auf Tour, rockten
Festivals wie das Wave-Gotik-Treffen oder das Gothtronic in den Niederlanden und schafften es 2008
zu einem unvergesslichen Auftritt: Im Züricher Hallenstadion, der größten Konzerthalle ihres Heimatlandes, heizten sie als Vorgruppe von niemandem
anderen als den Rockikonen der Smashing Pumpkins dem begeisterten Publikum ein. Nach dem Ausnahmealbum „A Stranger To Tears“ und besagten
Live-Höhepunkten schien es etwas ruhiger um die
Band geworden zu sein. Vereinzelte Auftritte und ein
Wechsel am Bass (David Vetsch kam für Martin Luzio) sorgten zwar dafür, dass die Band nicht wieder
in Vergessenheit geriet, doch die Fans lechzten nach
mehr. Neues Material, mehr Gigs, mehr von diesem
einzigartigen Zauber war gefragt, und nun hat das
Warten endlich ein Ende!
Mit „At The End Of The Sea“ steht nun das dritte
Meisterwerk aus der Hand des Herrn Sele in den
Startlöchern, gespickt mit 13 neuen fulminanten
Musikstücken im unvergleichlichen Gemina-Stil. Dabei scheint es, als wollten die Jungs noch düsterer,
noch authentischer werden, wenn dies nach den
bisherigen Werken überhaupt möglich ist. Getragen
von Melodien und Kompositionen, die direkt aus
den Abgründen der menschlichen Seele zu kommen
scheinen, und doch den Hörer wärmend umschmeicheln, erzählt „At The End Of The Sea“ von Schmerz,
Verlust und Untergang, ohne jedoch ins Klischeehafte abzudriften. Stattdessen schafft es Michael
Sele wie schon bei den Vorgängern, Aussichtslosigkeit und Hoffnung auf einen gemeinsamen Nenner
zu bringen, den Hörer gleichzeitig einen Abgrund
hinabzustürzen, um ihn dann mittels musikalischer
Magie wieder aufzufangen. Es sind nicht zuletzt
die tiefgründigen und mitreißenden Geschichten in
den Lyrics, die dieser Band ihren Ausnahmestatus
verschafft haben, und welche auch auf dem neuen
Album wieder eine zentrale Rolle spielen.
Als Appetithappen haben The Beauty Of Gemina bereits zu Weihnachten die Vorab-Single „Sacrificed To
The Gods“ ihren Fans zur Verfügung gestellt, und zwar
als kostenlosen Download exklusiv für Mitglieder der
Fan-Community. Frühzeitig wurde zudem ein Trailer
veröffentlicht, der auch visuell die dichte Atmosphäre
von „At The End Of The Sea“ in Szene setzt.
Natürlich wollen The Beauty Of Gemina im Jahre
2010 auch live wieder ihr Publikum in Extase versetzen, und planen daher zahlreiche Auftritte quer
durch Europa, vor allem aber in Deutschland und
ihrem Heimatland, der Schweiz. Während dieser Artikel entsteht, sind bereits ein Auftritt im Kammgarn
zu Kaiserslautern am 17.04.2010 und einer Ende Juli
auf dem Castle Party Festival im polnischen Bolkow
geplant. Zudem wird es eine spezielle Release-Show
am 24. April zum Album geben, und zwar im renommierten Züricher Club „X-Tra Limmathaus“, in dem
The Beauty Of Gemina seinerzeit auch ihr Live-Debüt
zum Besten gaben. Für den 24. März ist ebenfalls in
Zürich eine Plattentaufe für eingeladene Gäste geplant, mit einem kurzen, exklusiven Unplugged-Set.
Die Band gibt 30 ausgewählten Fans mittels Wettbewerb die Möglichkeit, an diesem speziellen Anlass
dabei zu sein. Für genauere Infos hierzu gilt es die
Website www.thebeautyofgemina.com im Auge zu
halten.
Aufgrund all dieser Informationen und Fakten dürfte
das neue Jahrzehnt für die Band, aber auch für die
Fangemeinde mit einem Paukenschlag starten. Das
neue Album „At The End Of The Sea“ verspricht zumindest zu einem neuerlichen Meisterwerk zu werden, das zwar seine Vorgänger nicht in den Schatten
stellt, den eingeschlagenen Weg aber weiter führt
und den Stil von The Beauty Of Gemina noch einmal
verfeinert.
FRANK „OTTI“ VAN DÜREN
www.thebeautyofgemina.ch
VÖ: „At The End Of The Sea“ 26. März 2010
19
20
Maßlos ausgelastet
Jan L., seines Zeichens Kopf der Spiegelwelten
X-Fusion und Noisuf-X hat schon wieder ein
neues Nachfolgewerk auf die Beine gestellt.
Dieses Mal richtet den klaren Appell an die
Tanzfläche sein krachiges „Four on the floor“Baby Noisuf-X. Wer sich ein bisschen im Who
is who der Szene auskennt, weiß, dass Jan ein
Hans Dampf in allen Gassen ist und sich seine Stahlbrötchen vor allem mit Mastering und
Produzentenaufträgen verdient, denn trotz
allen Erfolges setzt auch ihm die Krise der Musikindustrie gehörig zu.
Unglaublich, wie bekommst du dieses Arbeitspensum hin? Schon wieder ein neues Album und auch eine Weiterentwicklung. Was
war für dich der Fokus am neuen Werk?
Jan L.: Ich bin es einfach gewöhnt, 10-12 Stunden am
Tag zu arbeiten und investiere viel Zeit in meine Musik. Allerdings bin ich nicht sicher, ob das noch lange
so funktionieren wird. Leider steht der Aufwand in
diesen schlechten Zeiten in keinem Verhältnis mehr
zum Erlös. Daher bleibt mir nichts anderes übrig, als
meine Musik hinten anzustellen und vorrangig Auftragsarbeiten für andere Bands zu erledigen. Auch
der Gedanke, eines meiner Projekte aus wirtschaft- Vordergrund stehen, sondern nur
Mischung aus Industrial und Drum
„Wenn ein Album
’n’ Bass, in die ich Breakbeats
lichen Gründen einzustampfen, steht leider immer unterstützende Wirkung haben,
letztendlich nur
öfter im Raum. Wenn ein Album letztendlich nur noch ohne dass die Songs dabei an Druck
gebaut habe und sogar mit genoch gerade eben
gerade eben die Stromrechnung vom Studio deckt, verlieren.
scratchten Vinyls gearbeitet habe,
die Stromrechnung was man sonst nur aus dem Hipdann muss man sich Gedanken über die Wirtschaftlichkeit machen. So, genug geheult. Reden wir übers Noisuf-X ist dein Flaggschiff. Die
Hop-Bereich kennt. Genau dies sind
vom Studio deckt,
Album. Der Fokus war wirklich, einen Longplayer zu Tanzflächenreduktion scheint dann muss man sich auch die kleinen Experimente, die
erschaffen, der durchgängig knallt. Wir sind uns alle auch das klare Kalkül zu sein,
mir den Spaß an der Musik erhalGedanken über die ten und Noisuf-X vielleicht ausmaeinig, dass diese Art von Musik nicht die passende oder?
Wirtschaftlichkeit
Untermalung für einen romantischen Abend vorm Gefangene werden nicht gemacht,
chen. Natürlich sind die Songs für
das stimmt.
Kaminfeuer ist, sondern
machen.“
die Tanzfläche geschaffen – nur aus
in die Clubs gehört. DaExperimente
diesem Grund existiert dieses Proaber schon. Gerade auf die- jekt. Daher auch der Band-Slogan „Nervouz Beats
her habe ich dieses Mal
sem Album habe ich einige For Maniac Freakz“.
auf die ruhigen Momente
neue Sachen probiert. So
verzichtet.
Musikalisch
finden sich in „Please Hang Du selbst masterst, produzierst und mischt unhabe ich mich wie immer
von meinem Gefühl leiten
Up“ beispielweise viele glaublich viele Bands. Kann dich diese Arbeit
Sounds und Samples aus der auch immer wieder inspirieren?
lassen und einfach das geMobilfunkwelt wieder, um Wenn, dann nur unterbewusst. Was ich da mache,
macht, was ich selber gerne im Club hören würde.
den ultimativen tanzbaren ist ja eine rein technische Sache, da blende ich alles
Klingelton zu erschaffen. Der andere aus und konzentriere mich nur auf die techNoisuf-X ist nach wie vor
ein Hybrid aus Industrial,
Song „Fire“ ist ein Tribut an nische Qualität eines Tracks. Nach dem Mastering
den guten alten Commodore eines Songs wäre ich zum Beispiel nicht in der Lage,
Techno und Electro, nur
64, mit dem bei mir die elek- etwas über den Songtext zu sagen.
die Gewichtung hat sich
geändert. Die verzerrten
tronische Musik ihren Anfang
Gert Drexl
VÖ: „Excessive Exposure“
fand. Und „RAPture“ ist eine www.noisuf-x.com
Sounds sollten nicht im
01. April 2010
21
21
22
Australien kennen wir als Kontinent, auf
dem es meist recht heiß hergeht – und auf
dem es momentan regnet, als gäbe es kein
Morgen mehr. Regen lässt natürlich auch
Blumen sprießen und gedeihen, vielleicht
auch Löwenzahn. Um eben jenen geht es
in unserem Interview mit der Band Dandelion Wine, die den europäischen Winter
verdammt und mit ihrem neuen Album
auf ganzer Linie überzeugen kann.
„Dandelion Wine“ – was sagt uns dieser
Name?
Dandelion Wine: Der Name leitet sich von
einem Buch des Autors Ray Bradbury ab.
In diesem Buch sind verschiedene Kurzgeschichten, die das Jahr und den Sommer
repräsentieren. Der Sommer wird als Wein
des Löwenzahns dargestellt, dem „Dandelion Wine“. Wir nahmen diese Idee auf und
versuchen auch, jeden Song mit einem bestimmten Gefühl darzustellen.
In euren Songs finden sich auch
traditionelle Folk-Elemente wieder.
Wie geht ihr bei neuen Stücken
vor? Entstehen diese auf herkömmlichen Instrumenten oder nur am
PC/Synthie?
Unsere Songs entstehen generell
zunächst mit herkömmlichen Instrumenten. Wir benützen Gitarren und
Effektpedale, um Synthie-Pads zu
simulieren. Wir haben selbst damals
angefangen mit dieser Gitarre/Bass/
Drums Schiene und haben die elektronischen Elemente erst über die Jahre
einfließen lassen, bis sie eben dominierten. Im Moment sieht es so aus, dass wir jeden
Song, den wir spielen, auch als Akustik-Duo spielen
könnten. Aber gerade beim letzten Album war das
Songwriting ein wirklich schwieriger und anderer
Prozess als sonst. Wir haben unser Album in Berlin
aufgenommen und konnten nicht jedes Instrument
und Studioequipment mit herbringen, also mussten
wir für manche Sounds kreativ experimentieren, um
das zu erzeugen, was wir hören wollten.
Dandelion Wine
Löwenzahn-Wein aus Australien
Und braucht ihr eine spezielle Atmosphäre,
wenn ihr neue Songs bastelt?
Wir lassen uns gerne durch Bücher inspirieren, um
eine gewisse Atmosphäre zu bekommen. Meistens
ist es so, dass wir die Texte erst später auf die Musik
schreiben, damit die
Musik auf uns wirken kann, wenn wir schreiben.
Gibt es in eurer Bandgeschichte etwas außerordentlich Komisches?
Wir tourten durch Australien, Europa und Japan
– welche Geschichte willst du hören? Wir spielten
in einer geschlossenen psychiatrischen Anstalt, ein
Taxifahrer hielt uns eine Pistole an den Kopf, weil
wir unverzollte Sachen durch Europa schifften, wir
sind durch Buschfeuer gefahren und standen im
australischen Sommer an einer einsamen Straße...
Was ist bei euch, neben Kuriositäten, in der Zukunft geplant?
Wir werden im März und April in Europa auf Tour
sein. Wir hoffen, dort dann einige wunderbare Plät-
ze zu sehen und auch Burgen, denn bei uns gibt es
halt einfach keine. Danach geht es nach Australien
zurück für eine wirklich überfällige kreative Pause!
Irgendwelche Worte an unsere Leser?
Wir hatten eine großartige Zeit hier in Deutschland,
als wir das Album aufnahmen – und wir hatten unseren ersten kalten europäischen Winter hier mitbekommen, mit viel Schnee und zugefrorenen Kanälen,
das passiert halt in Melbourne einfach nicht. Wir
freuen uns dann doch etwas, wenn wir aus diesem
gigantischen Kühlschrank wieder rauskommen.
Daniel Friedrich
www.dandelionwine.com.au
www.myspace.com/aninexactscience
VÖ: „All Becompassed By Stars“ 26. März 2010
23
nennen konnte, so auch
Michael Mayer.
IHK geprüfter Industrial oder die
witzigste Elektroband der Szene
Im Hochofen versprüht bekanntlich das heiße
und auch flüssige Eisen enorm viele Funken.
Der beruflich vielseitige Michael Mayer, seines
Zeichens Mastermind bei Eisenfunk, hat diese
Stahlkocher in früheren Jahren als Kraftwerksmeister während seiner Tätigkeit häufiger gesehen. Vielleicht kam ihm zu dieser Zeit schon
der erste Gedanke an sein jetziges Projekt Eisenfunk.
Der übliche Jahreswechselvorsatz von dem heutigen ITler und Elektromusiker war dieses Mal
nicht die Aufgabe seiner Sucht – das Rauchen, eher
die Produktion des neuen Albums „8BIT“, welches
am 26. März 2010 in den Läden stehen wird. Mit
seinen beiden Mitstreitern Toni Schulz und
Arthur Stauder werkelte Michael kräftig an
den neuen Tracks und liefert nun eine spannende Hommage an die glorreichen Spielkonsolen und die damit verbundenen 80er
Jahre ab. „8BIT“ bezieht sich zum einen auf
die Liebe zu alten Rechnern dieser Zeit und
zum anderen auf den instrumentalen Charakter des neuen Longplayers. Bekanntlich
hat die gesamte Elektroecke ihre Ursprünge in den digitalen 8BIT Sounds. Aber Eisenfunk wären nicht Eisenfunk, wenn sie
nur bei einer Hommage bleiben würden.
Natürlich geht es ihnen auch ganz direkt
um Computerspiele. Manch einer hatte
damals Stunden über Stunden an diesen
Automaten verbracht und war überglücklich, als er endlich einen C64 sein Eigen
24
seine Stimme geliehen und durfte auf der
neuen Scheibe noch
mehr Text als früher
digital ablesen.
Aber noch einen weiteren Anklang an alte
Zeiten ließ sich Eisenfunk nicht nehmen.
Der Vorab-Release vom
Diejenigen Songs, die so
Video zu „Pong“ lieferauf den verschiedensten
te bisher nur positives
Mittelaltermärkten geFeedback und wirft
trällert werden, haben
dank der zahlreichen
den Frontmann ebendarin
verwirklichten
falls inspiriert. Auch er
Ideen auch keine Lanspielt selbst genug alte
VÖ: „8Bit“ 26. März 2010
geweile auf. Die rein
Instrumente und die
instrumentalen Songs
Drehleier ist dabei sein
auf dem Silberling geLieblingsinstrument. Es
hen in verschiedenste
war demnach nur noch eine Frage der Zeit, dass Stilrichtungen und sind gerade dieses Mal
Michael sein Lieblingsinstrument mit einem Elektro- nicht alle krachend. „Wir wollten auf einer rein ingerät verbinden würde. Das Stück „Medieval Bit“ strumentalen Scheibe als Ausgleich mehr Vielfalt
ist damit indirekt ein Teil seines Ichs. Weiterhin
bieten“, so der Bandchef. Vielfalt gibt es bei dieser
bietet es dieser rein instrumentalen CD eine
Combo sicherlich, denn auf den Konzerten gibt
gewisse Bandbreite verschiedener Musikes Werbepausen, sie packen elektronische
stile. Ein paar Gesangsstücke wurden zwar
Blasmusik auf CDs, remixen sich selbst auf
von dem Trio vorbereitet, waren aber für
Bayrisch und spielen Pong im Video. Da kann
„8BIT“ nicht passend. Dafür verspricht die
definitiv keine Rede von Langeweile sein. Sie
Band schon jetzt, dass auf der nächsten CD in
sind, wie sie selbst von sich behaupten, wohl
jedem Fall auch wieder Tracks mit Vocals bestückt
die witzigste Elektroband der Szene und das, ohne
sein werden. Ansonsten bleibt Eisenfunk dem Motto an Ernsthaftigkeit zu verlieren. IHK geprüfter Indus„Wir tun das, was Spaß macht“ treu, egal ob das trial eben!
Ergebnis Vocals bekommt oder nicht. Außerdem
Luke J.B. Rafka
beinhaltet „8BIT“ in gewisser Weise ja auch Vocals, www.eisenfunk.de
denn „SAM“ hatte schon zuvor der Eisenfunk-Reihe www.myspace.com/eisenfunk
De/Vision
aber
feststellen,
dass wir die richtige
Wahl getroffen haben. Erstmalig sind
wir mit der Single
Nummer eins der
Deutschen Alternative Charts. Und das
nach über 20 Jahren
Bandgeschichte.
Gefährlicher Pop
Der Name De/Vision stand seit Beginn der 90er
für qualitativ hochwertigen Synthie-Pop. Die
CDs wurden in fast jährlichem Abstand veröffentlicht und erreichten sogar die eine oder
andere Platzierung in den Charts. 2007 wurde
es dann ruhiger und nach der letzten Scheibe
„Noob“ folgte im gleichen Jahr lediglich die Retrospektive „Da*Mals“. Drei Jahre später melden sich De/Vision nun mit ihrem neuen Album
„Popgefahr“ zurück. Was am Pop so gefährlich
sein kann und wieso De/Vision jetzt auch noch
Inhaber eines Plattenlabels sind – das erzählte
uns Sänger Steffen Keth.
In den letzten drei Jahren war es ziemlich still
um euch. Was habt ihr in der Zeit gemacht?
Steffen Keth: Wir sind in dieser Zeit zweimal durch
die USA getourt und waren in diversen südamerikanischen Ländern unterwegs. Außerdem haben wir
unser eigenes Label gegründet. Das heißt genauso
wie unser neues Album „Popgefahr“. Ab Oktober
2008 habe ich dann wieder neue Songs geschrieben.
Ein eigenes Label zu gründen, liegt ja gerade
sehr im Trend. Warum habt ihr euch dafür entschieden?
Dafür gibt es mehrere Gründe. Wir wollten eine Veränderung herbeiführen, weil wir merkten, dass wir
mit unserem alten Label Drakkar nicht mehr weiter
kamen. Nach sechs Veröffentlichungen war es wohl
an der Zeit, diese wirklich sehr harmonische Beziehung zu beenden. Andere Angebote konnten uns
nicht überzeugen. So entschieden wir uns dafür, das
Album in Eigenregie zu veröffentlichen. Es ist schon
ein anderes Gefühl, wenn du am Ende für alles selbst
geradestehen musst und Einblicke in Strukturen bekommst, für die vorher andere zuständig waren.
Was ist denn an eurem Pop eigentlich so gefährlich?
Wir sehen in gut gemachten Popsongs gar keine Gefahr. Wir bewegen uns aber oft in Kreisen, in denen
Pop als gefährlich angesehen wird. „Pop ist kommerziell und höhlt unsere Szene aus“, habe ich schon
des Öfteren mitgeteilt bekommen. Gut gemachte
Musik sollte nicht schon im Vorfeld ausgegrenzt
werden, nur weil es Popmusik ist. Deshalb habe ich
schon vor langer Zeit diesen Begriff kreiert und als
Profilnamen in diversen Foren benutzt. Bisher hat
sich nur keiner dafür interessiert, was eigentlich
dahinter steckt. Ich wünsche mir einfach ein wenig
mehr Aufgeschlossenheit gegenüber der Popmusik,
so wie wir sie machen.
Ihr sagt selbst, dass eure Musik trotz aller Eingängigkeit Ecken und Kanten hat. Das musst
du mir aber noch mal genauer erklären.
Ein Song wie „mAndroids“ erhält seine Ecken und
Kanten zum Beispiel durch den textlichen Inhalt, die
Fassade ist Popmusik, aber inhaltlich geht es um
Gesellschaftskritik. Wir versuchen mit solchen Songs
unserer Popmusik mehr Ernsthaftigkeit zu verleihen.
Mit „Rage“ und „Time To Be Alive“ veröffentlicht ihr zwei Songs als Download-Single. Wieso
habt ihr euch gerade für diese beiden Songs
entschieden?
Bei dieser Entscheidung haben wir uns helfen lassen,
denn für uns gibt es nichts Schlimmeres als einen
Singlekandidaten zu küren. Wir haben die Entscheidung gemeinsam mit zwei Leuten aus unserem
Promotionteam gefällt, weil ihre Ohren noch frisch
waren. Nach vier Monaten Produktion kannst du
nicht mehr so einfach entscheiden. Die Songs wirken ganz anders auf dich, wenn du den kompletten
Produktionsprozess mitbekommen hast. Wir können
Ich habe mal gelesen, dass ihr
mit
DE/VISION
gerne noch das
50. Bandjubiläum
feiern wollt. Das
ist noch ziemlich
lange hin. Wollt
ihr wirklich so
lange durchhalten oder nervt
euch die Musik
und das ganze
Drumherum auch mal so richtig?
Warum nicht? Natürlich nervt einen die Musik
manchmal. In dieser Zeit sollte man aber versuchen,
keine zu schreiben. Es gibt immer Höhen und Tiefen,
aber gerade jetzt merken wir wieder, was für eine
tolle Zeit wir bislang hatten, und das wollen wir
nicht so schnell beenden.
Freya Diepenbrock
www.devision-music.de
www.myspace.com/devisionmusic
VÖ: „Popgefahr“ 19. März 2010
25
My Friend Skeleton
My Skeleton Friend
Die zwei Seiten des Spiegels
Sie überzeugen durch einen vielfältigen Musikstil mit verschiedenen Einflüssen. Ihr Aussehen ist skurril und sogleich auch faszinierend.
Die Newcomer My Friend Skeleton sind nicht
wirklich mit aktuellen Acts der Szene zu vergleichen. Deshalb sind sie auch seit wenigen
Monaten bei Danse Macabre untergekommen
und im Frühjahr folgt ihr erstes Album. Wie
fühlt man sich in dem neuen Nest und welche
Erwartungen, Hoffnungen und Ängste hegt
man in diesem Moment, wenn man an die
nächsten Monate denkt? Die Bandmitglieder
schildern ihre Gedanken und Vorstellungen
eindrucksvoll, geheimnisvoll und teils kryptisch.
26
Kay Ozz: Wir fühlen uns bei Danse Macabre sehr wohl
und auch sehr gut aufgehoben. Die Zusammenarbeit
läuft super und gibt uns nochmal einen zusätzlichen
Schub. Erwartungen und Ängste sind momentan weniger ein Thema. Es ist natürlich die Hoffnung, dass
„Vanitas“ die Menschen berührt. Aber es ist vor
allem spannend zu sehen, wie sich alles entwickelt
und wie die nächsten Monate verlaufen werden, wie
„Vanitas“ angenommen wird und die Konzerte, die
wir vor uns haben. Darauf sind wir schon ganz heiß.
Die Leute kennen uns ja bisher hauptsächlich von
Fotos und haben den einen oder anderen Song von
uns gehört. Das Ganze auf einer Bühne umzusetzen
wird nochmal eine ganz andere Herausforderung.
Aber wir werden unser Bestes geben, um uns auch
dort gerecht zu werden und unserem Publikum eine
unvergessliche Show zu bieten.
Habt ihr eventuell schon eine Vorstellung davon, wie ihr eure vielseitige Musik auf der Bühne visualisieren wollt?
Kay Ozz: Ich finde, Musik auf der Bühne ist in erster
Linie Handwerk. Man kann mit nur einem Piano viel
mehr Atmosphäre schaffen, als mit einem ganzen,
vorgefertigten Orchester. Natürlich werden unsere
Stücke auf der Bühne nicht so klingen wie auf dem
Album. Das ist auch gar nicht unsere Intention. Aber
ihr Charakter wird der gleiche sein. Die Stücke werden bei jedem Auftritt andere Nuancen bekommen,
denn genau wie das Publikum wird das Stück an
„„Vanitas“ ist eine pass auch im Sturm? Die Geschichten
jedem Abend einzigartig bleiben.
Das wird natürlich unterschiedlich
geben keine Antworten, denn es gibt
Sammlung von
ausfallen, je nachdem wie groß
auf diese Fragen keine eindeutige
Geschichten, die,
die jeweilige Bühne ist und wie
Antwort. Denn der Tod ist für diese
wenn sie Raum für Art von Frage ein guter Ausgangsviel wir dementsprechend auffahIhre Entfaltung
ren können. In diesem Sinne: Je
punkt, bildet er doch den einzigen
bekommen, uns
größer, desto besser. Aber wir werunveränderlichen Fixpunkt im Uniden so oder so in den uns zur Ver- selbst beschreiben.“ versum. Er ist weder gut noch böse,
fügung stehenden Locations das
noch wahr oder falsch. Er existiert als
Optimum nutzen, um unsere Ideen ansprechend zu Singularität – ohne Kehrseite. Und deshalb ist er so
visualisieren. Das Line-up wird also auf der ganzen ein guter Spiegel unserer eigenen Existenz, denn alBandbreite zwischen einer Band mit mehreren Gast- les, was wir im Tod sehen, sind nur wir selbst. Also
musikern auf der einen Seite und minimalistischen könnte man auch sagen, Vanitas ist eine Sammlung
Gigs auf der anderen Seite variieren, wie wir sie für von Geschichten, die, wenn sie Raum für ihre Entfaldie eine oder andere Release-Party geplant haben, tung bekommen, uns selbst beschreiben.
bei denen wir nur mit Kinder-Keyboard, einem kleinen Sampler und einem Mikro bewaffnet auftreten
werden.
Die erste CD „Hinter der Maske der Schönheit“
habt ihr unter My Friend Skeleton, die zweite CD „… lauert der Tod“ unter My Skeleton
Friend veröffentlicht. Klärt doch bitte die NEGAtief Leser über den Hintergrund bzw. die
Absicht dieser beiden Egos auf, um die Verwirrung in den Köpfen zu ordnen.
Amaya: So gut wie alles in diesem Leben hat zwei
Seiten, so auch unsere Musik und die dazugehörige
optische Komponente. Während die erste CD mit My
Friend Skeleton düster-romantisch geprägt ist, ebenso wie unser dazugehöriges Auftreten, zeigt sich die
zweite CD und My Skeleton Friend von der anderen
Seite des Spiegels. Alles ist etwas düsterer und elektronischer gehalten, EBM- und Industrialelemente
Wie kam es überhaupt zur Partnerschaft zwischen My Friend Skeleton / My Skeleton Friend
und Danse Macabre?
Kay Ozz: Als es zu der Frage kam, mit welchem Label
wir zusammenarbeiten wollen, haben wir uns für
eine Weile in die Tiefen der Zwischenwelt zurückgezogen und die Geister zu Rate gezogen. Die Geister
nannten uns einen Namen, Danse Macabre, aber unter der Maßgabe, ihre Quelle, woher sie diesen Namen hatten, niemals zu verraten. Sofort schickten wir
einen geflügelten Boten los, der unseren Vorschlag
unterbreiten sollte. Es zeigte sich, dass die Geister
Recht behalten sollten. Bruno hatte schon von uns
gehört und war von Anfang an voller Begeisterung.
So kam es während einer Vollmond-Nacht zu einem
Treffen auf Schloss Cottenau. Es war für uns alle
ein sehr angenehmer Abend, obwohl einige Danse
Macabre Gefolgsleute sich erst an Besucher aus der
Zwischenwelt gewöhnen mussten. In dieser Nacht
unterzeichneten wir gemeinsam den Vertrag.
„Vanitas“ zählt als Motiv der Vergänglichkeit
alles Irdischen. Welche Erfahrungen verbindet
ihr mit diesem Motiv und was versucht ihr mit
diesem Werk auszudrücken? Welche Ideen verbergen sich dahinter?
Archimed: Von außen betrachtet ist „Vanitas“ eine
Sammlung von Geschichten, welche sich mit dem
Tod in all seinen wundersamen Facetten befassen.
Taucht man aber tiefer in die Geschichten ein, wird
man immer wieder vor Fragen gestellt, die die Grenzen der eigenen moralischen Maßstäbe ausloten.
Wissen wir denn eigentlich, was wahr ist und was
falsch? Funktioniert unser eigener moralischer Kom27
finden Einzug, die opulenten Klangkonstruktionen
bleiben jedoch erhalten. Man kann es mit zwei Seiten einer Münze vergleichen – unterschiedlich und
doch zusammenhängend und sich ergänzend. Damit
sich nun beides in seiner Komplexität voll entfalten
kann, ohne die jeweils andere Seite einzugrenzen
oder zu behindern, haben wir sie voneinander getrennt, miteinander verwoben bleiben sie dennoch.
Also streng genommen ist keiner der beiden
Bandnamen der „richtige“ bzw. der primäre
Name, unter denen ihr euch präsentiert?
Amaya: Genau. Sowohl My Friend Skeleton als auch
My Skeleton Friend werden auf „Vanitas“ zu gleichen Teilen vertreten sein. Da beide zusammengehören, ziehen wir auch keine der anderen vor. Es wird
Auftritte für beide Varianten geben. Unter welchem
Namen das dann jeweils stattfinden wird, hängt
ganz davon ab, auf welcher Seite des Spiegels wir
uns gerade befinden.
Gibt es eventuell schon Ideen, weitere Alben
mit dem „Memento Mori“- und dem „Carpe
Diem“-Motiv zu schaffen, oder ist euch das zu
stereotyp?
Archimed: „Vanitas“ war auf ihre Art eine einzigartige Reise, mit vielen für uns prägenden Erlebnissen.
Doch Reisen kann man nicht wiederholen, sie sind
fixiert in Zeit und Raum. Man kann den Weg natürlich erneut gehen. Ich weiß ehrlich nicht, wo uns
die nächsten Wege hinführen, aber das macht das
Ganze ja auch so spannend. Nicht zu wissen, wohin
einen die nächsten Schritte führen, nicht versuchen,
Großes zu planen, sondern einfach bereit sein, die
Wunder mit kindlicher Neugier zu erfahren. Jetzt zu
sagen, wir würden den gleichen Weg erneut gehen,
zeuge von Angst. Aber warum sollten wir schon nach
unseren ersten Schritten Angst bekommen? Wir vertrauen auf das Universum. Denn es hat uns sicher
zu diesem Ort geführt, auf den wir stolz sind und
deshalb auch sehr gespannt erwarten, was das Universum als Nächstes mit uns vorhat.
Auf eurer MySpace-Seite betitelt ihr euren
Sound als Visual Kei. Das Spielen mit diversen
Elementen vom Visual Kei an sich ist keine Innovation, aber egal ob es eure Optik ist oder
die Klänge eurer Songs: Nichts von My Friend
Skeleton/My Skeleton Friend scheint an Dir En
Grey, An Cafe oder ähnliche Vertreter dieser
jungen Szene zu erinnern. Was also verbindet
My Skeleton Friend mit Visual Kei?
Amaya: Visual Kei ist nur einer der Stile, die bei uns
einfließen, wobei dadurch auf keinen Fall der Anschein erweckt werden soll, dass wir japanischen
Visual Kei Bands nacheifern. Vielmehr ist bei uns
die aufwendige verspielte Optik ein großer Bestandteil unseres Gesamtkonzepts, so wie es auch
bei typischen Vertretern der Visual Kei Szene ist. Es
liegt uns fern, etwas zu kopieren, daher erinnert
unser Erscheinungsbild auch nicht an das der genannten Bands. Man könnte es vielleicht als einen
Versuch einer europäischen Neuinterpretation bezeichnen. Die Gemeinsamkeit jedoch liegt eben in
dieser Hervorhebung des Visuellen, mit dem wir
immer wieder spielen und das wir bis ins Letzte
ausreizen wollen.
Was für Menschen verbergen sich eigentlich
hinter den grotesken Masken? Würdet ihr
28
Maskierung und Musik als Expressionismus eurer eigenen Persönlichkeit sehen, oder spiegelt
es Teile eurer Umwelt wieder?
Archimed: Uns war klar, dass am Anfang unserer Reise ein Neubeginn stehen würde, wie wir uns selbst
wahrnehmen würden. Und ein Neubeginn kann nur
stattfinden, indem man einzelne Aspekte aus einem
selbst herausnimmt und diese zu etwas Neuem
formt. Die Masken wurden somit zu dem Instrument
unserer neuen künstlerischen Identität. War am Beginn die Maske nur eine selbstgewählte Hülle, konnten wir mit der Zeit diese Hülle besser kennenlernen
und diese mit unserer eigenen Identität füllen. Einst
war die Maske ein Kokon, aber irgendwann werden
wir den Kokon nicht mehr brauchen und ihn hinter
uns lassen können.
Betrachtet ihr euch bzw. eure Musik als eine
Art Metamorphose? Und was wird den Hörer
erwarten, wenn ihr aus den Kokons schlüpft?
Amaya: So wie alles im Leben sich verändert, so verändern auch wir uns und mit uns verändert sich auch
unsere Musik. Man könnte das durchaus als eine Art
Metamorphose bezeichnen. Man lernt jeden Tag etwas Wertvolles dazu, nimmt es in sich auf und lässt
es neu in das, was man tut, einfließen. In welcher
Form wir am Ende aus den Kokons der Zeit schlüpfen
werden, können wir jetzt natürlich noch nicht sagen,
aber das Leben wird interessanter, wenn manches
eine Überraschung bleibt. Der Kaninchenbau ist offen. Ihr müsst nur eintreten.
Norma Hillemann
www.my-friend-skeleton.com
www.myspace.com/myfriendskeleton
VÖ: „Vanitas“ 26. Februar 2010
29
Auf der Suche nach Vega
Als 2005 PTYLs „Hell Sounds“ in
Deutschland erschien, waren die
Reaktionen der Presse voller Superlative. „Newcomer des Monats“, „Electronic Highlight des
Jahres“ und viele andere Ehrungen
wurden dem israelischen Künstler
zuteil. Selbst in den Clubs konnte
sich der Industrial-Electro-Frickler
mit „Dragon“, dem Übersong des
Albums, etablieren. Und in diesem
Song taucht sie zum ersten Mal
auf. Vega. Die ideale Geliebte und
Muse, die diesmal gleich für sein
komplettes Album „V“ verantwortlich ist, für das er schon als
„Industrial-Bowie“ geadelt wurde.
Nach dem überwältigenden Medienecho zu „Hell Sounds“ verließ PTYL Tel
Aviv und lebte fortan in Deutschland.
Es folgten gefeierte Festivalauftritte,
z. B. auf dem Woodstage in Dresden
und eine Tour mit The Invincible Spirit, Das Ich und The Eternal Afflict, wo
PTYL es als unbekannter Opener nicht
immer leicht hatte. Kurz darauf kehrte
er nach Tel Aviv zurück, um das Nachfolgewerk „Loki“ anzugehen. Diesmal
ohne Danse Macabre Records. Daraufhin begann ein dreijähriger Schaffensprozess, bei dem der Soundtüftler alle
Sinne des Rezipienten bediente. 19
Tracks, zu jedem Song ein ausführlicher
30
Videokommentar, Songvideos und
Remixkits. Die multimediale Vollbedienung. Doch finanziell ein Desaster für den Künstler. Ein Album
auf Basis freiwilliger Spenden ins
Internet zu stellen und damit Geld
zu verdienen, funktioniert wohl
nur bei etablierten Künstlern wie
Nine Inch Nails, jedoch nicht bei
Undergroundern wie PTYL. Rund 300
Dollar hat „Loki“ insgesamt eingespielt, wobei die meisten Spender alte
und neu gewonnene Freunde waren.
Trotzdem hat „Loki“ gezeigt, wie
viel Herzblut in einem Album stecken
kann, auch wenn Hass eine wichtige
Rolle dabei gespielt hat. Der Song und
das Video zu „Drag Dorks In Vampire
Suits“ z. B. ist die bittersüße Abrechnung mit seiner zurückliegenden Zeit
in Deutschland und der Schwarzen
Szene hier. Eine Art Sound-Collage
aus Songs anderer Künstler wie Pink
Floyd oder Skinny Puppy (prägende
Vorbilder PTYLs) gemischt mit seinem
ureigenem Sound zu einem multimedialen sowie textlichen Meisterwerk.
Zeitgleich mit „Loki“ trieb der Israeli auch die Veröffentlichung seines
Buches „Delta Theory“ voran, eine 300
Seiten lange philosophische Abhandlung, die dem Hörer einen Einstieg in
seine Theorie, Hass und Liebe in Harmonie resonieren zu lassen, geben soll.
Wie man schnell und einfach einen
Einblick dazu bekommt, verrät PTYL
selbst: „Wenn man den letzten Song
von ‚Loki’ als Wav-File gerippt hat und
seine Dateiendung in html umwandelt,
kommt dabei die ‚Delta Theory’ raus.“
Nach „Loki“ und einigen persönlichen
Rückschlägen in seinem Leben kehrte
PTYL der Kunst den Rücken und verschwand für einige Zeit in der Versenkung.
Bis er die Liebe bzw. Vega wiederfand
und begann, mit erneuter Unterstützung von Danse Macabre am aktuell
vorliegenden Album „V“ zu arbeiten,
das eng mit „Loki“ verbunden ist:
„‚Loki’ ist meine Abrechnung, mein
Hass, während ‚V’ mein Mitgefühl und
in Gesamtheit durch Synergie meine Liebe ist. Beides zusammen ist meine Persönlichkeit. ‚Loki’ kann ich erklären, ‚V’
nicht wirklich. Dieses Album spielt sich
zwischen mir, meiner idealen Geliebten
und einer Art spirituellem Strudel ab.
Ich kann noch nicht einmal genau sagen, wer meine ideale Geliebte ist, aber
ich nenne sie V, Veg oder Vega.“
Vor einigen Wochen hat PTYL Israel
erneut verlassen und ist in den USA
gelandet. Nach kurzem Aufenthalt in
New York wurde er zuletzt in Phoenix
gesehen. Vielleicht hat er dort endlich
Vega gefunden. Für die Zukunft hat
er optimistische Pläne: „Ich will mein
restliches Leben als Künstler verbringen, nicht zurück in die Normalität fallen. Alles ist offen. Ich denke darüber
nach, in Europa und vielleicht Nordamerika wieder auf Tour zu gehen, aber
alles kann passieren. Die Geschichte
ist noch nicht zu Ende. Wo diese Songs
herkommen, dort gibt es noch viel
mehr.“
Ringo Müller
www.ptyl.net
VÖ: „V“/ „Loki“/ „Delta Theory“
05. Februar 2010
Lost in Desire
Klang und Harmonie. Ich habe aber kein klares Rezept dafür,
wie ich einen Song schreibe. Oft entsteht ein Textfragment, was dann für viele Jahre in der Schublade liegt
und plötzlich habe ich eine Idee für eine Melodie
dazu. Manchmal passiert es aber auch umgeDas Verlangen eines Einzelnen
kehrt. Das ursprüngliche, rein instrumentale
Ganz im Alleingang die eigenen musikalischen Demo vom ersten Lost in Desire Song „Losing Control“ exiVisionen zu verwirklichen, hat allgemein be- stierte schon über zwei Jahre, bis es zum fertigen Song wurtrachtet, eine Reihe von Vor- und Nachteilen. de. Ein Großteil des Materials hat bereits in unterschiedWährend einerseits keine Kompromisse in lichsten Formen existiert und nur so war es auch möglich,
Sachen musikalischer Ausrichtung gemacht dann in relativ kurzer Zeit ein ganzes Album zu produzieren. Es gibt derzeit auch noch Hunderte Textwerden müssen, fehlen andererseits
„Mozart bis
und Musikfragmente, die ich noch nicht verfremde Impulse oder auch die Möglichkeit, arbeitsteilig vorzugehen. Für Manson oder arbeitet habe. Manche Ideen müssen reifen,
das kann man gar nicht erzwingen.
Stephan S. und sein Debütalbum mit
doch ganz
Lost in Desire haben nun ganz offenwo anders?
sichtlich die positiven Aspekte des
Wo siehst du deine musikalische HeiEine klare
mat? Fühlst du dich irgendeiner Szene zuSolokonzepts überwogen, wie er im
musikalische gehörig?
Interview bekräftigt.
Mozart bis Manson oder doch ganz wo anders?
Heimat
Wie, wann und mit welcher ZielsetEine klare musikalische Heimat gibt es bei mir
gibt es bei
nicht wirklich und das soll auch so sein. Das
zung ging es mit Lost in Desire los?
mir nicht
Stephan S.: Ich habe im November 2008
würde mir nur Grenzen auferlegen. Ich will aber
wirklich und frei sein, das zu tun, wonach mir gerade ist, so
begonnen, intensiv am ersten Album
zu arbeiten. Mein Ziel war es, zu 100%
das soll auch wie ich gerade fühle. Vielfalt ist für mich ein Muss.
meine eigene und möglichst persönliche
Ich bin sehr viel in der Schwarzen Szene unterwegs, die
so sein.“
mich sicherlich auch stark beeinflusst, aber ich bin
Musik ohne Rücksicht auf kommerzielle
Formate zu machen. Ich habe das Projekt nur für mich genauso auch mal auf einem Rock-Festival oder auf einer Drum
gestartet, ohne einen Augenblick daran gedacht zu ’n’ Bass Party anzutreffen.
haben, ob es irgendwem gefallen könnte. Ich habe
damit zum ersten Mal wirklich extrem viel von meiner Wie sehen die weiteren Pläne für die
Persönlichkeit preisgegeben, was nicht immer ganz nächste Zeit aus? Wird es LiD live
zu sehen geben?
einfach war und nach wie vor nicht einfach ist.
Ja, definitiv. Es gibt bereits
Welche musikalischen Ziele hast du mit dem Al- eine Liveband, mit der wir
bum verfolgt?
intensiv am Proben sind.
Alles, was mich berührt und mir gefällt in einen Topf zu Darüber hinaus wird es
werfen, kräftig umzurühren und dabei meinen eigenen auch Unplugged-SesStil zu brauen. Endlich konnte ich meine Zerrissenheit sions geben, wo ich
zwischen der Rock- und der Elektronikwelt besiegen, nur mit meinem Giindem ich beides einfach fusionierte. So kamen jede tarristen auftrete. Des
Menge Synth-Sounds und programmierte Drumloops Weiteren ist für 2011
Remix-Album
zum Einsatz. Für den rockigen Grundsound mussten ein
aber stets E-Gitarre und E-Bass herhalten, zum Versü- geplant. Künstler mit
ßen dann noch die gute alte Westerngitarre obendrein unterschiedlichster
und um das „Drama“ perfekt zu machen, durften die musikalischer Herkunft aus, allen Ecken
Streicher dann auch nicht fehlen.
der Welt, sollen meine
Wie würdest du das Verhältnis beschreiben, in Songs remixen.
Peter Heymann
dem bei Lost in Desire Musik und Text stehen?
Musik und Texte sind kaum voneinander zu trennen. www.lostindesire.com
Mit meinen Songs vermittle ich Bilder und Gefühls- www.myspace.com/
welten. Der Träger dafür ist eine Symbiose aus Wort, lostindesiremusic
31
32
33
Eine eher ungewöhnliche
Karriere ist es,
die Sarah Jezebel Deva durchlaufen hat. Angefangen hat sie als
Background-Sängerin und gesangliche Unterstützung
in diversen Projekten,
gründete dann aber
letztlich ihre eigene
Band, um nun mit einem
reinen Soloprojekt endgültig durchzustarten.
Doch Moment, da gilt es einiges
zu klären. Begonnen hat Sarahs
Karriere nämlich nicht, wie viele
Fans glauben, mit Cradle Of Filth.
Am Anfang gab es ein selbst erstelltes
Demo sowie eine Punkband. „Kurz
nachdem ich das Demo aufgenommen
habe, ich war 15, kam ich zu einer Punkband namens Mad Dog.“ Und weiter: „Als
ich das erste Mal Cradle Of Filth hörte, hielt
ich das für den größten Schrott.“ Erst Monate
später, als sie sich weiterentwickeln wollte und
Cradle Of Filth zufällig eine Sängerin suchten,
ergab sich jene Zusammenarbeit, die Sarah Jezebel Deva weiter Türen öffnen sollte.
Es folgten Jahre, in denen sie ihre wundervolle Stimme Bands wie Therion und The Kovenant lieh, ein
Umstand, der sie sicher zu einer der meist gehörten
Frauen in der Metal- und Gothicszene gemacht hat.
Mal mehr, mal weniger konnte Sarah auch eigene
Ideen in die Entwicklung verschiedener Songs einbringen, doch wie es so der Fluch von Gastmusikern
ist, wirkliche Entfaltung versprach all dies nicht. Es
folgte die logische Konsequenz: 2002 gründete die
Sängerin die Band Angtoria und hatte nun fast alle
Freiheiten, die sie brauchte. Doch warum braucht
es dann noch ein Soloprojekt, ist dieser Abschnitt
schon wieder abgeschrieben? „Angtoria bedeutet
mir noch immer wahnsinnig viel“, gibt die Künstlerin zur Antwort. Allerdings musste die Arbeit hier reduziert werden, da sowohl Chris Rehn als auch sein
Bruder Tommy sich verstärkt ihren Familien widmen wollten. Die Fans können aber beruhigt sein:
„Wir werden mit Sicherheit ein neues Album aufnehmen, es ist nur noch nicht klar, wann. Aber wir
34
S
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E
B
ZE Missb
JEoganz und
H
Arr
n
A
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AR ...ge
A
V
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D
hoffen,
es klappt sogar
noch dieses Jahr!“
Also hat sich Sarah Jezebel Deva erstmal
auf ihre Solokarriere konzentriert. Herausgekommen
ist ein spannendes Debüt namens „A Sign Of Sublime“, was soviel heißt wie: „Ein Zeichen der Erhabenheit“. Den Begriff „Solo“ findet Sarah in diesem Zusammenhang allerdings unpassend, schließlich hat sie
das Album nicht vollkommen alleine geschrieben, sondern sich mit Co-Autor Ken Newman, ihren Freunden
Dave Pybus und Martin Powell sowie Drummer Max
Blumos tatkräftige Mitstreiter gesucht. Erst durch deren Hilfe wurde „A Sign Of Sublime“ zu jenem ausgereiften Werk, welches seit Kurzem im Handel ist. Aber
es gibt noch mehr, was der Künstlerin auf dem Herzen
liegt: „Ich hasse Rockstars!“ Eine simple Aussage,
die jedoch einer Erklärung bedarf. Natürlich hat Madame Deva im Laufe ihrer Karriere einiges erlebt, was
ihr gegen den
Strich geht. „Ich sag
ja nicht, dass man, nur weil
man eine CD und ein Shirt von einer
Band gekauft hat, erwarten darf, von dieser auf
eine Tasse Tee nach Hause eingeladen zu werden, was
ich meine ist, Fans verdienen Respekt!“ Vielen ihrer
Kollegen gehe es nur ums Geld, von Fannähe keine
Spur, eine Attitüde, die Sarah in keinster Weise verstehen kann. „Wenn ich sehe, wie Bands die ich als Kind
geliebt habe, mit ihren Fans umgehen, dann dreht sich
mir der Magen um!“ Und was Sarah Jezebel Deva
ganz besonders stinkt, ist Missbrauch jeglicher Art,
egal ob am Menschen oder am Tier. „Was ich über
Bands denke, die diese Themen in ihren Texten verherrlichen? Die sollten sich verpissen und beginnen zu
leben! Sie würden kaum davon singen, wenn es ihre
Tochter oder Mutter wäre, die vergewaltigt wurde,
oder? Wenn es um ihr geliebtes Haustier gehen würde? Da geht es doch nur um den Schockeffekt, doch
wenn man älter wird, erkennt man, dass dies nichts
anderes ist als Dummheit und fehlender Reife!“ Dem
ist wohl nichts mehr hinzuzufügen.
Frank „Otti“ Van Düren
www.myspace.com/jezebeldeva
VÖ: „A Sign Of Sublime“ 16. Februar 2010
Es lebe der Tod
Seit über 20 Jahren zählen Inkubus Sukkubus zu den wichtigsten
Künstlern, wenn es um heidnische
und okkulte Themen geht. In letzter Zeit hörte man auf internationalem Parkett jedoch relativ wenig
von den Briten, daher hakten wir
bei Tony McCormack nach, wie es
derzeit bei der Band aussieht.
Momentan arbeiten wir an einem neuen Album, das später in diesem Jahr
kommen soll. Aktuell wird aber erstmal
„Viva La Muerte“ global veröffentlicht.
Dann bleiben wir bei Letzterem.
Das Album erzählt von einem
mexikanischen Paar, welches den
„Dia de los Muertos“, einen der
wichtigsten Feiertage in ihrem Heimatland, als Hochzeitstag gewählt
hat. Wie seid ihr auf dieses Thema
gestoßen?
Candia hat das Konzept dieses Albums
erarbeitet, sie war schon immer an der
Inkubus Sukkubus
mexikanischen Folk-Kultur interessiert,
und speziell am „Tag der Toten“.
dem, wie es in Europa noch vor wenigen Jahrhunderten war.
Es ist mehr eine Form von Akzeptanz denn Ablehnung.
Die Geschichte handelt von Fiesta,
dem Tod und der Verbindung zwischen Beidem. Wie unterscheidet
sich der Blick auf die Sterblichkeit
zwischen Europa und Lateinamerika?
Das mexikanische Konzept ist näher an
„Viva La Muerte“ ist euer erstes Album, das eine
durchgängige Story vom Anfang bis zum
Ende erzählt. Warum gab es das vorher nie,
wo doch eure Musik wie geschaffen dafür
scheint?
Ja, ich glaube wir hätten was ähnliches schon
früher machen sollen, aber da wir uns das Schreiben der Texte in der Vergangenheit immer geteilt
haben, war die Chance hierfür kaum gegeben.
Man braucht einfach eine einzelne Person, die
ein Konzept vorlegt und sämtliche Lyrics dafür
schreibt, damit so etwas funktioniert.
Habt ihr Pläne für eine Tour in diesem
Jahr?
Momentan stehen ein paar Gigs in Großbritannien fest, und wir hoffen natürlich, dass
auch ein paar außerhalb unserer Heimat
noch dazu kommen.
Frank „Otti“ van Düren
VÖ: „Viva La Muerte“ 05. März 2010
zwerchwerk
Kein Verlangen nach Weniger
Liebe, Erotik, Spannung, Stimmungen, Ausdrucksstärke, Wut,
Schreie, Träume, Morbidität,
Trauer, Schmerz, Kreativität und
Angst sind die eigentlichen Autoren dieses Buches. Das Zwerchwerk (Thomas & Sandra Limberg) fängt die Momente des
Lebens ein. Surreal, morbide
und märchenhaft. Mit einem
Hauch Erotik, die manchmal
auch erst auf den zweiten Blick
erkennbar ist. Jonathan Geschwill malt mit seinen Worten Lyrikbilder. Sanft, melancholisch
und immer wieder faszinierend. Gemalte Lyrik und eingefangene Bildmomente. Kein
Verlangen nach Weniger.
So der Text, auf der Rückseite des ersten Bild- und Lyrikbandes von Tho-
www.inkubussukkubus.com
mas und Sandra Limberg, sowie Jonathan Geschwill, dessen Texte Teil des
Buches sind. Die Worte von Jonathan
Geschwill fordern dabei den Leser auf,
sich wiederum Gedanken über sein
eigenes Denken zu machen. Sie zeugen von Melancholie, Freude, Fragen
des Lebens. Sie lassen teilhaben an
Fantasien und Gefühlswelten und
entführen in ferne Gedankenebenen. Dass die Wahl auf Jon’s Texte
gefallen ist, sagen die beiden
vom Zwerchwerk, sei keine Frage gewesen. Die Texte spiegeln die Bilder
wieder, die Bilder spiegeln die Texte
wieder. Die Fotokunst von Thomas und
Sandra berührt den Betrachter ebenfalls in seinem Unterbewusstsein. Sei
es der Erotik oder Wünschen, die man
schon lange hegt, wegen. Sei es der
Melancholie oder einer tiefliegenden
Lebensfrage wegen? Vielleicht auch
einfach, weil sie Geschichten erzählen.
Geschichten vom Leben.
Mit dem Bild- und Textband „Kein Verlangen
nach Weniger“ geht
für alle Beteiligten ein
langgehegter Traum in
Erfüllung. Die Arbeit, die
sich durch das Jahr 2009
gezogen hat, hat sich
gelohnt und die Künstler
freuen sich über Ihr Werk.
www.zwerchwerk.com
35
mind.in.a.box
R.E.T.R.O
Ja, auf Punkte scheinen mind.in.a.box. zu
stehen. Nicht umsonst heißt das neue Werk
„R.E.T.R.O“. Und hier bleiben die Jungs ihrer
Linie treu und bestechen durch ihren eigenen
Stil, der als eine Mischung aus Future Pop und
Minimalelectro zu beschreiben ist. Stev hat uns
zum neuen Streich der Band Rede und Antwort
gestanden und man kann mit Stolz sagen, dass
sich Blut und Schweiß für die
Vollendung des Silberlings
gelohnt haben.
Die ersten drei Alben waren eine Trilogie. Erzählt
doch mal den Lesern,
die eure früheren
Werke nicht kennen, worum es
geht.
Stev: Das Konzept
von mind.in.a.box
stellt eine Me-
tapher für bestimmte Aspekte unserer echten Welt
dar, die in eine Science-Fiction-artigen Welt übertragen und in unseren Songs erzählt werden. Es geht
darum, nicht das tun zu können, was man tun will,
nicht frei zu sein. Wir erzählen mit unseren Songs Geschichten aus einer scheinbar fiktiven Welt, die wir
zu einer übergreifenden Story verbinden, der Welt
von mind.in.a.box. Im letzten Album „Crossroads“
ging es beispielsweise hauptsächlich um den Protagonisten „Black“, ein ehemaliger Agent der Agency,
der versucht Klarheit zu bekommen, auf welcher Seite er zu stehen hat. Deswegen auch der Albumtitel
„Crossroads“. Unser neues Album „R.E.T.R.O“ ist
eine Ausnahmeerscheinung und hat in diesem Sinne
nichts mit der Welt von unseren letzten drei Alben
zu tun. Wir widmen uns auf „R.E.T.R.O“ unserer
eigenen musikalischen Vergangenheit, quasi dem
Ursprung meiner elektronischen Musik.
Der Name „R.E.T.R.O“ ist damit Programm. Wie entstand diese Idee
für das Album?
Die Idee dazu hatte, wenn ich mich
richtig erinnere, unser Labelboss Stefan Herwig. Mir gefiel es sofort,
vor allem mit den Punkten dazwischen. Das passte irgendwie
perfekt.
Beim ersten Hören fiel mir
sofort der Name Jean Michel
Jarre ein, hat seine Musik
euch inspiriert?
Nicht direkt. Jean Michel Jarre
war für mich in der Vergangenheit auf jeden Fall eine große
Inspirationsquelle. Möglicherweise
kann man das in dem ein oder anderen mind.in.a.box Track erkennen,
doch für „R.E.T.R.O“ waren die großartigen Künstler aus der Commodore
64 Zeit wie Rob Hubbard, Reyn Ouwehand, Chris Hülsbeck und wie sie
alle hießen, meine Vorbilder. Dieser
Tribut gehört ganz allein ihnen.
Das Cover zeigt eine Datasette, ein Relikt
aus den 80ern. Erinnerungen an eure Ju-
36
gend oder fühlt ihr euch
von Welle: Erdball in Sachen Commodore 64 beeinflusst?
Welle Erdball kannte ich zu
der Zeit nicht. Ich mag ihre
Musik wirklich sehr, aber ich
denke, da gibt es vom Stil her
doch einen sehr großen Unterschied. Ich finde das Cover
von „R.E.T.R.O“ spiegelt sehr
gut wider, wie die Musik auf
dem Album klingt. Eine Kassette mit Retromusik in einer
mind.in.a.box Datasette abgespielt. Ich finde das passt
perfekt. Genau so klingt das
Album auch.
Euch gibt es nun seit
2002 und ihr werdet als
die Nachfolger in Sachen
Future Pop benannt. Beschreibt doch mal eure
Musik und kommt ihr mit
diesem Erbe zurecht?
Vielen Dank! Ich überlasse diese Stilbezeichnungen eigentlich lieber den Medien, aber in
diesem Falle fühlen wir uns geehrt. Ich würde unsere
Musik als futuristisch, weich, trancelastig und auch
als kompliziert bezeichnen. Wir haben natürlich auch
den ein oder anderen eingängigen Song, aber oft
auch Stücke, die sich vom klassischen Songaufbau
distanzieren. Von „weniger ist mehr“ halte ich in der
Musik eigentlich nichts. Bei mind.in.a.box überlagern sich die Sequenzen nur so bis zum Zerbersten.
Natürlich gibt es auch hier wieder Ausnahmen wie
beispielsweise „I Love 64“. Unser minimalistischster
Song überhaupt, würde ich behaupten. Ein Fan von
uns hat unsere Musik einmal als „Emotionell“ anstelle von „Rhythmus“ orientiert beschrieben. Diese
Beschreibung gefällt mir sehr gut.
Die ersten Stücke sind Instrumentale. Ist euch
das Musikalische wichtiger als der Gesang?
Auf „R.E.T.R.O“ sind einige Commodore 64 Covers,
die ich durch meine Stimme nicht verschandeln
wollte. „The Last V8“ von Rob Hubbard ist hier allerdings eine Ausnahme und wir haben hier Gesang
dazugebaut. Ich hoffe, Rob Hubbard nimmt es uns
nicht übel. „R.E.T.R.O“ ist nun mal ein sehr eigenwilliges Album, eine Mischung aus C64 Covers und
Der C64
Der Commodore 64 (kurz: C64,
umgangssprachlich auch 64er)
ist ein 8-Bit-Heimcomputer mit
64 KByte Arbeitsspeicher. Seit seiner Vorstellung im Januar 1982 auf der Winter
Consumer Electronics Show war der von Commodore gebaute C64 Mitte bis Ende der 1980er Jahre sowohl als Spielkonsole
als auch zur Softwareentwicklung äußerst populär. Er gilt mit über 30
Mio. verkauften Geräten als der meist verkaufte Heimcomputer weltweit.
Im Gegensatz zu modernen PCs verfügte der C64 über keine internen
Massenspeichergeräte. Alle Programme mussten von einem Steckmodul
(Cartridge) oder externen Laufwerken, wie dem Kassettenlaufwerk Datasette oder dem 5¼“-Diskettenlaufwerk VC1541, geladen werden.
Seine Spiele:
eigenen Tracks, die alle ein gewisser
„Retro-Touch“ verbindet. Ein reines
Instrumentalalbum wäre nur schwer
zu veröffentlichen gewesen und so
waren wir bemüht, hier einen guten
Kompromiss zu finden. In Summe gibt
es auf „R.E.T.R.O“ nun fast die Hälfte
an Tracks mit Vocals.
Das Ganze besticht durch seine
düstere Art im Sinne von ScienceFiction, Absicht oder Zufall?
Ich glaube, ich kann es gar nicht anders; wenn ich Musik mache, klingt
es wohl immer etwas nach ScienceFiction. Mir war es sehr wichtig, diese
alten Tracks in ein frisches Gewand zu
packen und cool klingen zu lassen. Ich
versuchte sie so zu gestalten, wie ich
sie in Erinnerung hatte. Der originale
„Last Ninja 3“ Track hatte damals beispielsweise für mich so eine unglaubliche Kraft, die aber aus heutiger Sicht
für Leute, die mit C64 Musik nichts am
Hut haben, wohl nur schwer nachzuempfinden ist. Ich wollte diese alten
Tracks auch aus heutiger Sicht cool
klingen lassen und sie aber in ihren
elektronischen Grundzügen so belassen, wie sie sind. Das war mein persönliches Ziel dieser Coverversionen.
Heiko Nolting
www.mindinabox.com
www.myspace.com/mindinabox
VÖ: „R.E.T.R.O.“ 26. Februar 2010
Die Spiele für den C64 waren
eines der besten Verkaufsargumente für den Rechner: Fast jedes bekannte Computerspiel in
den 1980er und teilweise in den
1990er Jahren wurde für den
C64 umgesetzt, darunter viele
Arcade-Spiele, so auch Donkey
Kong und Pac-Man. Schätzungen gehen von ca. 17.000
kommerziellen Spieletiteln für
dieses Gerät aus, nicht mitgezählt die zahllosen Spiele, die von C64-Besitzern selbst programmiert wurden. Im Laufe der Jahre sind insbesondere die Spiele immer
komplexer und grafisch anspruchsvoller geworden.
Sein Soundchip:
Der MOS Technology 6581
SID (Sound Interface Device) ist der programmierbare 3-stimmige Soundchip des C64 und C/128.
Er gilt als bester Soundchip
der 8-Bit-Ära. Vom Byte
Magazin wurde er 1995
in einer Liste der 20 wichtigsten Chips der Computergeschichte aufgeführt.
Entwickelt wurde der SID von Bob Yannes, der später die Firma Ensoniq
gründete, die auch für hervorragende Synthesizer bekannt wurde.
Aufgrund der hohen Popularität des C64 entstanden sehr viele Kompositionen für den SID, die heute zu den Klassikern der Computermusik
gehören.
37
Vlad In Tears
klar ist, oder?) und es muss auch immer Bier vorhanden sein, denn wir lieben deutsches Bier! Überall liegen Klamotten rum und Kerzen müssen sein, Makeup liegt herum und Zigaretten. Dann findest du Kris,
der Baudelaire liest und
mich, der am Handy hängt,
alles ist vertraut, denn es
ist ja quasi eine Heimat für
eine Weile. Natürlich ist es
auch sehr bequem, komm
vorbei und mach dir selbst
ein Bild davon!
Ich verrate dir jetzt ein Geheimnis: Kris ist der beste
Vlad In Tears heißt eine sympathische Band Sänger im Rock-Business, den
aus Italien, die Gothic Rock mit klarem Gesang es gibt! Klar hatte er Gesangspaaren. Tränenreich könnte man meinen und unterricht, sonst würde man
durchaus: In manchen Songs drückt es einem deinen Hund jetzt zur Stereodie Gänsehaut bis zum Anschlag durch! Zum anlage jaulen hören, aber: Kris
aktuellen Album „Underskin“ nun also ein paar hat auch ein verdammt großes
Worte an die Band.
Talent, das sich lohnte, auszuIrgendwann bestimmt!
bauen. Anfangs war Kris nur
Auffallend sind auch
eure vorzüglich gestalEuer Album „Underskin“ kommt sehr kraftvoll der Pianospieler unserer Band
daher, die Gitarren rocken und die Stimme und dann hörten wir ihm durch
teten Webseiten. Wie
wichtig ist euch denn
röhrt kräftig dazu. Wie ist bei euch die Arbeits- Zufall zu, als er alleine sang
aufteilung?
und da war dann plötzlich
die Kommunikation mit
VÖ: „Underskin“ 05. Februar 2010
euren Fans übers Web?
Lex Vlad: Zunächst danke für das Kompliment. Ich klar: Er ist unser Sänger! Echt,
schätze, wir haben unser Primärziel erreicht! In der auch wenn er mein Bruder ist,
Unsere Webseiten sind
ich höre ihm jedes Mal zu und bin erstaunt, schnell und täglich oft in Gebrauch. Wir lieben es,
Band hat jeder so seine Aufgaben und
„Unsere
wir arbeiten doch wieder alle zusammen
wie gut er ist. Da ist etwas Mystisches an mit unseren Fans zu kommunizieren und das passiert
an den Dingen. Wie vielleicht bekannt
ihm, was uns beiden Inspiration gibt, wenn jeden Tag mit tausenden von Leuten, wenn auch
Musik ist
wir zusammen spielen. Es ist schwer zu be- nicht jeder Beitrag oder jeder Kommentar sofort
ist, sind wir Brüder, deswegen verbrinnicht nur
gen wir eh recht viel Zeit zusammen, das
schreiben, er ist einfach ein Naturtalent!
beantwortet werden kann, weil wir unterwegs sind.
Unsere Fans sind unsere Familie. Sie sind der Grund,
macht es dann aber auch einfacher, weil Musik, wir
wir selbst unter totalem Stress familiär leben sie!“ Wie sieht denn ein typischer Backstage- warum wir Musik machen, also behandeln wir sie
raum im Hause Vlad In Tears aus?
auch wie eine Familie!
miteinander umgehen können. Jeder
Das ist echt die außergewöhnlichste Frage, die ich
Daniel Friedrich
neue Song braucht seine eigene Geschichte
und wir lassen dann einfach das raus, was
bisher hatte. Unsere Backstageräume unterschei- www.vladworld.net
den sich von den meisten anderen, kommt aber www.myspace.com/vladintears
raus muss, egal von wem. Die Musik
auch immer darauf an, wo das Ganze stattfinkommt dann dazu, wir leben sie aus,
denn unsere Musik ist nicht nur Musik,
det. Du kannst dir sicher sein, das du Rotwein
vorfindest (was bei Italienern
wir leben sie!
Draculas Tränen
Jaja, das Leben. Kris
versteht es, mit seiner Stimme die
Menschen
in
seinen Bann zu
ziehen. Ist er
ein Naturtalent?
38
wie NIN, Gary Numan, A Perfect Circle, Depeche
Mode, Bauhaus oder Tool.
2010 begann als sehr erfolgreiches Jahr für Mark: Es hat sich einfach mit der Zeit entwickelt.
Resist, eine aufstrebende britische Band aus Wir haben unsere musikalischen Fähigkeiten und
Manchester. Ihr Bandname steht für den Kampf Einflüsse gebündelt und das ist dabei herausgedes Individuums im täglichen Leben in der Ge- kommen. Wir haben alle verschiedene musikalische
Backgrounds. Lexx ist der Metal-Head, Phil
sellschaft. In ihrer Heimat schon
in allen Medien gefeiert, kommen „Wir gehen der Punk, Emma hat einen klassischen
die Industrial-Gothic-Elektroniker
Background. Misha hat ihre Wurzeln in der
total ab
Dance-Kultur und ich bin mit Dark Rock aufmit ihrem neuen Deal beim deutlive. Wenn
schen Label Remote Music und
gewachsen.
wir erst
dem Album „The Ride“ mit großen
Schritten, um Deutschland zu ero- mal auf der Wie kam es zur Kooperation mit der
bern. Den Spaß an der Musik hört Bühne sind, Charity-Single in Verbindung mit einem
man „The Ride“ sofort an. Resist
nationalen Zombiewalk?
zeigen wir
bedienen sich größtenteils elekMark: Wir haben in Manchester in einem
euch,
wer
Horror-Restautronischer Instrumentierung, doch
der Charakter ihrer Musik ist so wir wirklich rant gespielt.
sind!“
Dort trafen wir
energiegeladen und kraftvoll wie
Carl Whiteley,
bei gestandenen Rockmusikern.
Im Mittelpunkt von Resist steht die charisma- den Gründer von Zomtische Stimme der Frontfrau Misha, die mal bie Aid, einem natioeinfühlsam, mal energisch rockig, emotional nalen Event. Er mochte
alle Facetten bedient und manchmal ein biss- unsere Show und bat
uns, auf seinem nächchen an Skin von Skunk Anansie erinnert.
sten Event zu spielen,
was eigentlich schon
Wofür steht euer aktuelles Werk „The Ride”?
Misha: Das Leben ist eine mit Adrenalin betriebene ausgebucht war. NaHerzschlag-Achterbahn. Es gibt keine Atempause, türlich haben wir dort
bis du irgendwann stirbst. Du musst einfach immer gespielt und nun zuGas geben.
gestimmt, die offizielle
Mark: Wir hatten noch „White Knuckle Ride“ als op- Single für Zombie Aid
aufzunehmen.
tionalen Titel, der auch gut zu unserer musikalischen 2010
Reise passte. Daraus ist dann aber „The Ride” ge- Zurzeit führt er Regie
bei unserem neuen Viworden.
deo. Es kommen zwar
Eure Musik ist eine Mischung aus vielen Elec- keine Zombies vor, aber
trostyles gespielt als Dark Wave/Rock. Wel- es wird sehr gruslig.
chem Konzept folgt ihr? Woher kommt ihr
musikalisch?
Wie wichtig ist euer
Misha: Wir folgen keinem Konzept. Es muss einfach visueller Aspekt?
laut, intensiv und spannend sein und natürlich Spaß Mark: Der visuelle
machen. Wir haben einige gegensätzliche Momente, Aspekt wird immer
doch wir versuchen alles aus jedem Moment he- wichtiger für uns. Je
rauszuholen. Wir fühlen uns verbunden mit Bands mehr Budget uns zur
Englischer Widerstand
Verfügung steht, umso mehr Ideen werden wir für
unsere Performance umsetzen. Unsere Musik steht
zwar auch für sich allein, aber das ist ja heutzutage
nicht mehr genug. Wenn ich eine Show besuche, will
einen bleibenden Eindruck für Augen und Ohren. Unser Grafikdesigner spricht immer vom „Visual Bang”.
Jeder, der Nine Inch Nails einmal gesehen hat, weiß
wovon ich spreche.
Habt ihr Gigs in Deutschland für dieses Jahr
geplant?
Mark: Wir hoffen sehr, in Deutschland zu spielen. Das
hängt auch ein bisschen von Remote ab. Wenn wir
eingeladen werden, sind wir sofort da.
Misha: Wir würden gern auf dem WGT und auf dem
Festival in Waregem spielen. Dieses Jahr wird das
mit beiden leider noch nicht klappen. Wir werden
aber einige Gigs in Deutschland spielen. Wir gehen
total ab live. Wenn wir erst mal auf der Bühne sind,
zeigen wir euch, wer wir wirklich sind!
Poloni Melnikov
www.resistonline.co.uk
www.myspace.com/resistmusicuk
VÖ: „The Ride” 26. März 2010
39
7. und 8. August 2010
Allein die harten Fakten sind für
die Entscheidung, das M’era Luna
Festival 2010 zu besuchen, mit
Leichtigkeit aussagekräftig genug.
Mit 40 Bands auf zwei Bühnen,
Mittelaltermarkt,
Modenschau,
Autogrammstunden und großen
Verkaufsareals, lässt sich spielend
ein erlebnisreiches Wochenende
der Sonderklasse bestreiten.
Hin- und hergerissen von Auftritten, die
unterschiedlicher kaum sein könnten,
entfaltet sich für das Publikum alljährlich auf dem Flughafengelände Hildesheim-Drispenstedt
eine ausgesprochen
friedliche und familiäre Atmosphäre, die
ihresgleichen sucht.
Angereist aus ganz
Europa können die
Fans in diesem Jahr
zwei Headliner erleben, die unterschiedlicher nicht sein
könnten. Mit Placebo steht einerseits
eine der angesagtesten Indie-Bands der
Gegenwart auf der Bühne, während mit
The Sisters Of Mercy der Vergangenheit
der Schwarzen Szene Tribut gezollt
wird. Während Brian Molko & Co. dabei
ihre aktuelle Scheibe „Battle For The
Sun“ präsentieren können, geht es bei
Andrew Eldritch und seinen Leihschwestern mehr darum, wie viele Jahre einer
der gespielten Songs schon auf dem
Buckel hat. Doch auch abgesehen von
diesen beiden Eckpfeilern bietet das
Line-up ein echtes
Wechselbad der Gefühle. Sowohl die
krachig, aggressiven
Klänge mit Agonoize, Combichrist und
Skinny Puppy als
auch die mehr emotionalen, romantischen
Töne werden mit Illuminate, Unheilig und
Qntal vertreten sein. Zu den unverzichtbaren Hilfsmitteln für ein erfolgreiches
Festival zählt daher neben Geldbeutel,
Regenüberwurf und Sitzdecke ein ausgeklügelter Zeitplan, um nicht plötzlich
beim Powershopping feststellen zu
müssen, dass man gar die persönlichen
Lieblinge verpasst hat.
Wer nun auf den Geschmack gekommen
ist, sollte sich zum Vorverkaufspreis von
79,- € inkl. Gebühren, 5 € Müllpfand
und Camping das Zwei-Tages-Tickets
sichern. Online-Ticket-Bestellungen unter www.meraluna.de oder telefonisch
über 0 180 5-853 653 (14 ct/min/Mobilfunkpreise können abweichen).
Ian Stone
www.meraluna.de
www.myspace.com/meraluna
40
Unruhe Reloaded
Xotox ist eine der erfolgreichsten
Industrialbands, die trotz der limitierten Nische ein riesiges Publikum erreicht. So erklären sich
auch die unzähligen DAC Platz 1
Notierungen sowie der restlose
Ausverkauf des soeben wiederveröffentlichten Debüts.
Ganze sechs Jahre sind vergangen
seit „Die Unruhe“, einem damals
bahnbrechenden Industrialwerk.
Wie siehst du das Album im Rückblick?
Für mich ist „Die Unruhe“ ein wirklich
großes Stück im Gesamt-„Puzzle“
mit Namen Xotox, denn mit dieser
Scheibe bin ich echt einen ganz großen Schritt nach vorne gekommen.
Ich lege ja auch ab und zu mal als
DJ auf und es ist immer wieder eine
große Freude für mich, zu sehen, dass
Songs wie „Mechanische Unruhe“
und „Nasse Wände“ auch nach sechs
Jahren die Tanzflächen füllen.
Wie lange ist eigentlich das Debüt
vergriffen? Und wieso wurde es
nochmals remastered? Wie wichtig ist dieser Masteringprozess?
„Die Unruhe“ war innerhalb von zwei
Wochen und noch vor der eigentlichen Veröffentlichung aufgrund der
Vorbestellungen
vergriffen und
somit seit sechs
Jahren
nicht
mehr erhältlich.
Dadurch, dass
neben den Originaltracks der
ursprünglichen
CD auch zwei
bisher unveröffentlichte Songs
mit
vertreten
sind, Songs, die
es aus Platzgründen damals nicht
mit auf „Die Unruhe“ geschafft
hatten, musste
die Gesamtstruktur, also das musikalische Gesamtbild der CD, angepasst
werden, da die zwei „neuen“ Songs
ja noch nicht gemastert waren. Nach
sechs Jahren entwickeln sich auch
Masteringprozesse weiter oder auch
die reinen Hörgewohnheiten ändern
sich. Somit wurde die gesamte Scheibe nochmals gemastert.
Was steht als Nächstes für Xotox
an?
Irgendwas steht immer an. Seien es
Remixe, Konzerte oder sonstige Zusammenarbeiten wie die Split-CD mit
Detune-x. Momentan aber wird an
Material fürs neue Album gearbeitet.
Siegmar Ost
www.xotox.info
www.myspace.com/xotox
VÖ: „Die Unruhe 2.0“ 19. März 2010
Zwanglos energiegeladen
sich die Leute zu sehr an einen Sound
gewöhnen. Wir möchten also nicht,
dass man von uns immer wieder ein
und dasselbe Album erwartet. Man
wird sich immer an eine Überraschung
mehr erinnern als an eine Wiederholung und wir reiten permanent auf einer Welle aus Überraschungen. Musik
sollte gefährlich sein und dich stets
rätseln lassen.
Selbst wenn ihr Name noch so
sehr auf eine Formation aus deutschen Landen schließen lässt, die
Heimat der drei Soundtüftler von
Alter der Ruine liegt doch in Tucson, Arizona und damit ein ganzes
Stück weit weg von den Industrial- oder Noise-Hochburgen dieser
Erde. Nichtsdestotrotz treibt das
amerikanische Trio seit 2005 sein Wann wird es nach dieser Werk„Unwesen“ und begeistert jen- schau neue Songs zu hören geben?
seits des großen Teichs eine ste- Wir arbeiten bereits an neuen Sachen.
tig wachsende Fangemeinde. Um Das nächste Album sollte im April
nun auch hierzulande voll durch- fertig werden und kurz darauf zuminzustarten, hat sich die deutsche dest in den USA erscheinen. Was den
Labelheimat dazu entschlossen, Sound angeht, ist es eine Mischung
mit „This Is Why We Can’t Have aus Industrial/ Electro/ House/ HardNice Things“ eine Compilation der core/ Breakbeat/ Techno/ Punk und
drei bisherigen Alben zu veröf- was auch immer uns noch einfällt, was
fentlichen. Im Interview gibt sich eingebaut werden könnte. Außerdem
Mike T. selbstsicher
wird es mehr Songs
mit Textelementen
und ausgesprochen
„Man wird sich
locker.
geben. Es wird ein
immer an eine
Album, das dir nicht
Euer Stil hat sich Überraschung mehr wirklich eine Chance
erinnern als an
von Album zu
lässt, es komplett zu
Album
deutlich
eine Wiederholung ergründen. Genau
so wollen wir das.
verändert, sodass
und wir reiten
Außerdem machen
diese Compilation
permanent auf
wir dieses Mal alles
für den deutschen
einer Welle aus
Markt ein wirklich
selbst, was uns mehr
Überraschungen.“
Kontrolle verschafft.
bunter Mix geworden ist. Stehen dir
Peter Heymann
die alten Sachen noch ebenso www.ruine-process.com
www.myspace.com/alterderruine
nahe wie die neueren Songs?
Mike T: Unser Stil befindet sich im VÖ: „This Is Why We Can’t Have
steten Wandel. Wir wollen nicht, dass Nice Things“ 01. April 2010
Electro aus Kolumbien
Psyborg Corp. – das sind Miss Pixel am Bass, UserX86 an der Gitarre und Sänger, Komponist und
Programmierer p5YbORG. Rein
äußerlich unterscheidet die drei
wenig von einheimischen Cyberelektronikern. Allein die kolumbianische Herkunft macht dann doch
stutzig. Aus diesen Breitengraden
ist man solch brachialen Sound
nun wirklich nicht gewohnt.
Dabei scheint es in Sachen Schwarzer
Szene in Südamerika gar nicht so anders als bei uns zuzugehen. „Natürlich bewegen wir uns in einer Underground-Szene”, berichtet p5YbORG.
„Aber bei uns treten internationale
Künstler auf, wir haben einige Festivals,
Partys, Klamottenläden und alles, was
die Szene woanders auch zu bieten
hat. Und so ist es nicht verwunderlich,
dass der Bandchef angibt über Fear
Factory, Deadstar Assembly und Static-X an die Musik herangeführt worden zu sein. „Später sind dann noch
Psyclon Nine, VNV Nation und Grendel
hinzugekommen“, ergänzt der Sänger.
„Und so habe ich dann auch zur elektronischen Musik gefunden.“
Trotzdem unterscheidet sich die Herangehensweise. „Unser kultureller
Kontext ist sicherlich verantwortlich
dafür, dass wir anders an die Musik
herangehen als zum Beispiel Europäer. Natürlich beeinflusst unser Hintergrund die Art wie wir Musik machen.
Das betrifft sowohl die Texte als auch
die Sounds“, ist p5YbORG überzeugt.
Dennoch stehen die drei Südamerikaner ihren meist europäischen Genremitgliedern in nichts nach. Nur die
Träume für die Zukunft, die sind bei
Psyborg Corp. ganz bescheiden: „Unser Ziel ist es, dass unser neues Album
‚The Mechanical Renaissance’ überall
in der Welt erhältlich ist. Außerdem
würden wir gerne Menschen anderer
Länder und deren Szenen kennen lernen und bei ihnen unsere Musik spielen dürfen.“
Freya Diepenbrock
www.myspace.com/psyborgcorp
VÖ: „The Mechanical Renaissance“
26. Februar 2010
41
Elektro-Pop aus dem Rheinland
X-Divide ist ein neuer Stern am Himmel des
Elektropop. Eric ist zuständig für den Gesang, die Programmierung, die Texte und die
Gitarre. Jens singt währenddessen im Hintergrund, bedient die Keyboards und textet
ebenfalls. Nachdem die ersten Lorbeeren
bereits mit Live-Auftritten und Demo-Veröffentlichungen verdient werden konnten,
veröffentlichen X-Divide jetzt ihre Debüt-EP
„X“. Jens stand Rede und Antwort.
Wie seid ihr auf die Idee gekommen, eine
Elektropop-Band zu gründen? Davon gibt es
ja schließlich schon eine Menge.
Eric und ich haben früher zusammen in einer Firma gearbeitet und irgendwann fanden wir heraus,
dass wir beide Musik machten. Eric hatte Ende
der 90er einen elektronischen Track komponiert,
den aber nie weiter verfolgt. „I don’t care“ gefiel
mir auf Anhieb sehr gut, vor allem Erics Stimme
überzeugte mich sehr. Wir entschlossen uns, den
Titel noch einmal neu aufzunehmen und bei mp3.
de hochzuladen. Da war er in kürzester Zeit auf
Platz eins der Dark Charts. Da das mit dem einen
Song so gut geklappt hat, haben wir noch einen
geschrieben und so war X-Divide geboren.
Was würdet ihr sagen: Was unterscheidet
euch von den anderen? Schließlich sagt ihr
von euch selbst, dass ihr angetreten seid,
um die eingefahrenen Strukturen des Genres
aufzubrechen.
Ich denke, wir haben einen Sänger mit einem sehr
hohen Wiedererkennungswert in der Stimme. Außerdem steht X-Divide für eine gute Mischung
aus hochmelodiösen und clubtauglichen Beats.
Wenn die Leute nach dem Hören unserer Songs
noch Tage später die Melodie pfeifen, haben wir
es richtig gemacht.
Ihr arbeitet mit Vasi Vallis zusammen. Wie
seid ihr zusammen gekommen?
Ich war immer ein großer Fan von seiner ehe42
maligen Band NamNamBulu. Vasis Produktionen
bestechen durch schöne Synthie-Linien und
druckvolle Beats. Nachdem wir zwei Songs fertig hatten, schrieb ich Vasi eine Mail und bekam
zunächst natürlich keine Antwort. Wir baten ihn
darum, sich die Stücke anzuhören und uns seine
Meinung zu sagen. Nachdem ich dann hartnäckig
dran geblieben bin, kam auch irgendwann eine
Antwort. Das Ganze ging dann hin und her, bis
er irgendwann aufgegeben hat und zusagte, als
Produzent dabei zu sein. Daraus ist mittlerweile
eine sehr enge Freundschaft geworden und die
Konstellation passt einfach.
Hat eure erste EP „X“ ein Thema?
Auf der EP geht es hauptsächlich um Liebe, Gefühle und diese Dinge. Das ist aber Zufall und fiel
uns erst auf, nachdem wir die Songs fertig hatten.
Ich nenne es manchmal spaßeshalber die „Love
Ihr wollt in diesem Jahr auch noch ein Album veröffentlichen. Wie weit seid ihr mit
den Arbeiten?
Ja, 2010 soll definitiv noch ein Album kommen,
das ebenfalls von Vasi Vallis produziert wird. Die
Arbeiten daran schreiten gut voran, aber Genaueres kann man noch nicht sagen.
Was sind eure Zukunftspläne? Geht ihr auf
Tour, stürmt ihr die Charts? Was wollt ihr mit
eurem neuen Projekt erreichen?
Ob wir in die Charts kommen, werden wir sehen, aber in erster Linie ist die Musik für uns ein
Hobby. Wir machen das, um die Menschen zu unterhalten, natürlich auch um ein bisschen rumzukommen und vor allem aber, weil wir selber sehr
viel Spaß an X-Divide haben und dadurch schon
viele tolle Erfahrungen machen durften. Live gibt
es uns in diesem Jahr am 2. April 2010 zusammen
mit Diorama und In Strict Confidence in Frankfurt
in der Batschkapp zu sehen. Weitere Termine werden aber noch folgen.
Freya Diepenbrock
www.x-divide.de
www.myspace.com/x-divide
VÖ: „X“ 12. Februar 2010
Fotos: Art-In-Black
X-Divide
EP“. Vielleicht wird es im kommenden Album
dann nur um „Hass“ gehen, mal schauen.
KMFDM
Gemischter Blitzkrieg
Begriffe wie Blitzkrieg, die in
Deutschland
nachvollziehbarerweise tabu sind, verzücken
die Amerikaner nicht erst seit
Rammstein und Konsorten. Dem
deutschen Industrial-Rock-Pionier
Sascha Konietzko aka Käpt’n K,
Mastermind von KMFDM, gelingt
das in seiner Wahlheimat USA und
darüber hinaus schon länger. Bereits als er Anfang der ’90er Hamburg verließ und sofort erfolgreich
in den USA tourte, zeigte er seinen
Sinn für Humor und Wortspiele,
indem er den Musikjournalisten
die skurrilsten Bedeutungen für
KMFDM vorgaukelte, unter anderem „Kill Mother Fucking Depeche
Mode“, „Keep Madonna From Doing Music“ oder „Kylie Minougue
Fans Don’t Masturbate“. Nach seinem letzten Studioalbum „Blitz“
VÖ: „Krieg“ 19. Februar 2010
01 Combichrist „Bait & Switch“
02 Andy Selway of KMFDM „Strut“
03 Seismologist „Potz Blitz!“
04 Prong „Bait & Switch“ 05 Ivan
de Prume of White Zombie „Never
Say Never“ 06 Koichi Fukuda
of Static-X „People of The Lie“
07 Vile Evils „Bitches“ 08 Komar
Kommando „Never Say Never“
09 Mary Byker of Apollo 440
„People of The Lie“ 10 Tweaker
„Davai“ 11 Dave Rave Ogilvie
„Never Say Never“ 12 Assemblage
23 – „Davai“
und der Kollaboration „Skold vs.
KMFDM“ mit Tim Skold erscheint
nun das obligatorische Remixalbum „Krieg“, das vom Titel her
fast zu erwarten war.
Überraschend ist, dass der Titel nicht
auf seinen Mist gewachsen ist: „Der
Titel wurde zum ersten Mal nicht von
mir gewählt, sondern von den Jungs in
meinem Houston-Office, die auch mit
der Organisation des Albums betraut
waren. Da ich auf Tournee war, hatte
ich kaum Zeit, mich um die Rekrutierung der Remixer, die Gestaltung des
Covers etc. zu kümmern. Aber den Job
haben sie sehr ordentlich gemacht.
Und dann ist ihnen wohl zum letzten
Albumtitel ‚Blitz‘ noch ‚Krieg‘ als Titel
für das dazugehörige Remixalbum
eingefallen. Vielleicht ein bisschen
platt, aber schon in Ordnung.“
Remixer wie Prong oder Mitglieder
von White Zombie, Static-X und Apollo
440 machen „Krieg“ jedoch zu einem
stilistisch vielfältigen und sehr abwechslungsreichen Remixalbum, wie
man es von Kein Mehrheit Für Die Mitleid gewohnt ist.
Ringo Müller
www.kmfdm.net
www.myspace.com/officialkmfdm
43
statiCViolence
Neue Härte braucht das Land
Um im Cyberelektrogenre als neue
Band zu punkten, braucht es mehr als
einen fähigen Soundprogrammierer.
Mit Provokation, Tabuthemen und
einem höchst eigenständigen visuellen Stil heben sich statiCViolence
von der Masse ab und versprechen
ein spannendes Cyberelektro-Debüt für die kochenden Tanzflächen
dieses Sommers.
Im Vergleich zu vielen Kollegen ist
euch die visuelle Seite sehr wichtig. Das weiß-schwarze Warpainting verwandelt euch in eine Art
Cyberwarriors. Ist das eine selbstverständliche Erweiterung eures
musikalischen Kosmos?
Steph: Die visuelle Komponente liegt
uns sehr am Herzen. Für uns ist nicht
nur die Musik wichtig. Wir sehen Musik
und Covergestaltung als Gesamtkonzept. Dabei sollen die Bilder nicht einfach nur schön wirken oder provozieren, sondern eine Message vermitteln
bzw. zum Nachdenken anregen. Wir
haben aber auch sehr fähige Leute in
der Hinterhand, die unsere Ideen wunderbar umsetzen. Das Bodypainting haben wir bei www.art2body.de in Leipzig
machen lassen. Das Cover unserer kommenden CD wird ebenfalls ein sehr geiles Bodypainting einer Dame zeigen
und wohl im Zusammenhang mit
dem Titel für etwas Verwirrung
sorgen.
44
Wie weit seid ihr mit den Arbeiten
zu eurem Debütalbum?
Das Album, welches den Namen „Auf
die Fresse???“ tragen wird, ist seit
Januar fertig. Wir warten noch auf ein
paar Remixe von bekannten Bands und
dann geht’s ab zum Mastern und ins
Presswerk. Am 31.05.2010 soll die CD
dann bei Bensch Audio erscheinen.
Gewalt in allen Facetten – ihr
scheint unbändig viel Wut in euch
zu haben? Was macht euch wirklich wütend?
Eigentlich sind wir sehr gesellige und
lustige Typen. Die Wut, die wir bei SV
rüberbringen, hat mit unseren realen Leben zum Teil nichts zu tun. Wie gesagt,
es sind drei Rollen die wir bei SV verkörpern. Aber was uns wirklich wütend
macht, ist die Diskussion über Killerspiele
im Zusammenhang mit diversen Amokläufen. Das ist auch der Grund, warum
wir eine Hommage an den Ego-Shooter
Counterstrike geschrieben haben. Der
Text ist dabei eher zynisch gemeint. Es
sind nicht solche Spiele, die Amokläufer
produzieren, es ist die Gesellschaft und
der Umgang mit Außenseitern. Macht
uns das Spielen solcher Games automatisch zu potenziellen Amokläufern?
Wenn ja, aufgepasst! Wir kommen!
Siegmar Ost
www.myspace.com/staticviolence
VÖ: „Auf die Fresse???“ 31. Mai 2010
Paul Roland
Restaurierte Geschichten
Auf der Burg Rabenstein nahm es
im Jahr 2002 seinen Anfang. Paul
Roland spielte nach einer fünfjährigen Pause ein exklusives Konzert
im Rahmen des Herbstnächte-Festivals. Was als einmaliger Auftritt
geplant war, wurde zum Ausgangspunkt für seine zweite Karriere. Es folgten neue Alben und
eine Vielzahl von Wiederveröffentlichungen seiner alten Platten, die
meist umfangreich mit Bonusstücken angereichert wurden.
Mit der „20th Anniversary Reissue“ des
‘89er Albums „Duel“
erscheint in diesen Tagen ein ganz besonderes, nahezu historisches Tondokument aus Paul Rolands umfangreicher
Diskographie in neuem Gewand. Neben
neun Bonustracks, die sich aus Demos
und Radio Sessions zusammensetzen,
sind die meisten Songs des ursprünglichen Albums in neuen Versionen vertreten. Darunter auch der Goth-Tanzflächenfüller „Nosferatu“, der um einen
Chor aus Paul Rolands Wahlheimat
Karlsruhe ergänzt wurde. „Knights“,
„Spring Heeled Jack“, „At The Edge Of
The World“, „Alice’s House“ und die
„The King Must Die“-Trilogie wurden
restauriert, während die übrigen Songs
zumindest remastered wurden. Die
Songs handeln meist von ritterlichen
Erzählungen oder sind von Edgar Allen Poe inspirierte Horrorgeschichten.
Die Melodien sind mal rockig, mal ver-
spielt. Paul Roland und sein
Label Syborgmusic (In My
Rosary, Tors
Of Dartmoor, Printed At Bismarck’s Death) haben sich
alle Mühe gegeben, um das Re-Release auch für Besitzer der Original-LP
durchaus interessant zu machen. Für
den Sammler ist zudem
eine zusätzliche limitierte
Version des Reissues erschienen, die neben der
CD noch die englische
Novelle „The Magician
Of Grimm“ enthält.
Thematisch ist die Geschichte im Buch eng mit einigen Titeln
des Albums verbunden.
Philipp Strobel
www.paulroland.de
www.myspace.com/
paulrolandmusic
www.syborgmusic.de
VÖ: „Duel - 20th Anniversary Reissue“
29. Januar 2010
45
50 Tage und kein Ende...
Dies ist nun der zweite Teil eines als Vier-Alben-Zyklus angelegten Werkes. Jeder Teil
steht dabei für eine Phase des alchimistischen
Prozesses. Die „Chaos“ CD stand für Nigredo
(Schwärzung) und nun wird mit Albedo (Die
Weißung), die zweite Phase eingeläutet. Ganze
50 Tage verbrachten die Jungs von Whispers In
The Shadow diesmal im Studio, um dem Album
„The Eternal Arcane“ die nötigen Feinheiten zu
verpassen und so ist es wohl, laut eigener Aussage, zu ihrem abwechslungsreichsten Werk
geworden.
durch die dunklen Gefilde. Am Ende
des Songs steht die Erkenntnis: Es
gibt nur eine Angst, die Angst vor der
Angst, und diese gilt es zu bezwingen, dies ist Amenta.
Sehr ungewöhnlich für Whispers
In The Shadow mutet der Song
„Blessed In Disguise“ an. So in
softe Lagerfeuerromantik getauchte Whispers habe ich zuvor
noch nie gehört.
„Blessed In Disguise“ ist ein weiteres, sehr ungewöhnliches Stück für
uns, mit akustischen Gitarren, PerWas gibt es Neues zu berichten? Ich habe cussions und alles, was es so braucht
mitbekommen, dass das Album in seiner mu- am Lagerfeuer. Wir haben diesmal
viel ausprobiert, auch
sikalischen Abwechslung, ohne
„Wir machen
weil wir die Zeit dazu
hierbei die Gothic-Rock-Spur zu
verlassen, das ausgefeilteste anspruchsvollen hatten, allerdings ist der
sein soll. Was sind nennenswerte
Gothic Rock für Text etwas ganz anderes,
als man es von so einem
Unterschiede zum Vorgänger?
anspruchsvolle
Ashley: Diesmal hatten wir uns
Song erwarten würde.
dazu entschlossen, die Songs et- Gothic Rocker!“ Es geht um Kinder und
Kindheit. Inspiriert wurde
was konkreter und direkter zu produzieren und so einen hörbaren Unterschied zum ich zu dem Song übrigens vom dem
Vorgängeralbum herauszuarbeiten. Besonders freut Film „Tideland“, jeder der ihn gesemich auch die Mitwirkung einiger Gäste, wie etwa hen hat, wird einzelne Textzeilen besAmandine Ferrari von The Eden House, die Vocals ser verstehen.
zum Track „From Aeon To Aeon“ beisteuerte. Wie
auch schon beim Vorgänger besitzt jeder der Songs Trotz der außergewöhnlichen
ein bestimmtes Symbol, welches mit den dazuge- Schönheit von „Blessed In Dishörigen okkult-mystischen Themen korrespondiert. guise“ hoffe ich doch, dass die Whispers jetzt
Das Album beginnt mit den letzten drei Sekunden nicht als Folk-Engel enden und dem Trad-Goth
seines Vorgängers, wir tauchen also aus dem Abyss abschwören.
auf, ein neuer Morgen dämmert. „Haloes At Dawn“, Es ist natürlich schon so, dass wir, und vielleicht noch
der erste Track, wird getragen von sanften Cello- eine Handvoll anderer Bands, mit unserem Sound
klängen und hat somit fast schon neo-klassische etwas sehr selten gewordenes in der Gothicszene
Züge, etwas vollkommen Neues für uns. Der darauf darstellen. Unsere moderne Form des klassischen
folgende Song „If Uriel Falls“ ist dann aber ein sehr Gothic Rocks gibt’s ja sonst fast nicht, aber genau
apokalyptisches Stück Gothic Rock, mit donnernden darin sehe ich auch die Stärke unserer Band. Wir
Drums und melodischen Gitarren und weist den Weg machen anspruchsvollen Gothic Rock für anspruchsfür weite Strecken des restlichen Albums. Einer der volle Gothic Rocker. Seit dem letzten Album habe ich
Schlüsselsongs auf dem Album ist wohl „Amenta es mir zur Aufgabe gemacht, diesen Sound ins neue
Descending“. Dieser Titel beschäftigt sich mit dem Jahrtausend zu retten, zu erneuern und so all jenen,
in allen Kulturen wiederkehrendem Thema der Reise die genug vom BummBummBumm haben, eine Alin die Unterwelt. Die sogenannten „dunklen“ Göt- ternative zu geben. Ich bin einer davon.
tinnen Ishtar/Lilith (sumerisch), Hekate (griechisch)
TYVES OBEN
und Kali (hinduistisch) sind hier die Wegbegleiter www.myspace.com/whispersintheshadow
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Fotos: Mono.Chrome
VÖ: „The Eternal Arcane“ 23. April 2010
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Will man dem Bild Glauben schenken, das Eisbrecher mit ihrem
Bandnamen heraufbeschwören,
so dürfte der vergangene Winter ganz nach ihrem Geschmack
gewesen sein. Nichts geht mehr,
hieß es da auf vielen Kanälen, Flüssen oder großen Teilen
der Ostsee. Während
man aber die Dienste
eines kraftstrotzenden
Fahrrinnen-Räumers allerorten hätte gut gebrauchen können, saßen
die Jungs aus München im Studio und haben
fleißig am nächsten Album „Eiszeit“ gebastelt,
dessen erste Höreindrücke bestätigen, dass
sich die investierte Zeit mehr als gelohnt hat.
Im Interview zeigt sich Frontmann Alexx wie
stets gut gelaunt und kurzweilig.
ren, aber kurz danach geht es wieder
um Takte, Silben und Sounds. So wird
filigran selbst an brachialstem Material herumgeschnipselt.
Schnee im Frühling
Woran habt ihr länger oder härter gefeilt? Am Songwriting oder
an der perfekten Ausarbeitung im Studio? Was
macht mehr Spaß?
Songwriting und Ausfeiling laufen bei uns synchron. Während des Songwritings überlegen wir uns
schon sehr genau, was wie klingen soll, wie und ob
es umzusetzen ist und wie wir Stimme, Musik und
Emotion so zueinander ins Verhältnis setzen, dass
es uns selbst bewegt! Wir schmieden also ein feines
scharfes Deutsch-Rock-Schwert aus vielen Lagen
dunklem Stahl, ohne dabei Metal zu werden! Yeah!
Wie lassen sich die Voraussetzungen/ die Stimmung charakterisieren, mit denen ihr ans neue
Album herangegangen seid?
Alexx: Die Arbeit an „Eiszeit“ begann bereits Ende
2008! Die Voraussetzungen waren denkbar hervorragend: Wir waren noch
völlig ausgebrannt und leer
„Solange zwei
gesaugt vom „Sünde“-ProKöche
den Brei
duktionsmarathon, vom anschließenden Tour-Elysium/ nicht verderben,
sollte man
Martyrium gezeichnet und
mehr als Reha-bedürftig. Sodabei bleiben!
mit die ideale Ausgangsbasis Pix schreibt und
für ein neues Machwerk. Aus
produziert und
Schmerz und Anstrengung
ich versuche
entsteht die schönste und
ehrlichste Musik. Die Stimdabei gut
mung war gut, die Zeit perauszusehen.
fekt, wir waren bereit!
Das Songwriting und die Studioarbeit liegen auch nach wie vor
nur bei Noel und dir oder ist die
Live-Mannschaft inzwischen hier
integriert?
Solange zwei Köche den Brei nicht
verderben, sollte man dabei bleiben!
Pix schreibt und produziert und ich
versuche dabei gut auszusehen. Unser Erfolgsrezept! Ich möchte aber
nicht unerwähnt lassen, dass eine
gute Idee von außen gerne von uns
angenommen wird. Ob nun von den
Unser
Eisbrecher-Live-Mitmusikanten oder
Erfolgsrezept!“ unserem guten alten Max oder von
Eisbrecher im Studio: Ist
das ein großer Spaß und
Henning Verlage. Was uns gefällt, wird
viel Chaos oder konzentriertes und gemacht, da kennen wir keine Eitelkeit!
diszipliniertes Arbeiten?
Eisbrecher im Studio ist ganz genau Letzte- Welche musikalischen Neuerungen werden die
res! Mathematisch, akribisch, detailverliebt Lieder gegenüber den vorherigen Kompositiund analytisch geht es in den Freisinger onen enthalten?
Pix-Studios zur Sache. Diese Art zu arbei- Das entscheidet jeder für sich! „Eiszeit“ steht für
ten geht uns selbst schon tierisch auf den Eisbrecher 2010! Noel Pix und Alexx sind noch imSack, denn es hat etwas vom klassischen mer da, gehen ihren Weg mit offenen Augen und
12-Stunden-Tag, sieben Mal die Woche. Ohren, werden älter, gelassener, aber nicht minder
Würde uns jemand heimlich dabei beo- emotional. Wut, Verzweiflung, Schmerz und Aggresbachten, würde er/sie feststellen: „Wow, sion bleiben bestimmende Motive unseres Schafkann Rock and Roll öde sein!“ Hier und da fens. Wir gehen mit unserer Zeit und die Zeit folglich
schlagen wir natürlich schon mal über die auch mit uns.
Stränge, indem wir zum Beispiel über die
Peter Heymann
aktuellen Veröffentlichungen geschätzter www.eis-brecher.com
Kollegen ablästern, oder mal – ganz krass www.myspace.com/eisbrecherkommando
– über den Sinn unseres Daseins reflektie- VÖ: „Eiszeit“ 16. April 2010
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Fotos: Art in Black
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Diene oder leide
10 Jahre besteht die Dark-Wave-Elektro-Institution Absurd Minds inzwischen. Die nimmermüden Dresdner bringen nun ihr bereits
zehntes Album auf den Markt und zeigen mit
„Serve or Suffer“, dass sie es nicht verlernt
haben, kraftvollen EBM mit eingängigen Melodien und schlauen Texten zu mischen. Absurd
Minds unterstreichen auch mit ihrem neuen
Werk ihre unverkennbare Eigenständigkeit
und die weltweite Fangemeinde wird es ihnen
wohl danken.
Ihr zieht nach wie vor die englische Sprache
vor, obwohl euer größter Hit „Herzlos“ in
Deutsch war, warum das?
Stefan: Das hat was mit persönlichen Vorlieben zu
tun. Ich finde die englische Sprache melodischer und
man versteht dich überall. Dass ausgerechnet einer
der wenigen deutschsprachigen Songs ein Szenehit
wurde, damit hatten wir nicht gerechnet. Und dass
dies in Deutschland passierte, zeigt unter anderem,
dass die Muttersprache dich eben doch direkter erreicht. Allerdings muss man auch sagen, dass dieser
Song einer unserer Titel ist, der obwohl in deutscher
Sprache vorgetragen, oft auch missverstanden wird.
Viele Leute denken immer, es geht darin um irgendwelche unglücklichen amourösen Nichtigkeiten. Das
ist natürlich nicht der Fall.
Das neue Album hat den Titel „Serve or Suffer“
(Diene oder leide). Ist das euer Lebensmotto?
Stefan: Der Gesellschaftsvertrag von Rousseau beginnt mit den Worten „Der Mensch ist
frei geboren und überall liegt er in Ketten...“ Er fordert die Selbstaufgabe des
Individuums zugunsten der Gesellschaft.
In diesem philosophischen Werk kann
man meiner Meinung nach jedoch nicht
so viel an Freiheit finden, wie man aufgibt. Die menschliche Natur passt nicht zu
diesen Gedanken, auch wenn sie teilweise lobenswert sind. Marx hat das ja auch
schon mal gewollt, und das ist mächtig
in die Hose gegangen. Der Gedanke der
Gleichheit unter den Menschen ist jedoch
ein schöner Gedanke, der anmahnt, mehr
Rücksicht aufeinander zu nehmen. Im Titelsong geht es um eingeschränkte Freiheiten. Ein Widerspruch in sich. Jemand,
vielleicht der Charakter den man auf
dem Artwork sehen kann, suggeriert dir
die Möglichkeit einer Wahl, die du nicht
wirklich hast. Diese scheinbaren Möglichkeiten oder Alternativen werden den
Menschen auf der ganzen Welt ständig
aufgetischt. Sie dienen einem Zweck –
dich ausreichend klein zu halten. Wir hier
im Osten können uns noch gut erinnern
und erkennen auch Parallelen in anderen
Gesellschaftsordnungen. Speziell der Titelsong spielt mit diesen Gedanken.
VÖ: „Serve or Suffer“ 05. März 2010
Stefan: Durch die sehr plakative Karikatur wird der
Albumtitel sehr schön illustriert. Der Aussprechende
dieser Worte bekommt nun ein Gesicht. Und wie sagt
man so schön: „Jenes ist der Spiegel der Seele.“
In Sachen Electro braucht ihr euch mit diesem
Werk nicht zu verstecken, aber wegen der
Stimme kommen doch oft Vergleiche mit Project Pitchfork, stört das bzw. wie wäre es mal
mit einem Duett?
Stefan: Der Formatbereich unserer beiden Stimmen
überschneidet sich manchmal. Aber so was kommt
in der Musikszene häufig vor. Das hat was mit der
Beschaffenheit des Kehlkopfes zu tun. So wie es
Menschen mit gleicher Augenfarbe gibt, so gibt es
auch Menschen mit sich gleichenden Stimmen. Eine
Kollaboration mit Peter Spilles gab es jedenfalls bereits. Im Rahmen seines Soloprojekts Imatem verlieh
ich einem Song aus seiner Feder meine Stimme. Der
Titel heißt „Fiat Lux“.
Hitpotenzial auf den Tanzflächen hat der Titelsong. Welcher Song ist euer Liebling?
Timo: „Interconnectedness“ und „Human Bomb“
sind, denk ich, die stärksten Stücke der Platte.
„Interconnectedness“ mit seiner wunderschönen
Hookline, die sich durch den ganzen Song zieht und
„Human Bomb“ mit seinem unglaublich expressiven
Refrain, der sich unvermittelt öffnet. Die beiden Titel
haben auch unmittelbar live funktioniert. Sie gehen
beim ersten Hören sofort ins Ohr und werden dich
nicht mehr loslassen.
Heiko Nolting
Auf dem Cover ist eine Fratze, ein
König? Welche Bedeutung hat das
Artwork?
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www.absurdminds.de
www.myspace.com/absurdminds
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März / April 10
Ausgabe 24 - Jahrgang 4
Bacio
di
Tosca
My Friend Skeleton
mit
G
M ra
it t
n is
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m um
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The Beauty of Gemina
My Friend Skeleton
Noisuf-X
De/Vision
Mind in a Box
Eisbrecher
Absurd Minds
X-Marks the Pedwalk
KMFDM
Gratis CD Sampler Dark Alliance Vol. 6