Dick Brave
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Dick Brave
Deutschlands erstes Kultur- und Musikmagazin // kulturnews.de November 2011 // Nr. 253 Retter des Rock'n'Roll Dick Brave kino musik // „Halt auf freier Strecke“ buch // „Sickster” von Thomas Melle entertainment Hans Liberg // // Roterfeld Rolf Zacher Fard Kool Savas Coldplay Peter Gabriel Foster The People Snow Patrol Anna Ternheim Tok Tok Tok BITTE STRESS MICH! Florence + The Machine: Vom Überleben zwischen Pomp, Pop und Panik JUSTICE Von der Clubsensation zur Couchkartoffel THOMAS MELLE Autor für die Generation ohne Alternative PETERLICHT Wer sich beschwert, lebt doch verkehrt GLOBALER STYLE Wenn aus Fernweh Mode entsteht LARS EIDINGER Warum der Schauspieler Fehler machen will NACHHALTIG KAUFEN Wie unser Konsum cool wird Volume out now! www.uMagazine.de kulturnews 11/11 // Deutschlands erstes Kultur- und Musikmagazin // kulturnews.de inhalt November 2011 // Nr. 253 Retter des Rock'n'Roll Dick Brave kino musik // „Halt auf freier Strecke“ buch // „Sickster” von Thomas Melle entertainment // Hans Liberg // Peter Gabriel Foster The People Snow Patrol Anna Ternheim Tok Tok Tok Roterfeld Rolf Zacher Fard Kool Savas Coldplay Tickets, News und das komplette Kinoprogramm: www.kulturnews.de musik 6 // Dick Brave live 30 Als wäre nichts gewesen 8 Peter Gabriel Coldplay „Cool ist, was gefällt“ 12 35 15 16 citymag Programm-Magazin Tipps und Termine platten // Der Allesschaffer 72–83 Pop, Rock + Dance Dillon Bush Leonard Cohen … und viele andere mehr Anna Ternheim Jazz + Classics Ab in den Süden George Benson Dieter Ilg Götz Alsmann Foster The People Angenehm angespannt 14 Auf Tour Tipps und Interviews Von unten nach oben 10 // Rolf Zacher Fard Poet aus dem Pott 17 Aura Dione bücher // Seelenstrip 18 Kool Savas 84–87Thomas Melle: „Sickster“ Der Gentleman-Gladiator 20 Roberto Bolaño Antje Rávic Strubel Howard Jacobson Andrea Hanna Hünniger Daniela Krien Paul Harding Max Goldt Snow Patrol Die neuen Leiden des Gary L. 21 Hélène Grimaud Bitte loslassen 22 Secret Garden Wortlos glücklich 23 Tok Tok Tok Zwischen Pumps und Protest 24 Roterfeld Fotostrecke „Himmel, was hab ich getan?!“ news 4 98 87 // 88–93„Halt auf freier Strecke“: Erloschenes Leben „Bullhead“ „Eine dunkle Begierde“ „Die Abenteuer von Tim & Struppi“ // Thomas Melle Nora Tschirner Sean Penn Florence + The Machine aktion 79 kino dvds // 94–97 „Source Code“ „Kaboom“ „Beginners“ Muppet Show: 5 CDs “Green Album” „The Fighter“ Clueso: 1x2 Tickets und Fanpaket „The Big Bang Theory – Jägermeister Wirtshaus Tour: 1x2 Tickets Die komplette 3. Staffel“ Abo // 98 Impressum 3 // Kurztrip ins All Dass die Moderatorin und Schauspielerin Nora Tschirner im TV herumrüpelte, ist schon eine Weile her. Heute flimmert sie lieber über die große Leinwand und mimt an der Seite von Til Schweiger in den „Keinohrhasen“-Schmonzetten das Mädchen von nebenan oder in „Vorstadtkrokodile“ sogar die Mutter der Protagonisten. Langsam wird es also Zeit zurückzukehren zur früheren Frechheit, für die wir sie ins Herz geschlossen haben. Und tatsächlich: Ab 4. November erfüllt uns Tschirner mit der zweiten Staffel des SciFi-Klamauks „Ijon Tichy: Raumpilot“ auf ZDFneo diesen Wunsch. Erneut in der Rolle der computeranimierten frechen Halluzinellen, die dem Weltraumhelden Ijon Tichy mit genervten Sprüchen das Leben schwer macht. Leider währt der Allausflug der Berlinerin nur acht Folgen. Danach zieht’s Tschirner schon wieder auf die Kinoleinwand: Soeben hat sie die internationale Komödie „Girl on a Bicycle“ von Jeremy Leven („Die Frau des Zeitreisenden) abgedreht. (mh) „Meine Generation ist gefangen in einem Zwitterdasein zwischen Angepasstsein und Aufmucken.“ Foto: Carsten Thielker news Foto: ZDF/Randa Chahoud/VFX: Max Stolzenberg, Francesco Sacco 4 Der Schriftsteller Thomas Melle im Interview mit der Zeitschrift uMag. Sein Debütroman „Sickster“ ist unser Buch des Monats. Die Besprechung gibt es auf S. 84. Foto: Delphi Film Sean of the Dead Nein, das ist nicht Bono an einem Bad-Hair-Day. Auch nicht Cure-Frontmann Robert Smith an einem ganz normalen Tag. Es ist der zweifache OscarPreisträger Sean Penn, der sich wohl von beiden Popgrößen beeinflussen ließ. Im Roadmovie „Cheyenne – This must be the Place“ (ab 10. 11. im Kino) spielt der 51-Jährige einen gealterten Rockstar, der mit weiß geschminktem Gesicht, rotem Lippenstift und toupierten Haaren als Goth (Robert Smith!) in seiner Villa in Dublin (Bono!) hockt und sich langweilt. Oder depressiv ist. Als sein Vater stirbt, reist er nach New York, erfährt von der Suche seines Daddys nach seinem Peiniger und reist weiter ins Herz von Amerika, wo er zum Nazijäger (!) wird. Was eher klingt wie ein Song von Ozzy Osborne – dem Penn ebenfalls irgendwie ähnelt. Jetzt ist wahrscheinlich Alice Cooper sauer, weil er als Inspirationsquelle fehlte. (vs) // news 5 Florence + The Machine Zwischen den Welten kulturnews: Florence, dein erstes Album „Lungs“ war in England ewig auf Platz eins, du hast einen Britaward erhalten, bist bei der Oscar-Verleihung und den Grammys aufgetreten, und dem Time-Magazin zufolge liegst du auf Rang 51 der einflussreichsten Personen der Welt. Was planst du mit deinem zweiten Album „Ceremonials“ – die Weltherrschaft …? Florence Welch: Meine Mutter ist Professorin für Renaissancegeschichte und hofft inständig, dass Popmusik für mich bloß eine Phase ist, die vorübergeht. Vielleicht hat sie Recht, und ich sollte lieber englische Literatur studieren. kulturnews: Moment: Du giltst quasi als Nachfolgerin von Annie Lennox und Kate Bush, für Karl Lagerfeld bist du eine Modeikone. Welch: Das ist alles verrückt … Ich bin eine schusselige Tagträumerin, die überall ihre Sachen liegen lässt. Und dann passiert so was. kulturnews: Wie kommst du mit dem Erfolg klar? Welch: Mit dem großen Erfolg kommt große Verantwortung – das Sprichwort ist leider wahr, und es nervt total. Ich gehe zum Beispiel gerne einen trinken, und es ist auch echt öde, wenn die Band nach einem Superkonzert loszieht. Aber wenn ich saufe, funktioniere ich nicht, also lasse ich es sein. kulturnews: Und wie läuft es mit deinem langjährigen Freund Stuart? Foto: Tom Beard Florence Welch ist Englands spannendster Popstar – und funktioniert nicht, wenn sie säuft. Welch: Wir sind noch zusammen. Die neuen Songs handeln wesentlich davon, wie es ist, in so einer Beziehung zu leben, nämlich verwirrend. Ich habe Stuart nicht gerne auf Tour dabei. Ich schaffe es nicht, von der Bühne zu kommen, zu duschen, umzuschalten und zu sagen: Du, Schatzi, was wollen wir denn heute Abend kochen …? Interview: Steffen Rüth Ceremonials erscheint am 15. November. Ekel im Anflug Unrenoviert Ins Rampenlicht Die Bürocomedy „Stromberg“ kommt am 8. November mit der 5. Staffel zurück. Dann darf Christoph Maria Herbst als fieser Chef dienstags um 22.15 Uhr auf ProSieben wieder seine Untergebenen quälen, allen voran „Ernie“ Heisterkamp, genial gespielt von Bjarne Mädel. Kaum jemand kennt Staffan Valdemar Horn. Also wollte sich der Schwede zum Saisonstart am Düsseldorfer Schauspielhaus mit „Hamlet“ groß als neuer Intendant einführen. Leider war das Theater nicht fertig renoviert – Mist … Neuer Premierentermin: 4. 11. Am 6. November kürt eine Schriftstellerjury um Tilman Rammstedt aus 16 Finalisten den Gewinner des Nachwuchspreises open mike in Berlin. Dem Gewinner winken 7 500 Euro, die Autorenkarriere ist damit so gut wie gebongt. www.u2.com | www.universal-music.de Tagesaktuelle News gibt es auf kulturnews.de 20 JAHRE und The Fly den Hit s One , My ste rio us Wa ys Stren g limitierte und nummerierte Das Ber lin- Alb um von U2 mit Limitierte Super Deluxe Edition n 2-CD Deluxe Version • CD 1: original Album neu gemastert • CD 2: B-Seiten, Raritäten und unveröffentlichte Tracks • sechs CDs inkl. neu gemastertes Album, unveröffentlichte Remixe, tiven B-Seiten und einer neuen, alterna Version des Albums • vier DVDs mit Videos, unver- und der öffentlichtem Bonus Material neuen Dokumentation „From The Sky Down“ Über Deluxe Editio Album, unver• sechs CDs inkl. neu gemastertes neuen, öffentlichte Remixe, B-Seiten und einer s alternativen Version des Album Material Bonus htem • vier DVDs mit Videos, unveröffentlic The Sky Down“ und der neuen Dokumentation „From ein Exemplar • fünf 7" Singles, Hardcoverbuch sowie Bono’s „The Fly“ Sonnenbrille u.v.m. AB 28. Oktober Auch als Standard-CD, Vinyl und Download musik // Retrorock Foto: Sven Sindt/Upfront 6 Zurück in die Zukunft: Dick Brave (v.) mit seiner treu ergebenen Band Dick Brave Als wäre nichts gewesen Nach sieben verlorenen Jahren in der kanadischen Wildnis ist der Mann mit der Haartolle wieder zurück und bekämpft mit einer „Rock’n’Roll Therapy“ seine Amnesie. An eine Persönlichkeit namens Sasha, die Dick Brave sich früher mal eingebildet hat, kann er sich allerdings partout nicht erinnern … kulturnews: Dick, du hast nach einem Flugzeugabsturz sieben Jahre lang in einer Hütte in der kanadischen Wildnis gelebt. Wie muss man sich deinen Alltag dort vorstellen? Hat dir deine Armeeausbildung dabei geholfen? Dick Brave: Leider nein. Ich hatte eine Amnesie und wusste überhaupt nicht mehr, wer ich war … Ich wurde von dieser Frau gehalten wie ein Tier, mit Resten oder rohem Fleisch abgespeist … Eine schreckliche Zeit! kulturnews: Wie hast du es denn geschafft, wieder zurück ins Leben zu kommen? Brave: Mein mittlerweile guter Freund, der Musikjournalist Klaas Heufer-Umlauf, hat sich sechs Jahre lang auf die Suche nach mir gemacht und mich kulturnews 11/11 schließlich gefunden und aus den Klauen dieser Psychopathin befreit. Ohne ihn wäre ich wahrscheinlich immer noch dort! kulturnews: Du hast an einer kompletten Rock’n’Roll-Amnesie gelitten – hattest du in all den Jahren in der Waldhütte nie eine Idee, wer du wirklich bist? Brave: Es ist alles ziemlich verschwommen, aber wenn ich mal einen Anflug von Erinnerung hatte, wurde er gleich im Keim erstickt. kulturnews: Also hast du auch nichts wirklich vermisst, oder? Den Ruhm, die Auftritte … Brave: Gespürt hab ich es hier und da schon, aber ich wusste es nicht besser. Also eigentlich nein. kulturnews: Was war denn der erste Song, den du zurück in der Zivilisation geschrieben hast? Brave: Er heißt „Taking over“ und handelt davon, wie eine Gruppe Musiker für eine Nacht eine Stadt erobert und dann wieder verschwindet … Wahrscheinlich ein kleiner Aufruf an mich selbst, wieder an mich zu glauben. kulturnews: Deine Band, die Backbeats, war sicherlich völlig außer sich nach dem Flugzeugabsturz. Ohne dich weiterzumachen stand aber nie zur Debatte, oder? Brave: Zumindest nicht mit einem anderen Sänger. Das rechne ich meinen Jungs hoch an, obwohl ich es sogar verstanden hätte, schließlich wurde ich für tot erklärt. Aber sie haben trotzdem immer an mich geglaubt. Das macht mich stolz und dankbar. Heute ist es so, als wäre nichts gewesen, vielleicht sogar ein bisschen besser. kulturnews: Preise, Platz eins der Charts, ein Auftritt bei der Hochzeitsfeier der Sängerin P!nk – wann konntest du dich denn wieder an diese glanzvollen Zeiten erinnern? Brave: Die Erinnerungen kamen zwar nach und nach, aber doch recht schnell zurück. Ein paar Sachen fehlen auch noch, aber das hol ich mir bei unseren Konzerten zurück. Die haben irgendwie eine heilende Wirkung auf mich. Retrorock // kulturnews: Du hast eine kleine Clubtour im Frühjahr hinter dir – wie war das Gefühl, wieder auf der Bühne zu stehen? Brave: Ich war ehrlich gesagt sehr nervös, dann aber von den Reaktionen des Publikums überwältigt. Hätte nicht gedacht, dass nach diesen Jahren so viele kommen würden, um uns zu sehen … Grandios, ich danke euch! kulturnews: Auch Shakin’ Stevens hat eine Comebacktour angekündigt. Fürchtest du die Konkurrenz? Brave: Ach Quatsch, ich bin einfach dankbar, wieder da zu sein! Ich bin allerdings schon gespannt, ob Shakin’ Stevens seinen berühmten Radschlag noch hinbekommt. kulturnews: Welche Therapiemöglichkeiten birgt der Rock’n’Roll eigentlich? Brave: Rock’n’Roll ist ja nicht nur Musik, sondern auch eine Lebenseinstel– lung – und daher multipel einsetzbar: bei Eheproblemen, Depressionen … Bei Sexsucht vielleicht nicht, die wird eher verstärkt. Aber auch im Fall eines Gedächtnisverlusts, wie man in meinem Fall sieht. kulturnews: Die erste Single des neuen Albums heißt „I just can’t get enough“, frei interpretiert nach Depeche Mode. Welche Beziehung hast du zu dieser großartigen Band? Brave: Wir haben damals oft zusammengehockt und Spaß gehabt … Sie mochten das Lied irgendwann nicht mehr (war ihnen wohl zu fröhlich), aber ich find’s immer noch super, deshalb jetzt in unserer Version. Bin gespannt, was die Jungs dazu sagen. musik 7 kulturnews: Ist der Songtitel auch bezeichnend für dich selbst? Brave: Klar! ich kann vom Leben nicht genug kriegen. Ich bin froh, dass ich wieder da sein kann und werde alles in vollen Zügen genießen! kulturnews: Nach welchen Kriterien hast du die Songs für das aktuelle Album ausgewählt? Brave: Das klingt vielleicht ein bisschen esoterisch, ist aber nicht so gemeint: Die Songs mussten die richtige Energie haben, das ist alles. kulturnews: Was sind deine Pläne für die Zukunft? Auf was freust du dich am meisten? Brave: Viele Pläne mache ich nicht mehr, man weiß ja nie, was als nächstes passiert. Deshalb freue ich mich auf alles, was jetzt kommt. Vor allem aber auf unsere Livetour im November. Interview: Ellen Stickel Tour 1. 11. Mannheim, 2. 11. Stuttgart, 3. 11. Saarbrücken, 6. 11. München, 7. 11. Erlangen, 9. 11. Köln, 11. 11. Hamburg, 12. 11. Berlin, 14. 11. Leipzig, 15. 11. Hannover, 16. 11. Dortmund Rock’n’Roll Therapy ist bereits im Handel. D IE BESTEN BANDS, WO SIE K EINER ERWA RTE T ! ETS A L L E T ICK O S! KO S T E NL CLUESO LIVE ZUHAUSE IM ZUGHAFEN ERFURT 6. DEZEMBER 2011 WWW.TELEKOM-STREETGIGS.DE powered by musik // Orchesterpop Foto: York Tillyer 8 Peter Gabriel Von unten nach oben Artrocklegende Peter Gabriel kriegt einfach nicht genug vom Orchestersound – worunter allerdings die Erotik leidet. Jahrelang widmete sich Peter Gabriel seiner neu gegründeten Familie, gründete mit Kofi Annan und Jimmy Carter „The Elders“, eine Art nationenübergreifenden Ältestenrat, und bastelte mit Laurie Anderson und einem tibe– tischen Lama an Ideen für einen Abenteuerpark. Nur Alben kamen selten. Der Öffentlichkeit präsentierte sich der eigenwillige Brite höchstens noch bei hochkarätigen Preisverleihungen. Doch dann packte ihn wieder die Lust auf intensivere musikalische Arbeit. Nachdem er 2010 seine CD „Scratch my Back“ mit sinfonisch verpackten Neuinterpretationen von Songs seiner Lieblingskollegen herausgebracht hatte, kommt der 61-Jährige jetzt schon wieder mit einem neuen Projekt um die Ecke. Für die Tournee zum letzten Album hatte ihm Material gefehlt; deshalb stockte er die Setliste mit ein paar eigenen Songs auf. „Ich hatte sie mit Hilfe von John Metcalfe umarrangiert“, erzählt Gabriel. „Und dann gefielen mir einige dieser Fassungen so gut, dass ich dachte: Das sollten wir aufnehmen.“ Wer unter den neu arrangierten Gabriel-Songs auf „New Blood“ Hits wie „Sledgehammer“ sucht, wird allerdings enttäuscht: „Ich wollte nicht einfach nur meine Hits mit Orchester“, erklärt er, „sondern lieber Songs, die von der Stimmung oder der Struktur her interessant sind und sich gut für diese Verwandlung eignen. Und das sind nun mal nicht gerade die traditionellen Popsongs aus meinem Repertoire.“ So gab er unbekannteren Songs wie „San Jacinto“, „The Rhythm of the Heat“ oder „Wallflower“ den Vorzug. Doch auf „New Blood“ finden sich auch einige Klassiker aus dem 86er-Top-10-Album „So“, zum Beispiel eine sehr filigrane Version seines Lovesongs „In your Eyes“ – wohl eines der schönsten Liebeslieder, die je geschrieben wurden. kulturnews 11/11 Das Stück habe sich für diese Art von Arrangement geradezu angeboten, sagt Gabriel: „Ich mag das rhythmische Element, das die Streicher diesem Lied geben. Es bekommt in dieser Fassung auch eine ausgeprägtere spirituelle Komponente. Ich habe quasi den Mittelpunkt der Schwerkraft im Körper etwas mehr von unten nach oben verlagert … Wenn man älter wird“, lacht Gabriel, „ist Sex nicht mehr so ein ausgeprägter Motivator.“ Auch „Red Rain“ gewinnt in der neuen Fassung an Dramatik. „Ursprünglich war das Schlagzeug extrem wichtig. Deshalb war ich mir anfangs nicht sicher, ob es in der neuen Version funktionieren würde. Ich habe dann ein paar Extramelodien reingepackt, die sehr romantisch klingen.“ Für die orchestrale Neufassung der Ballade „Don’t give up“ lud Gabriel diesmal die norwegische Sängerin Ane Brun ins Studio. Sie ersetzt – leider nicht ganz adäquat – Kate Bush, die bei der Originalversion Duettpartnerin gewesen war. Gabriel erinnert sich noch gut an die Situation, in der er den Song Mitte der 80er-Jahre in seinem gemieteten Bauernhof bei Bath schrieb: „Ich hatte mir einen Fotoband von Dorothy Lange angesehen“, erzählt er. „Die Bilder der US-Wirtschaftskrise von 1929 hatten mich sehr beeindruckt. In den Song flossen aber auch meine persönlichen Probleme ein. Ich hatte damals mit einer Depression zu kämpfen. Ich konnte mich zum Glück mit Hilfe einiger Mitmenschen aus diesem Loch befreien.“ Auf die Hilfe von Mitmenschen setzt er auch bei seinem nächsten Projekt, das bereits zur Hälfte fertig ist. Im Gegenzug zum Album „Scratch my Back“, auf dem er Kollegen coverte, hat er einige Musiker gebeten, seine Songs neu zu interpretieren. Die Liste klingt vielversprechend: Altmeister Lou Reed brummt „Solsbury Hill“, Paul Simon nimmt sich des Menschenrechtsklassikers „Biko“ an, und Elbow haben „Mercy Street“ neu vertont. Danach allerdings sollte er auch mal wieder neue Songs vorlegen. Wie grandios er schreiben kann, beweist sein neu arrangierter Backkatalog ja zur Genüge. Christiane Rebmann New Blood ist bereits im Handel. W W W.G EO RG E M I C H A E L .COM 0 9. NOV E M BER , OBER H AUSE N - KÖN IG PI L SE N E R A R E NA 15. NOV E M BER , BER L I N - O 2 WOR L D QLJ8KQJ?FN 17. NOV E M BER , M Ü NCH E N - OLY M PI A H A L L E 19. NOV E M BER , F R A N K F U RT - F E ST H A L L E LJM<IB8L=K www.sade.com LJM< IB8L= K 11. 9. 2012 14. 9. 2012 15. 9. 2012 18. 9. 2012 21. 9. 2012 23. 9. 2012 25. 9. 2012 LEIPZIG ARENA OBERHAUSEN KÖNIG PILSENER ARENA KÖLN LANXESSARENA MANNHEIM SAP ARENA HANNOVER TUI ARENA BERLIN O2 WORLD HAMBURG O2 WORLD I=:H:6"A>K:'%&& BERNHOFT SOLIDARITY BREAKS TOUR 2011 SPECIAL ',$>7C8KH=#=HEII;<H;?>;?J ('$ C{D9>;D#A;II;B>7KI '-$8;HB?D#7IJH7 (($:H;I:;D#I9>B79>J>E< '.$AzBD#;#M;HA (+$IJKJJ=7HJ#J>;7J;H>7KI (&$ E<<;D879>#97F?JEB Einer will immer mehr Tour 2011 08.11. 09.11. 10.11. 11.11. NÜRNBERG AUGSBURG REUTLINGEN MAINZ 29.11. 30.11. 01.12. 02.12. AT - WIEN AT - KUFSTEIN CH - CHUR CH - BRUGG 03.12. 04.12. 05.12. 06.12. 07.12. CH - BASEL KREFELD DORTMUND OLDENBURG CELLE Weitere Infos & Tickets gibt es unter www.prknet.de sowie www.alincoen.com L2I0V|E2 24.03. BERLIN " #&3-*/ )".#63( ,e-/ .f/$)&/ QSPEVDUJPO XJUI XXXBEBNDPIFODPN 28.03. CH- PRATTELN 25.03. HAMBURG 29.03. MÜNCHEN 26.03. KÖLN 30.03. MAINZ 27.03. STUTTGART www.eloy-legacy.com THE S E R I O U S A RT O F P RO M OT I O N - * 7 & W W W. P R K N E T. D E www.gusblack.com 01.11. Heidelberg 02.11. Stuttgart 03.11. Dresden 07.11. Hamburg 04.11. Köln 05.11. Münster 08.11. Berlin 06.11. München musik // Britpop Foto: Sarah Lee 10 Coldplay „Cool ist, was gefällt“ Mit knapp 50 Millionen verkauften Alben haben sich Coldplay den Status von Superstars der Popmoderne erspielt. Das verringert ihre Sorgen aber nicht, wie Sänger Chris Martin gern bestätigt. kulturnews: Chris, was ärgert dich an der Außenwahrnehmung von Coldplay? Chris Martin: Uns wird oft unterstellt, wir seien vier verklemmte englische Typen. kulturnews: Seid ihr’s etwa nicht? Martin: Doch, natürlich – aber es reicht, wenn wir uns selbst so sehen … kulturnews: Habt ihr während der Produktion am neuen Album in geheimen Fantasiewörtern wie „Mylo Xyloto“ miteinander kommuniziert? Martin: (lacht) Das hätte garantiert zu interessanten Gesprächen geführt. Wir haben viel ausprobiert, viel verworfen, vieles neu angefangen. Es ist schwer genug, sich selbst mit etwas Interessantem zu überraschen. Noch schwieriger wird es, wenn interessante Ideen auch noch richtig gut sein sollen. kulturnews: Was habt ihr diesmal fürs Finden guter, interessanter Ideen getan? Martin: Was man halt so macht. Man legt sich beispielsweise in der Hoffnung eine neue Frisur zu, dass die Ideen nach dem Stutzen sprießen … Nein, im Ernst: Wir haben viel herumgesponnen, viel zusammen gesungen, manchmal tagelang als A-cappella-Formation. Und wir haben einen coolen Albumtitel gefunden. kulturnews: Wolltet ihr mit dem letzten Album „Viva la Vida“ nicht gerade der Coolness trotzen? Martin: Das haben wir ja auch getan. Das letzte Album holte uns aus der Coolnesslethargie raus. Und prompt fanden ein paar Leute die Platte richtig cool. Cool ist, was gefällt – und nicht, was gefallen soll. kulturnews: Wofür steht denn der Titel „Mylo Xyloto“? Martin: Für unser neues Album. kulturnews: Und inhaltlich? Martin: Am Namen Coldplay kleben so viele Klischees, dass wir einen kulturnews 11/11 Albumtitel gesucht haben, der erst mal nichts bedeutet. Abgesehen davon, dass er unserer Meinung nach interessant klingt, gab er uns eine freie Fläche, die wir mit Ideen füllen konnten. Das Mysterium „Mylo Xyloto“ schafft Raum für Projektionen. kulturnews: Als Gegenentwurf zu den Reflexionen, die früher oft deine Texte ausmachten? Martin: Ja, ich kann Textideen anders, klarer formulieren, wenn ich mich selbst ausklammere, zumindest vordergründig. kulturnews: Der Titel eurer ersten neuen Albumsingle „Every Teardrop is a Waterfall“ zieht sich als Zitat durchs ganze Album. Martin: „Mylo Xyloto“ ist unsere Version eines Konzeptalbums. Aber es ist, wie gesagt, unsere Konzeptversion. Wir haben nicht versucht, Songs eine bestimmte Bedeutung zu geben, damit sie ins Konzept passen. Erst als wir den Großteil der Platte geschrieben hatten, stellten wir fest, wie gut die Songs thematisch zueinander passten. kulturnews: Ist das Thema der Platte Empathie? Martin: Das soll jeder für sich selbst rausfinden. Aber wenn du es so empfindest, liegst du sicher nicht falsch. kulturnews: Es geht um ein Paar, dessen gegenseitige Zuneigung ständig durch äußere Einflüsse auf die Probe gestellt wird. Martin: … und Mitgefühl und Verständnis sind ganz gute Werkzeuge, um den äußeren Einflüssen widerstehen zu können, die uns ständig Angst voreinander machen wollen. Das Album ist eine mehr oder weniger deutlich geschriebene Liebesgeschichte. kulturnews: Wovor habt ihr Angst? Martin: Ich kann nur für mich reden, aber als Musiker trägt man latent ständig die Angst in sich, morgen vielleicht ein ideenloser Exmusiker zu sein. kulturnews: „Mylo Xyloto“ steckt doch voller Energie. Martin: Danke, aber wer weiß, welche äußeren Einflüsse mich morgen in die Knie zwingen können. kulturnews: Gibt es ein erfülltes Leben nach dem Erfolg? Martin: Es geht uns nicht darum, Erfolg zu steigern oder ein bestimmtes Erfolgslevel beizubehalten. Es geht schlicht ums Verbessern der Fertigkeiten, die wir haben. kulturnews: Werdet ihr nie müde? Martin: Wir sind alle über 30 und nutzen unsere Energien jetzt. Sie sind endlich – aber bitte noch nicht so bald. Interview: Michael Loesl Mylo Xyloto ist Ende Oktober erschienen. B E F O R E T H E D I N O S A U R S D A S A L B U M INKL. DER HITSINGLE “GERONIMO (GI GI GIO GIO)” W W W. AU R A D I O N E . C O M E R H Ä LT L I C H A B 4 . N OV E M B E R 12 musik // Indiepop Große Klappe, viel dahinter: Mark Foster (v.) Foster The People Angenehm angespannt Eben noch an der Kaffeemaschine, jetzt in den Charts: Wie gut es für seine Band Foster The People läuft, überrascht selbst Sänger Mark Foster. Aber es trifft den Richtigen. Nein, wie ein Popstar sieht Mark Foster nicht aus. Das Ledersofa, auf dem er sitzt, scheint ihn gleich zu verschlucken. Seine großen Augen schweifen nervös durch den Raum. Überhaupt wirkt er schüchtern – dabei könnte der Amerikaner ruhig ein bisschen selbstbewusster sein. Mit der Single „Pumped up Kicks“ geisterten er und seine Band Foster The People schon Anfang kulturnews 11/11 des Jahres durch diverse Blogs und Indiediscos. Der Song wurde zum Hit, ihr Album „Torches“ schaffte es in Amerika auf Platz acht der Charts, und einige ihrer anstehenden Tourtermine in Deutschland sind bereits ausverkauft. Mark Foster allerdings traut all dem noch nicht so richtig. „Tief in mir drin empfiehlt mir eine Stimme, vorsichtig zu sein und mich nicht zu sehr darüber zu freuen“, sagt er. „Ich hatte schon so viele verschiedene Bands, und immer wenn es aussah, als wäre meine Chance gekommen, hat sich wieder alles zerschlagen. Das ist, als würde dir jemand den Boden unter den Füßen wegziehen.“ Auch wenn es Foster The People erst seit 2009 gibt und sie scheinbar über Nacht zum Erfolg kamen: Musik macht Bandkopf Foster schon so lange er denken kann. „Ich bin noch gekrabbelt, als ich anfing Klavier zu spielen“, erzählt er und rutscht dabei unruhig auf dem Sofa hin und her. „Meine Eltern haben mein Talent schnell erkannt, denn ich habe nicht wie andere Zweijährige aufs Klavier gehauen, sondern einzelne Tasten angeschlagen und zugehört.“ Nachdem er zunächst klassisches Klavier gelernte hatte, begann Foster mit acht Schlagzeug zu spielen, mit zwölf kam die Gitarre hinzu, und anschließend sang er vier Jahre in einem Kinderchor in seiner Heimatstadt Cleveland. KAR STE N JAH N KE KON Z E RTD I R E KTION Indiepop // musik 13 26.03.12 Frankfurt - Festhalle 27.03.12 Hamburg - Sporthalle Foto: Sony Music TOWER OF POWER 20.03.12 Hamburg - Fabrik 21.03.12 Hannover - Capitol 22.03.12 Berlin - Postbahnhof Youn Sun Nah & Ulf Wakenius in concert Dort, in Cleveland, steht übrigens auch die Rock’n’Roll Hall Of Fame. „Ein super Ort, um Zeit totzuschlagen“, grinst Foster. „Dort habe ich mit zwölf Jahren das erste Mal Nirvana gehört, einer der musikalischen Meilensteine in meinem Leben.“ Es war also klar, dass er Musiker werden würde. Doch bis es mit Foster The People klappen sollte, musste er einige Umwege nehmen. Letzte Station: ein Job als Komponist von Film- und Fernsehwerbung in Los Angeles. Ein hartes Geschäft. „Wenn ein neuer Job rein kam, waren es teilweise bis zu 30 Komponisten, gegen die man sich durchsetzen musste“, erzählt Foster und fuchtelt nervös mit den Händen. „Aber davor habe ich im Café gearbeitet, und Musik zu schreiben ist definitiv nicht so ermüdend, wie 100 Latte Macchiato am Tag zu machen! Mein Geld mit Musik zu verdienen: Das war ein Traum für mich.“ Zumal Foster im Aufnahmestudio kommen und gehen konnte, wann er wollte. Ein Großteil der Songs auf „Torches“ ist dort entstanden. Als Foster schließlich genug Songs zusammen hatte, holte er seine Freunde Mark Pontius und Cubbie Fink in die Band. Dass die Songs auf „Torches“ einen so hohen Wiedererkennungswert haben, ist bei Fosters Werbebranchenvergangenheit nicht verwunderlich. „Ich hatte nie Hemmungen, eingängige Melodien zu schreiben, denn all meine Lieblingskünstler tun das“, sagt er. „Trotzdem mag ich es, wenn Musik gleichzeitig komplex ist.“ So fröhlich „Torches“ klingt, so nachdenklich sind einige der Texte. „Waste“ zum Beispiel handelt davon, jemanden zu lieben, der gerade einen mentalen Zusammenbruch erlebt hat. In „Pumped up Kicks“ versetzt Foster sich in die Lage eines Jungen, der so sehr gemobbt wird, dass er sich in seiner Fantasie einen Amoklauf ausmalt. Eine Situation, mit der er sich selbst auf gewisse Art identifizieren kann. „Ich hatte zwar nie den Gedanken, Amok zu laufen, aber ich war früher selbst ein Außenseiter“, sagt er und guckt mit großen Augen durch den Raum. Ob Mark Foster den Erfolg überhaupt genießen kann? „Erst muss ich ein gutes zweites Album schreiben“, sagt er. „Danach kann ich mich vielleicht etwas entspannen.“ Nadine Lischick Tour 2. 11. Köln, 9. 11. München, 11. 11. Berlin, 12. 11. Hamburg kulturnews 11/11 08.03.12 09.03.12 12.03.12 14.03.12 15.03.12 Darmstadt - Central Station Stuttgart - Bix Düsseldorf - Theater a.d. Kö Köln - Stadtgarten Trier - Jazzclub Eurocore weitere Termine in Vorbereitung JOHANNES OERDING BOXER TOUR 2011 10.11.11 Lüneburg - Vamos Kulturhalle 11.11.11 Osnabrück - Rosenhof 12.11.11 Bremen - Schlachthof 17.11.11 Saarbrücken - Garage 18.11.11 Heidelberg - Halle 02 19.11.11 Stuttgart - Longhorn 21.11.11 Nürnberg - Hirsch 22.11.11 Leipzig - Moritzbastei 23.11.11 Erfurt - HsD/Gewerkschaftshaus 26.11.11 Lingen - Alter Schlachthof 27.11.11 Oberhausen - Schacht 1 01.12.11 Lübeck - MuK 02.12.11 Pahlen - Eiderland-Halle 03.12.11 Flensburg - MAX Zusatztermine 2012: 23.03.12 Augsburg - Kantine 24.03.12 Aschaffenburg - Colos-Saal 19.04.12 Hannover - Capitol 20.04.12 Aurich - Stadthalle 23.04.12 Bonn - Harmonie 03.05.12 Potsdam - Waschhaus Weitere Termine folgen. TICKETS: 01805 - 62 62 80* | 040 - 413 22 60 www.karsten-jahnke.de *E 0,14/Min. aus dem dt. Festnetz, Mobilfunk max. E 0,42/Min. 14 musik // Chansonrock Rolf Zacher Der Allesschaffer Rolf Zacher (70) sang bei Amon Düül II, schrieb mit Fassbinder Filmgeschichte und wohnt manchmal am liebsten in seinem Opel. Kein Wunder, dass auch die Musik des knorrigen Berliners nicht kulturnews: Guten Tag, Herr Zacher, schön, wieder von Ihnen zu hören. Wie geht es Ihnen? Rolf Zacher: Ich bin gerade auf Entzug, ich rauche nicht mehr. Harte Nummer. Nikotinsucht ist stärker als Heroinsucht, habe ich neulich mal gelesen. Deshalb schafft es auch kaum einer, vom Tabak wegzukommen. Aber ich schaffe alles, das weiß man doch. Für mich ist die Musik heute interessanter als die Filmerei. Ich habe über 240 Filme gemacht. Aber Deutschland blickt nicht durch: Anstatt jetzt mal richtig gute Rollen für einen 70-Jährigen zu schreiben … Aber da musst du schon dick sein wie Dieter Pfaff. Und saufen musst du. Das erschüttert nicht nur mich. Dafür werde ich jetzt auf der Bühne stehen, bis ich dahingleite. kulturnews: Haben Sie Angst vor dem Tod? Zacher: Ich bin einer, der sich langsam auf den Tod vorbereitet. Ich sehe ihn als etwas Natürliches. Niemand hat uns gefragt, ob wir geboren werden wollen, und genauso ist es mit dem Sterben. Aber durch die Kirche werden die Menschen zur Angst erzogen. kulturnews: Wurden Sie selbst religiös erzogen? Zacher: Nee, überhaupt nicht. Mein Vater, glaube ich, war gar kein Zacher, sondern ein anderer. Irgendeiner aus dem Zirkus. Das habe ich mal eruiert, meine Tante hat mir das bestätigt. Mir ist es völlig egal, ich kannte meinen Vater ja überhaupt nicht. Oft habe ich Väter erlebt von Freunden, da war ich froh, dass ich keinen hatte. Dieses patriarchische Erziehen und Denken! Ich war im Kirchenchor, weil ich schon als Junge eine tolle Stimme besaß. Damals hatte ich mir ein Mofa zusammengespart, das ich dann gegen einen Plattenspieler und eine Platte von Mario Lanza eingetauscht habe. Wenn Besuch kam, habe ich zu dieser Platte immer Opern gesungen. kulturnews: Ihr neues Album heißt „Danebenleben“. Was verstehen Sie darunter? Zacher: Eben nicht so zu leben wie die anderen! Die meisten sehen rechts und links nichts. Wenn du aber daneben gehst, siehst du alles. Einmal bin ich als Junge nach der Schule nicht nach Hause gefahren wie die anderen, sondern habe mich irgendwo in Steglitz auf ein Karussellpferd gesetzt, bin die ganze Zeit geritten und irgendwann zu Fuß nach Hause gelaufen. Zwar gab es Ärger mit meiner Mutter, aber das war mir egal. Ich habe viel erlebt. Das meine ich mit danebenleben. kulturnews: Sie machen sich „I’m on Fire“ von Bruce Springsteen, „Love of my Life“ von Queen und die Händel-Arie „Lascia ch’io pianga“ zu eigen. Was erkennen Sie in diesen Stücken? Zacher: (singt mit rauchiger Stimme) „Hey little girl is your daddy home, did he go away and leave you all alone, I got a bad desire, I’m on fire” … Dieser Song trifft das Leben und den Schmerz, den man hat, wenn man liebt. Mein musikalischer Partner Martin Bechler hat mir einen Film über diese Kastraten im 15., 16. Jahrhundert gezeigt. Die Reichen entführten damals junge Typen, beschnitten sie und behandelten sie wie eine Blume. Die Kastraten sangen wie eine Frau. Diesen Schmerz wollte ich mit der Händel-Arie zeigen, allerdings komme ich nicht so hoch. kulturnews 11/11 Foto: Lutz Voigtlaender mit normalen Maßstäben zu messen ist. kulturnews: Welches Genre bevorzugen Sie? Zacher: Ich bin sehr vielseitig, ich könnte auch Schlager singen. Für das HändelStück brauchte ich nur einen Take. Genau wie beim Film. Was kann ich dafür, dass ich so schnell bin! Aber bei mir muss es ruhig sein wie in einer Kirche. Meditativ. Als wenn im Zirkus einer übers Drahtseil geht. In dem Moment herrscht Ruhe. kulturnews: Sie haben alle Höhen und Tiefen erlebt. Was ist Ihnen heute wichtig? Zacher: Ich bin im Laufe meines Lebens durchgeliebt worden. Ich weiß, ich könnte nach jedem Auftritt eine Frau mit nach Hause nehmen. Aber ich brauche das gar nicht mehr. Was ich nach einem Konzert brauche, ist Zärtlichkeit – und nicht Herumvögelei. Interview: Olaf Neumann Danebenleben ist seit Oktober im Handel. kulturnews präsentiert Tour 8. 11. Berlin, 9. 11. Hamburg, 12. 11. Ratingen, 14. 11. München, 7. 12. Dresden, 9. 12. Dortmund, 10. 12. Köln, wird 2012 fortgesetzt Songwriterpop // musik 17 Foto: Julia Hetta Foto: Katja Hentschel präsentiert Anna Ternheim Ab in den Süden Die Stockholmer Songwriterin Anna Ternheim litt in New York unter Schreibblockaden. Also fuhr sie nach Nashville und erfand sich neu – mit Hilfe alter Männer. kulturnews: Anna, du hast lange nichts von dir hören lassen, seit deiner letzten Platte sind fast drei Jahre vergangen … Anna Ternheim: Es ist für mich immer eine schwere Zeit, wenn ich die Konzerte zu einer Platte beende, aber nach dem letzten Album war es besonders schlimm. Ich war erschöpft und leer, konnte keine neuen Songs schreiben und bin auf der Suche nach Inspirationen durch New York gestreift. Es hat ein ganzes Jahr gedauert, bis ich wieder kreativ sein konnte. kulturnews: Hast du in dieser Zeit deinen Umzug bereut? Ternheim: Niemals! Natürlich ist alles viel komplizierter als daheim in Stockholm: Ich bin weit weg von meiner Familie, und der Arbeitsweg ist unglaublich lang, da ich ja meist in Europa auf Tour gehe. Aber ich bin jetzt in meinem vierten New Yorker Jahr, und ich habe noch nicht ein einziges Jennifer Rostock Mal darüber nachgedacht, zurück nach Schweden zu gehen. Es gibt keinen inspirierenderen Ort, und ich genieße es auch immer wieder, von der Stadt verschluckt zu werden. kulturnews: Auf deinem neuen Album „The Night Visitor“ haben sich aber vielmehr die Südstaaten eingeschrieben. Ternheim: Trotzdem hat New York diese Spur gelegt. In einem Gitarrenladen in Brooklyn habe ich eine ramponierte Gibson aus den 30ern entdeckt, mit der ich dann zu meinem Freund Matt Sweeney gefahren bin, um das Spielen auf ihr zu üben und an neuen Songs zu arbeiten. Seine Idee war es dann auch, mein Album in Tennessee aufzunehmen. Er kannte den langjährigen Toningenieur von Johnny Cash, in dessen Studio wir uns einquartiert haben. Natürlich hat er mich zunächst sehr kritisch als die seltsame, fremde Schwedin beäugt, doch schon nach zwei Tagen war ich vollständig akzeptiert, und er rief immer mehr seiner Musikerfreunde an. Jetzt habe ich ein Album, auf dem unzählige Legenden zu hören sind. kulturnews: Die Nashville-Szene ist ja eine ziemliche Männerdomäne. Wie hast du die alten Herren geknackt und dich als cooles Cowgirl etabliert? Ternheim: Ach, Frauen sind doch leider in so ziemlich jedem Musikgenre eine Minderheit. Vielleicht hat es sich einfach ausgezahlt, dass ich mich von dieser Überzahl unbeeindruckt gezeigt und nie unwohl gefühlt habe. Ich interessiere mich für Menschen und versuche, die Kategorie Geschlecht so weit es geht auszublenden. Außerdem habe ich in Nashville viele Typen getroffen, die femininer waren als meine Freundinnen in Schweden. Interview: Carsten Schrader The Night Visitor ist am 28. Oktober erschienen. kulturnews 11/11 1.11. // Stuttgart LKA 3.11. // Bremen Modernes 4.11. // Dresden Alter Schlachthof 5.11. // Erfurt Stadtgarten 6.11. // Hannover Capitol 9.11. // Osnabrück Rosenhof 10.11. // Bochum Matrix 11.11. // Hamburg Große Freiheit 36 12.11. // Leipzig Haus Auensee 14.11. // Saarbrücken Garage 15.11. // Mannheim Capitol 16.11. // Köln Essigfabrik 18.11. // Kiel Max 19.11. // Magdeburg Factory 20.11. // Berlin Astra 21.11. // Berlin Astra Tickets und mehr über Jennifer Rostock auf kulturnews.de musik // D-HipHop Foto: Ruhrpott Illegal 16 Fard Poet aus dem Pott Eigentlich wollte Fard Fußballer werden, doch seine Zunge war flinker als seine Beine. Deutscher Meister war er trotzdem schon mal. Vor kurzem war Fahad Nazarinejad zusammen mit Gunter Gabriel im Fernsehen. Während Gabriel eine verschlagerte Version von Fahads Nummer „Peter Pan“ zum Besten gab, nahm sich Fahad, kurz Fard, Gabriels Gassenhauer „Hey Boss, ich brauch’ mehr Geld“ zur Brust. Heraus kam eine deutlich aktualisierte Version der Arbeiterklassenhymne. Er gibt sich darin als Stimme seiner Generation – und schreckt nicht vor der Zeile „Autos brennen, solange wir nicht mehr verdienen“ zurück. Ein Aufruf an alle Frustrierten, kriminell zu werden? „Nein, nein, nein!“, wehrt der Rapper schnell ab. „Ich würde niemals zur Gewalt auffordern. Ich habe nur ein aktuelles Thema aufgegriffen und frage mich, was die Wurzel dieser Unzufriedenheit ist. Das kann ja kein Einzelner sein, sonst würden nicht 300 Autos pro Jahr in Berlin und 200 in Hamburg brennen.“ Ein wenig mehr gesellschaftliches Aufbegehren würde sich der 26 Jahre alte Deutsch-Iraner dennoch wünschen. „In den französischen Vorstädten gehen die Jugendlichen seit Jahren auf die Straße. Wir hier in Deutschland waren immer sehr träge und desinteressiert.“ Wenn Gunter Gabriel der Gossenpoet ist, dann ist Nazarinejad der Straßenrapper. Er war im Kindergartenalter, als er mit seiner Familie aus dem unruhigen Iran floh und sich in Gladbeck niederließ. Dort, mitten im Ruhrgebiet, lebt Fard immer noch. „Ich habe mir diese Ruhrpottmentalität wirklich zu eigen gemacht“, sagt er. „Dieses Kumpelige, dieses Füreinander-da-Sein, das ist hier wirklich ausgeprägter als in manchen anderen deutschen Städten, die mir immer etwas barsch vorkommen. Die Leute im Pott sind offen, warmherzig kulturnews 11/11 und nicht so alles-ist-meins-mäßig drauf.“ Seine Liebe zum HipHop entdeckte Fard im – inzwischen aus Geldmangel geschlossenen – Gladbecker Jugendhaus. „Es war egal, welche Hautfarbe oder welchen Hintergrund jemand hatte. Für uns war nur das Rappen wichtig.“ Das Arbeiterkind lebte seine Leidenschaft zunächst als Freestylerapper aus. Er war 17 und brachte es in dieser Spielart sogar zum Deutschen Meister. „Beim Freestyle kommt es darauf an, schnell, spontan, lustig und unterhaltsam zu sein.“ Parallel zog der in der Schule eher aufmüpfige und wenig am Stoff interessierte Teenager seinen Realschulabschluss durch und begann eine Lehre als Zerspanungsmechaniker. „Dieses ganze heiße Metall, das war aber nicht mein Ding“, erinnert er sich. „Meinen Eltern zuliebe habe ich die Ausbildung abgeschlossen und kurz in dem Beruf gearbeitet.“ Doch die Musik war nun sein zentraler Lebensinhalt, zumal sich die alternative Karriere zerschlug. Fard hatte davon geträumt, Profifußballer zu werden und schaffte es bis ins Team des Regionalligisten Preußen Münster. Ein Schienbeinbruch machte alles kaputt. „Einige meiner Träume sind geplatzt, doch dafür sind neue dazugekommen“, nimmt er es inzwischen gelassen. „HipHop hat mir geholfen, wieder nach vorne zu schauen, wieder Mut zu fassen.“ Die aktuelle Single „Seine Geschichte“ dreht sich um dieses Thema. Schon während seiner Zeit als Freestyler brachte er Mixtapes auf den Markt, 2010 kam sein erstes Album „Alter Ego“, nun legt er nach mit „Invictus“ – was soviel heißt wie „Der Unbezwungene“. „Beim Freestyle kannst du Unsinn erzählen, ein Song dagegen ist etwas für die Ewigkeit“, meint Fard. „Dementsprechend macht man sich mehr Gedanken über das Bild, das man mit seiner Musik malen will.“ Fard erfindet den HipHop nicht neu, macht seine Sache aber gekonnt, mit einem Gespür für Geschichten und gut ausbalanciert zwischen Spaß und Ernst. „Meine Stücke sind melancholisch und sollen gleichzeitig Hoffnung spenden“, sagt der Gladbecker. „Die Menschen sollen erkennen, dass es Rapper gibt, die intelligente Musik machen – auch wenn sie auf den ersten Blick nicht so aussehen.“ Steffen Rüth Invictus erscheint am 4. November. .ODXV %ŌQLVFK IşU .%. *PE+ SUÃVHQWLHUW Songwriterpop // musik 17 KLAUS BÖNISCH FÜR KBK GMBH PRÄSENTIERT www.kb-k.com „Essentials & Rarities“ 2 CD Box Set OUT NOW ! 07.11.11 BOCHUM 08.11.11 HAMBURG 10.11.11 BERLIN 11.11.11 BIELEFELD 12.11.11 ERLANGEN 13.11.11 MÜNCHEN 15.11.11 KÖLN 16.11.11 HEIDELBERG 20.11.11 FRANKFURT 21.11.11 STUTTGART Foto: Universal Music Aura Dione Seelenstrip Die Dänin Aura Dione hat keine Angst vor der Wahrheit – und deshalb auch nicht davor, sich auszuziehen. kulturnews: Aura, du posierst auf dem Cover deiner CD nackt. Warum eigentlich? Aura Dione: Es gibt eine Menge Gründe. Zuallererst wollte ich mich auf das Wesentliche reduzieren. Für mein erstes Album habe ich mich ja mit recht ausgefallenen Klamotten inszeniert. Dieses Image musste ich abstreifen. Das da auf dem Foto bin wirklich nur ich. kulturnews: Mode ist dir also auf einmal egal? Dione: So krass würde ich das nicht formulieren. Ich erkunde einfach gerne neues Terrain. Mich auszuziehen war für mich etwas Natürliches. An Scham habe ich dabei keinen Gedanken verschwendet. Ohne meine Kleidung habe ich neben meiner Zerbrechlichkeit eine immense Stärke gespürt – ähnlich wie auf der Bühne. kulturnews: Man könnte dir vorwerfen, dass du jetzt auch auf den „Sex sells“-Zug aufspringst. Dione: Was soll ich dazu sagen? Ich kann nicht steuern, was anderen durch den Kopf geht. Trotzdem verbiete ich mir nicht, meinen Instinkten zu folgen. In irgendwelchen hochmodischen Sachen hätte ich mich eingeengt gefühlt. Ich wusste: 15.11.11 FRANKFURT BROTFABRIK Wenn’s geht, würde ich mich ganz pur und frei von Zwängen zeigen. kulturnews: Wie Eva im Paradies. Dione: Ich schäle nicht zufällig einen Apfel, das ist selbstverständlich eine Anspielung auf den Garten Eden. Dieses Bild hat für mich Symbolcharakter. Es beantwortet eine Frage, die mir in Interviews andauernd gestellt wird: Woher kommt deine Kreativität? Ich habe ziemlich viel darüber nachgedacht. Bis ich erkannt habe, dass es sich dabei um eine Form von Energie handelt. Sie ist einfach da. Immer. Kreativität muss mindestens so alt wie wir Menschen sein. kulturnews: Kreativ zu sein heißt ja in deinem Falle vor allem, Lieder zu schreiben. Ist das ein bisschen wie Striptease? Dione: Um zur Wahrheit zu gelangen, musst du quasi das, was du sehen möchtest, ausziehen. Sonst kannst du nicht zu deinem wirklichen Ich durchdringen. Als Songschreiberin mache ich das immer wieder. Ich denke recht intensiv nach, deswegen empfinde ich mich oft als eine Art Philosophin. kulturnews: … die einen neuen Hit à la „I will love Monday“ vorlegen will … Dione: Nicht zwingend. Musik ist für mich kein reiner Wettbewerb. Ich möchte nicht um jeden Preis die Nummer eins werden, diesem Druck setze ich mich auf keinen Fall aus. Mir geht es in erster Linie darum, ganz ich selbst zu sein. Interview: Dagmar Leischow 16.11.11 BONN HARMONIE 19.11.11 BERLIN PASSIONSKIRCHE 20.11.11 HAMBURG STAGE CLUB ZUSATZSHOWS MIT GROSSEM ORCHESTER!! 03.12.2011 HALLE/WESTFALEN GERRY-WEBER-STADION 04.12.2011 SCHWERIN SPORT- & KONGRESSHALLE 30.01.2012 HAMBURG 31.01.2012 ASCHAFFENBURG 01.02.2012 MÜNCHEN Before the Dinosaurs erscheint am 4. November. kulturnews präsentiert Tour 12. 12. Köln, 13. 12. Berlin, 14. 12. Hamburg, 15. 12. Darmstadt, 18. 12. Flensburg 31.10.11 FRANKFURT 01.11.11 HANNOVER 03.11.11 HAMBURG 04.11.11 DORTMUND 05.11.11 KÖLN 07.11.11 DRESDEN 08.11.11 BERLIN 09.11.11 ERFURT 10.11.11 TRIER 19.11.11 MÜNCHEN 05.02.2012 KÖLN BELLOWHEAD ZUM 5. MAL IN FOLGE VON BBC ZUR BESTEN LIVE GRUPPE GEWÄHLT! kulturnews 11/11 NEUE CD: OUT NOW! 06.02.2012 BERLIN 07.02.2012 HANNOVER 0UMVZ;PJRL[Z\U[LY^^^RIRJVT^^^[PJRL[THZ[LYKL 18 musik // D-HipHop Kool Savas Der GentlemanGladiator Savas Yurderi gilt als bester Rapper Deutschlands. Seinen Ruf kann er trotzdem nicht kampflos genießen. Momentaner Lieblings- kulturnews: Savas, als du jetzt in einem Berliner Luxushotel zum ersten Mal einem eingeladenen Publikum dein neues Album „Aura“ vorgespielt hast, war deine gesamte Familie anwesend. Was halten deine Eltern von deiner Musik? Kool Savas: Meine Geschwister und meine Mutter waren von Anfang an interessiert. Mein Vater hat sich immer schwergetan. Er hat tatsächlich erst im vergangenen Jahr zum ersten Mal eines meiner Konzerte besucht. Mein Vater ist nicht spießig, aber doch traditionell. Und er findet es nicht toll, wenn ich so was rappe wie „Lutsch meinen Schwanz“. Für meine Mutter dagegen war das immer nur dummer, spätpubertärer Humor. kulturnews: „Lutsch meinen Schwanz“ – kurz: „LMS“ – war dein erster Hit. Savas: Richig. Mehr als zehn Jahre ist das her. Mittlerweile ist mein Vater ziemlich stolz. Er merkt auch, dass es bei mir textlich schon längst nicht mehr so asozial ist, dass es in andere Richtungen geht und reifer geworden ist. kulturnews: Wie lief das bei euch mit der vielbeschriebenen Integration? Savas: Ich bin mit beiden Kulturen aufgewachsen, das war gar kein Problem. Meine Mutter ist katholisch, mein Vater ist Moslem, die haben sich beide integriert und die Sprache des anderen gelernt. Meine Güte, ich weiß auch nicht, warum das immer so ein Theater ist! Menschen, die offen sind und ein bisschen was im Kopf haben, die sind neugierig und akzeptieren den anderen. In den 20 Jahren, in denen ich überwiegend in Berlin lebe, habe ich keinen einzigen Radikalen kennengelernt, dieser ganze Terrorismus, das ist nur von den Medien und der Politik aufgeblasene Scheiße. kulturnews: Im Video zu deiner Single „Aura“ läufst du über ein Schlachtfeld und siehst ziemlich fertig aus. Was ist die Aussage? Savas: Die Ästhetik ist eine Mischung aus Gladiator und Highlander. Wir haben den Clip im Teutoburger Wald in Ostwestfalen gedreht, dort kämpften schon die Römer gegen die Germanen. Die Musik dazu ist sehr episch und breit, rapmäßig geht es um jemanden, der über alle Zweifel erhaben ist, der seine Prüfungen bestanden hat und als vernarbter, melancholischer Sieger den Kriegsschauplatz verlässt. kulturnews: Ein Stück des Albums heißt „Last Man standing“ und ist eine Zusammenarbeit mit Xavier Naidoo, mit dem du nächstes Jahr ein komplettes Album veröffentlichen wirst. Eine weitere Nummer hat den Titel „Der Letzte meiner Gattung“. Insgesamt macht diese ziemlich ernste Platte den Eindruck, dass es anstrengend und auslaugend ist, in Deutschland als Rapper zu arbeiten. Savas: Ist es auch. Ich bin kein unbescheidener Wichser und ziemlich rea– listisch, was mich und meine Musik angeht. Mit meinen Reimstyles und Flows, da mache ich schon auch Ansagen, will der Geilste sein, und erfreue mich daran, die Konkurrenz zu ärgern. Nur: Es ist ein hartes Brot. HipHop hat mein Leben unheimlich stark geformt, auf positive wie auf negative kulturnews 11/11 Foto: Groove Attack gegner: die Generation Facebook. Weise. Immer muss man neue Widerstände abbauen und weiterkämpfen, sich beweisen und immun sein gegen irgendwelche Trends und Moden. Ich denke, alles in allem habe ich mich in den Herzen der Leute etabliert. Aber weißt du, was mich ankotzt? kulturnews: Was denn? Savas: Die neue Jugendgeneration hier in Deutschland, die ist oftmals ein echt ätzendes Pack. Die einmalige Arroganz dieser „Generation Facebook” macht mich wahnsinnig. Können nichts, aber meinen, sie wären selbst zum Star geboren und haben gegenüber anderen eine große Fresse. Früher hatte man gegenüber Älteren noch Respekt. Heute? Posten diese dreisten Herrschaften auf meine Pinnwand Sprüche wie „Mach mal was Gescheites“ oder „Nur 15 Songs? Dann lad ich mir das lieber irgendwo runter.“ Ich reiße mir für HipHop den Arsch auf, und dann so was. Das ist richtig, richtig unverschämt. Ich will nicht verallgemeinern. Viele, auch und speziell sozial schwächere Kids, bemühen sich wirklich, etwas aus ihrem Leben zu machen. Und der Rest? Sollte dringend lernen, für alte Leute im Bus den Platz freizumachen. Das wäre ein erster Schritt. Interview: Steffen Rüth Aura erscheint am 11. Novermber. ein-n.de 17 songs inkl. der hit-single "Just Can't Get Enough" ab dem 14.10. als CD, limited edition mit bonus DVD & poster-booklet, doppelvinyl und download erhältlich! mehr info's unter: www.dickbrave.com musik // Poprock Foto: Deirdre O’Callaghan 20 Snow Patrol Die neuen Leiden des Gary L. Beziehungsunfähigkeit, ignorante Kritiker, Schreibblockade: SnowPatrol-Frontmann Gary Lightbody (35) hat es nicht leicht. Doch zum Glück hat er Michael Stipe. kulturnews: Mr. Lightbody, wo liegt das Problem? Gary Lightbody: Welches? Ich habe viele! kulturnews: Das mit den Frauen. Auf „Fallen Empires“ dreht sich wieder alles um unerfüllte Liebe – ein Ansatz, mit dem Sie inzwischen sechs Alben füllen. Da scheint doch etwas schief zu laufen … Lightbody: (lacht) Keine Ahnung, was es ist. Aber ich habe kein glückliches Händchen. Was Beziehungen betrifft, bin ich wie ein Elefant im Porzellanladen. Ein echtes Desaster. Ich schaffe es, dass selbst die verständnisvollste Frau nach ein paar Wochen sagt: „Es reicht, ich will dich nicht mehr sehen.“ Wahrscheinlich, weil ich nicht in der Lage bin zurückzustecken, sondern immer sage, was ich denke. Großer Fehler. kulturnews: Und ein millionenschwerer Rockstar zu sein und zu den „10 sexiest Irishmen“ gewählt zu werden, hilft auch nicht? Lightbody: Leider nein. Ich habe eher das Gefühl, das macht es noch schlimmer – weil es Erwartungen weckt, die ich nicht erfüllen kann. Ich meine, ich bin nicht besonders sexy, und ich lebe auch nicht auf großem Fuß. Ich habe ein kleines Apartment in Belfast, eine Comicsammlung … kulturnews: … und einen Pub in New York City, den Houndstooth. Lightbody: Da bin ich nur Teilhaber. Im Grunde ist es nur ein Ort, aus dem man mich nicht rausschmeißen kann … Aber im Ernst: Er ist cool. Ich habe dort schon aufgelegt und Akustiksets gespielt. Außerdem ist es nett, eine Art Zuhause in New York zu haben. kulturnews: Gibt es da auch den Snow-Patrol-Burger? kulturnews 11/11 Lightbody: Nur ein paar Cocktails mit alten Songtiteln, die ich aber nie trinken würde – ich bin schließlich ein Mann. Ich stehe auf Bier! kulturnews: Genau wie auf Techno, der auf diesem Album erstmals Einzug in den Sound von Snow Patrol hält. Warum hat das so lange gedauert? Lightbody: Weil wir feige sind und uns nicht getraut haben. Wir dachten, dass wir damit unsere Fans verschrecken könnten. Aber diesmal hatten wir das Gefühl, alles gemacht zu haben, was sich mit Gitarre, Bass und Schlagzeug erreichen lässt und dass wir gar nicht umhin kommen, etwas Neues zu probieren. Das ist ein Riesenschritt nach vorne. Er lässt das Ganze frisch klingen. kulturnews: Ein zweites „Pop“ – Snow Patrols Version des 97er U2-Albums? Lightbody: Ich hätte nichts dagegen, wenn es sich genauso verkaufen würde. Aber ich denke nicht, dass es so radikal ist. Es sind schließlich immer noch jede Menge Gitarren auf dem Album – und Stücke, die wie unsere alten Sachen klingen, richtig episch und groß, aber doch besser als je zuvor. Weil mir Michael Stipe in den Hintern getreten hat. kulturnews: Wie bitte …? Lightbody: Als es darum ging, Songs für das Album zu schreiben, ist mir partout nichts eingefallen. Ich war wie ein Kind, das seine Hausaufgaben machen soll – und stattdessen sein Zimmer aufräumt. Ich habe Sachen gemacht, die ich sonst in einer Million Jahre nie tun würde, zum Beispiel Geschirr spülen. Und das nur, weil ich Angst vorm Schreiben hatte und meine Zeit irgendwie anders ausfüllen wollte. Ich war komplett leer. Bis Michael vorbeischaute, sich anhörte, was ich hatte, und meinte: „Du machst dir zu viele Gedanken. Schreib einfach drauflos – irgendwann kommt es von ganz alleine.“ Was soll ich sagen? Er hatte Recht. Ein paar Tage später strömten die Ideen nur so aus mir heraus. kulturnews: Was ist mit den Kritikern, warum herrscht da seit Jahren Eiszeit? Und wird sich das mit „Fallen Empires“ ändern? Lightbody: Ich glaube nicht. Wenn du mich fragst, sind die Rezensionen schon fertig, ehe sie die Alben überhaupt gehört haben. Sie brauchen nur den Titel, und schon können sie den üblichen Sermon verfassen. Was mich mittlerweile auch nicht mehr stört – weil es unwichtig ist. Eine euphorische Rezension verkauft vielleicht eine Platte, ein Song im Radio dagegen Tausende. Also: Sollen sie doch machen, was sie wollen. Interview: Marcel Anders Fallen Empires erscheint Mitte November. kulturnews präsentiert Tour 25. 2. Berlin, 26. 2. Düsseldorf, 28. 2. Frankfurt, 4. 3. München Klaviermusik // musik 21 Foto: Mat Hennek / DG N DE N WIR WOLLE RÜCK! U Z R E M M O S Hélène Grimaud Bitte loslassen Wunderkind spielt Wunderkind: Die französische Pianistin Hélène Grimaud interpretiert Mozart – hätte ihn aber nicht gern kennengelernt. kulturnews: Mme Grimaud, warum haben eigentlich fast alle Pianisten einen enormen Respekt vor Mozarts Werken? Hélène Grimaud: Weil es gar nicht so leicht ist, für seine Stücke den richtigen Ton zu finden. Man muss sie möglichst unprätentiös spielen und sich von seinem eigenen künstlerischen Ego loslösen. Die Klänge sollten ganz spontan aus dem Augenblick heraus entstehen – ohne Pathos oder Sentimentalität. kulturnews: Woher wissen Sie überhaupt, was ein Komponist mit seinen Noten wirklich ausdrücken wollte? Grimaud: Berechtigte Frage. Gemeinhin heißt es ja, Mozart habe sein wahres Ich in seiner Musik meist hinter einer Maske versteckt. Ich halte dagegen: die Leidenschaft, die Zärtlichkeit, der Schmerz, das Drama – das ist alles echt. Allenfalls die leichtherzig-fröhlichen Passagen sind ein wenig gekünstelt. kulturnews: Wie kommen Sie darauf? Grimaud: Sie müssen bloß Mozarts Briefe lesen, dann erkennen Sie ganz schnell den wahren Charakter dieses Mannes. kulturnews: Hätten Sie ihn gern kennengelernt? Grimaud: Nein. Seine Musik erzählt mir doch alles Interessante über ihn, sie lässt mich tief in seine Seele blicken. Mehr will ich gar nicht wissen. kulturnews: Wie Mozart galten Sie als Wunderkind. Allein deswegen hätte es viel Gesprächsstoff gegeben. Grimaud: Dieses Wunderkindimage halte ich in meinem Falle für völlig unangemessen. Tatsache ist: Ich habe erst mit acht angefangen, Klavier zu spielen. In diesem Alter geben andere schon Konzerte. Okay, ich habe ziemlich schnell Fortschritte gemacht, war die jüngste Studentin am Pariser Konservatorium und hatte meinen Abschluss in Rekordzeit in der Tasche. Trotzdem sehe ich mich nicht auf einer Stufe mit jemandem, der schon mit drei oder vier sein Instrument für sich entdeckt hat. kulturnews: Sie haben den Ruf, eine Perfektionistin zu sein … Grimaud: Damit stehe ich als Musikerin bestimmt nicht allein da. Am liebsten möchten wir immer alles unter Kontrolle haben. Dabei liegt die Kunst beim Spielen im Loslassen. Wenn Sie sich in eine Aufnahme von Vladimir Horowitz vertiefen, werden Sie viele Fehler entdecken. Keiner hat es für nötig befunden, sie zu korrigieren. Warum auch? Sie spiegeln die Risikobereitschaft des Pianisten wider, seine Aufregung, die Magie des Moments. Das ist absolut ehrlich und authentisch. Interview: Dagmar Leischow Wolfgang Amadeus Mozart ist seit Ende Oktober erhältlich. kulturnews 11/11 aus L.A. und ihr Hit PUMPED UP KICKS aus dem Erfolgsalbum TORCHES helfen uns dabei! www.fosterthepeople.com I N musik // Instrumental Secret Garden DVD 1099084E11 Wortlos glücklich Rolf Løvland und Fionnuala Sherry alias Secret Garden schwelgen daunenweich in überwiegend instrumentalem Schönklang. Doch auch das norwegisch-irische Duo hat manchmal schlechte Gefühle – wenn auch nicht füreinander. 2DVD LIMITED EDITION 1099114E11 BLU-RAY 1051084E14 C O M E P I E C E S AB 28.10.2011 ÜBERALL IM HANDEL E R H Ä LT L I C H O D E R B E I W W W. A M A Z O N . D E / ROCKSCHUPPEN kulturnews: Fionnuala, norwegische Künstler gewinnen den Eurovision Song Contest immer nur als Duo, so wie ihr 1995 oder Bobbysocks 1985. Warum schickt Norwegen überhaupt noch Bands oder Solisten ins Rennen …? Fionnuala Sherry: Habe ich nie drüber nachgedacht! Es ist jedenfalls sehr schwer vorauszusagen, was die jährliche Erfolgsformel ist. Die meisten – Norwegen auch – schauen sich den aktuellen Sieger an und versuchen ihn nachzuahmen. Was uns angeht, so hatten wir das Gefühl, einen ganz eigenen Weg zu gehen, einen, den vorher noch niemand gegangen war. Wir dachten: Unser Song ist so eigen, entweder wird er letzter oder erster! kulturnews: Eure Musik ist weich und harmonisch bis zum Äußersten. Ihr scheint keine Aggressionen oder Wut darin zu verarbeiten. Wie geht ihr denn sonst mit diesen Emotionen um? Sherry: Zum Glück sind wir zwei sehr ruhig und gelassen, ich bin wahrscheinlich noch die Feurigere im Vergleich zu Rolf. Wenn mich etwas aufregt, spreche ich es an, und damit ist es vorbei und erledigt. Viel frische Luft und Sport helfen ebenfalls, negative Gefühle loszuwerden. kulturnews: Es sollen angeblich mehr als 500 Coverversionen eures 2001er Songs „You raise me up“ geben, inklusive einer sehr erfolgreichen der Boyband Westlife. Warum ist jeder so scharf da– rauf, diesen Song zu covern? Sherry: Er wird zehn dieses Jahr …! Vielleicht liegt es am allgemeingültigen Text und der Folkanmu– tung der Melodie. Beides kann von jedermann ganz individuell nachempfunden werden. kulturnews: Du hast gerade dein erstes Solowerk „Songs from before“ veröffentlicht. Musstest du eigentlich Rolf um Erlaubnis fragen …? Sherry: Überhaupt nicht! Er wusste, wie wichtig es mir war, die Musik, mit der ich aufgewachsen kulturnews 11/11 Foto: Edel P L A C E B O W E 22 bin, zu zelebrieren. Das wollte ich schon lange, aber unser Konzept erlaubt das nicht. Rolf liebt die CD und spielt sie ständig im Auto. Das ist das größte Kompliment, das er mir machen kann! kulturnews: Ihr habt mal gesagt, Instrumentalmusik wie eure habe eine längere Halbwertzeit als welche mit Texten. Warum eigentlich? Sherry: Ja, wir glauben wirklich, dass unsere Musik sehr langlebig ist. Sie folgt halt keinen Moden oder kommerziellen Erwägungen, sie bekommt keine hohe mediale Aufmerksamkeit, aber manchmal entwickelt sie eine Eigendynamik – und wenn Leute uns erst mal entdeckt haben, kommen sie immer wieder. kulturnews: Barbra Streisand hat euren Song „Heartstrings“ umgetextet und auf ihrer eigenen Hochzeit gesungen. Wärt ihr eigentlich gerne zu dieser Party eingeladen gewesen …? Sherry: Wir würden bei jeder Einladung von Barbra springen, wir verehren sie. Und wir haben uns riesig gefreut, als sie „Heartstrings“ aufgenommen hat. Seitdem ist sie uns eine große Hilfe – gerade heute erst hat sie unser neues Album auf ihrer Facebookseite groß erwähnt. Interview: Matthias Wagner Mitarbeit: Nicola Barsties Winter Poems erscheint Mitte November. Jazzsoul // musik 23 ® 0 11 dales 2 Chippanetend 2011 HQ 5HXWOLQJ Mo s t W WWOLQJHQ 7X HQKHLP LG H + LS]LJ /H 8OP UERUQ GH 3D GHQ V 'UH UDQ XE 1H XUJ GHQE %HUOLQ UWK ) HQ FK $D HQ J /LQ GHEXUJ J 0D QEXUJ H 2OG Foto: Britt Schilling JHQVEXUJ 5H HQ LG H : XUW (UI EHUJ P %D PLQJHQ P 0H QKHLP VH 5R QLW ] HP &K EXUJ LV X ' VWRFN 5R N IXUW 2 Q )UD EXV WW &R VUXKH UO .D OQ .| H G WD 6 ZLJVKDI G X / QEXUJ H II 2 Yes Tok Tok Tok Zwischen Pumps und Protest Tokunbo Akinro und Morten Klein von Tok Tok Tok bekennen sich zu Schuhen, Schokolade – und Ökostrom. kulturnews: Tokunbo, Morten, Tok Tok Tok haben sich mit englischen Songs einen Namen gemacht. Warum mussten sie auf eurer neuen CD plötzlich deutschen Liedern weichen? Morten Klein: Weil es mich gereizt hat, selber ein paar Texte zu schreiben. Auf Englisch hätte ich mir das nicht zugetraut, auf Deutsch schon. Außerdem sind uns unsere Inhalte sehr wichtig. Sie erreichen hierzulande jetzt hoffentlich mehr Menschen. kulturnews: Einige Stücke sind durchaus politisch. Verlieren sich ihre Aussagen nicht im Wohlklang eurer Musik? Klein: Das empfinde ich ganz anders. Hör dir mal P!nks Hit „Dear Mr. President“ an – der hat gerade wegen seiner Nettigkeit die Botschaft umso stärker werden lassen. Wenn sie ihren Ärger über George Bush rausgeschrien hätte, wäre diese Nummer nicht so intensiv gewesen. Denn meiner Ansicht nach werden harte Aussagen durch harsche Musik eher verwaschen. kulturnews: Trotzdem hat es mich verblüfft, dass bei „Nicht mehr“ beschwingte Rhythmen auf Sozialkritik treffen. Tokunbo Akinro: Da habe ich meine Gedanken eben auch LI V E 2011 musikalisch schön verpackt. In unserer Gesellschaft sind Politik und Wirtschaft eng miteinander verknüpft, damit wollte ich mich auseinandersetzen. Wird irgendwo eine fragwürdige Entscheidung getroffen, dann steckt doch immer ein wirtschaftliches Interesse dahinter. Klein: Wie zum Beispiel in der Atompolitik. Zuerst wird aus rein finanziellen Gründen die Laufzeit der Kernkraftwerke wieder verlängert. Bis der Störfall in Fukushima die Politiker in arge Bedrängnis bringt; plötzlich realisieren sie, wie unpopulär ihr Kurs bei den Wählern ist. Also rudern sie zurück. Das versteht wirklich niemand! kulturnews: Beschränkt sich euer Aktivismus eigentlich allein aufs Songschreiben? Akinro: Nein. Wir gehen auf Demonstrationen und haben Patenkinder in der Dritten Welt. Natürlich beschäftigt uns auch das Thema Umweltschutz. Es gibt viele Dinge, die man auf diesem Gebiet im Kleinen machen kann: Energie sparen, mit dem Fahrrad fahren und so weiter. Klein: Und wenn sich alle für Ökostrom entscheiden würden, gäbe es bald keinen Atomstrom mehr. Weil diesem Industriezweig das Geld ausgehen würde. kulturnews: Stichwort Geld: Du scheinst Unsummen für Schuhe auszugeben, Tokunbo … Akinro: Ich habe definitiv einen Schuhtick. Insofern ist das Lied „Manolo“ selbstironisch. Es beginnt ja wie eine Liaison zwischen Mann und Frau. Aber in Wahrheit sind Schuhe das Objekt der Begierde. kulturnews: Wie viele hast du denn? Akinro: Weiß nicht. Ich nenne lieber keine Zahl, das wäre echt peinlich … kulturnews: Wirst du ebenfalls bei Schuhen schwach, Morten? Klein: Eher bei „Schokolade“. Dieser Songtitel spricht mir aus der Seele. Ich bin süchtig. Deswegen halten gute Vorsätze wie „Morgen esse ich nur Salat“ bei mir nie lange. Interview: Dagmar Leischow Was heißt das denn? erscheint Mitte November. kulturnews 11/11 VGHQ 'UH WJDU W W WX 6 UQEHUJ 1 R A NDY N QFKHQ 0 IHOG OH LH % EWMAN DQN IXU W )U WJDU W W WX 6 FKHQ Q 0 LQ UO H % PEXUJ +D XP FK R % UQEHUJ 1 ® 0 12 dales 2 Chippanetend 2012 )UHLEXUJ Mos t W QFKHQ 0 HO V V D . PHQ %UH Q Q %R PXQG UW 'R LQ UO %H VKXW QG /D GHQ V UH ' GHUQ 1LH HQ KDXV DXQVWHLQ 7U URQQ LOE H + DW W VW 5D WKRIHQ UV *H LVFK 3 UP *D NDX LF =Z J HQ 6LQ HOGRU I VV ' HW ]ODU : ]EXUJ U : K KZlELVF 6F QG * P RU ] KHLP 3I HOÀQJHQ G 6LQ EXUJ P D + E HFN / DI IHQE FK V $ JROVWDGW ,Q SWHQ P .H D OG )X 20 12 trotters8OP e b lo G Harlem 1HX QFKHQ 0 HOGRU I V V ' PHQ %UH UHLWXQJ ,Q9RUEH lU ] 0 G D Q &O D Q =HQWUDOHU .DUWHQVHUYLFH ZZZPRGHUQHZHOWGH 24 musik // Dark Poprock Roterfeld „Himmel, was hab ich getan?!“ Aaron Roterfeld, Rocker aus dem österreichischen Vorarlberg, legt aus dem Stand ein Debüt hin, für das andere jahrelang schwitzen kulturnews: Aaron, hat man als Rocknewcomer aus Österreich den Komplex, ein Hinterwäldler zu sein? Aaron Roterfeld: Jein. Ich ja, die Österreicher allgemein nicht. Ich wollte schon immer weg, deshalb war ich auch in Tokio, lange bevor ich Wien gesehen habe. kulturnews: Stimmt, mit 16 Jahren alleine nach Japan zu gehen, um mit 17 direkt wieder auf eine sechsmonatige Expedition in den afrikanischen Busch aufzubrechen, lässt auf viel Abenteuerlust, Unrast und Einzelgängertum schließen … Roterfeld: Einzelgänger: ja, Herumtreiber: nein. Letzterer ist für mich ein Schiff ohne Hafen, so bin ich nicht. Aber eine Onemanband zu sein, bedeutet schon, nicht so gut im Team zu funktionieren, besonders wenn es um das kreative Arbeiten geht. Was mich seit der Kindheit umtreibt, nenne ich meinen „inneren Dämon“, ich fühle das physisch! Ich kann es einfach nicht ertragen, in einem Konventionskorsett zu leben. kulturnews: Für dein erstes Album „Blood Diamond Romance“ ziehst du alle Register: internationale Starproduzenten (The Berman Brothers, Hiili Hiilesmaa, Frank Bornemann), Aufnahmen in Los Angeles, Finnland und Berlin, Mix in London, ein Ritt durch die Stile, darunter ein Akustiksong und ein 50erCover, begleitet vom Prager Symphonieorchester – ist die Platte ein AufNummer-sicher Debüt? Roterfeld: Nein. Man kann den harten, langen Weg gehen und sich ran– tasten – oder die Abkürzung nehmen und sofort mit Leuten arbeiten, die gut sind. Ich wollte sicherstellen, dass die Platte nicht nach Kuhstall und Provinz stinkt. Ich wollte auf dem bestmöglichen Niveau arbeiten, das ich mir leisten konnte. Klar, möglicherweise wirkt diese Vielfalt für den Hörer bei einem Newcomer irritierend, aber ich kann halt nicht anders. kulturnews: Sind Erfolg und musikalische Qualität käuflich? Roterfeld: Meiner Erfahrung nach nein. Es gibt vermutlich Dutzende reiche Oligarchentöchter, die gerne Popsternchen wären, bei denen Daddy Millionen investiert und trotzdem nichts draus wird. Selbst bei erfolgsverwöhnten Bands floppt mal eine Single, wenn der Song nicht passt, wie kürzlich bei Coldplay, die vermutlich noch nie so viel Kohle hatten wie jetzt. kulturnews: Bist du schon aufgeregt beim Gedanken an die ersten Reaktionen? Roterfeld: Es ist wie das Heraustreten in ein anderes Leben – mit viel mehr Öffentlichkeit und der Energie von so vielen Menschen, die auf dich zurollt. Das lässt sich nicht mehr stoppen oder zurückdrehen. Da gibt es schon kulturnews 11/11 Foto: Philipp Mueller müssen. Kein Wunder: Er kennt eine Abkürzung. Momente, in denen ich denke: Himmel, was hab ich da getan?! Brutal ist für mich der Gedanke, dass das, was ich jetzt tue, nicht mehr rückgängig zu machen ist. Aber vor Fehlern hatte ich nie so viel Angst, um sie nicht doch zu riskieren. kulturnews: Wen gilt es als Nummer eins im österreichischen Poprockzenit zu schlagen? Roterfeld: Falco – aber das ist unmöglich. Der steht heute in Österreich auf Augenhöhe mit Michael Jackson. kulturnews: Hast du einen Traum, vielleicht den vom Megarockstar? Dark Poprock // Roterfeld: Mir war es wichtig, wirklich ein Album herauszubringen. Den Rest lass ich auf mich zukommen. Dabei gönne ich mir auch die Freiheit, mich zu verändern. Aber sicher nicht, um so zu werden wie die abgetakelten L.A.Stars. Diese Heuchler lassen vor laufenden Kameras die härtesten Rocker raushängen und fahren danach in ihr spießiges Luxusleben zurück. Ich finde, Britney Spears ist mittlerweile mehr Rock’n’Roll und härter drauf als Metallica, gerade weil sie mal so ausgeflippt ist. kulturnews: Was macht für dich Rock’n’Roll aus? Vielleicht die Kombination Sex, Drugs & Rock’n’Roll? musik 25 Roterfeld: Ja, das kann und muss man unterschreiben als Rocker. Es gibt viele musikalische Genres, die ich mag, aber Rock verfügt über eine Dimension, die die anderen nicht haben. Den Widerstand, das Neinsagen. Rock ist für mich, das Eckige durch das Runde zu schlagen. Interview: Yvonne Duchâteau Mehr von Roterfeld gibt’s auf den folgenden Seiten Blood Diamond Romance erscheint am 14. Oktober kulturnews 11/11 musik // Dark Poprock Foto: Philipp Mueller 26 kulturnews 11/11 musik 27 Foto: Neil Zlozower Dark Poprock // kulturnews 11/11 28 musik kulturnews 11/11 // Dark Poprock musik 29 Foto: Philipp Mueller Dark Poprock // kulturnews 11/11 live // kulturnews präsentiert Foto: Ryuichi Sakamoto Foto: Joanne Murphy Foto: Chris Durst 30 Ryuichi Sakamoto Seasick Steve 7. 11. // Frankfurt, Mousonturm 6. 11. // Dortmund, Konzerthaus Camille O’Sullivan 26. 11. // Lörrach, Burghof 2. 12. // Nürnberg, Tafelhalle 28. 11. // Allensbach, Pfarrheim 3. 12. // Ludwigsburg, 1. 12. // Augsburg, Forum am Schlosspark Kurhaus Göggingen Nick Cave, Tom Waits, Jacques Brel und David Bowie. Wo das „dark” herkommt, ist damit also klar. Für die laszive Stimme der Irin sind das willkommene Spielplätze, auf denen man sie toben hören sollte. 12. 11. // Berlin, Astra Kulturhaus Asiaten haben ein Händchen für musikalische Präzision. Soweit das Klischee. Stimmt für den Japaner Ryuichi Sakamoto, er hat aber darüber hinaus noch eine Gabe für das Wichtigste: die Atmosphäre. Er stellt sich musikalischen Herausforderungen, wie diesmal der Aufführung seines Albums „1996“ nicht aus purem Ehrgeiz, sondern will mit moderner Klassik besonders auch Stimmungen erzeugen. Eine Blueslegende ist Seasick Steve längst, aber jetzt ist die ideale Zeit, sich auch als Unkundiger des Genres mit ihm zu befassen. Sein neues Album heißt zwar „You can’t teach an old Dog new Tricks“, aber ganz ernst scheint er das nicht zu meinen, erscheint es doch bei Jack Whites Plattenfirma Third Man Records. Und wenn der White Stripe eines kann, dann Urgesteine der jungen Generation näherbringen. Massendefekt 5. 11. // Frankfurt, Elfer Music Club Sharon Corr 19. 11. // Aachen, Musikbunker 18. 11. // Trier, Exhaus „Tangodiesel“ heißt das neue Werk von Massendefekt, und es ist ordentlich rau und ruppig geworden, mit dem gelegentlichen Sprengsel aufbauender Texte – ganz wie man es von den Rheinländern kulturnews 11/11 Foto: Barry McCall Foto: Massendefekt „Wie eine Mischung aus Sally Bowles, Patti Smith und PJ Harvey“ umschrieb der Scotsman Camille O’Sullivan. Große Namen, zu denen demnächst einige dazukommen werden. Auf ihrem Album „The dark Angel” covert sie Stücke von 9. 11. // Köln, Bürgerhaus Stollwerck 8. 11. // Hamburg, Kampnagel 6. 11. // Frankfurt, Batschkapp 9. 11. // Berlin, C-Club 8. 11. // Bochum, Zeche erwartet. Ihre Mischung, die sie selbst als Punk & Roll umschreiben, geht ordentlich ins Blut, und auf ihren Shows gibt es deutlich mehr Diesel als Tango auf die Ohren. Mit ihrem eingängigen Folkpop waren uns die irischen Geschwister Corr in den 90ern natürlich wohl bekannt. Sharon, die angeblich hübscheste der Schwestern (man munkelt so was), war musikalisch immer insgeheim die federführende der talentierten Musikerinnen. Und da die Familienbande gerade eine unbestimmt lange Pause einlegt, gibt es jetzt eben ein Solodebüt von ihr: „Dream of you“. * Auf kulturnews.de findet ihr im Musikportal die vollständigen Tourtermine für ganz Deutschland, Tickets und weitere Konzerthighlights. live 31 Foto: Shayne Laverdiere // Adam Cohen 26. 11. // Berlin, Heimathafen Neukölln 29. 11. // Köln, Stadtgarten 28. 11. // Hamburg, Stage Club 30. 11. // München, Ampere Mit seinem aktuellen Album tritt der 39-jährige Adam Cohen entschlossen in die riesigen Fußstapfen seines Vaters. Ob er wirklich weiß, worauf er sich einlässt? wusste ich: Hey, wir sind eine Familie, jeder mit dem anderen in irgendeiner Art und Weise eng verbunden. Warum sich nach einer solchen Erkenntnis weiter dagegen wehren, Lieder zu singen, die man seit langem in der Schublade hat, die man eigentlich liebt und die man nur deshalb nicht aufnimmt, weil sie auch vom eigenen Erzeuger stammen könnten? Das kommt mir inzwischen vollkommen absurd vor. Ich bin endlich ein Kerl, wenn man so will – nicht mehr nur ein Sohn. kulturnews: Welche Verbindung haben Sie zu Ihrem Vater? Cohen: Geliebt und bewundert habe ich ihn ein Leben lang. Aber viele Jahre war ich neidisch auf sein Talent, auf seinen Status in der Öffentlichkeit; der war lange Zeit furchteinflößend. Doch es ist großartig, einen Dad zu haben, bei dem anstatt eines Obstkorbs eine Gitarre auf dem Frühstückstisch thront. Da weiß man früh, welche Prioritäten im Haus herrschen. kulturnews: Im November werden Sie vier Konzerte in Deutschland spielen. Was dürfen wir erwarten? Cohen: Cello, Bass, Schlagzeug, dazu ich mit Gitarre und Stimme – mehr ist nicht los. Alles wird sehr intim sein. Denn mal ehrlich: Wenn intime Musik etwas taugt, ist sie die berührendste auf der Welt. Interview: Michael Fuchs-Gamböck kulturnews: Adam, Sie haben immer wieder betont, dass Sie sich mit Hilfe von „Like a Man“ vom übermächtigen Schatten Ihres Vaters emanzipiert haben – indem Sie sich künstlerisch in seiner Tradition sehen … Adam Cohen: Das ist richtig, ja! Seit ich 1998 begonnen habe, Musik zu veröffentlichen, wollte ich auf keinen Fall wie mein Vater klingen, das wäre mir bei meinem Nachnamen schäbig vorgekommen. Ich wollte niemals wie ein Trittbrettfahrer daherkommen. Also habe ich mich im Rock oder Chanson versucht. Beides war nicht sehr überzeugend. Lange Zeit wollte ich nicht wahrhaben, dass meine Stärken die meines Vaters sind: simple Arrangements zu komponieren, heiter-melancholische Liebeslieder mit Tiefgang, vorgetragen mit sonorer Stimme. In kreativer Hinsicht bin ich Daddy wesentlich näher, als ich es mir eingestehen wollte. kulturnews: Wie kam es denn zu dieser Einsicht? Cohen: Sie überfiel mich wie ein Blitz bei einem Abendessen, als mein Vater links von mir und mein heute vierjähriger Sohn rechts von mir saß. Ich sah mir die Profile der beiden lange abwechselnd an und dann kulturnews 11/11 Aktion // Heiße News aus Tennessee Lynne Tolley weiß, wie man sich die kalte Jahreszeit versüßt: Die Urgroßnichte von Jack Daniel betreibt nicht nur das Restaurant „Miss Mary Bobo's Boarding House“ in Lynchburg, Tennessee, das für seine Südstaatenküche weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt ist, sie kennt sich auch mit JACK DANIEL'S Tennessee Whiskey aus wie kaum eine zweite. Bei frostigen Temperaturen serviert sie ihren Freunden besonders gerne einen leckeren Apfel-Whiskey-Punsch. Das Traditionsgetränk kommt nun auch nach Deutschland: JACK DANIEL'S Winter Jack besteht aus Apfelsaft und original JACK DANIEL’S Tennessee Whiskey, mit dem Geschmack von Zimt, Nelken und weihnachtlichen Gewürzen und hat sanfte 15 Prozent Alkoholgehalt. Die winterlich designte Flasche passt außerdem prima in die eisigen Monate. Bald kommt der erste Schnee, deshalb verlosen kulturnews und JACK DANIEL'S drei Sets, bestehend aus einer Flasche JACK DANIEL'S Winter Jack und einem Porzellanbecher. Einfach bis zum 23. 11. die Gewinnhotline anrufen: 0137-989 89 82 (0,50 Euro/ Anruf). Voraussetzung: Du bist volljährig. Mehr Infos zu Winter Jack gibt es auf www.jack-lives-here.de. www.massvoll-geniessen.de live // kulturnews präsentiert JAZZnights: Joshua Redman & Brad Mehldau Duo 18. 11. // Berlin, Kammermusiksaal 24. 11. // Frankfurt, Alte Oper 19. 11. // Gütersloh, Theater Gütersloh 25. 11. // Dortmund, Konzerthaus 22. 11. // Bremen, Glocke 27. 11. // Hamburg, Laeiszhalle Foto: WMG Foto: Karsten Jahnke Konzertdirektion 32 Switchfoot 23. 11. // Düsseldor,f Tonhalle und Brad Mehldau (im Bild) aus Florida zusammen auf einer Bühne spielen, ist das ein Clash der musikalischen Welten, der so nur im Rahmen dieser Konzertreihe zu erleben ist. 13. 11. // Köln, Live Music Hall 17. 11. // Giessen, Alte Feuerwache 15. 11. // Hamburg, Große Freiheit 36 18. 11. // Mannheim, Alte Feuerwache 16. 11. // Berlin, C-Club Die Kalifornier Switchfoot ziehen mit ihrem eingängigen Alternative Rock alle Register – und viele Kreise. Mit ihren Songs wurden romantische Liebesschnulzen („Nur mit dir“), pompöse Fantasyfilme („Die Chroniken von Narnia: Prinz Kaspian von Narnia“) und sogar wrestelnde Muskelberge unterlegt („WWE: Tables, Ladders & Chairs“). Wo werden dann bloß die Songs des neuen Streiches „Vice Verses“ landen? Zumindest schon mal auf deutschen Bühnen, wo sie auch hingehören. Foto: Hammerl Kommunikation Foto: PGM Ein smoother, betont cooler Saxophonist trifft auf einen begnadeten, präzisen Techniker am Piano. Da kann es sich natürlich nur um die JAZZnights handeln. Wenn der Kalifornier Joshua Redman Tom Beck 7. 11. // München, Backstage Halle 8. 11. // Stuttgart, dasCann 9. 11. // Frankfurt, Batschkapp Asaf Avidan 14. 11. // Berlin, C-Club 15. 11. // Frankfurt, Brotfabrik 16. 11. // Nürnberg, Hirsch 16. 11. // Bonn, Harmonie 19. 11. // Köln, Live Music Hall 19. 11. // Berlin, Passionskirche 20. 11. // Hamburg, Imperial Theater Explodierende Autos, wilde Schießereien und smarte Sprüche sind Tom Becks Alltag. Iwo, er ist kein Gangsterrapper, sondern Star der Actionserie „Alarm für Cobra 11“. Was liegt da näher, als sich vom Blechmüll und den langen Drehtagen etwas zu erholen, und zwar als Poprockstar? „Superficial Animal“ heißt das Album, das nur für akustische Explosionen sorgen soll. Sonst hätten die Clubbesitzer was dagegen. kulturnews 11/11 Als Asaf Avidan mit seinen Mojos uns zuletzt besucht hat, war das eine schweißtreibende Angelegenheit mit massig Indierock. Dieses Mal sieht es ganz anders aus, denn passend zu herbstlicher Romantik spielt Avidan diesmal akustisch auf, nur mit einem Cello als Begleitung. Das israelische Stimmwunder wird seinen Stücken so sicher ungeahnte Facetten entlocken. Foto: A.S.S. 10. 11. // Bielefeld, Stereo Fischer-Z 7. 11. // Osnabrück, Rosenhof 12. 11. // Übach-Palenberg, Outbaix 8. 11. // Wuppertal, Live Club Barmen 13. 11. // Darmstadt, Centralstation 9. 11. // Braunschweig, Meier Music Hall 14. 11. // Nürnberg, Hirsch 10. 11. // Bremen, Aladin Music Hall 15. 11. // München, Freiheiz Stimmt, Fischer-Z klingt zunächst nach langen Technonächten und verschwitzten Leibern zu stumpfer Musik. Vom Namen her. Und zwar nur das. Denn die britische Rockband ist das Baby des legen- dären John Watts. Der das Projekt endlich wieder aus der Versenkung geholt hat und neun Jahre später wieder ein Fischer-ZAlbum herausbringt. Hoffentlich sind sie gekommen, um zu bleiben. * Auf kulturnews.de findet ihr im Musikportal die vollständigen Tourtermine für ganz Deutschland, Tickets und weitere Konzerthighlights. kulturnews präsentiert // live 33 Foto: Peter Zownir KURT KRÖMER DER NACKTE WAHNSINN! Puppini Sisters 18. 11. // Berlin, Lido 22. 11. // Darmstadt, Centralstation 19. 11. // Dresden, Beatpol 23. 11. // Reutlingen, franzK 20. 11. // Hamburg, Uebel & Gefährlich 26. 11. // Fürth, Kulturforum LIVE 21. 11. // Köln, Gloria Früher war nicht unbedingt alles besser. Bei der Musik sind die Puppini Sisters allerdings weiterhin anderer Meinung. kulturnews: Marcella, Kate, Stephanie, würdet ihr mit einer Zeitmaschine sofort ins alte Hollywood reisen? Marcella Puppini: Nein. Schon damals war der Mythos Hollywood doch bloß ein Märchen. Er hatte wenig mit der Realität zu tun. Vergessen wir nicht: In den 40er-Jahren hat der Zweite Welt– krieg Angst und Schrecken verbreitet. Außerdem waren wir noch meilenweit von der Emanzipation der Frauen entfernt. Stephanie O’Brien: Nicht mal mit Marilyn Monroe hätte ich tauschen mögen. Ich glaube, ihr Ikonenstatus hat sie nie wirklich glücklich gemacht. Wahrscheinlich war sie eine zutiefst traurige Frau. Kate Mullins: Aber das wurde meist ignoriert. Die Leute haben nur das gesehen, was sie sehen wollten. kulturnews: Trotzdem singt ihr mit „Hollywood“ ein Loblied auf die Ära der Filmdiven. Wie passt das zusammen? Mullins: Ich gebe zu: Wir zeichnen da ein romantisiertes Bild … Puppini: … und betrachten Hollywood durch eine rosarote Brille. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass damals ganz fantastische Filme gedreht wurden. O’Brian: Und zwar mit großartigen Schauspielern. Heute dagegen kriegt Justin Timberlake die Hauptrolle in einem Blockbuster, weil sein Name garantiert viele Menschen ins Kino lockt. Die Verpackung zählt oft mehr als der Inhalt. kulturnews: Auf dem Cover eurer CD „Hollywood“ habt ihr euch aber auch sehr glamourös inszeniert. Puppini: Wenn man sich Lieder aus Filmklassikern wie „Frühstück bei Tiffany“ vornimmt, gehört das einfach dazu. Unser Look unterstreicht das Konzept unseres Albums. Mullins: Natürlich ist Mode eines unserer wichtigsten Ausdrucksmittel. Aber wir sind keine Barbies, sondern ernsthafte Musikerinnen. Bei uns kriegt der Hörer keine simplen Coversongs, wir machen aus jedem Stück etwas Eigenes. Vielleicht verändern wir für unseren dreistimmigen Harmoniegesang die Tonart. Oder wir suchen ein völlig neues Arrangement. kulturnews: Damit habt ihr auch Michael Bublé beeindruckt. Wie war es, mit ihm seine Weihnachtsplatte „Jingle Bells“ aufzunehmen? O’Brian: Mit Michael in den legendären Capitol-Studios zu sein, das habe ich als surreal empfunden. Puppini: Selbst wenn er rumalbert, ist er ernsthaft bei der Sache. Er kann aus dem Stegreif richtig gut Nummern von Sinatra, Elvis oder Stevie Wonder improvisieren. Wir haben neben ihm gestanden und gedacht: Der Mann ist der Wahnsinn. Interview: Dagmar Leischow Hollywood erscheint am 4. November. kulturnews 11/11 2011 01.11.2011 02.11.2011 03.11.2011 05.11.2011 06.11.2011 07.11.2011 08.11.2011 10.11.2011 11.11.2011 14.11.2011 15.11.2011 KA AUSVER Halle (Saale) Saale) T! BielefelddAUSVERKAUF ! T UF KA Hannover eArUSVER T! UF KA R Augsburg rAgUSVE Augsburg T! Nürnberg rgAUSVERKAUF ! T UF KA Mannheim eim AUSVER Mühlheim (a.d.R.) R.) KAUFT! Mönchengladbach engladbach AUSVER ach T! Hamburg rgAUSVERKAUF Alsdorf 16.11.2011 18.11.2011 21.11.2011 22.11.2011 23.11.2011 24.11.2011 29.11.2011 30.11.2011 01.12.2011 02.12.2011 03.12.2011 Köln AUSVERKA KAUFT! Dresden den AUSVER T! Leipzig igAUSVERKAUF T! UF KA R Leipzig igAUSVE T! Erfurtt AUSVERKAUF T! UF Erfurtt AUSVERKA ! T UF KA Berlinn AUSVER T! UF KA R Berlinn AUSVE T! Berlinn AUSVERKAUF T! UF Berlinn AUSVERKA ! T UF KA Berlinn AUSVER 2012 08.02.2012 09.02.2012 10.02.2012 12.02.2012 13.02.2012 15.02.2012 16.02.2012 17.02.2012 18.02.2012 19.02.2012 21.02.2012 22.02.2012 23.02.2012 25.02.2012 27.02.2012 28.02.2012 29.02.2012 02.03.2012 A-Wien A-Wien Frankfurt Hannover Hannover Berlin Berlin Berlin Berlin Berlin Weimar Stuttgart Nürnberg Köln Essen Osnabrück Kiel Magdeburg 03.03.2012 04.03.2012 06.03.2012 07.03.2012 08.03.2012 10.03.2012 11.03.2012 12.03.2012 13.03.2012 15.03.2012 16.03.2012 18.03.2012 19.03.2012 20.03.2012 21.03.2012 23.03.2012 24.03.2012 25.03.2012 Magdeburg Magdeburg Zwickau Halle Saale Halle Saale Lübeck Hamburg Oldenburg Rostock Dresden Cottbus München CH-Zürich CH-Zürich CH-Bern Kempten Freiburg Karlsruhe UFT! UFT! 7,&.(766,1'(5+b/7/,&+817(5:::7,&.(70$67(5'( 81'$1$//(1%(.$117(19259(5.$8)667(//(1 : : :/,9(/(*(1''( live // kulturnews präsentiert Foto: Eliott Bliss 34 Yodelice 14. 11. // Köln, Blue Shell 16. 11. // Hamburg, Prinzenbar Foto: Lars Borges 15. 11. // Berlin, Comet Club Oh Land 19. 11. // Frankfurt, Brotfabrik Nix mit Jodelei, der Franzose Maxim Nucci alias Yodelice mischt mit seiner Band Akustikfolk, Blues und Pop – und wird dafür von unseren Nachbarn verehrt. Über 100 Konzerte hat er in den letzten zwei Jahren gespielt, und alle waren ausverkauft. Also Vorsicht, am besten mit hartem Baguette für den Ansturm am Ticketschalter bewaffnen, denn der Mann ist zum ersten Mal in Deutschland auf Tournee. 21. 11. // Hamburg, Uebel & Gefährlich kulturnews: Nanna, du hast mit dem Musikmachen angefangen, als du deine Ballettkarierre aufgrund eines Unfalls aufgeben musstest. Ist die Musik mittlerweile ein vollwertiger Ersatz? Nanna Øland Fabricius: Ich liebe Tanzen, aber das Musikmachen war für mich eine Rückkehr zu den Wurzeln meiner Inspiration. Seitdem ich in diese Welt eingetaucht bin, habe ich alles andere vergessen. Ich vermisse immer noch den körperlichen Aspekt des Tanzens, aber nicht den Lifestyle. kulturnews: Dafür bist du sicherlich niemand, den es Überwindung kostet, sich auf der Bühne zu präsentieren. Fabricius: Auf der Bühne zu stehen ist für mich ein wenig, wie in die Kirche zu gehen. Es ist eine Zeremonie, bei der jede Angst von mir abfällt. Ich vergesse jegliche störenden Gedanken und bin einfach nur präsent. Das liebe ich. Eines Tages habe ich hoffentlich die Möglichkeit, auf einer großen Bühne zu stehen und etwas ganz Besonderes zu machen. Ich würde gerne Visuals und Musik zu einer neuen Art von Performance verschmelzen. kulturnews: Das würde zu deinen Songtexten passen. „Wolf & I” beispielsweise kulturnews 11/11 erzählt die Geschichte einer Dreiecksbeziehung zwischen einem Wolf, der Sonne und dem Mond. Hast du diese märchenhafte Form gewählt, um nicht zu viel Persönliches erzählen zu müssen? Fabricius: Es ist genau anders rum: Auf diese Art kann ich mehr von mir preisgeben. Wenn ich eine fiktive Figur erzählen lasse, traue ich mich sehr viel ehrlicher zu sein kulturnews: Du bist auch Produzentin. Wie intensiv bringst du dich in den Produktionsprozess ein? Fabricius: Ich habe elektronische Komposition studiert und früher alles selbst produziert. Ich wollte meine Songs auch nicht selber singen, sondern mir eine Sängerin suchen. Aber alle meinten, ich solle selber singen. Dadurch hat sich mein Fokus mehr aufs Songwriting verschoben, und ich arbeite mittlerweile mit Produzenten zusammen. kulturnews: Aus deiner Heimat Skandinavien kommen verhältnismäßig viele erfolgreiche Solokünstlerinnen. Woran liegt das? Fabricius: Skandinavien ist sehr feministisch. Wir wachsen mit dem Bewusstsein auf, dass ein Mädchen genauso gut Produzentin oder Ingenieurin werden kann wie ein Junge. In Skandinavien lernen Frauen, ihre eigene Vision umzu– setzen. Interview: Kathrin Kaufmann I Muvrini Foto: Flogging Molly Eigentlich wollte die dänische Musikerin Oh Land alias Nanna Øland Fabricius nur Songs schreiben, aber nicht singen. Dass es anders kam, hat etwas mit skandinavischem Selbstverständnis zu tun. Foto: A.S.S. 20. 11. // Berlin, Heimathafen Flogging Molly 15. 11. // Ludwigsburg, Friedenskir. 16. 11. // München, St. Mattäus 16. 11. // München, Tonhalle 18. 11. // Düsseldorf, Johanneskir. 18. 11. // Saarbrücken, Garage 19. 11. // Hamburg, St. Petri Kirche 19. 11. // Oberhausen, Turbinenhalle 21. 11. // Erfurt, Thomaskirche 22. 11. // Berlin Astra, Kulturhaus 22. 11. // Dresden, Lukaskirche 23. 11. // Hamburg, Große Freiheit 36 23. 11. // Berlin, Passionskirche 24. 11. // Köln, E-Werk 25. 11. // Mainz, Christuskirche 25. 11. // Stuttgart, LKA Longhorn Aus Korsika in unsere Kirchen: Die Band I Muvrini spielt korsische Volksmusik basierend auf Klavier, Gitarre, Geige, Keyoard und dem Paghjella, einem traditionellen Gesangsstil, mit dem sie es sogar schon zu Sting auf die Bühne geschafft haben. Bei der aktuellen Tour liegt das Augenmerk besonders auf dem mehrstimmigen Gesang, denn der kommt in den Gotteshäusern besonders zur Geltung. Gute Laune, Fun- und Folkpunk: Das erwartet man sich von den irischen und amerikanischen Mannen. Aber mit Fiddle, Akkordeon und Mandoline lassen sich noch mehr Emotionen transportieren. „Speed of Darkness“, ihr neues Werk, hat diese gewisse Düsterkeit nicht nur im Titel. Und durch die Mischung mit dem alten Material wird es eine perfekte Mischung: aus Kopf und Herz. * Auf kulturnews.de findet ihr im Musikportal die vollständigen Tourtermine für ganz Deutschland, Tickets und weitere Konzerthighlights. kulturnews präsentiert // live 67 6. - 8. JULI 2012 KÖLN - FÜHLINGER SEE SPECIAL CHRISTMAS OFFER LIMITIERTES TICKET-ANGEBOT BIS ZUM 15.01.2012 EXKLUSIV AUF SUMMERJAM.DE ERHÄLTLICH DIE REGGAE-SENSATION AUS FRANKREICH AUF TOUR IN DEUTSCHLAND Foto: Ralph Günthner Mo. 05.12. Di. 06.12. Mi. 07.12. Do. 08.12. Sa. 10.12. Mo. 12.12. Di. 13.12. Sa. 17.12. Köln ★ Palladium 10. 11. // Lüneburg, Vamos 22. 11. // Leipzig, Moritzbastei 18. 11. // Heidelberg, HalleO2 27. 11. // Oberhausen Schacht 1 Der Hamburger Sänger Johannes Oerding ist beruflich wie privat ein Kind des Glücks. Und ein Kindskopf, wie er selbst zugibt. kulturnews: Johannes, auf Facebook sagst du, du habest manchmal Angst, zu wenig Mensch zu sein. Deine Songs geben einem nicht den Eindruck, da sei besonders wenig Mensch drin. Oerding: Der Satz ist ein Auszug aus dem Song „Reparieren“. Es geht um das Gefühl, dass man immer funktionieren muss, nie ausfallen, krank werden, Burnout haben darf … Und deshalb stelle ich in dem Song die Frage: „Müssen wir wirklich funktionieren, oder musst du mich wirklich reparieren, ich habe Angst, zu wenig Mensch zu sein“. Das ist meine Forderung: dass man auch einfach mal wieder einen Fehler machen darf, kaputt sein darf, depressiv. kulturnews: Im Song „Morgen“ geht es um Prokrastination. Tatsächlich spricht das Lied vielen Menschen aus der Seele. Du singst aber auch, du willst es aufschieben, Klassik zu hören. Ist das wirklich so eine schlimme Vorstellung? Oerding: Im Moment ja. Ich versuche es immer wieder. Manchmal zwingt man sich ja doch zu gewissen Dingen, denkt: Mann, jetzt bist du auch schon Ende 20, guck doch mal, ob du dir nicht mal so was zu Gemüte führst. Aber ich kann NEW MODEL ARMY WEIHNACHTSKONZERT 2011 SPECIAL GUESTS: SCANNERS & FACE TOMORROW Johannes Oerding 19. 11. // Stuttgart, Longhorn Köln ★ Underground Tübingen ★ Sudhaus Karlsruhe ★ Tollhaus Freiburg ★ Jazzhaus München ★ Backstage Berlin ★ Yaam Hamburg ★ Fabrik Tickets an allen bekannten VVK-Stellen Tickethotline 0711 - 238 50 50 sowie unter www.contour-music.de / www.summerjam.de 1. 12. // Lübeck, Muck da leider überhaupt nichts mit anfangen. Ich ertrage es keine zehn Sekunden, Klassik zu hören. kulturnews: Es gibt im Internet kleine, lustige Videos von dir. Wieviel Kindskopf steckt in Johannes Oerding? Oerding: Sehr, sehr viel! Ich versuche sehr humorvoll, sehr positiv durchs Leben zu gehen. Auch wenn man das nicht immer aus meinen Liedern raushört. kulturnews: Kein einziges Lied auf der CD würde ich übrigens als humorvoll bezeichnen, auch wenn man bei der ein oder anderen Zeile schmunzelt. Oerding: Genau das ist es auch. Ich finde es wichtig, dass jeder Song eine kleine Achterbahnfahrt ist. Man kann vielleicht traurig sein, melancholisch, aber dann gibt es wieder einen Lichtblick, eine Motivation. kulturnews: Meistens ist Ende 20 ja der Punkt, wo man mal Bestandsaufnahme macht und schaut, ob man auf dem richtigen Weg ist. Wie fiele diese Prüfung bei dir aus? Oerding: Alles richtig gemacht, würde da am Ende stehen. Die zehn Jahre, die ich schon an meiner Musikkarriere arbeite, mussten auch zehn Jahre dauern, das musste so langsam und so gesund wachsen. Ich habe all die Rückschläge gebraucht. Interview: Katharina Behrendsen å50 %8+,53)6å"%)å#,/3% %YEå#ATCHERå #OLLECTIONå 43HIRTSå æ ,ÊSSIGEå43HIRTSåAUFå WWWCLOSEUPDE kulturnews 11/11 // kulturnews präsentiert Foto: Buxton Walker live Foto: Jo McCaughy 68 Bombay Bicycle Club 24. 11. // Düsseldorf, zakk 22. 11. // Berlin, C-Club 25. 11. // Erlangen, E-Werk 23. 11. // Hamburg, Gruenspan 26. 11. // Dresden, Beatpol Der beste Weg gegen das Vergessen ist Kreativität. Durch die bleiben die Indierocker von Bombay Bicycle Club uns nämlich im Gedächtnis, indem sie fast jährlich ein neues Album raushauen. Und diese Platten wissen zu begeistern. „A different Kind of Fix“, ihr drittes Werk, geht akustischer zur Sache als der Vorgänger, ist aber genau jene Kartenkaufgedächtnisstütze, die wir brauchten. 25. 11. // Köln, Domforum 27. 11. // Hamburg, Knust 26. 11. // Hamburg, Haus III&70 Rodrigo Sanchez und Gabriela Quintero spielen akustische Gitarren. Gibt es an jeder Straßenecke, schon klar. Die beiden in Irland lebenden Mexikaner sind allerdings so begnadete Entertainer, dass amerikanische Talkshowauftritte und internationale Touren sie inzwischen weltweit bekannt gemacht haben. Denn statt laschem Gezupfe gibt es hier furiose Saitenwirbel, die mit jeder Rockshow mithalten. kulturnews 11/11 28. 11. // München, Freiheiz 27. 11. // Berlin, Lido 30. 11. // Köln, Gloria Tenacious D lassen sich einige Zeit mit ihren Alben. Und wer füllt die Lücke der komödiantischen Rockmusik in unseren Herzen? The Axis Of Awesome kommen von tief Down Under, um auszuhelfen. Wer ihren „4 Chords“-Song noch nicht kennt, mit dem sie die Banalität unzähliger Radiohits aufdecken, der gehe bitte sofort zu Youtube und hole das nach – und danach direkt zu einer ihrer Shows. Emirsian 25. 11. // München, Backstage Halle 28. 11. // Berlin, Postbahnhof 26. 11. // Hamburg, Knust Foto: The Good Natured Foto: Rodrigo Y Gabriela Rodrigo Y Gabriela The Axis Of Awesome Foto: Oktober Promotion 21. 11. // München, Freiheiz 4. 12. // Frankfurt, Dreikönigskirche Harte Töne reichen Aren Emirze nicht. Der Sänger und Gitarrist der Frankfurter Noiserockband Harmful möchte seine armenischen Wurzeln auch in akustischen Nummern aufarbeiten, in klassischem Singer/Songwriter, der ganz andere Ebenen erreicht als die brachiale Gitarrenwand seiner Hauptband. Auf „Accidentally in between“ tut er genau dies, rein auf armenisch gesungen und voller Emotionen. The Good Natured 26. 11. // Osnabrück, Glanz & Gloria 29. 11. // Köln, Studio 672 28. 11. // Hamburg, Prinzenbar England steht Kopf wegen des wavigen Elektropops der schrillen Truppe The Good Natured. Dabei ist ihr Debütalbum noch gar nicht rausgekommen! Macht nichts, die Single „Skeleton“ untermalt schon mal einen Schuhwerbespot. Dieses Marketing muss man nicht gut finden, die Shows der wilden Band um Sängerin Sarah McIntosh sind jedoch perfekte Werbung – für ihre eigene Musik. * Auf kulturnews.de findet ihr im Musikportal die vollständigen Tourtermine für ganz Deutschland, Tickets und weitere Konzerthighlights. kulturnews präsentiert // live 69 Tickethotline: 01805 - 57 00 70 (0,14 /Min. aus dem dt. Festnetz. Mobilfunk max. 0,42 /min) Booking GmbH präsentiert: Hier mehr Infos abrufen! &$*" 13.12. MÜNSTER | HALLE MÜNSTERLAND 14.12. DÜSSELDORF | ISS DOME 16.12. LEIPZIG | ARENA 17.12. BRAUNSCHWEIG | VOLKSWAGEN HALLE 18.12. AUGSBURG | SCHWABENHALLE 20.12. A - WIEN | STADTHALLE 21.12. REGENSBURG | DONAU - ARENA 22.12. STUTTGART | SCHLEYERHALLE 01.11. BREMEN | 03.11. DÜSSELDORF 12.11. STUTTGART | 14.11. FRANKFURT 15.11. MÜNSTER | 16.11. POTSDAM 22.11. REGENSBURG | 28.11. A-WIEN 29.11. MÜNCHEN | 30.11. CH-BASEL 01.12. TRIER %)'($'!# 07.12. LANDSHUT | 08.12.FREIBURG 09.12. BAMBERG | 11.12. BERLIN 12.12. NEU-ULM | 13.12. ZÜRICH 15.12. DÜSSELDORF 16.12. BRAUNSCHWEIG 10.01.12 FRANKFURT 11.01.12 CHEMNITZ Foto: WME FOR TRUE TOUR 2011 Melanie C 28. 11. // Köln, Gloria 17.11. KÖLN | LUXOR 19.11. BERLIN | LIDO 20.11. HAMBURG | KNUST 22.11. OBERHAUSEN | SCHACHT 1 24.11. MÜNCHEN | 59:1 16.12. STUTTGART | ZENTRAL 17.12. FREIBURG | WALDSEE 29.11. BREMEN | 01.12. KARLSRUHE 02.12. ERLANGEN | 03.12. KÖLN 05.12. STUTTGART | 06.12. MANNHEIM 07.12. MÜNCHEN | 08.12. BERLIN 09.12. HAMBURG 1. 12. // Berlin, C-Club 29. 11. // Hamburg, Grünspan 15. 12. // München, Backstage Werk Ex-Spice-Girl Melanie C geht nach vierjähriger Babypause wieder auf Tour. Blumen hat sie aber schon vorher bekommen. Das ist eine große Ambition von mir! Es käme aber auch darauf an, welche Stücke dann gerade laufen und was ich selbst glaube, gut spielen zu können. kulturnews: Wie kommst du denn mit der neuen Rolle als Mutter zurecht? Melanie C: Ich liebe es! Meine Tochter macht viel Arbeit. Sie ist zweieinhalb, und manchmal bringt sie mich an meine Grenzen. Aber sie ist auch sehr unterhaltend. Sie fängt schon an, Mamis neue Songs zu singen. kulturnews: Sie heißt Scarlet Starr – das klingt nach einer Mixtur aus „Vom Winde verweht“ und Ringo Starr … Melanie C: Der Name ihres Vaters ist Starr und hat nichts mit Ringo zu tun. Als sie geboren wurde, schickten mir Ringo und seine Frau aber Blumen. So bekam meine Tochter Blumen von vier Spice Girls und einem Beatle – wie cool ist das bitte …? kulturnews: Wenn man sich deinen Lebenslauf ansieht, klingt alles perfekt geplant. Melanie C: Oh nein, wir haben alle unsere Probleme. Aber es ist schon lustig – als die Spice-Girls-Tour beendet war, habe ich zu meinem Freund gesagt: Im Urlaub versuchen wir es mal mit einem Baby. Er meinte, so funktioniere das nicht – aber ich wurde sofort schwanger. Wenn ich sage, etwas passiert, dann passiert’s eben! Interview: Katja Schwemmers kulturnews: Melanie, mit deiner Single „Think about it“ entführst du uns auf die Tanzfläche. Das Stück erinnert an Katy Perry. Melanie C: Das werte ich als Kompliment! Das Lied ist sehr tanzbar. Aber mein Album hat verschiedenste Einflüsse. Plötzlich sagen mir Leute, dass sie dieser oder jener Song an Björk erinnert. Oder an Muse. Das ist toll! Es erweitert mein bisheriges Spektrum. kulturnews: Mit Peter Plate von Rosenstolz hast du eine englische Version seines Hits „Liebe ist alles“ aufgenommen – „Let there be Love“. Kanntest du das Stück vorher? Melanie C: Nein. 2009 hatte ich gerade im Musical „Blood Brothers“ am Londoner West End gearbeitet – Peter guckte sich die Show an und lud mich daraufhin nach Berlin ein. Es war eine Herausforderung. Hoffentlich gefällt den Deutschen die Version, denn sie ist sehr anders als das Original. kulturnews: Wird aus dem Popstar Melanie C irgendwann ein Musicalstar? Melanie C: Ich habe ja Theater und Performance studiert. Da ist Nachholbedarf! Ich würde gerne an den Broadway gehen. 28.10. CH-ZÜRICH | 29.10. CH-BASEL 30.10. HEIDELBERG | 01.11. FRANKFURT 02.11. STUTTGART | 03.11. KÖLN 05.11. MÜNCHEN | 06.11. BERLIN 07.11. HAMBURG | 09.11. NÜRNBERG 10.11. A-WIEN 11.11. FRIEDRICHSHAFEN kulturnews 11/11 BEFORE THE DINOSAURS TOUR 2011 12.12. 13.12. 14.12. 15.12. 18.12. KÖLN | STADTGARTEN BERLIN | POSTBAHNHOF HAMBURG | KNUST DARMSTADT | CENTRALSTATION FLENSBURG | DEUTSCHE HAUS 21.11. LEIPZIG | 22.11. NÜRNBERG 23.11. MÜNCHEN SUPPORT: RACHEL SERMANNI 07.11. LEIPZIG 08.11. BERLIN | 10.11. MÜNCHEN 11.11. CH-ZÜRICH 14.11. A-WIEN 15.11. CH-FRIBOURG 16.11. FRANKFURT 18.11. HAMBURG 04.11. BERLIN | COMET CLUB 05.11. HAMBURG | MOLOTOW BAR Bodi Bill 28.11. BERLIN | COMET CLUB 29.11. HAMBURG | LOGO 30.11. KÖLN | DIE WERKSTATT 01.12. POTSDAM | 02.12. HANNOVER 03.12. MANNHEIM | 04.12. WUPPERTAL 06.12. KARLSRUHE | 07.12. AUGSBURG 08.12. A-GRAZ | 09.12. A-INNSBRUCK 10.12. CH-ST. GALLEN | 11.12. FRANKFURT a.M. 13.12. MÜNCHEN | 14.12. BIELFELD 15.12. KÖLN | 17.12. WÜRZBURG 03.11. LÜNEBURG | 04.11. KREFELD 05.11. HANNOVER | 08.11. POTSDAM 09.11. MÜNCHEN | 10.11. KONSTANZ 11.11. WEINHEIM 12.11. KAISERSLAUTERN 14.11. KARLSRUHE | 15.11. KÖLN 16.11. FRANKFURT | 17.11. HAMBURG 18.11. BREMEN | 19.11. GÖTTINGEN 13.11. MÜNCHEN | ATOMIC CAFE 17.11. HAMBURG | LOGO 22.11. FRANKFURT | BROTFABRIK 28.11. BERLIN | FRANNZ CLUB 29.11. KÖLN | LUXOR BOY TOUR 2012 19.02. MÜNSTER | 20.02. BIELEFELD 21.02. BREMEN | 22.02. HAMBURG 24.02. LEIPZIG | 25.02. BERLIN 27.02. WÜRZBURG | 28.02. ERLANGEN 29.02. A-GRAZ | 01.03. A-INNSBRUCK 02.03. MÜNCHEN | 03.03. KARLSRUHE 05.03. FREIBURG | 06.03. DARMSTADT 07.03. KÖLN | 09.03. HANNOVER live // Shows Foto: Thomas Mayer Foto: Sean Young 70 Hans Liberg ab dem 11. 11. // Deutschlandtournee mit „Ick Hans Liberg“ Tollwood Winterfestival 2011 23. 11.–31. 12. // Theresienwiese München Der Imagegewinn der Stadt München durch das Tollwood Festival ist schlicht unermesslich; dass das komplette Festival schon vor Jahren mit den Attributen „Bio“ und „Nachhaltigkeit“ verbunden wurde, verschafft Tollwood ein Alleinstellungsmerkmal ohnegleichen. Doch zum Programm: Wichtig zu wissen, dass auch diesmal wieder Abschluss an Silvester sein wird. Mit Livemusik und DJs auf vier Areas sowie Walzertanzen um Mitternacht. Die Karten hierfür sind erfahrungsgemäß früh ausverkauft. Highlights davor sind unter anderem Karsten Kaie mit seinem bemerkenswerten Programm „Lügen, aber ehrlich“, die Vorstellungen des Nouveau Cirque im Theaterzelt und die Varieté-Programme in der Cantina (Foto). Das Thema des diesjährigen Winter– festivals lautet „Aufgetischt“ – nicht ohne Grund, ist doch die Gastronomie zentraler Bestandteil von Tollwood. Fil ab 2. 11. // Chapeau Maman auf Tour „Hut ab, Mama“ heißt Fils neues Programm, so viel weiß man immerhin. Sonst: nix. Der Berliner Comictexter und -zeichner, der an der Gitarre dilettiert und auf der Bühne bei den einen für Lachsalven sorgt und bei anderen auf blankes Entsetzen stößt, wird oft als Neodadaist bezeichnet. Auf alle Fälle ist Fil: Kult. Denn wer diesem ehemaligen Punk erst kulturnews 11/11 mal verfallen ist, kann nicht mehr von ihm lassen. Fil wird „Chapeau Maman“ im November und Dezember erst mal nur in Berlin spielen – im Mehringhoftheater und im Babylon –, ansonsten präsentiert der Politkomiker noch ältere Programme. Erst ab Januar werden die Fans außerhalb der Hauptstadt bedient. Er ist der internationale Popstar des komischen Genres, doch sein Erfolgsrezept will der Niederländer Hans Liberg nicht verraten. Stattdessen sagt er uns, was Schuberts „Heideröslein“ mit Syphilis zu tun hat. kulturnews: Herr Liberg, die Holländer sind ein seltsames Völkchen: Sie singen die Matthäuspassion von Bach als Karaokeversion und klatschen in Klassikkonzerten mit, wenn ich Ihren Aussagen glauben darf. Hans Liberg: Wir haben tatsächlich eine Matthäuspassion, bei der das Publikum komplett mitsingt. Die nehmen da die Noten mit und die Texte. Sie singen sogar die Solopartien von Jesus mit. Die Masse bestimmt in unserer Zeit, was passiert. Nicht dass ich das gut finde, ich beobachte, ich sehe das nur. kulturnews: Sie allerdings haben Ihr Publikum im Griff, wie man immer wieder sieht. Liberg: Ich habe meinem Publikum mehr und mehr Chancen gegeben, mitzumachen. Ich habe zum Beispiel in Amsterdam mit 25 000 Menschen die „Königin der Nacht“ von Mozart gesungen. kulturnews: Ist es typisch für ihr Heimatland, dass in Konzerten interagiert wird? Liberg: Ich denke nicht, ich bin aber auch kein Konzertpianist, ich bin Komiker. Und als ich in England bei einem Festival auftrat, habe ich gemerkt, dass sich das Publikum auch einmischt. Wenn denen etwas nicht gefällt, dann rufen die rein. Ich frage mich: Warum ist das bei klassischer Musik eigentlich nicht, bei Mozart wurde doch auch dazwischengerufen, wenn es zu lang war oder nicht interessant genug. Wir sind als Konzertpublikum sehr brav, eigentlich zu brav. kulturnews: Was treibt talentierte Musiker eigentlich um, wenn sie ins komische Fach wechseln? Helge Schneider ist ja auch so ein Fall. Liberg: Es gibt ja nicht so viele Leute wie Helge Schneider und mich, die Musiker sind und Komiker. Aber wenn man das Talent hat, überall eine andere Wahrheit zu sehen, also Humor zu entdecken, ja dann muss man das auch tun! Auch wenn man zufälligerweise Musiker ist, weil man das gelernt hat. kulturnews: Deutsche Komiker kommen kaum über ihre Landesgrenzen hinaus. Sie hingegen spielen ihre Programme auf Niederländisch, Englisch, Deutsch und Französisch und sind bereits in elf Ländern aufgetreten. Was ist Ihr Rezept? Liberg: Das sag ich nicht, das ist geheim. Sonst wird Helge Schneider das auch machen. (lacht) kulturnews: Ich glaube, die Sprache allein kann es nicht sein. Sind es universelle Themen? Liberg: Musik ist universell. Ich habe zum Beispiel eine Geschichte erzählt über die Vereinigung Europas. Das war schon ein Unternehmen von Napoleon, und Beethoven sollte die Musik dazu schreiben. Das ist nicht erfolgreich gewesen, weshalb Beethoven seine Stücke auch wieder zurückgezogen hat. Aber das ist ein internationales Thema. Natürlich suche ich diese Themen auch. kulturnews: Haben Sie primär den Wunsch, zu unterhalten, oder wollen Sie wie ein traditioneller Kabarettist die Welt auch verändern? Liberg: Unterhaltung hat auch immer etwas mit der Zeit zu tun und der Gesellschaft, in der man lebt. Das Programm ist nie platt – die Welt ist platt! Ich kombiniere klassische Musik mit ganz normalen Sachen von der Straße, und dann lernt man vielleicht, dass Mozart auch nicht heilig war. Oder „Sah ein Knab’ ein Röslein stehn“ von Schubert: Das handelt von der Syphilis, und nicht von einem Röslein, das auf der Heide steht. So romantisch ist die Welt einfach nicht. Das Leben ist viel tiefer und viel aggressiver, als man denkt. Ich habe im Programm auch einen Kanon: „Leck mich im Arsch“, der ist wirklich von Mozart, wurde aber mehr als 300 Jahre lang totgeschwiegen. Aernout Mik Foto: Tine Acke Illustration: Helme Heine 71 Cosima von Bonin’s Cut! Cut! Cut! 29. 10.–29. 1. // Museum Folkwang, Essen Aernout Mik vertrat sein Heimatland Niederlande 2007 bei der Biennale von Venedig; den ganz großen Durchbruch hat der 1962 in Groningen geborene Künstler zumindest international dennoch nicht geschafft. Die große Retrospektive, die das Musée du Jeu de Paume (Paris), das Stedelijk Museum (Amsterdam) und das Museum Folkwang gemeinsam stemmen, dürfte hier etwas zurecht rücken, zumal in der Bundesrepublik, wo die Schau sich auf hierzulande noch nicht gezeigte Arbeiten Miks konzentriert. Die aufwändig inszenierten Videos thematisieren soziale live Abb.: © Courtesy Galerie Daniel Buchholz, Köln/Berlin Abb.: © Aernout Mik und carlier | gebauer, Berlin, Foto: Florian Braun Ausstellungen // Verfasstheiten, Kriege und mediale Inszenierungen und nehmen immer wieder konkret Bezug auf die politische Realität am Entstehungsort, sind also weniger als niederländische Kunst klassifizierbar, sondern eher als Arbeiten, die eng mit ihrer Entstehung verknüpft sind. „Communitas“ (2010, unsere Abbildung) entstand auf Einladung des Teatr Dramatyczny im Warschauer Kulturpalast und wurde 2010 auf der Biennale von Sao Paulo uraufgeführt. Mit „Shifting Sitting“ wird auch eine neue, bislang noch nicht gezeigte Arbeit in Essen zu sehen sein. 5. 11.–15. 5. // Museum Ludwig, Köln In Hamburg, in Bregenz, nicht zuletzt auf der jüngsten documenta hat sich Cosima von Bonin langsam aber sicher als Künstlerin etabliert, die irgendwie jenseits aller Trends agiert und dennoch aus der aktuellen Kunst nicht wegzudenken ist – nur in ihrer Wahlheimat Köln fehlt bis jetzt jede öffentliche Würdigung der 1962 geborenen Künstlerin. Und auch „Cut! Cut! Cut!“ ist keine rein Kölner Angelegenheit, sondern eine Tour, die erst durch Rotterdam, Bristol und Genf führen musste, bis sie den Rhein erreichte. Immerhin bespielt von Bonin das Museum Ludwig umfassend mit älteren und neuen Arbeiten, dazu gibt es Lesungen von Weggefährten wie Dirk von Lowtzow und René Pollesch, Musik von Moritz von Oswaldt und Andreas Dorau sowie Filme von Romero bis Tati. Die Abbildung zeigt eine Installationsansicht aus Bristol, „Cosima von Bonin’s Bone Idle for Arnolfini’s sloth section, loop #02 of the Lazy Susan Series“. =, l : /(4)<9. 92 ), * O2 WORLD (< 9 /6 /(33,>,:;- -; 5 , GERRY WEBER STADION ;0 *2 -9(52-<9; ,; FESTHALLE : 5l95),9. ARENA NBG. VERSICHERUNGEN ),9305 O2 WORLD ,9-<9; MESSEHALLE :;<;;.(9; SCHLEYER HALLE 4(55/,04 SAP ARENA +69;4<5+ WESTFALENHALLE 1 4l5*/,5 OLYMPIAHALLE 2k35 LANXESS ARENA 3,07A0. ARENA 6),9/(<:,5 KÖNIG-PILSENER-ARENA )9,4,5 ÖVB ARENA 96:;6*2 É;HIHS\NH\UKKPL ALPJOLUKLYALP[¸ STADTHALLE Tickets unter www. .de 01805 - 969 sowie an allen bekannten Vorverkaufsstellen *(0,14€/Min. aus dem dt. Festnetz / max. 0,42€/Min. aus dem dt. Mobilfunknetz) 000 555* 72 platten // Pop, Rock + Dance Platte des Monats Bush Nichts endende Stromkabel Funken sprühen. Nicht gerade Antidepressiva, diese 13 (!) DIY-Tracks. (mw) The Sea of Memories Dillon INDIEROCK This Silence kills Dirty Projectors & Björk INDIEPOP Rough Trade Mount Wittenberg Orca 5// Edel Seit Dominique Dillon de Byington 2007 erstmals in ihrer Heimat Köln auf der Bühne stand, hörte man immer wieder von ihr. Allerdings vorwiegend live, zuletzt gar im Vorprogramm von Tocotronic. Die vier Jahre Bühnenerfahrung nutzte Dillon, um ihren Stil bis ins letzte Detail auszudefinieren. Mit Erfolg: Das, was im vergangenen Winter im Clouds Hill Studio in Hamburg entstand, ist unglaublich eigenwillig und charmant für ein Debüt. Im Studio standen ihr Thies Mynther von Phantom/Ghost und ihr Kumpel Tamer Fahri Özgönenc von MIT zur Seite und halfen, die bezaubernde Rohheit ihrer Songs zu erhalten. Allein schon ihre Art zu singen ist besonders: Angst vor Exaltiertheit kennt Dillon keine – und seltsamerweise klingt der mädchenhaft-verschrobene Gesang bei ihr in keiner Sekunde aufgesetzt, sondern stets natürlich. Um den dominierenden Gesang webt sie filigrane Klaviermelodien, verspielte Geräusche und sanfte Perkussion zu Songs, die zwischen Melancholie und dezenter Heiterkeit pendeln. Am Ende, wenn sie uns mit Technobeats aus dem Album wirft, will man am liebsten sofort wieder von vorne anfangen. (kat) -Bewertung 1= grausig bis 6= genial Atlas Sound Brett Anderson Parallax Black Rainbows INDIEPOP Indigo 5// INDIEPOP Warner 3// 4// Wir alle sind Opfer und Nutznießer unserer Vergangenheit“, sagt Gavin Rossdale. Und meint damit wahrscheinlich: Wenn er mit seiner Erfolgsband Bush nach zehn langen Jahren wieder ins Studio geht, bekommt man nicht viel Neues geboten, findet das aber ganz in Ordnung so. Erstaunlicherweise ist es auch erst das fünfte Album der britischen Band, die aber von 1994 bis 2001 dermaßen viel bewegten, dass der Erfolg von Songs wie „The Chemicals between us“ oder „Letting the Cables sleep“ noch derart nachwirkt, dass „The Sea of Memories“ nicht als Anachronismus, sondern als legitimer Nachfolger erscheint – und musikalische Entgleisungen wie Rossdales Nebenband Institute vergessen lässt. Mit „All Night Doctors“ gönnt sich Rossdale zwar eine Ballade am Rand des Soundtrackkitschs, die ihm so früher wohl nicht über die Lippen gekommen wäre. Im Ganzen bleiben Bush ihrem zugleich markigen und melancholischen Rocksound aber treu. (kab) David Lynch ARTROCK Indigo 4// Wenige Tage nach ihrem Multimediaspektakel „Biophilia“ steht ein weiteres Werk von Björk in den Läden. Wobei „Mount Wittenberg Orca“ zusammen mit den New Yorker Indielieblingen Dirty Projectors entstanden ist. Bislang war die EP nur im Netz erhältlich, und alle Erlöse gingen an die National Geographic Society. Doch eine physische Veröffentlichung war überfällig. Zwar zählen die sieben, von Dirty-Projectors-Sänger David Longstreth geschriebenen Songs eher zu den sperrigen Veröffentlichungen der Isländerin und erinnern stark an die Mundakrobatik von „Medúlla“. Doch wer sich durch die 20 Minuten arbeitet, landet auch bei zwei eingängigeren Stücken – und entdeckt womöglich eine neue Lieblingsband. Denn bei „When the World comes to an End“ und „No Embrace“ gliedert sich Björk in den Chor ein, um Longstreth das Rampenlicht zu überlassen. (cs) Crazy Clown Time Als Sänger und Vordenker von Deerhunter veröffentlicht Bradford Cox regelmäßig Alben, die ganz oben in den Kritikercharts gelistet werden. Doch damit ist der 29jährige Songwriter aus Atlanta nicht ausgelastet. Mit Atlas Sound unterhält er noch ein Soloprojekt, um Songs veröffentlichen zu können, die für seine Hauptband zu intim und zu experimentell geraten. Auch auf der dritten CD geht es wieder um düsterste Befindlichkeiten, doch selbst bei Cox klangen Trauer und Einsamkeit nie zuvor so anziehend. Schon vor „Parallax“ war bekannt, dass er aus Dreampop, Shoegaze und Ambient eingängige Miniaturen bauen kann, um sie dann in einen gespenstischen Schwebezustand zu überführen. Doch erstmals verlässt er sich nicht nur auf Hall und Effekte. Cox singt in ganz unterschiedlichen Stimmlagen, und das wirkt umso eindringlicher, weil er uns auch textlich ungewohnt nah an sich ranlässt. „There is a story no one likes to tell, it is the story of a little boy who went to hell“, heißt es da programmatisch in „Doldrums“. Und wenn er im Titelsong „give me love, give me promises, never go away“ barmt, dann merken wir: All das können wir ihm bieten. (cs) kulturnews 11/11 Brett Anderson hat ein grundlegendes Problem: Seit dem dritten Album seiner Exband Suede veröffentlicht er regelmäßig Platten, auf denen drei, vier herausragende Songs zu finden sind, während der Rest uninspiriert dahinplätschert. Besonders krass charakterisiert dieses Gefälle seine Solowerke, auf denen er meist nur zu Klavier und Cello Pathosballaden singt. Beim vierten Alleingang ist nun vieles anders – doch die Kluft bleibt. Zeitlich fällt die Entstehung von „Black Rainbows“ mit Andersons Entschluss zusammen, Suede live zu reaktivieren. So sind unter den herausragenden Songs diesmal auch wieder rockigere, die er im Bandformat aufgenommen hat: die Shoegazer-Eröffnung „Unsung“ und die hübsch rasselnde Single „Brittle Heart“. Doch auch wenn es dann bis zum großgestigen Albumabschluss „Possession“ leider wieder recht langweilig wird, ist Anderson mit der Rückbesinnung auf dem richtigen Weg. Vielleicht stimmen ja die Gerüchte und er geht mit Suede demnächst wieder ins Studio. Und vielleicht gelingt es ihm sogar, an die ersten beiden Alben anzuschließen. (cs) TRIPHOP Emmy The Great Virtue INDIEPOP Rough Trade 4// Der Regisseur David Lynch hat viel gelernt von seinen Scorekomponisten. Unter eigenem Namen kreiert er filmisch wirkenden TripHop voller düsterer Schattierungen, der manchmal wirkt wie Blues aus den Stollen des „Twin Peaks“-Bergwerks und manchmal wie Moby nach einem Elektroschock. Die Dreidimensionalität des Sounds ist kinematografisch, die Gesangsstimmen immer surreal verzerrt – faszinierende Kopfmusik eines Mannes, bei dem im Kino und intellektuell oftmals ähnlich viel durcheinander geht wie auf diesem Debütalbum. Lynch könnte sein Werk so, wie es daliegt, als Inspirationsquelle und zugleich Score für einen Film benutzen, und der könnte davon handeln, wie Kafka durch die düsteren Gänge einer (vermeintlich!) stillgelegten Nervenheilanstalt irrt, während im BMG 4// Daheim in England war ihr Debüt „First Love“ für den NuFolk-Trend mitverantwortlich, doch bei uns ist Emma Lee Moss alias Emmy The Great noch nahezu unbekannt. Was sich nun ändern muss, denn die Songwriterin behält zwar ihren Sinn für melancholisch eingängige Melodien bei, setzt aber bei den Arrangements auf mehr Vielseitigkeit und wagt sich bis zum satten Bandsound vor. Bei „Sylvia“ spielen sich Elektrobeats und Synthies in den Vordergrund, während etwa „Paper Forest (In the Afterglow of Rapture)“ von einem Ensemble akustischer Instrumente getragen wird. Besonders hellhörig sollte man auch bei den Texten sein. Zwar geht es wieder mal um Liebesfrust, wenn sie Pop, Rock + Dance // von ihrem Verlobten berichtet, der sie wegen einer göttlichen Mission verlassen hat. Doch Lee Moss zapft Mythen, Märchen und Bibelgeschichten an, um ihrem Schmerz in originelle Bilder zu kleiden. (cs) Diverse The lost Notebooks of Hank Williams COUNTRY Sony Music 5// Als Hank Williams am 1. 1. 1953 mit 29 starb, hinterließ er nicht nur ein schmales und überzeitlich meisterliches Werk, sondern auch ein Notizbuch mit zwölf Songtexten. Man fand es neben seiner Leiche auf der Rückbank des Cadillac Convertible, der ihn zum Konzert nach Ohio bringen sollte. 50 Jahre lang blieb der Schatz unberührt – bis sich auf Betreiben der Plattenmanagerin Mary Martin der WilliamsVerehrer Bob Dylan seiner Vertonung annahm. Und wenn Dylan ruft, kommt natürlich die Crème: Norah Jones, Jack White, Levon Helm, Sheryl Crow, Merle Haggard – ein einziges Who’s who. Das brillante Dutzend Songs, in denen es meist um die Schattenseiten der Liebe geht, stimmt traurig, weil es bewusst macht, zu welch zahlreichen Großtaten der Mann noch fähig gewesen wäre. Alle Interpreten hängen sich rein: Jack White meckert wie eine Ziege, Dylan zeigt, dass seine Stimme noch immer mehr kann, als Songs zu zerschreddern, Norah Jones leiht ihre irgendwie saubere Laszivität einem HankSong über ein gebrochenes Herz, Lucinda Williams ist heiser, Vince Gill und Rodney Crowell hingegen verletzt und rachsüchtig („I hope you shed a Million Tears“). Großes Tributealbum – und eine Produktion, die glitzert wie ein wolkenlos bleicher Morgen über der Gran Ole Opry in Nashville. (mw) platten 73 Clarke, den Exgitarristen von Motörhead, tut schlicht das, was sie am besten kann: rocken. Zehn Songs in bestem Headbangtempo, mit jaulenden Gitarrensoli, satten Rhythmen und natürlich manch balladeskem Moment. Groovy kommt das rüber und leider auch ganz schön retro. Da hat auch die neuerliche Umbesetzung innerhalb der Band – Matt Eldridge am Schlagzeug und Toby Jepson am Mikrofon – nicht gefruchtet. Wenn man sich die Besetzungsliste von Fastway so anschaut, ist eh die Frage, wie lange Fast Eddie seine Kumpanen diesmal bei sich behält – rund 20 Mitglieder hat er seit der Gründung der Band 1983 verschlissen. Macht aber nix, live hat er seine Schäfchen immer bestens im Griff, wie man bei den Reunionkonzerten 2007 sehen und hören konnte. (es) Flashguns Passions of a different Kind INDIEROCK Rough Trade 4// Bei dieser Platte fällt es leicht, ihre Schwachstellen aufzuzählen, denn es sind nur zwei: Nur die ruhig einsetzenden Songs „The Beginning“ und „Heat & Fire“ verhindern nämlich die durchgehende Tanzlaune. Ansonsten hieven die drei Jungs ihr Debüt mit Ohrwurmhooks und abwechslungsreichen Beats in die erste Liga der Londoner Indierockszene. Gleich im Titelstück schwimmen sich die Twens mit rhythmischen Akustikriffs frei und liefern im Anschluss mit „No Point hanging around“ den verzerrten Konzerthit hinterher. Hilfe erhielten sie – wie schon bei ihrer Hit-EP – von Produzent Luke Smith, der unter anderem die Foals als Erfolgsband im Portfolio führt. Wenn die Flashguns dieses Setting beibehalten, werden wir in den Indiedissen dieser Welt noch viel von ihnen hören. (mh) Fastway Eat Dog eat French Films HARDROCK Imaginary Future INDIEROCK SPV CEREMONIALS AUCH ALS DELUXE EDITION UND VINYL ERHÄLTLICH 3// Der Titel macht kurz stutzig. Aber nein, die Crossoverhelden von Dog Eat Dog haben mit dem nagelneuen Fastway-Album nichts zu tun. Gerade Crossover sucht man hier vergebens. Die Band um Fast Eddie DAS NEUE ALBUM Cargo 4// Sie kommen aus Finnland und klingen, als hätte man Manchester nach Kalifornien versetzt. Sowohl die Beach Boys als kulturnews 11/11 www.FlorenceAndTheMachine.de 74 ERHÄLTLICH AUF DVD, BLU-RAY UND IN 3-DIMENSIONEN AB 21. OKTOBER platten // Pop, Rock + Dance auch Joy Division stecken in den Genen der fünf Milchbubis, denen man einen derart reifen Sound nicht zugetraut hätte. Doch ihr Debüt besticht mit gut gelauntem New Wave: Surfmelodien jagen der taktgebenden verhallten Snaredrum hinterher und treffen auf Texte voll Weltschmerz und Aufmüpfigkeit. „I went downstairs just to get well, but I didn’t have a soul left to sell“ heißt es in „Pretty in Decadence“, und „Escape in the Afternoon“ beklagt das Dahinschwinden der Jugend. Insgesamt provoziert „Imaginary Future“ Bilder einer nebelverhangenen Kleinstadt im Herbst, aber die Erinnerung an die Sonnenstrahlen und feuchten Küsse des Sommers schwingt in jeder Strophe mit. Auf Albumlänge wird das allerdings etwas eintönig und berührt nur stellenweise. Wenn es die Jungs jedoch schaffen, künftig mehr Emotion in ihre Songs zu legen, könnten sie Finnland zur Abwechslung mal für etwas Anderes als Metalbands bekannt machen. (kat) I Heart Sharks Summer LIVE MIT DEM NEW BLOOD ORCHESTER Gotan Project La Revencha en Cumbia ELEKTROTANGO Alive 4// 2001 hatte das Gotan Project mit „La Revancha del Tango” Riesenerfolg. Es servierte Tango in modern aufgemischter Clubform. Nach zehn Jahren folgt jetzt die Rache der Rache, bei der auch der verstorbene Astor Piazzolla mit seinem Tango „Vuelvo al sur“ vertreten ist. Abgesehen von diesem Bezug zur Tradition hört man aber das moderne Buenos Aires mit seinen Nightclubs, in denen wilde Elektronikklänge, verfremdete Kehlkopfakrobatik und rumpelnde Botox-glatte Bässe den Ton angeben. So wird diese Musik für Gettoblaster durch Tangodefinitionen bestimmt nicht mehr gedeckt – und der Tango hat nicht den Dancefloor erobert, sondern der Dancefloor den Tango vergewaltigt. (jn) INDIETRONIC Jim Kroft The Hermit & the Hedonist Inklusive der Songs Don’t Give Up, Blood of Eden, Biko, Solsbury Hill, Red Rain, Intruder, The Rhythm of the Heat, Mercy Street und viele mehr ... ERHÄLTLICH ALS DVD, 2D BLU-RAY, 3D BLU-RAY & DELUXE EDITION Die 3D Blu-ray beinhaltet neben der 3D-Blu-ray auch die 2D-Blu-ray Version und die DVD. Die Deluxe Edition ist ein 60-seitiger Bildband inklusive der DVD, 2D-Blu-ray, dem neuen StudioAlbum „NEW BLOOD“, sowie einer exkclusiven CD mit Live-Tracks aus der Show. AB 21.10.2011 ÜBERALL IM HANDEL erhältlich oder bei www.amazon.de/rockschuppen Alive SINGER/ SONGWRITER 4// I Heart Sharks haben ein Problem mit dem Timing: Das multinationale Indietronictrio mit Wohnsitz Berlin hat sich den Ruf erspielt, zu den besten Liveacts dieses Landes zu zählen. Aber warum veröffentlichen sie ihr Debüt erst fast vier Jahre nach der Bandgründung? Noch vor zwei Jahren wäre „Summer“ ein Pflichtalbum für jeden Hipster gewesen, doch nachdem sich die Aufregung um artverwandte Bands wie Foals oder Friendly Fires wieder gelegt hat, dürfte es die Band um den halbfranzösischen Sänger Pierre nun ungleich schwerer haben. Wer den musikalischen Grenzgang aber wirklich mag und nicht nur dem Trend gefolgt ist, wird auf überdurchschnittliche Songs wie „Neuzeit“ und „Lies“ natürlich trotzdem anspringen. Intelligenter als üblich sind auch die melancholischen Texte, und hört man da genauer hin, muss man einsehen, dass zumindest die Veröffentlichung im Herbst trotz des Albumtitels gut getimet ist: I Heart Sharks sehnen sich zurück nach guten, besseren Tagen. (cs) Cargo 4// Die große Geste scheut Jim Kroft nicht. Mit Streichern, Falsettgesang und nachdenklichen Texten übers Sein bewaffnet jagt er ihr sogar nach, als wolle er sie einfangen und im Zoo ausstellen. Dabei verpasst er seiner Beute gelegentlich aus Übereifer den Todesschuss, etwa im gesellschaftskritischen „Waiting for a Healing“, in dem er viel zu melodramatisch eine Uhr als Grundbeat mitticken lässt. Die meiste Zeit überzeugt der in Berlin lebende Schotte jedoch mit einer wunderbar eigenen Mischung aus Songwritertum à la Simon & Garfunkel und dem pompösen Britrock von The Verve; in Songs wie „Modern Monk“ beleiht er sogar den Pop der 80er. Mit seinem zweiten Album hat Jim Kroft seinen abwechslungsreichen Stil erfolgreich verfeinert. (mh) Die Cowboy Junkies aus Toronto setzen mit „Sing in my Meadow – The Nomad Series Volume 3“ (Rough Trade) auf düstere elektrische Liveexkursionen – allerdings im Studio eingespielt. Paul McCartney tummelt sich mal wieder fern der Popgefilde: „Ocean’s Kingdom“ (Universal) ist Orchester- und Ballettmusik, eingespielt vom London Classical Orchestra. nnn%g\k\i^XYi`\c%Zfd kulturnews 11/11 Pop, Rock + Dance // John Watts Fischer-Z RETROWAVE platten 75 ductions wirklich nicht mehr gibt und „Gegen den Strich“ auch kein Comebackalbum ist. Ihr vielleicht bestes Album ist dieses quasi Live-Best-of trotzdem. (kab) M83 H’Art 4// Hurry up, we’re dreaming SYNTHIEROCK John Watts konnte es wahrscheinlich einfach nicht mehr hören: Egal, wo er mit kleinem Gepäck auftaucht, um als beseelter Solist seinen Zettelkasten leerzusingen, wollen sie spätestens nach einer Stunde „Berlin“ oder „Red Skies over Paradise“ hören – die Fischer-Z-Klassiker eben. Die funktionieren ja durchaus auch als abgespeckte Sparversion, lassen dann aber jenen sterilen, straighten Wavesound vermissen, der in den frühen 80ern Watts’ tanzbare Weltanschauung ausmachte. Wer damals selbst am Wochenende unterm Stroboskoplicht seine Hemden durchschwitzte, wird die Neueinspielungen mögen, die Originalalben endgültig zu Archivware erklären und sich den Zeitgeist dazudenken. Wer dagegen den Songwriter John Watts gerade kennenlernt und zudem an der Ungnade der späten Geburt krankt, wird in Anbetracht des leicht angestaubten Sounds dem Lehrsatz „Ein guter Song altert nicht“ nur bedingt zustimmen. In diesem Fall lohnt sich vielleicht wirklich eher der Gang ins Solokonzert im kleinen Club, irgendwo in der deutschen Provinz. (ron) Kinderzimmer Productions Gegen den Strich Indigo 4// Größenwahnsinnig war Anthony Gonzales alias M83 schon immer, doch mit seinem sechsten Album treibt er es auf die Spitze: „Hurry up, we’re dreaming“ ist ein Doppelalbum mit 22 Songs und über 70 Minuten Spielzeit. Nach wie vor ist der Dreampop des Franzosen eine Pathosorgie. Und natürlich steckt auch wieder ein Konzept dahinter: Es geht um Erinnerungen an die Jugend, an alte Träume,die rückblikkend melancholisch mit der Gegenwart abgeglichen werden. Doch zum ersten Mal gelingt es Gonzales, zugunsten des Sounds keine Abstriche bei den Songs zu machen. Nicht nur die Single „Midnight City“ trotzt mit eingängigem Refrain und kleinen Atempausen der Überdosis 80erKitsch auf eindringliche Weise, auch reduzierte Stücke mit Akustikgitarre funktionieren. Und trotzdem begeht er einen folgenschweren Fehler, indem er gleich im „Intro“ mit Zola Jesus als Gastsängerin aufwartet. Beim Rest des Albums kann Gonzales mit seiner relativ dünnen Gesangsstimme dann natürlich nur verlieren. (cs) ORCHESTERPOP Make The Girl Dance Everything is gonna be OK in the End Indigo 5// Die beste Kinderzimmer-Coverband aller Zeiten. Und mit Sicherheit auch die teuerste“, nannte Textor das Aufgebot, das im August 2010 für den ORF zusammenkam. Es bestand nicht nur aus der Originalbesetzung des 2008 aufgelösten Ulmer HipHop-Duos, sondern zusätzlich aus dem Wiener Radio-Symphonieorchester. Das ist per se schon mal groß. Aber Kinderzimmer waren ja nie bloß HipHopper; Textor brachte als diplomierter Orchesterbassist auch immer reichlich Musikerbackground mit und ein. Und die Chance, ein ganzes Orchester durch Songs wie „Louis Vuittons Tattoo“ oder „Die Stadt die es nicht gibt“ zu jagen, ließ er sich dann doch nicht nehmen – auch wenn es Kinderzimmer Pro- ELEKTRONIKA Warner 3// Nach wilden Clubjahren und provokanten Guerillavideos fabrizierten die Franzosen Greg Kozo und Pierre Mathieu endlich ihr Debüt, eine gekonnt stillose Platte, die in keine Schublade passt, sondern in ganz viele. Das Album ist zerstückelt in soft, poppig und hart: Nach zuckersüßem Mädchenpop mit Wiegenliedsynthies gibt es verruchten Softpornoelektro, auf den wiederum Druckmusik für zugedröhnte Technoschlampen folgt. Aber auf drei Floors gleichzeitig tanzen? Lieber nicht, denn kulturnews 11/11 platten // Pop, Rock + Dance zwischen den einzelnen Songs klaffen unüberbrückbare Lücken, Ergebnis der Suche nach einem eigenen Stil. Make The Girl Dance erzeugen Hassliebe. Schlüpfrigsüßer Elektropop wie „Baby, Baby, Baby“ elektrisiert, doch überschreiten verstörende Synthies oder Kommerzpop immer wieder die Schmerzgrenze. Der Toilettenspruch „Everything is gonna be OK in the end … if it’s not OK it IS NOT the end“, der Inspiration für den Albumtitel war, darf aber durchaus wörtlich genommen werden: noch nicht OK, also noch nicht am Ende … (lp) – und trotzdem lässt man sich von den oft ruhigen Stücken so einlullen und wegtragen, dass man hinterher kaum mehr sagen kann als: schön. Aber was genau das Schöne ist, mit dem Ngeodeocello ihr neuntes Album „Weather“ füllt, ist schwer in Worte zu fassen. Sie ist eine Songwriterin und Spitzenbassistin, die bereits so viel ausprobiert hat, dass sie mittlerweile über den Dingen und Kategorien zu schweben scheint – und trotzdem nie die Bodenhaftung verliert. Erdverbunden, warm, energiegeladen, bedeutungsvoll: All das sind ihre Songs. Pop sind sie nicht. (kab) Meshell Ndegeocello Niels Frevert Weather Zettel auf dem Boden SOULPOP DEUTSCHPOP Indigo 4// Universal Eigentlich ist es ein Skandal, dass Meshell Ndegeocello zwar eine der ganz Großen ist, den meisten beim Nachdenken aber trotzdem kein Song im Ohr liegt und kein Bild vor Augen tritt. Zurückgenommen: Das mag ihr Äußeres noch ganz gut beschreiben. Ihre Musik eigentlich weniger The Dynamics 3. 2. 4. 2. 5. 2. 7. 2. 8. 2. 9. 2. 10. 2. 11. 2. 5// Gefühlsbesoffen atmet man nach dem Hören dieses Albums durch – und begleitet Niels Frevert gleich noch einmal, wenn er in „Schlangenlinien“ einen alten Mann im Park trifft, „kein Trinker, eher Witwer“. Man fragt sich, ob „Ich würde dir präsentiert // Wiesbaden Schlachthof // Heidelberg Karlstorbahnhof // Köln Stadtgarten // München Ampere // Stuttgart Röhre // Berlin Yaam // Hamburg Knust // Münster Gleis 22 Tickets und mehr über The Dynamics auf kulturnews.de helfen, eine Leiche zu verscharren, wenn’s nicht meine ist“ in Freverts Welt eine Liebeserklärung ist, hört ihm zu, wenn er von der Verzweiflung erzählt, wenn dich niemand rettet wie „einen Regenwaldquadratmeter oder ein WWF-Tier“, und schluckt eine Träne runter, beim Abschied für immer in „Blinken am Horizont“. Immer kinntief durch die Widrigkeiten des Lebens. Stimmlich variiert der schnörkellose Poet zwischen sanften und schnodderigen Tönen, so vielseitig die Arrangements der Stücke, so geradeaus sind seine Worte – Frevert gehört in die oberste Riege der Songwriter, das zeigt er hier erneut. Mit dem Vorgängeralbum „Du kannst mich an der Ecke rauslassen“ hat er Gefühle freigelegt, mit „Zettel auf dem Boden“ pflanzt er sie uns ein. Und wenn das letzte Lied zu Ende ist, möchte man noch eine Runde drehen. Bis man keine Lust mehr hat. Vielleicht ist man ewig unterwegs. (jes) Kele wartet nicht, bis er genug Material für sein zweites Soloalbum zusammen hat, sondern wirft sieben neue sphärische Elektrosongs als EP („The Hunter“, Rough Trade) auf den Markt. Zeugt von Vertrauen in seine anhaltende Kreativität. Noel Gallagher’s High Flying Birds Noel Gallagher’s High Flying Birds BRITPOP Indigo 4// Bevor es losgeht, hört man aus der Ferne Husten und leises Lachen; es signalisiert mangelnden Ernst, doch stattdessen setzt Noel Gallagher von Anfang an auf Epik. Er will den Verdacht zerstreuen, kein Bandtyp zu sein – obgleich die High Flying Birds nur eine fiktive Truppe sind; wechselnde Mitstreiter, die Noel sich nach Gusto und Songdienlichkeit zusammensucht. Das können auch mal Jubelchöre und Großorchester sein wie in „Everybody’s on the Run“ – oder Leute, die mit Sägen hantieren oder die Ränder von Weingläsern streicheln. Sein verspieltes, doch keineswegs experimentelles Album hat im Grunde alles: Melodien, Emphase, Herz, aber keine Härte – und nicht die Traute, den ursprünglich düsteren Albumtitel („The Death of you and me“) beizubehalten. Zu sehr wünscht sich Gallagher wohl, Bruder Liam und dessen Projekt Beady Eye auch kom- Foto: The Dynamics 76 Pop, Rock + Dance // merziell (und sogar vokal!) auszustechen. Doch keine Sorge, Noel: Du hast die besseren Songs. Und es fällt leicht, sich auf den Flügeln dieses majestätischen Pops davontragen zu lassen. Das hymnischste Album seit „The Age of the Understatement“ der Last Shadow Puppets von 2008. (mw) Nordic Nomadic sonderlich ausgeprägt ist) locker toppen. Stilsicher und immer im Dienst des Atmosphärischen wechselwirken bei Ross die E- und Akustikgitarren, und seine Flüsterstimme hängt so dünn wie dekorativ in den Klangräumen aus Moll. Ein irritierendfaszinierendes Werk zwischen Intimität und Weite, zwischen Melancholie und den schillernden Folgen dosierten Cannabiskonsums. (mw) Worldwide Skyline PSYCHOFOLK PeterLicht Das Ende der Beschwerde DEUTSCHPOP ADA Global 4// Universal 4// Er wollte den Kapitalismus abschaffen und ist damit gescheitert, doch seine Protestsongs hat PeterLicht trotzdem weiter gesungen. Bis jetzt. Auf seinem fünften Album enden die Beschwerden im Pop, denn so eingängig, so kantenlos klang der Kölner Künstler nie zuvor. Das mag für die besungenen Produktwelten in Songs wie „Begrabt mein iPhone an der Biegung des Flusses“ durchaus folge- 77 SONGWRITERFOLK logisch, dass das Titelstück ein Kinderlied ist und das Album eröffnet. Auch der apart gezupfte Folksong „One Day I will do“ beschreibt den hoffnungsvoll bangenden Zukunftsblick eines Mädchens, das seine Optionen reflektiert. Produzent Ethan Johns hat Ahns zwölf Songs mit großem Gespür für zerbrechliche Momente arrangiert; wenn sich Streicher dezent herbeischleichen, sind es ahnungsvolle; und die widersprüchlichen, unsicheren Zukunftsperspektiven, welche Ahn in ihren Songs behandelt, reflektiert er sinnig durchs Vervielfachen ihrer Gesangsstimme, die mit sich selbst im Duett singt oder gar im Chor. Johns Stilmittel sind an George Martin oder Brian Wilson geschult, ohne dass er je der Versuchung verfiele, die Intimität dieses Songzyklus durch zu viele Schichten zum Einsturz zu bringen. Ein Glücksfall für die 28-Jährige amerikanische Songwriterin, die sich anschickt, zur Suzanne Vega des neuen Jahrtausends zu werden – wenn sie weiter so wächst. (mw) 4// Qluster hießen früher mal Cluster und ganz früher richtig sein, und es passt auch zu seiner Erkenntnis, mit jeder noch so radikalen Änderung der Lebensweise doch nur wieder dem kapitalistischen System zuzuarbeiten. Trotzdem täuscht PeterLicht die Abkehr von Gesellschaftkritik nur an, denn nicht zuletzt das Eröffnungsstück „Sag mir, wo ich beginnen soll“ und das sperrige Zwischenspiel „Fluchtstück“ belegen, dass bei PeterLicht natürlich auch die Anbiederung doppelbödig gehört werden muss. Nach und nach offenbaren sich selbst in den verdammt nah am Schlager gebauten Mainstreampopsongs kleine Widerhaken. Und dann verzeiht man PeterLicht sogar, dass er für die aufgezeigten Widersprüche (natürlich) auch keine Lösung hat. (cs) Priscilla Ahn When you grow up Capitol Kuster. Heute besteht das Projekt aus Hans- Priscilla Ahn nennt „When you grow up“ ein Album über „Wachsen, Liebe und Vorstellungskraft“, und deshalb ist es nur Joachim Roedelius und Onnen Bock und liefert mit „Rufen“ (Indigo) elektronische DIY-Avantgarde für ganz Hartgesottene. © VICTOR DE MELLO Wie sich im eröffnenden Titelstück aus elektrischem Dröhnen ein Pschofolksong herausschält und allmählich wieder mit bedrohlich düsteren E-Gitarrenriffs kontaminiert wird: Das nimmt gleich für dieses Album ein. Hinter dem Pseudonym Nordic Nomadic steckt der Kanadier Chad Ross, der eigentlich Sänger der Psychedelicrocker Quest For Fire aus Toronto ist. Mit „Worldwide Skyline“, einer verwunschenen Mixtur aus Dopefolk und Indierock, dürfte er die hiesige Bekanntheit seiner Hauptband (die zugegenermaßen nicht platten A MASTERWORK IN 14 PIECES TORI AMOS NIGHT OF HUNTERS 14 ERGREIFENDE SONGS ZWISCHEN KLASSIK UND POP. ERSTMALIG AUF DEUTSCHE GRAMMOPHON. LIVE: 10.10. HAMBURG / 11.10. BERLIN / 26.10. FRANKFURT / 31.10. ESSEN WWW.TORIAMOS.DE 78 platten // Pop, Rock + Dance The Dø Both Ways open Jaws INDIEPOP auf eine Chance hoffen. Aber das ist letztlich ja nur der beste Beleg für die Tatsache, dass „Both Ways open Jaws“ zu den innovativsten Alben des Jahres zählt. (cs) The Walkabouts Indigo 5// Travels in the Dustland INDIEPOP Wer bei The Dø vor allem an ihren Indiehit „On my Shoulders“ denkt, dürfte vom zweiten Album des französischen Soundtüftlers Dan Levy und der finnischen Sängerin Olivia Merilathi enttäuscht sein. Doch diese Erwartung ist auch völlig unbegründet, denn schon das Debüt scherte sich trotz der Single nicht um kommerzielle Zugeständnisse und Genregrenzen. Und so experimentieren sie munter weiter: „Dust it off“ mit dem gedoppelten Gesang von Merilathi hätte auch auf dem letzten Portishead-Album eine gute Figur gemacht, während „The Wicked and the Blind“ eher als Soundtrack für einen unterkühlten Film aus den 70ern funktionierte. Beim Titelsong fahren sie japanische Kriegstrommeln auf, und mit „The Calender“ entwirft das Duo einen ganz und gar eigenwiligen Squaredance. Lediglich der morbide Ohrwurm „Gonna be sick!“ und das schmusige „Too insistent“ können wohl im Alternativradio Walkabouts in gleicher Besetzung ein songstarkes Album vor, das zwar von der Sahara inspiriert wurde, doch kein gleißendes Sonnenlicht einfing, sondern eher die Unheimlichkeit kühler Nächte – wozu auch Eckmans Manie beiträgt, seine eigene Stimme manchmal auf geradezu Lennon-hafte Weise verfremdet einzusetzen. Die Wüste lebt, gerade für eine Band aus der Regenstadt Seattle. (mw) Tok Tok Tok Indigo 4// Was heißt das denn? SOULPOP Sie kommen aus der Regenstadt Seattle und fuhren durch die Sahara – so etwas muss sich auswirken. Viele Songs, die die Walkabouts von ihrer Reise durchs Land des Staubes mitbrachten, atmen Weite und Ferne, sie beschäftigen sich mit den Elementen, mit Regen und Flüssen (ja, auch das), mit dünner Luft, dem Verschwinden des Horizonts und der Wildheit des Himmels. Chris Eckmans Gitarre schafft sich mit Echos und Twangs Raum zum Fliegen, Streicher, Bläser und Orgeln werden getrieben vom freien Wüstenwind, Carla Torgersons immer etwas versonnene Stimme darf sich fallenlassen. Sechs Jahre nach „Acetylene“ legen die gut gehalten hat. Dabei mag Selbstironie geholfen haben. Nicht umsonst heißt es im Begleittext: „Ein Song kann hilfreich und ermutigend sein, und sollte man dadurch auch nur einen Weg finden, über sich selbst lachen zu können.“ So geht es in der Mehrzahl der 16 Lieder – allesamt Eigenkompositionen – um diverse Alltagsprobleme und die Facetten der Liebe, von Träumerei bis Eifersucht. Es sind kleine Geschichten, vorgetragen mit Mädchenstimme, meist kunterbunt, aber allemal geschmackvoll arrangiert und mit schleppenden Beats versehen. Was Witz, Instrumenteneinsatz und Emotionalität betrifft, eins der besten Alben der beiden Künstler. (jan) We Were Promised Jetpacks Zyx 4// In the Pit of the Stomach INDIEPOP Ich kann nicht leben ohne meine Schokolade“, singt Tokunbo Akinro im Eröffnungssong, in dem sich „dick“ auf „Glück“ reimt. Wenn der Song autobiografisch inspiriert ist und die Dame im Tonstudio oder auf Tourneen seit Jahren – etwa seit 1998, dem Beginn ihrer Zusammenarbeit mit Morten Klein – der Schokoladensucht frönt, kommt man nicht umhin zu konstatieren, dass sie sich sehr Rough Trade 3// Vor zwei Jahren spielten sich die vier Schotten mit den davonpreschenden Gitarren ihres Debüts „These four Walls“ in viele Herzen – und mit entsprechendem Pop, Rock + Dance // Selbstbewusstsein machten sie sich an den Nachfolger. Statt acht Tagen waren sie diesmal drei volle Wochen im Studio; das Ergebnis ist disziplinierter als das Debüt – und vor allem lauter. Bestach der Vorgänger noch durch den Wechsel zwischen leisen und krachenden Passagen, geht es diesmal ohne Umwege nach vorne, nämlich direkt in die Magengrube, wie der Titel schon sagt. Dabei jagt Adam Thompsons Gesang nervös dem Diktat des Schlagzeugs und den druckvollen Gitarren hinterher. Das haut rein – aber emotionale Stellen wie in „It’s Thunder and it’s Lightning“ oder fantastische Hooklines wie in „Quiet little Voices“ fehlen hier leider. Da wünscht man sich, We Were Promised Jetpacks hätten den Raketenantrieb ab und an ausgeschaltet und sich auf Zwischentöne und emotionale Tiefen konzentriert. (kat) Wenn Kermit rockt Wie bitte – die „Muppet Show“ lief nur fünf Jahre lang im Fernsehen, und zwar von 1976 bis 1981 …? Eine erstaunlich kurze Zeit, wenn man bedenkt, wie populär Miss Piggy, Kermit & Co. bis heute sind. Ihr ungebrochener Ruhm mündet jetzt im „Green Album“, einem großartigen Sampler mit neu interpretierten Muppet-Songs. Das unverwüstliche „Mahna Mahna“ geben die Indiepopper The Fray aus Denver, der norwegische Songwriter Sondre Lerche mimt „Mr. Bassman“, und Andrew Bird verfolkt auf bezaubernde Weise „Bein’ green“, während The Airborne Toxic Event den „Wishing Song“ in knackigen Indierock verwandeln und Billy Martin & Brandon Saller das „Night Life“ in Metal. Insgesamt sind zwölf begeisterte Rock-, Pop-, Folk- und Indiekünstler an Bord beim „Green Album“ – ein tolles Ding, von dem kulturnews diesen Monat 5 Exemplare verlost. Teilnehmen können alle kulturnewsLeser, die der Gewinnhotline 013798989 80 (0,49 Euro/Anruf) bis zum 25. Oktober ihre Kontaktdaten nennen. Viel Glück! 79 Archiv + Repertoire Diverse Sonig Boxset Thing INDIEELECTRO // DVD Rough Trade Aktion // platten 4// Indielabels sind vom Aussterben bedroht. Deswegen haben sie in Zeiten wie diesen allen Grund, sich selbst zu feiern – besonders, wenn man wie Sonig auf 15 Geschäftsjahre zurückblicken kann. Zumal die Kölner mit dem Boxset zum Jubiläum auch noch ein für alle Mal einen hartnäckigen Irrtum aus der Welt räumen können. Noch immer wird die Plattenfirma gern auf Mouse On Mars reduziert, was natürlich daran liegt, dass sie von Frank Dommert und den beiden Mouse-On-MarsMusikern Andi Toma und Jan St. Werner gegründet wurde. Dommert gönnt sich dann auch gleich zwei CDs, um zu zeigen, wie breit das Label inzwischen aufgestellt ist. Der experimentelle Krachelektroniker Jason Forrest steht neben dem skurrilen Klangbauer Schlammpeitziger, und auf die Genderaktivistin Kevin Blechdom folgt Zukunftspop von Nathan Michael. Dazu gibt es eine DVD, die selbst für Auskenner interessant ist, denn unter den 31 Clips zwischen Trash und Kunst finden sich viele Raritäten. (cs) Elf And before Elf … There were Elves BLUESROCK Tonpool 4// Lust auf eine dicke Kelle Ursuppe? Das geht doch jetzt wieder, oder, nach eineinhalbjähriger Trauerarbeit? Der Rock’n’Roll lebt, auch wenn Ronnie James Dio tot ist, dieser Powershouter, ohne den Rainbow nicht Rainbow, Black Sabbath nicht Black Sabbath gewesen wären – und ohne den es die in die Luft gereckte Pommesgabel für Millionen von Hard’n’Heavy-Fans vielleicht nie gegeben hätte. Dios Lehr- und Wanderjahre in kleinen Clubs und muffigen Studios finden sich nun auf „And before Elf …“. 80 platten // Pop, Rock + Dance Unbhauene, hingerotzte Reliquien eines kompromisslosen Bühnenlebens aus einem einzigen Jahr (1971) hat Ronnies alter Produzent Wyn Davis auf diesem Album versammelt – hier ein bisschen nachgeregelt, da ein wenig rumgefiltert, aber nie zu invasiv, als dass der archivarische Wert der bis dato unveröffentlichten Nummern in Frage zu stellen wäre. (ron) Leonard Cohen The complete Studio Albums Collection SINGER/ SONGWRITER Sony Music 5// Für einen Künstler, der seit 44 Jahren Musik macht, sind elf Alben nicht viel. Doch entscheidend ist die Qualität, und die ist bestechend – zumal in den frühen Jahren zwischen „Songs of …“ (1967) und „New Skin for the old Ceremony“ (1974). Cohen konterkarierte anfangs den politischen Hedonismus der Hippies mit allen Facetten kreativer Melancholie, musikalisch, textlich und physiognomisch. In den 80ern enterte er sogar die Charts, „First we take Manhattan“ oder „Hallelujah“ gehören zu seinen meistgecoverten Songs. Erst die beiden späten Platten „The new Songs“ (2001) und „Dear Heather“ (2004) zeugen von nachlassender Schaffenskraft. Alle elf Werke finden sich nun sorgsam remastert in dieser so überreichen wie platzsparenden Box. Es sind 1:1-Replikas in der gleichen Coveroptik wie einst und konsequenterweise ohne Bonustracks. Das beiliegende Booklet enthält alle Songinfos, doch leider keine Texte. Bei einem Lyriker von Cohens Rang wäre das kein schlechter Service gewesen. Das einzige Manko einer Box, die sich hoffentlich häufig unterm Gabentisch finden lässt. (mw) Pink Floyd Discovery Box PROGROCK Capitol 6// Pink Floyd waren spätestens Mitte der 70er larger than life. Waters, Gilmour & Co. stellten Effekte, Pomp und Ausstattung gleichrangig neben das Kompositorische; beides schaukelte sich wechselseitig hoch, bis alles nur noch in Superlativen zu beschreiben war. Wenn je eine Band die größte der Welt war, dann war es Pink Floyd nach „The Dark Side of the Moon“ (1973) – und noch einmal nach „The Wall“ (1979). Beide Meilensteinalben sind Teil der gewaltigen Veröffentlichungsoffensive, die uns alle 14 Studioplatten remastert und in Replikaoptik als „Discovery Box“ anbietet, und beide gibt es (neben „Wish you were here“ ab 4. 11.) zudem in sogenannten „Immersion“-Versionen. Dabei handelt es sich um CD/DVDBlu-ray-Wundertüten mit klanglich optimierten Original- sowie diversen Alternativ-, 5.1- oder Liveversionen des jeweiligen Albums, ergänzt um Raritäten aus der Entstehungszeit. Insgesamt blähen die „Immersion“-Editionen sich so zu Boxen mit fünf, sechs oder gar sieben Scheiben plus Gimmicks auf, die überhaupt keine Wünsche mehr offen lassen – und wohl auch keine Geheimnisse mehr. Bis dahin aber (letzte Veröffentlichung: Februar 2012) stehen uns erstaunliche Klangreisen voller Überraschungen, Abenteuer und Neudeutungen bevor. Das Popprojekt des Jahres – ja, es ist schon Weihnachten. Die Remasters der „Discovery Box“ enthalten übrigens keine Boni, was einen Vorteil hat: Man kann sich in elfeinhalb Stunden unverfälscht chronologisch durch ein Gesamtwerk hören, das 27 Jahre für seine Entstehung brauchte. Aber wo ist die 1971er Raritätensammlung „Relics“? Auch Preziosen wie „Julia dream“ hätten wir gern remastert (neu)gehört. (mw) The Smiths legten Ende 2008 alle Singles gesammelt vor, jetzt folgt mit „Complete“ (Warner) das Albumwerk in einer Box. Acht CDs – und „niemals klangen die Smiths so gut.“ Schwärmt Johnny Marr, und der muss es wissen. Tim Buckley gehört zu den Künstlern, die mit weiteren Fünferboxen aus der „Original Album Series“ (Warner) gewürdigt werden. Tolle Sache – aber leider ohne das rare Album „Starsailor“. Weitere aktuelle Boxen gibt’s von Randy Newman, Passport und Chic. Roy Black war mal Rocker und mischte mit seinen Cannons Augsburg auf. Die wiederentdeckte „Last Rock’n’Roll Show“ (Cargo) von 1964 dokumentiert jedoch, dass er später beim Schlager doch besser aufgehoben war. kulturnews 11/11 platten Jazz + Classics // 81 Jazzplatte des Monats H Blue Note Highlights George Benson Guitar Man POPJAZZ 5// Universal GÖTZ ALSMANN IN PARIS Gentlemanlike, dynamisch, smart wie nie: George Benson war und ist nach wie vor so etwas wie ein sanft rückfettendes Aromatherapiebad für die Ohren. Wie ein Nachmittag auf dem Sofa mit heißem Kakao und einem alten Film. Wie das Knistern im Kamin und das Klimpern des Eiswürfels im Bourbonglas. Wie das Kribbeln im Körper nach Eukalyptusaufguss und Eisbad. Genug gekitscht? Okay – aber mal ganz ehrlich: Das alles brauchen wir doch ab und zu, und genau diese elegante Feelgoodnummer kann nun mal keiner besser als Bad Benson. Ein bisschen Beatles zum Ausspannen, „Tequila“ zum sanften Hüftzucken, „Paper Moon“ zum Mitsummen, „Danny Boy“ zum Wegdösen. Wer sich „Guitar Man“ anschafft, um über den dunklen Winter zu kommen, spart sich die Lichttherapie. Garantiert. (ron) -Bewertung Jetzt überall als Standard & Digipack Deluxe Edition und Download! www.facebook.com/goetzalsmannofficial www.bluenote.de 1= grausig bis 6= genial Götz Alsmann Jonas Burgwinkel In Paris Source direct JAZZPOP Mit Chanson-Klassikern u.a. von Charles Aznavour, Serge Gainsbourg, Gilbert Bécaud, Charles Trenet, Henri Salvador in deutscher Sprache! JEFF BRIDGES JEFF BRIDGES Hollywood-Legende Jeff Bridges gibt sein Debüt bei Blue Note Records. Featuring Rosanne Cash und Marc Ribot. Produziert vom 12-fachen Grammy-Gewinner T Bone Burnette. Auch als LP erhältlich. MODERN JAZZ www.jeffbridges.com Capitol 4// Götz Alsmann liebt Schlager, und die Fans des Münsteraner Moderators und Musikers lieben Schlager – wenn er sie singt, nämlich ostalgisch, jazzig und oft humorvoll. Anders als der französische Chanson wird der Schlager oft schräg angeguckt. Da ist es zur Abwechslung mal nett, dass Alsmann uns mit „In Paris“ gar nicht erst in die Erklärungsnot bringt, denn von Charles Trenets „La Mer“ bis zu Charles Aznavours „Tu te laisses aller“ interpretiert er hier durchweg Chansons, natürlich auf Deutsch, einige eigens von ihm selbst übersetzt – so wird aus Gainsbourgs „Cha-cha-cha du Loup“ „Der Wolf tanzt Cha Cha Cha“. Musikalisch muss es aber nicht immer so werktreu sein. Das Tempo und die Farbe bestimmt Alsmann mit seiner Kapelle selbst, beides ist meist heiter. Und einen echten deutschen Schlager schiebt der Künstler dem chansonseligen Publikum dann auch noch unter: „Im Café de la Paix in Paris“, einst gesungen von Gitta Lind. (kab) Queen Esther Marrow gründete einst das weltweit erfolgreiche Vokalensemble Harlem Gospel Indigo 4// Alles eine Frage des Standpunkts: Der dem freien Spiel zuneigende Drummer zickt – wenn er Sideman ist. Der dem freien Spiel zuneigende Drummer ist genial – als Bandleader. Dieses Dilemma haben schon große Schlagzeuger wie Paul Motian durchlebt, und auch der Kölner Jonas Burgwinkel ist einer, der sich dieser Kritik aussetzen muss. Sein Debüt „Source direct“ ist indes weder ein pures Schlagzeugeralbum mit Begleitmusik noch eine reine Ensembleproduktion mit Rhythmus. Vielmehr sind Burgwinkel, Pianist Pablo Held und Bassmann Robert Landfermann veranwortlich für die meisten Arrangements – alles Eigenkompositionen bis auf drei: eine Wayne-Shorter-Nummer, Billie Holidays „Don’t explain“ und Björks „Cocoon“. Das Gerüst ist stabil genug, um die beiden Saxofonisten Robert Argüelles und Niels Klein sowie Claus Stötter (Trompete) und Tobias Hoffmann (Gitarre) darin einzubinden und ihnen selbst viele Freiräume zu verschaffen. „Source direct“ erzählt Jazz, tut dies lyrisch und laut, hintergründig und fintenreich. Und gerade weil Jonas Burgwinkel sich bei all dem nicht allzu wichtig nimmt, rückt er wohltuend in den Vordergrund. (ron) STACEY KENT DREAMER IN CONCERT Dreamer In Concert Das ultimative „Best Of“ – und erste LiveAlbum der erfolgreichen Sängerin. 13 ihrer besten Songs, darunter 4 neue Tracks, ein Meisterwerk! www.staceykent.com PRISCILLA AHN WHEN YOU GROW UP Zwölf betörende Songs über die Liebe und das Leben im Spannungsfeld von Folk, Country und Pop. On Tour mit Milow: 22.10. 2011 - Beethovensaal Stuttgart / 23.10. 2011 - Jahrhunderthalle - Frankfurt / 25.10. 2011 - Stechert Arena - Bamberg / 27.10. 2011 - Mitsubishi Electric Hall - Düsseldorf / 29.10. 2011 - Cch 1 - Hamburg / 31.10. 2011 Columbiahalle - Berlin / 04.11. 2011 - Haus Auensee - Leipzig / 05.11. 2011 - Pier 2 - Bremen / 06.11. 2011 - Deutsches Haus – Flensburg www.priscillahn.com Singers. Auf „Legend“ (Edel) singt sie gemeinsam Immer auf dem Laufenden sein? Blue Note Newsletter Abo auf www.bluenote.de mit gospelaffinen Popstars wie Xavier Naidoo und Cassandra Steen. kulturnews 11/11 H 82 platten // Jazz + Classics Dieter Ilg Otello live at Schloss Ilmenau KLASSIKJAZZ Kraus & Co. den Pop mit den Klang- und Stilmitteln des Jazz – zu beiderseitigem Nutzen. Einer limitierten Auflage des Albums liegt übrigens eine Bonus-CD mit Michael-Jackson-Covers bei. (mw) sektion – vervollständigen das Gesamtbild: Salsa und Artverwandtes mit Tanzzwang. Die Einladung nach Havanna dürfte nur eine Frage der Zeit sein. (ron) Radio.String.Quartet.Vienna Edel 4// Lisbeth Quartett Radiodream Constant Travellers MODERN JAZZ Otello ist eine Inspiration, ein ständiger Entstehungs- und Entwicklungsprozess“, sagt der Jazzbassist Dieter Ilg und entdeckt sogar die harmonischen Wendungen Verdis im modernen Jazz wieder, als „Musterbeispiele des Brückenschlagens“. Doch ob die Brücke von der opulenten italienischen Oper zum sparsamen Jazztrio trägt, muss wohl jeder Hörer für sich selbst beurteilen. Auf alle Fälle sind Dieter Ilg, Rainer Böhm (Piano) und auch Patrice Heral (Schlagzeug) drei Bel-Canto-Instrumentalisten, die allesamt auf ihrem jeweiligen Instrument ausdrucksvoll zu „singen“ verstehen und atmosphärisch dichten modernen Jazz bieten. Bereits im März 2010 hatte Ilg eine „Otello“-Studioproduktion herausgebracht, die ihm den Preis Echo Jazz 2001 als bester nationaler Bassist einbrachte. Die vorliegende Neuaufnahme entstand live auf Schloss Elmau und enthält diverses neues Material. (jn) SAXJAZZ Indigo Drei der vier Mitglieder des Lisbeth Quartetts, bestehend aus Charlotte Greve (sax), Manuel Schmiedel (p), Marc Muellbauer (b) und Moritz Baumgärtner (dr), sind erst Anfang 20. Trotzdem hört man hier im Geist alter Jazzmeister wie Lee Konitz, Bill Evans, Charlie Haden und Paul Motian ganz erstaunlich junge Töne. Alle Kompositionen stammen von Charlotte Greve, die traditionsbewusste Jazzarrangements mit modernen Sounds und Rhythmen angereichert hat. Sie kann nicht nur fingerfertige Klanggewitter erzeugen, sondern nimmt sich auch immer wieder die Ruhe für sparsame, ausgesungene Soli. Alles in allem eine CD weitab des Mainstreams mit substanzieller und sehr ernsthafter Jazzmusik. (jn) Joo Kraus & Tales In Tones Trio Mi Solar Painting Pop Havanna Berlin MODERN JAZZ LATINJAZZ Edel 5// Rough Trade Das Gerappe zwischendurch täuscht nicht darüber hinweg, dass Joo Kraus und seine Leute (Ralf Schmidt am Klavier; Veit Hübner, Bass; Torsten Krill, Schlagzeug) auf ihrem Coveralbum „Painting Pop“ geradezu puris–tischen Quartettjazz spielen. Kraus sammelte einst viel Erfahrung mit elektronisch und hipnesskontaminierten Fusionen, kehrt aber nun zum Ursprung zurück. Sein Trompetenund Flügelhornspiel hat die wattige Intimität einer späten Barnacht – und das ist ein Ton, mit dem sich nicht nur die Epik eines Smashhits wie „Africa“ trefflich auf den melancholischen Kern herunterbrechen lässt, sondern auch 10ccs „I’m not in Love“, jene klassische Popballade über Selbstbetrug. „Smooth Operator“ hingegen wirkt aufgeräumt und quirlig, Kraus’ sanft ironischer Rezitierstil treibt Sades Oldie das Somnambule aus. So sezieren kulturnews 11/11 Edel 5// 4// Als seien Kudamm und Malecon direkte Parallelstraßen, bieten die aus Kuba, Deutschland und Frankreich stammenden Mitglieder der seit sieben Jahren in Berlin arbeitenden Band Mi Solar jenen homogenen, authentischen Sound, der in jeder Radiostation zwischen Miami und Varadero Dauergast wäre. Doch auch Wowereits Berlin ist mächtig stolz auf sein Karibikpflänzchen: Der Senat spendierte die Studiokosten für die Produktion dieses Albums. Stadtmarketing einmal anders, und das ist auch gut so. Sängerin Mayelis Guyat und ihr Vokalpartner Damian Blanco müssen nichts neu erfinden, sondern navigieren souverän und charmant durch das große Erbe des kubanischen Storytelling. Zwei weitere präzis eingesetzte Stützpfeiler – der disziplinierte Bläsersatz und die keinen Deut weniger präzise Rhythmus- 5// Wer meint, er wisse, wie Streicher klingen, darf sich von diesem Wiener Quartett vom Gegenteil überzeugen lassen. Bernie Mallinger (Violine), Igmar Jenner (Violine), Cynthia Liao (Viola) und Asja Valcic (Cello) gehen mit ihren Instrumenten weit über den klassischen Einsatz hinaus. Gezupft oder geschlagen fungieren diese auch mal als Schlagzeug oder Bass. Kein Wunder, dass das Quartett bisher durch Zusammenarbeiten mit Ulf Wakenius, Klaus Paier oder Rigmor Gustafsson begeisterte und dabei unzählige Genres auslotete. Diesmal sind sie auf eigene Rechnung unterwegs – und ließen sich von Sigmund Freud dazu inspirieren, die Klänge einer Traumnacht aufzugreifen. Sanft oder aufgepeitscht, ruhig, bedrohlich und mitunter melancholisch interpretieren sie Songs wie Radioheads „Nice Dream“, Liszts „Liebestraum“, Henri Mancinis „Moon River“ oder Billie Holidays „Strange Fruit“ neu. Die Eigenkompositionen, wie der spektakuläre „Song – Ode an den Freud“, müssen sich daneben nicht verstecken; perfekt fügen sie sich in die sonische Traumlandschaft ein. Für Fans neuer Musik ein Muss, für popgewöhnte Ohren ein perfekter Einstieg in klassischere Klangwelten. (kat) Ragna Schirmer Franz Liszt: Années de Pélérinage KLAVIERKONZERT Edel lant, ausdrucksmäßig überzeugend und als kompositorische Einheit – was durchaus keine Selbstverständlichkeit ist, denn der Klaviermeister drückte seine religiösen Gefühle auch gerne mittels Salonmusik aus. Ihr virtuoses Laufwerk und brillantes Tongeklingel kann aber leicht leer wirken. Ragna Schirmers Produzent hat zusätzlich das Vokalensemble amarcord engagiert, das Madrigale zweier Komponisten des 16. Jahrhunderts, Carlo Gesualdo und Luca Marenzio, eindrucksvoll in den romantischen Tastenzauber einschmuggelt. Liszt soll nämlich ein Liebhaber von Renaissancemusik gewesen sein. Das Dreieralbum bietet nicht nur eine interessante Musikmischung, sondern stellt insgesamt auch eine schön aufgemachte Geschenkpackung für alle denkbaren Gelegenheiten dar. (jn) The Brandt Brauer Frick Ensemble Mr. Machine CROSSOVER Alive 5// Voriges Jahr debütierten Brandt Brauer Frick mit „You make me real“: Die Gruppe improvisierte hauptsächlich zu dritt und flickte in fleißiger Kleinarbeit ihre Titel zusammen. Die neue CD reinterpretiert vier der alten Titel innerhalb eines ganz anderen Ambientes. Zehn Musiker (Violine, Cello, Harfe, Klavier, Posaune, Tuba, Pauke, Marimba, Vibraphon und Schlagzeug/Perkussion) spielen, abgesehen von Moog und Bassamp, unverstärkt. Vier neue Titel kommen hinzu. Das ergibt insgesamt ein breites Soundspektrum mit stellenweise krachenden Rhythmen, herben Harmonien und Klassikfetzen, die eine klare Einordnung nicht zulassen: Ist das minimale Klassik, Techno oder NuJazz? Wer vorurteilsfrei lauscht, wird irgendwo zwischen Laptop und Steinway viele interessante Soundscapes entdecken. (jn) 5// Die vorzügliche Pianistin Ragna Schirmer hat – dem Liszt-Jahr zu Ehren – die musikalische „Pilgerreise“ des Komponisten durch die Schweiz und Italien nachvollzogen. Ihre Reise wird durch ein Tagebuch im Booklet geschildert. Die anspruchsvollen, in drei „Jahre“ gegliederten Klavierstücke Liszts spielt Ragna Schirmer bril- Inge Brandenburg ist eine unbekannte Legende, die 1960 als beste europäische Jazzsängerin galt. Eine Filmdoku würdigt nun ihr Leben; das gleichnamige Album „Sing! Inge, sing!“ (Edel) enthält 22 ihrer besten Aufnahmen, von denen 21 noch nie auf CD erschienen sind. Nach den Hits „Just Hold Me“ und „All This Time“ erscheint jetzt das neue Album „Viktoria“ der charismatischen Norwegerin! Gefühlvoller Singer-Songwriter-Pop mit autobiografischen Texten! Ab 07.10. überall! Mehr Infos unter: www.mariamena.de! Maria Mena & DaWanda.com – wunderschön & selbstgemacht www.DaWanda.com Nick Hornbys neue Erzählungen – voll ins Schwarze 84 bücher // Neue Literatur Buch des Monats Thomas Melle Sickster ROMAN Rowohlt Berlin, 2011 5// 288 S.; 19,95 Euro Vielleicht bin ich nur auf der Suche nach einer Qualität in der Liebe (und also im Leben), die es nicht gibt. Aber wieso gibt es das, diese Leerstellen, in die ich falle?“ Zunächst schreibt sich Thomas Melle in seinem Debütroman „Sickster“ einfach nur an drei Thirtysomethings ran. Da ist Magnus Aue, der bis zum Abi in Bonn als Genie gehandelt wurde. Doch dann platzt in Berlin sein Traum vom Dasein als Drehbuchautor, er strandet als Schreiber für das Werbeblatt eines Mineralölkonzerns und flüchtet sich mehr und mehr in die Scheinwelten des Internets. Sein ehemaliger Schulkollege Thorsten hat es bei dem Ölkonzern bis zum Manager gebracht. In seiner Arschlochrolle kann er voll aufgehen, weil er alle Zweifel beiseite schiebt und gnadenlos mit Alkohol zuschüttet. Und schließlich ist da Thorstens Freundin Laura, die ihren Kampf gegen den eigenen Körper richtet, indem sie sich ritzt. Von Melles kraftvoller Prosa aufgeladen wird aus den hochsensiblen Psychogrammen ein gesellschaftskritisches und hochpolitisches Buch, das die Beschädigungen einer ganzen Generation verhandelt. Und so treffen sich die drei Helden am Ende des Roman in der Psychiatrie, um von dort aus einen Aufstand zu wagen: Zum ersten Mal begehren sie gegen das auf, was sie wirklich kaputt gemacht hat. (cs) -Bewertung Chuck Palahniuk Robert Bolaño Diva Das Dritte Reich ROMAN www.kiwi-verlag.de ROMAN Aus d. Engl. v. Werner Schmitz Aus d. Span. v. Christian Hansen Manhattan, 2011 Hanser, 2011 352 S. Deutsch von U. Blumenbach / C. Drechsler / H. Hellmann. Gebunden. 160 Seiten € (D) 16,99 / € (A) 17,50 / sFr 24,90 Wie fühlt man sich, wenn einem die Nachbarin eine Videokassette vor die Tür legt, die zeigt, dass der eigene Sohn Pornostar ist? Und wie, wenn man als Wachmann in einer Galerie auf das Bild »NippleJesus« aufpassen muss? Treffender und witziger als Nick Hornby erzählt keiner, wie unberechenbar das Leben sein kann. 1= grausig bis 6= genial 17,99 Euro 3// Katherine Kenton hat einen hohen Ehemannverschleiß. Ihres Zeichens alternde Schauspiellegende, deren Glanz allmählich zu verblassen droht, kann sie auf mittlerweile sieben Verflossene zurückblicken. Immerhin ist Ehemann Nummer acht schon in Aussicht. Doch Obacht: Jungspund Gigolo scheint es wie kein Ehemann zuvor auf Kentons Namen abgesehen zu haben. Und ist dafür offenbar auch bereit, zu töten, um sich mit dieser Story zu vermarkten. Das allerdings will Hazie Coogan, seit Jahrzehnten Kentons Hausmädchen, persönliche Assistentin und unendliche Verehrerin ihrer „Miss Kathie“, mit allen Mitteln verhindern. Chuck Palahniuks nunmehr elfter Roman „Diva“ ist gewohnt experimentell gehalten. Ein Namedropping der Sonderklasse soll von Anfang an klarmachen, wo wir uns befinden: Mitten im Schauspieldunst. Dazu passt, dass „Diva“ mehr einem Drehbuch als einem Roman gleicht. So ist dann auch die Handlung thrillerartig aufgebaut, und am Ende steht ein spektakulärer Plot, der dennoch nicht so richtig vom Hocker reißt. Und schließlich bleibt die Frage, was das Ganze eigentlich soll. Ist das jetzt ein Abgesang auf Hollywoodmanieren? Das ist dann nicht wirklich originell. Oder will der Roman im Abgleich zum Inhalt nur Entertainment sein? Dagegen sprechen die unfertigen Elemente. Denn „Diva“ wird nicht zum Breitbildroman, sondern bleibt einfach nur viel zu sehr Drehbuch. (ml) kulturnews 11/11 320 S. 21,90 Euro 3// Wir befinden uns im Jahr 1989. Udo Berger macht mit Freundin Ingeborg Urlaub an der Costa Brava. Tagsüber sitzt er im Hotelzimmer am Brettspiel „Das Dritte Reich“ und versucht, den Zweiten Weltkrieg für Nazideutschland nachträglich zu gewinnen, am Abend unternimmt er was mit Ingeborg. Bald schon gibt es typische Urlaubsbekanntschaften und -exzesse: Mit Hanna und Charly aus dem Nachbarhotel sowie den Einheimischen El Lobo und El Cordero ziehen sie jetzt jede Nacht durch Discotheken, in die sonst kein Tourist einen Fuß setzt. Dann lernt Udo am Strand jemanden kennen, der sein Leben verändern wird: „Der Verbrannte“ wird seine große Herausforderung … Roberto Bolaño, bekannt durch sein Meisterwerk „2066“, hat sein erst jetzt veröffentlichtes Frühwerk in einem Tagebuch-ähnlichen Stil geschrieben. Gelungen ist „Das Dritte Reich“ dort, wo Bolaño feine Nuancen typisch deutscher Urlaubercharaktere herausarbeitet: das Misstrauen der „All inclusive“-Urlauber gegenüber ihrem Gastland, ihr oft verächtlicher Blick auf El Lobo und El Cordero. Seine langen Strecken hat der Roman dort, wo Bolaño über Kriegsspiele schreibt. Oder anders gesagt: Dann ist „Das Dritte Reich“ nur noch was für Kriegsspielnerds der analogen Zeit. Und die liegt weit zurück. (jw) Neue Literatur // Tony Black bücher 85 gegen die Machtstrukturen, die auch 20 Jahre nach dem Mauerfall immer noch wirksam sind. Auf der Erzählebene gerät Strubel dagegen ins Straucheln, lange vor den Protagonisten haben wir kapiert, dass hier Max Frischs „Homo Faber“ unter veränderten Geschlechtervorzeichen neu erzählt wird, ohne die moralische Bigotterie Frischs, aber auch ohne Erkenntnis. Bis auf diejenige, dass der Begriff „Motherfucker“ seinen schlechten Klang nicht unbedingt verdient hat. (fis) Geopfert THRILLER Aus d. Engl. v. Jürgen Bürger Zsolnay, 2011 384 S. 19,90 Euro 3// Howard Jacobson Die Finkler-Frage Noch ein Alkoholiker! Aber wäre ein Schnüffler aus Schottland ohne Whiskyfahne überhaupt glaubwürdig? Seit Ian Rankin seinen Detective John Rebus mit Alkoholproblemen in Edinburghs Unterwelt geschickt und mit der Krimireihe Standards gesetzt hat wohl nicht mehr. Nun schwankt also auch Tony Blacks versoffener Gus Dury auf Mördersuche durch die Straßen der schottischen Hauptstadt. Der Exjournalist mit Eheproblemen sucht für einen Kumpel die Killer seines Sohnes. Zwangsläufig stolpert Dury dabei natürlich durch Pubs, schmierige Absteigen und über allerlei üble Gestalten. Gepuscht durch Whisky, ausgebremst durch Filmrisse, bleibt er – immer schön einen Schritt vor und zwei zurück – zitterig aber zielstrebig auf der Spur. Das diese ihn zu Unterweltganoven, Mädchenhandel und korrupten Politikern führt, ist da fast schon unausweichlich. Und als harter Hund verliert er zwar eine Reihe Zähne, nie aber die Täter aus dem verschleierten Blick. Tony Black möchte alles richtig machen, lässt dabei aber kaum ein Klischee aus und bemüht immer wieder Zitate aus Filmen und Musiktiteln, um Szenen und Personen zu beschreiben. Das nervt genauso wie die wiederholte Nennung der bevorzugten Schnaps- und Zigarettenmarken, die den Verdacht der Schleichwerbung aufkommen lassen. Als Spirituose wäre der erste Band der Gus-Dury-Reihe eher ein Verschnitt als ein Single-Malt-Whisky. Aber der schmeckt ja manchen auch. (nh) Antje Rávic Strubel Sturz der Tage in die Nacht ROMAN 19,95 Euro Aus d. Engl. v. Bernhard Robben DVA, 2011 448 S. 22,99 Euro 4// Nein, über die Dramaturgie kriegt einen der letztjährige Bookerpreisgewinner wahrlich nicht. Selbst der Überfall, in den der Held Julian Treslove gerät, ist in seiner Betrachtung dermaßen gedehnt und durchanalysiert, dass eventuelle Spannung im Keim erstickt wird. Dennoch, er ist ein Wendepunkt in Julians Leben. Das war bisher, gelinde gesagt, eher wertlos. Und nach besagtem Überfall weiß Julian endlich, woran das liegt. Dass ihn sein Angreifer als Juden beschimpft, gibt ihm ungeahnten Auftrieb – endlich fühlt er sich irgendwo dazugehörig. Nun kann er mitreden, wenn seine beiden engsten jüdischen Freunde das moderne Judensein in all seinen Einzelteilen beleuchten. Und da hätten wir gleichwohl den größten aber auch anfälligsten Punkt in Howard Jacobsons Roman „Die Finkler-Frage“. Die trockene Ironie, mit der hier jüdisches Leben auseinander genommen wird, verstaubt teilweise in langwierigen, drögen, wenngleich sprachlich meisterhaften Dialogpassagen. Stark wird der Roman jedoch, wenn man ihn über die jüdische Selbstreflektion hinausgehend betrachtet. Wenn man die fehlgeleitete Besessenheit des Helden nicht ausschließlich als Witz ansieht, sondern als etwas Gegenwärtiges. Als etwas, das bei viel zu vielen vorherrscht. Und dann ist die Erkenntnis, wie bescheuert Menschen à la Julian Treslove eigentlich sind, auch gleich doppelt so komisch. (ml) ,#'* 27*-0 Andrea Hanna Hünniger Fischer, 2011 420 S. ROMAN 4// Das Paradies: Meine Jugend nach der Mauer AUTOBIOGRAFIE Eine schwedische Ostseeinsel. Eine einsame Vogelschutzstation. Eine Wissenschaftlerin, ein Abiturient, eine Liebesgeschichte. Und immer wieder Rückblicke, nach Greifswald, in die DDR, zu Stasi und Karrieristen und unmöglicher Liebe. Längst hat Antje Rávic Strubel ihr Thema gefunden: das Politische, das sich im Privaten versteckt, die Verheerungen, die die Diktatur in den Seelen anrichtet. Mit „Sturz der Tage in die Nacht“ hat sie diese Motivbearbeitung zur Meisterschaft getrieben, alles hier ist ein Stürzen, das kein bloßes Hinnehmen ist, sondern ein wütendes Auflehnen gegen die Schwerkraft. Beziehungsweise: ,- 1#*$ !-,20-* Tropen, 2011 220 S. 17,95 Euro 5// Das Grüngelände gleich hinter Weimars größter Plattenbausiedlung war für Andrea Hanna Hünniger wie für alle kulturnews 11/11 Top CD-Neuheiten bei VITTORIO GRIGOLO Arrivederci Er hat alles: eine fabelhafte Technik, eine Traumstimme und Charisma – Grigolo ist der neue Star-Tenor der Oper. Seine neue CD mit italienischen Arien und Evergreens ist ein Ohrenschmaus. 86 bücher // Neue Literatur anderen Kinder ein Spiel-Eldorado. Zwischen diesem Ort des Rückzugs, den sie Paradies nennen, und den vielen Baulöchern auf den Straßen der Siedlung spielt sich ihr Leben in der Nachwendezeit ab. Während Vater chronisch krank und depressiv wird und Mutter minderwertige Jobs annimmt, um die Familie über Wasser zu halten, streunt Andrea durch die sich verändernden Landschaften und staunt: schon beim Verlassen der Wohnung über den besoffen im Treppenhaus liegenden Herrn Meyer. Über die Zustände beim Arbeitsamt, wohin sie ihre Mutter begleitet. Über die riesigen Dimensionen des neuen Supermarktes gleich um die Ecke. Andrea Hanna Hünniger entwirft in kurzen Skizzen ein larmoyanzfreies Nachwendeszenario nicht zuletzt deswegen, weil sie ihr junges Alter Ego mit einem Mix aus durchdringender Neugier und Unschuld durch die Straßen ziehen lässt wie Mark Twain seinen Tom Sawyer. (jw) Massimo Carlotto Banditenliebe THRILLER Aus d. Ital. v. Hinrich Schmidt-Henkel Tropen, 2011 190 S. 17,95 Euro POETICA Die sinnlichste Verschmelzung von Poesie und Musik: Große Stars wie Hannes Jaenicke, Martina Gedeck, Ina Müller, Ulrich Tukur oder Katharina Thalbach lesen die schönsten deutschen Gedichte verbunden mit beliebter und entspannender klassischer Musik. NILS PETTER MOLVAER Baboon Moon Der norwegische Trompeter und seine neue Band verbinden auf ihrer neuen CD Elemente des Jazz, Drum’n’Bass und Pop zu einem faszinierenden Klang. Ein Muss für alle Miles Davis Fans. Alle CDs jetzt bestellen unter www.amazon.de 4// Drei coole Hunde sind das: Marco „der Alligator“ Buratti, Beniamino Rossi und Max la Memoria schieben eine ruhige Kugel in Norditalien. Hier haben sie ein kleines Szenelokal und nehmen ab und zu Gefälligkeitsjobs als Ermittler, Schmuggler oder auch Killer an. Und wie es in Italien nun mal passieren kann, verschwinden 44 Kilo Heroin aus der Rechtsmedizin. Polizei als auch Mafia sind anscheinend nicht an der Aufklärung interessiert. Auch Marco und seine Kumpel nicht, denn mit Drogenzeugs wollen sie nun wirklich nichts zu tun haben. Und damit der penetrante Auftraggeber, der sie zu Ermittlungen in dieser Sache drängen will, nicht weiter nervt, wird er eben kurzerhand für immer aus dem Weg geräumt. Ein Fehler, wie sich bald herausstellt, da Beniaminos Freundin im Gegenzug entführt und zum Gangbang gezwungen wird. Es folgt eine Befreiungsaktion, die Marco und seine Freunde immer tiefer in das Netz der kosovarischen Mafia treibt. Massimo Carlotto schickt seine sympathischen Hasardeure durch ein Klischee-Italien voller korrupter Staatsdiener und osteuropäischer Mafiaganoven. Dabei beschreibt er aber so kulturnews 11/11 glaubwürdig kriminelle Strukturen, dass trotz humorvoller Unterhaltung beim Leser die Angst bleibt, die Wirklichkeit könnte auch nur halb so sein, wie Carlotto sie zeigt. (nh) Nuran David Calis Der Mond ist unsere Sonne ROMAN Fischer, 2011 192 S. 17,95 Euro 4// Migrantenkind schlägt sich mit Charme, Härte und Intelligenz durch den kleinkriminellen Alltag der Provinzstadt, verliebt sich, rutscht langsam von der kleinen in die echte Kriminalität, und kurz bevor alles den Bach runter geht, kriegt er gerade noch die Kurve … „Der Mond ist unsere Sonne“, das Romandebüt des Theaterregisseurs Nuran David Calis, klingt nach Getto-Romantik, und dass der Verlag in der Inhaltsangabe vor allem auf die Authentizitätsdrüse drückt, tut dem Buch auch nicht gut. Aber Calis weiß, wie man Szenen ohne Sentiment baut, er ist nicht authentisch, sondern echt, er beschreibt nicht das Klischee einer Liebe, die nicht sein darf, sondern die Realität einer Liebe, die ganz schlicht keine Zukunft hat. Und auch wenn ihm formal nicht alles gelingt bei diesem schon mehrfach beschriebenen Sujet, so kann man „Der Mond ist unsere Sonne“ doch als grundsympathisches Debüt gelten lassen. Als Debüt voller Charme, Härte und Intelligenz. (fis) Daniela Krien Irgendwann werden wir uns alles erzählen ROMAN Graf, 2011 240 S. 18 Euro 4// Ein Bauernhaus, in dem es selbst tagsüber dunkel ist: Die 17-jährige Maria liegt im Bett und liest Dostojewskij. Ein Hämmern ertönt aus der Küche, Maria soll Suppe kochen, sich nützlich machen, bis ihr Freund Johannes aus der Schule zurückkommt. Daniela Krien beginnt Neue Literatur // ihren Debütroman mit dieser tristen Szene, ohne sie zeitlich einzuordnen. Erst langsam enthüllt sie: Wir befinden uns im Jahr 1990, im Osten, im Moment der Grenzöffnung. Und plötzlich sind da Möglichkeiten, der Tristesse zu entkommen. Marias Freund Johannes schmiedet eifrig Pläne, will mit der Kamera durch die Welt reisen und dann studieren – und zwar mit Maria zusammen. Doch die weiß nichts anzufangen mit dem neuen Leben in Freiheit und flüchtet sich in die Arme des viel älteren Henner. „Siebzehn werde ich, und mit jedem Jahr wächst das Gefühl, etwas bedeutsamer zu werden in der Welt. Aber nun, wo sie sich so erweitert hat, lässt auch die Wichtigkeit wieder nach“, lässt Krien die Protagonistin ihr inneres Dilemma auf den Punkt bringen. Und das ist es schließlich auch, was diesen Roman so lesenswert macht: Die Verlagerung der Wende aus dem globalen Kontext hinein ins Intime. Hinein in ein Bauernhaus, in dem es auch tagsüber dunkel ist. (mh) Paul Harding Tinkers ROMAN Aus d. Engl. v. Silvia Morawetz Luchterhand, 2011 192 S. 19,99 Euro 4// Manchmal, nein, eigentlich ständig, verirrt man sich in Paul Hardings feinste Feinheiten beschreibenden Schachtelsätze. Das kann man zu anstrengend finden, macht man sich aber die Mühe, ein zweites Mal mit voller Konzentration zu lesen, kommt man in den Genuss beachtlicher, ruhiger Erzählkunst. Diese arbeitet in „Tinkers“ nicht nur zeitlos wirkende Psychogramme ihrer Hauptfiguren heraus. Sie bietet auch ein poetisches, beklagenswertes Bild einer Familie, in der immer wieder Einzelne scheiterten. Angelpunkt ist der im Sterbebett liegende George, dem die prägendsten Ereignisse seines Lebens wie in einem Mixer püriert durch den Kopf wabern. Heraus kommt ein Bild seines Alters, in dem George seine Liebe zu Uhren entdeckt und sich daraus neue geistige Horizonte erschließt. Und ein Bild seiner Jugend, in der sein an Epilepsie erkrankter, als fahrender Händler tätiger Vater die Familie im Stich ließ. Gerade hier lassen sich die eindringlichsten Passagen von „Tinkers“ finden. Wenn Harding seine Charaktere auf Fluchten und Reisen schickt, ist man dabei. Indem bücher man ergriffen ist von der schwermütigen Poesie. Oder indem man selbst eine Gedankenflucht unternimmt. (ml) // abocoupon 12 x kulturnews + Geschenk nach Wahl O Dick Brave & the Backbeats Max Goldt O Johannes Strate Rock'n'Roll Therapy Die Zeichen stehen auf Sturm Gattin aus Holzabfällen BILDBAND Hörbuch Hamburg, 2011 2 DVDs 22,99 Euro 3// Man gebe dem Mann zumindest eine Chance!“, heißt es im Klappentext des Buchs „Gattin aus Holzabfällen“, in dem Max Goldt erstmals seine besten Bildlegenden zusammenführte. Nie gab es ein Coffee Table Book mit schlechteren Fotos und Bildern, nie eines mit abgedrehteren Texten. Jetzt hat Max Goldt aus diesem Buch seine erste Lese-DVD gemacht: Die Fallhöhe – hier kunstvolle Aufmachung und Verarbeitung des Buches, da Flugbordkarten, seltsame Installationen und Fotos aus den 70ern sowie die noch abgedrehteren Goldt’schen Interpretationen – lässt sich nicht auf DVD übertragen. Genauer gesagt: nicht auf den Fernseher, dessen Querformat jedes Bild, das nicht von Haus aus Querformat hat, nicht nur klein kriegt, sondern regelrecht zerstört. Vorschlag: Man schaue nicht auf den Fernseher, sondern ins Buch, während Goldt auf der DVD liest. (jw) Ela Angerer (Hg.) O Jennifer Rostock O Maria Mena Mit Haut und Haar Viktoria Bitte Geschenk ankreuzen Ich möchte kulturnews für ein Jahr zum Preis von 21 Euro abonnieren. Das gewünschte citymag und mein Geschenk habe ich angekreuzt. Sollten Sie bis sechs Wochen vor Ablauf des Abos nichts von mir hören, möchte ich kulturnews ein weiteres Jahr. O Berlin O Hamburg O München O Köln O Ruhrgebiet O Düsseldorf O Stuttgart O Frankfurt O Frau O Herr Porno TEXTE Name, Vorname Czernin, 2011 Straße, Hausnummer 120 S. 9,90 Euro 4// Ficken. Poppen. Vögeln. Rattern. Bumsen. Ranzen. Pimpern. Schnakseln. Nageln. Rammeln. Zwölf disparate Texte über Sex, übers Begehren und über Lust, derb und wüst und klug und, ja, lustig, sehr wienerisch das alles, eine Suada von Joachim Lottmann, eine Collage von Melanie Kretschmann, ein hübscher SMDialog von Thomas Glavinic. Die Frauen schreiben reflektierter, auch abgründiger, bei den Männern geht’s eher mechanisch darum, etwas irgendwo reinzustecken – nicht gerade eine nobelpreiswürdige Erkenntnis, die Ela Angerers Textsammlung „Porno“ da transportiert. Was nichts daran ändert, dass dieses schmale, von Lukas Pusch bös illustrierte Bändchen sich gut weglesen lässt, mit Lust. (fis) kulturnews 11/11 87 PLZ, Ort E-Mail Telefon Datum, Unterschrift O Scheck liegt bei O Überweisung nach Rechnungserhalt kulturnews im Abo: 12 Ausgaben für 21 Euro, Lieferung frei Haus nach Bezahlung. Abobestellung an: bunkverlag, kulturnews-Aboservice, Friedensallee 7– 9, 22765 Hamburg fon 040-399 29 50, fax 040-38 08 97 73, E-Mail info@bunkverlag.de Widerrufsrecht: Mir ist bekannt, dass ich diese Aboanforderung innerhalb von 10 Tagen beim kulturnews-Aboservice schriftlich widerrufen kann. Für die Fristwahrung genügt das Absendedatum. Besuchen Sie uns auch im Netz: kulturnews.de 88 kino // Foto: Pandora Film Ein Thriller von „Halt auf freier Strecke“ CANNES FILMFESTIVAL 2011 WETTBEWERB ANTONIO BANDERAS in Erloschenes Leben Filme feiern immer eher das Leben als den Tod. Andreas Dresen neues Drama stellt den Tod in den Mittelpunkt – und greift auch dem Zuschauer damit direkt ans Herz. AB 20.OKTOBER IM KINO www. ALMODOVAR.de Der Roman zum Film Taschenbuch | ¤ 7,99 [D] ISBN 978-3-453-50391-5 Der Wartebereich in einem Krankenhaus. Das Ehepaar Frank und Simone (Milan Peschel, Steffi Kühnert), Mitte 40, wird aufgerufen. Der Neurochirurg teilt ihnen mit sanfter, sachlicher Stimme mit, dass der Mann an einem inoperablen Gehirntumor leidet, erklärt am Bildschirm Lage und Größe des Geschwulstes, beantwortet die hilflosen Nachfragen, füllt das entsetzte Schweigen mit „Hmhs“ und „Ahas“, geht zwischendurch ans Telefon. Seine Prognose: ein paar Monate noch … Der Arzt ist echt, und der Anruf auch, Zufall in einer auf maximalen Realismus setzenden Inszenierung. Denn der Rest ist der Beginn des ergreifendsten deutschen Films des Jahres. Geprägt vom Hirntumortod des eigenen Vaters vor zehn Jahren hat Andreas Dresen ein Sterbedrama gedreht, das minutiös die Zeit bis zum Tod seiner Hauptfigur abbildet. Mit Handkamera filmt Dresen seine Schauspieler, die Verzweiflung und Wut und auch Trotz und Kraft so glaubhaft abbilden, dass man davonlaufen möchte. Frank und seine Frau Simone sind gerade kulturnews 11/11 erst mit der pubertierenden Tochter Lilli und dem achtjährigen Sohn Mika in ein Reihenhaus am Berliner Stadtrand gezogen. Dort steht Frank nun im Schlaf– zimmer und schaut mit leeren Augen auf die erst nasse und herbstliche, dann winterlich-öde Landschaft, Spiegelbild seines eigenen Vergehens. Er sieht im Fernsehen seinen Tumor als Gast bei Harald Schmidt, beginnt ein Videotagebuch auf seinem iPhone. „Ich habe einen Gehirntumor. Das ist nicht lustig“, sagt er in das Gerät, und eine Sprach-App wiederholt seine Worte mit verzerrter Cartoonstimme. Der Tod, so scheint es, kann doch nicht wahr sein, wenn er nur ein Spaß ist. Dresen hat Peschel, Kühnert und den anderen viel Raum zum Improvisieren gelassen, und so entwickelt es eine ungeheure Wucht, wenn Franks Vater seinen Sohn weinend an sich drückt oder ein früherer Postkollege Frank zum Baumarkt mitnimmt und eigentlich nur fliehen möchte vor dem immer verwirrteren Todgeweihten. Dresen filmt da weiter, wo andere wegblenden und ist dabei doch nie voyeuristisch, sondern stets voller Mitgefühl. Franks Kinder erfassen die Situation in ihrer Dramatik nicht. Ein lang geplantes Wochenende im Urlaubsland „Tropical Island“ muss wegen Franks Zustand mitten in der Nacht abgebrochen werden. Lilli macht ihrem Vater Vorwürfe, der verteidigt sich: „Ich kann doch auch nichts dafür!“ Es folgen: tumorbedingte Aggressionen, Augenblick inniger Zärtlichkeit, Frank erst an Krücken, dann im Rollstuhl, im Krankenbett. Mit rasiertem Kopf in fötaler Stellung sieht er aus wie ein Säugling – das Leben kehrt an seinen Ausgangspunkt zurück, bevor es erlischt. „Halt auf freier Strecke“ erzählt vom Tod und dass es danach weitergeht, weitergehen muss, so banal das auch ist. „Ich muss zum Training“, sagt Lilli, als ihr Vater entschlafen ist. Dann ist der Film vorbei. Volker Sievert Halt auf freier Strecke startet am 17. November. // Film des Monats I’m not a f**king Princess Bullhead DRAMA F 2011, 105 Min. R: Eva Ionesco D: Isabelle Huppert, Anamaria Vartolomei, Georgetta Leahu ab 27. 10. (X Verleih) MILIEUDRAMA BE 2011, 129 Min. R: Michael R. Roskam D: Matthias Schoenaerts, Jeroen Perceval, Jeanne Dandoy ab 24. 11. (Rapid Eye Movies) 5// Ein flämischer Rinderzüchter verabreicht seinen Tieren (und sich selbst) illegal Hormone. Zwei Autoschieber sollen einen Wagen verschwinden lassen, der bei einem Mord eingesetzt wurde. Und ein kleiner Polizeispitzel wird von seiner Vergangenheit eingeholt. Auf den ersten Blick ist „Bullhead“ nur ein harter Thriller, aber der belgische Regisseur Michael R. Roskam will mehr: Er will das Sittenbild eines zerrissenen Landes zeichnen, eine tragische Familiengeschichte, selbst Ausflüge zum Body Horror leistet er sich. Dass er all das mit stilsicherer Hand schafft, überdeckt auch kleine Schwächen im Detail. So funktioniert der komödiantische Strang mit den von Mafiageschäften überforderten Mechanikern nur mäßig. Immer aber schafft Roskam Bilder von atemberaubender Tristesse, einen düsteren Herbsthimmel, der sich über eine zerstörte Landschaft wölbt, in die sich zerstörte Dörfer ducken, bevölkert von zerstörten Menschen. (fis) -Bewertung Start 27. 10. Die Abenteuer von Tim & Struppi: Das Geheimnis der ,Einhorn’ ANIMATION USA 2011, 110 Min. R: Steven Spielberg D: Jamie Bell, Andy Serkis, Daniel Craig ab 27. 10. (Sony Pictures) 5// „Tim & Struppi“-Zeichner Hergé soll mal gesagt haben: Steven Spielberg sei der Einzige, der seine Comics adäquat verfil- 1= grausig bis 6= genial men könne. Fast 30 Jahre später, nachdem Spielberg gemeinsam mit Peter Jackson im Motion-Capture-Verfahren die ideale Übertragung der Comicfiguren fürs Kino gefunden hat, muss man sagen: Hergé hatte Recht. Gestützt von einem intelligenten, gagreichen Drehbuch, öffnet sich die Leinwand vor einem wie ein Comicbuch. Tim (Bell), sein Hund Struppi, der saufende Kapitän Haddock (Serkis), ein actionreiches Rennen auf der Suche nach drei Pergamentrollen und einem Schatz, gejagt von einem Schurken (Craig) und den Geistern der Vergangenheit – es ist ein Fest. Die Technik der nachanimierten 3D-Inszenierung erlaubt es Spielberg, dem Realfilm als solches seine letzten Fesseln abzunehmen. Die Kamera ist überall, fliegt, kriecht, rennt, genau wie Tim und Haddock, die durch eine Welt hetzen, deren Farben und Brillanz einem den Atem rauben. Zuletzt so viel Abenteuerspaß gemacht hat Tims Bruder im Geiste Ende der 80er, übrigens auch eine Spielberg-Schöpfung: Indiana Jones. (vs) 5// Als die mäßig erfolgreiche Fotografin Hannah (Huppert) beginnt, ihre junge Tochter Violetta (Vartolomei) in anzüglichen Posen abzulichten, avancieren die beiden über Nacht zu Lieblingen der Pariser Kunstszene. Die ebenso exzentrische wie launenhafte Hannah verliert sich im Ruhmesbad und stilisiert Violetta zur immer spärlicher bekleideten Lolitafigur. Statt eines behüteten Umfelds erfährt diese eine Welt voller Blöße und Distanzlosigkeit – ihr Leben wird zur großen Pose … Eva Ionescos autobiografisch inspiriertes Regiedebüt ist nur schwer greifbar. Die emotionale Schwere der Thematik wird immer wieder von Momenten kaum erklärlicher Leichtigkeit aufgefangen; musikalische Akzente lassen den Film mal mehr und mal weniger entrückt erscheinen. Eine vornehme Blässe liegt über den nüchtern gefilmten Bildern und mildert den Glanz barocker Outfits, während Violetta zwischen einer geltungssüchtigen Mutter und neidischen Gleichaltrigen das Gefühl von Normalität abhanden kommt. Das ist bedeutungsvoll und leicht, befremdlich und doch völlig real. Es ist wunderbar. (lan) The Future LIEBESFILM USA 2010, 91 Min. R: Miranda July D: Miranda July, Hamish Linklater, David Warhofsky ab 27. 10. (Alamode) 4// Sophie (Miranda July) und Jason (Hamish Linklater) stellen sich die Sinnfrage jeder Beziehung, in der Vertrautheit sexuelle Aufregung und Abwechslung ersetzt hat und das gemeinsame Googeln überhand kino 89 nimmt. War’s das? Muss da nicht noch was kommen? Beide kündigen ihre Jobs, wollen kreativ und umweltbewusst sein. Doch Sophie fängt eine Affäre mit einem älteren Mann an … Performancekünstlerin July, 38, erzählt das poetisch und verschroben, aber auch gekünstelt: krabbelnde T-Shirts, sprechende Himmelskörper und Katzen und ein Jason, der die Zeit anhält, fügen sich nicht zu einem stimmigen Ganzen zusammen. Doch hinter den gewollt kunstvollen Elementen verbirgt sich eine sehr wahre Geschichte über orientierungslose Mittdreißiger, die sich ein Kind wünschen und Veränderung, die den nicht realisierten Möglichkeiten nachhängen, von Youtube-Ruhm, Selbstverwirklichung und Kreativität träumen, ein Mehr statt ein Genug wollen. Und „The Future“ handelt vom Zögern und Zweifeln und von der Zärtlichkeit des Scheiterns. Das ist manchmal nervig. Wie das Scheitern selbst. (vs) Hotel Lux KOMÖDIE D 2011, 105 Min. R: Leander Haußmann D: Michael Bully Herbig, Jürgen Vogel, Thekla Reuten ab 27. 10. (Constantin) 2// Leander Haußmann ist wie der auch für einen Komödienregisseur gehaltene Dani Levy Träger des Ernst-Lubitsch-Preises. Angesichts von „Hotel Lux“ treibt einem das Tränen in die Augen. Leider keine Lachtränen. Haußman erzählt die Geschichte des Komikers Hans Zeisig (überfordert: Bully Herbig), der 1938 aus Deutschland flieht und im berüchtigten Hotel Lux in Moskau landet, Zufluchtsort kommunistischer Funktionäre aus der ganzen Welt. Dort verschwinden täglich vermeintliche Trotzkisten, und Stalin hält Zeisig für den Leibastrologen Hitlers. Was Haußman aus der düsteren Story macht, die er für Herbig (und ohne Erfolg) zur Komödie umschrieb, und die nach Billy Wilder oder Blake Edwards ruft, ist schlimm. Ohne Timing, funktionierende Dramaturgie, gelungene Witze und ausgeprägten Sinn für filmische Anschlüsse rollt ein in speckigem Dunkelbraun gehaltenes Sammelsurium aus gescheiterten Szenen ab, das in einer grotesken Verkleidungsgaudi mündet. Eine Mischung aus Drama und Komödie, die zwischen beidem verreckt. (vs) kulturnews 11/11 90 kino // Start 3. 11. Die Höhle der vergessenen Träume uMag auf youTube DOKUMENTATION CA/USA/F/D/GB 2011, 90 Min. R: Werner Herzog ab 3. 11. (Ascot Elite) 3// Keine Frage, diese Darstellungen von Mammuts, Nashörnern und Pferden sind faszinierend. Über 30 000 Jahre sind sie alt, erst 1994 wurden die Wandmalereien in einer Höhe in Südfrankreich entdeckt. Um sie vor der Zerstörung durch Luftfeuchtigkeit zu schützen, dürfen Wissenschaftler die Höhle nur sehr selten betreten. Werner Herzog wurde als einzigem gestattet, sie für die Weltöffentlichkeit auf Film zu bannen. Diese Ehre hat den Regisseur hörbar berauscht. In seinem selbst mit raunender Stimme eingesprochenen Kommentar wird er nicht müde, diese Exklusivität herauszustellen. Schlimmer aber: Mehr und mehr versteigt er sich in mystifizierende Gedankenketten – und endet in unfreiwilliger Komik. Die Drehbedingungen waren miserabel, ein Vier-Mann-Team und eine schlichte Handlampe mussten reichen. Das verleiht den wackeligen Bildern immerhin etwas Forscherfeeling. Aber so schön bei diesem Höhenrundgang die 3DWirkung tatsächlich gewesen wäre – durch die technisch mäßigen Voraussetzungen ist das Ergebnis unbefriedigend. (ascho) ein Kommentar zu den austauschbaren Kämpfern der heutigen Zeit? 2020 hauen nicht mehr Athleten aufeinander ein, da das Publikum mehr Gewalt wünscht. Die liefern nun zweieinhalb Meter große Roboter, ferngesteuert von ihren Besitzern. Ex-Boxer Charlie (Jackman) setzt in diesem Business immer alles auf eine Karte und den Fight meistens in den Sand. Zusammen mit seinem Spross Max (Goyo) – ganz der Papa minus dessen Losertum – mischen sie mit einem alten Sparringsrobot mit echten Nehmerqualitäten die Szene auf und beweisen: Ohne Menschlichkeit geht es nicht … „Real Steel“ erzählt die alte Geschichte von Vater und Sohn, die zusammenwachsen, von Verantwortung und Mut, mit stereotypen Nebenfiguren und einem absehbaren Happy End. Und doch sausen zwei Kinostunden an einem vorbei wie ein ungenauer Jab von Klitschko. Denn der Film hat, was ein Underdog braucht, was in großen Hollywoodproduktionen aber selten geworden ist, erst recht in einer, in der Maschinen eine gewichtige Rolle spielen: ein Herz. (vs) Fenster zum Sommer MYSTERY-THRILLER D 2011, 96 Min. R: Hendrik Handloegten D: Nina Hoss, Mark Waschke, Lars Eidinger Real Steel ab 3. 11. (Prokino) SCI-FI-ACTION USA 2011, 126 Min. R: Shawn Levy D: Hugh Jackman, Evangeline Lilly, Dakota Goyo ab 3. 11. (Walt Disney) 4// Ist es die cleane Version des Boxsports, ohne Blut und gebrochene Kiefer? Oder kulturnews 11/11 4// Und täglich grüßt das Rentier: Juliane (Nina Hoss) döst an der Schulter ihres Freundes (Mark Waschke) ein, trunken von Liebe und finnischer Mitternachtssonne. Und erwacht ein halbes Jahr früher, im Bett ihres Exfreundes, vor sich sechs Monate, in denen Trennung, Verlust und neue Liebe noch einmal durchlebt werden wollen. Hendrik Handloegten hat eine Art Mystery-Liebesfilm gedreht – und man kann sagen, dass Handloegten, dessen letzte Kinoarbeit „Liegen lernen“ in großformatiger Fernsehästhetik stecken blieb, die Aufgabe elegant meistert. Immer wieder springt er zwischen den Ebenen, experimentiert mit grobkörnigen Bildern, extremen Nahaufnahmen und Verzögerungen und schafft es so, die Unsicherheit und JODIE // kino 91 FOSTER CHRISTOPH Isolation Julianes in Bilder zu übersetzen. Inhaltlich bleibt das bei so viel Formwillen dünn, irgendwann interessiert schlicht nicht mehr, was in Finnland passiert ist, das Zeitsprung-Motiv ist ausgereizt, und man schaut der schön derangierten Nina Hoss etwas distanziert beim Tangotanzen zu. Mystery ist „Fenster zum Sommer“ da längst nicht mehr. Aber der Liebesfilm, der bleibt. (fis) Zwei an einem Tag im gleißenden Sonnenlicht erstrahlenden Fassaden der pittoresken Schweiz Professionalität und Begierde, Moral und Menschlichkeit kollidieren. Dialoglastig, zwischen Historienfilm und Drama angesiedelt, dokumentiert Cronenberg die Zusammenarbeit von Carl Jung (Michael Fassbender) mit seinem wissenschaftlichen Vorbild Sigmund Freud (Viggo Mortensen), die im Zuge der Behandlung der jungen Sabina Spielrein (beängstigend gut: Keira Knightley) zunehmend problematischer wird. Denn die verstörte und doch intelligente und attraktive Frau zieht zunächst Jung und später auch Freud in ihren Bann – sämtliche Grenzen verwischen, und eine Entzweiung der Psychoanalyse-Legenden scheint schließlich unvermeidbar. Der oft fast dokumentarische Stil des Films ist dabei aus historischem Blickwinkel durchaus interessant, hat allerdings auch seine Längen – für Kenner der Materie allerdings kein Hindernis. (lan) WALTZ KATE WINSLET JOHN C. REILLY Anonymous LOVESTORY USA 2011, 107 Min. R: Lone Scherfig D: Anne Hathaway, Jim Sturgess, Patricia Clarkson ab 3. 11. (Tobis) 4// Anne Hathaway ist die Rolle der Emma wie auf den Leib geschrieben: smart und schlagfertig, aber auch ein wenig zu unsicher und nerdig, um die Sache mit Dexter (Jim Sturgess) gleich in der ersten Nacht klar zu machen. Die große Liebe dauert eben länger – und so gehen bei Em und Dex die Jahre ins Land, gleich die ganzen 80er und 90er um genau zu sein, bis der Funke endlich das Feuer entfacht. Während Dexter, aus reichem Hause und mit einem unerschütterlichen Ego ausgestattet, von Anfang an ein bisschen zu hoch und zu nah an der Sonne fliegt, muss Emma sich ihre Flügel erst noch wachsen lassen. Lone Scherfigs Adaption von David Nicholls Roman überrascht nicht, ist hübsch anzuschauen und darf mit ihren schon ärgerlich stereotypen Geschlechterrollen auch gehasst werden. Den meistens romantischen Komödien hat sie mit ihren scharfzüngigen Dialogen und Sturgess, der sowohl den Sonnyboy als auch den Geläuterten glaubhaft verkörpert, aber doch etwas voraus. (kab) Start 10. 11. Eine dunkle Begierde PSYCHODRAMA USA 2011, 99 Min. DER GOTT LS DES GEMETZE HISTORIENDRAMA USA 2011, 130 Min. R: Roland Emmerich D: Rhys Ifans, Vanessa Redgrave, David Thewlis ab 10. 11. (Sony Pictures) 2// Sein Kurzauftritt in „Harry Potter“ hat Rhys Ifans anscheinend auf den Geschmack gebracht für zu viel Schminke und pompöse Kostüme. Und Kostüme braucht ein Drama über den wahren Shakespeare natürlich – ansonsten hätte der Film aber gern weniger dick auftragen können. Doch wenn Roland Emmerich auf dem Regiestuhl sitzt, sind die Dimensionen stets etwas größer, und daher ist „Anonymous“ ein actiongespicktes Komplott um Macht, Verblendung, Inzest und Betrug. Shakespeare (Rafe Spall) ist der wahrscheinlich erste Stagediver der Geschichte, sonst aber ein Blender. Der eigentliche Autor der Stücke ist der Earl of Oxford (Ifans), und dem ebenso genialen wie strategischen Denker schwebt weit mehr als die Unterhaltung des Volkes vor. Doch nimmt sich Emmerich wenig Zeit für die Psychologie seiner Hauptfigur, und so äußern sich die Seelenqualen des Earls vornehmlich in wirrer Frisur nach durchgeschriebenen Nächten, Streit mit seiner Frau und – schließlich soll das ganze Shakespearesche Ausmaße haben – Mord. Dem größten Poeten aller Zeiten hätte man ein bisschen mehr Gefühl gewünscht. (kab) R: David Cronenberg D: Michael Fassbender, Viggo Mortensen, Keira Knightley ab 10. 11 (Universal Pictures) NACH DEM WELTBERÜHMTEN THEATERSTÜCK VON YASMINA REZA EIN FILM VON ROMAN POLANSKI 4// David Cronenberg schraubt für uns die Zeit zurück zur Geburtsstunde der Psychoanalyse. Er zeigt, wie hinter den AB 24.11.11 IM KINO kulturnews 11/11 92 kino // Another Earth Dafür bietet Cheyennes Selbstfindungstrip genug skurrile Situationen, um inhaltliche Mängel wettzumachen. Großartig ist vor allem die visuelle Eigenständigkeit von Regisseur Paolo Sorretino, die mit grellen Farben und einer surrealen Symmetrie an Pop-Art-Künstler wie David Hockney denken lässt. So schafft dieses seltsame Werk immer wieder Bilder, die unter die Haut gehen. (dpp) Start 17. 11. DRAMA Submarine USA 2011, 92 Min. R: Mike Cahill D: William Mapother, Brit Marling ab 10. 11. (Twentieth Century Fox) 2// Weil sie eine zweite Erde anstaunt, die am Himmel schwebt, verursacht Rhoda (Marling) einen Autounfall, bei dem John (Mapother) Frau und Sohn verliert. Nach dem Gefängnis nimmt Rhoda Kontakt mit John auf … Regiedebütant Cahill treibt die Klischees des Indiefilms auf die Spitze: Die betont schweigsame Rhoda geht betont langsam in betont secondhandigen Klamotten betont oft bei grimmiger Kälte anonyme Asphaltstraßen lang oder starrt ausdruckslos ins Nichts, was charakterliche Tiefe suggerieren soll. Der unglaubwürdige und amateurhaft gespielte Film gibt sich bedeutsam, ist aber ein Potemkinsches Dorf: Seine Fassade aus Schulddrama, Sci-Fi, Existenzphilosophie und Esoterik ist mit leihwandigen Stützen hochgekloppt und mit nichts unterfüttert als Pseudointellektualität und Selbstverliebtheit. Der Planetenplot bleibt unnötig und unterentwickelt, ist zudem voller Logiklöcher: Rhoda gewinnt einen Flug zur anderen Erde und schenkt ihn John, vielleicht lebt seine Familie dort noch. Nur: Ein anderer John wird dann dort auch leben – und sicher nicht so einfach verschwinden … (vs) Cheyenne – This must be the Place KOMÖDIE GB 2010, 94 Min. R: Richard Ayoade D: Sally Hawkins, Paddy Considine, Craig Roberts ab 17. 11. (Kool Film) 4// Die Pubertät ist ein Arschloch. Alter Hut. Regisseur Richard Ayoade gelingt es aber, mit seinem Spielfilmdebüt dem Dauerthema Coming-of-Age einen ästhetischen und inhaltlichen Dreh zu geben. Oliver Tate (Craig Roberts) ist ein blasser 15-Jähriger, der durch seine Exzentrik versucht, seinen Platz im Leben zu finden – oder zumindest, ohne Prügel durch die Schule zu kommen und endlich seine Jungfräulichkeit zu verlieren. Gar nicht leicht im trüben Wales der 80er, mit einem Fischforscher als Vater, der immer depressiver wird, während seine Mutter (Sally Hawkins, „Happy go lucky“) ihrer zum Esoterikstar gewordenen Jugendliebe schöne Augen macht. „Hätte mein Vater eine Farbe, wäre es Ocker. Oder Eierschale“, resümiert Oliver und beschließt, dass er die Ehe wieder auf Kurs bringen muss. Dabei ist er nun wirklich kein Beziehungsexperte – und das Objekt seiner Begierde, die Pyromanin Jordana, macht es ihm auch nicht gerade leicht. Schräg-charmante Verfilmung des gleichnamigen Bestsellers von Joe Dunthorne. (kab) Der Fall Chodorkowski DRAMA I/F/IR 2011, 118 Min. R: Paolo Sorretino D: Sean Penn, Francis McDormand, Judd Hirsch ab 10. 11. (Delphi) 4// Ein alternder Rockstar wird zum Nazijäger – diese stark vereinfachte Zusammenfassung von „Cheyenne – This must be the Place“ zeigt schon, dass der Film sich selbst nicht ganz ernst nimmt. Mit überzeichneter Lethargie schlurft Cheyenne (mit Lippenstift und schwarzer Mähne zum Robert-Smith-Lookalike gemacht: Sean Penn) durch seine sterile Villa und die Dubliner Vorstadtödnis und kommentiert mit monotoner Stimme oft unerwartet treffend sein Umfeld. Der nahende Tod seines Vaters, zu dem er seit 30 Jahren keinen Kontakt mehr hat, zieht den weltfremden Kindskopf zurück in die USA. Warum er sich dort auf die Suche nach Vaters KZ-Peiniger macht, bleibt im Dunkeln, wie vieles in diesem Film. kulturnews 11/11 DOKUMENTATION D 2011, 111 Min. R: Cyril Tuschi ab 17. 11. (Farbfilm) 5// Zweistündige Dokumentarfilme können im Kino eine Zähigkeit entwickeln, die den Zuschauer auf lange Zeit für dieses Genre verprellen. Nicht so „Der Fall Chodorkowski“. Cyril Tuschis Meisterwerk über Aufstieg und Fall des russischen Unternehmers Michail Chodorkowski // ist aber auch mehr als nur ein Dokumentarfilm: Der Berliner Regisseur lässt uns an seinen jahrelangen Recherchearbeiten teilhaben, an den vielen Misserfolgen beim Versuch, überhaupt mal an den seit 2003 inhaftierten ehemaligen Yukos-Chef ranzukommen. Er interviewt ehemalige Spitzenmanager der russischen Gasfirma, die inzwischen in Israel oder London wohnen und um ihr Leben fürchten. Er trifft sich mit Chodorkowskis Exfrau und dem gemeinsamen Sohn in Kanada. Dadurch, dass Tuschi uns an seinen Erkenntnisgewinnen vermeintlich live teilnehmen lässt, entsteht ein dramaturgisch spannender Film. Am Ende wissen wir zwar noch immer nicht, ob seine Verurteilung wegen Geldwäscherei und Unterschlagung rechtens war oder nicht, aber alle Indizien sprechen dafür, dass hier ein mächtiger Mensch seine Macht im entscheidenden Moment falsch einschätzte, als er begann Präsident Putin massiv zu kritisieren. (jw) Start 24. 11. Der Gott des Gemetzels TRAGIKOMÖDIE F/D/PO/ESP 2011, 80 Min. R: Roman Polanski D: Jodie Foster, Christoph Waltz, Kate Winslet ab 24. 11. (Constantin) 4// Zwei Jungs streiten sich auf dem Bolzplatz, am Ende fehlen einem zwei Zähne. Die Eltern setzen sich zusammen, reden darüber, dass solch ein Akt roher Gewalt gar nicht geht, man sucht nach Lösungen, man ist zivilisiert. Und plötzlich gibt ein Wort das andere, schnell bilden sich neue Koalitionen, am Ende ist die hübsche Altbauwohnung verwüstet, Erbrochenes liegt auf den Kunstbänden, ein Handy in der Tulpenvase. Yasmina Rezas Theaterstück „Der Gott des Gemetzels“ ist das, was man ein Well-made-Play nennt: geschliffene Dialoge, böse und klug und witzig, nicht zuletzt ein Fest für Schauspieler. Roman Polanski muss dem wenig hinzufügen, damit seine Verfilmung funktioniert. Er verlegt die Handlung von Paris nach Brooklyn, bebildert das Bolzplatz„Gemetzel“ und fügt einen stummen (und etwas doofen) Epilog dazu. Ansonsten verlässt er sich auf seine Schauspieler kino 93 Jodie Foster, Christoph Waltz, Kate Winslet und John C. Reilly, und die sind groß, allen voran Foster als hoffnungslos überspannte Großstadtintellektuelle. (fis) Die Mühle und das Kreuz HISTORIENDRAMA PL 2011, 92 Min. R: Lech Majewski D: Rutger Hauer, Charlotte Rampling, Michael York ab 24. 11. (Neue Visionen) 3// 1564 malt Pieter Brueghel der Ältere die Kreuzigung Christi. Nicht als naturalistisches Passionsgemälde, wie damals üblich, sondern als harten Sozialrealismus, der Golgatha ins zeitgenössische Flandern verlegt, ein düsteres Agrarland, in dem die spanischen Besatzer eine Blaupause abliefern für die gemalten Römer. Der polnische Regisseur Lech Majewski dringt tief ein in die Entstehung des Bildes, spinnt die Geschichten weiter, die Brueghel andeutet, verstärkt den kritischen Aspekt. Hierfür findet er Bilder von bedrückender Schönheit und körperlich spürbarer Drastik, die Leinwand scheint eine feuchte Kälte auszustrahlen. Majewskis Technik ist durch eine ganz eigene Ästhetik geprägt, mehr Installation als Film, immer wieder durchbrochen durch Standbilder, digitale Bearbeitungen und Anleihen bei der Malerei. Vergleichbar ist das gerade noch mit den Filmen Peter Greenaways – und wie bei dessen späten Arbeiten weiß man oft nicht, ob es hier wirklich noch um etwas geht, oder ob der Zuschauer nur visuell überwältigt werden soll. (fis) ... und außerdem online Noch mehr Rezensionen und Informationen zu allen monatlichen Kinostarts und alle Spielzeiten im Kinoportal auf kulturnews.de Im November gibt’s dort auch unsere Kritiken folgender neuer Filme: Poliezei 4 // Alltag von Gettobullen // ab 27. 10. Black Brown White 4 // Trucker schleust Asylanten // ab 3. 11. Lucky Trouble 4 // Eine verhinderte Hochzeit // ab 17. 11. kulturnews 11/11 94 dvds // DVD des Monats Source Code SCI-FI-THRILLER USA/F 2010 R: Duncan Jones D: Jake Gyllenhall, Michelle Monaghan, Vera Farmiga 3. 11. (Studiocanal) Dass dieser Sci-Fi-Actionthriller mehr ist als eine Mischung aus „Lola rennt“ und „Und täglich grüßt das Murmeltier“, wird dem Zuschauer erst auf der Zielgeraden des 90-Minüters so richtig klar. Das hat aber auch damit zu tun, dass Captain Colter Stevens (Jake Gyllenhaal) sehr lange überhaupt nicht weiß, was er in diesem Vorortzug nach Chicago wirklich soll – war er doch bis eben noch in Afghanistan stationiert. Klar, den Auftrag kriegt er zügig mitgeteilt: herauskriegen, wer den Zug acht Minuten nach Stevens’ Aufwachen in die Luft sprengt. Nicht etwa, um die Menschen im Zug zu retten – die sind längst tot. Nein, nur um weitere geplante Attentate zu verhindern. Nein, Stevens’ Problem ist, dass er etwas viel Wichtigeres nicht weiß: Was ist Realität, wo sind verlässliche Koordinaten? Und was ist das für eine Kapsel, in der er festgeschnallt ist und in der überall Hydraulikflüssigkeit heruntertropft? Geschickt und grausam lässt Regisseur Duncon Jones seinen Helden sich aufreiben: zwischen Auftragserfüllung und Identitätsfindung. Man ist das vom genialen Erstlingswerk des Regisseurs gewohnt: In „Moon“ muss der Held schließlich erkennen, dass er als Person schlicht überhaupt nichts wert ist. In „Source Code“ stellt Jones seinem Helden, dem es ähnlich geht, gleich zu Beginn eine Gefährtin an die Seite: Begleiterin Christina (Michelle Monaghan). Es soll hier nicht zu viel verraten werden, nur dass Christina die einzige Schwachstelle des Films ist, dessen innere Logik auf DVD und BD mit Hilfe von Physik- und Mathematikprofessoren detailliert erklärt wird. Wer sich durch dieses Bonusmaterial gearbeitet hat, wird sich erst bewusst, mit wie viel Akribie Regisseur Duncon Jones hier gearbeitet hat und schaut den Film mit anderen Augen gleich noch einmal. (jw) Film 5 Extras Audiokommentare, Interviews, Featurettes, Trailer. Auch als Blu-ray und den Weltuntergang zu thematisieren. Auch in „Kaboom“ zeigt der Mitbegründer des New Queer Cinema mit dem 18-jährigen Smith (Thomas Dekker) einen Helden, der das Leben zur Party macht und mal mit Frauen, mal mit Typen schläft. Aber der hedonistische Collegeboy wird auch von düsteren Visionen heimgesucht: Immer wieder erscheint ihm eine rothaarige Frau, die von Männern mit Tiermasken bedroht und ermordet wird. Als das Personal dieser Fantasie dann plötzlich auch in der Realität auftaucht, kommt Smith einer obskuren Sekte auf die Spur, deren einziges Ziel es ist, die Erde in Stücke knallen zu lassen. Nachdem Arakis frühere Filme bei uns sträflich vernachlässigt wurden, lief „Kaboom“ sogar im Kino und beim Fantasy Filmfest. Völlig zu Recht, denn die trashige Sex-Sci-Fi-Komödie ist so sehr mit grellbunten Effekten, aberwitzigen Popkulturzitaten und durchgedrehten Wendungen durchsetzt. Da geht es sogar okay, dass die DVD keine nennenswerten Extras zu bieten hat. (cs) Film 5 Extras Featurette, Trailer, Kapitel- und Szenenanwahl auch als Blu-ray The Fighter BIOPIC USA 2010 R: David O. Russell D: Mark Wahlberg, Christian Bale, Helden bloßstellt, aber nie verrät. Wie sehr er sich darum im Vorfeld bemüht hat, verrät das äußerst umfangreiche Bonusmaterial. (jw) Film 5 Extras Making-of, Audiokommentare (David O. Russell), Interviews, Deleted Scenes auch als Blu-ray Der Name der Leute KOMÖDIE F 2010 R: Michel Leclerc D: Sara Forestier, Jacques Gamblin, Carole Franck 28. 10. (X Verleih) Aktivismus, mal anders: Bahia (Sara Forestier), politisch links und aus einem Hippiehaushalt, hat sich zum Ziel gesetzt, mit möglichst vielen rechten Idioten zu vögeln. Arthur (Jacques Gamblin) ist allerdings weder rechts noch ein Idiot, sondern allenfalls ein wenig langweilig. Und: Bahia verliebt sich in ihn. Der Kulturclash zwischen den beiden explodiert in spritzigen Dialogen, Slapstickszenen und gezielten Verletzungen der politischen Korrektheit. Eine intelligente Komödie, die gewichtige Themen mit Witz und Leichtigkeit schultert. (ascho/kab) Film 4 Extras Interviews, Trailer Amy Adams -Bewertung Beginners TRAGIKOMÖDIE USA 2010 R: Mike Mills D: Ewan McGregor, Mélanie Laurent, Christopher Plummer, 3. 11. 1= grausig bis 6= genial lernt und die beiden sich vorsichtig verlieben, erwacht er aus seiner Trauer um den verstorbenen Vater und lässt dessen letzte Monate mit erstauntem und liebevollem Blick Revue passieren. (kab) Film 6 Extras Audiokommentar (Mike Mills), Making-of auch als Blu-ray (Universal Pictures) Poesie – nichts weniger als das ist Mike Mills Film, der zarte Liebe, Trauer und ein spätes väterliches Coming-out verarbeitet. Dabei spielt Regisseur Mike Mills nicht nur gekonnt mit Zeitebenen, sondern lässt seinen Erzähler und Protagonisten Oliver (Ewan McGregor) neben der Realität auch seine Vorstellungen bildlich ausleben, versieht mal einen Hund mit Untertitel oder ordnet die Welt mit Olivers Zeichnungen. Als der von Mills teilweise biografisch angelegete Oliver die Schauspielerin Anna (Mélanie Laurent) kennenkulturnews 11/11 Kaboom HORRORKOMÖDIE USA/F 2010 R: Gregg Araki D: Haley Bennett, Thomas Dekker, James Duval erschienen (Senator) Regisseur Gregg Araki kann keinen Film drehen, ohne sexuelle Experimentiererei erschienen (Senator) David O. Russels Biopic über den Boxer Micky Ward (über vier Jahre in der Muckibude: Mark Wahlberg) erzählt mehr als die spannende Geschichte eines Boxers auf dem Weg zum Weltmeistertitel. Sie ist auch das Zeugnis von Zerwürfnis, Niederlagen und Loyalität. „Kopf – Körper, Kopf – Körper, Kopf – Körper“, sind bei jedem überfallartigen Gegenangriff die klaren Anweisungen seines cracksüchtigen Halbbruders Dicky (grandios gespielt vom ausgemergelten Christian Bale, der für diese Rolle zu Recht den Oscar erhielt). Es ist, als würde man als Zuschauer durch den Film ähnlich bearbeitet. Wären da nicht die starken Frauen der Familie Ward mit ihrem teils kurios trashigen Auftreten, man sähe einen reinen Boxfilm. Alice Ward (bekam ebenfalls einen Oscar: Melissa Leo) und ihre sieben Töchter dominieren Mickys Leben, bis Charlene (Amy Adams) auftaucht und zum ersten Mal für klare Strukturen sorgt. Russel gelang mit „The Fighter“ ein Film, der seine Willkommen in Cedar Rapids KOMÖDIE USA 2011 R: Miguel Arteta D: Ed Helms, John C. Reilly, Anne Heche 4. 11. (Twentieth Century Fox) Seit er in „Hangover“ ein Schlaflied für einen Tiger sang, ist Ed Helms auch über den Kreis der „The Office“-Fans hinaus bekannt. Und als verklemmter Versicherungsvertreter Tim Lippe darf er zu Recht auch mal die Hauptrolle spielen. Mit John C. Reilly, Anne Heche und Sigourney Weaver an seiner Seite ist Ed Helms’ verspätetes Coming-of-Age nicht nur ein liebenswert unpolierter Indiespaß, sondern punktet auch mit seinen tollen Darstellern. (kab) Film 4 Extras entfallene Szenen, Trailer auch als Blu-ray mit weiteren Extras Über 2 Stunden neues Bonusmaterial. Inklusive eines ausführlichen Einblicks in die Mythologie und die visuellen Effekte von V – Die Besucher, nicht verwendeter Szenen und vielem mehr. © 2011 Warner Bros. Entertainment Inc. All rights reserved. 4 O S C A Rr N O M I N I E R U N G E N BESTER FILM BESTE HAUPTDARSTELLERIN 96 dvds // BESTER NEBENDARSTELLER BESTES DREHBUCH Der Zoowärter Ein Kinojuwel.Grandios! Cinema Unglaublich kraftvoll! Der bewegendste Film des Jahres. New York Magazin Ein grandioser Auftritt von Jennifer Lawrence! Barney’s Version FAMILIENKOMÖDIE TRAGIKOMÖDIE USA 2011 R: Richard J. Lewis R: Frank Coraci D: Paul Giamatti, D: Kevin James, Dustin Hoffman, Sylvester Stallone Minnie Driver 24. 11. 17. 11. (Sony Pictures) (Universal Pictures) Tollpatsch und Gutmensch – so mögen die Zuschauer Kevin James („King of Queens“). Diesem Archetyp entspricht auch Zoowärter Griffin, der bei dem Versuch, seine Exfreundin zurückzugewinnen, plötzlich Hilfe von sprechenden Zootieren bekommt. Das ist natürlich ziemlich albern – und manchmal sogar komisch. (lan/kab) Film 3 Extras Featurettes auch als Blu-ray und Download Spiegel.de Zählt zum Besten, was das amerikanische Kino zu bieten hat! KinoKino Ein Thriller voller archaischer Wucht. USA 2011 Stern The Big Bang Theory – Die komplette 3. Staffel Wie viel kann man in einem einzigen Leben falsch machen? Wenn es nach Mordecai Richler geht, der die Romanvorlage zu diesem Film schrieb: sehr, sehr viel. Barney Panofski (Paul Giamatti) trinkt zu viel, heiratet zu oft und benimmt sich meist einfach nur daneben. Da ist es klar, dass seine Lebensgeschichte, die er hier über einen Zeitraum von 35 Jahren hinweg selbst erzählt, zahlreiche Tiefen hat. Und der Film, trotz mancher Langatmigkeit, dank Darstellern wie Giamatti, Dustin Hoffman und Minnie Driver viele Höhen. (kab) Film 4 Extras Featurette auch als Blu-ra TV-SERIE USA 2010 R: Mark Cendrowski Harry Potter und die Heiligtümer des Todes Teil 2 D: Johnny Galecki, FANTASY Jim Parsons, Kaley Cuoco GB/USA 2011 erschienen R: David Yates D: Daniel Radcliffe, (Warner) Rupert Grint, Emma Jennifer LAWRENCE in WINTER’S AB 18.10. 2011 AUF DVD & BLU-RAY! Find us on Facebook http://facebook.com/AscotEliteHomeEntertainment Überraschung bei den Geeks: Leonard und Penny landen nun doch mal im Bett. Und Sheldon, über den sich das Feuilleton hinsichtlich eines möglichen Asperger-Syndroms noch immer nicht einigen kann, dreht immer mehr am Rad. Als in der WG eingebrochen wird und alle Computer, Playstations und Spiele verschwunden sind, entwickelt er eine Paranoia und will aus Pasadena wegziehen. Dem Inder Raj droht zwischenzeitlich die Abschiebung, weil er keinen Job mehr hat, und Howard verstößt weiter fleißig gegen die jüdischen Speisegesetze und findet außerdem eine Freundin. Kurz: Die so genialen wie sozial auf Kinderniveau verbliebenen Physiker von „The Big Bang Theory“ werden uns zunehmend in einem Handlungsrahmen präsentiert, der über die nächste Pointe hinausgeht. Das geht so weit, dass ihre Charaktere inzwischen sogar so was wie Tiefgang aufweisen – manchmal. Und alle, denen es nicht passte, dass es die Techniknerds bisher – völlig unpassend – nur auf DVD gab: Ab jetzt auch als BD erhältlich! (jw) Film 5 Extras Hinter den Kulissen, Featurettes auch als Blu-ray kulturnews 11/11 www.ascot-elite.de Watson, 18. 11. (Warner) Auch die größte Saga muss ein Ende haben: für Harry Potter (Daniel Radcliffe) und seine Freunde hat das Stündlein für den ganz großen Showdown gegen den Erzfeind alles Guten, Lord Voldemort, geschlagen. (kab) Extras zusätzliche Szenen, Featurettes auch als Blu-ray mit weiteren Extras und 3D-Blu-ray Fremd fischen ROMANTISCHE KOMÖDIE USA 2011 R: Luke Greenfield D: Ginnifer Goodwin, Kate Hudson 10. 11. (Universal Pictures) Romantische Komödie, die viel verspricht, dann aber gewaltig nachlässt. Nimmt man Ginnifer Goodwin und Kate Hudson die // ungleichen Freundinnen anfangs noch ab, spielt Hudson ihre Figur Darcy bald an den Rand der Lächerlichkeit und Hysterie. Und Goodwin macht die besonnene Rachel auf lange Sicht auch nicht zur Sympathieträgerin, die sich ihre große Liebe zurückholt, sondern zum Dummchen, das eine Chance nach der anderen versemmelt. Eigentlich schade. (kab) Film 2 Extras Making-of, entfallene Szenen, Gag Reel, Interviews, Featurettes, Trailer auch als Blu-ray 50. Bundesstaat der USA, deshalb auch der Titel der Serie) mal wieder einen Fall abgeschlossen hat. Kultserie der späten 60er- und der 70er-Jahre! (jw) Extras keine USA 1969 D: Jack Lord, James MacArthur, Kevin McCarthy erschienen (Paramount) D 2011 R: Fritz Lang R: Arne Feldhusen D: Brigitte Helm, D: Christoph Maria Alfred Abel, Gustav Herbst, Bjarne Fröhlich Mädel, Oliver Wnuk 28. 10. 11. 11. USA 1993/1997/2001 (Warner) (Sony Music) R: Steven Spielberg, Joe Johnston D: Jeff Goldblum, (Universal Pictures) R: Charles S. Dubin COMEDYSERIE D 1926 ABENTEUER Laura Dern, Sam Neill KRIMISERIE 97 Stromberg – Staffel 5 KLASSIKER Jurassic Park – Ultimate Trilogy 27. 10. Hawaii Fünf-Null – Die erste Season Metropolis dvds Bildschirmfüllend: Wer auf die Dinosaurier von Steven Spielberg steht, kann sich diese liebenswerten Pflanzenfresser und rabiaten Raubtiere jetzt erstmals auch auf BD und in HD-Qualität anschauen. Die Extras entsprechen denen der früheren DVD-Boxen. (jw) Extras Making-of, Hinter den Kulissen, Featurettes, Trailer nur als Blu-ray Manche Filme sind für die Ewigkeit – und somit auch für’s DVD-Regal. Doch wie schwierig die Erhaltung von Filmen ist, besonders den ganz alten, sieht man an Fritz Langs legendärem Stummfilmepos von 1926 und den vielen Rekonstruktionsversuchen, von denen dieser der vollständigste und behutsamste ist und dem im Vergleich zur ersten, im Januar 1927 aufgeführten Version, nur noch acht Minuten fehlen. (kab) Extras Dokumentation, Bildergalerie auch als Blu-ray Nimm sie fest, Dano!“ Diesen Satz von Detective Steve McGarrett (Jack Lord) kann man jetzt auch auf DVD hören, wenn die Spezialeinheit der Polizei von Hawaii (dem Die bei ProSieben wissen, was sie an dieser Serie haben: „Stromberg“ mit Christoph Maria Herbst in der Rolle des schlimmsten Chefs aller Zeiten ist das Aushängeschild des Senders, auch wenn die Einschaltquoten nicht exorbitant hoch sind. Grund: Das Feuilleton liebt die Serie. Der Trend, gleich zum TV-Serienstart auch die DVD-Box auf den Markt zu werfen, wird natürlich auch hier fortgesetzt. (jw) Extras Dokumentation, Featurettes ... und außerdem Weitere aktuelle DVD-Kritiken gibt es im Magazin mein Kinoprogramm Melancholia Lars von Trier Kirsten Dunst Charlotte Gainsbourg Kiefer Sutherland SILBERNE PALME FÜR KIRSTEN DUNST Cannes 2011 Ab 6. Oktober im Kino www.melancholia - derfilm.de aktion // Foto: Tino Sieland 98 Elektrobeats und Gipfelglück Ein letztes Mal für dieses Jahr wagt Jägermeister den Kulturclash: Tradition trifft auf Moderne, Holzvertäfelung auf Bassboxen, urige Gemütlichkeit auf ausufernde Partystimmung. Am 26. November macht die Jägermeister Wirtshaus Tour Station auf einer Berghütte hoch über Garmisch-Partenkirchen. Auf 1 300 Meter sorgen die Discoheroen von WhoMadeWho (Foto) für Beats, die direkt in die Beine gehen. Das dänische Trio hat sein drittes Album „Knee Deep“ im Wanderrucksack. Außerdem werden die französischen Synthpopper The Teenagers sowie das Münchner DJ-Duo Cocolores den feierwütigen Gipfelstürmern ordentlich den Marsch blasen. Neben kühler Bergluft und pumpenden Beats gibt es aber auch jede Menge kuscheliger Wirtshausatmosphäre – mit speziell bayerischen Wirtshausspielchen wie Maßkrugschieben, Wiagsogschnei– den und Holzbrettnageln, aber auch mit überregional bekannten Spässken wie Kicker, Dart oder Jenga. Gerade mal 250 Glückliche dürfen bei der Sause auf dem Berg dabei sein, Gästelistenplätze kann man nur auf www.das-wirtshaus.de gewinnen. Oder direkt hier: kulturnews und Jägermeister verlosen 1x2 Tickets für das Event am 26. 11. in GarmischPartenkirchen. Einfach bis zum 21. 11. die Gewinnhotline 0137-989 89 83 (0,50 Euro/Anruf) anrufen und gewinnen oder auf kulturnews.de teilnehmen. Teilnahme ab 18 Jahren. Mehr Infos gibt es auch auf facebook.com/daswirtshausde Impressum Die Telekom Street Gigs stehen seit fünf Jahren für Konzerte mit den angesagten Bands der Stunde in Locations, die niemand erwartet. Wie Fettes Brot im ehemaligen Berliner DDR-Funkhaus, Phoenix auf dem Parkdeck der Koelnmesse oder The Subways im Koblenzer Fort Asterstein. Am 6. Dezember steht ein ganz spezieller Gig auf dem Programm: Clueso spielt im Zughafen, einem stillgelegten Güterbahnhof in seiner Heimatstadt Erfurt. Diesen kreativen Ort hat der 31-Jährige nicht nur selbst ins Leben gerufen, er schreibt und produziert dort auch seine Songs und fördert junge Talente. Der Zughafen ist praktisch das Wohnzimmer des Ausnahmekünstlers, der mit seinem melancholisch-akustischen Deutsch-HipHop regelmäßig für Hits sorgt. Wer dabei sein will, braucht ein bisschen Glück: Tickets gibt es nur auf www.telekom-streetgigs.de zu gewinnen. Oder man versucht es direkt hier: kulturnews und die Telekom verlosen 1x2 Tickets für das Event am 6. 12. sowie ein Clueso-Fanpaket mit einer signierten CD, einem T-Shirt und einem signierten Poster. Um teilzunehmen einfach bis zum 23. 11. die Gewinnhotline anrufen: 0137-989 89 81 (0,50 Euro/Anruf) oder auf kulturnews.de gehen. // kulturnews erscheint monatlich und wird herausgegeben und verlegt von der bunkverlag GmbH Zeisehallen, Friedensallee 7–9, 22765 Hamburg VERLAG fon 040-39 92 95-0 | fax 040-39 92 95-29 E-Mail info@bunkverlag.de CHEFREDAKTEURIN Dr. Jutta Rossellit (v.i.S.d.P.) 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Noll (jan), Dr. Justus Noll (jn), Danja Prahl (dpp), Christiane Rebmann, Steffen Rüth, Axel Schock (ascho), Julia Emma Schröder (jes) Praktikantinnen: Nicola Barsties, Lena Posch (lp) Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers oder des Verlags wieder. Für unverlangt eingesandte Materialien kann keine Gewähr übernommen werden. Die Urheberrechte für Anzeigen, Entwürfe, Fotos, Vorlagen sowie der grafischen Gestaltung bleiben beim Verlag und können nur mit dessen Genehmigung weiterverwendet werden. Veranstaltungshinweise werden kostenlos abgedruckt. Fotos, die Veranstaltungshinweise illustrieren, können nur frei abgedruckt werden; der Verlag setzt bei Eingang voraus, dass alle Honorarfragen vom Veranstalter bereits geklärt sind. HINWEIS ZU GEWINNSPIELEN Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. 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