150221 gesamtentwurf komplett finalentwurf

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150221 gesamtentwurf komplett finalentwurf
Abschlussbericht
Erarbeitung eines Rettungskettenkonzepts für
Unfallverletzte in Offshore-Windenergieanlagen
Kurztitel: Rettungskette Offshore Wind
gefördert von der
Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik
vorgelegt unter der Leitung von
Prof. Dr. med. Christian Jürgens und
Dr. rer. nat. Nils Weinrich
Berufsgenossenschaftliches Unfallkrankenhaus Hamburg
Hamburg, 23.02.2015
Der vorliegende Abschlussbericht fasst die Ergebnisse der Arbeiten im Forschungsprojekt „Rettungskette Offshore Wind“ (ROW) zusammen. ROW wurde mit Förderung der Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik
(BGHW) unter dem Förderkennzeichen 617.0 „Erarbeitung eines Rettungskettenkonzepts für Unfallverletzte in
Offshore-Windenergieanlagen (Kurztitel: Rettungskette Offshore Wind)“ durchgeführt.
Der Abschlussbericht wurde nach bestem Wissen und mit der erforderlichen Sorgfalt entsprechend dem Kenntnisstand der Autoren zum Projektstand 31.12.2014 abgefasst. Die in dem Bericht geäußerten Ansichten und
Meinungen der Autoren müssen nicht mit denen ihrer Organisation übereinstimmen.
Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die vollständige oder auszugsweise Veröffentlichung bzw. Vervielfältigung des Berichts bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhauses Hamburg.
Autoren des Berichts (in alphabetischer Reihenfolge):
Dr. rer. nat. Dirk Dethleff
Dorothea Hory
Prof. Dr. med. Christian Jürgens
Birgitt Kowald
Maja Verena Nielsen
Prof. Dr. med. Klaus Seide
Dr. med. Markus Stuhr
Dr. rer. nat. Nils Weinrich
Berufsgenossenschaftliches Unfallkrankenhaus Hamburg
Bergedorfer Straße 10
21033 Hamburg
© ROW, BUKH 2015
Vorwort
Der von der Bundesregierung 2011 beschlossene Atomausstieg bedeutet eine Zäsur in der
Energiepolitik und markiert einen Meilenstein in der Weiterentwicklung der Energieversorgung Deutschlands. Ein zentraler Bestandteil ist hierbei die Forcierung der schon seit den
1980er Jahren eingeleiteten Energiewende hin zu einer nachhaltigen und erneuerbaren
Energieerzeugung durch Wind, Wasser, Sonne, Biomasse und Geothermie. Insbesondere
die Energieerzeugung durch Wind spielt dabei für den Standort Deutschland eine herausragende Rolle und so bildet speziell die Nutzung des Windes auf dem Meer eine wesentliche
Säule aktueller Pläne für unsere zukünftige Energieversorgung. Dieses begründet auch den
derzeitigen und zukünftigen Ausbau der Offshore-Windenergie, welcher gleichzeitig zu einem Anstieg der Arbeitsplätze in einer herausfordernden Umgebung führt. So werden nach
derzeitigen Schätzungen mehr als 1.000 Menschen künftig permanent in deutschen Offshore-Windparks im Einsatz sein und sich in einer widrigen maritimen Umgebung, weit ab von
den an Land flächendeckend etablierten Strukturen zur rettungsdienstlichen und klinischen
Versorgung, befinden.
Der vorliegende Bericht stellt die Erkenntnisse und Ergebnisse dar, die während der Arbeiten
im Forschungsprojekt „Rettungskette Offshore Wind“ (ROW) gewonnen wurden. Das Projekt
wurde von Januar 2012 bis Februar 2015 im Rahmen einer Förderung durch die Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik (BGHW) durchgeführt. Ziel des Projekts war die Erarbeitung einer wissenschaftlichen Grundlage zur Konzeption und Evaluation der Rettungskette für Unfallverletzte und Akuterkrankte in Offshore-Windparks. Der Bericht soll den für
den Arbeits- und Gesundheitsschutz zuständigen inner- und außerbetrieblichen Stellen Hilfestellung und Orientierung bei der Gestaltung und Sicherstellung der Rettungskette in dieser
noch jungen Arbeitsumgebung bieten und richtet sich somit sowohl an die Unternehmen und
privaten Institutionen als auch an die Behörden und öffentlichen Einrichtungen, welche in
diesem Bereich tätig sind.
Die kontinuierliche Unterstützung und Diskussionsbereitschaft seitens der BGHW während
der Durchführung der Forschungsarbeiten, die aktive Zu- und Mitarbeit zahlreicher weiterer
Berufsgenossenschaften, welche für die Arbeitnehmer1 und Arbeitgeber im deutschen Offshore-Windbereich zuständig sind, sowie die Wertschätzung und Unterstützung der Forschungsarbeiten durch die Unternehmen selbst, die Offshore-Windparks in deutschen Gewässern errichten, betreiben und betreuen, haben maßgeblich zur erfolgreichen Ausgestaltung und Erstellung des vorliegenden Berichts beigetragen. Ihnen allen und besonders unserem Wissenschaftlichen Beirat gilt unser Dank für das während des Projekts entgegengebrachte Vertrauen und Engagement, die zahlreichen fruchtbaren Diskussionen und die stets
positive Zusammenarbeit.
1
In dem vorliegenden Bericht wird zur Erleichterung des Leseflusses bei Personenangaben die männliche Form
verwendet. Diese schließt die weibliche Form ein.
Namentlich möchten wir an dieser Stelle insbesondere Herrn Hans-Jürgen Schreiber, ehem.
Hauptgeschäftsführer der BGHW, danken, der nicht nur das Forschungsprojekt „Rettungskette Offshore Wind“ angestoßen hat, sondern sich auch aktiv in den Fortgang der Forschungsarbeiten - u. a. als Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Projekts - eingebracht hat. Seine Diskussionsbeiträge und juristische Sicht haben unsere Arbeiten und die
daraus entstandenen Ergebnisse wesentlich befördert. Unser besonderer Dank gilt zudem
Herrn Michael Ziethen, Leiter der Regionaldirektion Nord der BGHW. Herr Ziethen war uns
als Ansprechpartner bei der BGHW für das Forschungsprojekt ein fortwährender Diskussionspartner, hat uns jederzeit mit Rat und Tat unterstützt und die initialen Kontakte zur Industrie und den Betreibern ermöglicht.
Dank gilt zudem unseren Kolleginnen und Kollegen am BG Unfallkrankenhaus Hamburg, die
unsere Forschungsarbeit mit großem Engagement und Interesse begleitet und unterstützt
haben. Ebenfalls gilt unser ausdrücklicher Dank der Geschäftsführung und dem Vorstand
des Trägervereins des Berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhauses Hamburg für die
Schaffung eines herausragenden Arbeitsumfeldes sowie für die fortwährende und unkomplizierte Unterstützung, um dieses Forschungsprojekt im Sinne des Leitgedankens aus dem
SGB VII „Heilen und Helfen mit allen geeigneten Mitteln“ durchführen zu können.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis .................................................................................................................... i
Abkürzungsverzeichnis.......................................................................................................... iii
Kurzzusammenfassung ......................................................................................................... 1
Summary ............................................................................................................................... 2
1
Einleitung ....................................................................................................................... 3
2
Rahmenbedingungen für die Ausgestaltung der Rettungskette ...................................... 8
3
4
2.1
Rechtliche Rahmenbedingungen............................................................................. 8
2.2
Naturräumliche Rahmenbedingungen ....................................................................11
2.3
Technische und infrastrukturelle Rahmenbedingungen ..........................................13
Rettungsrelevante Meeres- und Umweltbedingungen ...................................................18
3.1
Zusammenfassung .................................................................................................18
3.2
Einleitung ...............................................................................................................18
3.3
Methodik ................................................................................................................19
3.4
Ergebnisse .............................................................................................................20
3.5
Diskussion und Schlussfolgerungen .......................................................................25
3.6
Ausblick..................................................................................................................27
Retrospektive Analyse des Unfall- und Erkrankungsgeschehens ..................................28
4.1
4.1.1
Zusammenfassung ..........................................................................................28
4.1.2
Einleitung ........................................................................................................29
4.1.3
Methodik .........................................................................................................29
4.1.4
Ergebnisse ......................................................................................................29
4.1.5
Diskussion und Schlussfolgerungen ................................................................31
4.2
Detailstudie zum Windpark BO1 (2011-2013).........................................................32
4.2.1
Zusammenfassung ..........................................................................................32
4.2.2
Einleitung ........................................................................................................33
4.2.3
Methodik .........................................................................................................33
4.2.4
Ergebnisse ......................................................................................................34
4.2.5
Diskussion und Schlussfolgerungen ................................................................35
4.3
Prozesszeiten der betrieblichen Luftrettung im Windpark BO1 (2011-2013) ...........37
4.3.1
Zusammenfassung ..........................................................................................37
4.3.2
Einleitung ........................................................................................................37
4.3.3
Methodik .........................................................................................................38
4.3.4
Ergebnisse ......................................................................................................38
4.3.5
Diskussion und Schlussfolgerungen ................................................................39
4.4
5
Übersichtsstudie zu deutschen Offshore-Windparks (2008-2012) ..........................28
Ausblick..................................................................................................................42
Zentrales Medizinisches Offshore-Register (ZeMOR) ..................................................44
5.1
Zusammenfassung .................................................................................................44
i
6
7
5.2
Einleitung ...............................................................................................................45
5.3
Methodik ................................................................................................................46
5.4
Ergebnisse .............................................................................................................48
5.5
Diskussion und Schlussfolgerungen .......................................................................54
5.6
Ausblick..................................................................................................................55
Erste Hilfe .....................................................................................................................57
6.1
Zusammenfassung .................................................................................................57
6.2
Einleitung ...............................................................................................................57
6.3
Methodik ................................................................................................................59
6.4
Ergebnisse .............................................................................................................60
6.5
Diskussion und Schlussfolgerungen .......................................................................63
6.6
Ausblick..................................................................................................................65
Rettungsdienstliche Weiterversorgung ..........................................................................66
7.1
Zusammenfassung .................................................................................................66
7.2
Einleitung ...............................................................................................................67
7.3
Methodik ................................................................................................................67
7.4
Ergebnisse .............................................................................................................68
7.5
Diskussion und Schlussfolgerungen .......................................................................73
7.6
Ausblick..................................................................................................................74
8
Zusammenfassung ........................................................................................................75
9
Synthese und Ausblick ..................................................................................................79
Literaturverzeichnis ..............................................................................................................82
Anhang A: Notfallmeldebogen (Stand 01.04.2014) ...............................................................94
Anhang B: Erste-Hilfe-Lehrgänge (national/international) .....................................................96
ii
Abkürzungsverzeichnis
ABBergV
Allgemeine Bundesbergverordnung
AED
Automatisierter Externer Defibrillator
AGBF
Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren
ArbSchG
Arbeitsschutzgesetz
AWZ
Ausschließliche Wirtschaftszone
BG ETEM
Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse
BGHW
Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik
BGI
Berufsgenossenschaftliche Information
BMAS
Bundesministerium für Arbeit und Soziales
BMVg
Bundesministerium der Verteidigung
BMVI
Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur
BSH
Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie
BtMG
Betäubungsmittelgesetz
DGAI
Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin
DGMM
Deutsche Gesellschaft für Maritime Medizin
DGOU
Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie
DGU
Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie
DGUV
Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung
DGzRS
Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger
DIN
Deutsches Institut für Normung
DIVI
Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin
DLR
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt
DWD
Deutscher Wetterdienst
EEG
Erneuerbare-Energien-Gesetz
EG
Europäische Gemeinschaft
EKG
Elektrokardiogramm
ENCR
European Network of Cancer Registries
ESAW
Europäische Statistik über Arbeitsunfälle
EU
Europäische Union
EUROSTAT
Statistische Amt der Europäischen Union
EWG
Europäische Wirtschaftsgemeinschaft
EWR
Europäischer Wirtschaftsraum
FINO
Forschungsplattformen in Nord- und Ostsee
GCS
Glasgow-Coma-Scale
GWO
Global Wind Organisation
HavKomErVbgG
Havariekommandovereinbarung
iii
HEMS
Helicopter Emergency Medical Services
HGÜ
Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung
HK
Havariekommando
ILO
International Labour Organization
IOGP
International Association of Oil & Gas Producers
KrfsVO
Krankenfürsorgeverordnung
NACA
National Advisory Committee for Aeronautics
NotSan
Notfallsanitäter
NotSanG
Notfallsanitätergesetz
OSHAS
Occupational Health- and Safety Assessment Series
OWEA
Offshore-Windenergieanlagen
OWE-SRK
Offshore Windenergie – Sicherheitsrahmenkonzept
OWP
Offshore-Windpark
PSAgA
Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz
RA
Rettungsassistent
RettAssG
Rettungsassistentengesetz
RIDDOR
Reporting of Injuries, Diseases and Dangerous Occurrences Regulat.
RISE
Renewable Industry and Savety Exchange
ROW
Rettungskette Offshore Wind
RTH
Rettungstransporthubschrauber
RTW
Rettungstransportwagen
SAR
Search and Rescue
SchBesV
Schiffsbesetzungsverordnung
SchuSiKo
Schutz- und Sicherheitskonzept
SeeAnlV
Seeanlagenverordnung
SGB VII
Siebtes Buch Sozialgesetzbuch
SOLAS
International Convention for the Safety of Life at Sea
SRHT
Spezielle Rettung aus Höhen und Tiefen
SRÜ
Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen
TMAS
Telemedical Maritime Assistance Service
TNA
Telenotarzt
TR-DGU
TraumaRegister DGU®
UVTöH
Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand
WEA
Windenergieanlage
ZeMOR
Zentrales Medizinisches Offshore Register
iv
Kurzzusammenfassung
Das Ziel des Forschungsprojekts „Rettungskette Offshore Wind“ war die Erarbeitung einer
wissenschaftlichen Grundlage zu Fragen hinsichtlich Gestaltung und Evaluation der Rettungskette für Unfallverletzte und Akuterkrankte in Offshore-Windparks. Es wurde von Januar 2012 bis Februar 2015 im Rahmen einer Förderung durch die Berufsgenossenschaft
Handel und Warenlogistik (BGHW) am Berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhaus
Hamburg durchgeführt. Das interdisziplinär angelegte Projekt sollte wissenschaftlich basierte, fundierte Erkenntnisse und Informationen über die Notfallversorgung und Rettung in diesem besonderen Umfeld liefern, sowie geeignete Maßnahmen und innovative Instrumente
aufzeigen, um die Akteure in der jungen Offshore-Windenergiebranche hinsichtlich der Umsetzung und Sicherstellung der Rettungskette zu unterstützen.
Erstmalig konnte dabei durch eine systematische Aufarbeitung und tiefgehende Analyse von
Informationen zu medizinischen Ereignissen bei Bau und Betrieb deutscher OffshoreWindparks eine belastbare Datengrundlage für diesen Bereich generiert werden. Zukunftsweisend wurde in diesem Zusammenhang auch der Grundstein für ein Zentrales Medizinisches Offshore Register (ZeMOR) gelegt, das zukünftig eine standardisierte und strukturierte
Erfassung relevanter präklinischer Daten bei Unfällen und Erkrankungen ermöglichen und
den Akteuren im Offshore-Windbereich ein wirksames und innovatives Instrument zur Evaluation und Optimierung der Rettungskette zur Verfügung stellen soll.
Das Forschungsprojekt war zudem maßgeblich an der Anfang 2014 veröffentlichten Empfehlung zur Ersten Hilfe in Offshore-Windparks seitens des Fachbereichs Erste Hilfe in der
Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) beteiligt. Durch die Berücksichtigung
der wissenschaftlichen Erkenntnisse aus den Forschungsarbeiten sowie die Nutzung des im
Rahmen des Forschungsprojekts aufgebauten Wissensnetzwerks wurde eine wichtige
Grundlage geschaffen, die letztlich erst eine unabhängige, ziel- und ergebnisorientierte Arbeit zu diesem Thema ermöglichte und in ihrer Wirkung eine hohe praktische Relevanz für
den gesamten Offshore-Windbereich besitzt. Die dabei erzielten wissenschaftlichen Erkenntnisse können allerdings auch für andere Branchen, wie z. B. den OnshoreWindenergiesektor oder die maritime Branche, sowie generell für Bereiche, wo Menschen in
Notsituationen kommen und mit einer verlängerten Zugriffszeit professioneller Rettungskräfte
gerechnet werden muss, von Interesse und Nutzen sein. So wurde u. a. frühzeitig im Rahmen der Forschungsarbeiten auf den möglichen Nutzen telemedizinischer Anwendungen zur
Unterstützung nicht-ärztlicher Helfer hingewiesen und zusammen mit Vertretern der Industrie, der Berufsgenossenschaften, der Behörden, medizinischen und rechtswissenschaftlichen
Fachgesellschaften und Institutionen sowie anderen Forschergruppen deren mögliche Umsetzung im Offshore-Windbereich diskutiert und vorangetrieben.
Durch die Implementierung und fortwährende Pflege des Wissensnetzwerks mit allen im
Offshore-Windbereich tätigen Unternehmen und Institutionen wurde gewährleistet, dass die
Erkenntnisse und Ergebnisse schon während der Laufzeit des Projekts in Konzepte, Maßnahmen und Publikationen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes
der Offshore-Arbeiter einfließen konnten und somit auch über das Projektende hinaus nachhaltig wirken können. Das Offshore Windenergie – Sicherheitsrahmenkonzept (OWE-SRK)
des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) weist zudem auf eine
Berücksichtigung der erzielten Erkenntnisse und Ergebnisse des Forschungsprojekts „Rettungskette Offshore Wind“ hin. Dies unterstreicht schon jetzt die praxisbezogene Bedeutung
der durchgeführten Forschungsarbeiten für den Offshore-Windbereich.
Während der Projektlaufzeit konnten wichtige Ergebnisse erzielt und generell dem Arbeitsund Gesundheitsschutz dienliche Entwicklungen verzeichnet werden. Es bedarf aber weiterer mit dem Fokus auf Nachhaltigkeit konzipierter Forschungsarbeiten, um die Maßnahmen
der Rettungskette im Offshore-Windbereich auf eine belastbare und zukunftssichere Grundlage zu stellen. Die Verstetigung und Nachhaltigkeit der erzielten Ergebnisse ist über eine
Fortsetzung der Forschungsarbeiten im Rahmen einer Förderung durch die Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM) gewährleistet.
1
Summary
The principal target of the research project “Rescue Chain Offshore Wind” was the development of a scientific basis for the design and evaluation of the rescue chain for trauma patients and acutely sick persons in offshore wind farms. The project was funded by the German Institution for Statutory Accident Insurance and Prevention for Trade and Merchandise
Logistics (BGHW) and run at the BG Trauma Hospital Hamburg from January 2012 to February 2015. The principal aim of the interdisciplinary project was to deliver scientific-based,
sound information and perceptions on the emergency care and rescue in this particular environment. Further purpose was to pinpoint appropriate measures and innovative instruments
in order to support the stakeholders in the young offshore wind energy industry concerning
the implementation and securing of the rescue chain.
Based on a systematic and deep-going analysis of information on medical incidents during
construction and maintenance of German offshore wind farms, first time a resilient database
could be generated for this field. Further, the trendsetting keystone for a Central Medical Offshore Register (ZeMOR) could be laid. This register prospectively allows for a standardized
and structured acquisition of preclinical accident and disease data, and will provide an effective and innovative tool for the rescue chain evaluation and optimization for offshore wind
stakeholders.
Further, the research project substantially contributed to the first-aid recommendation for
offshore wind farms published by the first-aid department of the German Statutory Accident
Insurance (DGUV) in early 2014. The consideration of the scientific results ensuing from the
research work as well as the use of the knowledge network established during the project
period both provided an important fundament, which finally enabled an independent, targeted
and result-orientated work on the above topic and, additionally, will have a high future operative impact and relevance for the entire offshore wind sector. Further, the resulting scientific
project findings may also be of interest and benefit for other industries like the onshore wind
energy sector or the entire maritime segment, as well as generally for fields where people
may get involved into medical emergencies, and extended access times of professional rescue teams have to be expected. Accordingly, already at an early stage of the research work
the potential benefit from tele-medical applications supporting non-professional medical aiders was emphasized. The potential implementation of tele-medical applications in the offshore wind sector has also jointly been discussed and advanced with representatives of the
industry, various German Statutory Accident Insurances, administrative and public authorities, medical and jurisprudential societies as well as other research teams.
Subsequent to the implementation and permanent maintenance of the knowledge network
including all companies and institutions engaged in the offshore wind sector, it could be ensured that the results and findings were incorporated into concepts, procedures and publications already during the project period in order to improve the offshore wind occupational
health and safety, thereby furthermore ensuring a sustainable impact of the results after the
project end. The “Offshore Wind Energy – Safety Framework Concept” (OWE-SRK) of the
German Ministry for Traffic and Digital Infrastructure (BMVI) emphasizes explicitly the consideration of the results of the research project “Rescue Chain Offshore Wind”. This underpins the practice-related significance of the research works for the offshore wind sector already today.
During the project period important results could be achieved, accompanied by certain developments that are generally beneficial for the occupational health and safety sector. However, more sustainability-focusing research is needed in order to put the available offshore
wind rescue chain measures on a resilient and future-proofed base. Thus, the stabilization
and sustainability of the results achieved will be guaranteed by the continuation of the research works funded by the German Institution for Statutory Accident Insurance and Prevention for Energy, Textiles, Electronics and Media Products (BG ETEM).
2
1 Einleitung
Nach aktuellen Plänen der Bundesregierung ist nach wie vor ein umfangreicher Ausbau der
Offshore-Windenergie vorgesehen. Bis zum Jahr 2020 sollen Windenergieanlagen mit einer
Gesamtleistung von rund 6.500 Megawatt (MW) und bis zum Jahr 2030 von rund 15.000 MW
in Nord- und Ostsee installiert werden [1, 2], was der Errichtung von mindestens 3.000
Windenergieanlagen der 5-MW-Klasse entspricht.
Die für die Nutzung der Offshore-Windenergie in Deutschland geeigneten Flächen liegen
dabei überwiegend in der sog. ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ), d. h. außerhalb der
12-Seemeilen-Zone und damit vergleichsweise weit von der Küste entfernt [3] (s. a. Abb.
1.1). Dieses ist einerseits durch Naturschutzinteressen und andererseits durch die bereits
intensive Beanspruchung des Meeres durch Schifffahrt, Fischerei, Marine und andere Nutzungen begründet [3].
Abb. 1.1: Mit Stand 31.12. 2014 im Bau befindliche, errichtete und einspeisende Offshore-Windparks in der deutschen Nord- und Ostsee. Hellblaue Flächen zeigen die deutsche AWZ und 12-Seemeilen-Zone in Nord- und
Ostsee. Rote Strich-Punkt-Linie trennt das Küstenmeer von der AWZ. Die durchgezogene rote Linie stellt die
Staatsgrenzen (Festland) sowie die Grenze zur AWZ (Meer) benachbarter Staaten dar.
Mit Stand 31. Dezember 2014 speisten insgesamt 258 Offshore-Windenergieanlagen
(OWEA) mit einer installierten Gesamtleistung von 1.049,2 MW Strom ins Netz ein. Zudem
waren zu diesem Zeitpunkt 285 weitere OWEA mit einer Leistung von 1.303,1 MW vollständig errichtet, die allerdings noch keinen Strom ins Netz einspeisten. Weitere Anlagen mit
einer Gesamtleistung von 923,2 MW befanden sich darüber hinaus zum Jahresende 2014 in
Bau. [4]
Somit waren Ende 2014 insgesamt etwa 50% der bis 2020 angestrebten 6.500 MW im Bau,
installiert oder bereits in Betrieb (s. a. Abb. 1.2). Im Hinblick auf zukünftige Entwicklungen
haben etwa 20 weitere Offshore-Windparkprojekte mit zusammen ca. 1.100 Windenergieanlagen und einer Gesamtleistung von rund 6.500 MW bereits eine Genehmigung erhalten.2
Einen Überblick über die insgesamt dreizehn zum Jahresende 2014 im Bau befindlichen,
errichteten und einspeisenden Windparks in deutschen Gewässern gibt Abb. 1.1.
2
Diese Angaben beruhen auf Zahlen, welche unter [5] in der Rubrik „Genehmigte Offshore-Windparks“ zu finden
sind.
3
1.049,2 MW
16,1 %
3.224,5 MW
49,6 %
20,0 %
1.301,1 MW
14,2 %
923,2 MW
Mit Netzeinspeisung
Installiert ohne Netzeinspeisung
In Bau
Zusätzlich umzusetzen bis 2020
Abb. 1.2: Offshore-Leistung in konkreter Umsetzung (d. h. mindestens in Bau befindlich) und ihr Anteil (in Prozent) an dem Ziel von 6.500 MW bis 2020 mit Stand 31.12.2014 (nach [4]).
Mehr als 1.000 Menschen, nach manchen Schätzungen sogar mehr als 2.000, werden künftig permanent in deutschen Offshore-Windparks im Einsatz sein [6]. Erste Erfahrungen zeigen, dass sich während der Bauphase im Durchschnitt 20 schwimmende Einheiten und rund
300 Mitarbeiter [7, 8, 9], zu Spitzenzeiten sogar mehr als 400 Personen [10] gleichzeitig in
einem einzelnen Windpark aufhalten. Entsprechende statistische Auswertungen für die Betriebsphase liegen bis dato noch nicht vor. Es ist allerdings bereits jetzt davon auszugehen,
dass auch während der Betriebsphase viele Personen in den Windparks tätig sein werden.
Trotz größter Anstrengungen in der Primärprävention, die auch für den OffshoreWindbereich höchste Bedeutung hat, sind medizinische Notfälle unterschiedlicher Schweregrade nicht vollständig auszuschließen und steigen in aller Regel mit der Zahl der Beschäftigten [11, 12]. Deren Bewältigung im Sinne einer lückenlosen Versorgung des Notfallpatienten, die – versinnbildlicht durch die Rettungskette (siehe Abb. 1.3) – am Ort des Geschehens
beginnt und in der Klinik endet [13], bedarf gerade im Offshore-Bereich einer besonderen
Betrachtung. Zwar können als Grundlage zunächst die allgemein üblichen und etablierten
Schemata bei der Bewältigung medizinischer Notfälle dienen, doch müssen zeitliche, räumliche sowie ressourcen- und umweltbezogene Faktoren berücksichtigt werden, die insbesondere in ihrer Kombination einen wesentlichen Einfluss auf die Effektivität und Effizienz der
Rettungskette und damit auf das Outcome des Notfallpatienten haben können [11, 12].
Leitlinien und Standards, die an Land, in der Schifffahrt oder der Offshore-Öl- und Gasindustrie etabliert sind, stellen zwar wesentliche Orientierungshilfen dar, können jedoch nicht ohne
entsprechende Modifikation und Adaptation an die noch junge Arbeitsumgebung der Offshore-Windparks übertragen werden [11, 12]. Gerade in Bezug zur maritimen Medizin auf Schiffen, aber auch zur medizinischen Versorgung von Notfallpatienten auf Plattformen in der
Offshore-Öl- und -Gasindustrie, ergeben sich grundsätzliche Unterschiede, die berücksichtigt
werden müssen [11].
Abb. 1.3: Glieder der Rettungskette vom Eintreten des Notfalls bis zur Übergabe des Patienten im Krankenhaus
(aus [13]).
4
So kann im Gegensatz zur Hochseeschifffahrt, die in großem Umfang in rettungsdienstlich
nicht erschlossenen bzw. von Land aus nicht zeitnah erreichbaren Meeresgebieten stattfindet, im Falle der Offshore-Windparks in der deutschen Nord- und Ostsee generell davon
ausgegangen werden, dass diese sich in einem für entsprechend landseitig stationierte Rettungstransporthubschrauber (RTH) realistischen Einsatzradius befinden, so dass die Zuführung professioneller medizinischer Hilfe und ein Rettungstransport zum Festland (Evakuierung) in angemessener Zeit grundsätzlich möglich ist [11].
In Abgrenzung zu den Arbeitsplätzen in der Offshore-Öl- und -Gasindustrie, bei denen die
operative Tätigkeit auf einer Plattform räumlich begrenzt und die Einrichtung sowie Erhaltung
einer Notfallversorgung vor Ort in der Regel einfacher zu gestalten ist [11], decken OffshoreWindparks aufgrund der räumlichen Anordnung der Windenergieanlagen sehr ausgedehnte
Flächen in der Größenordnung von einigen 1.000 Hektar ab. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Plattformen der Offshore-Öl- und -Gasindustrie in der Regel von einer großen
Mannschaft betrieben werden, was insbesondere in der Betriebsphase der OffshoreWindparks nicht der Fall sein wird, so dass sich hier eine vollständig neue technischorganisatorische Herausforderung stellt [11].
Grundsätzlich erfordern die spezifischen Bedingungen bei Bau, Betrieb und Wartung von
Windparks auf hoher See eine spezielle Ausbildung sowie charakteristische Berufs- und
Fachkenntnisse des eingesetzten Personals [14]. Daneben ist eine an die maritime Umwelt
und die Arbeitsumgebung adaptierte Strategie der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes erforderlich, wobei berücksichtigt werden muss, dass insbesondere medizinische
Notfälle in dieser Umgebung die Betroffenen und Beteiligten vor besondere Herausforderungen stellen [14]. Im Hinblick auf eine effiziente Erste Hilfe und Notfallrettung sind neben arbeitsumfeldspezifischen Aspekten wie engen Räumlichkeiten und großen Höhen und Tiefen
sowie der Weitläufigkeit der Windparks insbesondere die zum Teil erhebliche Entfernung
zum Festland zu berücksichtigen, die letztlich die Eintreffzeit professioneller Hilfe von Land
wie auch die Transportzeit in die nächste geeignete Klinik bestimmt [12]. Erschwerend
kommt hinzu, dass die maritimen Umweltbedingungen direkten Einfluss auf die Zugänglichkeit zu den Windenergieanlagen und Plattformen sowie auf die generelle Einsatzfähigkeit
luft- und wassergebundener Rettungsmittel haben [12, 14] und damit mitentscheidend für die
Durchführbarkeit einer erfolgreichen Notfallversorgung mit entsprechender Rettung und anschließendem Transport auf das Festland sind [11]. Zusätzlich stehen bei Eintritt eines Notfalls in der Regel nur begrenzte Ressourcen in Bezug auf Personal und Material für eine effiziente Notfallversorgung und Rettung zur Verfügung [12, 14].
Deswegen muss in diesem Zusammenhang aus medizinischer Sicht besonderes Augenmerk
auf das sogenannte therapiefreie Intervall (siehe auch Abb. 1.4) gelegt werden, das die Zeitspanne zwischen Eintritt des Notfalls und Beginn qualifizierter Hilfe bezeichnet [15]. Die Länge dieses Intervalls ist mitentscheidend für das Überleben und die Prognose des Notfallpatienten [15] und somit ein wichtiger prädiktiver Faktor für das Outcome von Notfallpatienten
[16].
Zur Unterstützung der Akteure im Offshore-Windbereich in Bezug auf Gestaltung und Sicherstellung der Rettungskette, werden seit Anfang 2012 im Rahmen des Forschungsprojekts „Rettungskette Offshore Wind“ in enger Zusammenarbeit mit den Offshore aktiven Unternehmen sowie den für diesen Bereich relevanten Unfallversicherungsträgern, Behörden
und Institutionen wissenschaftliche Grundlagen zur optimalen Ausgestaltung der Rettungskette erarbeitet. Zielsetzung ist dabei, diese wissenschaftlichen Grundlagen für die zukünftige Ausgestaltung der Rettungskette nutzbar zu machen und ein einheitliches Konzept für die
Notfallversorgung und Rettung von verletzten und erkrankten Offshore-Arbeitern bei Bau und
Betrieb von Offshore-Windparks zu entwickeln.
5
Abb. 1.4: Das therapiefreie Intervall bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes muss durch Maßnahmen von am
Notfallort anwesenden Ersthelfern überbrückt werden (nach [17])
Damit dieses Ziel erreicht werden kann und gleichsam die Erkenntnisse und Bedürfnisse
dieser noch jungen Branche zeitnah in die Projektarbeit einfließen können, wurden im ersten
Projektjahr zunächst die relevanten Stellen hinsichtlich der Thematik sensibilisiert und die
Schaffung eines diesbezüglichen belastbaren Wissensnetzwerks aufgenommen. Zahlreiche
Arbeitsgespräche mit für das Projekt relevanten Behörden, DGUV3-Fachbereichen, EinzelBerufsgenossenschaften, Wirtschafts- und Fachverbänden, Errichtern und Betreibern von
Windparks, Anlagenherstellern, Service-Unternehmen, Ausbildungs- und Trainingszentren,
privaten Rettungsdiensten und Rettungsleitstellen sowie relevanten Forschergruppen wurden geführt und ein intensiver Austausch gepflegt. Es stellte sich dabei frühzeitig heraus,
dass nicht nur medizinische Notfälle im Rechtsregime des Arbeitsschutzgesetzes, sondern
auch des Seearbeitsgesetzes für die Rettungskette im Offshore-Windbereich von Bedeutung
sind. Zudem wurde festgestellt, dass eine ausschließliche Betrachtung der Rettungskette im
Hinblick auf Notfälle in den Windenergieanlagen für die allgemeinen Fragestellungen nicht
ausreichend ist, sondern auch Notfälle auf Plattformen (Umspannplattformen, HGÜ4Plattformen) sowie auf Schiffen, die bei Bau und Betrieb von Offshore-Windparks eingesetzt
werden, in der Betrachtung berücksichtigt werden müssen.
Inhaltlich wurden im Rahmen der Projektarbeiten frühzeitig mehrere Arbeitsfelder identifiziert,
deren wissenschaftliche Bearbeitung zum Erreichen des übergeordneten Projektziels als
erforderlich angesehen wurde. Hierzu zählen die Betrachtung, Teilanalyse und Kategorisierung rettungsrelevanter Meeres- und Atmosphärenparameter, die retrospektive Analyse bisheriger medizinischer Ereignisse und Notfälle im Offshore-Windbereich, die Konzeption eines standardisierten prospektiven Erfassungsinstruments für diesen Bereich sowie die Bedarfsanalyse zur Erweiterung der Erste-Hilfe-Maßnahmen und die Analyse der rettungsdienstlichen Weiterversorgung bei Bau und Betrieb von Offshore-Windparks.
Im Hinblick auf den ursprünglichen Projektplan konnten alle Arbeitspakete erfolgreich abgeschlossen werden. Diese werden systematisch entsprechend der durchgeführten Forschungsarbeiten sowie der erzielten Erkenntnisse und Ergebnisse in den folgenden Kapiteln
ausführlich dargestellt.
Nach einer kurzen Hinführung zum Thema mit Darstellung der Aufgabenstellung und Forschungsziele (Kapitel 1) folgt ein Überblick über die rechtlichen, naturräumlichen und technisch-organisatorischen Rahmenbedingungen für die Ausgestaltung der Rettungskette im
3
4
Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung.
Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung.
6
Offshore-Windbereich (Kapitel 2). Anschließend werden aufgrund ihrer Bedeutsamkeit für die
Rettungskette in diesem Bereich rettungsrelevante Meeres- und Umweltbedingungen dargelegt (Kapitel 3). Der darauffolgenden Darstellung vorläufiger Analyseergebnisse des Unfallund Erkrankungsgeschehens im Offshore-Windbereich in Form einer retrospektiven Übersichts- und Detailstudie (Kapitel 4) folgen die Vorstellung des im Rahmen des Projekts entwickelten Grundgedankens sowie die erarbeiteten Grundlagen zur Etablierung eines Registers (Zentrales Medizinisches Offshore Register, Kapitel 5). Nachfolgend werden die Forschungsarbeiten und -ergebnisse zum Thema der Ersten Hilfe in Offshore-Windparks erläutert (Kapitel 6) sowie die rettungsdienstlichen Aspekte bei medizinischen Notfällen in diesem
Bereich beleuchtet (Kapitel 7). Im Anschluss werden die zentralen Ergebnisse noch einmal
zusammengefasst (Kapitel 8), bevor abschließend im Gesamtzusammenhang eine Synthese
zur Rettungskette Offshore Wind erstellt und ein Ausblick gegeben wird (Kapitel 9).
Die themenbezogenen Kapitel (3-7) wurden dabei so gestaltet, dass sich der Leser zunächst
in Form einer kurzen Zusammenfassung über das jeweilige Thema informieren kann, bevor
er tiefer in das Thema einsteigt.
7
2 Rahmenbedingungen für die Ausgestaltung der Rettungskette
Die Erarbeitung eines bedarfsgerechten Konzepts zur lückenlosen Versorgung eines Notfallpatienten im Sinne der Rettungskette setzt zunächst eine Betrachtung der allgemeinen
Rahmenbedingungen voraus, welche gerade bezogen auf den Offshore-Windbereich einige
Besonderheiten aufweisen. Neben den technischen und organisatorischen Rahmenbedingungen spielen hierbei insbesondere die gegebenen naturräumlichen Rahmenbedingungen
eine wesentliche Rolle für die Konzeption und Ausgestaltung einer optimalen Rettungskette
in diesen Bereich. So gilt es grundsätzlich, die signifikanten Nachteile, welche insbesondere
durch die naturräumlichen Bedingungen erwachsen, durch geeignete Maßnahmen und Strategien zu minimieren. Dabei müssen allerdings auch die rechtlichen Rahmenbedingungen
betrachtet werden, die letztlich den möglichen Gestaltungs- und Handlungsspielraum seitens
der Unternehmen sowie privater und ggf. öffentlicher Einrichtungen auf der operativen Ebene
maßgebend bestimmen.
2.1 Rechtliche Rahmenbedingungen
Rechtliche Rahmenbedingungen prägen die Notfallversorgung in Deutschland und bestimmen Grenzen und Gestaltungsspielräume nicht nur im Hinblick auf medizinische Maßnahmen, sondern auch im Hinblick auf Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Insofern ist eine Betrachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Ausgestaltung der
Rettungskette im Offshore-Windbereich von hoher Bedeutung.
Für diese Betrachtung muss zunächst berücksichtigt werden, dass das Meeresgebiet vom
deutschen Festland aus gesehen nach dem Seerechtsübereinkommen (SRÜ5), welches den
Status und die Rechtsnatur nationaler und internationaler Gewässer regelt [18], aufgeteilt ist
in eine 12-Seemeilenzone und den darüber hinausgehenden Bereich, die auf 200 Seemeilen
begrenzte „Ausschließliche Wirtschaftszone“ (AWZ).
Die 12-Seemeilenzone, das sogenannte Küstenmeer, gehört dabei zum Hoheitsgebiet des
Küstenstaates sowie bezogen auf den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) auch zum
EWR [19]. Sie unterliegt – unbeschadet der im Einzelnen im Hinblick auf das Recht der friedlichen Durchfahrt bestehenden Unterschiede – der küstenstaatlichen Souveränität [20, 21],
während die AWZ nicht zum gewöhnlichen Hoheitsgebiet des jeweiligen Küstenstaats gehört
[22] und hoheitliche Befugnisse in diesem Gebiet nur eingeschränkt wahrgenommen werden
dürfen [23]. Insofern wird bezogen auf die AWZ in der rechtswissenschaftlichen Literatur
häufig auch von einem „Funktionshoheitsraum“ gesprochen [20, 23, 24, 25], so dass das für
das Hoheitsgebiet geltende Recht des Bundes oder auch der Bundesländer jeweils daraufhin
geprüft werden muss, ob es mit den Rahmenvorgaben des SRÜ vereinbar ist und in der
AWZ Geltung beanspruchen darf [23].
Im Hinblick auf Offshore-Windparks im Küstenmeer bedeutet dieses zunächst einmal, dass
sich die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Ausgestaltung der Rettungskette in diesem
Bereich – ungeachtet von ggf. vorhandenen Praktikabilitätsproblemen bei deren Umsetzung
– wie bei jedem anderen Standort auf dem Festland darstellen. Für Offshore-Windparks, die
in der AWZ errichtet und betrieben werden, stellt sich allerdings ein Rechtsrahmen dar, der
komplex und vielschichtig ist [11]. Aufgrund der nur begrenzt bestehenden Hoheitsbefugnisse finden deutsche Gesetze in der AWZ nicht ohne weiteres Anwendung [22].
Nach Art. 55 SRÜ ist die AWZ „… ein jenseits des Küstenmeers gelegenes und an dieses
angrenzendes Gebiet, das der in diesem Teil festgelegten besonderen Rechtsordnung unterliegt, nach der die Rechte und Hoheitsbefugnisse des Küstenstaats und die Rechte und
Freiheiten anderer Staaten durch die diesbezüglichen Bestimmungen dieses Übereinkommens geregelt werden.“
5
Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen von 1982/1994; Gesetz zu dem Seerechtsübereinkommen
der Vereinten Nationen vom 10.12.1994 (Vertragsgesetz Seerechtsübereinkommen), BGBl. 1994 II S. 1798 ff.
8
Die Ausweisung einer AWZ ist dabei optional, und ihre Existenz hängt von der Geltendmachung eines Anspruchs durch den Küstenstaat ab [26]. Die Bundesrepublik Deutschland hat
mit ihrer Proklamation vom 29.11.19946 als Anrainer der Nord- und Ostsee für diese eine
AWZ im Anschluss an ihr Küstenmeer festgelegt [20, 26, 23].
Bezüglich der Gültigkeit innerstaatlichen Rechts in der deutschen AWZ wurden in der Vergangenheit sehr kontroverse Rechtauffassungen vertreten, was sich insbesondere auch in
der rechtswissenschaftlichen Literatur umfänglich niedergeschlagen hat. So wird bereits
2001 in einer Studie für das Umweltbundesamt [27] im Hinblick auf die Zulassung von Windkraftanlagen in der AWZ im Rahmen des Genehmigungsverfahrens auf rechtliche Probleme
hingewiesen und die bis zu diesem Zeitpunkt vorherrschenden Rechtsaufassungen dargelegt sowie diskutiert. Dabei geht es im Kern um die Frage der Erforderlichkeit einer „Erstreckungsklausel“ für die Anwendbarkeit deutscher Rechtsvorschriften in der AWZ. In einem
rechtswissenschaftlichen Aufsatz diskutiert Kahle bereits im Jahre 2004 die unterschiedlichen Rechtsauffassungen im Hinblick auf den Bereich des Umweltschutzes und kommt zu
dem Fazit, dass entgegen der (damals) teilweise vertretenen Auffassung weder eine generelle Geltung nationalen Rechts ipso iure7 besteht, noch dass das europäische Gemeinschaftsrecht ausreichende Hinweise für eine Geltung nationalen Rechts böte [26]. Nach Kahle kann die ausdrückliche Erstreckung der jeweiligen Gesetze hilfreich sein. Findet sich eine
solche Erstreckungsklausel nicht, bleibt es nach Kahle bei der beschriebenen Unsicherheit.
Betrachtet man in diesem Zusammenhang das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), so sollte
man im Rahmen der Gesetzesänderung im April 20088 im Hinblick auf dessen Geltung in der
AWZ zunächst einmal vermuten, dass der Gesetzgeber von seiner Möglichkeit zur Anwendung einer Erstreckungsklausel in diesem Fall Gebrauch gemacht hat. Interessant ist in diesem Zusammenhang allerdings der Wortlaut des dieser Gesetzesänderung zugrundeliegenden Gesetzentwurfs der Bundesregierung, aus welchem hervorgeht, dass „[d]er neue Halbsatz in § 1 Abs. 1 Satz 2 […] rein deklaratorisch [ist] und […] im Interesse der Rechtssicherheit eine Klarstellung [enthält], dass das Rechtsregime des Arbeitsschutzes einschließlich
seiner Vorgaben für den Vollzug in vollem Umfang auch im Gebiet der ausschließlichen
Wirtschaftszone (AWZ) gilt.“9 Geht man von einer reinen deklaratorischen Wirkung aus, so
hat das ArbSchG bereits vor dieser Gesetzesergänzung in der AWZ gegolten.
Obige Ausführungen, welche nur einen Bruchteil dessen darstellen, was in der rechtswissenschaftlichen Literatur zum Thema Rechtsrahmen in der AWZ zu finden ist, sollen an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden und lediglich die Komplexität der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Errichtung und den Betrieb von Offshore-Windparks in diesem Bereich
verdeutlichen, die auch im Hinblick auf die Rettungskette von Bedeutung ist.
Ausgangspunkt für die weiteren Überlegungen zur Ausgestaltung der Rettungskette im Offshore-Windbereich bildet zunächst das bereits oben genannte Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)
in der aktuellen Fassung, welches grundsätzlich Anwendung bei Bau und Betrieb deutscher
Offshore-Windparks im Bereich des Küstenmeeres sowie der deutschen ausschließlichen
Wirtschaftszone (AWZ) findet. Allerdings muss bereits hier berücksichtigt werden, dass die
Regelungen des ArbSchG im Bereich der AWZ nur für solche Tätigkeiten Anwendung finden,
die nicht unter das Rechtsregime des Arbeitsschutzes von Beschäftigten auf Seeschiffen10
fallen sowie außerhalb des Geltungsbereichs des Bundesberggesetzes liegen und damit auf
feststehenden (Windenergie-)Strukturen (Windenergieanlagen, Umspannplattformen) durchgeführt werden. Da die Tätigkeiten insbesondere in der Errichtungsphase der Windparks auf
Schiffen durchgeführt werden und auch im Rahmen des Betriebs zumindest bezüglich des
6
Bekanntmachung der Proklamation der Bundesrepublik Deutschland über die Errichtung einer ausschließlichen
Wirtschaftszone der Bundesrepublik Deutschland in der Nordsee und in der Ostsee vom 29.11.1994, BGBl. 1994
II S. 3769.
7
lat.: durch das Recht selbst.
8
Artikel 6 des Gesetzes zur Änderung seeverkehrsrechtlicher, verkehrsrechtlicher und anderer Vorschriften mit
Bezug zum Seerecht; G. v. 08.04.2008 BGBl. I S. 706; Geltung ab 18.04.2008.
9
Bundesrat Drucksache 722/07, S. 58.
10
Maßgebend sind hier u. a. internationale Übereinkommen wie das Seearbeitsübereinkommen und SOLAS
(International Convention for the Safety of Life at Sea) sowie deren Umsetzung auf nationaler Ebene.
9
Personentransfers in der Regel auf Schiffe zurückgegriffen wird, ergibt sich im Hinblick auf
die Ausgestaltung der Rettungskette für den Offshore-Windbereich unabhängig von der juristischen Bewertung eine besondere Situation, da letztlich zwei parallel vorhandene Rechtsregime mit zum Teil sehr unterschiedlichen Regelungen berücksichtigt werden müssen, die bei
nicht hinlänglicher Betrachtung zu Praktikabilitätsproblemen und Unstimmigkeiten führen
können.
Über das autonome Satzungsrecht der Unfallversicherungsträger gem. § 15 SGB VII finden
zudem die Unfallverhütungsvorschriften Anwendung und entfalten somit grundsätzlich auch
in der AWZ ihre Wirkung. So wird in [28] festgehalten, dass „für die Beschäftigten auf Offshore-Anlagen innerhalb der 200 Seemeilen-Zone [...] die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung zuständig [ist]. Das heißt: Entsenden Betriebe, die Mitglied bei einem Träger der gesetzlichen Unfallversicherung [...] Mitarbeiter auf diese Anlagen, gelten für diese Mitarbeiter
auch die deutschen Unfallverhütungsvorschriften. Verunglücken Beschäftigte bei der Arbeit
oder der An- bzw. Abfahrt zum Windpark, so ist dieser Wegeunfall ebenfalls durch die gesetzliche Unfallversicherung versichert.“
Zentrales Element im betrieblichen Arbeitsschutz – auch im Hinblick auf die Rettungskette –
ist die Gefährdungsbeurteilung, welche der Arbeitgeber gemäß § 5 ArbSchG im Rahmen
seiner unternehmerischen Pflichten zu erstellen hat und der Ermittlung erforderlicher Maßnahmen des Arbeitsschutzes dient. Die Gefährdungsbeurteilung wird in zahlreichen weiteren
Rechtsgrundlagen zum Arbeitsschutz konkretisiert [29] und ist die Grundlage für ein systematisches und erfolgreiches Sicherheits- und Gesundheitsmanagement [29, 30, 31]. Hinweise zur Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung können der DGUV Information 203-007
(bisher BGI 657) [32] in ihrer jeweiligen aktuellen Fassung entnommen werden und müssen
im Einzelfall den besonderen Erfordernissen im Offshore-Bereich Rechnung tragen.
Gemäß ArbSchG haben die Arbeitgeber dabei nicht nur die für die Sicherheit und Gesundheit ihrer Beschäftigten bei der Arbeit (§ 3 Abs. 1 ArbSchG), sondern auch die zur Ersten
Hilfe und Evakuierung der Beschäftigten erforderlichen Maßnahmen zu treffen (§ 10 Abs. 1
ArbSchG). Diese werden insbesondere durch die DGUV Vorschrift 1 [33] sowie weitere
Schriften der Unfallversicherungsträger konkretisiert (insbesondere durch DGUV Regel 100001 [34] sowie [13, 32]). Bezogen auf die rechtlichen Rahmenbindungen zur Ausgestaltung
der Rettungskette sind daher insbesondere die Maßnahmen von Interesse, welche den Bereich der Ersten Hilfe und der Evakuierung der Beschäftigten betreffen.
Gemäß DGUV Vorschrift 1 [33] hat der Unternehmer u. a. dafür zu sorgen, dass zur Ersten
Hilfe und zur Rettung aus Gefahr die erforderlichen Einrichtungen und Sachmittel sowie das
erforderliche Personal zur Verfügung stehen, dass unverzüglich Erste Hilfe geleistet und eine
ärztliche Versorgung veranlasst wird und dass Verletzte sachkundig transportiert werden (§
24 Abs. 1 bis 3 DGUV Vorschrift 1). Zudem hat der Unternehmer auch dafür zu sorgen, dass
unter Berücksichtigung der betrieblichen Verhältnisse Rettungsgeräte und Rettungstransportmittel bereitgehalten werden (§ 25 Abs. 3 DGUV Vorschrift 1).
Zu den Einrichtungen und Sachmitteln im Sinne der oben bereits angeführten DGUV Regel
100-001 [34] gehören insbesondere Meldeeinrichtungen, Mittel zur Ersten Hilfe, Rettungsgeräte, Transportmittel und Erste-Hilfe-Räume sowie Einrichtungen und Vorkehrungen zum
Schutz der Helfer. Der nationale Rechtsrahmen mit seinen vielfältigen Normen und Vorgaben, welcher in vielen Fällen auf der Umsetzung europäischer Richtlinien beruht, regelt und
konkretisiert dabei die Anforderungen an Produkte und Verfahren zur Sicherstellung der
technischen und organisatorischen Sicherheit (z. B. Produktsicherheitsgesetz (ProdSG),
Medizinproduktegesetz (MPG), Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) MedizinprodukteBetreiberverordnung (MPBetreibV), Arzneimittelgesetz (AMG)). Unabhängig von der Anwendbarkeit dieser Normen in der AWZ kann das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) als zuständige Genehmigungsbehörde im Rahmen der Genehmigung nach §
4 Abs. 2 der Seeanlagenverordnung (SeeAnlV) die Einhaltung bestimmter technischer Standards vorschreiben [19]. So schreibt z. B. der vom BSH herausgegebene Standard „Konstruktive Ausführung von Offshore-Windenergieanlagen“ [35] allgemein vor, dass die „für die
Offshore-Arbeiten eingesetzten Geräte [...] grundsätzlich den Vorschriften und Normen des
10
deutschen und europäischen Standards bezüglich der Sicherheit, Umweltverträglichkeit und
Tragfähigkeit zu entsprechen [haben].“
Das erforderliche Personal zur Ersten Hilfe und zur Rettung aus Gefahr umfasst gemäß
DGUV Regel 100-001 in erster Linie Ersthelfer und Betriebssanitäter sowie Versicherte, die
in der Handhabung von Rettungsgeräten und Rettungstransportmitteln unterwiesen sind [34].
Dabei können zur Sicherstellung der Ersten Hilfe auch Personen mit einer höher qualifizierten Ausbildung in Erster Hilfe vom Unternehmer benannt werden [34]. Aufgaben und Ausbildung der Ersthelfer und Betriebssanitäter werden in [13] konkretisiert.
Zudem hat der Unternehmer gemäß DGUV Regel 100-001 dafür zu sorgen, dass Versicherte bei Notfällen, z. B. Unfällen, Vergiftungen, Verätzungen, akuten Erkrankungen, bzw. bei
Bedarf einer ärztlichen Untersuchung und gegebenenfalls Versorgung zugeführt werden,
wobei die Entscheidung über die Art des Transportes von verschieden Faktoren abhängig
und im Zweifelsfall eine sachkundige Entscheidung möglichst durch einen Arzt herbeizuführen ist [34]. Bezüglich eines sachkundigen Transportes bemerkt oben genannte Regel, dass
hierfür die Einrichtungen des öffentlichen Rettungsdienstes zur Verfügung stehen und dieser
bei Durchführung eines Transportes alle weiteren Entscheidungen trifft [34]. Allerdings muss
an dieser Stelle berücksichtigt werden, dass für die AWZ sowie für das Küstenmeer im Hinblick auf medizinische Notfälle in Offshore-Windstrukturen bis dato kein öffentlicher Rettungsdienst eingerichtet ist, so dass im Sinne des ArbSchG der Unternehmer für die Vorhaltung eines (betrieblichen) Rettungsdiensts verantwortlich ist. Ohne an dieser Stelle weiter ins
Detail zu gehen, existieren derzeit unterschiedliche Rechtsauffassungen im Hinblick auf die
Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenz für den Rettungsdienst in Offshore-Windparks
in der AWZ sowie die generelle Frage, ob und inwieweit überhaupt ein öffentlicher Rettungsdienst einzurichten ist (s. z. B. [36, 37, 38, 39]). Maßgebend ist allerdings, dass der Unternehmer, der einen betrieblichen Rettungsdienst vorhält, einen sachkundigen Rettungstransport durchführt, wenn er die fachlichen Anforderungen hinsichtlich des Betriebes, der Art,
Ausstattung, Ausrüstung und Wartung der Fahrzeuge sowie hinsichtlich des Rettungspersonals nach den Rettungsdienstgesetzen der Länder erfüllt [34].
2.2 Naturräumliche Rahmenbedingungen
Die naturräumlichen Rahmenbedingungen sind mitentscheidend für eine erfolgreiche Notfallversorgung mit entsprechender Rettung und Beförderung des Patienten in eine geeignete
medizinische Einrichtung auf dem Festland.
Deutsche Offshore-Windparks werden überwiegend weit entfernt von der Küste installiert
und sind nur durch Wasser- und Luftfahrzeuge zu erreichen. Die Errichtungsgebiete liegen
vornehmlich in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) [3], einige wenige
auch innerhalb der 12-Seemeilen-Zone (12-sm-Zone) von Nord- und Ostsee.
Gerade die Entfernungen zur Küste stellen im internationalen Vergleich für den Standort
Deutschland eine besondere Herausforderung dar. Andere bisher errichtete OffshoreWindparks in Europa und der ganzen Welt stehen küstennah und sind somit sowohl mittels
Hubschrauber als auch mit dem Schiff zeitnah erreichbar. Einen groben Überblick über verschiedene Offshore-Windparks und deren Abstand von der Küste gibt Tabelle 2.1.
11
11
Tabelle 2.1: Entfernungen ausgewählter Offshore-Windparks von der Küste .
Windpark
Nation
Parkleistung
Entfernung
Horns Rev 2
Dänemark
209 MW
33 km
Northwind
Belgien
216 MW
37 km
London Array Phase 1
England
630 MW
27 km
Greater Gabbard
England
504 MW
33 km
Lillgrund
Schweden
110 MW
9 km
alpha ventus
Deutschland
60 MW
56 km
BARD Offshore 1
Deutschland
400 MW
112 km
DanTysk
Deutschland
288 MW
75 km
Meerwind Süd/Ost
Deutschland
288 MW
54 km
Nordsee Ost
Deutschland
295 MW
51 km
Global Tech I
Deutschland
400 MW
109 km
Letztlich bedingen die Entfernungen der Gebiete, die vornehmlich für den deutschen Offshore-Windenergieausbau vorgesehen sind, entsprechend lange Anfahrts- bzw. Flugzeiten, die
bei einem medizinischen Notfall im Hinblick auf die Zuführung notärztlicher Hilfe sowie auf
den Transport in die nächst geeignete klinische Einrichtung als kritisch anzusehen sind und
somit einer besonderen Berücksichtigung bei der Gestaltung der Rettungskette bedürfen.
Derartige Bedingungen findet man auch in anderen entlegenen Regionen wie den arktischen
und antarktischen Gebieten, Gebirgsregionen, unzugänglichem Hinterland (Outback, Wilderness) oder Offshore-Gebieten, die zur Förderung von Öl und Gas erschlossen wurden. Auch
im Bereich der küstenfernen Schifffahrt sind diese Bedingungen vorzufinden und haben in
der Vergangenheit zu entsprechenden Konzepten und Maßnahmen zur Sicherstellung einer
im Rahmen der Möglichkeiten liegenden Notfallversorgung und Krankenfürsorge im maritimen Bereich geführt. In diesem Zusammenhang ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich die
Offshore-Windparks vor der deutschen Küste trotz der zum Teil großen Entfernungen vom
Festland im Reaktionsbereich landgestützter Hubschrauber sowie von Schiffen befinden und
eine Zuführung notärztlicher Hilfe sowie eines Transportes des Notfallpatienten in eine qualifizierte Versorgungseinrichtung an Land prinzipiell möglich ist.
Darüber hinaus muss berücksichtigt werden, dass die einzelnen Offshore-Windparks aufgrund der räumlichen Anordnung der Windenergieanlagen12 in der Regel sehr große Gebiete
abdecken und somit besondere rettungstechnische und -logistische Anforderungen berücksichtigt werden müssen. Der Windpark BARD Offshore 1 in der deutschen AWZ der Nordsee
umfasst z. B. eine Gesamtfläche von ca. 60 km², die sich in etwa rechteckig in Nord-SüdRichtung erstreckt, und fast der Größe der Stadt Neumünster in Schleswig-Holstein entspricht. Auf dieser Fläche verteilen sich in einem regelhaften Muster 80 Windenergieanlagen
und eine Plattform. Ein weiteres Beispiel ist der Offshore Windpark Meerwind Süd/Ost. Dieser Windpark liegt ca. 23 km nördlich der Insel Helgoland, besteht ebenfalls aus 80 Windturbinen und umfasst eine Fläche von ca. 42 km². Dies entspricht in etwa dem Areal einer Stadt
wie Wismar [12].
Aufgrund der Bedeutung für die Rettungskette im Offshore-Windbereich werden die Meeresund Umweltbedingungen als weitere naturräumliche Rahmenbedingungen in einem eigenen
Kapitel behandelt (s. Kapitel 3).
11
Die Daten in dieser Tabelle sind den Angaben unter http://www.4coffshore.com/windfarms/ (Stand 29.01.2015)
entnommen. Dabei wurde die vom Zentrum des jeweiligen Windparks berechnete Entfernung verwendet.
12
Per Definition des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist eine „Windenergieanlage auf See“ eine Anlage zur
Erzeugung von Strom aus Windenergie, die auf See in einer Entfernung von mindestens drei Seemeilen gemessen von der Küstenlinie aus seewärts errichtet worden ist.
12
2.3 Technische und infrastrukturelle Rahmenbedingungen
Auch die technischen und infrastrukturellen Rahmenbedingungen spielen bei der Ausgestaltung der Rettungskette eine wesentliche Rolle und bestimmen maßgeblich das Ergebnis der
Gefährdungsbeurteilung. So sind neben den phasenspezifischen Aspekten im Lebenszyklus
eines Offshore-Windparks auch ressourcen- und arbeitsumfeldspezifische Aspekte zu berücksichtigen.
Im Hinblick auf die Offshore-Tätigkeiten kann der Lebenszyklus eines Offshore-Windparks in
eine Vorbereitungs-, Bau-, Inbetriebnahme-, Betriebs- und Rückbauphase unterteilt werden
(s. Abb. 2.1). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass sich die einzelnen Phasen zu bestimmten
Zeitpunkten auch überschneiden können (z. B. Bau- und Inbetriebnahmephase).
Vorbereitungsphase
Bauphase
Inbetriebnahmephase
Betriebsphase
Rückbauphase
Abb. 2.1: Phasen im Lebenszyklus eines Offshore-Windparks im Hinblick auf Offshore-Tätigkeiten.
Schon in der Vorbereitung des eigentlichen Baus werden Offshore-Tätigkeiten im Rahmen
von Voruntersuchungen und der Verkehrssicherung durchgeführt. Der Bauphase selbst, die
aufgrund ihres Charakters einen erhöhten Aufwand personeller und materieller Ressourcen
vor-Ort begründet (s. Abb. 2.2 und Abb. 2.3), schließt sich die Phase der Inbetriebnahme an,
welche insbesondere im Hinblick auf die Netzanbindung sowie notwendige technische Prüfungen und Maßnahmen durchaus mehrere Monate in Anspruch nehmen kann. Während der
Betriebsphase der Windparks, die üblicherweise 20 Jahre beträgt [37, 40], kann neben den
üblichen Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten ein Großkomponententausch erforderlich
werden, welcher bezüglich personeller und materieller Ressourcen ähnlich der Bauphase ist.
Nach der Betriebsphase wird ein Rückbau erforderlich [35]. Auch für diese Phase ist ein erhöhter personeller und materieller Aufwand abzusehen.
Erste Erfahrungen zeigen, dass sich während der Bauphase eine Vielzahl schwimmender
Einheiten und rund 300 Mitarbeiter [7, 8, 9] gleichzeitig in einem einzelnen Windpark aufhalten können. Zwar liegen entsprechende statistische Auswertungen für die Betriebsphase bis
dato noch nicht vor, allerdings ist bereits jetzt davon auszugehen, dass auch während dieser
Phase viele Personen in mehr oder minder kleinen Gruppen für Instandhaltungs- und Wartungsarbeiten in den Windparks tätig sein werden.
Abb. 2.2: Bauaktivitäten im Windpark BARD Offshore 1 im Juni 2013 (Foto: © D. Hory, BUKH).
13
Abb. 2.3: Aufbau einer Windenergieanlage im Trianel Windpark Borkum (Foto: © Trianel/Areva).
Statistische Erhebungen [41] für den Windpark BARD Offshore 1 zeigen, dass in den Sommermonaten mit ca. 250-300 Arbeitern täglich generell etwa 6 bis 20 mal so viel Personen
während des Baus im Windpark tätig waren wie im Vergleich zu den Wintermonaten Dezember und Januar. Neben diesen saisonbedingten Besonderheiten während der Bauphase
spielen im Hinblick auf personelle und technisch-materielle Ressourcen generell die projektphasenspezifischen Aspekte eine wesentliche Rolle für die Ausgestaltung der Rettungskette. So ist davon auszugehen, dass insbesondere in der Betriebsphase der OffshoreWindparks nur begrenzte Ressourcen sowohl in Bezug auf die Rettungskräfte als auch bezüglich der technischen und medizinischen Ausrüstung zur Verfügung stehen werden. Ähnliche Bedingungen bezüglich eingeschränkter Ressourcen findet man allerdings auch in anderen entlegenen, unbewohnten Gegenden rund um den Globus. Nach [42] sollten potentielle
Retter unter diesen Bedingungen generell ihrer Umwelt respektvoll gegenüberstehen, sicherheitsbewusst und einfallsreich sein sowie einen gegenüber traditionellen Verfahren modifizierten Handlungsspielraum haben.
Für medizinische Notfälle wird derzeit die luftgestützte Rettung mittels Hubschrauber favorisiert. Dies setzt voraus, dass der Hubschrauber am Notfallort landen kann (z. B. Hubschrauberlandeplattform auf einer Umspann- oder Wohnplattform) oder es auf der Windenergieanlage selbst eine entsprechend konfigurierte Windenbetriebsfläche (Abb. 2.4) gibt. Letzteres
gibt dem Rettungsteam die Möglichkeit, auf die Anlage zu gelangen und den Patienten auch
über diesen Weg an Bord des Hubschraubers zu befördern. Der Einsatz eines Hubschraubers unterliegt jedoch Limitationen, die im Wesentlichen durch Witterungsbedingungen,
Sichtverhältnisse, Konfiguration der Strukturen im Offshore-Windpark sowie Größe des
Flugmusters bestimmt werden (s. a. Kapitel 3).
Auch die wassergestützte Rettung mittels Schiffen unterliegt technischen Limitationen. So ist
beispielsweise das Anlegen an einer Windenergieanlage im klassischen Sinne nicht möglich,
sondern erfordert eine spezielle Bauart des Schiffes und der Gründungsstruktur der Anlage
(Abb. 2.5) bzw. spezielle Personentransfersysteme, wie z. B. das Ampelmann-System (Abb.
2.6).
14
Abb. 2.4: Potentielle Offshore-Rettungseinheit Hubschrauber im Winschvorgang über einer Windenbetriebsfläche
(Foto: © AREVA Wind/Jan Oelker).
Abb. 2.5: Potentielle Offshore-Rettungseinheit Small Waterplane Area Twin Hull Schiff (SWATH) beim Anlegemanöver im Gründungsbereich einer Windenenergieanlage (Foto: © Abeking & Rasmussen AG).
15
Abb. 2.6: Ampelmann-System zum Überstieg auf eine Windenergieanlage (Foto: © Ampelmann).
Bezüglich der arbeitsumfeldspezifischen Aspekte ist festzuhalten, dass die Arbeiten auf
Windenergieanlagen und anderen Strukturen eines Offshore-Windparks wiederkehrend in
engen Räumlichkeiten, in Höhen sowie an hochgelegenen und tiefgelegenen Arbeitsplätzen
stattfinden. Hierzu zählen z. B. die Turmsegmente, das Maschinenhaus, die Rotorblätter, die
Außenanlagen sowie die Gründungstrukturen. Diese Arbeitsplätze sind mit spezifischen Unfall- und Verletzungsgefährdungen verbunden. Bei Eintreten eines medizinischen Notfalls
unterliegen die Rettungskräfte im Rahmen der Notfallversorgung und der Patientenrettung
den gleichen räumlichen und ortsspezifischen Limitationen und Gefährdungen wie die dort
arbeitenden Personen.
Die räumliche Enge in Windenergieanlagen wird insbesondere an Durchstiegen (Abb. 2.7),
Luken, Türen, Gitterpforten sowie im Maschinenhaus und in den Rotorblättern deutlich.
Diese spezifischen Örtlichkeiten können erschwerte Notfallversorgungs- und Rettungsbedingungen mit sich bringen (Abb. 2.8). Kanten, hervorstehende Maschinen- und Bauteile, enge
Durchgänge sowie Steigleitern beeinträchtigen die Rettung und den Transport eines
Schwerverletzten oder Akuterkrankten. Lufttemperaturen im Maschinenhaus von bis zu 3540 °C bei geschlossenem Dach erschweren die physisch ohnehin extrem anstrengenden
Rettungsarbeiten in diesen Anlagenbereichen überdies.
Abb. 2.7: Durchstieg im Turm einer Windenergieanlage. Foto: N. Weinrich (freigegeben durch A. Rauschelbach,
Fa. OffTEC GmbH).
16
Abb. 2.8: Durchstieg des Notarztes mit medizinischer Ausrüstung zur Windenbetriebsfläche (links) und simulierter Transport eines verunfallten Patienten (Wirbelsäulentrauma; rechts) im Gang einer Windenergieanlage im
Rahmen einer Rettungsübung. Fotos: D. Dethleff (freigegeben durch S. Makel, Havariekommando Cuxhaven).
Bei der Rettung von hochgelegenen Arbeitsplätzen und Außenflächen stehen die teilweise
im Turm von Windenergieanlagen installierten seilgeführten Befahranlagen (Abb. 2.9) aufgrund baulicher Limitationen (z. B. räumliche Dimension, maximal zulässige Nutzlast) nur
sehr eingeschränkt für Rettungsmaßnahmen zur Verfügung.
Abb. 2.9: Innenraum einer seilgeführten Befahranlage in einer Offshore-Windenergieanlage. Foto: © D. Dethleff,
BUKH (freigegeben durch A. Rauschelbach, Fa. OffTEC GmbH).
17
3 Rettungsrelevante Meeres- und Umweltbedingungen
3.1 Zusammenfassung
Eine Übersichtsauswertung wesentlicher rettungsrelevanter Meeres- und Atmosphärenparameter zeigt, dass die Hauptwindrichtungen über der Nordsee in den westlichen Sektoren
liegen. Stürme treten weit überwiegend (zu ca. 93 %) in den Herbst- und Wintermonaten auf.
Die Hauptwellenrichtung liegt zu 60 % ebenfalls in den südwestlichen und nordwestlichen
Sektoren (zwischen 240° und 360°). Etwa 70 % der Wellen in der Deutschen Bucht besaßen
in ausgewählten Betrachtungszeiträumen eine signifikante Höhe von ≤ 2 m. Etwa 86 % der
Wellen hatten eine Höhe von ≤ 3m. Der verbleibende Wellenanteil (ca. 14 %) besaß eine
signifikante Höhe von über 3 m und verteilte sich zu 75 % auf die Herbst- und Wintermonate
sowie zu 25 % auf das Sommerhalbjahr. Extremwellen in der deutschen Bucht erreichen
Höhen zwischen 13 m und ca. 18 m. Von wiederkehrender, winterlicher Meereisbildung sind
überwiegend Teile der westlichen Ostsee betroffen.
Auf Basis der kritischen Relevanz individueller Umweltfaktoren in Bezug auf verschiedene
mögliche Rettungseinsatzszenarien an Offshore-Windenergieanlagen wurden im Rahmen
des Forschungsprojekts umfängliche theoretische Umwelt-Rettungs-Matrizen für den Hubschrauber- und Schiffseinsatz entwickelt. Empirische Befragungen sollen zukünftig zeigen,
bei welchen spezifischen Umweltbedingungen eine Rettung generell durchführbar erscheint
und welche Kombinationen von Rettungseinheiten und -szenarien im Windpark bei bestimmten Umweltverhältnissen favorisiert bzw. empfohlen werden können. Bereits in den theoretischen Ableitungen zeigte sich, dass die Zahl der hoch kritisch relevanten Umweltparameter
generell mit der Annäherung des Rettungsszenarios an die Wasseroberfläche zunimmt. Die
Luftrettung von der Windenbetriebsfläche kann in diesem Zusammenhang als eher unkritisch
eingestuft werden. Die Rettung von der Wasseroberfläche birgt je nach Tageslicht und Wetterbedingungen größere Gefahren bis hin zum potentiellen Verlust des Flugmusters. Bei der
Luftrettung vom Turmfußbereich (Transition Piece; sogenannte Schrägrettung) zeigen sich
geteilte Fachmeinungen zu deren Risiko und Durchführbarkeit. Sowohl die Hubschrauberals auch die Schiffsrettung haben bei bestimmten Wetterlagen und vorherrschenden Umweltfaktoren Robustheitsvorteile gegenüber der jeweils anderen Rettungseinheit. Aufgrund der
unterschiedlichen Robustheit beider Rettungseinheiten gegenüber Umweltparametern sowie
infolge der verschiedenen medizinischen Ausstattungen ist unter bestimmten Bedingungen
die Kombination der Einheiten als sinnvoll zu betrachten.
3.2 Einleitung
Der Erfolg der Offshore-Rettungskette ist von einer Vielzahl wesentlicher Faktoren abhängig.
Hierbei nehmen die Meeres- und Umweltparameter für die Rettungskettenlogistik in Nordund Ostsee eine zentrale Stellung ein. Erkenntnisse zum Einfluss von Meeres-, Atmosphären- und sonstigen Umweltparametern auf das Rettungsgeschehen in Offshore-Windparks
sowie den Transport von Patienten liegen jedoch nur vereinzelt vor. So wurde bei Luftrettungsübungen im britischen North Hoyle Offshore-Windpark auf Probleme bei der Rettung
von der Wasseroberfläche unter schlechten Sichtbedingungen sowie der Hubschrauberleistung auf der Wind-abgewandten Seite des Windparks hingewiesen [43].
Zur Realisierung einer optimalen Rettung und Beförderung eines Patienten aus einem Offshore-Windpark in die nächstgelegene geeignete medizinische Einrichtung sind Meeres- und
Atmosphärengegebenheiten notwendig, welche die Rettung und den Transport eines Patienten auf dem Luft- oder Wasserweg zulassen. Die zentrale Aufgabenstellung der Arbeiten in
diesem Projektfeld war daher die Identifizierung, Erfassung und Beurteilung relevanter Umweltparameter für die Rettung in Offshore-Windparks sowie die Vorbereitung einer Parameter-bezogenen Grenzsetzung für verschiedene Rettungsszenarien (sog. „Umwelt-RettungsMatrizen“). In diesen Betrachtungen finden sowohl regelhaft wiederkehrende meeres- und
atmosphärenbezogene Umwelt- und Umgebungsparameter wie Gezeiten, Strömungen, Wel18
lengang, Oberflächentemperaturen, Wind, Wolkenbedeckung, Regen, Hagel und Schnee als
auch sogenannte Extremwetterereignisse wie z.B. Sturm, Gewitter, Tornados, Riesenwellen
und Meereisbildung Berücksichtigung.
Für die Aufnahme und Beurteilung von Meeres-, Atmosphären und Umweltparametern in
den deutschen Gewässeranteilen der Nord- und Ostsee sind generell die Dienste vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH, Hamburg) sowie vom Deutschen Wetterdienst (DWD, Hamburg/Offenbach) zuständig. Mit Hilfe der bei diesen Behörden zur Verfügung stehenden Daten und Programme (z. B. SEEWIS, SEAVIEW) können umweltbezogene
Lagebilder bei Gefährdungssituationen und medizinischen Notfällen in Offshore-Windparks
zeitnah oder prognostisch abgefragt bzw. erstellt werden. Weitere Daten insbesondere von
den FINO13-Forschungsplattformen in Nord- und Ostsee werden bei der „Forschungs- und
Entwicklungszentrum Fachhochschule Kiel GmbH“ in Kiel vorgehalten. Private Anbieter ergänzen diesen behördlichen und wissenschaftlichen Service.
3.3 Methodik
Umweltparameter
Zur Verdeutlichung der generell vorherrschenden Umweltparameter in Nord- und Ostsee
wurden exemplarisch einige dieser Kenngrößen anhand verschiedener Quellen für unterschiedliche Zeiträume retrospektiv übersichtsmäßig quantifiziert.
Als Basisdaten für die Abschätzung von Nordsee Oberflächen-Temperaturen wurden digitale
Karten verwendet, welche beim BSH verfügbar sind (siehe [44]). Das Betrachtungsgebiet für
die Festlegung einer mittleren Temperatur über verschiedene Temperaturzonen (hier: Deutsche Bucht respektive AWZ der Nordsee) wurde durch ein virtuelles Dreieck begrenzt, welches näherungsweise der Form und Lage der AWZ entspricht. In diesem Dreieck wurde ein
Gesamt-Durchschnittswert über die monatlichen Mittelwerte in den einzelnen (farblichen)
Temperaturzonen abgeschätzt. Die resultierenden Werte der Jahre 2009 bis 2014 wurden
als mehrjährige Quartals-Durchschnittswerte sowie absolutes Quartals-Minimum
und -Maximum aufgenommen.
Die Mittelwerte für die Lufttemperaturen wurden aus der Niederschrift der halbjährlichen Zusammenfassungen des MURSYS Umweltreportsystems (siehe [45]) der Jahre 2003-2010
abgeleitet. Bei den in den Umweltreports hinterlegten Basisdaten handelt es sich um Inselgebundene sowie küstennahe Festlandsmessungen (vorgelagerte Inseln, Helgoland, Küstensaum Festland). Die Werte wurden als mehrjährige quartalsbezogene Durchschnittswerte
auf Basis absoluter Monatsmittel-Minimal- und -Maximalwerte sowie als absolutes Monatsmittel-Minimum und -Maximum des jeweiligen Quartals aufgenommen.
Die Werte für die Niederschlagsmengen wurden aus der gleichen Quelle wie diejenigen für
die Lufttemperaturen entnommen. Bei den Messwerten handelt es sich um Insel- bzw. Küsteninformationen. Die Werte wurden als mehrjährige (2003-2009) quartalsbezogene Durchschnittswerte auf Basis absoluter Monatsmittel-Minimal- und -Maximalwerte sowie als absolutes Monatsmittel-Minimum und -Maximum des jeweiligen Quartals aufgenommen.
Die saisonalen Hauptwindrichtungen der Jahre 2006 und 2007 wurden quartalsweise aus
[46] (S. 85; insbesondere Tabelle 2-13) extrahiert. Die Sturmhäufigkeiten (Tage) wurden
summarisch für "Sturm", "starker Sturm" und "sehr starker Sturm" quartalsweise [46] (S. 92
ff; insbesondere Tabelle S. 99) extrahiert. Eine quantitative Differenzierung der qualitativen
Begriffe "Sturm", "starker Sturm" sowie "sehr starker Sturm" (z. B. nach Windgeschwindigkeit
in ms-1 oder Beaufort bzw. nach Schäden) war nicht möglich.
Die Seegangsdaten einzelner Messstationen in der Nord- und Ostsee sind beim BSH unter
der Quelle [47] hinterlegt. Primär wurde in diesem Zusammenhang die signifikante Wellenhöhe (Hs; mittlere Wellenhöhe des oberen Drittels der Wellenverteilung; siehe [46]) in der
13
Forschungsplattformen in Nord- und Ostsee.
19
Nordsee an der Nordseeboje 3 (NSB3) im Jahre 2011 betrachtet. Der prozentuale Anteil der
jeweiligen signifikanten Wellenhöhen wurde in 1m-Schritten aus dem in o. g. Quelle hinterlegten Säulendiagramm abgelesen. Zur Bestimmung der prozentualen Verteilung der
Hauptwellenrichtungen wurden übersichtsmäßig drei Sektoren definiert: 60°-120° (E), 240°300° (W) und 300°-360° (NNW). Zudem wurde aus der Jahresganggraphik der signifikanten
Wellenhöhen an der Nordseeboje 3 unter o. g. Quelle die Anzahl der Maximalwerte oberhalb
3m Wellenhöhe bestimmt, monatsweise als absoluter Wert erfasst und quartalsweise in Prozentzahlen ausgedrückt. Die Höhe von Extremwellen in der Nordsee wurde aus [46], [48]
und [50] entnommen.
Aus den Eisberichten des BSH der Winter 2004/05 bis 2013/14 (siehe [49]) wurden wiederkehrende Muster von Eisverteilung und -mächtigkeit für die deutsche Nord- und Ostseeküste
extrahiert. Basis für die Beschreibung waren die in den Eisberichten dargestellten Verteilungsmuster von Eisausdehnungen und Eisdicken in den entsprechenden Meeresgebieten
zum Zeitpunkt der maximalen Eisentwicklung.
Umwelt-Rettungs-Matrizen
Ein wesentlicher Kern der Arbeiten in diesem Projektfeld war die Entwicklung der „UmweltRettungs-Matrizen Hubschrauber und Schiff“. Die Matrizen wurden in enger Kooperation und
Diskussion mit Hubschrauberpiloten, Projektmitarbeitern des „Deutsches Zentrums für Luftund Raumfahrt e.V. (DLR)“ sowie nautischem Personal vorangetrieben.
Im Vordergrund stand dabei zunächst die Identifizierung der bei der Hubschrauber- und
Schiffsrettung relevanten Meeres-, Atmosphären- und Umweltfaktoren sowie deren Eingliederung in kritische Relevanz-Kategorien (hoch, mittel, niedrig). Bezüglich deren Einfluss auf
die Durchführbarkeit von Rettungseinsätzen auf Basis von Auftrittshäufigkeiten und faktorieller Gewichtung wurden die Umweltfaktoren dann in den Matrizen-Kategorien i) Luftströmung,
ii) Niederschlag, iii) Kondensation/Atmosphäre, iv) Meer, v) Eisbildung und vi) optische Phänomene erfasst.
3.4 Ergebnisse
Umweltparameter
Eine Auswahl wesentlicher Meeres- und Atmosphärenparameter ist in Tabelle 3.1 zusammengefasst. Der saisonale Gang von Luft- und Wassertemperaturen sowie Niederschlagsmengen und -verteilungen im deutschen Nordseeraum sind im oberen Segment der Tabelle
dargestellt. Für den deutschen Ostseeraum sind nur eisbezogene Angaben in der genannten
Tabelle enthalten.
Die Hauptwindrichtungen über der Nordsee während des Betrachtungszeitraumes (Tabelle
3.1) liegen in den westlichen Sektoren zwischen West-Süd-West über West bis West-NordWest. Die Hauptwellenrichtung liegt zu 60 % (in etwa analog zu den Windrichtungen) zwischen 240° und 360° (West-West-Süd bis Nord-Nord-West). Etwa 70 % der Wellen in der
Deutschen Bucht (NSB3) besaßen im Jahr 2011 eine signifikante Höhe von ≤ 2 m; 86% der
Wellen hatten eine Höhe von ≤ 3m. Der restliche Wellenanteil (ca. 14 %) besaß eine signifikante Höhe von über 3 m und verteilten sich zu 75 % auf die Herbst- und Wintermonate sowie zu 25 % auf das Sommerhalbjahr.
Maximale temporäre Hs der gesamten südlichen Nordsee lagen im Jahre 2011 bei ca. 10 m
Wellenhöhe. Temporäre Hs von >10m sowie maximale individuelle Wellenhöhen von ca. 1718 m in dieser Meeresregion wurden im Monat November der Jahre 2006 und 2007 gemessen [50].
Die Sturmhäufigkeiten in der Nordsee wurden retrospektiv über einen Zeitraum von 30 Jahren betrachtet (Tabelle 3.1). Stürme traten in dieser Zeitspanne zu ca. 93 % in den Herbstund Wintermonaten auf. Die mittlere Anzahl von Sturmtagen für die Quartale von Oktober bis
Dezember sowie von Januar bis März lag bei 14,4 bzw. 19,4 (ca. 5-6 Sturmtage pro Monat).
20
In den Frühjahrs- (April-Juni) und Sommerquartalen (Juli-September) traten im Mittel deutlich
weniger Stürme auf (1,2 bzw. 1,5; entspricht ca. 0,4-0,5 Sturmtagen pro Monat).
Extremwellen in der deutschen Bucht können nach statistischen Erkenntnissen (s. Tabelle
3.1) regelhaft wiederkehrend Höhen von bis zu 13 m besitzen. Die o. g. maximale Wellenhöhen von 17–18 m haben u. a. auch Schäden an der Forschungsplattform FINO1 55 km nördlich von Borkum verursacht [50].
Teile der westlichen Ostsee sind von wiederkehrender, winterlicher Meereisbildung betroffen
(Tabelle 3.1). Meereisbildung in der Nordsee stellt eher die Ausnahme dar und vollzieht sich
in schweren Wintern überwiegend im Bereich des Küstensaums.
Umwelt-Rettungs-Matrizen
Zunächst wurde auf theoretischer Basis für etwa 25 individuelle Offshore-Umweltparameter
deren kritische Relevanz in Bezug auf verschiedene mögliche Rettungseinsatzszenarien mit
dem Hubschrauber und dem Schiff (Abb. 2.4 und Abb. 2.5) an Offshore-Windenergieanlagen
abgeleitet. Die dabei entwickelten und in Abb. 3.1 dargestellten Farbmatrizen erlauben einen
verbesserten Überblick über die Zugehörigkeit der einzelnen Parameter zu bestimmten theoretischen, kritischen Relevanz-Kategorien (hoch, mittel, niedrig) in Bezug auf die Durchführung bzw. Durchführbarkeit möglicher Rettungsszenarien von der Windenbetriebsfläche, vom
Turmfußbereich sowie von der umgebenden Wasseroberfläche einer OffshoreWindenergieanlage. Dabei zeigt sich, dass mit der Annäherungen des Rettungsszenarios an
die Wasseroberfläche die Zahl der hoch kritischen Umweltfaktoren zunimmt.
Aus den Umweltparametern der Relevanz-Kategorien wurden im weiteren Verlauf der Projektarbeiten sogenannte „Umwelt-Rettungs-Matrizen“ (Abb. 3.2) für den Hubschrauber- und
Schiffseinsatz entwickelt, welche bislang ca. 60 Umweltparameter bzw. deren individuell abgestufte Ausprägungen enthalten. Die Umwelt-Rettungs-Matrizen haben mit Abschluss der
Projektarbeiten eine Reife erreicht, die den Einstieg in die empirische Untersuchung der umweltabhängigen Durchführbarkeit von realen oder hypothetischen luft- und wassergestützten
Rettungseinsätzen in deutschen Offshore-Windparks erlaubt.
21
Tabelle 3.1: Meeres- und Umweltparameter Nord- und Ostsee.
22
a)
b)
c)
Abb. 3.1: Kritische Relevanz von Umweltparametern bei verschiedenen (Luft)Rettungsszenarien in OffshoreWindparks (a: Windenbetriebsfläche/Hoistplattform, b: Turmfuß, c: Wasseroberfläche).
23
Umweltfaktoren
Erfahrene (E) / Vermutete (V)
Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor (A)
(Nordsee/Ostsee)
pro Offshore Flugstunden (OFS)
Gewichtung Umweltfaktor (G)
bemessen an Einfluss auf Rettung
RelevanzFaktor
Einflussgröße
<5/100 OFS
nie
selten
1
3
5
(AxG)
niedrig
mittel
hoch
Faktor
5-<20/100 OFS 20-<50/100 OFS ≥50/100 OFS
häufig
oft
sehr oft
Luftströmung
Windstille (Flaute)
Wind (0-4 Bft; 0-7ms-1)
Wind (5-6 Bft; 8-14ms-1)
Wind (7-8 Bft; 15-20ms-1)
Wind-Böen
Sturm / Sturmböen (>8 Bft; >17ms-1)
Orkan / Orkanböen (>11 Bft; >28ms-1)
Gewitter (Blitz)
Gewitter (Böen)
Wake-Effekt
Windhose
Tornado
Niederschlag
Regen
Starkregen (sichtbehindernd)
Schnee (sichtbehindernd)
Schnee (flugbehindernd)
Hagel (sichtbehindernd)
Hagel (flugbehindernd)
Graupel (sichtbehindernd)
Graupel (flugbehindernd)
Kondensation / Atmosphäre
Eisnebel
Seenebel
Seenebel Bänke
aufgelockerte Wolkendecke
geschlossene Wolkendecke
niedrige Wolkenbasis
hohe Wolkenobergrenze
Rotor-Lee-Wolken
Lufttemperatur (<5°C (N), <5°-<0°C (O), WH; bsh.de / dwd.de)
Meer
Bewuchs der Anlage
Gezeiten
Strömung
Wasserstand (Ebbe, Flut, Sturmflut)
Oberflächentemperatur (10°-<5°(N)-<0°C(O), WH; bsh.de)
Oberflächensalzgehalt (~34ppm (N), ~10ppm (O); bsh.de)
Gischt / sea spray (Starkwind)
Gischt / sea spray (Fahrtwind)
Windsee, Oberflächenwellen (Hs<3.5m)
Kreuzseen (Hs<3.5m)
Dünung / Swell (Hs<3.5m)
Fernwellen
Wellenloch (Lee-Seite Gründung)
Stehende Wellen
Wellen hoher Amplitude (Riesenwellen)
Grundsee
Eisbildung
O-WEA Rotorblatt Eiswurf
Anlagenvereisung
Eisfall
Hubschraubervereisung
Meereis (Nordsee)
Meereis (Ostsee)
Optische Phänomene
Dunkelheit / Dämmerung
Eigenblendung Leuchtmittel
Direktes Gegenlicht (Sonne)
Reflektionen Wasseroberflächen
Reflektionen Meereis/Schnee
Reflektionen vereiste O-WEA
Mangelnde Unterscheidbarkeit Himmel/Wasser
Rythmischer Schattenwurf O-WEA Rotorblätter
Abb. 3.2: Umwelt-Rettungsmatrix für den maritimen Rettungsweg und den Luftrettungsweg.
24
3.5 Diskussion und Schlussfolgerungen
Umweltparameter
Die Umweltbedingungen über Nord- und Ostsee ändern sich nicht nur im jahreszeitlichen
Gang, sondern unterliegen auch sehr intensiven, oftmals spontanen, täglichen oder gar
stündlichen Veränderungen. Die rettungstechnische Bewältigung medizinischer Notfälle in
Offshore-Windparks kann somit temporär erschwerten bis extremen Umweltbedingungen
unterworfen sein. In der Betrachtung der operativen Luftrettung spielen dabei jedoch weniger
klimatisch-dekadische, und somit statistisch belastbar abgeleitete Übersichten von Umweltfaktoren eine Rolle, als vielmehr die während eines retrospektiv betrachteten bzw. eines
prospektiv unmittelbar bevorstehenden Rettungseinsatzes herrschenden individuellen, tagesaktuellen Bedingungen.
Umwelt-Rettungs-Matrizen
Die mögliche Relevanz einzelner Umweltparameter und -faktoren für verschiedene hypothetische Rettungsszenarien in Offshore-Windparks wurde im Rahmen der Arbeiten des Forschungsprojekts Rettungskette Offshore Wind analytischen Betrachtungen unterzogen und
in theoretischen Relevanz-Kategorien gefasst sowie in vorläufigen Umwelt-RettungsMatrizen abgebildet. Diese Matrizen sollen in einem zukünftigen empirischen Arbeitsansatz
modifiziert bzw. validiert werden.
Die theoretische Ableitung der Relevanz-Kategorien und der Umwelt-Matrizen erlaubt einen
ersten Einblick in die Robustheit der Rettungseinheiten Hubschrauber und Schiff gegenüber
bestimmten Meeres- und Atmosphärenzuständen sowie dem Faktor Zeit. In den theoretischen Ableitungen zeigt sich, dass bei der Hubschrauberrettung (Abb. 3.1) die Zahl der hoch
kritisch relevanten Umweltparameter mit der Annäherung des Rettungsszenarios an die
Wasseroberfläche (nasse Rettung) zunimmt. Ähnliches gilt analog für die Schiffsrettung.
Sowohl der Hubschrauber als auch das Schiff haben bei bestimmten Wetterlagen und vorherrschenden Umweltfaktoren Robustheitsvorteile gegenüber der jeweils anderen Rettungseinheit. Die Luftrettung ist jedoch in Bezug auf den Faktor Zeit der Rettung auf dem Wasserweg grundsätzlich überlegen, sofern sich die „Rettungseinheit Schiff“ nicht bereits im Windpark befindet. Dies wurde durch Rettungsübungen in einem britischen Offshore-Windpark
bestätigt [43]. Die Schiffsrettung jedoch kann aufgrund ihrer Robustheit gegenüber bestimmten Wetterlagen (z. B. Seenebel, niedrige Wolkenuntergrenze, hohe/geschlossene Wolkendecke, Schnee, Eisregen) sowie infolge der i. d. R. größeren Räumlichkeiten und einer möglicherweise umfänglicheren medizinischen Ausstattung an Bord der Hubschrauberrettung in
Teilen überlegen sein. Aufgrund des generellen Zeitvorteils der Hubschrauberrettung bei der
Distanzüberbrückung ist in erster Näherung die Luftrettung zu favorisieren, wobei in zweiter
Näherung aufgrund der unterschiedlichen Robustheit beider Rettungseinheiten gegenüber
verschiedenen Umweltparametern sowie der abweichenden - und sich im Optimalfall ergänzenden - medizinischen Ausstattungen beider Einheiten unter bestimmten Voraussetzungen
eine Kombination beider Einheiten im Rendezvous-Verfahren“ als sinnvoll zu erachten ist.
Im Folgenden wird ein internationaler Vergleich zur Umwelt-bezogenen Luftrettung von der
Windenbetriebsfläche, vom Bereich des sogenannten ’Transition Piece’ (Turmfußbereich)
sowie von der Wasseroberfläche in Offshore-Windparks angestellt. Demnach können bei der
Rettung mit größeren Hubschrauber-Typen (z. B. Sea King) generell Probleme in den Bereichen Wasserrettung, Radar-Flugnavigation im Windpark, Annäherung an die Windenergieanlage sowie Hubschrauberleistung im Lee-Bereich der Anlagen auftreten [43].
Unter Einbeziehung weiterer operativer Erkenntnisse (frdl. pers. Mttl. P. Lloyd) kann die
Offshore-Rettung von der Windenbetriebsfläche insgesamt als eher unkritisch eingestuft
werden. Demgegenüber birgt die Luftrettung von der Wasseroberfläche je nach Tageslichtverhältnissen und Wetterbedingungen größere Gefahren bis hin zum potentiellen Verlust des
Flugmusters. Dies deckt sich mit den theoretischen Ableitungen zur zahlenmäßigen Zunahme kritischer Umweltfaktoren mit der Annäherung des Luftrettungsszenarios an die Wasseroberfläche.
25
Die Rettung vom Turmfußbereich (Schrägrettung) wird teilweise in der Anwendung als ’unwahrscheinlich’ und im Schwierigkeitsgrad als ’gefährlich’ bzw. ’nicht darstellbar’ eingestuft
(frdl. pers. Mttl. P. Lloyd). Diese Sichtweise wird gestützt durch Aussagen des Havariekommandos Cuxhaven (frdl. pers. Mttl. S. Makel). In anderen Quellen [51, 52] wiederum wird das
Schrägrettungsverfahrens umfänglich beschrieben. Die Luftrettung von Personen mit Hilfe
verschiedener Flugmuster von Schiffen wird generell als darstellbar, wenngleich bei Dunkelheit als schwierig, eingestuft (frdl. pers. Mttl. P. Lloyd).
Nach Brown [43] konnte im Rahmen einer britischen Rettungsübung bei guten Sichtverhältnissen ein (Großraum-)Hubschrauber des Typs Sea King sicher in einen Offshore-Windpark
mit einem äquidistanten Anlagenmuster geflogen werden. Eine Personenrettung von der
Wasseroberfläche konnte jedoch im Rahmen dieser Übung nur dann durchgeführt werden,
wenn sich die zu rettende Person weit genug entfernt von den Windenergieanlagen, und sich
somit auch der Hubschrauber außerhalb der Reichweite der Anlagen-Rotorblätter befand.
Kann ein Großraum-Rettungstransporthubschrauber in der Luft jedoch nicht sicher seitlich
einer Windenergieanlage innerhalb der Reichweite deren Turbinen-Rotorblätter positioniert
werden, sollte ein Schiff als Rettungseinheit eingesetzt werden [43].
Bei schlechter Sicht z. B. durch Nebel konnte sich der Hubschrauber aus Sicherheitsgründen
nicht an einer Personenrettung von der Wasseroberfläche beteiligen. Auch in solchen Fällen
sollte ein Schiff als Rettungseinheit eingesetzt werden, während der Hubschrauber als eine
Art „Radar-Relais-Station“ außerhalb des Windparks fungieren kann [43].
Abschließend ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass die Rotorblätter der
betreffenden Anlage(n) mit Rettungsbezug komplett zum Stillstand gebracht werden müssen.
Sollte dies nicht der Fall sein, sind Hubschrauberrettungen von diesen Windenergieanlagen
als untragbar gefährlich einzustufen [43].
Schlussfolgerungen als Grundlage für Empfehlungen
Maritime Umweltbedingungen wie Windgeschwindigkeiten, Niederschläge (z. B. Regen,
Schnee), Wellengang und Sichtverhältnisse (z. B. Seenebel, Wolken, Dunkelheit) sind mitentscheidend für eine erfolgreiche Notfallversorgung mit entsprechender Patientenrettung in
Offshore-Windparks und den Transport Unfallverletzter und Akuterkrankter auf das Festland.
Aus den dargestellten Zusammenhängen können folgende Schlussfolgerungen abgeleitet
werden:
I.
Insbesondere bei der Luftrettung in Offshore-Windparks sollten deren räumliche
Ausdehnung sowie die geometrische Anordnung und bauliche Dimension der im
Windpark errichteten Strukturen in Hinblick auf die Auswahl des einzusetzenden
Flugmusters und die zu erwartenden naturräumlichen Bedingungen berücksichtigt
werden. Die naturräumlichen Gegebenheiten, die räumliche Ausdehnung des
Windparks und die Art der Gründungsstrukturen der Windenergieanlagen müssen
auch bei der Wahl der „Rettungseinheit Schiff“ bedacht werden.
II.
Der Einsatz eines Rettungstransporthubschraubers und dessen Landung auf einer
im Offshore-Windpark befindlichen Struktur (Plattform, Errichterschiff) bzw. auf einem vor Ort verfügbaren Wasserfahrzeug entsprechender Größe (z. B. Vermessungsschiff, Kabelleger, Hotelschiff) zwecks Absetzen des Rettungsteams und
Aufnahme des Patienten ist generell unter jedweden flugtechnisch beherrschbaren
Umweltbedingungen aus zeitlichen und rettungslogistischen Gründen gegenüber
der Schiffsrettung zu favorisieren.
III.
Auf Basis vorliegender nationaler und internationaler Fachmeinungen und Erfahrungen gilt für die Windenrettung der Weg über die Windenbetriebsfläche einer
Offshore-Windenergieanlage als Verfahren der Wahl.
IV.
Im Bereich des Turmfußes sollten alle geeigneten Möglichkeiten zur Sicherstellung
eines alternativen Rettungswegs auf ein Schiff vorgehalten werden.
26
3.6 Ausblick
Zukünftig sollen Piloten und Rettungspersonal aus dem Offshore-Luftrettungsdienst sowie
Nautiker und Decksleute der in deutschen Offshore-Windparks tätigen Reedereien befragt
werden, bei welchen spezifischen Umweltbedingungen eine Rettung generell durchführbar
erscheint und welche Kombinationen von Rettungseinheiten und Rettungsszenarien im
Windpark bzw. an einer Offshore-Windenergieanalage bei bestimmten Umweltverhältnissen
favorisiert bzw. empfohlen werden können. Nachfolgend werden dann die individuellen – und
somit subjektiven – Aussagen der Befragten zu Auftrittshäufigkeiten und zur kritischen Gewichtung vorherrschender Umweltfaktoren bei Offshore-Rettungseinsätzen in einen semiquantitativen Relevanz-Faktor umgesetzt (Abb. 3.2), welcher wiederum mittels vergleichender Analyse mit festgelegten Bezugswerten objektivierte Auskunft über die Grenzsetzung
(Richtgrößen) bei der Durchführbarkeit von Rettungsaktionen unter bestimmten naturräumlichen Umgebungsbedingungen geben kann (sogenanntes „benchmarking“).
Bei diesem empirischen Arbeitsansatz werden folglich nicht mehrjährige retrospektive statistische Betrachtungen saisonaler Wetter- und Meeresausprägungen oder gar dekadische
klimatische Auswertungen als Basis für die Beurteilung der Rolle der Umgebungsbedingungen in der Offshore-Notfallrettung herangezogen, sondern es wird von der spezifischen, individuellen (und somit Tages- oder gar Stunden-aktuellen) Umweltsituation im jeweiligen
Offshore-Windpark in der Phase realer (oder auch antizipierter) Notfallrettungen ausgegangen. Hierbei soll besonderes Augenmerk auf die Darstellbarkeit sowie die Risikobeleuchtung
des Übertritts und der Übergabe von professionellem Rettungspersonal und zu rettender
Person von der Windenergieanlage oder einer Plattform in den Hubschrauber bzw. auf ein
Schiff in Abhängigkeit von bestimmten Umweltparametern gelegt werden.
27
4 Retrospektive Analyse des Unfall- und Erkrankungsgeschehens
Die Analyse medizinischer Ereignisse bei Bau und Betrieb deutscher Offshore-Windparks
wurde mittels zweier Studien abgebildet. Eine vorläufige Übersichtsstudie der Jahre 2008 bis
2012 beinhaltet eine Zahl von ca. 320 medizinischen Vorkommnissen und Notfällen, welche
betreiber- und betriebsübergreifend ausgewertet wurden. Diese Übersichtstudie wird inhaltlich ergänzt und punktuell vertieft durch eine Detailstudie, in deren Rahmen 39 Luftrettungseinsätze im Windpark BARD Offshore 1 (BO1) der Jahre 2011 bis 2013 analysiert wurden.
Hierbei stand neben den spezifischen Verletzungs- und Akuterkrankungsmustern für medizinische Notfälle eines einzelnen Offshore-Windparks vor Allem die Auswertung der Prozesszeiten einzelner Melde- und Rettungskettenglieder im Vordergrund.
Allgemein ist festzuhalten, dass sich die über den gesamten Untersuchungszeitraum ausgewerteten medizinischen Vorfälle weit überwiegend aus leichten bis mittelschweren Akuterkrankungen und Unfallverletzungen zusammensetzten. Lebensbedrohliche Akuterkrankungen traten im untersuchten Zeitraum nur sehr untergeordnet und auf Verdachtsbasis auf.
Lebensbedrohliche Unfallverletzungen oder Polytraumata konnten nicht identifiziert werden.
Es ist aber darauf hinzuweisen, dass die hier dargestellten Analysen die OffshoreWindbranche nicht vollumfassend abbilden. Somit können schwere Erkrankungen und Verletzungen nicht generell ausgeschlossen werden.
Eine weitere wesentliche Erkenntnis im Rahmen der retrospektiven Analyse war, dass die
auf Unternehmensebene etablierten Erfassungs- und Dokumentationssysteme für Informationen zu Unfallverletzungen und Akuterkrankungen sowohl strukturell als auch inhaltlich starke Unterschiede aufweisen und eine Standardisierung in diesem Bereich zweckmäßig ist.
4.1 Übersichtsstudie zu deutschen Offshore-Windparks (2008-2012)
4.1.1
Zusammenfassung
In der vorläufigen Auswertung konnten 319 medizinische Vorfälle analysiert werden. Diese
unterteilten sich in 190 Verletzungen (60 %), 123 Erkrankungen (38 %) und vier Todesfälle
(~1,5 %). Zwei medizinische Vorfälle konnten keiner Kategorie zugeordnet werden (~0,5 %).
Sofern erkenntlich, fanden die medizinischen Ereignisse vorherrschend am Tage statt.
Als überwiegender Unfall- und Erkrankungsort trat das Errichterschiff in den Vordergrund
(65 % der Fälle). Untergeordnet fanden die medizinischen Vorkommnisse auch auf Windenergieanlagen (16 %), sonstigen Schiffen (12 %) und Umspannplattformen (6 %) statt. Bei
alleiniger Betrachtung der Unfälle fanden diese ebenfalls vorwiegend auf Errichterschiffen
(53 %) sowie nachgeordnet auf Windenergieanlagen (23 %), Schiffen (15 %) und Umspannplattformen (8%) statt. Bei individueller Betrachtung der drei letztgenannten Strukturen fanden hier deutlich überwiegend Unfälle (76-88 %) statt, Akuterkrankungen traten dagegen in
den Hintergrund (12-24 %).
Vornehmliche Akuterkrankungsbilder waren Beschwerden der Atmungs- und Verdauungssysteme (16 % bzw. 11 %), nicht näher spezifizierte Schmerz-Symptomatiken (16 %), Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems (6 %), Hautirritationen (5 %), Schlafstörungen (4 %)
sowie weitere körperliche und psychische Befindlichkeitsstörungen (Summe: 11 %).
Durch äußere mechanische Einwirkungen (z. B. „geraten in“, „getroffen von“ etc.) bedingte
Unfälle standen mit 59 % deutlich im Vordergrund, gefolgt von sogenannten SRS-Unfällen
(Stolpern/Rutschen/Stürzen) mit 23 %. Quantitativ nachrangig folgten Unfälle mit elektrischem Hintergrund (6 %), Tauchunfälle (3 %), Gefahrstoffunfälle (2,5 %), thermisch bedingte
Unfälle (2,5 %) und Absturzunfälle (1,5 %). Bezüglich der mit dem Unfallgeschehen im Zusammenhang stehenden Arbeitsprozesse und spezifischen Tätigkeiten standen Handwerksarbeiten (36 %), Versatz- und Verladearbeiten (17 %) sowie die allgemeine Fortbewegung
(15 %) prozentual im Vordergrund. Bei den spezifischen Tätigkeiten wurden als Arbeitsgeräte vornehmlich Anschlagmittel und Hebezeuge (29 %) sowie Schneid- (19 %), Hand- (10 %),
28
Elektro- (8 %) und Schraubwerkzeuge (5 %) verwendet. Bei den Verletzungsarten standen
Kontusionen (27 %), Distorsionen (11 %), Schnittwunden (10 %), Augenverletzungen (10 %)
und Platzwunden (9 %) im Vordergrund. Nachrangig zeigten sich Verletzungsarten wie Knochenbruch (6 %) sowie Verbrennung, Risswunde und Schürfwunde (je ca. 1-2 %). Bei den
verletzten Körperregionen waren vornehmlich die oberen und unteren Extremitäten (Summe:
58 %) sowie der Kopf (22 %) betroffen. Bei den verletzten Körperteilen war zu 33 % die
Hand betroffen gefolgt von Augen (11 %) und Kopf (8 %), Oberschenkel und Knie (ca. 9 %),
Unterschenkel und Fuß (12 %) sowie Schulter- und Armpartien (6 %).
In insgesamt 70 Fällen (22 %) wurde eine Evakuierung des Patienten durchgeführt, davon in
53 Fällen per Hubschrauber und in 17 Fällen per Schiff. Bei 30 (57 %) der 53 HubschrauberEvakuierungen waren unfallverletzte Personen betroffen.
4.1.2
Einleitung
Ein wesentlicher Schwerpunkt der Projektarbeiten war die retrospektive Analyse von medizinischen Vorkommnissen und Notfällen (Unfallverletzungen und Akuterkrankungen) bei Bau
und Betrieb von Offshore-Windparks. Hierbei wurden im Rahmen einer umfassenden (vorläufigen) Übersichtsstudie Informationen zu 319 medizinischen Vorfällen, welche sich bei
Bau und Betrieb von vier deutschen Offshore-Windparks ereigneten, ausgewertet. Die Informationen stammten im Wesentlichen von medizinischen Vorkommnissen auf Errichterschiffen, Windenergieanlagen, sonstigen im Windpark befindlichen Schiffen sowie Umspannplattformen.
4.1.3
Methodik
Die überwiegend in Tabellen- oder Textform vorliegenden Informationen und Daten zu medizinischen Vorkommnissen in deutschen Offshore-Windparks wurden mittels übergeordneter
Kategorien (Rubriken) analysiert. Zu diesen Kategorien zählten Datum, Notfallmeldezeit (astronomisch unterteilt nach Sonnenaufgang und Sonnenuntergang in Tag und Nacht), Unfallort, mit dem Vorkommnis in Verbindung stehender Arbeitsprozess bzw. die ausgeführte spezifische Tätigkeit, Arbeitsmittel, Erkrankungsart, Unfallart, Verletzungsart, verletzte Körperregion, betroffener Körperteil sowie die Art des Rücktransports sofern erforderlich.
Die Bestimmung von Begrifflichkeiten und Inhalten in den Kategorien unterlag limitierenden
Faktoren. So mussten Kompromisse in der Zuordnung der vorliegenden symptomatischdeskriptiven Informationen zu den entsprechenden medizinischen Verdachtsdiagnosen eingegangen werden. Klinisch bestätigte Diagnosen lagen nicht vor. Die quantitative Auswertung der Analysen erfolgte mit den Programm Microsoft Excel 2010 (Microsoft Corporation,
Redmond, WA, USA).
4.1.4
Ergebnisse
In der vorläufigen Auswertung medizinischer Vorfälle bei Bau und Betrieb verschiedener
deutscher Offshore-Windparks aus dem Zeitraum 2008 bis 2012 konnten 319 Fälle analysiert werden. Diese unterteilten sich in 190 Verletzungen (60 %), 123 Erkrankungen (38 %)
und vier Todesfälle (~1,5 %). Zwei Notfälle konnten keiner Kategorie zugeordnet werden
(~0,5 %).
In 195 von 319 Fällen (61 %) konnte der Zeitpunkt des medizinischen Vorfalls im Rahmen
der vorliegenden Informationen nicht identifiziert werden. Die verbleibenden medizinischen
Vorfälle fanden vorherrschend am Tage statt (103 Fälle; 83 %); nur 21 Fälle (17 %) fanden
während der (astronomischen) Nacht statt. Die Ereignisarten bestanden etwa drittelparitätisch aus „First Aid Case“ (FAC), „Medical Treatment Case“ (MTC) und „Lost Time Case“
(LTC).
Als vornehmlicher Ort des medizinischen Vorfalls trat das Errichterschiff (207 Fälle; 65 %) in
den Vordergrund. Untergeordnet fanden Unfälle und Akuterkrankungen auch auf Windenergieanlagen (50; 16 %), sonstigen Schiffen (37; 12 %) und Umspannplattformen (20; 6 %)
29
statt. Einige Vorkommnisse ereigneten sich im Wasser (3; 1 %) bzw. konnten nicht lokalisiert
werden (2; ~1 %). Bei ausschließlicher Betrachtung der Unfälle fanden diese ebenfalls überwiegend auf Errichterschiffen (100 Fälle; 53 %) sowie nachgeordnet auf Windenergieanlagen
(44; 23 %), Schiffen (28; 15 %), Umspannplattformen (16; 8 %) sowie bei zwei Fällen (1 %)
im Wasser statt.
Hauptsächliche Akuterkrankungsarten waren Beschwerden der Atmungs- und Verdauungssysteme (20 Fälle; 16 % bzw. 13 Fälle; 11 %) sowie nicht näher spezifizierte SchmerzSymptomatiken (20; 16 %) gefolgt von Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems (7; 6 %),
Hautirritationen (6; 5 %), Schlafstörungen (5; 4 %) sowie weiteren körperlichen und psychischen Befindlichkeitsstörungen (Summe: 13; 11 %). Hinter etwa einem Drittel der Erkrankungen (36; 29 %) verbargen sich zudem weitere individuelle Einzelfälle verschiedener Infektionen, Reizungen und allergischer Reaktionen.
Bezüglich der aufgetretenen Unfallarten konnten 152 Unfallvorkommnisse ausgewertet werden. Bei den Unfallarten standen durch äußere mechanische Einflüsse bedingte Unfälle („getroffen von“, „geraten in“, „gestoßen an“, etc.) prozentual deutlich im Vordergrund (90 Fälle;
59 %), gefolgt von sogenannten SRS-Unfällen (Stolpern/Rutschen/Stürzen; 35; 23 %). Stromunfälle (9; 6 %) sowie Tauchunfälle (5; 3 %), Gefahrstoffunfälle (4; 2,5 %) und thermisch
bedingte Unfälle (4; 2,5 %) traten nachrangig mit abnehmender Häufigkeit in Erscheinung.
Absturzunfälle traten nur sehr untergeordnet im kleinen einstelligen Prozentbereich auf (2;
1,5 %).
Bezüglich der mit dem Unfallgeschehen im Zusammenhang stehenden Arbeitsprozesse und
spezifischen Tätigkeiten konnten 144 Fälle ausgewertet werden. Dabei standen Handwerksarbeiten (52 Fälle, 36 %), Versatz- und Verladearbeiten (24; 17 %) sowie die allgemeine
Fortbewegung (21; 15 %) prozentual deutlich im Vordergrund. Prozesse und Arbeiten wie
Heben und Tragen (7, 5 %), Personenversatz, Taucharbeiten und Reinigungs/Aufräumarbeiten (alle je 4-5; 3 %) traten quantitativ in den Hintergrund. Zudem wurden bei
26 Vorkommnissen (18 %) sonstige Tätigkeiten ausgeführt.
Die bei den spezifischen Tätigkeiten verwendeten Arbeitsmittel (59 auswertbare Fälle) setzten sich zum weit überwiegenden Teil mit abnehmenden Prozentzahlen aus Anschlagmitteln
und Hebezeugen (17 Fälle; 29 %) sowie Schneid- (11; 19 %), Hand- (6, 10 %), Elektro- (5;
8 %) und Schraubwerkzeugen (3; 5 %) zusammen. Gegenüber dieser großen Gruppe handgeführter Werkzeuge traten Arbeitsmittel wie Gefahrstoffe (3; 5 %) und Tauwerk (5; 8 %) im
Zusammenhang mit Unfällen in den Hintergrund, wenngleich letzteres im erhöhten einstelligen Prozentbereich angesiedelt war. In 15 % der Fälle (9) wurden sonstige Arbeitsgeräte
verwendet.
Hinsichtlich der Verletzungsarten standen Kontusionen (Quetschung, Prellung; 52 Fälle;
27 %), Distorsionen (Zerrung, Dehnung, Stauchung, Verrenkung etc.; 21, 11 %), Schnittwunden (20; 10 %), Augenverletzungen (19; 10 %) und Platzwunden (18; 9 %) im Vordergrund. Nachrangig zeigten sich Verletzungsarten wie Knochenbruch (11; 6 %) sowie Verbrennungen, Risswunden und Schürfwunden etc. (je ca. 2-4; 1-2 %). Amputationen traten
mit einem Anteil von 0.5 % nur sehr untergeordnet in Erscheinung. Sonstige Verletzungen
traten zu 15 % auf; bei 11 Fällen (6 %) konnte die Verletzungsart nicht identifiziert werden,
da diese den zur Verfügung stehenden Quellen nicht zu entnehmen war.
Im Hinblick auf die verletzten Körperregionen zeigt sich, dass vornehmlich die oberen und
unteren Extremitäten (38 % bzw. 20 %) sowie der Kopf (22 %) betroffen waren. Die restlichen Körperpartien (Rücken, Thorax, ganzer Körper) wurden mit jeweils ca. 3-6 % deutlich
weniger häufig verletzt. In 6 % der Fälle konnte die verletzte Körperregion nicht identifiziert
werden.
Bei den verletzten Körperteilen ist festzuhalten, dass in 33 % der Unfälle die Hand betroffen
war. Augen- (11 %) und Kopfverletzungen (ca. 8 %) folgten prozentual gemeinsam mit Oberschenkel- und Knie- (ca. 9 %) sowie Unterschenkel- und Fußverletzungen (12 %). Die Schulter- und Armpartien waren mit in Summe 6 % vergleichsweise untergeordnet betroffen. In
über 19 % der Fälle konnte der verletzte Körperteil nicht identifiziert werden.
30
Bezüglich des Rücktransports Unfallverletzter und Akuterkrankter konnte festgestellt werden,
dass in 71 % der Fälle (224 von 315) keine Evakuierung stattgefunden hat. Bei 17 medizinischen Notfällen (5 %) war ein Schiff das Rettungsmittel der Wahl. Der Hubschrauber kam in
17 % der Notfälle (53) als Rettungseinheit zum Einsatz. Bei 30 dieser 53 Einsätze (57 %)
wurden Unfallverletzte transportiert. In 7 % (21) aller Fälle wurden keine Angaben zu einem
möglichen Rücktransport gemacht.
4.1.5
Diskussion und Schlussfolgerungen
Diskussion
Aus dem ortsbezogenen Auftreten von Unfällen und Akuterkrankungen überwiegend auf
Errichterschiffen konnte abgelesen werden, dass sich die medizinischen Vorfälle und Notfälle
in deutschen Offshore-Windparks bislang vorwiegend in der Errichtungsphase (Bauphase)
der Offshore-Strukturen ereigneten oder zumindest in Zeiträumen, in denen ein Errichterschiff vor Ort war und als wesentliche Arbeits- und Wohnplattform diente. Bei der ausschließlichen Betrachtung der Strukturen außerhalb von Errichterschiffen zeigte sich, dass von 50
medizinischen Vorkommnissen auf Windenergieanlagen 44 Fälle (88 %) mit einem Unfall in
Verbindung standen. Auch auf sonstigen Schiffen (76 % der Fälle) und Umspannplattformen
(80 %) überwog das Unfallvorkommnis bei den medizinischen Ereignissen. Akuterkrankungen fanden somit deutlich überwiegend auf Errichterschiffen statt. Die Identifizierung des
Eintrittszeitpunkts des jeweiligen medizinischen Vorkommnisses war in fast zwei Dritteln aller
Fälle nicht möglich.
Insgesamt weist die quantitative Verteilung der Offshore-Unfallarten deutliche Analogien zu
Onshore-Windparks auf [53]. Im Vordergrund stehen dabei mechanisch bedingte Unfallarten
sowie die Gruppe der Stolpern-Rutschen-Stürzen-Unfälle. Die niedrigen Prozentanteile von
Absturzunfällen am Gesamtunfallgeschehen werden – wie bereits vom ROW-Team für den
Bereich der Onshore-WEA in [54] diskutiert – der ausgeprägten Sicherheits- und Sicherungsmentalität des im Offshore-Windbereich arbeitenden Personals in deren Umgang mit
der persönlichen Schutzausrüstung gegen Absturz (PSAgA) zugeschrieben. Gegenüber den
geringen Zahlen der Absturzunfälle bezogen auf das Gesamtunfallgeschehen im Offshoreund Onshore-Windbereich sind dagegen aus dem deutschen Baugewerbe Anteile von bis zu
10% (gesamte deutsche Bauwirtschaft; [55]) sowie von ca. 14,5 % bis 18,6 % in spezifischen
Branchen wie dem Gerüst- und Montagebau in Teilen des ostdeutschen Baugewerbes bekannt [56].
Im Hinblick auf die verletzten Körperregionen zeigte sich, dass analog zur deutschen Bauwirtschaft [56] vornehmlich die oberen und unteren Extremitäten sowie der Kopf betroffen
sind. Der hohe Prozentsatz von Handverletzungen (33 %) geht überein mit statistischen Erhebungen von Standke [57], denen zufolge die Hand in 35 % aller meldepflichtigen Unfälle
im Gesamtfeld des betrieblichen Arbeitsunfallgeschehens im Einzugsbereich der Deutschen
Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) als verletztes Körperteil betroffen ist. Es kann somit
abgeleitet werden, dass die hohen Prozentanteile von Handverletzungen sowohl in der deutschen Offshore-Windindustrie als auch im gesamten deutschen betrieblichen Arbeitsunfallgeschehen im Zusammenhang mit den vornehmlichen und wiederkehrenden spezifischen
manuellen Arbeitsprozessen und Tätigkeiten steht. Dabei traten Handwerks-, Versatz- und
Verladearbeiten (Summe: 53 %) im Offshore-Windbereich sowie Tätigkeiten mit kraft- und
nicht kraftgeführten Handwerkszeugen im gesamten betrieblichen DGUV-Einzugsbereich
(gesamt: 70 %) in den Vordergrund.
Die Summe der Extremitäten- und Kopfverletzungen in Offshore-Windparks (ca. 80 %) deckte sich näherungsweise mit den Angaben von fast 90% für das gesamte deutsche betriebliche Unfallgeschehen [57], wenngleich der Anteil an Kopfverletzungen in Offshore-Windparks
mit etwa 20 % einen deutlich höheren Prozentsatz als im sonstigen betrieblichen Arbeitsumfeld (9,1 %) einnimmt. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass ein Fünftel der Unfälle in
Offshore-Windparks diesbezüglich nicht ausgewertet werden konnte.
31
Auch bei den Verletzungsarten lassen sich Analogien zwischen den Offshore-Windparks und
dem gesamten deutschen betrieblichen Arbeitsunfallgeschehen ableiten. Standke [57] konnte für das gesamte betriebliche Unfallgeschehen zeigen, dass vorwiegend Verletzungen wie
Commotio, Kontusionen und Distorsionen auftreten (Summe: 47,8 %) mit überwiegend oberflächlichen Verletzungsfolgen wie Wunden und Zerreißungen (33,7 %). Im Bereich der deutschen Offshore-Windparks traten ca. 40 % Commotio, Kontusionen und Distorsionen mit
etwa 26% oberflächlichen Verletzungsfolgen und Wunden auf.
Schlussfolgerungen als Grundlage für Empfehlungen
Aus der Übersichtserfassung der Unfall-, Verletzungs- und Akuterkrankungsmuster verschiedener Offshore-Windparks können folgende Schlussfolgerungen abgeleitet werden:
I.
Das große Maß an Sicherheits- und Sicherungsmentalität (Anlegen von PSAgA)
beim Arbeiten an hochgelegenen Arbeitsplätzen in deutschen Offshore-Windparks
findet seinen Ausdruck in einer geringen Anzahl von Absturzunfällen und sollte somit auch in Zukunft durch entsprechende Hinweise und Ausbildungs- sowie Trainingsinhalte aktiv und zielgerichtet befördert werden. Dies gilt auch für Arbeiten auf
und mit Leitern, da nach Schüler et al. [56] ca. ein Drittel aller Absturzunfälle im betrieblichen Arbeitsumfeld mit der Benutzung von Leitern in Verbindung steht.
II.
Sowohl die Verletzungsarten als auch insbesondere der erhöhte Prozentsatz von
Handverletzungen (33 %) bei den unfallbedingten medizinischen Vorfällen in deutschen Offshore-Windparks sollten zukünftig in Art und Umfang der Ausbildung von
Ersthelfern und professionellen Rettungskräften sowie in der Präventionsschulung
der Mitarbeiter Berücksichtigung finden. Bei entsprechend gefahrgeneigten Tätigkeiten (z. B. Anschlagarbeiten) sollte insbesondere auf das Tragen eines Gesichtsschutzes bzw. zumindest einer Schutzbrille sowie verstärkter Handschuhe hingewiesen werden (vergl. Kapitel 4.2).
4.2 Detailstudie zum Windpark BO1 (2011-2013)
4.2.1
Zusammenfassung
Den 39 Luftrettungseinsätzen der Jahre 2011 bis 2013 im Windpark BO1 lagen zu 49 % Unfallverletzungen und zu 41 % Akuterkrankungen zugrunde, bei 4 Einsätzen (10%) ließ die
Dokumentation keinen Schluss zur Entstehungshistorie der Verdachtsdiagnose zu. In 24 von
39 Einsätzen wurde der NACA-Score dokumentiert und lag in 67 % dieser Notfälle bei III.
Insgesamt wurden 18 traumatologische (46 %), 10 internistische (23 %), 4 allgemeinchirurgische (10 %), 4 ophthalmologische (10 %), 3 orthopädische (8 %) und eine neurologische
(3 %) Notfallsituation(en) identifiziert. Die internistischen Fälle setzten sich zu 90 % aus Erkrankungen des kardiovaskulären Systems und des Gastrointestinaltrakts zusammen. Die
traumatologischen Notfälle hatten zu 78 % eine durch äußere mechanische Einwirkungen
bedingte Unfallart (z. B. „geraten in“, „getroffen von“) als Hintergrund und setzten sich zu
69% aus Kontusionen, Platzwunden und Schnittwunden zusammen. Als verletzte Körperregionen traten die oberen und unteren Extremitäten mit etwa 59 % sowie der Gesichts- und
Schädelbereich (inklusive Auge) mit ca. 32 % in den Vordergrund. Als Körperteil war die
Hand zu 33 % prominent von Unfallverletzungen betroffen. Bei den in 21 von 39 Fällen
(54 %) durchgeführten präklinischen Maßnahmen (Monitoring der Vitalparameter), Blutstillung, intravenöser Zugang, Medikation, Verband) handelte es sich zu 52 % um die Versorgung von Akuterkrankungen und zu 48 % um die Behandlung von Unfallverletzungen. Die im
Rahmen dieser Studie identifizierten Erkrankungs-, Unfall- und Verletzungsmuster im Windpark BO1 sind in Teilen vergleichbar mit Erkenntnissen aus medizinischen Luftrettungseinsätzen auf Offshore-Öl- und Gas-Strukturen sowie Schiffen.
32
4.2.2
Einleitung
Bei einem medizinischen Notfall in einer Offshore-Struktur stehen neben technischen Rettungsabläufen die Art und Schwere der dringlich behandlungsbedürftigen Verletzungen und
Akuterkrankungen der Patienten im Vordergrund. Leese [58] legte in einer Studie über medizinische Notfälle auf Ölförderplattformen in der Nordsee dar, dass pro Jahr etwa 55 % der
von den Offshore-Strukturen an Land verbrachten Patienten erkrankt und ca. 45 % unfallverletzt waren. Die Ergebnisse dieser Studie decken sich mit Zahlen von notfallmäßig evakuierten Patienten (52 % Erkrankte, 48 % Verletzte) aus UK Offshore-Installationen der Jahre
1987-92 [59]. In einer Studie zur Luftrettung von Patienten aus US-Amerikanischen OffshoreÖlfördergebieten folgerten Hopkins et al. [60] dagegen auf Basis von Schätzungen, dass
85 % der ausgeflogenen Patienten von Traumata sowie 15 % von Erkrankungen betroffen
waren. Dieser Einschätzung stehen neuere Erkenntnisse aus US Offshore-Fördergebieten
im Golf von Mexiko [61] sowie von norwegischen Offshore-Öl&Gas-Strukturen [62] entgegen,
nach denen zwischen 70 % und 80 % aller notfallmäßig ausgeflogenen Patienten erkrankt
und nur ca. 20 % bis 30 % der Personen von Unfallverletzungen betroffen waren.
Vornehmliche Erkrankungen und Verletzungen bei Luftrettungseinsätzen auf Schiffen im
arktischen Barentsmeer [63] waren Beschwerden des Herz-Kreislauf-Systems und Gastrointestinaltrakts sowie Knochenbrüche, Amputationen und Gewebsverletzungen. Bei den Erkrankungen auf Öl- und Gasplattformen dominierten ebenfalls kardiovaskuläre und gastrointestinale Leiden sowie Atemwegserkrankungen [58, 59, 62].
Besonders von Verletzungen betroffen waren das Auge sowie die oberen und unteren Extremitäten. Norman et al. [64] und Ponsonby et al. [59] konnten in ihren retrospektiven Betrachtung zum Transport medizinischer Notfälle von Offshore-Öl- und Gas-Installationen in
der Nordsee und aus UK Küstengewässern zudem zeigen, dass über 40 % bis 57 % der
verletzungsbedingt notfallmäßig geretteten Personen von Knochenbrüchen, Kontusionen,
Dislokationen oder Distorsionen betroffen waren. Auch konnten Norman et al. [64] belegen,
dass 24 % der verletzungsbedingt ausgeflogenen Personen Handverletzungen erlitten hatten
und dass - bezogen auf die Gesamtzahl aller medizinisch Betroffenen - Hand- und Augenverletzungen zusammen ca. 25 % ausmachten.
Das primäre Ziel dieses Kapitels ist es, einen ersten detaillierten Überblick über die mit Luftrettungseinsätzen in einem deutschen Offshore-Windpark in Verbindung stehenden Verletzungs- und Erkrankungsmuster zu erstellen. Dieses erfolgte durch eine tiefergehende Analyse von medizinischen Notfällen anhand von 39 Luftrettungseinsätzen der betrieblichen Luftrettung im Windpark BARD Offshore 1 (BO1), welche im Zeitraum August 2011 bis Dezember 2013 durchgeführt wurden. Als Basis dieser Analyse dienten Einsatzinformationen, welche von den Firmen Offshore-Rettung und Sicherheit gGmbH, Westerstede und Northern
HeliCopter GmbH, Emden zur Verfügung gestellt wurden und durch zusätzliche Informationen seitens der Fa. BARD Engineering GmbH bzw. OWS Off-Shore Wind Solutions GmbH,
Emden ergänzt wurden. Dieses Kapitel analysiert die Art und Schwere der aufgetretenen
Unfallverletzungen bzw. Akuterkrankungen und die präklinisch geleisteten Maßnahmen.
4.2.3
Methodik
Die medizinischen Details zu den Luftrettungseinsätzen wurden den zur Verfügung stehenden Unterlagen (Notfallprotokolle der Firma Offshore-Rettung und Sicherheit gGmbH, Westerstede; Notarzteinsatzprotokolle (DIVI14-Protokolle) und Einsatzprotokolle der Firma
Northern HeliCopter GmbH, Emden) entnommen. Neben Datum, Meldezeit sowie Ort des
Notfalls und des Luftrettungseinsatzes wurden zudem Art und Umfang der aufgetretenen
Akuterkrankungen und Unfallverletzungen, Parameter wie „Glasgow-Coma-Scale“ (GCS)
und NACA-Score (National Advisory Committee on Aeronautics), betroffene Körperteile und
präklinisch durchgeführte Maßnahmen erfasst.
14
Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin.
33
Die quantitative Auswertung der Erhebungen erfolgte mit den Programm Microsoft Excel
2010 (Microsoft Corporation, Redmond, WA, USA) sowie mit dem Statistikprogramm SAS
(SAS Institute Incorporation, Cary, NC, USA; Version 9.2). Eine Einwilligung der Patienten
zur Verwendung der im Rahmen des Rettungseinsatzes erstellten medizinischen Notfalldokumente in dieser Studie bzw. eine Prüfung der Erhebungen durch die lokale Ethikkommission war nicht notwendig, da keiner der Notfallpatienten anhand des anonymisierten Datenmaterials durch unbeteiligte Dritte individuell identifiziert werden konnte.
4.2.4
Ergebnisse
Den 39 untersuchten Luftrettungseinsätzen lagen in 19 Fällen (49 %) Unfallverletzungen und
in 16 Fällen (41 %) Akuterkrankungen zugrunde. Bei 4 Einsätzen (10 %) war die Zuordnung
des Notfalls nicht eindeutig darstellbar.
Aus dem Gesamtgeschehen sowie dem jeweiligen Verletzungs- oder Erkrankungsbild der 39
medizinischen Notfälle konnten die für die Vorkommnisse relevanten medizinischen Fachgebiete belastbar abgeleitet werden: traumatologisch (18 Fälle; 46 % absolut), internistisch (9;
23 %), allgemeinchirurgisch (4; 10 %), ophtalmologisch (4; 10 %; davon zwei Augenverletzungen), orthopädisch (3; 8 %), neurologisch (1; 3 %).
Bei den traumatologischen Fällen lagen insgesamt 23 Meldungen zu Verletzungsarten vor
(Mehrfachnennungen), die sich wie folgt zusammensetzten: Kontusion/Distorsion 9 Meldungen (39 %), Platzwunde 4 (17 %), Schnittwunde 2 (9 %), Fraktur 2 (9 %), Commotio 2 (9 %),
Risswunde 1 (4 %), Luxation 1 (4 %), Amputation 1 (4 %) sowie unklar 1 (4 %).
Bei den 16 Akuterkrankungen standen internistische Fälle (9) mit ca. 56 % im Vordergrund.
Diese setzten sich mit jeweils 4 Fällen aus kardiovaskulären und gastrointestinalen Erkrankungen (Summe: ~90 %) sowie einer Bronchitis zusammen. Allgemeinchirurgische Erkrankungen (Appendizitis, Erysipel) und orthopädische Leiden (Lumbalgien) traten mit jeweils
drei Fällen in Erscheinung. Zudem trat ein neurologischer Fall auf (Apoplex).
Die den Unfallverletzungen zugrundeliegende Unfallart konnte in 18 von 19 Fällen identifiziert werden. Hier hatten 14 von 18 Ereignissen (78 %) eine durch äußere mechanische
Einwirkungen bedingte Unfallart als Hintergrund („getroffen von“, „gestoßen an“, „geraten in“
etc.). Elektrounfälle (1 Notfall) und Stolpern/Rutschen/Stürzen (SRS; 1 Fall) traten jeweils
untergeordnet auf (Summe: 11 %). Absturzvorkommnisse von Leitern (2 Fälle) führten ebenfalls bei 11 % der Unfallverletzungen zur luftgestützten Rettung der Betroffenen.
Die vorwiegend betroffenen Körperregionen (Mehrfachnennungen: n=22 Unfallverletzungen
bei 19 Unfällen) waren zu 45,5 % (10 Nennungen) die oberen Extremitäten und zu 13,6 %
(3) die unteren Extremitäten sowie zu 31,8 % (7) der Kopf (inklusive Auge). Untergeordnet
waren der Becken- und Rückenbereich mit je einer Nennung (je 4,5 %) vertreten. Die hauptsächlich verletzten Körperteile (Mehrfachnennungen: n=21 bei 19 Unfällen) waren die Hand
mit 33.3% (7 Nennungen) sowie der Gesichts- und Schädelbereich mit 28,5 % (6; davon 2
Auge). Der Schulter-Nacken-Bereich war bei 2 Unfällen (9,4 %) betroffen. Arm, Wirbelsäule,
Becken, Knie, Schienbein und Fuß waren mit je 4,8 % (je eine Nennung) untergeordnet betroffen.
Der Glasgow-Coma-Scale wurde in 36 von 39 Fällen dokumentiert und lag bei diesen Ereignissen zu 100 % bei 15. Der NACA-Score war in 24 von 39 Fällen identifizierbar. In 16 dieser
medizinischen Notfälle lag der NACA-Score bei III und war damit die häufigste Klassifikation
(67 %). Andere NACA-Klassen (II und IV) traten prozentual untergeordnet auf (25 % bzw.
8 %). Die beiden medizinischen Notfälle mit NACA-Score IV betrafen Akuterkrankungen
(Angina pectoris; V.a. schweren Infekt des Gastrointestinaltrakts). Andere NACA Schweregrade fanden sich nicht.
In allen medizinischen Notfällen war eine ausgebildete ersthelfende Person (z. B. Ersthelfer,
Betriebssanitäter, Schiffsarzt) vor Ort. Zudem erfolgte in allen Fällen per Telefon eine telemedizinische Begleitung (Telekonsultation) des Notfalls durch die landseitige Notfallleitstelle.
Erstmaßnahmen am Patienten wurden vom Ersthelfer bei einem Drittel (13 von 39) der Not34
fälle durchgeführt. In 62 % (8) dieser 13 Ereignisse wurde eine aktive Medikation auf Anweisung des landseitigen Telemediziners durchgeführt bzw. eine begleitete Selbstmedikation
eingeleitet (z. B. Schmerzmittel, Augentropfen, Nitro-Spray, Antibiotikum). Bei 31 % (4) der
Fälle wurde eine Wundversorgung durchgeführt und ein Verband angelegt. In einem Notfall
wurde eine Fingerschiene angelegt. Bei etwa zwei Drittel der Fälle lag keine Dokumentation
zu den Maßnahmen des Ersthelfers vor.
Bei 54% der Rettungseinsätze (21 von 39) wurden durch den Notarzt präklinische Maßnahmen durchgeführt. Hierzu zählten die Überprüfung der Vitalfunktionen mittels Elektrokardiogramm (EKG) und Pulskontrolle, die Blutstillung und das Anlegen von Verbänden, das Legen
intravenöser Zugänge sowie die Verabreichung von Medikamenten. Zudem wurden in Einzelfällen die Lagerung des Patienten auf einer Vakuummatratze sowie das Anlegen einer
Cervicalstütze durchgeführt. In 46 % (18) der Fälle wurden keine bzw. keine besonderen
präklinischen Maßnahmen durchgeführt. Bei 52 % (11) der 21 Fälle mit Maßnahmen handelte es sich um Akuterkrankungen, während die verbleibenden 48 % (10 Fälle) auf Unfallverletzungen entfielen.
4.2.5
Diskussion und Schlussfolgerungen
Diskussion
Die Verteilung von Unfallverletzungen (ca. 49 %) und Akuterkrankungen (ca. 41 %) in der
vorliegenden Studie zeigt sich in vergleichbarer Ausprägung auch in anderen Arbeiten wie
beispielsweise bei der Luftrettung von Schiffen im arktischen Barentsmeer [63] sowie der
luftgestützten Evakuierung von Notfallpatienten in der britischen und norwegischen Öl- und
Gasindustrie der Nordsee [58, 59, 64]. Teilweise aktuellere Daten aus der norwegischen und
amerikanischen Offshore-Öl- und Gas-Branche [61, 62] zeigen dagegen deutlich höhere
Evakuierungszahlen von 70-80 % aufgrund von Erkrankungen.
Der erhöhte Anteil von internistischen Beschwerden (ca. 56 %) bei den für die Luftrettung
relevanten Akuterkrankungen im Windpark BO1 findet sich ebenfalls in der o. g. Studie von
Haagensen et al. [63] (Anteil >62 %), spiegelt sich jedoch nicht in älteren Studien aus dem
Offshore-Öl- und Gas-Bereich wider (Leese [58], ca. 14 %; Norman et al. [64], ca. 20 %).
Aktuellere Studien [61, 62] weisen jedoch deutlich erhöhte Anteile internistischer Beschwerden von bis zu >70 % bei erkrankungsbedingten Luftrettungen aus, von denen wiederum
insgesamt ca. 45 % kardiovaskulär und bis zu 30 % gastrointestinal bedingt waren. Ob aus
dem erhöhten Vorkommen von Notfällen im Bereich der inneren Medizin eine kritische Hypothese zur internistischen Gesundheit von Arbeitern im Windpark BO1 oder zur Qualität der
Eignungs- und Gesundheitsuntersuchungen abgeleitet werden kann, bedarf jedoch weiterer
Forschungsarbeit.
In diesem Zusammenhang stellten Thibodaux et al. [61] fest, dass unzureichende oder gar
ausbleibende medizinische Eignungsuntersuchungen zu einer erhöhten Zahl medizinischer
Evakuierungen von Offshore-Öl- und Gasstrukturen führen können. Deshalb wurde gefordert, seitens des Arbeitgebers obligatorische Vorab-Gesundheitsuntersuchungen durchzuführen sowie Offshore-Programme zur medizinischen Prävention und zum Gesundheitsmanagement zu etablieren.
Der erhöhte Anteil mechanisch bedingter Unfallarten (78 %) im Zusammenhang mit verletzungsbedingten Luftrettungseinsätzen im Windpark BO1 spiegelt sich auch in den Rettungseinsätzen im Barentsmeer wider (Haagensen et al. [63]; ca. 76 % stumpfe und quetschende
Unfallmechanismen). Auch bei den Verletzungsarten (Kontusion, Fraktur) und den hauptsächlich verletzten Körperteilen (obere/untere Extremitäten, Kopf) zeigen sich deutliche Ähnlichkeiten zu den o. g. Studien. Insbesondere der erhöhte Prozentsatz (33 %) von Handverletzungen bei den unfallbedingten Luftrettungseinsätzen im Windpark BO1 zeigt sich mit
24 % auch bei der Evakuierung medizinischer Notfälle von Britischen Offshore-Öl- und
Gasstrukturen (Norman et al. [64]). Standke [57] konnte überdies statistisch belegen, dass
35 % aller Unfälle im Gesamtfeld des Arbeitsunfallgeschehens der Deutschen Gesetzlichen
Unfallversicherung (DGUV) die Hand als verletzten Körperteil betreffen (s. a. Kapitel 4.1.5).
35
Der gegenüber anderen NACA-Schweregraden deutlich erhöhte Anteil von Patienten mit
einem NACA-Score von III (67 %) zeigt sich auch in anderen extremen Rettungsumfeldern.
So wurden in einer Studie über die Rettung von ca. 800 verunfallten alpinen Skifahrern ca.
43 % NACA-III-Fälle identifiziert [65]. Vergleichbares (49 %) gilt für Luftrettungseinsätze in
vier alpinen Ländern [66]. Haagensen et al. [63] zeigten für 147 Luftrettungsmissionen im
arktisch-marinen Umfeld ebenfalls, dass ein NACA-Score von III mit ca. 54 % der am stärksten vertretene Wert war.
In 54 % der untersuchten Luftrettungseinsätze im Windpark BO1 wurden z. T. umfängliche
notärztliche Versorgungen durchgeführt. Die erhöhte Einsatzzahl von 18 Fällen (46 %) ohne
besondere Notarztmaßnahmen kann dadurch erklärt werden, dass der genaue Hintergrund
und die zeitliche Entwicklung des jeweiligen medizinischen Notfalls landseitig im Vorwege
nicht final zu beurteilen war. Hieraus – sowie aufgrund möglicher Verzögerungen durch Witterungsänderungen während eines Rettungseinsatzes – ergibt sich die Notwendigkeit, dass
bei einem Luftrettungseinsatz im Rahmen der Rettungskette für einen medizinischen Notfall
im Windpark BO1 eine entsprechend qualifizierte und ausgerüstete Rettungseinheit zuzuführen ist, auch wenn der Fall sich im Verlauf der Luftrettung als medizinisch weniger schwer
herausstellt.
Schlussfolgerungen als Grundlage für Empfehlungen
Aus der Analyse der medizinischen Notfälle für den Windparks BARD Offshore 1 im Zeitraum August 2011 bis Dezember 2013 können folgende Schlussfolgerungen abgeleitet werden:
I.
Der erhöhte Anteil von internistischen Beschwerden bei den Luftrettungsrelevanten Akuterkrankungen im Windpark BARD Offshore 1 spiegelt sich sowohl
in neueren Studien des Offshore-Öl-&Gas-Bereichs als auch im Sektor der luftgestützten Schiffsrettung in der Arktis wider. Hieraus sollte generell eine kritische Arbeitshypothese zur Beurteilung der internistischen Gesundheit von Arbeitern in
deutschen Offshore-Windparks oder auch zur Qualität der Eignungs- und Gesundheitsuntersuchungen für Offshore-Mitarbeiter abgeleitet werden. Die Arbeitshypothese sollte mittels empirischer Erhebungen im Rahmen der Eignungsuntersuchungen sowie anhand von medizinischen Protokollen zu (Luft-)Rettungseinsätzen
überprüft werden. Zudem wird empfohlen, gemäß den aktuell bzw. zukünftig vorhandenen infrastrukturellen Einrichtungen in deutschen Offshore-Windparks Förderprogramme zur medizinischen Prävention und zum Gesundheitsmanagement
für die Arbeitnehmer zu etablieren.
II.
Bei den Verletzungsarten (Kontusion, Fraktur) und den hauptsächlich verletzten
Körperteilen (obere/untere Extremitäten; Kopf, Auge) zeigen sich auch im Zusammenspiel mit dem hohen Anteil mechanischer Unfallartarten (78 %) Ähnlichkeiten
zu Studien aus anderen extremen Rettungsumfeldern wie der Öl- und Gasbranche
und der Schifffahrt, aber auch zur deutschen Baubranche allgemein. Sowohl die
Verletzungsarten als auch insbesondere der erhöhte Prozentsatz von Handverletzungen (33 %) bei den unfallbedingten Luftrettungseinsätzen im Windpark BARD
Offshore 1 sollten zukünftig in Art und Umfang der Ausbildung von Ersthelfern und
professionellen Rettungskräften sowie in der Präventionsschulung der Mitarbeiter
Berücksichtigung finden. In diesem Zusammenhang sollte insbesondere auch auf
das Tragen eines Gesichtsschutzes bzw. zumindest einer Schutzbrille sowie von
verstärkten Handschuhen für bestimmte gefahrgeneigte Arbeiten (z. B. Anschlagarbeiten) deutlich hingewiesen werden.
III.
Der genaue medizinische und rettungstechnische Hintergrund sowie die zeitliche
Entwicklung des jeweiligen medizinischen Offshore-Notfalls kann von der landgestützten Notfallleitstelle im Vorwege nicht final beurteilt werden. Obgleich nur in
54 % aller Luftrettungseinsätze präklinische Maßnahmen durch den begleitenden
Notarzt im Windpark BARD Offshore 1 im betrachteten Zeitraum durchgeführt wurden, ist aufgrund der unvorhersehbaren zwischenzeitlichen Entwicklung des Not36
falls sowie infolge möglicher Verzögerungen des Luftrettungseinsatzes durch Witterungsänderungen abzuleiten, dass bei einem medizinischen Notfall eine adäquate
Rettungseinheit unverzüglich zu alarmieren ist.
4.3 Prozesszeiten der betrieblichen Luftrettung im Windpark BO1 (20112013)
4.3.1
Zusammenfassung
Der zeitliche Ablauf der einzelnen Rettungskettenintervalle bei der Luftrettung von 39 medizinischen Notfällen im Windpark BARD Offshore 1 (BO1) konnte für die Jahre 2011 bis 2013
analysiert werden. Die Luftrettungseinsätze wurden überwiegend in den Sommermonaten
mit Maximalwerten an den Wochentagen Mittwoch, Freitag und Sonntag sowie in vornehmlichen Zeitfenstern am Morgen und Abend durchgeführt. Die mittlere Gesamtrettungsdauer
der Notfälle bis zum Eintreffen am Krankenhaus betrug 175,3 Minuten. Nach dem Eingang
des Notrufs an Land traf der Hubschrauber im Mittel nach 106,9 Minuten im OffshoreWindpark ein. Vom Eingang des Notrufs bis zur (Vor)Alarmierung des Hubschraubers
vergingen im Mittel 26,8 Minuten. Die Zeitdauer von der (Vor)Alarmierung bis zum Start des
Hubschraubers belief sich im Durchschnitt auf 31,4 Minuten. Die Anflugzeit zum OffshoreWindpark betrug durchschnittlich 45,9 Minuten. Die zwischenzeitliche Verweildauer der Rettungseinheit im Offshore-Windpark lag im Mittel bei 24,0 Minuten. Die Rückflugzeit von der
Offshore-Struktur zum Übergabepunkt des Patienten auf dem Festland (Klinik, Rettungstransportwagen (RTW)) betrug gemittelte 44,3 Minuten. In 64 % der Rettungsfälle erreichte
der Hubschrauber den Windpark innerhalb einer Hilfszeit von 90 Minuten. Eine zukünftige
Reduzierung dieser Zeit auf ≤60 Minuten kann durch verkürzte medizinisch-logistische Entscheidungsprozesse während der beiden ersten Intervalle der Rettungskette erreicht werden.
4.3.2
Einleitung
Zur Erfassungen des zeitlichen Ablaufs der Melde- und Rettungskettenintervalle von operativen Einsätzen der betrieblichen Luftrettung der Firmen BARD/OWS, ORS/SeaLink und NHC
für den Windpark BO1 wurden 39 Rettungseinsätze der Jahre 2011 bis 2013 untersucht.
Dieses Kapitel zeigt neben den Prozesszeiten auch zeitliche Optimierungspotentiale der
Melde- und Rettungskettenintervalle auf.
Neben den Distanzen müssen maritime Umwelt- und Atmosphärenbedingungen sowie Faktoren wie Lichtverhältnisse, Orientierung über Wasser und flugtechnische Zugänglichkeit des
unmittelbaren Rettungsortes als besondere Herausforderungen für die Luftrettung in Offshore-Windparks gewertet werden [12]. Diese Einsätze sind daher vergleichbar mit Rettungsoperationen in anderen entlegenen Regionen wie den arktischen und antarktischen Gebieten, Gebirgsregionen, unzugänglichem Hinterland (’outback’, ’wilderness’) oder Offshore-Öl&Gas Plattformen.
Die Zeitspannen für luftgebundene Rettungseinsätze in entlegenen Regionen sind teilweise
erheblich verlängert. So sind Zeiten von mehr als 3 Stunden bis zum Eintreffen der Rettungseinheit beim Patienten sowie Gesamtrettungszeiten von über 7 Stunden für Luftrettungseinsätze auf Schiffen im arktischen Barentsmeer [63] beschrieben worden. Eine Studie
zu norwegischen Offshore Öl-&Gasplattformen [67] zeigte, dass die Gesamtrettungsdauer –
bei Eintreffzeiten Offshore stationierter Rettungshubschrauber am Notfall-Patienten nach
deren Alarmierung von im Mittel (Median) ca. 36 Minuten – im Durchschnitt bei ca. 3,8 Stunden liegt. Auswertungen von Rettungsflügen im Gebirge [68] haben zudem gezeigt, dass die
mittlere Eintreffzeit beim Notfallpatienten im Rahmen von Einsätzen mit Windeneinsatz deutlich verlängert ist.
Sefrin und Distler [69] unterstreichen überdies, dass bei der Luftrettungskette aus medizinischer Sicht auch das zusätzliche Zeitintervall unmittelbar vor dem ersten Patientenkontakt
37
von wesentlicher Bedeutung ist. In diesem Zusammenhang sprechen Burghofer et al. [70]
von sogenannten ’Hidden Intervals’, die an bestimmtem Schnittstellen des Rettungsweges
(z. B. Patientenzugang, Transfer- und Übergabeintervalle) zu verdeckten Zeitverlusten führen können.
Sowohl die Eintreffzeit am Notfallort als auch die Zugangszeit zum Patienten können sich bei
Luftrettungseinsätzen in Offshore-Windparks durch konstruktive Gegebenheiten und äußere
Umstände (z.B. Witterung, Dunkelheit) deutlich verlängern. In diesem Sinne ist der logistisch,
rettungstechnisch und vor allem zeitlich reibungsarme Ablauf der einzelnen Segmente der
Melde- und Rettungskette von substantieller Bedeutung für die sichere und zeitnahe Rettung
von Offshore-Notfallpatienten.
Zum Einsatz von Rettungshubschraubern in Offshore-Windparks sowie zu den damit verbundenen Melde- und Rettungszeiten – und somit zur Qualität des gesamten Einsatzablaufs
– liegen bislang jedoch keine belastbaren Studien vor. Das Ziel des folgenden Kapitels ist es,
einen Überblick über die Prozesszeiten von luftgebundenen Rettungseinsätzen in einem
deutschen Offshore-Windpark zu vermitteln. Zudem werden zeitliche Optimierungsansätze
für einzelne Elemente der Rettungskette aufgezeigt.
4.3.3
Methodik
Anhand der zur Verfügung stehenden anonymisierten Unterlagen (Notfallprotokolle der Firma ORS; Notarzteinsatzprotokolle, d.h. DIVI-Protokolle: Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin; Flugeinsatzprotokolle der Firma NHC) konnten die
Melde- und Rettungszeiten von 39 Luftrettungseinsätzen des Windparks BO1 für den Zeitraum von August 2011 bis Dezember 2013 extrahiert werden. Da der Zeitpunkt des jeweiligen Notfalleintritts retrospektiv nicht präzise identifiziert werden konnte, wurde der Notrufeingang als Startzeitpunkt der Rettungskette festgelegt. Für die Tag/Nacht-Unterscheidung des
jeweiligen Notrufeingangs wurden die Zeitpunkte des astronomischen Sonnenaufgangs und untergangs gewählt.
Bei der detaillierten Erfassung der Melde- und Rettungszeiten standen insbesondere die
Zeitintervalle zwischen den individuellen Rettungskettenelementen i) Eingang des Notrufs, ii)
(Vor)Alarmierung des Hubschraubers, iii) Start des Hubschraubers, iv) Eintreffen des Hubschraubers auf der Offshore-Anlage, v) Verlassen des Hubschraubers der Offshore-Anlage
und vi) Ankunft des Hubschraubers an der Klinik bzw. dem Zielort im Vordergrund. Die quantitative Auswertung der Erhebungen erfolgte mit den Programm Microsoft Excel 2010 (Microsoft Corporation, Redmond, WA, USA) sowie mit dem Statistikprogramm SAS (SAS Institute
Incorporation, Cary, NC, USA; Version 9.2).
4.3.4
Ergebnisse
Die Luftrettungseinsätze wurden zu einem wesentlichen Anteil in den Sommermonaten Juli
und August durchgeführt (16 von 39 Notfällen, 41 %). Die Rettungseinsätze fanden zu 67 %
(26 Fälle) von Montag bis Freitag statt. Mit 8 Fällen (21 %) war – bezogen auf einzelne Wochentage – über den gesamten Untersuchungszeitraum an Sonntagen das höchste Einsatzaufkommen zu registrieren. Über die gesamte Woche betrachtet lagen die Maximalwerte der
Notfallrettungseinsätze auf den Tagen Mittwoch, Freitag und Sonntag.
Die Notrufe gingen überwiegend tagsüber in der Leitstelle ein (32 von 37; 86 %). Das Maximum der Notrufeingänge lag vormittags im Zeitfenster zwischen 8 und 10 Uhr (10 Fälle,
27 %). In den Zeitfenstern des späten Nachmittags (16-18 Uhr) und des frühen Abends (1820 Uhr) stiegen die Zahlen der Notrufeingänge – und somit der Rettungseinsätze – auf jeweils 5 bzw. 6 (ca. 14 % bzw. 16 %) erneut an. In den späten Abendstunden, den Nachtstunden sowie den frühen Morgenstunden war ein geringes Einsatzgeschehen zu verzeichnen.
Die durchschnittliche Dauer eines Luftrettungseinsatzes im Windpark BO1 betrug vom Eingang des Notrufs in der Leitstelle bis zum Eintreffen des Hubschraubers mit dem Notfallpati38
enten an der Klinik bzw. am RTW im Untersuchungszeitraum 175,3 Minuten bei einer Standardabweichung (SD) von 54,4 Minuten. Bei der Betrachtung der einzelnen Rettungskettenelemente bis zur landseitigen Übergabe des Patienten zeigten sich im Untersuchungszeitraum folgende Zeiten: Vom Eingang des Notrufs bis zur (Vor)Alarmierung des Hubschraubers betrug das mittlere Zeitfenster 26,8 Minuten (SD = 49,2 Minuten). Die Zeitdauer von der
(Vor)Alarmierung bis zum Start des Hubschraubers belief sich im Mittel auf 31.4 Minuten (SD
= 19,9 Minuten). Die Anflugzeit zum Offshore-Windpark bzw. die Rückflugzeit von der
Offshore-Struktur zum Übergabepunkt des Patienten auf dem Festland (Klinik, RTW) betrugen durchschnittlich 45,9 bzw. 44,3 Minuten (SD = 14,3 bzw. 7,2 Minuten). Die zwischenzeitliche Verweildauer des Rettungsteams im Offshore-Windpark betrug im Mittel 24,0 Minuten
(SD = 15,2 Minuten). Auf Basis der chronologisch vorliegenden Melde- und Rettungszeiten
vom Eingang des Notrufs bis zum Eintreffen des Hubschraubers in der Klinik bzw. am RTW
konnte über den Untersuchungszeitraum Juli 2011 bis Dezember 2013 keine erkennbare
Reduzierung der Gesamtrettungsdauer abgeleitet werden.
4.3.5
Diskussion und Schlussfolgerungen
Die erhöhte Anzahl von Luftrettungseinsätzen in den Sommermonaten Juli und August steht
sehr wahrscheinlich im Zusammenhang mit der saisonal intensivierten Bauaktivität, mit der
wiederum eine verstärkte zahlenmäßige Anwesenheit von Mitarbeitern (täglich ca. 250-300
Personen) im Windpark BO1 einhergeht [41]. Bei der quantitativen Verteilung der Luftrettungseinsätze über die Woche ist eine erhöhte Zahl von Rettungseinsätzen an Freitagen (7)
und Sonntagen (8) auffällig. Eine geringere Anzahl von Luftrettungseinsätzen zu Wochenbeginn sowie erhöhte Einsatzzahlen zum Ende der Woche wurden auch auf norwegischen
Offshore-Öl&Gas-Installationen festgestellt [67]. Hier wurde vermutet, dass der Transport
minder schwerer medizinischer Notfälle auf reguläre Hubschrauberflüge am Ende der jeweiligen Woche verschoben wurde.
Die hauptsächlichen Tageszeitfenster für das Eintreten der Luftrettungs-relevanten Notfälle
bzw. des Alarmierungsfalls lagen zwischen 8 und 10 Uhr (jeweils 5 Fälle pro Tagesstunde im
gesamten Untersuchungszeitraum) sowie zwischen 16 und 20 Uhr (~3 Fälle/Tagesstunde).
Ähnliche morgendliche und abendliche Tagesmaxima stellten Norum und Elsbak [71] für
Luftrettungseinsätze in der Norwegischen Arktis sowie Østerås et al. [67] auf norwegischen
Offshore-Öl&Gas-Plattformen fest. Die abendliche Zunahme der Luftrettungseinsätze (überwiegend Unfallverletzungen) könnte – trotz der kleinen Fallzahl – mit der nachlassenden
Konzentration der Mitarbeiter oder auch einem bevorstehenden bzw. vollzogenen Schichtwechsel zusammenhängen. Unfalluntersuchungen aus dem Offshore-Öl- und Gasbereich
bestätigen derartige Schichtwechsel-Phänomene [72].
Bei einer Gesamtrettungsdauer im Median von 160 Minuten für den Windpark BO1 betrug
die durchschnittliche Verweildauer der jeweiligen Rettungsteams am Offshore-Einsatzort ca.
20 Minuten (ca. 12 % der Gesamtrettungszeit). Ähnliche Zeiträume wurden für Luftrettungseinsätze in norwegischen Offshore-Öl-&Gasfeldern ermittelt [67]. Hier konnten für drei verschiedene Felder im Gesamtmittel (Median) Verweildauern der Rettungsteams von ca. 18
Minuten (8 % der Gesamtrettungsdauer) festgestellt werden. Im Zuge der Patientenrettung
von Schiffen im arktischen Barentsmeer [63] betrugen die durchschnittlichen (Median) Verweildauern der jeweiligen Rettungsteams am Offshore-Einsatzort nur 10 Minuten, und damit
ca. 2 % der Gesamtrettungsdauer von ca. 440 Minuten. Bei dieser Betrachtung ist zu berücksichtigen, dass die Verweildauer des Rettungsteams im Windpark BO1 im Einzelfall mit
der Schwere des medizinischen Notfalls und den damit in Verbindung stehenden präklinischen Maßnahmen im Zusammenhang stand.
Die mittlere Eintreffzeit des Rettungsteams auf der Offshore-Anlage nach der
(Vor)Alarmierung des Hubschraubers belief sich auf 77,0 Minuten (SD = 22,9 Minuten). Hinund Rückflug des Rettungshubschraubers umfassten im Untersuchungszeitraum mit durchschnittlich jeweils ca. 46 bzw. 44 Minuten die größten individuellen Zeitintervalle in der Melde- und Rettungskette für medizinische Notfälle im Windpark BO1. Eine Verkürzung dieser
39
Intervalle erscheint nicht möglich, da die Flugzeiten bereits sehr konstant (geringe SD) und
zudem technisch-logistisch kaum beeinflussbar sind.
Das Zeitintervall zwischen Eingang des Notrufs und Eintreffen des Rettungshubschraubers
im Windpark BO1 betrug im Mittel 106,9 Minuten (SD = 57,4 Minuten). Hierin enthalten war
eine in Einzelfällen aus Gründen der medizinischen Telekonsultation sowie der Entwicklung
des jeweiligen medizinischen Notfalls verlängerte Zeitspanne von deutlich über einer Stunde
zwischen dem Eingang des Notrufs und der (Vor)Alarmierung des Hubschraubers.
Im Rahmen eines DIVI-Workshops forderte Sefrin [73], dass als Richtgröße bis zum Eintreffen der notfallmedizinischen Versorgung in Offshore-Windparks der deutschen AWZ eine
Zeitspanne von 60 Minuten nicht überschritten werden sollte. Diese Zeitspanne kann anlassbezogen (Wetterbedingungen, technische Umstände) auf 90 Minuten ausgedehnt werden. In
der Einzelbetrachtung der medizinischen Luftrettungsfälle im Windpark BO1 zeigte sich für
den Untersuchungszeitraum, dass ein 90-minütiges Zeitfenster in 23 von 36 (komplett auswertbaren) Luftrettungsfällen (64 %) eingehalten werden konnte. Ein Zeitfenster von 60 Minuten konnte jedoch nur in 2 dieser Fälle (ca. 5,5 %) eingehalten werden. Bei einer hypothetischen Reduzierung des Zeitintervalls vom Eingang des Notrufs bis zur (Vor)Alarmierung
des Hubschraubers auf 0 Minuten, z. B. durch das angenommene Auslösen eines sofortigen
(„scharfen“) Hubschrauberalarms in allen medizinischen Notfällen, sowie bei einer hypothetisch routinemäßig optimierten Verkürzung des Intervalls zwischen (Vor)Alarmierung und
Start des Hubschraubers auf 12 Minuten (Minimum im Untersuchungszeitraum) ließe sich
die Einhaltungsquote eines 60-Minuten-Zeitintervalls auf 83 % (30 von 36 der untersuchten
Fälle) und eines 90-minütigen Zeitintervalls auf 97 % (35 Fälle) erhöhen. Die operative Praxis der an der Erhebung dieser Daten beteiligten Firma NHC wurde auf Basis der vorliegenden Forschungsergebnisse bereits dahin gehend modifiziert, dass die Luftrettungseinheit mit
Eingang einer Notfallmeldung in der Notfallleitstelle unverzüglich in den (Vor)Alarm versetzt
wird (frdl. mdl. Mitt. Herbert Janssen, Fa. NHC; 12.09.2014, Emden).
Die analog zu Burghofer et al. [70] für den Luftrettungseinsatz im Windpark BO1 identifizierten ‚Hidden Intervals’ sind das Zugangszeitintervall (Landung Offshore-Struktur bis erster
Patientenkontakt), das Abtransportintervall (Beginn Patiententransport bis Abflug), sowie das
Transfer- und Übergabeintervall (Landung Hubschrauber Klinik/RTW bis Ankunft Fachabteilung und Beginn Übergabe). Diese Intervalle waren im Rahmen dieser Studie jedoch nicht
belastbar zu quantifizieren.
Nächtliche Luftrettungseinsätze fanden im Windpark BO1 während des Untersuchungszeitraums nur geringumfänglich statt. Stuhr et al. [74] wiesen im Zusammenhang mit nächtlichen
Rettungsflügen zu Offshore-Windparks sowie aufgrund der generell beim nächtlichen Anfliegen von Offshore-Strukturen erhöhten Unfallgefahren [75] darauf hin, dass Faktoren wie
Lichtverhältnisse, die Orientierung über Wasser, besondere und somit schwierig zu antizipierende Umweltparameter sowie die flugtechnische Zugänglichkeit des unmittelbaren Rettungsortes im Windpark gesondert berücksichtigt werden müssen. Hierzu sollte analog zu
Modellen an Land [76] ein bindender Algorithmus erstellt werden.
Schlussfolgerungen als Grundlage für Empfehlungen
Aus den Detailerfassungen des zeitlichen Ablaufs der Melde- und Rettungskettenintervalle
von operativen Einsätzen der betrieblichen Luftrettung der Firmen BARD/OWS,
ORS/SeaLink und NHC für den Windparks BARD Offshore 1 im Zeitraum August 2011 bis
Dezember 2013 konnten folgende Schlussfolgerungen abgeleitet werden:
I.
Das saisonale Merkmal der erhöhten Anzahl von Luftrettungs-Notfalleinsätzen in
den Sommermonaten Juli und August sollte prospektiv in die Überlegungen zur geographischen Stationierung sowie zur temporären (saisonalen) quantitativen und
regionalen Redundanz von Rettungshubschraubern bzw. Luftrettungseinheiten
(Hubschrauber plus Rettungsteam) für den Windpark BARD Offshore einbezogen
werden. Die Übertragbarkeit dieser Schlussfolgerung auf andere OffshoreWindparks in der deutschen AWZ der Nord- und Ostsee sollte prospektiv geprüft
werden.
40
II.
Der (mögliche) Umstand der abendlichen Zunahme der zu einem Luftrettungseinsatz führenden Unfallverletzungen (sogenanntes Schichtwechselphänomen) sollte
in zukünftigen HSE- und Rettungskonzepten (allg. SchuSiKo) sowie beim Entwurf
von Präventionsmaßnahmen, bei der Schulung der handwerklichen und medizinischen Mitarbeiter, bei der Gestaltung der medizinischen Offshore-Versorgung sowie auch bei der Stationierung von Rettungseinheiten (s. o.) Berücksichtigung finden.
III.
Die derzeit empfohlenen Richtzeiten bis zum Eintreffen der notfallmedizinischen
Versorgung in Offshore-Windparks der deutschen AWZ betragen 60 bzw. 90 Minuten (s.o.). Ausblickend kann festgehalten werden, dass eine zukünftige nachhaltige
Reduzierung dieser Zeiten – zumindest für den Windpark BARD Offshore 1 – auf
60 Minuten oder darunter, und somit auch eine deutliche Verringerung der Gesamtrettungsdauer, insbesondere durch eine Verkürzung bzw. Beschleunigung der medizinisch-logistischen Entscheidungsprozesse während der beiden Zeitintervalle
zwischen dem Eingang des Notrufs und dem Start des Hubschraubers möglich erscheint. Dies ist z. B. durch das sofortige Anlaufen der Luftrettungskette („scharfer
Alarm“) zu gewährleisten, sobald aufgrund von Veränderungen im Gesundheitszustand einer Person durch den Patienten selbst oder eine Drittperson der medizinische Notfall ausgerufen wird [77].
IV.
Der Aspekt des sofortigen Anlaufens der Rettungskette – d. h. die Vermeidung eines verzögerten Eintreffens der Rettungseinheit auf der Anlage und somit der potentiellen Verschlechterung des Gesundheitszustands des Betroffenen sowie dessen verspäteter Einlieferung in die Zielklinik infolge einer verlängerten Entscheidungsfindungsphase – erhöht nicht nur das subjektive Sicherheitsempfinden der
Offshore befindlichen Mitarbeiter, sondern erfüllt auch objektiv im BG-lichen Sinne
ein Höchstmaß an Prävention und Krankenfürsorge. Insofern sollte der optimierten
Gestaltung der ersten Melde- und Rettungskettenelemente durch den Rettungsdienstleister z.B. im Zuge des Entwurfes von Schutz- und Sicherheitskonzepten
oder auch im operativen Rettungsgeschäft erhöhte Aufmerksamkeit zuteilwerden.
V.
Im Zuge des Melde- und Luftrettungsprozesses sollte zudem auf eine kritische
Identifizierung und nachfolgende Minimierung sogenannter ‚Hidden Intervals’ hingewirkt werden (z. B. SchuSiKo). Zugangszeit- und Abtransportintervall können
z.B. durch die Anflug-parallele Verbringung des Patienten in die Nähe der Landestelle des Hubschraubers im Windpark verkürzt werden, sofern dies der Zustand
des Patienten aus medizinischer Sicht zulässt (telekonsultative Abklärung). Das
Transfer- und Übergabeintervall nach Beendigung des eigentlichen Rettungsflugs
kann durch eine ausnahmslose Landung des Rettungshubschraubers an der Zielklinik minimiert werden.
VI.
Vergleichsabschätzungen für den Windpark BARD Offshore 1 zeigen, dass bei
gleichzeitigem hypothetischen Start der Rettungseinheiten Hubschrauber und
Schiff von einem Küstenstandort aus derzeit kein Schiff, welches die Voraussetzungen für ein Anlegemanöver an der Anlegestelle einer Windenergieanlage bzw.
einer Windpark-Plattform erfüllt, in der Lage ist, den Notfalleinsatzort in einer ähnlichen Zeitspanne wie der Hubschrauber (im Mittel ca. 46 Minuten) zu erreichen.
Aufgrund der Überlegenheit beim Faktor „Zeit“ ist der Hubschrauber generell dem
Schiff als Distanz-überbrückende Rettungseinheit vorzuziehen. Im summarischen
Blick auf eine i) u. U. umfangreichere medizinische Ausstattung (Behandlungsraum) im Windpark liegender Schiffe, ii) den Zeitvorteil beim Hubschrauber sowie
iii) die unterschiedliche Robustheit beider Rettungseinheiten gegenüber verschiedenen Umweltparametern ist jedoch unter bestimmten medizinischen Gegebenheiten bei der Patientenrettung eine Kombination beider Rettungseinheiten im Sinne
des Rendezvous-Verfahrens (Übergabe des Patienten zwischen Schiff und Hubschrauber) zu erwägen.
41
VII.
Im Zusammenhang (insbesondere) mit nächtlichen Luftrettungseinsätzen in
Offshore-Windparks sollte ein Offshore-Luftrettungs-Algorithmus erstellt und empfohlen werden, welcher folgende Faktoren berücksichtigen bzw. beinhalten könnte:
a) die generell erhöhten Unfallgefahren beim nächtlichen Anfliegen von OffshoreStrukturen,
b) die eingeschränkten und diffusen Licht- und Sichtverhältnisse, welche evtl.
durch die Verwendung von restlichtverstärkenden Nachtsichtgeräten oder den
Einsatz weiterer Assistenzsystem (z.B. Infrarotkamera, TV Kamera, Lasersensorik) kompensiert werden können, falls diese Geräte für das jeweils eingesetzte Flugmuster vom Luftfahrtbundesamt zugelassen sind,
c) die schwierige räumliche Lageorientierung von Hubschraubern über Wasser bei
eingeschränkter Referenz (räumliche Desorientierung des Piloten durch Unterscheidungsverlust/Referenzverlust zwischen Wasser, Horizont und Himmel)
sowie infolge des Mangels an Kontrasten und optischen Orientierungspunkten,
d) die besonderen, sich u. U. schnell ändernden und somit schwierig zu antizipierenden Meeres- und Atmosphärenparameter,
e) die u. U. erschwerte flugtechnische Zugänglichkeit des unmittelbaren Rettungsortes im Windpark,
f) die fliegerische Herausforderung eines möglichen Rendezvous-Verfahrens,
g) die Art und Schwere der Verletzung oder Akuterkrankung des Patienten,
h) die körperliche und psychische Verfassung sowohl des Patienten als auch des
gesamten Rettungsteams,
i)
die medizinischen Ressourcen auf der Offshore-Struktur, auf potentiell oder real
beteiligten Schiffen sowie im eingesetzten Hubschrauber,
j)
die möglicherweise verstärkt auftretende Ermüdung („Fatigue“) der Piloten beim
Rückflug von Offshore-Strukturen sowie
k) die Entfernung zur Zielklinik an Land und deren medizinische Ausstattung gemessen an Art und Schwere der Unfallverletzung bzw. Akuterkrankung des Patienten.
4.4 Ausblick
Eine auf den Analyseergebnissen basierende, vergleichende Betrachtung zeigt, dass zwischen der Gesamtzahl von i) 190 Windpark-übergreifenden unfallverletzten Personen
(n=190), ii) den 30 aus der vorgenannten Grundgesamtheit im Zuge einer Luftrettung ausgeflogenen Patienten (n=30) sowie iii) den 19 ausgeflogenen Unfallverletzten (n=19) aus dem
Windpark BARD Offshore 1 zum Teil deutliche prozentuale Analogien beim Unfallort, der
Unfallart, dem Arbeitsprozess und der spezifischen Tätigkeit, dem verwendeten Arbeitsmittel,
der Verletzungsart sowie der verletzten Körperregion bzw. dem verletzten Körperteil bestanden. Es kann somit angenommen werden, dass nach derzeitigem Erkenntnisstand die ausgeflogenen Unfallpatienten eine – jedoch nicht im streng statistischen Sinne – näherungsweise repräsentative Teilmenge der Gesamt-Unfallverletzten darstellen.
Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGUV) stellt als Dachverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (BG) und der Unfallversicherungsträger der öffentlichen
Hand (UVTöH) die jährliche Statistik des meldepflichtigen Unfallgeschehens am betrieblichen Arbeitsplatz zusammen, veröffentlicht diese Ergebnisse und übermittelt die Daten an
das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) sowie an das Europäische Amt für
Statistik (EUROSTAT) [78]. Grundlage hierfür bildet der § 193 des SGB VII15, nach der der
15
Siebtes Buch Sozialgesetzbuch.
42
Unternehmer jeden Unfall in seinem Betrieb anzuzeigen hat, bei dem ein dort Beschäftigter
getötet oder so verletzt wird, dass er stirbt oder für mehr als drei Tage völlig oder teilweise
arbeitsunfähig ist [57]. Die Meldung eines Unfalls erfolgt dabei über eine Unfallzeige, die mit
einem vom Gesetzgeber vorgegebenen Formblatt ausgefüllt werden muss [79].
Wegen der großen Anzahl der zu verschlüsselnden Merkmale aus den Unfallanzeigen fließt
nur eine Stichprobe von annähernd 6,7 % (BG) bzw. 10 % (UVTöH) der meldepflichtigen
Unfälle in die Unfallstatistik ein [57]. Hierzu werden im sog. Geburtstagsverfahren diejenigen
Unfälle in die Stichprobe aufgenommen, bei denen der Unfallverletzte am 10. oder 11. (bei
BG) bzw. am 10., 11. oder 12. (bei UVTöH) eines Monats Geburtstag hat [79]. Diese Stichprobenwerte werden anschließend auf die Referenzzahlen der Arbeitsunfälle hochgerechnet.
Die auf diese Weise statistisch zusammengestellten Unfallzahlen bilden die Grundlage für
Auswertungen zu Unfallschwerpunkten, welche wiederum Ansatzpunkte für weiterführende
analytisch-epidemiologische Unfallstudien sein können [57]. Die exakte Rekonstruktion von
Unfallhergängen bzw. die Darstellung komplexer Ursache-Wirkungs-Abläufe bedarf aber
weiterhin gezielter, methodisch abgesicherter Unfallursachenforschung [57].
Ausblickend wird auf Basis der bisherigen ROW-Forschungsergebnisse gefolgert, dass zukünftig – ausreichende Fallzahlen vorausgesetzt – zur Bestimmung von Unfall- und Verletzungsmustern in deutschen Offshore-Windparks das o. b. statistische Verfahren zur Anwendung gebracht werden könnte. Bereits zum jetzigen Zeitpunkt bilden sich bei den Extremitäten- und Kopfverletzungen sowie bei den Verletzungsarten (Commotio, Kontusion, Distorsion) und Verletzungsfolgen (oberflächliche Wunden und Zerreißungen) tendenziell prozentuale Ähnlichkeiten zwischen den vom ROW-Forschungsprojekt durchgeführten (geringumfänglichen) Detailauswertungen eines einzelnen Offshore-Windparks und den umfassenden
DGUV-Statistiken des gesamten deutschen betrieblichen Arbeitsunfallgeschehens ab.
Die bisherigen retrospektiven Informations- und Datensammlungen von verschiedenen Betreibern, Betrieben und zuständigen Behörden bezüglich der Unfall-, Verletzungs- und Akuterkrankungsmuster in deutschen Offshore-Windparks im Rahmen der Übersichtsstudie waren von erheblichen Unterschieden und deutlicher Inhomogenität gekennzeichnet. Bereits
auf betrieblicher Ebene unterscheiden sich die methodischen Erfassungsansätze im Hinblick
auf die Meldeschwelle und die Qualität und Quantität des Formularwesens erheblich.
Grundsätzlich ist die innerbetriebliche Dokumentation zur eigenen Qualitätskontrolle in ihrem
Umfang nicht gesetzlich geregelt. Dies hat zur Folge, dass betriebliche Ereignismeldungen
von kurzen stichpunktartigen Meldungen, in denen lediglich Eckdaten des Ereignisses erfasst werden, bis hin zur Erfassung in umfangreichen Datenbanken reichen. Ein gemeinsamer Kerndatensatz existiert nicht und so sind die Zusammenführung dieser Meldungen sowie die systematische Auswertung dieser nur sehr eingeschränkt und mit großem Aufwand
möglich.
Um ein Höchstmaß an Homogenisierung und Standardisierung bei der zukünftigen Erfassung und Auswertung derartiger Informationen und Daten zu gewährleisten, wurde im Rahmen des ROW-Forschungsprojekts konzeptionell ein „Zentrales Medizinisches Offshore Register“ (ZeMOR) entwickelt und erprobt (s. Kapitel 5). Mit der zukünftigen Implementierung
von ZeMOR steht den im Offshore-Windbereich tätigen Unternehmen ein wirksames Instrument zur Evaluation und Optimierung der bisher umgesetzten Maßnahmen sowie zur Überprüfung der Qualität der medizinischen Versorgung unfallverletzter und erkrankter OffshoreArbeiter zur Verfügung. Mit Hilfe der Daten aus ZeMOR können zukünftig auch die Prozesszeiten der Rettungskette Offshore Wind weiter optimiert werden. Neben dem Minimieren von
Zeitverlusten in den ersten Meldekettengliedern steht dabei zudem das Erkennen, Verkürzen
bzw. Vermeiden von „Hidden Intervals“ bei Transport und Übergabe des Notfallpatienten
entlang der Rettungskette im Vordergrund. Die an ZeMOR beteiligten Rettungsdienstleister
kommen dabei in den Nutzen individueller, jährlich wiederkehrender statistischer Berichtslegungen zu medizinischen Offshore-Notfällen.
43
5 Zentrales Medizinisches Offshore-Register (ZeMOR)
5.1 Zusammenfassung
Die medizinische Versorgung verletzter und erkrankter Arbeiter im Offshore-Windbereich
stellt für die Unternehmen und die betrieblichen Rettungsdienste eine besondere Herausforderung dar. Voraussetzung zur Evaluation und Optimierung einzelner Segmente der Rettungskette und vorhandener Arbeitsschutzmaßnahmen ist eine zentrale prospektive Erfassung aller medizinischen Notfälle. Erst die Kenntnis der Realität und deren wissenschaftliche
Analyse können einen Veränderungs- und Verbesserungsprozess initiieren. Bis dato existiert
jedoch kein zentrales Erfassungsinstrument, welches medizinische Ereignisse und Notfälle
bei Bau und Betrieb von deutschen Offshore-Windparks dokumentiert und archiviert sowie
wissenschaftlich aufgearbeitete Informationen in Berichtsform an die für den Arbeitsschutz
zuständigen inner- und außerbetrieblichen Stellen zurückgibt. Mit dem im Rahmen des Forschungsprojekts initiierten Grundgedankens eines Registers (Zentrales Medizinisches Offshore Register, ZeMOR) soll erstmalig ein Instrument zur Verfügung stehen, welches eine
detaillierte medizinisch-wissenschaftliche Dokumentation und Analyse von medizinischen
Vorfällen im Offshore-Windbereich ermöglicht.
Zunächst wurde im Rahmen der Projektarbeiten und im Sinne eines Pilotversuches in Kooperation mit dem Havariekommando Cuxhaven ein auf den Offshore-Windbereich abgestimmter Notfallmeldebogen entwickelt, der einen ersten Kerndatensatz relevanter Eingangsparameter für das Zentrale Medizinische Offshore Register bildet. Anwendbarkeit und
Plausibilität des Notfallmeldebogens wurden im Rahmen einer ersten Pilotstudie evaluiert
sowie im Rahmen zweier Workshops mit Vertretern von Ministerien, Behörden, beteiligten
Berufsgenossenschaften sowie Unternehmen diskutiert. Aufbauend auf den Ergebnissen der
Pilotstudie und den Workshops sowie den parallel durchgeführten Untersuchungen zur Verwendung etablierter Strukturen des TraumaRegister der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (TraumaRegister DGU®) soll das System in der nächsten Stufe ausgebaut und ein
wissenschaftlich fundiertes Registerkonzept für den gesamten deutschen OffshoreWindbereich entwickelt und etabliert werden. Parallel wird eine Internationalisierung des Registers bzw. dessen Kerndatensatzes angestrebt.
Der zum Ende des Forschungsprojekts bestehende ZeMOR Notfallmeldebogen umfasst 12
Erfassungsrubriken zum medizinischen Notfall selbst, zum zeitlich-logistischen Ablauf der
Rettungskette sowie zu nicht-medizinischen Aspekten (z. B. Umweltparameter). Insgesamt
kann der Notfallmeldebogen auf Erkenntnisbasis der ZeMOR Pilotphase (April bis September 2014) als realistisch einsetzbares operatives Instrument im Offshore-Rettungsbetrieb
betrachtet werden. Im Zeitraum der Pilotphase konnten 15 medizinische Notfälle ausgewertet werden. Der Anteil von luftgeretteten Unfallverletzten und Akuterkrankten lag bei je 47 %.
Über 70% der geretteten Unfallverletzten erlittenen einen durch äußere mechanische Einwirkungen bedingten Unfall. Die Unfallverletzungen (7) betrafen zu jeweils ca. 43 % den Kopf
und die Extremitäten (Summe: 86 %). Von den geretteten 7 Akuterkrankten waren 4 Personen (ca. 57 %) von grastrointestinalen (3) und cardiovasculären (1) Leiden betroffen. Teile
der Unfall-, Verletzungs- und Akuterkrankungsdaten aus der ZeMOR Pilotphase weisen erkennbare Vergleichbarkeiten zur Studie über die Luftrettung im Windpark BARD Offshore 1
auf.
Mit der Implementierung des vorgestellten Registers könnten die im Offshore-Windbereich
tätigen Unternehmen zukünftig über ein wirksames Instrument zur Evaluation und Optimierung der bisher umgesetzten Maßnahmen sowie zur Überprüfung der Qualität der medizinischen Versorgung unfallverletzter und erkrankter Offshore-Arbeiter verfügen.
44
5.2 Einleitung
Medizinische Register gewinnen national und auch international immer mehr an Bedeutung
und stellen eine wichtige Erkenntnisquelle u. a. für epidemiologische und klinische Fragestellungen, für Versorgungs- und Ursachenforschung und als Element der Qualitätssicherung
dar. Sie helfen bei der Beurteilung von Versorgungsstrukturen und der medizinischen Behandlungsqualität und werden als Grundlage für Präventionsmaßnahmen und gesundheitspolitische Entscheidungen genutzt [80].
In der Epidemiologie wird mit dem Begriff Register eine Sammlung von Meldungen über gesundheitsrelevante Vorgänge bezeichnet [81], die einheitliche medizinische oder sozioökonomische Daten enthält [82], welche in systematischer Weise zu vorab festgelegten – aber
auch erweiterbaren – Fragestellungen erhoben werden und eine systematische, patientenübergreifende Auswertung erlauben [80]. Als Grundlage dient in der Regel eine standardisierte Basisdokumentation, welche für ein abgegrenztes Untersuchungs- oder Behandlungskollektiv verwendet wird [83].
Gerade in Deutschland wird das Konzept (präklinischer) medizinischer Register in vielen
verschiedenen Bereichen mit beachtlichen Ergebnissen genutzt. Zahlreiche Aktivitäten zum
Aufbau neuer Register sowie die jüngst erfolgte Gründung eines Registernetzwerks auf Ebene der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) [84] bringen die
wissenschaftliche und institutionelle Bedeutung zum Ausdruck.
Aber auch in der Arbeitswelt haben sich verschiedene Meldesysteme entwickelt, die eine
Erfassung kritischer Ereignisse im Sinne des Arbeits- und Gesundheitsschutzes vorsehen,
um arbeitsbedingte Verletzungen und Erkrankungen zu vermeiden sowie generell die Gesundheit der Beschäftigten am Arbeitsplatz zu schützen. Grundlage hierfür bilden zum einen
Industrienormen für Arbeitsschutzmanagementsysteme (z. B. OSHAS16 18001), welche den
Unternehmen helfen, die Gesundheit der Beschäftigten am Arbeitsplatz zu schützen. Zum
anderen existieren in vielen Ländern nationale Vorschriften, welche die Unternehmen zur
Meldung bestimmter gesundheitsrelevanter Ereignisse bei der Arbeit an behördliche oder
staatliche Institutionen verpflichten. Eine Orientierung für den Aufbau von Meldesystemen
zur Erhebung und Erfassung von Arbeitsunfällen und Krankheiten bietet auf internationaler
Ebene dabei zunächst die Internationale Arbeitsorganisation (ILO17) mit der Schrift „Recording and notification of occupational accidents and diseases“ [85].
Eine 2013 vorgenommene Ist-Analyse der Erfassungsbögen deutscher Windparkbetreiber
[86] hat gezeigt, dass die Erfassungssystematik nicht einheitlich ist. So ist z. B. die Erfassung von Akuterkrankungen nicht in jedem Fall vorgesehen. Dieses hat sich auch durch die
im Rahmen des ROW-Projekts durchgeführte retrospektive Analyse des Unfall- und Erkrankungsgeschehens bei Bau und Betrieb deutscher Offshore-Windparks gezeigt (siehe auch
Kapitel 4). So unterscheiden sich bereits auf betrieblicher Ebene die methodischen Erfassungsansätze im Hinblick auf die Meldeschwelle und die Qualität und Quantität des Formularwesens erheblich und es zeigte sich ganz allgemein, dass die bisherige dezentrale Erfassung und Dokumentation medizinischer Ereignisse bei den einzelnen im OffshoreWindbereich tätigen Unternehmen sehr heterogen ist, wodurch eine systematische wissenschaftliche Aufarbeitung erschwert bis unmöglich gemacht wird.
Um aber eine einheitliche Erfassung und Analyse medizinisch relevanter Ereignisse bei Bau
und Betrieb von Offshore-Windparks sowie durchgeführter präklinischer Maßnahmen zu ermöglichen, ist die Entwicklung und Implementierung einer standardisierten Erfassungssystematik sowie entsprechender Analyse- und Dokumentationstools unerlässlich. Die über ein
solches Instrument gewonnenen Informationen und Erkenntnisse dienen letztlich der Evaluation der festgelegten Arbeitsschutzmaßnahmen im Hinblick auf die Versorgung und Rettung
verletzter und erkrankter Offshore-Arbeiter. Sie richten sich sowohl an den innerbetrieblichen
Arbeitsschutz (Arbeitgeber, Betriebsarzt, Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator,
16
17
Occupational Health- and Safety Assessment Series.
International Labour Organization.
45
HSE-Manager, Fachkraft für Arbeitssicherheit) als auch an Fachleute des außerbetrieblichen
Arbeitsschutzes (Unfallversicherungsträger, Gewerbeaufsicht, sonstige Sachverständige).
5.3 Methodik
Der Grundgedanke, zum Zwecke einer einheitlichen Erfassung und Analyse medizinisch
relevanter Ereignisse im Offshore-Windbereich ein entsprechendes Register zu etablieren,
ist im Rahmen der Projektarbeiten frühzeitig entstanden [87, 88]. Erste Gespräche mit Vertretern der Berufsgenossenschaften, der Arbeitsschutzbehörden und den Unternehmen hatten gezeigt, dass eine systematische, standardisierte Erfassung von Informationen zu Unfallverletzungen und Akuterkrankungen für diesen Bereich bis dato nicht vorgesehen ist. Parallel wurde mit Beginn des Forschungsprojekts eine Ist-Analyse derzeitiger Meldesysteme und
Erfassungsinstrumente für arbeitsschutzrelevante Ereignisse auf nationaler und internationaler Ebene vorgenommen.
Auf Grundlage dieser Erkenntnisse sowie der Ergebnisse der Ist-Analyse (s. Kapitel 5.4)
wurde Anfang 2013 ein 5-Punkte Plan aufgestellt, der die notwendigen Schritte zur Etablierung eines medizinischen Registers für den Offshore-Windbereich abbildet:
I.
Theoretische Zusammenstellung aller notwendigen Informationen, Ziele und Grenzen
des Registers
II. Erstellen eines Algorithmus des Daten- und Informationsflusses
III. Identifizierung und Kontaktierung der zuständigen Institutionen und Küstenkliniken
IV. Erstellung und Digitalisierung der Erfassungsbögen des Registers
V. Implementierung des „Offshore-Registers“ in die operative Offshore-Rettung
Neben den theoretischen Arbeiten zu Punkt I und II lag der Fokus im Jahr 2013 vor allem auf
der Netzwerkbildung mit den für das Register relevanten Institutionen (Punkt III), so dass das
verfolgte Konzept zur Etablierung eines Registers für medizinisch relevante Ereignisse in alle
Bereiche der Offshore-Branche sowie in die von Offshore-Patienten betroffenen Küstenkliniken hineingetragen und ein gewisser Bekanntheitsgrad und Wiedererkennungswert erreicht
werden konnte. Zudem wurden im Jahr 2013 sondierende Gespräche zum Thema Datenschutz mit dem Datenschutzbeauftragten des BG Unfallkrankenhauses Hamburg, dem Datenschutzbeauftragten der Hansestadt Hamburg und mit dem Vorsitzenden der Gesellschaft
der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V. sowie des Netzwerk der Europäischen Krebsregister (ENCR), Prof. Dr. Alexander Katalinic, Institut für Sozialmedizin und
Epidemiologie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), durchgeführt.
Parallel wurde ein zentraler Notfallmeldebogen zur Erfassung und Dokumentation Offshorespezifischer und präklinisch relevanter medizinischer Informationen entworfen, welcher im
Sinne einer standardisierten Basisdokumentation die Grundlage für das Register bilden soll.
Um eine Vergleichbarkeit mit bereits bestehenden Dokumentationsformen auf nationaler und
europäischer Basis zu schaffen, wurde zunächst eine vereinheitlichte und belastbare Terminologie für die Erfassung, Dokumentation, Bearbeitung und Auswertung medizinischer Vorfälle in Offshore-Windparks erarbeitet. Zuvor wurde in Zusammenarbeit mit dem Havariekommando Cuxhaven im Rahmen einer Bachelorarbeit bereits ein vorläufiger Notfallmeldebogen entworfen [86]. Dieser enthielt ein Offshore-spezifisches Kondensat aus dem DIVIProtokoll, dem präklinischen Teil des Datensatzes des TraumaRegister DGU® (TR-DGU) und
einen größten gemeinsamer Nenner von Kategorien aus zur Verfügung gestellten betrieblichen Notfallmeldeformularen. Letzteres wurde insbesondere deswegen als zweckmäßig erachtet, um eine konzeptionelle Nähe zu den Auswertungsalgorithmen der retrospektiven
Analysen (s. Kapitel 4) herzustellen und somit eine größtmögliche Vergleichbarkeit der Analysen zu gewährleisten. Das im Rahmen dieser Vorarbeiten entstandene 5-seitige Dokument
wurde in Kooperation mit der Fa. DokuFORM-Verlag GmbH, Lübeck, in ein 2-seitiges DINA4-Formular im PDF-Format sowie in einen faltbaren DIN-A3-Bogen mit Durchschlag überführt. Die Fa. DokuFORM-Verlag hat neben zahlreichen weiteren Dokumenten für den Ret46
tungsdienst-, Krankenhaus- und Arztpraxissektor u. a. das DIVI-Protokoll entwickelt, welches
neben den inhaltlichen Aspekten (s. o.) auch für die Struktur und das Gesamtdesign als Vorlage diente, um den Wiedererkennungswert bei der Eingabe durch die Offshore-Notärzte
nutzen zu können. Anschließend wurde die Drucklegung des Bogens initiiert.
Im Rahmen eines ersten Workshops Mitte Januar 2014 wurde der Notfallmeldebogen unter
Beteiligung von Vertretern der Firmen Siemens, Vattenfall und OWS Off-Shore Wind Solutions, der Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik (BGHW), der Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM), des Havariekommandos, des
Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) und des Ministeriums für Soziales,
Gesundheit, Familie und Gleichstellung des Landes Schleswig-Holstein inhaltlich und formal
überarbeitet sowie dessen konkrete logistische Implementierung festgelegt. Zudem wurde
ein vorläufiger struktureller und operativer Rahmen für eine Pilotstudie festgelegt. Hierbei
wurde besonderes Augenmerk auf die datenschutzrechtlichen Fragestellungen gelegt und
der Notarzt als zentrale Person der operativen Datenerfassung im Offshore-Umfeld definiert.
Im 2. und 3. Quartal 2014 (01.04.2014 bis zum 30.09.2014) wurde gemeinsam mit der Fa.
NorthernHelicopter die Pilotphase zur praktischen Umsetzung des Offshore-Registers für
medizinische Notfälle bei Bau und Betrieb der Windparks BARD Offshore 1, DanTysk, Butendiek, Amrumbank West und den Plattformen HelWin alpha, SylWin alpha und BorWin
beta durchgeführt. Diese Phase sah die vorläufige Implementierung und Validierung des
Meldebogens vor und diente vor allem der Prüfung auf Praxistauglichkeit des Konzepts. Im
Anschluss an die Pilotphase wurden die Notfallmeldebögen und die Rückmeldungen der
Notärzte sowie deren Korrekturvorschläge zu Inhalt und Layout des Bogens ausgewertet und
anlässlich eines zweiten Workshops Mitte November 2014 diskutiert.
Der Leitgedanke, das Register konzeptionell an das in Deutschland renommierte und etablierte Register für Schwerverletzte, das TraumaRegister DGU® (TR-DGU) anzugliedern, entstand bereits Ende 2012. Erste Überlegungen und Expertengespräche sowie die eigene,
langjährige Erfahrung der Ärzte des BG Unfallkrankenhauses Hamburg mit der Eingabe von
Patientendatensätzen in das TR-DGU führten zu der Erkenntnis, dass hierdurch auf bewährte und etablierte Strukturen in den Bereichen Datenmanagement, Datenanalyse, Datenschutz und Berichtswesen zurückgegriffen werden kann und damit die Etablierung eines
Offshore-Registers sowohl aus technischer als auch aus organisatorischer Sicht erleichtert
würde.
Das TraumaRegister DGU® (TR-DGU) wurde 1993 von der Arbeitsgemeinschaft „Polytrauma“ der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) als Instrument zur multizentrischen Erfassung von Behandlungsdaten Schwerverletzter im deutschsprachigen Raum ins
Leben gerufen [89]. Es handelt sich um eine prospektive, standardisierte und anonymisierte
Dokumentation schwerverletzter Patienten zu festgesetzten Zeitpunkten vom Unfallort bis
zur Klinikentlassung [90, 91], welche sowohl der Qualitätssicherung in Form von anonymisierten Klinikvergleichen als auch der wissenschaftlichen Evaluation der Versorgungsqualität
dient [92]. Eingeschlossen werden alle Patienten, welche über den Schockraum der Klinik
aufgenommen werden und deren Verletzungsschwere die Aufnahme auf der Intensivstation
erfordert, sowie alle Patienten, welche die Klinik mit Lebenszeichen erreichen und vor Aufnahme auf die Intensivstation versterben [92, 93].
Im Jahr 2013 nahmen über 600 Kliniken am TR-DGU teil und meldeten in diesem Jahr mehr
als 33.000 Fälle [93]. Insgesamt wurden seit Gründung des Registers bis Ende 2013 mehr
als 150.000 Fälle in das Register eingepflegt [93]. Der Großteil der teilnehmenden Kliniken
kommt derzeit aus Deutschland, aber das Register weckt auch zunehmend Interesse im
Ausland [92]. Die teilnehmenden Kliniken erhalten jährlich einen strukturierten Bericht, in
dem auch ein Vergleich der klinikeigenen Ergebnisse mit den Ergebnissen der Vorjahre, mit
anderen Kliniken und dem Gesamtkollektiv durchgeführt wird [93]. Neben der Beurteilung der
Versorgungsqualität zwischen den Kliniken werden die anonymisierten Daten des Registers
zunehmend auch zur Analyse wissenschaftlicher Fragestellungen und zur Erzeugung und
Prüfung von Hypothesen verwendet, und so wurden bis 2014 mehr als 230 wissenschaftliche
Publikationen auf Grundlage der Daten im Register hervorgebracht [93].
47
5.4 Ergebnisse
Nationale und internationale Register und Meldesysteme
In Deutschland hat gemäß § 193 des SGB VII der Unternehmer oder sein Bevollmächtigter
im Falle eines Arbeitsunfalls eine Unfallanzeige an die zuständige Berufsgenossenschaft zu
erstatten, wenn ein Arbeitsunfall oder ein Wegeunfall eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als
drei Kalendertagen oder den Tod eines Versicherten zur Folge hat. Ein weiteres Exemplar
der Unfallanzeige ist an die zuständige Gewerbeaufsicht bzw. das zuständige Amt für Arbeitsschutz zu senden. Wird der Unfallverletzte ärztlich vorgestellt, wird ein Durchgangsarztbericht für die zuständige Berufsgenossenschaft vom behandelnden Durchgangsarzt erstellt
und regelmäßig ärztliche Zwischenberichte über den Zustand des Patienten erstellt, welche
in einem umfänglichen Data-Warehouse bei der jeweiligen Berufsgenossenschaft einfließen.
Die meldepflichtigen Unfälle werden im Rahmen einer Stichprobe (s. a. Kapitel 4.3.1) an
Hand der Informationen, die aus den Angaben der Unfallanzeigen und Arztberichte gewonnen werden können, statistisch genauer aufbereitet. Die Kodierung erfolgt dabei in weiten
Teilen nach den Vorgaben der EU-Verordnung 349/201118 zur sogenannten „Europäischen
Statistik über Arbeitsunfälle (ESAW)“. Die so vorliegenden Informationen zum Unfallgeschehen werden von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) analysiert und einer interessierten Öffentlichkeit anonymisiert zur Verfügung gestellt. Ebenso finden diese
Daten Eingang in weitere Berichte des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS)
und des Europäischen Amtes für Statistik (EUROSTAT). [78]
Die Datenbanken der Berufsgenossenschaften als Basis für ein Offshore-Register zu verwenden, ist jedoch nicht möglich, da Unfälle im Offshore-Bereich nicht gesondert gekennzeichnet werden und daher weder retrospektiv noch prospektiv im benötigten Umfang zu
erfassen sind. Zudem werden in dem System der Berufsgenossenschaften keine Akuterkrankungen erfasst, welche aber gerade im Hinblick auf die medizinische Versorgung und
die Rettungskette im Offshore-Bereich große Bedeutung haben (s. a. Kapitel 4).
Gemäß § 24 Abs. 6 DGUV Vorschrift 1 [33] ist darüber hinaus jedes Ereignis im Betrieb, bei
dem Erste Hilfe geleistet wurde, unabhängig von der vermeintlichen Schwere des Gesundheitsschadens zu dokumentieren [94]. Diese Dokumentation dient in erster Linie als Nachweis darüber, dass die Verletzung/Erkrankung bei einer versicherten Tätigkeit ein- bzw. aufgetreten ist, und kann sehr wichtig sein, falls z. B. Spätfolgen eintreten sollten [95]. Außerdem sind die Aufzeichnungen der im Betrieb erfolgten Erste-Hilfe-Leistungen auch Informationsquelle für die Erfassung, Untersuchung und Auswertung von nicht meldepflichtigen Arbeitsunfällen, die vom Betriebsarzt und von der Fachkraft für Arbeitssicherheit durchzuführen
sind [95]. Für die Dokumentation, welche grundsätzlich in beliebiger Form erfolgen kann [96],
kann insbesondere das Verbandbuch (DGUV Information 204-020) oder der Meldeblock
(DGUV Information 204-021) verwendet werden [13, 31, 97]. Eine Meldung der Ereignisse
sowie eine Erfassung der Angaben wie bei der Unfallanzeige (s. o.) ist seitens der Berufsgenossenschaften oder der DGUV allerdings nicht vorgesehen.
Ein weiteres auf gesetzlichen Vorschriften basierendes Meldesystem existiert mit RIDDOR
(Reporting of Injuries, Diseases and Dangerous Occurrences Regulations) auch in UK [98],
welches insbesondere auch Ereignisse im Offshore-Bereich inkl. dem Offshore-Windbereich
erfasst [99] und bei dem im Gegensatz zum berufsgenossenschaftlichen System (s. o.) diese
entsprechend gekennzeichnet werden. Mit RIDDOR werden Todesfälle, schwere Verletzungen gemäß eines spezifischen Katalogs (z. B. Amputationen, Verbrennungen mit mehr als
10 Prozent betroffener Körperoberfläche oder Unfälle, die voraussichtlich zur Erblindung
oder zu einer Reduzierung des Sehvermögens führen), Arbeitsunfälle, die eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als sieben aufeinanderfolgenden Tagen beschäftigter oder selbstständiger
Personen zur Folge haben, bestimmte arbeitsbedingte Erkrankungen sowie spezifische ge18
Verordnung (EU) Nr. 349/2011 der Kommission vom 11. April 2011 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr.
1338/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates zu Gemeinschaftsstatistiken über öffentliche Gesundheit
und über Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz betreffend Statistiken über Arbeitsunfälle.
48
fährliche Ereignisse im Sinne von Beinahe-Unfällen erfasst [98]. Eine Offshore-spezifische
Auswertung ist möglich und es werden jährlich Statistiken für den Offshore-Bereich veröffentlicht (z. B. [99] und [100]). Berichtszeitraum ist dabei vom 1. April eines Jahres bis zum 31.
März des darauffolgenden Jahres. Seit 2010 wird die Anzahl von gemeldeten Ereignissen,
die im Zusammenhang mit Offshore-Windparks stehen, bezüglich der Kategorien Todesfälle,
schwere Verletzungen, Verletzungen, die eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Tagen
(ab 2014 zusätzlich separat auch von mehr als sieben Tagen) zur Folge haben, auch gesondert ausgewiesen.
Speziell für den Bereich der erneuerbaren Energien werden in UK zudem über die Initiative
RISE (Renewable Industry and Savety Exchange) der RenewableUK Daten zu medizinischen Vorfällen und Sicherheitszwischenfällen gesammelt und analysiert. Die Erfassung von
arbeitsschutzrelevanten Ereignissen beschränkt sich dabei derzeit auf die Energieerzeugung
durch Wind, Wellen und Gezeiten, ist aber offen für zukünftige Technologien [101].
Eine branchenspezifische Datensammlung von arbeitsschutzrelevanten Ereignissen erfolgt
zudem seit 1985 über den internationalen Verband der Erdöl- und Erdgasproduzenten (International Association of Oil and Gas Producers (IOGP)) [102]. Grundsätzliche Zielsetzung
bei der Etablierung einer entsprechenden Datenbank war, Ereignisse bei der Exploration von
Erdöl und Gas zu analysieren und gewonnene Erkenntnisse sowie gute Praktiken auf Grundlage der gemeinsamen Erfahrungen unter den Mitgliedern zu verteilen [103].
Eine der größten Informationsquellen zu Unfällen im Offshore-Bereich ist die WOAD (Worldwide Offshore Accident Databank), welche von der DNV GL19 Gruppe betrieben wird. Mehr
als 6.000 Ereignisse sind seit 1975 in dieser Datenbank dokumentiert. Die Daten werden
dabei von öffentlich zugänglichen Quellen (z. B. Lloyd's Casualty Reports, Zeitungen, öffentliche Publikationen) abgeleitet. WOAD enthält Daten zu Parametern wie Name, Typ und Betriebsart der Einheit, welche in den Unfall involviert war, Datum, geografischer Ort, Hauptereignis und Folgeereignissen, Ursachen und Folgen sowie Evakuierungsdetails. [103]
Auch gezielt für den Offshore-Windbereich werden zunehmend Informationen zu medizinischen Notfällen in unterschiedlichem Umfang gesammelt und ausgewertet. So wird aktuell
eine Informationssammlung und Analyse von weltweiten HSE20-relevanten Zwischenfällen
neun großer Konzerne im Offshore-Windbereich durch die G9 Offshore Wind Health and
Savety Association betrieben [104].
Als Zwischenergebnis kann an dieser Stelle festgehalten werden, dass sich alle oben aufgeführten Datenbanken bzw. diesen zugrundeliegenden Meldesysteme in Art und Umfang der
erfassten Informationen deutlich unterscheiden. Zumindest auf europäischer Ebene wird auf
Grundlage der europäischen Rahmenrichtlinie 89/391/EWG21 sowie der darauf fußenden
EG-Verordnung 1338/200822 schon seit einiger Zeit eine Harmonisierung der seitens der
nationalen Arbeitsschutzinstitutionen zu erfassenden Informationen angestrebt, welche insbesondere für Arbeitsunfallstatistiken auf europäischer Ebene unverzichtbar ist und methodisch in [105] dargestellt wird. Diese bildet auch die Grundlage für die oben dargestellte Statistik über Arbeitsunfälle der DGUV.
Hinzu kommen individuelle, betriebsinterne Melde- und Dokumentationssysteme, welche im
Rahmen der jeweiligen Arbeitsschutzmanagementsysteme in den Unternehmen eingesetzt
werden. Diese sind nicht standardisiert, dienen in erster Linie der betriebsinternen Dokumentation und Analyse und sind nicht für betriebsübergreifende Analysen vorgesehen.
Ein wichtiger Aspekt, der an dieser Stelle berücksichtigt werden muss, ist zudem, dass die
oben genannten Meldesysteme in der Regel auf die Vermeidung kritischer Ereignisse ausge19
Det Norske Veritas Germanischer Lloyd.
Health, Safety and Environment (dt. Gesundheit, Sicherheit und Umwelt).
21
Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz, ABl. L 183 vom 29.06.1989.
22
Verordnung (EG) Nr. 1338/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 zu
Gemeinschaftsstatistiken über öffentliche Gesundheit und über Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz, ABl. L 354 vom 31.12.2008, S. 70.
20
49
legt sind und reaktive Maßnahmen im Falle eines gesundheitsrelevanten Ereignisses bzw.
eines medizinischen Vorfalls nur sehr eingeschränkt abgebildet werden. Bezogen auf den
deutschen Offshore-Windbereich, wo grundsätzlich der Unternehmer die Verantwortung zur
Vorhaltung entsprechender Einrichtungen und Ressourcen im Sinne eines betrieblichen Rettungsdienstes trägt (s. a. Kapitel 2.1), müssen daher neben den Erste-Hilfe-Maßnahmen
auch die weiterführenden rettungsdienstlichen Maßnahmen bis zur klinischen Versorgung
des Patienten bzw. Übergabe des Patienten an den öffentlichen Rettungsdienst im Interesse
und Blickpunkt der Unternehmen sein. Im Unterschied zu den an Land etablierten Werksrettungsdiensten muss für den Offshore-Windbereich in der Regel zudem berücksichtigt werden, dass der Unfallverletzte oder Akuterkrankte sich deutlich länger in der Obhut der unternehmerischen Fürsorgepflicht (Ersthelfer sowie beauftragter bzw. ggf. eigener betrieblicher
Rettungsdienst) befindet. Damit gewinnen neben den Informationen zum Ereignis selbst sowie zu den vorgenommenen Erste-Hilfe-Maßnahmen auch Angaben zu den Prozessen des
betrieblichen Rettungsdienstes im Sinne des Arbeitsschutzes für die Unternehmen an Bedeutung. So sind gerade Prozesszeiten der präklinischen Versorgung (Ersthelfer und betrieblicher Rettungsdienst) und Verläufe des Patientenzustands im Zusammenhang mit der
(zeitlichen) Sicherstellung der Rettungskette im Rahmen der unternehmerischen Fürsorgepflicht für den deutschen Offshore-Windbereich aufgrund der Entfernung zu klinischen Einrichtungen von besonderem Interesse.
Als besonders interessant für die Entwicklung eines medizinischen Registers im OffshoreBereich wurde im Rahmen der Forschungsarbeiten das derzeit in der Entwicklung befindliche Einsatzregister der Bundeswehr identifiziert, welches das Konzept des TraumaRegisters
DGU® (TR-DGU) und des DIVI-Notaufnahmeprotokolls als Dokumentationsvorlagen nutzt
[106].
Zentrales Medizinisches Offshore Register
Auf Grundlage obiger Ergebnisse und Erkenntnisse wurden die theoretischen Vorarbeiten
zur Zusammenstellung aller notwendigen Informationen, Ziele und Grenzen eines medizinischen Registers für den Offshore-Windbereich aufgenommen, welche bereits Mitte 2013
erfolgreich abgeschlossen werden konnten. Als Ziel wurde die deutschlandweite zentrale
digitale Erfassung von Akuterkrankungen und Unfallverletzungen, die eine luft- oder wassergebundene notarztunterstützte Rettungskette auslösen, aber auch von weniger schwerwiegenden medizinischen Vorfällen, welche lediglich einer Behandlung vor Ort bedürfen, formuliert. Als Begriff für das Register wurde „Zentrales Medizinisches Offshore Register
(ZeMOR)“ gewählt. Konzeptionell wurde eine anonymisierte Erhebung von präklinischen
Daten über einen Notfallmeldebogen und die Verlinkung mit den analogen klinischrehabilitativen Informationen der behandelnden Kliniken in einem gemeinsamen Datensatz
angestrebt. Parallel wurde mit dem Entwurf eines entsprechenden Informations- und Datenflussmodells begonnen, welcher Anfang 2014 abgeschlossen wurde und in Abb. 5.1 dargestellt ist.
Eine Herausforderung an den Datenschutz im Rahmen des Informations- und Datenflusses
ist insbesondere bei geringen Fallzahlen mit der im Falle von aufsehenerregenden Einzelfällen unter Umständen eindeutigen Zuordnungsbarkeit gegeben. Dieses Problem ergibt sich
grundsätzlich bei Registern, welche Ereignisse mit kleiner Prävalenz und Inzidenz erfassen
und kann z. B. durch Zusammenführung von Einzelfällen zu Untergruppen oder einzelnen
Windparks zu Clustern umgangen werden. Durch eine Angliederung an das TraumaRegister
DGU® (TR-DGU) würde ZeMOR den dort gültigen datenschutzrechtlichen Bestimmungen
ebenfalls unterliegen.
50
1
®
Abb. 5.1: Entwurf zum Informations- und Datenfluss ( TR-DGU=TraumaRegister der DGU ).
Zwischenergebnisse der Projektarbeit flossen in die Bachelorarbeit „Standardisierter Notfallmeldebogen für die Offshore-Windindustrie in der deutschen AWZ und 12-Seemeilen-Zone“
[86] ein, welche im Ergebnis einen ersten Entwurf für die im Hinblick auf das Register erforderliche standardisierte Basisdokumentation in Form eines Notfallmeldebogens lieferte. Hierauf aufbauend wurde der Entwurf des Notfallmeldebogens überarbeitet und zusammen mit
der Fa. DokuFORM-Verlag in eine gestalterisch und inhaltlich adäquate Form gebracht (s. a.
Kapitel 5.3). Die zum Ende des Forschungsprojekts finale Form des Notfallmeldebogens
umfasst 12 Rubriken und wird mit dem Namen bzw. der Unterschrift des Daten-Erfassers
und dem Erfassungsdatum abgeschlossen (siehe Anhang A).
Die erste Rubrik Allgemeine Informationen enthält neben dem Notfalldatum und der Angabe
des jeweiligen Projekts Informationen zur groben Lokalisation des Notfallortes (Nordsee/Ostsee, Ausschließliche Wirtschaftszone/12-Seemeilenzone) und zur Phase, in der sich
das Projekt befindet (Bauphase/Betriebsphase). Als allgemeine patientenbezogene Daten
werden das Geburtsdatum, das Geschlecht, die Nationalität, der erlernte Beruf, die zum Unfallzeitpunkt ausgeführte Tätigkeit/Funktion sowie Angaben zum Ausbildungsstand und Leiharbeiterstatus erfragt. Außerdem wird eine Vorabselektion in „Unfall“ und „Erkrankung“ bzw.
bei nicht eindeutig kategorisierbaren Fällen in „Unklar/Kombination“ getroffen. Als zusätzliche
Information wird die Teamgröße zum Zeitpunkt des Unfalls erfasst, um die Anzahl potentieller Ersthelfer identifizieren zu können.
In der zweiten Rubrik Zeiten und Rettung werden die einzelnen Intervalle der Rettung vom
Eintrittszeitpunkt des Unfalls/der Erkrankung bis zur Übergabe des Patienten in der Zielklinik
erfragt. Außerdem werden Angaben zum Transportmittel (Schiff/Hubschrauber/RendezvouzVerfahren, kein Rücktransport) und dessen medizinischer Ausstattung ermittelt. In einem
Freitextfeld werden der Standort der Rettungseinheit sowie die Zielklinik abgefragt.
Informationen zu Wetter- und Meeresbedingungen werden in der dritten Rubrik Wetter und
Meeresinformationen in Form von Windrichtung, Windgeschwindigkeit, signifikante Wellenhöhe, Wellenrichtung, Wassertemperatur und Lufttemperatur festgehalten. Diese Informationen stehen dem behandelnden Notarzt täglich aktuell durch den Deutschen Wetterdienst
oder ähnliche Dienste zur Verfügung und können auch retrospektiv eruiert werden.
Die vierte Rubrik Notfallort unterscheidet Notfälle, welche sich auf einer Offshore-Struktur
(Windenergieanlage/Plattform), auf einem Schiff, Hubschrauber oder im Wasser, zum Bei51
spiel im Sinne eines Tauchunfalles, ereignet haben. Genauere Angaben innerhalb dieser
Hauptkategorien sind durch die Auswahl einer Unterkategorie möglich.
Zur Erfassung der Arbeitssituation bei Eintritt des Notfalls wird unter der fünften und sechsten Rubrik Arbeitsprozess resp. Spezifische Tätigkeit in allgemeine Prozesse, wie z. B. Montagearbeiten oder Reparaturarbeiten, und in spezifische Tätigkeiten wie z. B. manuelle
Handhabung von Gegenständen, unterschieden. Im Falle eines Unfalls kann in der siebten
Rubrik Unfallart in mechanische oder thermische Ursachen mit jeweiligen Unterkategorien
sowie Absturzunfälle, Stolpern/Rutschen/Stürzen, Elektrounfall, Unfall mit Gefahrenstoffen,
Tauchunfall, Inhalationstrauma, Beinahe-Ertrinken und sonstige Unfallart unterschieden werden. Die achte Rubrik Unfallhergang (Freitext) bietet die Möglichkeit, wichtige Zusammenhänge oder zeitliche Abläufe als frei formuliert darzulegen.
Die neunte Kategorie Medizinischer Erstbefund/Erstmaßnahmen bildet die Qualifikation des
Ersthelfers ab und eröffnet die Möglichkeit, ähnlich dem DIVI-Protokoll den Erstbefund bezüglich Atmung, Bewusstsein und Kreislaufsituation sowie durch den Ersthelfer durchgeführte Maßnahmen zu dokumentieren (z. B. Rettung aus dem Gefahrenbereich, stabile Seitenlage, Blutstillung etc.). Des Weiteren kann angegeben werden, ob eine Telekonsultation erfolgte und wenn ja in welchem Umfang (Audio, Video, Vitaldatentransfer).
Die zehnte Rubrik Arbeitsdiagnose durch medizinisches Fachpersonal deckt ausführlich potentielle Verletzungs- und Erkrankungsmuster ab. In Anlehnung an das DIVI-Protokoll kann
der Endwert der Glasgow Coma Scale23 und die Pupillenfunktion zur Beurteilung der Schädel-Hirn-Funktion angegeben werden. In einem Piktogramm besteht die Möglichkeit, Verletzung(en) zu visualisieren. Außerdem ermöglichen tabellarische Einträge die Unterscheidung
von offenen und geschlossenen Verletzungen bezüglich der topographischen Körperregionen sowie die Verdachtsdiagnose von Frakturen, Luxationen, Nerven- und Gefäßverletzungen sowie (Teil-)Amputationen. Die Erfassung der Erkrankungen gliedert sich in Beeinträchtigungen des zentralen Nervensystems, des Herz-Kreislaufsystems, der Atmung, des Stoffwechsels, der Psyche, der Bauchregion und in sonstige Leiden, wie z. B. Seekrankheit und
gynäkologische Erkrankungen. Der NACA24-Score, ehemals für die Raumfahrt entwickelt,
beschreibt die potentielle Gefährdung des Patienten durch die medizinische Notfallsituation.
Er ist im deutschen Rettungsdienst etabliert und obligat für diese Form von Register.
In der elften Rubrik Maßnahmen durch medizinisches Fachpersonal werden die intravenöse,
intramuskuläre, intraossäre und orale Applikation von ausgewählten Notfallmedikamenten
sowie Maßnahmen im Bereich des Herz-Kreislaufsystems (z. B. Legen eines periphervenösen Zuganges), der Atmung (z. B. Gabe von Sauerstoff) und weitere Schritte, wie z. B.
das Anlegen eines Wundverbandes oder die Anlage einer Cervicalstütze, abgefragt. Die klinische Entwicklung des Patienten während der Rettung bzw. während des Transportes kann
in der zwölften Rubrik Verlauf angegeben werden.
Aus der Pilotstudie liegen 15 Rückläufer der Meldebogens vor, wobei trotz der ursprünglich
geplanten Beendigung der Pilotphase zum 30.09.2014 zur Verbesserung der Aussagekraft
auch 4 Fälle aus Oktober 2014 in den folgenden Betrachtungen berücksichtig wurden.
Die Pilotstudie diente primär nicht der Erhebung von großen, belastbaren Datenvolumina,
sondern vorwiegend der Optimierung des Meldebogens und der Rahmenbedingungen zur
Einführung von ZeMOR. Die formale Betrachtung der Pilotphase fokussierte somit vorwiegend auf die Vollständigkeit der Angaben in den Notfallmeldebögen, die zeitnahe Bearbeitung durch den Notarzt sowie die Leserlichkeit der handschriftlich ausgefüllten Bögen.
Bei den formalen Aspekten konnte festgehalten werden, dass teilweise Daten nicht erfasst
werden konnten, weil die betreffenden Informationen den Notärzten vor Ort nicht ersichtlich
bzw. bekannt oder nicht eruierbar waren. So wurden z. B. in den Bereichen „Genehmigungsinhaber“ in 87 %, „Eintreffen Ersthelfer“ in 60 %, „Erlernter Beruf“ in 47 %, „Leiharbeitersta23
Glasgow Coma Scale ist eine medizinische Skala zur Abschätzung von Bewusstseinsstörungen mit einem
Minimalwert von 3 und einem Maximal(Best-)wert von 15 Punkten.
24
National Advisory Committee for Aeronautics.
52
tus“ in 40 %, „Eintritt Unfall“ in 27 % und „Wellenrichtung“ in 20 % der Fälle keine Daten erhoben. Die Kategorie „Teamgröße“ konnte in 20 % der Fälle nicht festgehalten werden, da
der Begriff in seinem Bezug (Rettungsteam vs Arbeitsteam) nicht klar definiert war. Der
Punkt „Lichtreaktion Pupillen“ wurde in 60 % der Fälle aufgrund dessen Position auf dem
Bogen übersehen. Die Rubriken „Arbeitsprozess“ sowie „Spezifische Tätigkeit“ konnten v. a.
im Falle von Akuterkrankungen nicht klar zugeordnet bzw. bei schleichend einsetzendem
Krankheitsbeginn häufig nicht eindeutig zugewiesen werden. Hervorzuheben ist die Bereitschaft der Notärzte, die Meldebögen zeitnah zum Einsatz auszufüllen und an das ROWTeam zu senden.
Zusammenfassend wurden 7 Akuterkrankungen (47 %), 7 Unfallereignisse (47 %) und ein
nicht final zu kategorisierender medizinischer Notfall (6 %) dokumentiert. Alle Notfälle fanden
in der AWZ der Nordsee bei männlichen Patienten statt. Auffallend ist die starke Heterogenität der Nationalitäten mit nur 33 % deutschen Patienten. Das Alter der Patienten variierte
zwischen 19 und 60 Jahren (Mittelwert: 36 Jahre; Median: 36 Jahre).
In 100 % der Fälle wurde als Standort des Hubschraubers Sankt-Peter-Ording angegeben.
Als Zielkliniken wurden hauptsächlich Emden (29 %) und Heide (29 %) dokumentiert, jedoch
auch untergeordnet (jeweils 7 %) Flensburg, Itzehoe, Hamburg (Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf), Cuxhaven, Westerstede und Oldenburg angegeben. Die Zeit zwischen
Alarmierung und Eintreffen des Helikopters betrug im Mittel 60 Minuten (24-153 Minuten), die
Verweildauer am Notfallort im Durchschnitt 30 Minuten (10-64 Minuten) und die mittlere Zeitdauer zwischen Verlassen der Anlage und Übergabe des Patienten in der Klinik 46 Minuten
(23-61 Minuten). In einem Fall kam es zu einem Rendezvous-Verfahren mit einem Seenotkreuzer der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS).
In 53 % der Rettungseinsätze wird als Notfallort die Plattform im jeweiligen OffshoreWindpark angegeben (Wohnbereich, Außenbereich, Sanitätsbereich, Andere). Dabei handelte es sich bei der Angabe „Sanitätsbereich“ in diesen Fällen lediglich um den Ort, an dem der
Patient vom Arzt aufgefunden wurde. Der Patient wurde jedoch bereits vor Eintreffen des
Notfallmediziners in den Sanitätsbereich verbracht. Die restlichen Zwischenfälle (47 %) ereigneten sich auf Schiffen (Errichterschiff, Guardvessel, andere Schiffe).
Fünf von sieben Unfällen standen mit einer durch äußere mechanische Einwirkungen bedingten Unfallart im Zusammenhang; jeweils einmal kam es zu einem SRS-Unfall (Stolpern/Rutschen/Stürzen) und einem Unfall mit Gefahrenstoffen (Lauge). Die Pilotphase zeigte, dass vor Allem das Freitextfeld sehr wichtige Informationen zum zeitlichen Verlauf des
medizinischen Zwischenfalles liefern kann und sehr gut von den Notärzten angenommen
und bearbeitet wurde. In den fünf Fällen, in denen eine medizinische Telekonsultation angefordert wurde, handelte es sich lediglich um telefonische Rücksprachen. Videounterstützung
oder die Übermittlung von Vitalparametern fanden nicht statt.
Die Aufschlüsselung der Akuterkrankungen zeigte eine akute Magen-Darm-Blutung, einen
Kollaps mit Todesfolge, einen subakuten Harnwegsinfekt, eine psychische Belastungsreaktion, einen Fall von akuter Angina pectoris und zwei Magen-Darm-Infektionen. Die Unfallverletzungen schlüsselten sich in eine Schulterprellung, ein stumpfes Bauch- und Unterschenkeltrauma, einen eingesprengten Fremdkörper im Auge, eine Augenverätzung, eine Gesichtsplatzwunde, eine eiternde Unterschenkelplatzwunde und eine Knieschnittwunde auf.
Bei einem medizinischen Zwischenfall, der weder einer akuten Erkrankung noch einem Unfall zuzuordnen war, handelte es sich um eine fehleinliegende Kontaktlinse. Der Zustand der
Patienten während der Rettung und während des Transports war in den meisten Fällen
gleichbleibend oder konnte sogar verbessert werden. Lediglich die Kreislaufsituation des
Patienten mit Verdacht auf ein intraabdominelles Trauma verschlechterte sich während des
Fluges.
Zusammenfassend zeigte die Pilotphase, dass der Notfallmeldebogen im medizinischen
Offshore-Rettungsbetrieb als realistisch einsetzbares operatives Instrument einzuschätzen
ist und auch nicht-medizinische Informationen, wie z. B. zu Wetter- und Meeresparametern
sowie zum Arbeitsprozess, durch den Notarzt angegeben werden können.
53
5.5 Diskussion und Schlussfolgerungen
Im Jahr 2012 und 2013 konnten wichtige theoretische Vorarbeiten zu ZeMOR geleistet werden, welche die Entwicklung eines Wissensnetzwerkes, wissenschaftliche Recherchearbeiten, die Konzeption der Registeridee und Vorstellung des Registerkonzepts in der OffshoreBranche umfasste. Das Jahr 2014 stand im Wesentlichen im Zeichen der Vorbereitung,
Durchführung und Auswertung der Pilotstudie. Im Hinblick auf die organisatorische und technische Umsetzung wurde mit dem TraumaRegister DGU® (TR-DGU) eine förderliche und
zielführende Zusammenarbeit initiiert.
Unter allen Beteiligten besteht der Konsens, dass eine dauerhafte zentrale Erfassung aller
medizinischen Vorfälle im Offshore-Windenergiebereich notwendig ist, um die einzelnen
Segmente der Rettungskette permanent und nachhaltig zu evaluieren und anzupassen sowie präventive Maßnahmen ableiten zu können. Als konkrete nächste Schritte für das Jahr
2015 sind die Überarbeitung des Notfallmeldebogens und parallel die Einstreuung des aktuellen Sachstands in die Arbeitsgruppe Luftrettung des Runden Tisches Maritime Sicherheitspartnerschaft im Sinne einer Weiterentwicklung des Konzepts geplant.
Von zentraler Bedeutung ist die inhaltliche Reduktion des Notfallmeldebogens auf möglichst
eine DINA4-Seite, was dessen Akzeptanz erhöhen und Fehlerquellen vermeiden könnte.
Notfälle könnten zukünftig Windpark-Cluster-bezogen erfasst werden, um die notärztliche
Dokumentation zu vereinfachen und eine Anonymisierung der Fälle zu erleichtern. In Zusammenarbeit mit dem TraumaRegister DGU® (TR-DGU) sollten insbesondere datenschutzrechtliche Themen vertieft und die Digitalisierung des Notfallmeldebogens durchgeführt werden. Zudem sollten die regelmäßige Teilnahme an den Arbeitstreffen der Sektion Notfall-,
Intensivmedizin und Schwerverletztenversorgung (NIS) der DGU sowie das fortlaufende Einberufen von Arbeitstreffen zur formalen Vervollständigung und Digitalisierung der Erfassungsbögen eingeplant werden.
Konzeptionell sollte zudem eine Angliederung an das TraumaPortal des TR-DGU angestrebt
werden. Dieses Portal stellt eine Homepage dar, von der in Zukunft sowohl auf das TR-DGU
als auch auf mit dem TR-DGU verwandte Register zugegriffen werden kann. Vorteil hierbei
ist, dass die bereits bekannten Eingabemodalitäten des TR-DGU genutzt werden können
und gleichzeitig ein vom TR-DGU unabhängiger Datensatz erstellt würde, welcher unabhängig modifiziert und bearbeitet werden kann. Eine direkte Verlinkung mit dem Datensatz des
TR-DGU ist auf Grund sehr unterschiedlicher Inklusionskriterien – und daher unterschiedlicher Datensätze – problematisch. Zusätzlich sind wesentliche organisatorische Fragen zu
klären, wie z. B. die Zusammensetzung eines Steuerungskommitees, das Webhosting sowie
die Festlegung wissenschaftlicher Autorenschaften unter Einbezug des Beitrags zum Register.
Ziel muss es auch sein, die nächsten Phasen zur Etablierung des Zentralen Medizinischen
Offshore-Registers unter Beteiligung möglichst vieler Betreiber und Rettungsdienstleister
vorzunehmen. Hierzu sollte die Offshore-Branche auf entsprechenden InformationsVeranstaltungen und im direkten Dialog sowie über entsprechende Materialien (z. B. Flyer)
beworben werden. Letztlich sollte eine Partizipation der Branche an dem Register zu einem
Qualitätsmerkmal avancieren und somit auf freiwilliger Basis erfolgen. Nach erfolgreicher
Etablierung des Registers sollte anhand von Fragestellungen, welche für Industrie, Medizin
und Berufsgenossenschaften von Interesse sind, jährlich analog zur Auswertung des TRDGU ein wissenschaftlicher Bericht, z. B. pro Windparkcluster, erstellt werden. Die Daten
könnten auch zur gezielten Bearbeitung von wissenschaftlichen Fragenstellungen genutzt
werden.
Trotz der geringen Zahl medizinischer Notfälle (15) im Rahmen der ZeMOR-Pilotphase über
eine Laufzeit von ca. 6 Monaten ist die Verteilung der notärztlich versorgten und ausgeflogenen Notfallpatienten auf Unfallverletzte und Akuterkrankte (je 47 %) sehr ähnlich der prozentualen Gewichtung der Notfallpatienten (Unfallverletzte: 49 %; Akuterkrankte: 41 %) aus der
Detailstudie zum Windpark BARD Offshore 1 der Jahre 2011-2013 (Kapitel 4.2; s. a. die dort
diskutierte Literatur). Bezüglich der Unfallarten zeigt sich, dass >71 % der in der Pilotphase
54
dokumentierten Unfälle einen mechanischen Hintergrund hatten. Dieser Anteil liegt ähnlich
hoch wie der Anteil mechanischer Unfallarten (78 %) in der Studie zum Windpark BARD
Offshore 1 (Kapitel 4.2). Die sieben Unfallverletzungen während der ZeMOR-Pilotphase betrafen zu jeweils ca. 43 % den Kopf und die Extremitäten. Die Summe der Verletzungen an
diesen Körperregionen (ca. 86 %) zeigt eine deutliche Analogie zur BARD Offshore 1 Studie
(hier: ca. 80 %). Von den während der ZeMOR-Pilotphase geretteten sieben Akuterkrankten
waren zumindest vier Personen (ca. 57 %) von gastrointestinalen (3) und kardiovaskulären
(1) Leiden betroffen. Dieser Sachverhalt spiegelt sich ebenfalls in der BARD Offshore 1 Studie wider, bei der von 16 Akuterkrankungen ca. 50 % der Fälle aus Kardiovaskulär- und
Gastrointestinalerkrankungen bestanden (vergl. Kapitel 4.2; s. a. die dort diskutierte Literatur).
Zusammengefasst ist festzustellen, dass Teile der Daten aus der ZeMOR-Pilotphase (15
Notfälle über 6 Monate) zu Unfall-, Verletzungs- und Akuterkrankungen erkennbare Vergleichbarkeiten zur Detailstudie für den Windparks BARD Offshore 1 (Kapitel 4.2) aufweisen,
wobei letztere bei einer fünfmal so langen Laufzeit (~2,5 Jahre) eine ca. 2,5-fache Grundgesamtheit an Fällen (n=39) beinhaltete. Dies könnte darauf hindeuten, dass wiederkehrende
Teil-Muster bei Unfällen, Verletzungen und Akuterkrankungen in Offshore-Windparks auch
bereits aus einer sehr kleinen Grundgesamtheit an Fällen über kurze Zeiträume tendenziell
abgelesen werden könnten.
Schlussfolgerungen als Grundlage für Empfehlungen
Aus den Forschungsarbeiten zur Etablierung eines Zentralen Medizinischen OffshoreRegisters können folgende Schlussfolgerungen abgeleitet werden:
I.
Um die vorhandenen Arbeitsschutzmaßnahmen und die einzelnen Segmente der
Rettungskette im Offshore-Bereich zukünftig nachhaltig evaluieren und optimieren
zu können, ist eine zentrale prospektive Erfassung aller medizinischen Notfälle unerlässlich. Dabei sollten sowohl arbeitsspezifische Informationen zu einem medizinischen Ereignis als auch versorgungsspezifische Informationen zu den präklinischen Maßnahmen erfasst werden sowie idealerweise eine Verknüpfung mit klinischen Informationen bestehender Register gegeben sein, um eine ganzheitliche
Betrachtung der Rettungskette zu ermöglichen.
II.
Die Teilnahme am Register sollte auf freiwilliger Basis erfolgen. Es wird allerdings
angeregt, dass über geeignete Verfahren (z. B. Gütesiegel) die Teilnahme am Register zu einem objektiven Qualitätsmerkmal im betrieblichen Arbeitsschutz wird.
III.
Um langfristig eine logistisch, finanziell und wissenschaftlich unabhängige Registerstruktur etablieren zu können, ist deren Institutionalisierung unter einer medizinisch-wissenschaftlichen Dachgesellschaft dringend erforderlich.
5.6 Ausblick
Die endgültige Etablierung eines medizinischen Offshore-Registers (Zentrales Medizinisches
Offshore Registers, ZeMOR) ist ein mittelfristiges Ziel, welches sich im laufenden Jahr 2015
sowie im Folgejahr 2016 voraussichtlich realisieren lässt. Dabei ist eine Teilnahme aller betrieblichen Rettungsdienstanbieter im Offshore-Windbereich sowie die Freigabe zur Meldung
medizinisch relevanter Ereignisse über den jeweils beauftragten betrieblichen Rettungsdienst
seitens aller Betreiber anzustreben, um eine möglichst lückenlose Abdeckung der medizinischen Zwischenfälle in Nord- und Ostsee zu erreichen.
Über die Angliederung ans TR-DGU kann analog zu bestehenden Registern die Verwaltung
und Auswertung der Daten, z. B. im Sinne eines jährlichen Berichtes erleichtert werden. Ein
inhaltlicher Austausch der beteiligten Küstenkliniken könnte durch die Etablierung eines „Kompetenznetzwerks Küstenkliniken Offshore“ in Anlehnung an die regionalen Netzwerke DGU sichergestellt werden.
55
Grundsätzlich muss das Konzept von ZeMOR den Schutz von patienten- und fallbezogenen
Daten vorsehen. Eine gezielte Rückverfolgung der Patientenidentität anhand von im Register
gespeicherten Daten kann dabei durch eine Anonymisierung während des gesamten Erfassungs- und Eingabe-Prozesses verhindert werden. Diese datenschutzrechtlichen Prämissen
müssen auch im Falle einer digitalen Verknüpfung von präklinischen Daten aus dem Notfallmeldebogen und klinischen Angaben, z. B. über einen automatisch generierten Code aus
fallspezifischen Angaben (z. B. Notfalltag/Notfallzeitpunkt/Windpark-Cluster) gewahrt werden. Dies gilt auch für zukünftige Registerzusammenführungen, z. B. mit internistisch/notfallmedizinischen Registern und kann durch die Einführung sog. „Trustcenter“ erreicht werden, welche als neutrales Verlinkungsglied zwischen zwei Registern fungieren und
Daten anonym zusammenführen. Wenn möglich, sollten die Offshore-Mitarbeiter schon vor
Antritt ihrer Tätigkeit die Einwilligung geben, dass ihre Daten im Falle eines medizinischen
Notfalls erfasst und zu wissenschaftlichen Zwecken ausgewertet werden können.
Fernziel ist eine Konzeption, welche mittel- und langfristig die Angliederung an ein internationales Registerformat erlaubt. Im Dezember 2013 wurde das Registerkonzept auf der IQPC
3rd International Conference Health and Savety in Offshore Wind 2013 erstmals im internationalen Kontext präsentiert und diskutiert, und stieß dabei auf großes Interesse.
56
6 Erste Hilfe
6.1 Zusammenfassung
Die Maßnahmen der Ersten Hilfe dienen der Überbrückung der Zeit vom Auffinden der verletzten bzw. erkrankten Person bis zum Eintreffen (notfall-)medizinischer Rettungskräfte.
Erste Hilfe im Betrieb ist Teil des Arbeitsschutzes und deren Organisation und Vorhaltung
eine von vielen unternehmerischen Pflichten. Dabei ergeben sich – bedingt durch Art, Größe
und Lage eines Betriebs sowie durch die Anzahl der Beschäftigten – unterschiedliche Rahmenbedingungen für die Organisation der betrieblichen Ersten Hilfe. Insbesondere OffshoreWindparks nehmen hier eine exponierte Stellung ein, da ein professionelles Rettungsteam
aufgrund der Entfernung und je nach Wetter- und Meeresbedingungen in der Regel erst
nach einer längeren Zeit eintreffen kann. Vor diesem Hintergrund bekommen die Maßnahmen der Ersten Hilfe durch Laien als erstes Glied der Rettungskette eine herausragende
Bedeutung.
Eine Übersichtsanalyse der Konzepte zur Ersten Hilfe im nationalen und internationalen Umfeld zeigt deutliche Unterschiede in Art und Umfang der Inhalte und Methoden. Neben den
auf der jeweiligen nationalen Ebene gültigen Regularien sowie vorherrschenden medizinischen Lehrmeinungen spielen insbesondere zielgruppen- und gefährdungsspezifische Aspekte eine wichtige Rolle, so dass es nicht verwunderlich ist, dass eine Fülle von Schulungen bzw. Trainings zur Ersten Hilfe angeboten werden. Bezogen auf den Offshore-Bereich,
aber auch andere exponierte Bereiche, ist zu vermerken, dass eine Grundkenntnis in Erster
Hilfe sowie regelmäßiges Auffrischen dieser Kenntnis in der Regel für jede Person, die sich
in dieses Umfeld begibt, empfohlen wird oder sogar verpflichtend ist. Solch eine Denk- und
Betrachtungsweise findet man analog auch im Offshore-Öl&Gas-Bereich, welcher gegenüber
dem Offshore-Windbereich schon eine lange Tradition hat. Im Blickpunkt stehen hierbei in
der Regel die Basismaßnahmen der Laienreanimation sowie mehr oder minder ausgeprägt
die Lagerung des Patienten, der Wärmeerhalt und das Anlegen von Verbänden.
Doch auch über die reine Vermittlung von Grundkenntnissen der Ersten Hilfe hinaus findet
sich eine Vielzahl von Schulungskonzepten im nationalen und internationalen Umfeld, die
eine erhöhte Qualifikation von Ersthelfern erwarten lassen. Ausprägung und Intensität der
geschulten Inhalte und Maßnahmen sind dabei zum Teil sehr unterschiedlich. Auch hier hilft
ein Blick in exponierte Bereiche, wie z. B. die taktische oder alpine Notfallmedizin, um geeignete Konzepte und Maßnahmen für den Offshore-Windbereich abzuleiten. Fasst man die
Erfahrungen und Erkenntnisse aus diesen Bereichen zusammen, so erscheint auch für den
Offshore-Windbereich ein umfeldorientiertes und praxisbezogenes Schulungskonzept das
Mittel der Wahl zu sein. Dieses inkludiert einerseits einen hohen Anteil praktischer Lehrelemente, welche im Idealfall in szenariobasierte Anwenderübungen in möglichst realistischer
Umgebung münden sowie andererseits die Integration spezieller Maßnahmen, wie z. B. das
Anlegen eines Tourniquet bei kritischer Extremitätenblutung, und die Anwendung telemedizinischer Verfahren.
Gerade letzterer kann eine hohe Bedeutung beigemessen werden, um dem Ersthelfer während der Einleitung und Durchführung seiner Maßnahmen ein hilfreiches Mittel an die Hand
zu geben und diesen über einen längeren Zeitraum landseitig unterstützen zu können. Dabei
ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Anwendung telemedizinischer Verfahren außerhalb der Medizin selbst gerade in Deutschland ein sehr junges Gebiet darstellt und bis dato
nur wenig Erfahrung im Umgang mit dieser Technologie hinsichtlich der Unterstützung von
Laien besteht.
6.2 Einleitung
Die Maßnahmen der Ersten Hilfe durch am Notfallort Anwesende (sog. Laienhilfe) sind
Grundlage für eine erfolgreiche Heilbehandlung [34, 97] und stellen ein unverzichtbares
57
Glied der Rettungskette dar [107, 108]. Dem Ersthelfer bzw. den Ersthelfern kommt dabei die
nicht leichte Aufgabe zu, möglichst umgehend professionelle Helfer zu verständigen und die
Zeit bis zum Eintreffen professioneller Hilfe zu überbrücken [109], um eine unmittelbar drohende Lebensgefahr für den Betroffenen abzuwenden sowie eine Verschlechterung des Gesundheitszustands und das Auftreten weiterer Schäden zu verhindern. Ein rasches und
fachkundiges Handeln im Notfall ist hier unverzichtbar und kann Leben retten [108].
Zielgerichtet kann allerdings nur helfen, wer erkennen kann, welche Maßnahmen notwendig
sind und diese auch beherrscht, also ausgebildet ist [13]. Rechtzeitig kann die Hilfe nur erfolgen, wenn sichergestellt ist, dass zu jeder Zeit und an jedem Ort bei einem Notfall umgehend geschultes Personal planmäßig eingesetzt werden kann und die notwendigen Hilfsmittel zur Verfügung stehen [13]. Die Hilfe dient der Heilbehandlung, ohne selbst eine solche zu
sein, hat vorläufigen Charakter und erfolgt, um die Chancen für die medizinische Rehabilitation zu schaffen oder zu bewahren [13].
Die positiven Auswirkungen der Ersten Hilfe sind hinreichend bekannt und werden durch
verschiedene wissenschaftliche Studien untermauert. Zwar weisen Untersuchungen darauf
hin, dass insbesondere die Basismaßnahmen von am Notfallort Anwesenden häufig insuffizient bzw. gar nicht durchgeführt werden [107], doch konnte auch gezeigt werden, dass mit
zunehmender Qualifikation der Ersthelfer sowie einer regelmäßige Wiederholung der entsprechenden Schulungen der Anteil richtig und suffizient durchgeführter Maßnahmen steigt
[107, 110].
Auch konnte in Studien gezeigt werden, dass Erste-Hilfe-Trainings generell positiv wirken
und für Unfall- und Verletzungsfolgen sensibilisieren, so dass sich im Allgemeinen eine erhöhte Motivation zur Vermeidung von Unfällen sowie ein verbessertes Risikoverhalten zeigen. So kommen die Autoren einer aktuellen Übersichtsstudie zur Ersten Hilfe bei Unfallverletzten zu dem Schluss, dass die Anwendung von Erste-Hilfe-Maßnahmen mit einer Reduktion der Mortalität bei Traumapatienten einhergeht [111]. In einer anderen Arbeit konnte gezeigt werden, dass regelmäßiges „Erste Hilfe“-Training die Qualität der angewandten Maßnahmen und deren Anwendungssicherheit erhöht [112]. Im Rahmen einer australischen Studie zur betrieblichen Ersten Hilfe wurde herausgearbeitet, dass ein regelmäßiges Erste-HilfeTraining die Motivation der Teilnehmer fördert, Arbeitsunfälle zu vermeiden, und ihr eigenes
Risikoverhalten verbessert [113]. Letzteres impliziert laut des Autors unter anderem, dass ein
Erste-Hilfe-Training einen positiven präventiven Effekt haben kann und damit eine Ausweitung des Erste-Hilfe-Trainings auf alle Beschäftigten von Nutzen sein kann. Dieser Effekt
wurde auch in einer schwedischen Studie [114] zur Prävalenz von Erste-Hilfe-Trainings und
zur Inzidenz von Erste-Hilfe-Situationen bei Verkehrsunfällen sowie zur Wirkung des Trainings auf das Risikoverhalten im Straßenverkehr gefunden. Ein verstärktes Erste-HilfeTraining der Öffentlichkeit führt nach Ansicht der Autoren dazu, dass die Bürger vorsichtiger
im Straßenverkehr sind sowie unmittelbare und angemessene Erste Hilfe leisten [114].
Sowohl auf nationaler wie auch internationaler Ebene wurden verschiedene Konzepte zur
Ausbildung in Erster Hilfe entwickelt. Hierbei spielen insbesondere die Zielgruppe sowie der
unter den jeweils vorherrschenden regulatorischen Bedingungen und medizinisch konsentierten Empfehlungen realisierbare Maßnahmenkatalog eine wichtige Rolle. Gerade im Hinblick auf die Zielgruppen ist eine mehr oder minder starke Spezialisierung der Ausbildungskonzepte feststellbar. So gibt es alleine in Deutschland nicht nur spezielle Ausbildungskonzepte für die Erste Hilfe im Betrieb und im Straßenverkehr sondern auch für den privaten und
häuslichen Bereich, für Medizinstudenten, für Fachübungsleiter von Sportverbänden, für
Outdoor-Aktivitäten (z. B. Alpine Erste Hilfe [115]) und für Soldaten der Bundeswehr. Auch
im internationalen Bereich sind zumeist ähnlich zielgruppenorientierte Ausbildungskonzepte
vorzufinden, wobei insbesondere im Hinblick auf die Seeschifffahrt aufgrund internationaler
Vorgaben sowie den Offshore-Bereich aufgrund zahlreicher Aktivitäten ausländischer Nationen zur Exploration von Öl und Gas ein hoher Spezialisierungsgrad erkennbar ist.
Neben den zielgruppenspezifischen Umgebungs- und Rahmenbedingungen spielt dabei
grundsätzlich die Zeitspanne bis zur Versorgung des Verletzten oder Erkrankten durch ein
professionelles Rettungsteam eine wesentliche Rolle. Diese Zeitspanne zwischen Eintritt des
58
Notfalls und Beginn spezifischer Therapiemaßnahmen durch qualifizierte Hilfe wird auch als
„therapiefreies Intervall“ bezeichnet [15, 107, 116, 117] und hat einen relevanten Einfluss auf
das Überleben und die Prognose des Notfallpatienten [15, 118]. Aufgabe der Notfallmedizin
und der organisatorischen Planung ist es, nach Wegen und Möglichkeiten zu suchen, das
therapiefreie Intervall so weit als möglich zu verkürzen [15] und zu überbrücken [17]. Da dem
Rettungsdienst aus organisatorischen und ökonomischen Gründen allerdings eine Verkürzung der Zeitspanne von Notrufeingang bis Eintreffzeit in der Regel nicht möglich ist, kann
das therapiefreie Intervall nur durch eine suffiziente Laienhilfe und ein strukturiertes Ersthelferkonzept sinnvoll weiter verkürzt werden [15].
Im Hinblick auf die betriebliche Erste Hilfe muss deren Organisation grundsätzlich den Ergebnissen der Gefährdungsbeurteilung und Rahmenbedingungen Rechnung tragen [119].
So richten sich Art und Menge sowie Aufbewahrungsorte von Mitteln zur Ersten Hilfe nach
Unfallschwerpunkten, der Betriebsgröße, den vorhandenen betrieblichen Gefahren, der Ausdehnung und Struktur des Betriebes und der Organisation des betrieblichen Rettungswesens
[31]. Mittel zur Ersten Hilfe sind dabei das Erste-Hilfe-Material (z. B. Verbandmaterial, Hilfsmittel, Rettungsdecke) sowie in Abstimmung mit dem Betriebsarzt erforderliche medizinische
Geräte und Arzneimittel [31].
6.3 Methodik
Im Rahmen der Projektarbeiten wurde zunächst eine umfängliche Recherche sowie systematische Analyse derzeitiger Ausbildungskonzepte und -kurse auf nationaler und internationaler Ebene durchgeführt, die vornehmlich auf die Erste Hilfe durch Laien im betrieblichen
und maritimen Umfeld abzielen. Dabei wurden insbesondere deren Implikationen für die Besonderheiten des Standortes Deutschland berücksichtigt. Hierzu zählte auch die Sondierung
und Analyse relevanter Leitlinien, Schriften und Publikationen zur Ersten Hilfe und der zugehörigen Aus- und Fortbildung, wobei sowohl die Rahmenbedingungen (Voraussetzungen,
Ausbildungsdauer, ggf. zugrunde liegende Norm etc.) sowie spezielle inhaltliche Aspekte
(Schmerztherapie, Atemwegsmanagement, Blutstillung, Defibrillation, AED, Telekonsultation)
analysiert wurden. Zudem wurde eine Literaturrecherche via PubMed, Google Scholar und
Google unter Berücksichtigung der aktuellen deutschsprachigen und englischsprachigen
Literatur durchgeführt, um relevante Studien zum Thema Erste Hilfe zu identifizieren. Dabei
wurde insbesondere das Augenmerk auf gegenüber der Standardversorgung exponierte
Gebiete wie den militärischen, alpinen, aeronautischen und maritimen Bereich gelegt. Darüber hinaus wurde eine erste Sondierung telemedizinischer Verfahren im Hinblick auf eine
Anwendung bei medizinischen Notfällen in Offshore-Windparks vorgenommen. Fachgespräche mit Vertretern von medizinischen Fachgesellschaften und Trainingseinrichtungen sowie
den Betreibern waren ein wesentlicher Teil der wissenschaftlichen Arbeit.
Ergebnisse und Erkenntnisse der Literaturrecherche sowie der Analyse flossen in die parallel
aufgenommene Bedarfsanalyse zur Erweiterung der Ersten Hilfe Maßnahmen ein, die in ein
Eckpunktepapier zur Ersten Hilfe in Offshore-Windparks mündete. Dieses Eckpunktepapier
wurde Anfang 2013 zunächst in einer Unterarbeitsgruppe der Projektgruppe „Rettung und
Erste Hilfe Offshore“ (REH Offshore) des Fachbereichs Erste Hilfe der DGUV diskutiert sowie im Nachgang als ein Diskussionspapier der Projektgruppe vorgelegt. Anschließend wurde unter fachlicher Mit- und Zuarbeit der ROW-Projektteams ein Manuskriptentwurf für eine
Informationsschrift zur Ersten Hilfe in Offshore-Windparks im Sinne einer Empfehlung innerhalb der Projektgruppe REH Offshore erarbeitet. Parallel wurden die Sondierung und das
Studium relevanter Konzepte und Publikationen zur Ersten Hilfe in exponierten Bereichen
(Taktische Medizin, Bergrettung, Remote Area First Aid etc.) intensiviert.
Nach einem Konsensgespräch unter Beteiligung relevanter medizinischer Fachgesellschaften wurde zusammen mit der Projektgruppe REH Offshore die Informationsschrift zur Ersten
Hilfe in Offshore-Windparks nebst Weiterbildung zum Ersthelfer Offshore finalisiert und Anfang 2014 auf der Homepage des Fachbereichs Erste Hilfe der DGUV veröffentlicht. Ergeb59
nisse der Projekt- und Projektgruppenarbeit wurden zudem in einer medizinischen Fachzeitschrift im August 2014 vorgestellt und diskutiert.
Speziell zum Thema „Telemedizin Offshore“ wurde zudem im September 2013 in Kooperation mit dem Forschungsprojekt „Sea and Offshore Safety“ (SOS), welches von dem Telemedizincentrum Charité (TMCC) gemeinsam mit der Klinik für Anästhesiologie mit Schwerpunkt
operative Intensivmedizin der Charité - Universitätsmedizin Berlin und dem Industriepartner
EWE Vertrieb GmbH durchgeführt wurde [120], ein Rechtssymposium am BG Unfallkrankenhaus Hamburg durchgeführt. Eine der wesentlichen Fragen im Rahmen dieser Veranstaltung war, welche Maßnahmen und medizinischen Leistungen vom rechtlichen Standpunkt
aus Offshore von Laienhelfern unter telemedizinischer Begleitung aber auch aus dem Blickwinkel des Arbeitsschutzes, der unternehmerischen Fürsorgepflicht, der staatlichen Daseinsvorsorge sowie relevanter Haftungsfragen zur Anwendung kommen können.
6.4 Ergebnisse
Die Recherche und Analyse relevanter Lehrgänge bzw. Trainingskurse für Ersthelfer im nationalen und internationalen Umfeld, die vornehmlich auf die Erste Hilfe durch Laien im betrieblichen und maritimen Umfeld abzielen, zeigte z. T. deutliche Unterschiede in Art und
Umfang der Inhalte und Methoden. Dieses begründet sich zum einen in nationalen Regularien, die in unterschiedlichem Ausmaß Anforderungen an die Inhalte und den Umfang sowie
an die Aus- und Fortbildungseinrichtungen stellen. Zum anderen spielen zielgruppenspezifische Aspekte eine wesentliche Rolle, wobei generell bei einer Zunahme der Gefährdungen
im Lebens- und Arbeitsumfeld eine inhaltliche und zeitliche Ausweitung in den angebotenen
Lehrgängen bzw. Trainingskursen zu finden ist. Hinzu kommen außerdem die im Hinblick auf
Ersthelfer-Maßnahmen jeweils vorherrschenden medizinischen Lehrmeinungen in den einzelnen Nationen. Einige der recherchierten Lehrgänge bzw. Trainingskurse, für die zum Zeitpunkt der Analyse belastbare Informationen zu Art und Umfang vorlagen, sind tabellarisch im
Anhang B aufgeführt.
Moderne Konzepte verfolgen das Ziel, die Lehrgänge praxisbezogener und zielgruppenorientierter zu gestalten. Auch die jüngste Revision der Ersten Hilfe Aus- und Fortbildung [121] im
Umfeld der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), welche mit April 2015 in
Kraft tritt, rückt den Praxisanteil in den Vordergrund und ermöglicht im Rahmen der Fortbildung durch die Auswahl optionaler Themen eine zielgruppenorientiertere Gestaltung der
Lehrgänge. Ähnliches gilt für den Erste-Hilfe-Lehrgang (Modul First Aid) der Sicherheitsgrundausbildung (Basic Safety Training) nach dem Standard der Global Wind Organisation
(GWO) [122]. Dieser richtet sich an alle vor Ort tätigen Personen in der Windindustrie
(Onshore und Offshore) und besteht zu einem großen Teil aus szenariobasiertem Training.
Die Analyse relevanter Studien und Schriften zur Ersten Hilfe in notfallmedizinischen Grenzgebieten und exponierten Gebieten lässt in vielen Punkten ähnliche Rahmenbedingungen,
wie sie im Offshore-Windbereich vorherrschen, erkennen. So sind diesbezügliche Konzepte
im Allgemeinen dem Umstand geschuldet, dass eine notärztliche oder vergleichbar professionelle Hilfe in der Regel nicht kurzfristig (innerhalb von Minuten) möglich ist und somit dem
Ersthelfer eine besondere Bedeutung zukommt. Gerade im Bereich der taktischen Medizin
kann auf durch entsprechende Studien untermauerte Erkenntnisse bezüglich einer Erweiterung der Erste-Hilfe-Maßnahmen sowie der Erste-Hilfe-Ausrüstung zurückgegriffen werden.
Hinzuweisen ist aber darauf, dass mit dem Blick in vergleichbare Grenzgebiete der Notfallmedizin und Rettung nicht abgeleitet werden kann, die dort gefundenen Erkenntnisse unmittelbar auf den Offshore-Windbereich übertragen zu können, da bezüglich Letzterem eine
hinreichende Evidenz zum derzeitigen Zeitpunkt noch fehlt.
Als übergeordnetes Ergebnis der Analyse der wissenschaftlichen Studien kann an dieser
Stelle angeführt werden, dass allgemein eine Vertiefung der Basismaßnahmen der Reanimation (Atemspende und Herzdruckmassage) sowie Maßnahmen wie Lagerung, Wärmeerhalt,
steriler Verband, ein besseres Erkennen von Symptomen und Verletzungen insbesondere
mit einer Sensibilisierung für internistische Notfälle, die Durchführung szenariobasierten
60
Trainings und die Abbildung psychologischer Aspekte als bedeutsam angesehen werden.
Spezifische Ergebnisse der Analyse im Hinblick auf die Ableitung zweckmäßiger und sinnvoller Ersthelfer-Maßnahmen für den Offshore-Windbereich werden in den folgenden Absätzen
dargestellt.
Eine zunehmend wichtige Rolle spielen Instrumente, die es gestatten, den Ersthelfer bei der
Einleitung und Durchführung entsprechender Maßnahmen in Echtzeit zu unterstützen. Hierbei kommt insbesondere telemedizinischen Verfahren im Sinne einer Telekonsultation eine
besondere Bedeutung zu. Aus der Schifffahrt bekannt sind die weltweit etablierten Systeme
einer funkärztlichen Beratung für die Schiffsführung, in Deutschland wahrgenommen durch
Telemedical Maritime Assistance Service (TMAS) Medico Cuxhaven [123] (siehe hierzu auch
[124, 125]). „Keep it simple and safe (KISS)“ ist dabei der Leitgedanke für ein einfaches und
robustes System [123]. Auch für den öffentlichen Rettungsdienst an Land existiert seit einiger Zeit eine Vielzahl an Projekten zur Verbesserung der (notfall-)medizinischen Versorgung
der Bevölkerung über den Einsatz telemedizinischer Verfahren [126, 127, 128]. Entsprechende Erfahrungen aus der Offshore-Öl&Gas-Branche liegen vor und bieten ein wertvolles
Erfahrungswissen [123] (siehe hierzu z. B. auch [59, 129]).
Grundsätzlich müssen bei der Implementierung und Anwendung telemedizinischer Verfahren
zur Unterstützung von medizinischen Laien die rechtlichen Rahmenbedingungen Berücksichtigung finden. So sind in Deutschland u. a. die Grenzen der zulässigen Fernbehandlung einzuhalten [130]. Zwar ist es dem Arzt in Notfällen grundsätzlich gestattet, telefonische Auskünfte zu geben, etwa um die Zeit bis zum Eintreffen des Notarztes zu überbrücken [131],
doch stellt dieses nach Stebner [132] keinen Freibrief für Fernbehandlungen dar. Nur als
einleitende Erste Hilfe und ohne Verzögerung sonst erforderlicher Schritte (Bestellung des
Notdienstes) dürfen therapeutische Maßnahmen in Notfällen per Telefon veranlasst werden
[132]. Zudem ist eine kontinuierliche Kontrolle erforderlich, um eine ärztlich induzierte Ausweitung ins Unzulässige zu verhindern und Risiken zu minimieren [130].
Die Anwendung telemedizinischer Verfahren setzt sowohl beim Ersthelfer als auch beim Telenotarzt25 (TNA) verschiedene Fähigkeiten voraus. Orientierung hierzu bietet der Katalog
„Voraussetzungen für gute Telemedizin“ der Bundesärztekammer [133]. So sind Mindestanforderungen sowohl in der Qualifikation der Ersthelfer (z. B. Beherrschen der technischen
Komponenten) als auch in der ärztlichen Qualifikation (z. B. Kenntnis des Telenotarztes über
die Fähigkeiten, Ausstattung und Arbeitsbedingungen des Ersthelfers im Rahmen eines Telekonsultationsverfahrens) zu berücksichtigen.
Wesentliche Ergebnisse des zu diesem Themenkomplex am BG Unfallkrankenhaus Hamburg durchgeführten Rechtssymposiums zeigen, dass derzeit noch kein dezidierter Rechtsrahmen für den Einsatz von Telemedizin in Offshore-Windparks besteht. Auch die aktuellen
Regelungen zum Arbeitsschutz auf Offshore-Windenergieanlagen fordern oder konkretisieren den Einsatz telemedizinischer Maßnahmen bislang nicht. So sind vor dem Einsatz telemedizinischer Verfahren im Offshore-Windbereich Fragen zum Datenschutz und die Datensicherheit, zur Schweigeplicht, zur Erfüllung der Anforderungen an den Facharztstandard
und zur persönlichen Leistungserbringung sowie zur Delegation ärztlicher Leistungen an
nichtärztliches Personal zu klären.
Bezogen auf Reanimationssituationen, die im Offshore-Windbereich aufgrund der besonderen Exponiertheit und des damit verbundenen Zeitfaktors besonderer Aufmerksamkeit bedürfen, bekommt das Element der Atemwegssicherung und Beatmung im Gegensatz zur Situation an Land eine besondere Bedeutung [123]. So ist ein Reanimationsversuch Offshore ohne Beatmung sicher als perspektivlos und mit reiner laienhafter Mund-zu-Mund/Mund-zuNase-Beatmung ebenfalls als eher aussichtslos zu betrachten [123]. Verschiede Studien
zeigen, dass die supraglottischen Atemwegshilfen, wie z. B. der Larynxtubus nach entsprechender Unterweisung auch durch Laien angewandt werden können und zu einem effektiven
Freihalten der Atemwege mit entsprechen suffizienter Beatmung führen [135, 136]. Auch die
Bergrettung hat diesen Umstand in ihren Empfehlungen unter der Bedingung eines regelmä25
Notarzt in der Telenotarztzentrale, leistet telemedizinische Unterstützung [134].
61
ßigen halb- bis jährlichen Trainings bereits berücksichtigt [137], so dass sich der Larynxtubus
unter dem Aspekt der Erleichterung der Beatmung sowie auch aus psychologischer Sicht
derzeit als geeignetes Hilfsmittel darstellt.
Auch kritische Blutungen stellen aufgrund der Abgelegenheit der Offshore-Windparks eine
besondere Situation dar. Der klassische Druckverband, der in der Regel bereits in den
Grundlehrgängen zur Ersten Hilfe gelehrt wird, kann hier im weiteren Verlauf des Notfalls an
seine Grenzen stoßen. Im Bereich der Taktischen Medizin/Militärmedizin wird daher die Anlage eines Tourniquets favorisiert, die zudem auch bereits wissenschaftlich untersucht wurde
(siehe hierzu auch [138]). Die Ergebnisse der entsprechenden Studien hinsichtlich des Überlebens von mit einem Tourniquet behandelten Patienten gaben Anlass für eine „Renaissance“ dieses Verfahrens in der zivilen Notfallmedizin [139]. Allerdings setzt der Erfolg voraus, dass diese Maßnahme frühestmöglich zum Einsatz kommt [123]. Für die Situation
Offshore bedeutet das somit, dass der Ersthelfer-Offshore unter Verwendung spezieller Algorithmen ein Tourniquet sinnvoll einsetzen kann, um im Falle einer kritischen Extremitätenblutung dadurch eine wirkungsvolle Erste Hilfe zu leisten [123]. Entsprechende Algorithmen
für den Einsatz eines Tourniquets wurden für die zivile Notfallmedizin bereits entwickelt
[140], deren Überprüfung hinsichtlich einer Anwendung durch Laien wie den ErsthelferOffshore notwendig ist [123]. Wird ein solcher Algorithmus dann entsprechend ausgebildet
und trainiert, ist es denkbar, dass auch durch einen Laien unter Hinzuziehen der Telekonsultation ein Tourniquet indikationsgerecht angewandt werden kann [141].
Im Hinblick auf eine Medikamentenapplikation zur Schmerzbekämpfung ist zunächst einmal
festzustellen, dass diese zumindest für den Standort Deutschland nicht zu den im Rahmen
einer Erste Hilfe Ausbildung gelehrten Inhalten gehört. Dennoch gilt es im speziellen Fall der
Ersten Hilfe in Offshore-Windparks insbesondere unter Berücksichtigung des verlängerten
therapiefreien Intervalls, diese einer Betrachtung zu unterziehen. Im Falle schwerer Extremitätenverletzungen wie z. B. Amputationen gehört die Schmerzbehandlung zu den Eckpunkten der notfallmedizinischen Therapie, und so stellt sich im Hinblick auf die erweiterte Erste
Hilfe Offshore die Frage, ob der Ersthelfer hier bereits einen Beitrag leisten kann [123]. Die
Limitationen dieser Gedanken liegen auf der Hand, da es in diesem Zusammenhang nur um
potente Analgetika wie Opiate oder S-Ketamin gehen kann [123]. Die Verschreibung und
Anwendung von Medikamenten, die unter das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) fallen, obliegt
nach §13 BtMG ausschließlich Ärzten, Zahnärzten und Tierärzten zum unmittelbaren Verbrauch [123]. Im Hinblick auf die rechtliche Zulässigkeit der medikamentösen Schmerzausschaltung durch Rettungsassistenten hat es Schröder 2009 wie folgt formuliert [142]: „Die
Anwendung von Betäubungsmitteln kann darüber hinaus nicht in rechtlich zulässiger Weise
delegiert werden“. Somit besteht für eine Anwendung durch Laien – zumindest aus rein
rechtlicher Sicht – kein Diskussionsspielraum, dennoch stellt sich – zumindest aus medizinisch-fachlicher Sicht – die Frage, welches Präparat geeignet wäre, durch einen Laien angewendet zu werden, und welcher Applikationsweg dafür in Frage käme [123]. An dieser
Stelle muss zunächst der Laienstatus der Anwender, die zudem kaum Einsätze und entsprechende Notfallerfahrung haben [143], besonders berücksichtigt werden [123]. Invasive Maßnahmen wie ein intravenöser oder intraossärer Zugang scheiden aus, und es bleibt der Applikationsweg über die Schleimhäute, wobei der orale Weg für einen Schwerverletzten als
ungeeignet betrachtet wird [123]. Zusammengefasst bleibt für den Laienanwender nur der
Applikationsweg über die Nasenschleimhaut, wobei aber sowohl die Applikation von Opiaten,
als auch S-Ketamin über die Nasenschleimhaut als „Off-Label-Use“ zu betrachten ist [123],
wenngleich es für beide Präparate positive Anwendungsberichte gerade für diese Applikationsform gibt [144, 145]. Unabhängig davon scheint der nasale Applikationsweg zukünftig
eine bedeutende Rolle für die präklinische Analgesie spielen zu können [123] (siehe hierzu
auch [146]), wobei präparateabhängig Einschränkungen und Limitationen, vor allem für SKetamin zu beachten sind [123] (siehe hierzu auch [147, 148]).
Bei Betrachtung der äußeren Umstände im Offshore-Windbereich ergeben sich Parallelen zu
anderen entlegenen Regionen der Welt, in denen Menschen leben oder sich einen begrenzten Zeitraum aufhalten bzw. aufhalten müssen, sei es zur Ausübung von Freizeitaktivitäten
wie z. B. in den Bergen, oder in einem Arbeitsumfeld wie beispielsweise dem Untertage62
bergbau [123]. Diese Zweiteilung macht einen ganz wesentlichen Unterschied hinsichtlich
einer notfallmedizinischen Versorgung deutlich [123]: Während im Umfeld eines Arbeitsplatzes eine Vielzahl an Gesetzen und Richtlinien greift und der Arbeitnehmer eine organisierte
Rettungskette erwarten darf, bewegt sich der Freizeitsportler in den Bergen oder der Wildnis
in „freiwilligem“ Terrain, ohne dass er sich auf Regularien wie das des Arbeitsschutzes verlassen kann. Gleichwohl hat sich in allen Bereichen eine funktionierende Rettungskette entwickelt, deren Inhalte auch Gegenstand zum Teil umfangreicher wissenschaftlicher Arbeiten
sind [123]. Die taktische Medizin nimmt im Themengebiet der Notfallmedizin unter Extrembedingungen ganz sicher eine Sonderstellung ein, liefert aber wichtige Erkenntnisse für die
Behandlung bestimmter Verletzungen, wie z. B. kritische Extremitätenblutungen oder Explosionsverletzungen, die auch außerhalb des Gefechtsfeldes auftreten können [123].
Die vorstehenden Ergebnisse und Erkenntnisse sind in die Erarbeitung der Empfehlung zur
Ersten Hilfe in Offshore-Windparks des Fachbereichs Erste Hilfe der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) [149] eingeflossen, welche Anfang 2014 veröffentlicht wurde und u. a. die Funktion des Ersthelfer-Offshore als erstes Glied in der Rettungskette beschreibt.
6.5 Diskussion und Schlussfolgerungen
Wissenschaftliche Studien untermauern ganz allgemein den Nutzen der Ersthelfermaßnahmen im Hinblick auf eine Senkung der Mortalität und Morbidität und zeigen einen positiven
präventiven Effekt der entsprechenden Erste-Hilfe-Trainings im Hinblick auf Risikobewusstsein und Achtsamkeit. Eine angemessene und hinreichende Qualifikation der Ersthelfer über
entsprechende Schulungen sowie regelmäßige Wiederholungen des Erlernten sind allerdings Voraussetzung für eine möglichst wirksame und effiziente Erste Hilfe und es mussgrundsätzlich berücksichtigt werden, dass die Maßnahmen der Ersten Hilfe durch Laien die
ärztlichen bzw. rettungsdienstlichen Maßnahmen im medizinischen Notfall nicht ersetzen
können und somit nur vorläufigen Charakter haben.
Ganz aktuell und durch eine große Öffentlichkeitskampagne besonders im Fokus ist beispielsweise die Laienreanimation (Basic Life Support) [123] (siehe hierzu auch [150]). Im
Unterschied zur Ersten Hilfe in der Öffentlichkeit ist die betriebliche Erste Hilfe Teil des Arbeitsschutzes und deren Organisation und Vorhaltung eine von vielen unternehmerischen
Pflichten [123]. Bedingt durch Art, Größe und Lage eines Betriebs sowie durch die Anzahl
der Beschäftigten ergeben sich dabei unterschiedliche Voraussetzungen für die Organisation
der betrieblichen Ersten Hilfe. Insbesondere Offshore-Windparks nehmen hier eine exponierte Stellung ein, wobei im Hinblick auf die Erste Hilfe die Tatsache besonders bedeutsam ist,
dass durch sie eine wesentliche längere Zeit überbrückt werden muss, als beispielsweise in
Windenergieanlagen an Land (Onshore) [123]. Diese Zeit kann im Ernstfall deutlich über
eine Stunde betragen [123]. Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) hat sich im Rahmen eines Workshops mit verschiedenen Fragen der Rettungskette Offshore beschäftigt [123]. Neben der Forderung nach erweiterten Qualifikationen
und Kompetenzen für die Ersthelfer stand dabei auch die durch diese zu überbrückende Zeit
im Fokus [123]. Hiernach ist im Hinblick auf Versorgungszeiten eine „Hilfsfrist zur notfallmedizinischen Versorgung in Offshore-Windparks in deutschen Hoheitsgewässern und der
AWZ“ zu fordern, die 60 Minuten nicht überschreiten sollte; es sei denn, besondere Gründe
(meteorologisch/technisch) zwingen anlassbezogen zu einer Ausdehnung auf 90 Minuten
[73]. Der Ersthelfer steht also im Ernstfall vor der großen Herausforderung, die o. g. Zeit mit
den ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und Mitteln zu überbrücken, bis professionelle Hilfe eintrifft [123].
Die im Rahmen der Projektarbeiten frühzeitig aufgestellte Hypothese, dass eine Erweiterung
der betrieblichen Ersthelfer-Ausbildung aufgrund des distanzbedingten verlängerten „therapiefreien Intervalls“ bis zum Eintreffen eines professionellen Rettungsdienstes erforderlich
ist, wurde während der Projektlaufzeit uneingeschränkt von allen Seiten bestätigt. Gleichsam
wurde die Hypothese, dass insbesondere bei einer Erweiterung der Ersthelfer-Maßnahmen
63
eine Unterstützung mittels telemedizinischer Verfahren vorgesehen werden sollte, bestätigt.
Hierzu gibt es bereits erste vielversprechende Ansätze, allerdings sind nach wie vor die
technischen, logistischen und rechtlichen Rahmenbedingungen für den Einsatz telemedizinischer Assistenzsysteme zu prüfen sowie ein Anforderungskatalog zu erstellen. Letzterer
sollte insbesondere im Einklang mit den Empfehlungen zur Erweiterung der ErsthelferAusrüstung und -Maßnahmen stehen.
Demnach ist es erforderlich, die Umsetzung telemedizinischer Verfahren zur Unterstützung
der Ersthelfer-Offshore im Sinne einer Telekonsultation weiter voranzutreiben und Hemmschwellen gegenüber der Anwendung dieser Technologie sowie ggf. vorhandene technische
Barrieren abzubauen. In diesem Zusammenhang sei interessanterweise vermerkt, dass zumindest im Rechtsregime der Bergverordnung für alle bergbaulichen Bereiche (Allgemeine
Bundesbergverordnung (ABBergV)) gemäß Anhang 3 (zu § 13)26 im Bereich des Festlandsockels und der Küstengewässer „[i]n den Räumen für die Erste Hilfe [...] die sachlichen Einrichtungen und Mittel bereitzuhalten [sind], die für eine Behandlung nach mündlicher oder
fernmündlicher Weisung eines Arztes erforderlich sind“. Somit geht der Gesetzgeber zumindest für diesen Bereich davon aus, dass eine fernmündliche Weisung eines Arztes zweckdienlich erscheint und die entsprechenden Mittel hierfür bereitzuhalten sind.
Zudem wird es zukünftig in der Ausbildung zum Ersthelfer-Offshore [149] und im Ernstfall in
der Real-Anwendung zu beobachten sein, ob der für die Empfehlungen gewählte Larynxtubus ein geeignetes Hilfsmittel darstellt und wie die Anwendungserfahrungen im Reanimationsfall sind. Angesichts der schwierigen rechtlichen Situation, unzureichender wissenschaftlicher Evidenz für eine Laienanwendung und einer abschließend nicht konsensfähigen
Diskussion konnte dagegen bis dato keine Empfehlung für ein spezielles Präparat zur
Schmerzbekämpfung in der Hand des Ersthelfers formuliert werden [123]. Daher wird in der
Ausbildung der Ersthelfer-Offshore zunächst besonderer Wert auf eine suffiziente Immobilisation von z. B. frakturierten Extremitäten gelegt werden müssen, um über diese wenig invasive Maßnahme den maximal möglichen schmerzmindernden Effekt für den Verletzten zu
erreichen [123].
Im Hinblick auf die Notfallversorgung Offshore gibt es zudem einen ersten Schulterschluss
im Rahmen der „Arbeitsgruppe Taktische Medizin“ des Wissenschaftlichen Arbeitskreises
Notfallmedizin der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI)
[151]. Ziel ist es hier, Konzepte der taktischen Medizin für den zivilen Bereich übertragbar
und anwendbar zu machen und entsprechend zu evaluieren [123]. Die Aufnahme des Tourniquets in die Empfehlung seitens des Fachbereichs Erste Hilfe der DGUV ist ein solcher
erster Ansatz [123]. Die Forschung in der alpinen Notfallmedizin liefert eine lange Reihe weiterer wichtiger Erkenntnisse, von denen der Offshore-Bereich profitieren kann [123]. Für die
im Rahmen der Projektarbeit durchgeführte Analyse sowie die Erstellung der Empfehlung
sind entsprechende Erkenntnisse zu Fragen der Analgesie und Immobilisation eingeflossen
[152, 153]. Hinsichtlich des Umfangs und der Anzahl der zu qualifizierenden ErsthelferOffshore wurden auch Konzepte aus dem Bergbau herangezogen [154], in denen die bergbaulichen Verhältnisse einer besonderen Bewertung unterzogen wurden [123]. Auch hier
stehen Maßnahmen wie die Blutstillung und das Freimachen der Atemwege besonders im
Fokus [123].
Schlussfolgerungen als Grundlage für Empfehlungen
Insgesamt können aus den durchgeführten Forschungsarbeiten zur Ersten Hilfe im OffshoreWindbereich folgende Schlussfolgerungen abgeleitet werden [123]:
I.
Leitsätze der erweiterten Erste-Hilfe-Offshore sind, eine Verschlechterung sowie
Folgen bei schweren Arbeitsunfällen und akuten Erkrankungen zu vermeiden, den
Ersthelfer nicht alleine zu lassen und auf Worst-Case-Situationen vorbereitet zu
sein, d. h. Erste Hilfe-Maßnahmen zur Blutstillung, zum Freihalten der Atemwege,
26
Zusätzliche Anforderungen für Arbeitsstätten nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 und 2 im Bereich des Festlandsockels und
der Küstengewässer (Anhang 3 (zu § 13) der ABBergV).
64
zur Immobilisation bei Frakturen und zur Schmerzbehandlung durchführen zu können.
II.
Gemäß obigen Leitsätzen soll die Erste Hilfe angemessen, leistbar, zumutbar und
sicher sein. Dabei ist der Laienstatus der Ersthelfer zu berücksichtigen, die wenig
Notfallerfahrung und damit wenig Übung haben. Das in der Medizin generell gültige
Prinzip „nihil nocere“ (keinen Schaden zufügen) muss bei allen konzeptionellen Erwägungen oberstes Gebot bleiben. Diesem Prinzip und der Umgebung „Offshore“
Rechnung tragend hat der betriebliche Ersthelfer-Offshore mit der erweiterten Erste-Hilfe Ausrüstung und seinem erlernten und trainierten Wissen und Know-how
das notwendige Rüstzeug, um nach dem Eintritt eines medizinischen Notfalls ein
wirkungsvolles erstes Glied der Rettungskette darzustellen.
III.
Als dynamisches Konzept unterliegen die Inhalte einer fortlaufenden Diskussion,
Anpassung und Ergänzung. So wäre beispielsweise die Frage zu klären, ob die erweiterte Erste Hilfe Offshore als Neuerung auch die Laienanwendung von wirkstarken Analgetika einschließen könnte oder z. B. im Rahmen der Tourniquetanwendung und der damit verbundenen Schmerzen einschließen muss. Diese Analgesie
soll einfach, sicher und möglichst nebenwirkungsarm sein. Diese Aspekte und alternative Verabreichungsarten (z. B. nasal) für ggf. auch andere Notfallmedikamente müssen Gegenstand weiterer Diskussionen sein.
IV.
Die Analyse und Auswertung des bisherigen und aktuellen Unfallgeschehens im
Bereich der Offshore-Windenergie wird wichtige Daten u. a. hinsichtlich der Frage
liefern, in welchem Umfang überhaupt medizinische Notfälle auftreten, die eine
frühzeitige präklinische Analgesie innerhalb der ersten Stunde nach dem Ereignis
erfordern.
6.6 Ausblick
Zukünftig wird es in der Ausbildung zum Ersthelfer-Offshore und im Ernstfall in der RealAnwendung zu beobachten sein, ob die unter Berücksichtigung der vorliegenden Ergebnisse
abgeleiteten und konsentierten Empfehlungen [123] zweckmäßig sind, den Laien nicht überfordern und im Anwendungsfall zu einem positiven Outcome der Notfallpatienten beitragen
werden. Erste Umsetzungsbestrebungen des über den Fachbereich Erste Hilfe der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) vorgestellten Ersthelfer-Offshore-Konzepts
[149] zeigen bereits jetzt, dass die geschulten Laienhelfer in der Lage sind, die erweiterten
Maßnahmen zur Stabilisierung des Patientenzustands selbstständig und sicher durchzuführen, wenngleich ein standardisiertes Vorgehen und die Einhaltung von Handlungsalgorithmen zur leitliniengerechten Patientenversorgung nicht immer zu beobachten ist [155].
Einen besonderen Schwerpunkt zukünftiger Arbeiten sollte die Umsetzung und Validierung
telemedizinischer Verfahren im Sinne einer Telekonsultation zur Unterstützung der Ersthelfer-Offshore sein. In Kenntnis vorhandener organisatorischer, technischer und rechtlicher
Probleme sollte der Nutzen dieser Technologie für den Notfallpatienten und den Helfer genauer untersucht werden.
Eine praxisnahe Evaluation des Ersthelfer-Offshore-Konzepts kann zukünftig dazu beitragen,
die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit der empfohlenen Maßnahmen zu analysieren und damit
die seitens des Fachbereichs Erste Hilfe der DGUV formulierte Empfehlung kritisch zu überprüfen sowie weitere Hinweise für eine optimale Erste Hilfe durch qualifizierte Laien zu geben. Dies wird u. a. Gegenstand der Fortsetzung der Projektarbeiten im Rahmen der Förderung durch die Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM)
sein.
65
7 Rettungsdienstliche Weiterversorgung
7.1 Zusammenfassung
Die rettungsdienstliche Weiterversorgung beinhaltet verschiedene Themenkomplexe, die
miteinander verbunden sind. So ist zunächst das eingesetzte Personal von Bedeutung. Wurde die Erste Hilfe durch qualifizierte Laien sichergestellt, tritt nun professionell ausgebildetes
Rettungsfachpersonal wie Rettungsassistenten, Notfallsanitäter und Notärzte am Aufenthaltsort des Patienten in den Vordergrund. Zudem besteht Konsens, dass ein entsprechend
seetauglicher und vollständig ausgestatteter Rettungstransporthubschrauber (RTH, HEMS)
mit einer Möglichkeit zur Windenrettung die Rettungseinheit der Wahl darstellt. Die Rettungswinde hat grundsätzliche Bedeutung, da sie dem rettungsdienstlichen Personal erst
den Zugang zu einer Windenergieanlage ermöglicht. Im Unterschied zu Umspann- und Arbeitsplattformen verfügen die Windenergieanlagen regelhaft nicht über Landemöglichkeiten
für Hubschrauber. Aufgrund der rauen naturräumlichen Umgebung unterliegt der Einsatz
eines Hubschraubers aber Limitationen. Bei starkem Seenebel im Windpark oder Gewitter
kann er beispielsweise nicht eingesetzt werden, so dass im Sinne eines zweiten redundanten Rettungsweges geeignete wassergebundene Rettungseinheiten vorgehalten werden
sollten. Von großer Bedeutung für die Rettung mit Hubschraubern sind Aspekte der medizinisch-technischen Ausstattung sowie der Qualifikation, des Trainings und der Erfahrung des
eingesetzten Rettungspersonals.
Abzugrenzen von der rettungsdienstlichen Weiterversorgung in Offshore-Windparks sind der
maritime Such- und Rettungsdienst auf See (Search and Rescue, SAR) sowie die Seenotrettung. Definitionsgemäß gehört die Rettung aus Offshore-Windparks weder zu den originären
Aufgaben des SAR-Dienstes noch zu den satzungsgemäßen Aufgaben der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS).
Bei Betrachtung der Anforderungen für ein in Offshore-Windparks funktionierendes Rettungssystem ist erkennbar, dass sich relevante Einzelaspekte in anderen etablierten Rettungskettenkonzepten wiederfinden lassen. Dazu zählen im Bereich der Luftrettung die Rettung mit einer Winde oder Longline (Fixtau) sowie Erfahrungen aus der alpinen Notfallmedizin, taktischen Medizin, der Rettung unter Tage und der speziellen Rettung aus Höhen und
Tiefen (SRHT). Die verschiedenen Konzepte und Inhalte sowie bestehende Erfahrungen
müssen an die maritime Realität in Offshore-Windparks (OWP) angepasst und – wo notwendig - erweitert werden. Ganz wesentlich von Bedeutung sind zudem die jahrzehntelangen
Erfahrungen aus der internationalen Öl&Gas-Industrie Offshore. Herausragende Elemente
sind die Besetzung der Plattformen mit medizinischem Personal und die Verfügbarkeit eines
Rettungshubschraubers als Rettungseinheit der 1. Wahl.
Die rettungsdienstliche Weiterversorgung in den verschiedenen Projekten übernehmen im
Rahmen von Verträgen zur Sicherstellung eines betrieblichen Rettungsdienstes derzeit folgende Organisationen: ADAC Luftrettung gGmbh/WIKING Helikopter Service GmbH, Deutsche Rettungsflugwacht und Northern HeliCopter GmbH. Die Notfallannahme, Disposition
und Alarmierung erfolgt durch eine in aller Regel vertraglich gebundene Notfallleitstelle, von
denen derzeit drei betrieben werden. Diese sind zudem untereinander vernetzt. Im Rahmen
einer staatlichen Daseinsvorsorge werden zwei sogenannte Offshore-Notfall-Reaktionsteams
vorgehalten, die in besonderen Einsatzsituationen vom Havariekommando alarmiert und
zugeführt werden können.
Unter Federführung der Stiftung Offshore Windenergie wurde 2013 die Gesprächsplattform
„Runder Tisch Maritime Sicherheitspartnerschaft“ gegründet. In einer Arbeitsgruppe (AG)
dieses Runden Tisches, deren Mitglieder sich aus dem Kreis der Teilnehmer und externen
Fachleuten zusammensetzen, sollen relevante Fragen der Luftrettung Offshore erörtert und
konsentierte Empfehlungen erarbeitet werden. Erste Ergebnisse dieser vom ROW-Team
geleiteten AG liegen in Form eines zu bearbeitenden Themenkatalogs (z. B. Mindestqualifikation des eingesetzten rettungsdienstlichen Personals) vor.
66
7.2 Einleitung
Die rettungsdienstliche Weiterversorgung verletzter und erkrankter Arbeiter in OffshoreWindparks markiert einen entscheidenden Abschnitt in der Rettungskette. Im Sinne der Definition einer professionellen Notfallmedizin soll sie „die Erkennung und sachgerechte Behandlung drohender oder eingetretener medizinischer Notfälle, die Wiederherstellung und Aufrechterhaltung der vitalen Funktionen sowie der Transportfähigkeit sicherstellen“ [156]. Dabei
stellt die Konzeption und Organisation der rettungsdienstlichen Weiterversorgung für die Unternehmen, die betrieblichen Rettungsdienste sowie gegebenenfalls zum Einsatz kommende
staatliche Rettungseinheiten eine besondere Herausforderung dar. Diese ist gekennzeichnet
durch die naturräumlichen Verhältnisse (s. a. Kapitel 2.2 und 3), die zum Teil große
(>100 km) Entfernung zum Festland, die Zugänglichkeit der verschiedenen OffshoreInstallationen (Windenergieanlagen; Umspann- und Wohnplattformen) und die Robustheit
der zur Beförderung des o.g. Personals und der Patienten notwendigen Transportmittel wie
Schiffe oder Hubschrauber. Wissenschaftlich basierte Empfehlungen zu formulieren setzt
voraus, dass es in der einschlägigen wissenschaftlichen Literatur auch entsprechende Daten
und Studienergebnisse gibt. Für den Bereich „Rettungskette Offshore Wind“ fehlen diese
gänzlich.
Um sich trotzdem und mit wissenschaftlichem Anspruch der Frage zu nähern, wie eine professionelle notfallmedizinische Versorgung und die dazugehörige Qualifikation des nichtmedizinischen und medizinischen Personals, im Sinne eines mit den Strukturen an Land vergleichbaren Rettungsdienstes, in OWP dargestellt werden kann, ist die Betrachtung vergleichbar geographisch exponierter Bereiche sinnvoll. Aufgrund der Distanz zum Festland
liegt ein Vergleich zum gesamten Bereich der maritimen Medizin (Kauffahrteischiffe, Forschungsschiffe, Kreuzfahrtschiffe, Sportboote) [157] und maritimen Notfallvorsorge (SARDienst [158], Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger [159], Havariekommando
[160]) nahe. Weiter sind als wichtige zu betrachtende Bereiche die taktische Medizin [161],
alpine Notfallmedizin [162], Luftrettung [163] inklusive Windenrettung [65, 68, 164, 165, 166]
und Fixtaubergung [167], die Rettung unter Tage [154], sowie die spezielle Rettung aus Höhen und Tiefen [168, 169, 170, 171] zu nennen. Seit vielen Jahrzehnten wird zwar nicht wesentlich von Deutschland, jedoch beispielsweise von anderen Ländern wie Norwegen und
England, Öl und Gas in der Nordsee und anderen Offshore-Gebieten gefördert. Die dabei
generierten Erfahrungen können trotz der Unterschiede der Arbeitsplätze (Offshore Öl und
Gas vs. Offshore Wind) wichtige Hinweise für das Management von Notfällen im OffshoreBereich geben [58-62, 64, 75, 129, 172-183].
Ziel der Arbeiten in diesem Teilgebiet war die Zusammenstellung von wissenschaftlichen
Erkenntnissen für die Entwicklung einer Synthese mit spezifischen Empfehlungen zur Rettung und notfallmedizinischen Versorgung in Offshore-Windparks.
7.3 Methodik
Die Methodik verteilte sich im Wesentlichen auf drei Ansatzpunkte. Zunächst erfolgte eine
selektive Literaturrecherche unter Berücksichtigung der deutschsprachigen und englischsprachigen Literatur - fokussiert auf exponierte Gebiete, mit denen sich im Hinblick auf die
„Rettungskette Offshore Wind“ Schnittmengen ergeben. Dazu zählen die maritime Medizin
inkl. Seenotrettung und dem Such- und Rettungsdienst (SAR), taktische Medizin, alpine Medizin und der gesamte Bereich der Luftrettung (RTH, HEMS) sowie besondere Extrembereiche wie die Rettung unter Tage. Eingeschlossen wurden ebenfalls alle Aspekte der technischen Rettung wie Windenrettung, Fixtaurettung („Longline“) sowie die spezielle Rettung aus
Höhen und Tiefen.
Um persönliche Erfahrungen und Expertenmeinungen aus der Offshore-Branche nutzbar zu
machen, erfolgte eine intensive Netzwerkbildung und ein Austausch mit allen Aktiven, Behörden, Unternehmen und Organisationen.
67
Als methodisch besonders wesentlich ist die Teilnahme am „Runden Tisch Maritime Sicherheitspartnerschaft“ unter Leitung der Stiftung Offshore Windenergie zu werten. Dort übernahm ein Mitglied des ROW-Teams die Leitung der Arbeitsgruppe Luftrettung Offshore. Auf
Basis von Expertenmeinungen und wissenschaftlicher Erkenntnisse ist die Entwicklung von
Empfehlungen zu verschiedenen Fragen der notfallmedizinischen Versorgung in OWP, insoweit sie die Luftrettung betreffen, geplant.
7.4 Ergebnisse
Qualifikation des eingesetzten Personals
Für den professionellen nicht-ärztlichen Rettungsdienst stehen hier im Wesentlichen zwei
Berufsgruppen im Vordergrund: Der Rettungsassistent (RA) [184] und der mit Inkrafttreten
des Notfallsanitätergesetzes (NotSanG) zum 01.01.2014 implementierte Notfallsanitäter
(NotSan).
Nach §3 RettAssG27 soll der Rettungsassistent durch seine Ausbildung befähigt sein,
- am Notfallort als Helfer des Arztes tätig zu werden und
- bis zur Übernahme der Behandlung durch den Arzt lebensrettende Maßnahmen bei Notfallpatienten durchzuführen,
- die Transportfähigkeit solcher Patienten herzustellen und
- die lebenswichtigen Körperfunktionen während des Transports zu beobachten und aufrechtzuerhalten.
Die Curricula für die Notfallsanitäterausbildung finden aktuell Eingang in die Ausbildungspraxis und es ist damit zu rechnen, dass zukünftig auch Notfallsanitäter innerhalb von OffshoreWindparks eingesetzt werden.
Inwieweit Maßnahmen der Not- und Regelkompetenz delegiert werden können, ist derzeit
Gegenstand der Diskussion [185]. Hinsichtlich der Frage, inwieweit beispielsweise Maßnahmen der Analgosedierung auf RA übertragbar sind haben Schröder et al. 2009 [142] wie folgt
formuliert: „Die Anwendung von Betäubungsmitteln kann darüber hinaus nicht in rechtlich
zulässiger Weise delegiert werden. Eine „Analgosedierung mittels Ketamin und Midazolam
durch Rettungsassistenten kann im Rahmen der sog. Notkompetenz gerechtfertigt sein“.
Neuere Studien, die eine telenotärztliche Betreuung einschließen [126], zeigen, dass sich
diese Frage zukünftig lösen lassen kann.
Gemäß Definition nach DIN 13050 ist ein Notarzt ein Arzt in der Notfallrettung, der über eine
entsprechende Qualifikation verfügt. Die Inhalte und Curricula zur Erlangung der Zusatzbezeichnung sind Ländersache und bundesweit nicht einheitlich geregelt [186]. Für den Einsatz
in Offshore-Windparks existieren derzeit (noch) keine über die Zusatzbezeichnung Notfallmedizin hinausgehenden Empfehlungen hinsichtlich des Qualifikationsprofils, abgesehen
von den notwendigen Sicherheitstrainings wie z.B. das Unterwasserausstiegstraining [187].
Es besteht aber Konsens unter den Beteiligten, dass für die Offshore-Notärzte ein hohes
Qualifikationsprofil zu fordern ist. Dazu gehören eine umfangreiche klinische und präklinische
Erfahrung in der Versorgung von Notfallpatienten aller Schweregrade, eine einschlägige Erfahrung in der Luftrettung inklusive einer belastbaren Erfahrung in der Windenrettung sowie
eine regelhafte Tätigkeit in der präklinischen Notfallmedizin unter Einschluss der Luftrettung.
Insgesamt besteht Einigkeit, dass eine rettungsdienstliche Weiterversorgung nur durch professionell ausgebildetes nicht-ärztliches und ärztliches Personal sowie unterstützende telemedizinische Dienste dargestellt werden kann. Das Segment der Laienhilfe gilt nach allgemeiner fachlicher Ansicht und gültiger Rechtsauffassung mit dem Konzept (betrieblicher
„Ersthelfer-Offshore“ [149] als ausgeschöpft.
27
Rettungsassistentengesetz.
68
Luftrettung
Deutschland gehört zu den in der Luftrettung weltweit führenden Ländern und verfügt über
ein flächendeckendes Netz aus Luftrettungssystemen für die Durchführung von Primär- und
Sekundäreinsätzen [163]. Der durch einen Transport mit einem Rettungshubschrauber postulierte Überlebensvorteil für schwerverletzte Patienten konnte inzwischen mehrfach nachgewiesen werden [188, 189]. Für kritisch Erkrankte (z. B. Myokardinfarkt) kann das prähospitale Zeitintervall durch den Einsatz eines Rettungshubschraubers reduziert und der Patient
schneller einer kausalen Therapie zugeführt werden. Es kommt hinzu, dass der Rettungshubschrauber in ganz speziellen Situationen und bedingt durch seine technischen Möglichkeiten (Winde oder Longline) die rettungsentscheidende Größe darstellen kann [165, 167,
190, 191]. Besondere Bedeutung in der Luftrettung haben in medizinischer Hinsicht die Qualifikation des eingesetzten Personals [163], das Crew Resource Management [192], regelmäßiges Training sowie die regelhafte Einbindung des Personals auch in die klinikinterne
Versorgung schwerverletzter oder erkrankter Patienten [163]. Zu erwähnen sind aber auch
die mit der Luftrettung einhergehenden Gefahren; Abstürze und dadurch begründete Verletzungen sowie Todesfälle sind beschrieben [193].
Notfallmedizin und Rettung auf Schiffen
Ein ganz wesentliches Merkmal bei medizinischen Notfallsituationen auf Schiffen ist, dass
die Schiffsbesatzungen auf sich allein gestellt sind, da eine Zuführung notfallmedizinischer
Handlungskompetenz durch geeignete Rettungskräfte (z.B. Notarzt, Rettungsassistent) und
Rettungsmittel (insbesondere Hubschrauber) in deutlich verlängerten Zeiträumen, nicht selten auch erst nach Tagen möglich ist. An Land übliche notfallmedizinische Hilfsfristen sind
auf hoher See nicht einzuhalten [194]. An Bord eines Kauffahrteischiffes befindet sich zudem
in aller Regel kein Arzt (im Gegensatz zu Kreuzfahrt- oder Forschungsschiffen), da dieser
nach § 6 der Schiffsbesetzungsverordnung (SchBesV) erst ab einer Personenzahl von 100
an Bord vorgeschrieben ist. Die wesentliche Problematik liegt damit in einer erheblich verlängerten Dauer des notfalltherapiefreien Intervalls [194].
Die Ausstattung von zivilen Schiffen unter deutscher Flagge mit Medikamenten, medizinischen Instrumenten und Hilfsmitteln ist durch die Krankenfürsorgeverordnung (KrfsVO) geregelt. Für die medizinische Versorgung an Bord ist der Kapitän verantwortlich. Er kann dabei zurückgreifen auf ein seit Jahrzehnten etabliertes System der funkärztlichen Beratung
[124, 125]. Kasuistiken [195, 196] und Studien [197] zu Todesfällen auf See unterstreichen
die Herausforderungen und Grenzen der medizinischen Versorgung auf Kauffahrteischiffen.
Hervorzuheben ist aber gleichwohl der hohe Standard der medizinischen Ausrüstung, beispielhaft sei hier die Implementierung automatischer externer Defibrillatoren erwähnt [198].
Dennoch scheint es im Bereich der medizinischen Ausbildung Optimierungsbedarf zu geben,
wie aktuelle Studien zeigen [199].
Seenotrettung und Search and Rescue (SAR)
1965 wurde die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) von der Bundesrepublik Deutschland mit der Seenotrettung beauftragt [158]. Die DGzRS unterhält dazu
ein Netz aus leistungsfähigen Einheiten entlang der deutschen Küste, vom kleinen Seenotrettungsboot bis zum Seenotkreuzer [159]. Für die Besatzungen wurde ein Ausbildungskonzept (SAR-Rettungshelfer See) entwickelt, das sie befähigen soll, Maßnahmen der erweiterten Ersten Hilfe durchzuführen und professionelle Rettungskräfte wie z.B. einen Notarzt zu
unterstützen [200].
Für den Rettungsdienst innerhalb der 12-Seemeilen-Zone sowie die Brandbekämpfung sind
die Bundesländer zuständig [158]. Außerhalb der 12-Seemeilen-Zone, aber innerhalb der
deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone, fällt die Zuständigkeit in den Bereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur. Im Rahmen einer Verwaltungsvereinbarung wurden die Aufgaben der Seenotrettung zweigeteilt. Die Suche und Rettung (Search
and Rescue, SAR) mit Wasserfahrzeugen ist Aufgabe der DGzRS, die Suche mit Luftfahrzeugen obliegt dem Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) und damit der Bundeswehr
[158, 159].
69
Die DGzRS kann für ihre Aufgaben auf regionaler und insbesondere lokaler Ebene auf Unterstützung durch ortsansässige und in den regulären Rettungsdienst eingebundene Ärzte
zurückgreifen, die im Bedarfsfall die Besatzung eines Seenotkreuzers ergänzen. Voraussetzung dafür ist die Vermittlung spezieller Kenntnisse, wie sie seitens der Deutschen Gesellschaft für Maritime Medizin (DGMM) vor einigen Jahren als „Einführungslehrgang in die maritime Notfallmedizin“ vorgeschlagen wurden [201]. Rettung und Verletztenversorgung auf und
im Wasser stellen eine Herausforderung für alle Beteiligten dar [202, 203] und setzen umfangreiche Kenntnisse der Umfeld-typischen Verletzungen und Erkrankungen wie z. B. Hypothermie und Ertrinken voraus [204, 205, 206].
Großschadensfall auf See – Komplexe Schadenslage
Eine Besonderheit in der maritimen Notfallvorsorge stellt der Massenanfall von Verletzten
dar. Zur Bewältigung von sog. komplexen Schadenslagen wurde am 01.01.2003 das Havariekommando (HK) in Cuxhaven in Dienst genommen [160]. Das HK ist eine gemeinsame
Einrichtung von Bund und Ländern, seine Aufgaben und Tätigkeiten sind in der Havariekommandovereinbarung (HavKomErVbgG) geregelt. Um die Herausforderungen der Verletztenversorgung und Brandbekämpfung auf See zu bewältigen, wurden in den Küstenbundesländern und Hamburg Notärzte und Einsatzkräfte der Feuerwehren speziell ausgebildet.
Im europäischen Vergleich sind Aufgaben und Struktur des HK einmalig [160].
Bergrettung und alpine Notfallmedizin
Zur alpinen Notfallmedizin und Bergrettung liegt ein umfangreiches wissenschaftliches Werk
vor. Im Zusammenhang zur Offshore-Rettung – und insbesondere für die rettungsdienstliche
Weiterversorgung – sind die Arbeiten zur Hubschrauberrettung von Bedeutung. Dabei konnten Einflussfaktoren auf die Anflugzeiten der Rettungshubschrauber identifiziert [66] und
Standards für den Einsatz von Rettungshubschraubern konsentiert werden [207, 208]. Bemerkenswert ist, dass zur Frage der Notarztqualifikation ein umfangreiches Curriculum existiert [209]. Ebenso konnten im Rahmen einer Studie Minimalanforderungen für alpine (bergsteigerische) Fertigkeiten herausgearbeitet werden [210].
Technische Rettung – Spezielle Rettung aus Höhen und Tiefen
Die technische Rettung – und im Besonderen die spezielle Rettung aus Höhen und Tiefen –
hat bisher nur wenig Eingang in die wissenschaftliche Literatur gefunden. In aller Regel geht
es in den wenigen Berichten um die Darstellung der Tätigkeiten von Höhenrettungsgruppen
[168] oder von Rettungskonzepten zu verschiedenen speziellen Notfallsituationen wie z. B.
der Rettung aus Baukränen [169]. Ruhrmann et al. haben die Komplexität und den hohen
Zeitbedarf für Höhenrettungseinsätze anschaulich dargestellt [170].
Mit den inzwischen in 2. Auflage vorliegenden Empfehlungen „Spezielle Rettung aus Höhen
und Tiefen“ [171] der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren (AGBF) steht
ein umfangreiches Werk zu den Fragen dieses Spezialbereiches vor. Auf dessen Inhalten
beruht beispielsweise die Ausbildung der im Offshore Windenergie – Sicherheitsrahmenkonzepts des BMVI [211] genannten Offshore-Notfall-Reaktionsteams.
Besondere Aufmerksamkeit erlangte 2014 der Fall eines in der Riesending-Höhle in den
Berchtesgadener Alpen verunglückten Höhlenforschers [212, 213], der in einer aufwändigen
Rettungsaktion mit speziellen Seilzugangstechniken aus 1000m Tiefe gerettet werden konnte. Für Offshore-Windparks relevant ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass von
unten nach oben aufgeseilt und nicht – wie sonst überwiegend im Rahmen der Arbeit von
Höhenrettungsgruppen – von oben nach unten abgeseilt werden musste. Dieser Umstand
kann in O-WEA dann zum Tragen kommen, wenn ein verletzter und immobilisierter Arbeiter
für ein Windenmanöver aus dem Turmbereich auf die Windenbetriebsfläche befördert werden muss. Sehr speziell, aber insbesondere im Bereich der Ersten Hilfe mit deutlichen Analogien zur Situation Offshore versehen, ist der Bereich der „Notfälle unter Tage“ [154].
70
Erfahrungen aus der Öl&Gas-Industrie Offshore
Zahlreiche Studien beleuchten das Umfeld der Offshore-Installationen im Öl&Gas-Sektor
hinsichtlich verschiedener Fragen der medizinischen Versorgung. Sie stellen damit ein wichtiges Wissensarchiv für vergleichbare Fragen in der Offshore-Windindustrie dar. Drei wesentliche Themenblöcke lassen sich identifizieren. Zunächst sind dies die Qualifikationskriterien,
Ausbildungsinhalte und Trainingsprogramme für das zur medizinischen Versorgung eingesetzte Personal [65, 173, 174, 175, 176]. Der zweite Themenblock beinhaltet verschiedene
Arbeiten über telemedizinische Versorgungskonzepte zur Ergänzung und Unterstützung des
auf den Plattformen vorgehaltenen medizinischen Personals [129, 178]. Schließlich umfasst
der dritte Themenblock einige Studien, die sich mit den Gründen für medizinische Evakuierungen durch Hubschrauber beschäftigen [60, 62, 64, 183], auch im Hinblick auf Finanzierungsfragen des Systems [61].
Der notwendige Einsatz professionellen medizinischen Personals scheint dabei unstrittig. Am
weitesten greift in diesem Zusammenhang die Arbeit von Acker et al. [176], in der eine Definition für einen „Industrial paramedic“ entwickelt wird. Frei aus dem Englischen übersetzt
wäre das ein „betrieblicher Rettungsassistent“, abzugrenzen vom in Deutschland bekannten
Betriebssanitäter, welcher wiederum ein speziell qualifizierter Laie ist. Der „Industrial paramedic“ steht dagegen für ein hochqualifiziertes Berufsbild mit speziellen Kenntnissen, Fertigkeiten und Erfahrungen im extremen medizinischen Umfeld.
Leitstelle, Disposition und Hilfsfristen
Wissenschaftliche Betrachtungen zu Leitstellen- und Dispositionsfragen liegen nur sehr begrenzt vor, insbesondere Im Zusammenhang mit maritimen oder Offshore-bezogenen Fragen. Hingewiesen werden muss aber auf den Umstand, dass die Einsatzzeiten bei Rettungseinsätzen Offshore deutlich verlängert sind. Alarmierung und Disposition im Allgemeinen stellen Segmente dar, die im Gegensatz zur Flugzeit von Luftrettungseinheiten beeinflussbar sind (s. Kapitel 4.3). Hier sollte es zu keinerlei Verzögerungen kommen. Eine
Hilfsfrist im engeren Sinne existiert für die deutsche AWZ jedoch nicht. Im Rahmen eines
DIVI-Workshops wurden 60 min (anlassbezogen aufgrund der Tageszeit oder wetterbedingt
90 min) als Richtgröße für das Eintreffen einer Rettungseinheit im Offshore-Windpark vorgeschlagen [54].
Betriebliche Rettungsdienste
Die rettungsdienstliche Weiterversorgung in den verschiedenen Offshore-Windprojekten
übernehmen im Rahmen von Verträgen zur Sicherstellung eines betrieblichen Rettungsdienstes Organisationen, die bereits über Erfahrungen in einem oder mehreren Teilaspekt(en) dieser speziellen Rettungskette verfügen. Hier sind in alphabetischer Reihenfolge
die ADAC Luftrettung gGmbH in Kooperation mit der Wiking Helikopter Service GmbH [214],
die Deutsche Rettungsflugwacht e.V. [215] und die Northern Helicopter GmbH [216] zu nennen. Aus UK gibt es Berichte über das dortige System und eine größere Übung [43, 217]
Windenrettung
Windenergieanlagen verfügen konstruktiv grundsätzlich nicht über eine Landemöglichkeit für
Rettungshubschrauber, so dass zum Überstieg auf die Anlage zwingend ein Windenmanöver
durchgeführt werden muss. In der wissenschaftlichen Literatur finden sich dazu noch keine
Berichte. Bekannt ist jedoch ein im Feuerwehr-Magazin erwähnter Fall [218], wonach ein
Arbeiter aufgrund kardialer Beschwerden mittels einer Winde aus dem Maschinenhaus einer
Windenergieanlage an Land gerettet werden musste. Alle derzeit Offshore fliegenden betrieblichen Rettungsdienste verfügen über Hubschraubermodelle mit einer fest installierten
Winde.
Verschiedene Herausforderungen prägen den Windeneinsatz. Neben den weit entwickelten
technischen Sicherungssystemen wie der Winde selbst, dem verwendeten Gurtzeug und
weiterer Ausrüstung stehen vor allem die eingeübten und im Team ständig zu trainierenden
Abläufe und Algorithmen im Vordergrund [192]. Der Erfolg eines Windeneinsatzes hängt zu
einem relevanten Teil von der Gesamtleistung des Teams („human factor“, „non-technical71
skills“) ab, die sowohl die umfeldspezifische persönliche Erfahrung und Routine des Einzelnen, aber auch gemeinsame realitätsnahe Simulatortrainings voraussetzt. Ein besonderer
Bedarf zur Entwicklung spezieller Gurtsysteme im Hinblick auf biomechanische und medizinische Aspekte bei der Rettung konnte im Rahmen der Projektarbeiten nicht belastbar dargestellt werden, so dass hierzu weitere Forschungsarbeiten angeregt werden sollten.
Staatliche Daseinsfürsorge
Die Sicherstellung der Rettungskette in deutschen Windparks ist eine gemeinschaftliche
Aufgabe der Betreiber und des Staates. Dabei übernehmen die Betreiberfirmen Aufgaben
ähnlich eines Werkrettungsdienstes. Hierbei wird erwartet, dass für Verunfallte und Erkrankte
rund um die Uhr ein speziell ausgerüsteter Rettungstransporthubschrauber zur Verfügung
steht. Das Havariekommando (HK) soll die Rettung bei besonders schwierigen Einsätzen –
sogenannten komplexen Rettungssituationen – übernehmen.
Nach [211] ist eine sogenannte „komplexe Rettungssituation“ derzeit wie folgt definiert: Eine
„komplexe Rettungssituation“ liegt dann vor, wenn
(1) eine technisch anspruchsvolle und zeitkritische spezielle Rettung28 mit individualmedizinischer Notfallversorgung eines oder mehrerer Betroffener notwendig ist
(2) oder die Beseitigung dieser Gefahrenlage eine einheitliche Führung mehrerer Aufgabenträger erfordert
(3) und [/ oder] die pflichtige unternehmerische Vorhaltung zur zielgerichteten Gefahrenabwehr nicht greift.
Zusammenfassend soll das Havariekommando tätig werden, wenn besondere rettungstechnische und notfallmedizinische Einsatzlagen dies erfordern. Dabei sollen vorrangig Fälle erfasst sein, bei denen Mittel und Verfahren der betrieblichen Vorsorge und Notfallplanung
alleine nicht ausreichen.
AG Luftrettung Offshore – Runder Tisch Maritime Sicherheitspartnerschaft
Da die Arbeiten zu dieser Thematik erst im letzten Projektjahr begonnen haben, liegen noch
keine relevanten abschließenden Ergebnisse vor. Folgende Themenkomplexe wurden zur
Bearbeitung festgelegt:
•
Empfehlungen zur Absetzung einer Meldung an geeignete landseitige medizinische
Dienste
•
Notruf- und Dispositionsstandards
•
Notfallstufen Level 1-3
•
Kriterien zur Freigabe von Offshore-RTH für maritime Einsätze
•
Mindeststandards für die erste professionelle medizinische Hilfe
•
Mindeststandard für die Rettung aus speziellen Situationen
•
Qualifikation von medizinischem Personal
•
Qualifikation von fliegerischem Personal
•
Qualifikationsstandards für Leitstellenmitarbeiter
•
Ausrüstungs- und Kommunikationsstandards für Leitstellen
•
Mindestanforderungen an Offshore-RTH
•
Technische Ausstattung der RTH
28
Hierbei handelt es sich insbesondere um Situationen, in denen Aufseilstrecken in der Windenergieanlage
(WEA) zu überwinden sind, um den Verletzten / Erkrankten horizontal und notärztlich begleitet zur Windenbetriebsfläche zu bringen [211].
72
•
Einsatzführung in Abhängigkeit von der Lage
•
Empfehlung zur systematischen prospektiven Datenerfassung von Offshore-Notfällen
•
Einheitliche Definitionen – „Offshore-glossar“
•
Wissensdatenbank
Die Erarbeitung konsentierter Empfehlungen ist eine komplexe und zeitaufwändige Aufgabe.
Erste belastbare und publizierte Ergebnisse werden Ende 2015 erwartet. In dieser AG sind
alle derzeit in der „Luftrettung Offshore“ eingebundenen Personen, Unternehmen und Behörden vertreten, so dass die am Ende des Prozesses stehenden und wissenschaftlich
publizierten Empfehlungen die notwendige breite Basis haben werden.
7.5 Diskussion und Schlussfolgerungen
In der Zusammenschau aller Ergebnisse wird deutlich, dass hinsichtlich der rettungsdienstlichen Weiterversorgung von verletzten oder erkrankten Arbeitern in Offshore-Windparks ein
stabiles und professionelles System aus betrieblichen Luftrettungsdiensten und staatlicher
Daseinsvorsorge besteht. Die aber nach wie vor große Herausforderung besteht in der Anpassung bekannter Elemente an die noch junge Offshore-Windenergie-Branche. Insbesondere die zu verbessernde Vernetzung an den Schnittstellen verschiedener Systeme, die Erarbeitung gemeinsamer Empfehlungen und Standards sowie eine systematische Erfassung
und Analyse der medizinischen Ereignisse und Notfälle sind hier zu nennen.
Schlussfolgerungen als Grundlage für Empfehlungen
Das Rettungskettensegment „Rettungsdienstliche Weiterversorgung“ wird derzeit professionell von verschiedenen Organisationen und Unternehmen betrieben. Konsens ist, dass ein
entsprechend seetauglicher und vollständig ausgestatteter Hubschrauber (HEMS) mit einer
Möglichkeit zur Windenrettung die Rettungseinheit der Wahl darstellt. Aufgrund naturräumlicher und technischer Limitationen sollte eine redundante wassergebundene Rettungseinheit
zur Verfügung stehen. Darüber hinaus können folgende Schlussfolgerungen abgeleitet werden:
I.
Die in der rettungsdienstlichen Versorgung an Land gesetzten Standards sind
maßstabsbildend für die Konzeption und Organisation dieses Rettungskettensegmentes in Offshore-Windparks.
II.
Innerhalb eines Windparks scheint die Vorhaltung von geeignetem professionellem
medizinischen Personals zumindest in Phasen besonderer Gefährdung (Bau und
Rückbau, Komponententausch) sinnvoll und empfehlenswert zu sein.
III.
Der Einsatz eines Rettungstransporthubschraubers zur Evakuierung erkrankter oder verletzter Arbeiter ist hinsichtlich des Zeitvorteils alternativlos.
IV.
Zielführend ist die Erarbeitung breit konsentierter Standards und Empfehlungen zu
den verschiedenen Aspekten und Themenfeldern in diesem Bereich.
V.
Zur Sicherstellung eines redundanten zweiten Rettungsweges ist die Entwicklung
von wassergebundenen Fahrzeugen notwendig, die eine größtmögliche Zugänglichkeit auf die Offshore-Windpark-Installationen darstellen können.
VI.
Zur Schaffung von Synergien sollten alle zur Verfügung stehenden Ressourcen in
die Gestaltung der Rettungskette Offshore Wind einbezogen werden, um eine
bestmögliche und den Standards an Land angepasste (notfall-)medizinische Versorgung in OWP sicherzustellen.
VII.
Eine Vernetzung aller im maritim-medizinischen Bereich tätigen Unternehmen, Organisationen und Gesellschaften stellt einen Mehrwert für die Sicherheit in der
deutschen AWZ dar.
73
VIII. Eine Vernetzung mit den im Bereich Offshore-Öl&Gas medizinisch-wissenschaftlich
tätigen Arbeitsgruppen sollte angestrebt werden.
7.6 Ausblick
Die weiteren Arbeiten in diesem Segment werden sich einerseits auf die in der AG Luftrettung Offshore begonnenen Arbeiten und andererseits auf die Entwicklung von ZeMOR konzentrieren. Die in der AG Luftrettung Offshore aktiven medizinischen Vertreter der betrieblichen Luftrettungsdienste (s. o.) sollen dabei verstärkt in die konzeptionelle Begleitung des
Registers eingebunden werden. Angesichts des weiteren Ausbaus der Offshore-Windenergie
ist mit einem Anstieg der Einsatzzahlen und damit auch einem anwachsenden Erfahrungshorizont zu rechnen. Die Analyse dieser Erfahrungen wird in der Folge zeigen, ob im Hinblick
auf die dargestellten Themenschwerpunkte Optimierungspotential zu erkennen ist. In jedem
Fall tragen die gemeinsamen Anstrengungen aller Beteiligten dazu bei, die maritime Sicherheitspartnerschaft für die deutsche AWZ zu stärken.
74
8 Zusammenfassung
Rechtliche Rahmenbedingungen
Das deutsche Meeresgebiet ist nach dem Seerechtsübereinkommen in eine 12Seemeilenzone (Küstenmeer) sowie den darüber hinausgehenden Bereich, die auf 200
Seemeilen begrenzte „Ausschließliche Wirtschaftszone“ (AWZ; Funktionshoheitsraum) unterteilt. Für Offshore-Windparks im Küstenmeer bedeutet dies, dass sich die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Ausgestaltung der Rettungskette wie bei jedem Standort auf dem
Festland darstellen. Die Anwendung deutscher Gesetze in der AWZ ist jedoch aufgrund der
nur begrenzt bestehenden Hoheitsbefugnisse nicht zwingend gegeben und bedarf somit einer „Erstreckungsklausel“. Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) ist z. B. wesentlicher Ausgangspunkt für die Ausgestaltung der Rettungskette im Offshore-Windbereich. Dieses Gesetz findet grundsätzlich Anwendung bei Bau und Betrieb deutscher Offshore-Windparks im
Bereich des Küstenmeeres und in der deutschen AWZ. Zentrales Element im betrieblichen
Arbeitsschutz – auch im Hinblick auf die Rettungskette – ist die Gefährdungsbeurteilung,
welche der Arbeitgeber zu erstellen hat. In diesem Zusammenhang ist gemäß Arbeitsschutzgesetz, DGUV Vorschrift 1 und DGUV Regel 100-001 nicht nur für die Sicherheit und
Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit, sondern auch für die Bereitstellung der zur Ersten Hilfe und Evakuierung von Notfallpatienten erforderlichen Maßnahmen, Einrichtungen
und Sachmittel sowie Rettungsgeräte und Rettungstransportmittel Sorge zu tragen. Zudem
muss das erforderliche Personal zur Verfügung stehen, welches unverzüglich Erste Hilfe
leisten und eine ärztliche Versorgung veranlassen kann. Final maßgebend ist, dass der den
betrieblichen Rettungsdienst vorhaltende Unternehmer einen sachkundigen Rettungstransport durchführt.
Naturräumliche Rahmenbedingungen
Die naturräumlichen Rahmenbedingungen deutscher Offshore-Windparks stellen in Verbindung mit deren Entfernungen zur Küste im internationalen Vergleich eine besondere Herausforderung dar und sind somit mitentscheidend für den Erfolg der Notfallversorgung, der Rettung sowie der Beförderung des Patienten in eine geeignete landgebundene medizinische
Einrichtung. Entsprechend lange Anfahrts- bzw. Flugzeiten bei einem medizinischen Notfall
sind somit als kritisch anzusehen und bedürfen einer besonderen Berücksichtigung bei der
Gestaltung der Rettungskette. Zudem decken die einzelnen Offshore-Windparks aufgrund
der räumlichen Anordnung der Windenergieanlagen Gebiete von der Größe der Städte
Neumünster oder Wismar ab. Auch dieser Umstand ist bei den rettungstechnischen und logistischen Anforderungen zu berücksichtigen.
Technische und infrastrukturelle Rahmenbedingungen
Technische und infrastrukturelle Rahmenbedingungen spielen bei der Ausgestaltung der
Rettungskette eine wesentliche Rolle. So sind neben projektphasenspezifischen Aspekten im
Lebenszyklus eines Offshore-Windparks auch saisonale sowie ressourcen- und arbeitsumfeldspezifische Aspekte zu berücksichtigen. Während der Bauphase halten sich im Durchschnitt ca. 20 schwimmende Einheiten und rund 300 Mitarbeiter, zu Spitzenzeiten sogar
mehr als 400 Personen, gleichzeitig in einem einzelnen Windpark auf. Auch während der
Betriebsphase (überwiegend Sommermonate) werden zahlreiche Personen in kleinen Gruppen für Instandhaltungs- und Wartungsarbeiten in den Windparks tätig sein. Es ist davon
auszugehen, dass in der Betriebsphase der Offshore-Windparks nur begrenzte Ressourcen
in Bezug auf die Rettungskräfte sowie bezüglich der technischen und medizinischen Ausrüstung zur Verfügung stehen werden. Die Arbeiten auf Windenergieanlagen und anderen
Strukturen eines Offshore-Windparks finden teilweise in engen Räumlichkeiten, in Höhen
sowie an hochgelegenen und tiefgelegenen Arbeitsplätzen statt (z. B. Turmsegmente, Maschinenhaus, Rotorblätter, Außenanlagen, Gründungstrukturen). Diese sind mit spezifischen
Unfall- und Verletzungsgefährdungen verbunden, denen bei Eintreten eines medizinischen
Notfalls auch die Rettungskräfte im Rahmen der Notfallversorgung und der Patientenrettung
ausgesetzt sind. Für medizinische Notfälle wird die luftgestützte Rettung mittels Hubschrau75
ber favorisiert. Dieser unterliegt jedoch Limitationen, die durch Witterungsbedingungen,
Sichtverhältnisse, Konfiguration der Strukturen im Offshore-Windpark sowie die Größe des
Flugmusters bestimmt sind. Auch die wassergestützte Rettung durch Schiffe unterliegt technischen Limitationen. So ist vielen Schiffen das Anlegen an eine Windenergieanlage nicht
möglich, sondern es bedingt eine besondere Bauart des Schiffes und der Gründungsstruktur
der Anlage. Zudem können spezielle Methoden, wie z. B. das Ampelmann-System, zum Einsatz kommen, um einen notfallbedingten Personentransfer zu ermöglichen.
Rettungsrelevante Meeres- und Umweltbedingungen
Windrichtung und Wellenrichtung über der Nordsee liegen hauptsächlich in den westlichen
Sektoren (WSW bis WNW). Stürme treten überwiegend während der Herbst- und Wintermonate auf. Die signifikante Wellenhöhe der Deutschen Bucht liegt zu fast 90 % unter einer
Höhe von 3 m. Extremwellen in der deutschen Bucht erreichen Höhen von ca. 18 m. Teile
der westlichen Ostsee sind von wiederkehrender, winterlicher Meereisbildung betroffen.
Umwelt-Rettungs-Matrizen für den Hubschrauber- und Schiffseinsatz auf Basis der kritischen
Relevanz individueller Umweltfaktoren sollen zukünftig empirisch zeigen, bei welchen spezifischen Umweltbedingungen eine Rettung durchführbar erscheint. Derzeitige theoretische
Ableitungen hierzu zeigen, dass die Zahl der hoch kritisch relevanten Umweltparameter mit
der Annäherung des Rettungsszenarios an die Wasseroberfläche zunimmt. Die Luftrettung
von der Windenbetriebsfläche kann dagegen als eher unkritisch eingestuft werden. Die Annäherung der Rettung an die Wasseroberfläche birgt Gefahren bis hin zum potentiellen Verlust des Flugmusters. Bei der Luftrettung aus dem Turmfußbereich zeigen sich geteilte
Fachmeinungen zu deren Risiko und Durchführbarkeit. Hubschrauber- und Schiffsrettung
haben bei bestimmten Umweltfaktoren Robustheitsvorteile gegenüber der jeweils anderen
Rettungseinheit. Unter bestimmten Umweltbedingungen ist die Kombination der Einheiten
als sinnvoll zu erachten.
Retrospektive Analyse des Unfall- und Erkrankungsgeschehens
Eine vorläufige Auswertung von 319 medizinischen Vorfällen in deutschen OffshoreWindparks der Jahre 2008 bis 2012 zeigt 190 Verletzungen, 123 Erkrankungen und vier Todesfälle. Zwei medizinische Vorfälle konnten keiner Kategorie zugeordnet werden. In zwei
Drittel der Fälle trat das Errichterschiff als Unfall- und Erkrankungsort in den Vordergrund
(Bauphase). Nachgeordnet fanden die medizinischen Vorkommnisse auf Windenergieanlagen, sonstigen Schiffen und Umspannplattformen statt. Vornehmliche Akuterkrankungsbilder
waren Beschwerden der Atmungs- und Verdauungssysteme, nicht näher spezifizierte
Schmerz-Symptomatiken, Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems, Hautirritationen,
Schlafstörungen sowie weitere körperliche und psychische Befindlichkeitsstörungen. Durch
äußere mechanische Einflüsse („gestoßen an“, „getroffen von“, „geraten in“ etc.) bedingte
Unfälle standen mit ca. zwei Dritteln deutlich im Vordergrund, gefolgt von sogenannten SRSUnfällen (Stolpern/Rutschen/Stürzen) mit etwa einem Viertel. Quantitativ nachrangig folgten
Unfallereignisse mit elektrischem Hintergrund, Tauchunfälle, Gefahrstoffunfälle, thermisch
bedingte Unfälle und Absturzunfälle. Handwerksarbeiten, Versatz- und Verladearbeiten sowie die allgemeine Fortbewegung standen primär mit dem Unfallgeschehen in Verbindung.
Bei den Verletzungsarten traten vornehmlich Kontusionen, Distorsionen, Schnittwunden,
Augenverletzungen und Platzwunden auf. Nachrangig zeigten sich Verletzungen wie Knochenbruch, Verbrennung, Risswunde und Schürfwunde. Als verletzte Körperregionen waren
primär die unteren und oberen Extremitäten (vornehmlich Hand) sowie der Kopf betroffen.
Ähnliche Verteilungsmuster zeigen sich auch bei 39 ausgewerteten Luftrettungseinsätzen
der Jahre 2011 bis 2013 im Windpark BARD Offshore 1 (BO1). Hier lagen etwa hälftig Unfallverletzungen und zu ca. 40 % Akuterkrankungen vor. Die internistischen Fälle setzten
sich weit überwiegend aus kardiovaskulären und gastrointestinalen Erkrankungen zusammen. Die traumatologischen Notfälle hatten zu fast vier Fünftel eine auf mechanische Einflüsse zurückgehende Unfallart („gestoßen an“ etc.) als Hintergrund und setzten sich zu drei
Viertel aus Kontusionen, Platzwunden und Schnittwunden zusammen. Als verletzte Körperregionen traten die oberen und unteren Extremitäten mit fast zwei Drittel sowie der Gesichts76
und Schädelbereich (inklusive Auge) mit ca. einem Drittel in den Vordergrund. Als Körperteil
war die Hand zu einem Drittel prominent von Unfallverletzungen betroffen.
Prozesszeiten der betrieblichen Luftrettung BO1
Die mittlere Gesamt-Prozesszeit (Rettungsdauer) während der betrieblichen Luftrettung von
39 medizinischen Notfällen im Windpark BARD Offshore 1 (BO1) betrug bis zum Eintreffen
am Krankenhaus 175,3 Minuten. Nach dem Eingang des Notrufs an Land traf der Hubschrauber im Mittel nach 106,9 Minuten im Offshore-Windpark ein. In etwa zwei Drittel der
Rettungsfälle erreichte der Hubschrauber den Windpark innerhalb eines Zeitintervalls von 90
Minuten. Eine zukünftige Reduzierung dieser Zeit auf ≤60 Minuten kann durch verkürzte medizinisch-logistische Entscheidungsprozesse während der beiden ersten Intervalle der Rettungskette erreicht werden.
Zentrales Medizinisches Offshore-Register
Zur Evaluation und Optimierung einzelner Segmente der Rettungskette und vorhandener
Arbeitsschutzmaßnahmen wurde der Grundgedanke eines Registers (Zentrales Medizinisches Offshore Register, ZeMOR) entworfen. Damit soll den im Offshore-Windbereich tätigen Unternehmen erstmalig ein prospektives Instrument für eine detaillierte medizinischwissenschaftliche Dokumentation und Analyse von medizinischen Vorfällen im OffshoreWindbereich zur Verfügung stehen. Hierzu wurde ein Notfallmeldebogen entwickelt, der einen ersten Kerndatensatz relevanter Eingangsparameter für das Zentrale Medizinische
Offshore Register abbildet. Unter Verwendung etablierter Strukturen vom TraumaRegister
der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (TraumaRegister DGU) soll das Registerkonzept in der nächsten Stufe ausgebaut und somit in ein wissenschaftlich fundiertes Aufnahmesystem überführt werden. Die Anwendbarkeit und Plausibilität des Notfallmeldebogens
wurden im Rahmen einer ersten Pilotstudie (April bis September 2014) bestätigt. Während
der Pilotphase konnten 15 medizinische Notfälle ausgewertet werden. Der Anteil von luftgeretteten Unfallverletzten und Akuterkrankten war demnach gleich groß. Etwa drei Viertel der
geretteten Unfallverletzten erlittenen einen mechanisch bedingten Unfall („geraten in“, „gestoßen an“, etc.). Die Unfallverletzungen betrafen in Summe zu fast 90 % die Extremitäten
und den Kopf. Von den geretteten Akuterkrankten waren fast zwei Drittel der Personen von
gastrointestinalen und cardiovasculären Krankheiten betroffen. Teile der Unfall-, Verletzungs- und Akuterkrankungsdaten aus der ZeMOR Pilotphase weisen erkennbare Vergleichbarkeiten zur Studie der Luftrettung im Windpark Bard Offshore 1 auf.
Erste Hilfe
Die Maßnahmen der Ersten Hilfe dienen der Überbrückung der Zeit vom Auffinden der verletzten bzw. erkrankten Person bis zum Eintreffen professioneller (notfall-)medizinischer Rettungskräfte. Hierbei nehmen Offshore-Windparks eine besondere Stellung ein, da professionelle Rettungsteams aufgrund der Küstenentfernung und möglicherweise vorherrschender
Wetterbedingungen erst nach einer längeren Zeit eintreffen können. Eine Übersichtsanalyse
der Konzepte zur Ersten Hilfe im nationalen und internationalen Umfeld zeigt deutliche Unterschiede in Art und Umfang der Schulungsinhalte und -methoden. Dies gilt insbesondere
für zielgruppen- und gefährdungsspezifische Aspekte sowie für die auf der jeweiligen nationalen Ebene gültigen Regularien und vorherrschenden medizinischen Lehrmeinungen. Dennoch wird eine Grundkenntnis in Erster Hilfe sowie das regelmäßige Auffrischen dieser
Kenntnis für jede Person im Offshore-Bereich übergreifend empfohlen oder sogar verpflichtend vorgegeben. Insgesamt erscheint somit für den Offshore-Windbereich ein umfeldorientiertes und praxisbezogenes Schulungskonzept mit zweckmäßigen Lehrelementen und szenariobasierten Anwenderübungen in realistischer Umgebung unter telemedizinischer Begleitung das Mittel der Wahl.
Rettungsdienstliche Weiterversorgung
Bei der rettungsdienstlichen Weiterversorgung tritt professionell ausgebildetes Rettungsfachpersonal (Rettungsassistenten, Notfallsanitäter, Notärzte) am Offshore-Aufenthaltsort
des Patienten an die Seite der zunächst ersthelfenden qualifizierten Laien. Ein entsprechend
77
seetauglicher und vollständig ausgestatteter Hubschrauber stellt derzeit die Rettungseinheit
der Wahl dar. Dieser soll mit einer Rettungswinde ausgestattet sein, um dem rettungsdienstlichen Personal den Zugang zu einer Windenergieanlage zu ermöglichen. Im Falle widriger
Witterung (z. B. Seenebel) für den Hubschrauber sollte im Sinne eines redundanten Rettungsweges eine geeignete wassergebundene Rettungseinheit (Schiff) vorgehalten werden.
Die Rettung aus Offshore-Windparks gehört jedoch weder zu den satzungsgemäßen Aufgaben der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) noch zu den originären Aufgaben des SAR-Dienstes (Seach and Rescue). Daher sind der maritime Such- und
Rettungsdienst sowie die Seenotrettung von der rettungsdienstlichen Weiterversorgung in
Offshore-Windparks abzugrenzen. Die rettungsdienstliche Weiterversorgung in deutschen
Offshore-Windparks übernehmen gegenwärtig Organisationen, die bereits über Erfahrungen
in einem oder mehreren Teilaspekt(en) dieser speziellen Rettungskette verfügen. Notfallannahme sowie Disposition und Alarmierung der Rettungseinheit erfolgen derzeit durch drei
Notfallleitstellen. Zudem werden im Rahmen der staatlichen Daseinsvorsorge aktuell zwei
Offshore-Notfall-Reaktionsteams vorgehalten, die in besonderen Einsatzsituationen alarmiert
und zugeführt werden können.
78
9 Synthese und Ausblick
Synthese
Ziel des Forschungsprojekts war es, für die AWZ und die 12-sm-Zone der deutschen Nordund Ostsee eine wissenschaftliche Grundlage zur Konzeption, Evaluation und Weiterentwicklung der Rettungskette für Unfallverletzte und Akuterkrankte in Offshore-Windparks zu
erarbeiten. Dabei waren der vorhandene Rechtsrahmen sowie weitere rettungsrelevante
Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Ausgehend von den Ergebnissen der Projektarbeiten wurde ein mögliches operatives Handlungsmuster für eine in ihrer zeitlichen, logistischen
und technischen Funktionsweise optimierte Rettungskette für Notfallpatienten in deutschen
Offshore-Windparks abgeleitet (s. schematisches Schaubild Abb. 9.1).
Das Rettungsketten-Schema untergliedert sich dabei in 5 grundlegende Schritte vom Eintritt
des Notfalls bis zum Eintreffen des Patienten im Zielkrankenhaus. Wesentlich ist hierbei,
dass – neben der Überbrückung des therapiefreien Intervalls durch den entsprechend qualifizierten betrieblichen Ersthelfer-Offshore – in den ersten Gliedern der Rettungskette vom
Eintritt des Notfalls bis zum Eintreffen der professionellen Helfer am Notfallort direkte, unverzügliche und somit zeitsparende see- und landseitige Kommunikationswege implementiert
sind, so dass operative Rettungsvorbereitungen getroffen werden können. So kann gewährleistet werden, dass zeitnah professionelle medizinische Hilfe beim Offshore-Notfallpatienten
eintrifft.
Notfall, Sofortmaßnahmen, Notruf, Erste Hilfe (1)
Ein medizinischer Notfall in einem Offshore-Windpark, der das Auslösen der Rettungskette
initiiert, kann auf einer Plattform, einem Errichterschiff, einer Windenergieanlage, auf jedem
sonstigen Wasserfahrzeug sowie im Wasser eintreten (Abb. 9.1). Hinzu kommen potentielle
Notfälle im Zusammenhang mit Lufttransportmitteln bzw. den Rettungseinheiten selbst, deren Bewältigung allerdings unter die SAR-Aufgaben fällt und die somit in diesem Schema
nicht abgebildet sind.
Nach dem Eintritt eines Notfalls und der möglichen Rettung des Patienten aus einem Gefahrenbereich wird von dem anwesenden betrieblichen Ersthelfer-Offshore zunächst unverzüglich der Notruf an die landseitige Notfallleitstelle abgesetzt. Die Einleitung lebensunterstützender bzw. lebensrettender Sofortmaßnahmen durch den Ersthelfer muss je nach Schwere
des medizinischen Notfalls vor oder nach dem Absetzen des Notrufes erfolgen.
Anschließend leistet der Ersthelfer dem Patienten die notwendige weitere Erste Hilfe (Überbrückung therapiefreies Intervall). Diese wird durch die Telekonsultation des in der landseitigen Notfallleitstelle befindlichen Mediziners unterstützt bzw. begleitet und kann im Optimalfall
auch bereits bei den vorherigen Sofortmaßnahmen greifen.
Eingang Notruf, Disposition Rettungseinheit (2)
Infolge des bei der landseitigen Notfallleitstelle eingegangenen Notrufs sollte die für den jeweiligen Notfallort im Windpark geeignete Rettungseinheit alarmiert werden (Abb. 9.1), in
aller Regel ein (betrieblicher) Rettungshubschrauber. Diese Alarmierung soll unverzüglich
erfolgen. In Abstimmung mit der Notfallleitstelle leitet die Rettungseinheit (Rettungstransporthubschrauber (RTH/HEMS), Schiff; s. Einsatz Rettungseinheit (3)) die notwendigen Rettungsmaßnahmen sofort ein und führt diese gemäß der betrieblichen und vertraglich festgelegten Algorithmen unverzüglich durch. Bis zum Eintreffen der Rettungseinheit im OffshoreWindpark bzw. bis zur unmittelbaren Ankunft der professionellen Retter beim Patienten wird
die o. g. Telekonsultation zwischen betrieblichem Ersthelfer-Offshore und Telenotarzt in der
landseitigen Notfallleitstelle dauerhaft aufrechterhalten.
Die Ergebnisse der Untersuchung von Rettungseinsätzen im Windpark Bard Offshore 1 legen nahe, dass die größte Zeitersparnis im Rahmen der Gesamtrettungsdauer vor allem aus
einer Optimierung der ersten Melde- und Rettungskettenglieder resultieren kann. Die unverzügliche Einleitung, Abfolge und Ableistung der Schritte (1) und (2) sollte somit bei jedem
Notfalleinsatz geboten und einzuhalten sein.
79
Einsatz Rettungseinheit (3)
Je nach Notfalllage, Verfügbarkeit der Rettungseinheiten, Wetter- und Meeressituation sollte
bevorzugt ein RTH und ersatzweise (z. B. wetterbedingt) ein Schiff für die Rettung des Patienten disponiert und eingesetzt werden (Abb. 9.1). Der RTH startet in aller Regel vom Küstenstandort aus, während sich das Schiff bereits im Windpark befinden kann bzw. von außerhalb in den Windpark einfährt oder ebenfalls von seinem Küstenhafen aus startet.
Sollte eine Rettung des Notfallpatienten im Offshore-Windpark mittels Schiff erfolgen, jedoch
zeitgleich eine Luftrettungseinheit disponiert worden, ausgerückt oder bereits vor Ort sein,
kann die Kombination beider Rettungseinheiten im Sinne des Rendezvous-Verfahrens (Winden-Übernahme des Patienten vom Schiff in den RTH) außerhalb des Windparks sinnvoll
sein. In Abhängigkeit von den vorherrschenden Witterungsbedingungen (z. B. Seenebel) und
der Größe des eingesetzten Flugmusters im Verhältnis zu den räumlich-strukturellen Gegebenheiten im Windpark kann die Rollenverteilung zwischen Schiffs- und Luftrettungseinheit
zudem dahingehend abgestimmt werden, dass das Schiff als Rettungseinheit innerhalb des
Windparks und der RTH als Funk- und Radar-Relaisstation außerhalb des Windparks mit
anschließender Option zur Übernahme des Patienten im Rendezvous-Verfahren fungiert.
Medizinische Weiterversorgung, Rettung Patient (4)
Bei der medizinischen und rettungsdienstlichen Weiterversorgung des Notfallpatienten tritt
das mit dem Rettungsmittel am Notfallort eintreffende, professionell ausgebildete Rettungsfachpersonal (Rettungsassistenten, Notfallsanitäter, Notarzt) in Erscheinung. Der zuvor ersthelfende qualifizierte Laie (betrieblicher Ersthelfer-Offshore; Abb. 9.1) kann bei Bedarf oder
entsprechender Notwendigkeit in die Versorgungs- und Rettungsarbeiten eingebunden werden. Die eintreffende Rettungseinheit kann im Bedarfsfall auch ein Team zur speziellen Rettung aus Höhen und Tiefen umfassen.
Im Rahmen der Weiterversorgung auf der Offshore-Struktur gilt es, insbesondere beim Patientenzugang auf der Anlage sowie beim Abtransport des Patienten zum RTH versteckte
(potentielle) Zeitverluste infolge von Ortsunkenntnis oder baulichen Hindernissen zu erkennen, in die Planungen vor Ort mit einzubeziehen und zu minimieren bzw. zu verhindern.
Rücktransport, Ankunft Krankenhaus (5)
In aller Regel sollte der Rücktransport des Patienten zur Zielklinik aufgrund des Zeitvorteils
durch einen RTH erfolgen (Abb. 9.1).
In Sonderfällen (z. B. Dunkelheits- oder Nachtflugverbot, mangelnde Landemöglichkeiten am
Zielkrankenhaus, Übergabe des Patienten von Rettungseinheit Schiff an Landrettungskräfte)
kann der letzte Abschnitt der Transportstrecke des Patienten in das Zielkrankenhaus mittels
eines Rettungstransportwagens (RTW) und wenn notwendig in Begleitung eines Notarztes
erfolgen. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass weitere „Hidden Intervals“ bei Transport und Übergabe des Patienten, welche zu einer Verlängerung der Rettungsdauer führen,
vermieden bzw. zumindest erkannt und verkürzt werden sollten.
80
Abb. 9.1: Schematische Darstellung zur operativen Umsetzung der Rettungskette Offshore Wind in einzelnen
Schritten (1) - (5). Grundschema der Abbildung nach [219].
Ausblick
Angesichts des aktuell im bestehenden rechtlichen Gestaltungs- und Handlungsspielraum
funktionierenden
privaten
betrieblichen
Luftrettungsdienstes
(ADAC
Luftrettung
gGmbh/WIKING Helikopter Service GmbH, Deutsche Rettungsflugwacht, Northern HeliCopter GmbH) mit Unterstützung durch die Beteiligung der DGzRS sowie weiterer Schiffseinheiten kann auch in Zukunft die Funktionstüchtigkeit einer belastbaren Rettungskette Offshore
Wind auf operativer Ebene antizipiert werden. Die Analyse des bisherigen Unfall-, Verletzungs- und Akuterkrankungsgeschehens in Windparks der deutschen AWZ (Nordsee) zeigt,
dass betriebsübergreifend im Zeitraum zwischen 2008 und 2013 überwiegend leichte bis
mittlere Traumata und Akuterkrankungen auftraten. Dieser medizinische Umstand kann sich
jedoch in Zukunft infolge einer zunehmenden Zahl von Offshore-Arbeitenden dahingehend
verändern, dass zunehmend auch schwere Traumata und Akuterkrankungen eintreten können. Nicht zuletzt aus diesem Umstand heraus muss zukünftig eine vollumfängliche, weiterhin zuverlässige und vor allem in den zeitlichen Abläufen (z. B. primäre Meldekettenelemente, „Hidden Intervals“) belastbare Rettungskette Offshore Wind mit dem Einsatz von Luft- und
Schiffsrettungseinheiten unter der Disponierung eines einheitlichen Notfallleitstellensystems
vorgehalten und sichergestellt werden.
Zur nachhaltigen zeitlichen, logistischen und technischen Optimierung der Rettungskette soll
ein standardisiertes prospektives Erfassungsinstrument (ZeMOR; Zentrales Medizinisches
Offshore Register) für alle Unfälle, Unfallverletzungen und Akuterkrankungen im OffshoreBereich vorangetrieben werden. Das ZeMOR liefert somit nicht nur Daten zur kontinuierlichen Prozess(zeiten)optimierung der bestehenden Rettungskette, sondern im Wesentlichen
auch medizinische Daten zur Verbesserung der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes für Offshore-Mitarbeiter. Alle am ZeMOR beteiligen Betriebe, Betreiber und Rettungsdienstleister kommen zudem als Benefiziar in den Vorteil individueller, jährlicher statistischer Berichtslegungen sowie wissenschaftlicher Publikation zu den medizinischen Offshore-Notfällen.
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Literaturverzeichnis
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Herausforderungen für die Hafen- und Werftwirtschaft im Zuge der OffshoreWinenergieentwicklung. Analyse der Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE. Online im
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Zonencodierungsmodell. Bachelorarbeit, Fachhochschule Lübeck (University of Applied
Science), Fachbereich Maschinenbau und Wirtschaft
93
Anhang A: Notfallmeldebogen (Stand 01.04.2014)
94
95
Anhang B: Erste-Hilfe-Lehrgänge (national/international)
Bezeichnung
ErsthelferOffshore (DGUV)
Erste-Hilfe-Lehrgang
(DGUV)
Betriebssanitäter
(DGUV)
Sanitäter (DRK)
SAR-Ersthelfer
Stufe 1
SAR-Ersthelfer
Stufe 2
SAR-Ersthelfer
Stufe 3
Primärer
Geltungsbereich
Deutschland
Deutschland
Deutschland
Deutschland
Deutschland
Deutschland
Deutschland
Anwendungsbereich
Windbranche
(Offshore)
Allgemein
Allgemein
DRK Sanitätsdienst
SAR-Besatzung
(Offshore)
SAR-Besatzung
(Offshore)
SAR-Besatzung
(Offhsore)
Vorkurs als
Voraussetzung
EH-Lehrgang
Keiner
EH-Lehrgang
(DGUV) oder EHTraining
EH-Lehrgang oder Training
Keiner
SAR-Ersthelfer
Stufe 1
SAR-Ersthelfer
Stufe 1 und 2
Ausbildungsdauer
(in Tagen)
2
2
12 bis 15
6 Tage (3 WE)
2
1 bis 1½
n/a
Ausbildungsdauer
29
(in Stunden )
15 (= 20 UE)
12 (=12 UE)
71¼ (=95 UE)
Mind. 36 (= 48 UE)
12 (= 16 UE)
6 bis 7½
21
Refresher
Alle 2 Jahre oder
jährlich
Alle 2 Jahre oder jährlich
Alle drei Jahre
Alle zwei Jahre
Alle zwei Jahre
Alle zwei Jahre
Bei Bedarf
Refresher-/
Fortbildungsdauer
(in Stunden bzw.
Tagen)
6 Stunden (alle 2
Jahre) oder 3 Stunden (jährlich)
6 Stunden (alle 2 Jahre)
oder 3 Stunden(jährlich)
12 Stunden
16 Stunden
6 Stunden
6 bis 7½ Stunden
21 Stunden
BeschäftigtenRatio
Mind. 2 in Kleingruppen,
sonst 2/10
Bei 2 bis 20: 1
Bei > 20: 1/20 in Verw.und Handelsbetrieben bzw.
1/10 in sonst. Betrieben
Mind. 1 BS bei
> 1.500 (allgemein)
> 250 (speziell)
> 100 (Baustellen)
n/a
Alle
Alle
Freiwillig
Gültigkeit
(in Jahren)
n/a
2
3
2
2
2
n/a
Quelle(n)
[123, 149]
[13]
[13]
31
32
29
29
29
30
Um eine bessere Vergleichbarkeit auf internationaler Ebene zu erreichen, wurden die in Deutschland typischerweise verwendeten Unterrichtseinheiten (UE) in Zeitstunden umgerechnet (1 UE = ¾ Stunde) dargestellt.
30
not available (nicht verfügbar)
31
Deutsches Rotes Kreuz(DRK) (2010) Ordnung für Aus-, Fort- und Weiter-bildung im Deutschen Roten Kreuz, Teil: Sanitätsdienstausbildung. Online im Internet: URL:
http://www.drk-sh.de/fileadmin/media/Docs/LGS/Team_1/KBL/AO%20Sanit%C3%A4tsdienst%2029112010.PDF (Stand: 20.02.2015)
32
Petermann S (2010) SAR-Ersthelfer. Unveröffentlichtes Manuskript zum 3-Stufen-Konzept zur Sicherstellung der medizinischen Kenntnisse und Fertigkeiten freiwilliger sowie
festangestellter Besatzungmitglieder der DGzRS.
Bezeichnung
Emergency first aid
at work (EFAW)
First aid at work
(FAW)
Basic first-aid
training
Offshore firstaider
Basic Offshore First
Aid NOGEPA 2.2
NZQA
First Aid
FETAC Level 5 Occupational First Aid
Primärer
Geltungsbereich
UK
UK
UK
UK
Niederlande
Neuseeland
Irland
Anwendungsbereich
Allgemein
(Onshore)
Allgemein
(Onshore)
Öl&Gas
(Offshore)
Öl&Gas
(Offshore)
Öl&Gas
(Offshore)
Allgemein
Allgemein
Vorkurs als
Voraussetzung
Keiner
Keiner
Keiner
Keiner
Keiner
Ausbildungsdauer
(in Tagen)
Mind. 1
Mind. 3
Mind. 1
Mind. 4
4
1½ bzw. 1
3
Ausbildungsdauer
(in Stunden)
Mind. 6
Mind. 18
Mind. 6
Mind. 30
n/a
12 bzw. 8
24 (ohne Pausen)
Refresher
Innerhalb der Gültigkeit, jährlich empfohlen
Innerhalb der Gültigkeit, jährlich empfohlen
n/a
Innerhalb der
Gültigkeit
Innerhalb der Gültigkeit
Alle zwei Jahre
Alle zwei Jahre
Refresher-/
Fortbildungsdauer
(in Stunden bzw.
Tagen)
Mind. 1 Tag
Mind. 2 Tage
n/a
Mind. 2 Tage
2 Tage
Mind. 6
Stunden
Mind. 1 Tag
BeschäftigtenRatio
Gemäß Bedarfsanalyse (needs assessment), aber mind. 1
ab 25 Beschäftigten
Gemäß Bedarfsanalyse (needs assessment), aber mind. 1
ab 25 Beschäftigten
Alle
Gemäß Bedarfsanalyse, aber mind.
2 bei <25 Personen
Sobald bemannt:
mind. 2
n/a
Gem. Gefährdungsbeurteilung; sonst mind. 1 ab
50, 2. ab 150, einen
weiteren pro 150
Gültigkeit
(in Jahren)
3
3
n/a
3
2
2¼
2
26
33
27
34
35
36
37
Quelle(n)
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37
Health and Safety Authority (2008) Guidelines on First Aid at Places of Work. Stand: 2009. Online im Internet: URL:
http://www.hsa.ie/eng/Publications_and_Forms/Publications/Occupational_Health/Guidelines_on_First_Aid_at_Places_of_Work_2008.pdf (Stand: 19.02.2015)
Basic first aid
Standard first Aid
Advanced (wilderness) first aid
Marine basic
first aid
Marine advanced
first aid
First Aid (GWO BST
Module)
Primärer
Geltungsbereich
Kanada
Kanada
Kanada
Kanada
Kanada
Weltweit
Anwendungsbereich
Allgemein
(Onshore)
Allgemein
(Onshore)
Allgemein
(Onshore)
Marine/fishing
industries
Marine/fishing
industries
Windbranche
(On-/Offshore)
Vorkurs als
Voraussetzung
n/a
n/a
Standard first aid
(CPR Level C)
n/a
n/a
Keiner
Ausbildungsdauer
(in Tagen)
1
2
n/a
n/a
n/a
2
Ausbildungsdauer
(in Stunden)
6½-8
14-16
80
16
31
16 (mit Pausen)
Refresher
n/a
n/a
n/a
Refresher-/
Fortbildungsdauer
(in Stunden bzw.
Tagen))
4-6
6-8
40
n/a
n/a
8
BeschäftigtenRatio
Mind. 1 bei:
> 6 Arbeiter,
> 2 Arbeiter bei abgelegenen
Orten,
immer bei Hochspannungsarbeiten
Mind. 1 bei:
> 6 Arbeiter,
> 2 Arbeiter bei abgelegenen
Orten,
immer bei Hochspannungsarbeiten
n/a
n/a
n/a
Alle
Gültigkeit
(in Jahren)
3
3
3
3
3
2
38
35
35
39
40
41
Bezeichnung
Quelle(n)
38
Alle zwei Jahre
Canada (2015) Canada Occupational Health and Safety Regulations SOR/86-304. Online im Internet: URL: http://laws-lois.justice.gc.ca/PDF/SOR-86-304.pdf (Stand:
20.02.2015)
39
Canadian Red Cross (2014) Marine Basic First Aid. Online im Internet: URL: http://www.redcross.ca/what-we-do/first-aid-and-cpr/workplace-first-aid/workplace-first-aidcourses/marine-basic-first-aid (Stand: 20.02.2015)
40
Canadian Red Cross (2014) Marine Advanced First Aid. Online im Internet: URL: http://www.redcross.ca/what-we-do/first-aid-and-cpr/workplace-first-aid/workplace-first-aidcourses/marine-advanced-first-aid (Stand: 20.02.2015)
41
Global Wind Organisation (2014) GWO Standard – Basic Safety Training (BST (Onshore/Offshore). Version 6 vom 12.03.2014. Online im Internet: URL:
http://www.ewea.org/fileadmin/files/library/publications/position-papers/GWO_BST_Standard.pdf