Bilanzierung zum Verkauf stehender langfristiger Ver
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Bilanzierung zum Verkauf stehender langfristiger Ver
Kapitalmarktorientierte Rechnungslegung Henning Zülch / Achim Lienau Bilanzierung zum Verkauf stehender langfristiger Vermögenswerte sowie aufgegebener Geschäftsbereiche nach IFRS 5 Prof. Dr. Henning Zülch, Juniorprofessor für Unternehmensrechnung, insb. Internationale Rechnungslegung, Institut für Wirtschaftswissenschaft, Technische Universität Clausthal. Dipl.-Kfm. Achim Lienau, LL.M., Wissenschaftlicher Mitarbeiter von Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, Westfälische WilhelmsUniversität Münster. I. Einleitung Am 31. 3. 2004 veröffentlichte das International Accounting Standards Board (IASB) unter anderem1) den International Financial Reporting Standard (IFRS) 5 ¹Zum Verkauf stehende langfristige Vermögenswerte und aufgegebene Geschäftsbereicheª (Non-current Assets Held for Sale and Discontinued Operations). Der Standard regelt die Bilanzierung von Vermögenswerten, deren ausgewiesene Buchwerte grundsätzlich durch den Verkauf und nicht durch den betrieblichen Gebrauch realisiert werden, sowie die Bilanzierung von Gruppen dieser Vermögenswerte (sog. disposal groups). Überdies werden durch IFRS 5 die bisherigen Vorschriften für die notwendigen Angaben und Darstellungsformate bei der Aufgabe von Geschäftsbereichen nach IAS 35 (Discontinuing Operations) ersetzt2). Der Standard geht auf den am 24. 7. 2003 veröffentlichten Standardentwurf ED 43) zurück und ist das Ergebnis der gemeinsamen Bemühungen von IASB und FASB, divergierende Rechnungslegungsvorschriften in den beiden Rechnungslegungskreisen, die kurzfristig und isoliert von anderen umfangreichen Projekten erörtert werden können, einander anzugleichen (short term convergence project)4). Im Rahmen dieses Projekts überprüfen das IASB und das FASB ihre Vorschriften der Finanzberichterstattung auf Übereinstimmung und wählen die qualitativ hochwertigste Regelung als Basis der Konvergenzbemühungen aus. Mit dem neuen Standard nähert das IASB seine Regelungen zu diesem Bereich deutlich den U.S.-amerikanischen Vorschriften des SFAS 144 (Accounting for the Impairment or Disposal of Long-lived Assets) an. Das IASB hat mit der Verabschiedung von IFRS 5 ferner die Ausnahme in IAS 27 gestrichen, dass solche Tochterunternehmen nicht zu konsolidieren sind, die ausschlieûlich mit einer Weiterveräuûerungsabsicht erworben wurden. Diese Tochterunternehmen unterliegen ebenso wie assoziierte Unternehmen und Joint Ventures, die mit einer Weiterveräuûerungsabsicht erworben wurden, dem Anwendungsbereich des IFRS 55). Die neuen Regelungen sind von allen Unternehmen unabhängig von der Unternehmensgröûe und der Rechtsform anzuwenden und wirken sich auf die bilanzielle Darstellung durch die Einführung von neuen Bilanzposten und einer veränderten Gliederung der GuV aus. IFRS 5 ist zwingend ab dem 1. 1. 2005 anzuwenden. Eine frühzeitigere Anwendung wird empfohlen und ist unter der Voraussetzung zulässig, dass die notwendigen Bewertungen und anzugebenden Informationen vorliegen. 442 Im vorliegenden Beitrag wird zunächst die Bilanzierung von zum Verkauf stehenden Vermögenswerten sowie sog. disposal groups erläutert und im Anschluss die Bilanzierung der Aufgabe von Geschäftsbereichen vorgestellt sowie beispielhaft diskutiert. Daran anschlieûend folgt eine Analyse der unterschiedlichen Regelungen des SFAS 144 und des IFRS 5. Abschlieûend soll im Rahmen einer kritischen Würdigung versucht werden, die Frage zu beantworten, ob mit der Bilanzierung nach IFRS 5 das Ziel der IASB-Rechnungslegung erreicht wird, den Abschlussadressaten ein entscheidungsnützliches Bild von der wirtschaftlichen Lage des bilanzierenden Unternehmens zu vermitteln. II. Die Bilanzierung von zum Verkauf stehenden langfristigen Vermögenswerten oder disposal groups 1. Begriff und Ansatz Die Klassifizierungs- und Ausweisvorschriften des IFRS 5 sind auf alle langfristigen Vermögenswerte und disposal groups als Gesamtheit anzuwenden. Ein Vermögenswert wird als zum Verkauf gehalten (held for sale) eingestuft, wenn ein sofortiger Verkauf unter gewöhnlichen Umständen6) möglich und hoch wahrscheinlich (highly probable) ist, d.h.7), l das Management hat sich in einem Plan zum Verkauf verpflichtet, l eine aktive Käufersuche ist eingeleitet worden, l der angestrebte Verkaufspreis ist im Verhältnis zum Fair Value angemessen und l der tatsächliche Verkauf wird grundsätzlich innerhalb eines Zeitraumes von zwölf Monaten nach der Klassifizierung als held for sale erwartet. Dem Verkauf wird ein Tausch dann gleichgestellt, wenn dieser einen gewissen wirtschaftlichen Gehalt (commercial substance) i.S.v. 1) Neben IFRS 5 veröffentlichte das IASB zwei weitere Rechnungslegungsstandards am 31.3.2004: IFRS 3 (Business Combinations) und IFRS 4 (Insurance Contracts). 2) Vgl. IFRS 5.45. Zu den bisherigen Regelungen nach IAS 35 vgl. Wagenhofer, Internationale Rechnungslegungsstandards ± IAS/IFRS, 4. Aufl. 2003 S. 458 ff.; Thiel/Peters, BB 2003 S. 2000 f. 3) Vgl. zum ED 4 Thiel/Peters, BB 2003 S. 2001 ff.; Zülch, StuB 2003 S. 978 ff. 4) Vgl. IASB, Press Release vom 31.03.2004, www.iasb.org. Zum aktuellen Stand des short term convergence project vgl. Ebenso Zülch/Willms, StuB 2004 S. 561 f. 5) Vgl. IAS 27.12 i.V. m. IAS 27.BC14, IAS 28.13 (a) sowie IAS 31.42. 6) Vgl. hierfür beispielhaft die angemessenen Transaktionsumstände bei der Zeitwertbewertung von Investment Properties in Zülch, Die Bilanzierung von Investment Properties nach IAS 40, 2003, S.178 ff. 7) Vgl. IFRS 5.6-.8. KoR 11/2004 Beispiel: Die Kühlhaus AG plant, ihr einziges Kühlhaus in Finnland zu veräuûern, und hat das Kühlhaus als held for sale eingestuft. Wider Erwarten erhält sie in Finnland eine Lieferung mit 4000 Tonnen Lachshälften minderer Qualität von einem Lieferanten, gegenüber dem sie eine Lagerverpflichtung bis zu zwei Jahren hat. Aufgrund der geringen Marge im Lagergeschäft und der groûen Menge sieht die Kühlhaus AG davon ab, den Fisch bei einem finnischen Konkurrenten kostenpflichtig zu lagern. Ein Käufer, der die Lachshälften zur Lagerung mit übernimmt, ist nicht zu finden. Da ein sofortiger Verkauf des Kühlhauses nicht mehr möglich ist, darf der Vermögenswert nicht als held for sale eingestuft bleiben. KoR 11/2004 Kapitalmarktorientierte Rechnungslegung IAS 16 aufweist8). Von wirtschaftlichem Gehalt wird in diesem Zusammenhang gesprochen, wenn der erworbene Vermögenswert für das bilanzierende Unternehmen einen wahrnehmbaren Nutzen erbringt. Gemäû IAS 16.25 liegt ein wahrnehmbarer Nutzen für das bilanzierende Unternehmen dann vor, wenn die künftigen Zahlungsmittelströme (Cash-flows) aus dem erhaltenen Vermögenswert sich in Wahrscheinlichkeit, zeitlicher Verteilung und Höhe von denen aus dem hingegebenen Vermögenswert unterscheiden. Weiterhin kann von einem wahrnehmbaren Nutzen gesprochen werden, wenn sich der unternehmensspezifische Wert (entityspecific value)9) des vom Tausch betroffenen Unternehmensbereichs durch den Tauschvorgang verändert. In beiden Fällen müssen die genannten Abweichungen bzw. ¾nderungen wesentlich im Verhältnis zu den Fair Values der getauschten Vermögenswerte sein. Ist letztere Voraussetzung i.V. m. einer der erstgenannten Voraussetzungen erfüllt, ist der Tauschvorgang mit wahrnehmbarem Nutzen für das bilanzierende Unternehmen verbunden, und der Tausch wird einem Verkauf gleichgestellt. Werden die Vorraussetzungen zur Einstufung als held for sale erst nach dem Bilanzstichtag aber vor der Erstellung des IFRS-Abschlusses erfüllt, so sind die Vermögenswerte nicht i.S. einer Wertaufhellung als held for sale auszuweisen, über die Tatsache ist indes im Anhang zu berichten10). IFRS 5 ist damit erst dann anzuwenden, wenn die Pläne zur Veräuûerung des Vermögenswertes weit vorangeschritten sind und die finanziellen Auswirkungen der Veräuûerung zuverlässig geschätzt werden können. Besteht lediglich eine bloûe Veräuûerungsabsicht, ohne dass der Vermögenswert vom Management eindeutig zur Aufgabe bestimmt wurde und eine konkrete Veräuûerung bevorsteht, sind die während der betrieblichen Nutzung angewendeten Standards (z.B. IAS 16 oder IAS 39) weiterhin anzuwenden. Diese Vorgehensweise verdeutlicht Abb. 1. Ist der sofortige Verkauf nicht möglich, da für die zu veräuûernden Vermögenswerte ein adäquater Ersatz betrieblich zwingend benötigt wird und noch nicht angeschafft ist, so darf der Vermögenswert zu diesem Zeitpunkt nicht als held for sale eingestuft werden11). Der Verkauf darf nicht lediglich möglich oder wahrscheinlich sein (probable, i.e. more likely than not); die Wahrscheinlichkeit muss vielmehr 50% deutlich übersteigen12). Abb. 1: Anwendungsbereich des IFRS 5 Wird der Verkauf der Vermögenswerte erst nach zwölf Monaten erwartet, ist ein Ausweis als held for sale nur in dem Fall zulässig, in dem die Verzögerung auf Umständen beruht, die das bilanzierende Unternehmen nicht beeinflussen kann und ausreichende Hinweise dafür vorliegen, dass das bilanzierende Unternehmen am bisherigen Verkaufsplan weiterhin festhält13). Wird ein Vermögenswert bereits mit einer Weiterveräuûerungsabsicht erworben, ist ein Ausweis als held for sale nur dann zulässig, wenn der tatsächliche Verkauf regelmäûig innerhalb von zwölf Monaten erwartet werden kann und die übrigen oben genannten Kriterien mit hoher Wahrscheinlichkeit kurze Zeit nach dem Kauf (i.d.R. innerhalb von drei Monaten) vorliegen werden14). Plant das Management, langfristige Vermögenswerte stillzulegen oder zu verschrotten, so fallen diese Vermögenswerte nicht unter die Definition des held for sale, da der Buchwert des Vermögenswerts grundsätzlich durch die betriebliche Tätigkeit und nicht durch den Verkauf realisiert wird. Ggf. sind diese stillzulegenden oder zu verschrottenden Vermögenswerte indes als discontinued operation auszuweisen15). Die Regelungen des IFRS 5 sind ± wie bereits festgestellt wurde ± nur auf langfristige Vermögenswerte anzuwenden16). Gem. IAS 1.57-.59 sind Vermögenswerte vor allem ± im Rahmen einer Negativabgrenzung zu kurzfristigen Vermögenswerten ± dann als langfristig zu klassifizieren, wenn sie nicht im Rahmen des gewöhnlichen Geschäftszyklus realisiert werden oder zum Verkauf innerhalb dieses Zeitraums gehalten werden. Ein Verkauf darf grundsätzlich nicht innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten erfolgen. Folglich entsteht ein Konflikt zwischen den Regelungen des IAS 1 und des IFRS 5, da die Regelungen des IFRS 5 nur auf langfristige Vermögenswerte 8) Vgl. IFRS 5.6 i.V. m. IFRS 5.BC26. So heiût es in IFRS 5.BC26: ¹Consistently with IAS 16, the IFRS treats an exchange of assets as a disposal and acquisition of assets unless the exchange has no commercial substance.ª 9) Der unternehmensspezifische Wert (entity-specific value) wird nach IAS 16.6 definiert als der Barwert der Zahlungsmittelströme, die ein Unternehmen aus der kontinuierlichen Nutzung eines Vermögenswertes und seiner Veräuûerung am Ende der Nutzungsdauer oder aus der Begleichung einer Schuld erwartet. Dieser Wert ist ähnlich dem Nutzungswert (value in use) in IAS 36 (IAS 36.6). 10) Vgl. IFRS 5.12. 11) Vgl. IASB, Implementation Guidance des IFRS 5, London 2004 S. 4 f. 12) Vgl. IFRS 5 Appendix A sowie IASB, Implementation Guidance des IFRS 5, London 2004 S. 4 f.; Thiel/Peters, BB 2003 S. 2002. 13) Vgl. IFRS 5.9 sowie den Anhang B zu IFRS 5. 14) Vgl. IFRS 5.11. 15) Vgl. IFRS 5.13 sowie Abschnitt III.1. 16) Vgl. IFRS 5.2. 443 Kapitalmarktorientierte Rechnungslegung anzuwenden sind, die innerhalb von grundsätzlich zwölf Monaten veräuûert werden sollen. Diese Vermögenswerte wären nach IAS 1 als kurzfristig einzustufen, so dass IFRS 5 nicht greifen würde. Diesem Konflikt begegnet IFRS 5, indem langfristig genutzte Vermögenswerte bei einer Veräuûerungsabsicht in ihrem letzten Nutzungsjahr nicht in die kurzfristigen Vermögenswerte umklassifiziert werden dürfen. Ebenso werden Vermögenswerte, die bei einem normalen betrieblichen Einsatz gemäû IAS 1 als langfristig eingestuft würden, bei einem Erwerb mit Weiterveräuûerungsabsicht als held for sale eingestuft17). Die Neuregelung des IFRS 5 geht somit der grundlegenden Regelung des IAS 1 bzgl. der Kategorisierung von Vermögenswerten vor. Neben einzelnen aufzugebenden Vermögenswerten regelt IFRS 5 die Bilanzierung einer Gruppe aufzugebender Vermögenswerte, einer sog. disposal group. Als disposal group wird nach IFRS 5 eine Gruppe von Vermögenswerten und ggf. Schulden definiert, die gemeinsam in einer einheitlichen Transaktion veräuûert werden sollen und mindestens einen langfristigen Vermögenswert umfassen, der in den Anwendungsbereich des IFRS 5 fällt. Eine disposal group kann einen derivativen Goodwill umfassen, wenn die disposal group eine zahlungsmittelgenerierende Einheit (cash generating unit) ist, der ein Goodwill nach den Regelungen des IAS 36.80-.87 (rev. 2004) zugewiesen wurde. Die Regelungen des IFRS 5 sind dann auf alle Vermögenswerte und Schulden dieser disposal group anzuwenden und damit auch auf den Goodwill. Eine cash generating unit wird als die kleinste identifizierbare Gruppe von Vermögenswerten definiert, die Mittelzuflüsse erzeugen und weitestgehend unabhängig von den Mittelzuflüssen anderer Vermögenswerte oder Gruppen von Vermögenswerten sind18). Dabei kann eine disposal group aus einer, mehreren oder lediglich einem Teil einer cash generating unit entstehen. Waren die Vermögenswerte und ggf. die Schulden der disposal group bislang lediglich ein Teil einer cash generating unit, so wird die disposal group durch die Klassifizierung als held for sale eine separate cash generating unit, da ihre Cash-flows künftig aus dem Verkauf der disposal group unabhängig von der übrigen betrieblichen Tätigkeit resultieren werden19). 2. Bewertung a) Bewertung zum Bilanzstichtag bei Klassifikation als held for sale Die zum Verkauf stehenden langfristigen Vermögenswerte bzw. die disposal groups sind im Zugangszeitpunkt zu der Kategorie held for sale mit dem niedrigeren Wert aus dem Buchwert bzw. der Summe der Buchwerte (carrying amount) unmittelbar vor der Einstufung als held for sale nach den bisher anzuwendenden Bewertungsvorschriften der IFRS und dem am Stichtag neu ermittelten Fair Value abzüglich entstehender Verkaufskosten (fair value less cost to sell) zu bewerten20) (vgl. auch Abb. 2). Eine planmäûige Abschreibung des zum Verkauf stehenden langfristigen Vermögenswerts bzw. der langfristigen Vermögenswerte einer disposal group unterbleibt nunmehr. 444 Bewertung einer disposal group = min {carrying amount; fair value less costs to sell} Abb. 2: Bewertung einer disposal group Die Veräuûerungskosten umfassen dabei diejenigen Kosten, die dem Vermögenswert oder der disposal group direkt zugerechnet werden können, mit der Ausnahme der Finanzierungskosten und der Ertragsteueraufwendungen21). Wird der Verkauf des langfristigen Vermögenswerts oder der disposal group erst nach zwölf Monaten erwartet, so ist der Barwert der künftigen Verkaufskosten vom Fair Value abzuziehen. Erhöht sich der Barwert der künftigen Verkaufskosten, so ist dies erfolgsmindernd in der GuV auszuweisen22). Die Bewertungsregeln des IFRS 5 sind auf alle Vermögenswerte, die als held for sale klassifiziert wurden, und auf alle disposal groups als Gesamtheit anzuwenden. Ausnahme sind23): l aktivische latente Steuern gem. IAS 12, l Vermögenswerte i.S.d. IAS 19, die aus Leistungen an Arbeitnehmern resultieren, l finanzielle Vermögenswerte i.S.d. IAS 39, l langfristige Vermögenswerte, die nach den Fair Value-Bewertungsvorschriften des IAS 40 oder IAS 41 bewertet werden sowie l Rechte aus Versicherungsverträgen i.S.d. IFRS 4. Das IASB hat damit nur solche Vermögenswerte von den Bewertungsvorschriften des IFRS 5 ausgenommen, die ohnehin einer erfolgswirksamen Neubewertung zum Fair Value unterliegen bzw. bei denen besondere Schwierigkeiten bestehen, den Fair Value abzüglich Verkaufskosten zu bestimmen wie im Fall der latenten Steuern24). Die oben genannten Vermögenswerte sind lediglich von den Bewertungsvorschriften des IFRS 5 ausgenommen, die Klassifikationskriterien als held for sale sowie die Ausweisvorschriften gelten allerdings für alle Vermögenswerte ± also auch für die oben angeführten25). Die Bewertung der von der IFRS 5-Regelbewertung ausgenommenen Vermögenswerte erfolgt weiterhin nach den bisher angewendeten IFRS, auch wenn diese Vermögenswerte Teil einer disposal group sind. Indes ist die disposal group als Gesamtheit gem. IFRS 5 zu bewerten. Bei der Bewertung einer disposal group sind die nachfolgend angeführten Schritte zu durchlaufen: 1. Der Buchwert eines Vermögenswerts, der nicht separat als held for sale eingestuft wurde und damit nicht unter die speziellen Bewertungsvorschriften des IFRS 5 fällt, ist zum Zeitpunkt der Klassifikation zunächst nach den bisher angewendeten IFRS (z.B. 17) 18) 19) 20) 21) 22) 23) 24) Vgl. IFRS 5.3 i.V. m. IFRS 5.11. Vgl. IFRS 5 Appendix A. Vgl. IFRS 5.4. Vgl. IFRS 5.15. Vgl. dazu den Anhang A des IFRS 5. Vgl. IFRS 5.17. Vgl. IFRS 5.5. Vgl. IASB, Basis for Conclusions des IFRS 5, 2004 Rdn. 13. Zu den Schwierigkeiten der Diskontierung latenter Steuern vgl. ferner Loitz/Rössel, DB 2002 S. 650 f. 25) Vgl. dazu die Ausführungen in IASB, Basis for Conclusions zu IFRS 5, 2004 Rdn. 13. KoR 11/2004 3. 4. 5. Beispiel31): Die A AG plant den Verkauf mehrerer zusammenhängender Vermögenswerte. Die Vermögenswerte dieser disposal group werden wie in Abb. 3 dargestellt bewertet. Die A AG realisiert den Abwertungsbedarf i.H.v. 1000 E (20 000 E ± 19 000 E) unmittelbar vor der Klassifikation der disposal group als held for sale. Das UnKoR 11/2004 Buchwert am Bilanzstichtag vor der Klassifikation als held for sale in E Goodwill Buchwert am Bilanzstichtag nach Neubewertung unmittelbar vor der Klassifikation als held for sale in E 2 000 2 000 Sachanlagevermögen (bewertet zum Fair Value) 10 600 10 000 Sachanlagevermögen (bewertet zu historischen Kosten) 5 000 5 000 Vorräte 2 400 2 000 Summe 20 000 19 000 Abb. 3: Vermögenswerte der disposal group Zugeordneter Betrag des Abwertungsbedarfs in E Goodwill Buchwert nach der Zuordnung des Abwertungsbedarfs in E 2 000 0 Sachanlagevermögen (bewertet zum Fair Value) 400 9 600 Sachanlagevermögen (bewertet zu historischen Kosten) 200 4 800 0 2 000 2 600 16 400 Vorräte Summe Abb. 4: Verteilung des Abwertungsbedarfs ternehmen schätzt den Fair Value abzüglich voraussichtlich noch entstehender Verkaufskosten der disposal group auf 16 400 E. Da das Unternehmen die disposal group mit dem niedrigeren Wert aus der Summe der Buchwerte nach den bisher anzuwendenden Bewertungsvorschriften der IFRS und dem am Stichtag neu ermittelten Fair Value abzüglich voraussichtlich noch entstehender Verkaufskosten zu bewerten hat, muss die A AG einen Abwertungsbedarf (impairment loss) i.H.v. 2600 E (19 000 E ± 16 400 E) erfassen. Der Abwertungsbedarf ist auf die langfristigen Vermögenswerte zu verteilen, die nach den Bewertungsvorschriften des IFRS 5 zu bilanzieren sind. Folglich ist der Abwertungsbetrag nicht anteilig den Vorräten zuzuweisen. Der Abwertungsbetrag ist gemäû den Zuordnungsregeln des IAS 36.104 (a) und (b) und IAS 36.122 (rev. 2004) zu verteilen, d.h. zunächst auf den Goodwill und anschlieûend im Verhältnis der Buchwerte auf die Vermögenswerte des Sachanlagevermögens (vgl. Abb. 4). Als held for sale eingestufte Vermögenswerte sind in der Folgebewertung ± sofern sich ihr Verkauf aus nicht vom Unternehmen beeinflussbaren Gründen verzögert und eine Einstufung als held for sale damit unzweifelhaft bleibt32) ± nicht planmäûig abzuschreiben, da der Fair Value abzüglich noch entstehender Verkaufskosten für zu veräuûernde Vermögens26) Vgl. IFRS 5.18. 27) Vgl. IFRS 5.25. 28) Vgl. IFRS 5.20 und 5.23. Das IASB strebt hiermit eine einheitliche Vorgehensweise in IFRS 5 und IAS 36 an und nimmt eine unterschiedliche Vorgehensweise im Vergleich zu SFAS 144 in Kauf, vgl. dazu IASB, Basis for Conclusions des IFRS 5, London 2004 Rdn. 41. 29) Vgl. IFRS 5.23 i.V.m. IAS 36.122 (rev. 2004); KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft (Hrsg.), IFRS Aktuell, 2004, S. 195. 30) Vgl. IFRS 5.37. 31) Vgl. IASB, Implementation Guidance des IFRS 5, 2004 S. 9 f. 32) Vgl. IFRS 5.9. 445 Kapitalmarktorientierte Rechnungslegung 2. IAS 16) zu bestimmen und deren Veränderung dementsprechend in der Bilanz und GuV auszuweisen26). Die Vermögenswerte, die auch als einzelner Vermögenswert als held for sale eingestuft wurden, sind nicht mehr planmäûig abzuschreiben. Zinsen und andere Aufwendungen von Verbindlichkeiten, die Teil einer disposal group sind, müssen indes unverändert bilanziert werden27). Für die gesamte disposal group ist der niedrigere Wert aus dem Buchwert (carrying amount) bzw. der Summe der Buchwerte nach den bisher anzuwendenden Bewertungsvorschriften der IFRS und dem am Abschluss-Stichtag neu ermittelten Fair Value abzüglich voraussichtlich noch entstehender Verkaufskosten (fair value less costs to sell) zu bestimmen. Ist der fair value less costs to sell geringer als der carrying amount der disposal group, so entsteht ein Abwertungsbedarf in Höhe der identifizierten negativen Differenz zwischen carrying amount und fair value less costs to sell (impairment loss). Dieser Betrag ist auf die langfristigen Vermögenswerte, die unter IFRS 5 fallen, gemäû den Zuordnungsregeln des IAS 36.104 (a) und (b) und IAS 36.122 (rev. 2004) zu verteilen, d.h., abweichend von den Regelungen des ED 4, zunächst auf den Goodwill und anschlieûend im Verhältnis der Buchwerte auf die übrigen langfristigen Vermögenswerte28). Der Abwertungsbetrag ist als Aufwand in der GuV, und zwar innerhalb des Periodenerfolges aus fortgeführten Geschäftsbereichen (profit or loss from continuing operations), auszuweisen, wenn er auf Vermögenswerte entfällt, die als held for sale eingestuft wurden oder die bereits vor der Klassifikation nach IFRS 5 erfolgswirksam zu Fair Values bewertet wurden. Wird für einen unter IFRS 5 fallenden langfristigen Vermögenswert eine Werterhöhung über den bisherigen Buchwert festgestellt, so ist diese Werterhöhung dem Vermögenswert maximal in der Höhe zuzuschreiben, in der zuvor gemäû IFRS 5 oder in vergangenen Perioden gemäû IAS 36 ein impairment loss als Aufwand bilanziert wurde. Nach den Regelungen des IAS 36 ist der Goodwill nicht im Wert aufzuholen29). Die Werterhöhungen einer diposal group dürfen demnach im Fall einer Umkehr eines impairment loss nur den einzelnen als held for sale eingestuften Vermögenswerten zugewiesen werden. Die Erträge aus den Zuschreibungen sind wie der Wertminderungsaufwand im Periodenerfolg aus fortgeführten Geschäftsbereichen auszuweisen, wenn es sich nicht um eine discontinued operation handelt30). Kapitalmarktorientierte Rechnungslegung 3. Ausweis und Anhangangaben Buchwerte nach der Klassifikation als held for sale disposal group I Betrag in E Sachanlagevermögen Als Finanzinvestition gehaltene Immobilien Schulden Nettobuchwert der disposal group disposal group II Betrag in E 7500* 300 ±2900 4900 1500 700 ±1100 1100 * Ein Betrag i.H.v. 200 E wurde im Zusammenhang mit der Bewertung dieser Vermögenswerte direkt im Eigenkapital erfasst. Abb. 5: Zusammensetzung der disposal groups werte als der relevante Wertmaûstab erachtet wird33). Ein durch planmäûige Abschreibung gemäû den individuellen betrieblichen Gegebenheiten bestimmter Buchwert ist nicht entscheidungsrelevant, da die Realisierung des Buchwertes nicht von den künftigen betrieblichen Gegebenheiten, sondern von dem Veräuûerungserlös abhängt. Wertminderungen werden gemäû IFRS 5 erfolgswirksam erfasst, während Werterhöhungen gemäû den Regelungen des IAS 36 grundsätzlich nur dann erfolgswirksam erfasst werden, wenn diese eine vorangegangene erfolgswirksame auûerplanmäûige Abschreibung umkehren. Innerhalb einer disposal group sind die Vermögenswerte, die einzeln betrachtet nicht als held for sale klassifiziert wurden, gemäû den bisher angewendeten IFRS zu bewerten, sodass sich der Buchwert der disposal group als Gesamtheit ändern kann. Anschlieûend ist die gesamte disposal group zu bewerten. Wertveränderungen sind gemäû den Regelungen des IAS 36 den als held for sale klassifizierten langfristigen Vermögenswerten zuzuordnen34). b) Bewertung zum Bilanzstichtag bei einer Reklassifikation Wird die Veräuûerungsabsicht aufgegeben oder werden die Einstufungskriterien nicht mehr kumulativ erfüllt, so sind die bisher als held for sale klassifizierten Vermögenswerte und Schulden nicht mehr als held for sale auszuweisen und zu bewerten. Die Vermögenswerte und Schulden sind dann zu dem niedrigeren Betrag aus l den fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die sich ergeben hätten, wenn der Vermögenswert niemals nach IFRS 5 bewertet worden wäre, und l dem am Stichtag erzielbaren Betrag i.S. von IAS 36, d.h. dem höheren Wert aus dem Fair Value abzüglich voraussichtlich entstehender Verkaufskosten (fair value less costs to sell) und dem Nutzungswert (value in use), zu bewerten35). Erfüllt ein Vermögenswert einer disposal group nicht mehr die Klassifikationskriterien als held for sale, so sind die übrigen Vermögenswerte weiterhin als disposal group zu behandeln, wenn die Anforderungen an eine disposal group kumulativ erfüllt sind. Andernfalls sind die einzelnen Vermögenswerte isoliert zu behandeln, d.h. als held for sale zu bilanzieren oder ebenfalls einer Reklassifizierung zu unterwerfen36). 446 Das bilanzierende Unternehmen hat in seinem IFRS-Abschluss sämtliche Informationen bereitzustellen, die die Abschlussadressaten dazu befähigen, die finanziellen Auswirkungen des Verkaufs einzelner Vermögenswerte oder einer disposal group abzuschätzen37). Langfristige Vermögenswerte und Schulden, die als held for sale eingestuft wurden, sind gesondert und unsaldiert in der Bilanz auszuweisen und im Anhang zu beschreiben38). Wurde eine disposal group nach IFRS 5 bilanziert, so sind neben den als held for sale eingestuften Vermögenswerten auch alle übrigen zur disposal group gehörenden Vermögenswerte (inkl. kurzfristiger Vermögenswerte) sowie ggf. damit in Zusammenhang stehende Schulden gesondert und unsaldiert in der Bilanz auszuweisen. Die Hauptklassen (major classes) der als held for sale eingestuften Vermögenswerte und Schulden, ggf. inkl. passivischer latenter Steuern39), sind in der Bilanz oder im Anhang anzugeben und zu beschreiben. Ausgenommen von der Erläuterungspflicht der Hauptklassen ist ein mit Veräuûerungsabsicht erworbenes Tochterunternehmen40). Wurden Beträge direkt dem Eigenkapital zugerechnet (z.B. durch Einstellung in eine Neubewertungsrücklage), sind diese, im Unterschied zu ED 4, separat anzugeben. Das bilanzierende Unternehmen hat für die im aktuellen Geschäftsjahr erstmalig nach IFRS 5 bilanzierten Vermögenswerte und ggf. Schulden die in der vorangegangenen Berichtsperiode auf Basis der einschlägigen IFRS ausgewiesenen Werte nicht zu verändern und diese Werte als Vorjahresangaben unverändert zu übernehmen. Für Vorjahre ist demnach keine Umklassifizierung vorzunehmen41). Beispiel42): Die A AG plant am Ende des Jahres 2005, einen Geschäftsbereich zu veräuûern, der aus zwei separaten Teileinheiten besteht, die jeweils eine disposal group klassifiziert als held for sale i.S.d. IFRS 5 bilden. Abb. 5 zeigt die Zusammensetzung der disposal groups. Abb. 6 auf S. 447 zeigt die bilanzielle Darstellung der Aufgabe des Geschäftsbereichs nach IFRS 5. Zusätzlich zu den oben genannten Ausweisbestimmungen sind Informationen über langfristige Vermögenswerte (oder disposal groups) der ªheld for saleª-Kategorie zu dem Zeitpunkt zu präsentieren, in dem diese erstmalig als solche eingestuft oder veräuûert wurden43): l Der Vermögenswert (oder die disposal group) muss beschrieben werden. l Die Tatsachen und Umstände einer etwaigen Veräuûerung (z.B. asset deal oder spin off) 33) 34) 35) 36) 37) 38) 39) 40) 41) 42) 43) Vgl. IFRS 5.25. Vgl. IFRS 5.20-.23. Vgl. IFRS 5.26-.27. Vgl. IFRS 5.29. Vgl. IFRS 5.30. Vgl. IFRS 5.38 und IAS 1.68A(a). Vgl. zur Bedeutung passivischer latenter Steuern für die Fair Value-Bilanzierung Zülch/Lienau, WPg 2004 S. 565 ff. Vgl. IFRS 5.38 f.; zu den entsprechenden Regelungen des ED 4 vgl. Küting/Kessler/Wirth, KoR 2003 S. 535 ff. Vgl. IFRS 5.40. Vgl. IASB, Implementation Guidance des IFRS 5, 2004 S. 12. Vgl. IFRS 5.41. KoR 11/2004 Kapitalmarktorientierte Rechnungslegung Bilanz der A AG zum 31. 12. 2005 2005 in E 2004 in E Langfristige Vermögenswerte ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... Minderheitenanteile 130 000 ... ... Neubewertungsrücklage zur Veräuûerung bestimmter langfristiger Vermögenswerte 115 000 Gesamtes Eigenkapital Kurzfristige Vermögenswerte ... ... 200 ... ... ± ... ... 62 900 60 600 ... ... 110 000 102 500 ... ... 27 100 18 900 Langfristige Verbindlichkeiten ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... Kurzfristige Verbindlichkeiten ... ... ... ... 64 000 Aktiva 2004 in E Mehrheitsgesellschafter EK ... ... ... ... Zur Veräuûerung bestimmte langfristige Vermögenswerte 2005 in E 10 000 204 000 67 000 Verbindlichkeiten direkt zur Veräuûerung ± bestimmter langfristiger Vermögenswerte 182 000 4 000 ± 204 000 182 000 Abb. 6: Bilanzielle Darstellung der Aufgabe eines Geschäftsbereichs nach IFRS 5 sind darzulegen bzw. die Tatsachen und Umstände, die zur Entscheidung über eine geplante Veräuûerung führten, sowie die erwartete Art der Veräuûerung und deren zeitliches Anfallen sind offen zu legen. l Erfolgsbeiträge aus der Wertminderung von Bestandteilen einer disposal group gem. IFRS 5.23 und aus Zuschreibungen gem. IFRS 5.22 sind zu berichten. l Sofern anwendbar, ist zudem das Segment anzugeben, unter dem der langfristige Vermögenswert (oder die disposal group) im Segmentbericht nach IAS 14 (Segment Reporting) ausgewiesen wird. Hat das bilanzierende Unternehmen Vermögenswerte, die in der vergangenen Periode nach IFRS 5 bilanziert wurden, reklassifiziert und diese nun nicht mehr nach IFRS 5 bewertet und ausgewiesen, so sind die Erträge oder Aufwendungen aufgrund der Umwidmung ebenfalls separat anzugeben. Das bilanzierende Unternehmen hat die Gründe für die Planänderung anzugeben und die Vermögenswerte entsprechend den vor der Klassifizierung als held for sale angewendeten Vorschriften mit entsprechenden Vorjahreswerten auszuweisen44). III. Die Bilanzierung Geschäftsbereiche aufgegebener 1. Begriff des aufgegebenen Geschäftsbereichs und Anwendungszeitpunkt von IFRS 5 Als aufgegebener Geschäftsbereich (discontinued operation) wird ein Unternehmensbereich (component) definiert, der entweder veräuûert oder als held for sale eingestuft wurde und l einen wesentlichen Geschäftszweig oder geographischen Geschäftsbereich darstellt (wie ein Segment i.S.d. IAS 14)45) oder l Teil eines einzelnen Plans ist, einen wesentlichen Geschäftszweig oder geographischen Geschäftsbereich aufzugeben, oder KoR 11/2004 l ein mit Weiterveräuûerungsabsicht erworbenes Tochterunternehmen ist46). Ein aufgegebener Geschäftsbereich muss den Anforderungen einer cash generating unit oder einer Gruppe von cash generating units genügen und damit über einen Cash-flow verfügen, der für Zwecke der Berichterstattung im IFRS-Abschluss von den übrigen Cash-flows im Unternehmen klar getrennt werden kann. Beispiel: Die A AG ist ein produzierendes Unternehmen in der Stahlindustrie und hält eine einzige Beteiligung i.H.v. 35% an der B AG, die Feinkostartikel produziert. Die A AG bezieht die B AG in ihren Konzernabschluss at equity ein. In 2005 verkauft die A AG ihren Anteil an der B AG. Die Veräuûerung der B AG ist gemäû IFRS 5.33 als discontinued operation zu bilanzieren. Der Anwendungszeitpunkt der Rechnungslegungsvorschriften für discontinued operations des IFRS 5 unterscheidet sich schlieûlich vom Anwendungszeitpunkt der bisherigen Rechnungslegungsvorschriften für aufzugebende Geschäftsbereiche (discontinuing operations) des IAS 3547). Nach IAS 35.16 waren die speziellen Vorschriften für discontinuing operations erstmalig dann anzuwenden, wenn der Abschluss einer bindenden Verkaufsvereinbarung über den Verkauf aller wesentlichen, der discontinuing operation zuzuordnenden Vermögenswerte vorlag oder ein detaillierter formaler Plan durch das Geschäftsführungs- und/oder Aufsichtsorgan oder ein ähnliches Gremium genehmigt und bekannt gemacht worden war. Der Prozess der Aufgabe von Geschäftsbereichen muss nach IFRS 5 nunmehr bereits stärker konkretisiert 44) Vgl. IFRS 5.42 i.V. m. 5.36. 45) Zur Bestimmung der berichtspflichtigen Segmente vgl. detailliert Haller, in: Baetge u.a., Rechnungslegung nach IAS, 2. Aufl. 2002, IAS 14 Rdn. 28-85. 46) Vgl. IFRS 5.32 sowie Küting/Wirth, KoR 2004 S. 172; KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft (Hrsg.), IFRS Aktuell, 2004, S. 203 f. 47) Vgl. dazu die Einführung zu IFRS 5, Rdn. IN6 (f) (i). 447 Kapitalmarktorientierte Rechnungslegung 2005 Betrag in Tausend E 2004 Betrag in Tausend E Betriebliche Tätigkeit ... ... ... ... 5625 4970 200 80 Jahresergebnis 5825 5050 davon entfallen auf Aktionäre des Mutterunternehmens Minderheitenanteile 5417 408 4696 354 ... ... Jahresergebnis aus betrieblicher Tätigkeit In Aufgabe befindliche Geschäftsbereiche Jahresergebnis aus der Aufgabe betrieblicher Geschäftsbereiche* * Zu der Zusammensetzung des Ergebnisses siehe die Erläuterungen im Anhang. Abb. 7: GuV mit dem Ergebnis der discontinued operation sein, was das IASB durch die unterschiedliche Begriffswahl zwischen IAS 35 (discontinuing) und IFRS 5 (discontinued)48) verdeutlicht hat. 2. Bewertung bereichs des aufgegebenen Geschäfts- Die Bewertung der einzelnen Vermögenswerte einer discontinued operation richtet sich nach den allgemeinen Bewertungsvorschriften der IFRS und nach den speziellen Vorschriften zur Bewertung der als held for sale eingestuften Vermögenswerte des IFRS 5 (siehe Abschn. II.2). Ein Ausweis der discontinued operation zum Fair Value abzüglich etwaiger Verkaufskosten als Gesamtheit o.¾. ist grundsätzlich nicht gestattet. Lediglich im Rahmen eines Wertminderungstests ist der fair value less costs to sell der discontinued operation zu beachten. Beispiel: Die A AG plant einen Geschäftsbereich zu veräuûern und hat die für die Einstufung als discontinued operation i.S. von IFRS 5 erfüllt. Die A AG erwartet, dass der Veräuûerungserlös für den Geschäftsbereich den Buchwert der einzelnen Vermögenswerte erheblich übersteigen wird. Zu den Aktiva des aufzugebenden Geschäftsbereichs gehört indes eine zum Abschluss-Stichtag nicht mehr werthaltige Forderung. Fraglich ist, ob die einzelne Forderung abzuwerten ist oder ob auf den aktuellen Gesamtwert des zu veräuûernden Geschäftsbereichs als cash generating unit abgestellt werden darf, der insgesamt über der Summe der Buchwerte liegt. IFRS 5.18 schreibt zur Bewertung der einzelnen Vermögenswerte vor, dass die einzelnen Vermögenswerte zunächst nach den für sie geltenden Vorschriften zu bewerten sind. Demnach ist die Forderung nach IAS 39.58 i.V.m. IAS 39.63 abzuwerten. Der sich aus der Bewertung der cash generating unit ergebende Mehrwert im Vergleich zum Buchwert darf nur auf die Vermögenswerte verteilt werden, die nach den speziellen Vorschriften des IFRS 5 bewertet werden und bei denen eine vorherige Wertminderung rückgängig gemacht wird. Nach IFRS 5.19 darf die Forderung nur dann zugeschrieben werden, wenn sich dies aus IAS 39 ergibt, was nicht der Fall ist. 3. Ausweis des aufgegebenen Geschäftsbereichs und Anhangangaben Das bilanzierende Unternehmen ist besonders in Bezug auf aufgegebene Geschäftsbereiche dazu verpflichtet, detaillierte Informationen in seinem IFRS-Abschluss zu vermitteln, um die Abschlussadressaten in die Lage zu versetzen, die finanziel448 len Auswirkungen aus der Aufgabe von Geschäftsbereichen einzuschätzen. Zur Erfüllung dieser Auflage hat das bilanzierende Unternehmen folgende Informationen offen zu legen49): l In der GuV sind diejenigen Nachsteuergewinne und -verluste in einem Betrag zusammenzufassen, welche sich aus der Geschäftstätigkeit der aufgegebenen Bereiche im betrachteten Geschäftsjahr selbst ergeben sowie aus der Neubewertung der Vermögenswerte (oder disposal groups) der aufgegebenen Geschäftsbereiche oder aus deren bereits erfolgten Veräuûerung. Dieser Betrag ist gesondert von den fortgeführten Aktivitäten des bilanzierenden Unternehmens in der GuV auszuweisen (vgl. das Beispiel in Abb. 7)50). l Die Summe des Nachsteuergewinns oder -verlustes ist weiter aufzugliedern. Diese Aufgliederung kann wahlweise in der GuV oder im Anhang erfolgen. Offen zu legen sind die in die Summe eingehenden Teilerfolgsgröûen, wie die Erträge und Aufwendungen, sowie der Vorsteuergewinn oder -verlust der aufgegebenen Geschäftsbereiche und der damit zusammenhängende Steueraufwand. l Zudem sind regelmäûig die Netto-Cash-flows gesondert darzulegen, die aus dem operativen Geschäft, aus der Investitionstätigkeit und aus der Finanzierungstätigkeit der aufgegebenen Bereiche resultieren. Auch diese Aufgliederung kann wahlweise in der GuV oder im Anhang erfolgen. Die o.g. Angaben in der GuV sind dabei mit entsprechenden Vorjahresangaben zu veröffentlichen und von den Angaben zur laufenden Geschäftstätigkeit in einem einzelnen Abschnitt zu separieren51). Wird die Veräuûerungsabsicht des Geschäftsbereichs aufgegeben, so sind die Vermögenswerte und Schulden in der Bilanz so auszuweisen, 48) Auch im Fall der Einstufung des betrachteten Geschäftsbereichs als held for sale ist wie im Fall des sofortigen Verkaufs von der unmittelbaren Aufgabe des Geschäftsbereichs zu sprechen, da eine Nutzung des Vermögenswerts im betrieblichen Leistungserstellungsprozess mit dieser Klassifizierung nicht mehr unterstellt wird. 49) Vgl. IFRS 5.33. 50) Vgl. IASB, Implementation Guidance des IFRS 5, 2004 S. 11. 51) Vgl. IFRS 5.34. KoR 11/2004 IV. Konvergenz des IFRS 5 mit SFAS 144 Mit IFRS 5 erreicht das IASB eine grundsätzliche Übereinstimmung seiner Regelungen mit den U.S.-amerikanischen Vorschriften des SFAS 144. Aus Sicht der kontinentaleuropäischen Bilanzierungspraxis ist zu kritisieren, dass aus den Konvergenzbestrebungen des IASB und des FASB ein Standard mit vielen Kriterien und neuen Begriffen resultiert, deren Auslegung ermessensbehaftet ist. Zwar sind die Voraussetzungen für die Klassifizierung als held for sale bzw. als discontinued operation notwendig, um intersubjektiv nachprüfbare Klassifizierungen zu erreichen. Dennoch läuft diese teilweise regelbasierte Vorgehensweise dem grundsätzlich prinzipienbasierten Ansatz des IASB zuwider54). Die Klassifikationskriterien des SFAS 144 und des IFRS 5 sowie die Tatsache, dass stillzulegende Vermögenswerte grundsätzlich nicht als held for sale eingestuft werden, stimmen dabei weitestgehend überein55). Unterschiede bestehen vor allem beim Zeitpunkt der Klassifikation als discontinued operation und dem Detailliertheitsgrad der Angaben. Ferner fallen im Gegensatz zu SFAS 144 unter den Anwendungsbereich des IFRS 5 auch immaterielle langfristige Vermögenswerte. Die wichtigsten Unterschiede fasst Abb. 8 zusammen56). V. Bedeutung des IFRS 5 für die Entscheidungsnützlichkeit eines IFRS-Abschlusses und kritische Würdigung der neuen Regelungen Mit der Rechnungslegung nach IFRS wird das Ziel verfolgt, entscheidungsnützliche Informationen über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage (wirtschaftliche Lage) sowie die Veränderungen der wirtschaftlichen Lage für einen weiten Adressatenkreis zu vermitteln (decision usefulness). Das IASB verfolgt damit ausschlieûlich den Zweck der Informationsvermittlung. Mit dem IFRS-Abschluss soll der Adressat in die Lage versetzt werden, die Fähigkeit des bilanzierenden Unternehmens zu beurteilen, künftig Zahlungsmittel bzw. Zahlungsmitteläquivalente KoR 11/2004 Ansatz IFRS US-GAAP Soll ein Vermögenswert in Form eines Tausches transferiert werden, schlieût dies nicht eine Klassifizierung als held for sale aus. Geplanter Tausch gilt nicht als held for sale (eine Angleichung an die diesbezüglichen Regelungen des IAS 16 und des IFRS 5 ist vorgesehen). Eine discontinued operation erfordert Weitergehende Definition von disdas Vorliegen einer major line of continued operation. business bzw. eines Tochterunternehmens. Bewertung Bewertung der Vermögenswerte, die nicht nach IFRS 5 bewertet werden, nach den einschlägigen Vorschriften ggf. mit auûerplanmäûiger Abschreibung. Verteilung eines danach verbleibenden impairment loss auf Ebene der disposal group zunächst auf den Goodwill, dann auf übrige als held for sale eingestufte langfristige Vermögenswerte (vgl. IFRS 5.20 f.). Verteilung eines impairment loss zunächst auf Vermögenswerte, die nicht nach SFAS 144 bewertet werden, dann auf übrige langfristige Vermögenswerte, dann auf den Goodwill gem. SFAS 142. Ausweis und Angabe Angabe des Gewinns nach Steuern einer discontinued operation in der GuV. Angabe des Gewinns vor und nach Steuern einer discontinued operation in der GuV. Abb. 8: Wesentliche Unterschiede zwischen IFRS 5 und SFAS 144 zu generieren sowie deren Zeitpunkt und Eintrittswahrscheinlichkeit zu bestimmen57). Um dem Adressaten eine sichere Entscheidungsgrundlage zu bieten, müssen die vorliegenden Informationen zuverlässig sowie entscheidungsrelevant sein, d.h., dass mit den Informationen eine andere Entscheidung getroffen wird als ohne sie. Zwischen Entscheidungsrelevanz und Zuverlässigkeit besteht dabei ein Spannungsverhältnis. Die Zunahme an zukunftsorientierten Informationen über das Unternehmen zur Verbesserung der Entscheidungsrelevanz geht einher mit einer Abnahme an Zuverlässigkeit, da Aussagen über die Zukunft regelmäûig nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft werden können und bestenfalls plausibilisierbar sind58). Das IASB strebt mit IFRS 5 eine bessere Informationsversorgung der Jahresabschlussadressaten an. Die detaillierte Berichterstattung über einzelne Vermögenswerte oder disposal groups, die aufgegeben werden sollen oder bereits aufgegeben wurden, soll helfen, den Zeitpunkt, den Betrag und die Unsicherheit künftiger Cash-flows einschätzen zu können. Der neue Standard trägt nach der Einschätzung des IASB dazu bei, die Abschlussinformationen zu vervollständigen. Die genau definierten Voraussetzungen für die Klassifikation als held for sale sollen die willkürliche Umwidmung von Vermögenswerten verhindern und eine objektive Bilanzierung ermöglichen. Die bloûe Absicht der Unternehmensleitung reicht nicht aus59). Die stärkere Offenlegung von Plänen des Managements, Vermögenswerte oder Geschäftseinheiten zu veräuûern, und die Pflicht, hierüber auch in der Bilanz sowie in der GuV konkret zu berichten, hilft, den 52) Vgl. IFRS 5.37. 53) Vgl. IFRS 5.35. 54) Vgl. KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft (Hrsg.), IFRS Aktuell, 2004, S. 173. 55) Vgl. IASB, Basis for Conclusions zu IFRS 5, 2004 Rdn. 85. 56) Vgl. IASB, Basis for Conclusions zu IFRS 5, 2004 Rdn. 65 sowie 67-71. 57) Vgl. IASB, International Financial Reporting Standards, 2004, Framework, Rdn. 12 und 15. 58) Vgl. Ballwieser, KoR 2002 S. 117 f. 59) Vgl. IASB, Basis for Conclusions zu IFRS 5, 2004 Rdn. 17 f. 449 Kapitalmarktorientierte Rechnungslegung wie sie vor der Umklassifizierung nach IFRS 5 ausgewiesen wurden. Das Ergebnis des Unternehmensbereiches ist als income from continuing operations auszuweisen mit dem Hinweis, dass die Vorjahreszahlen umklassifiziert wurden52). Passt das bilanzierende Unternehmen die Bewertung von Unternehmensbereichen, die in einer vorangegangenen Periode nach IFRS 5 bereits als discontinued operations klassifiziert wurden, in der laufenden Periode an, so sind diese Beträge separat von den übrigen Anpassungsbeträgen nach IFRS 5 auszuweisen. Hierbei kann es sich z.B. um Anpassungen bzgl. des Verkaufspreises des aufgegebenen Geschäftsbereichs, Entschädigungszahlungen an den Käufer des aufgegebenen Geschäftsbereichs, beim bilanzierenden Unternehmen verbleibende Umwelt- und Produktgarantien oder nachträgliche Einigungen hinsichtlich zu erbringender Leistungen an Arbeitnehmer handeln53). Kapitalmarktorientierte Rechnungslegung Informationsvorsprung des Managements gegenüber anderen Stakeholdern abzubauen. Insiderinformation wird so zu Outsiderinformation konvertiert. Die Berichterstattung nach IFRS 5 zwingt das Management, über künftig erwartete Cash-flows zu berichten und erhöht damit die Entscheidungsnützlichkeit des Jahresabschlusses, da entscheidungsnützliche Informationen über das Unternehmen in einer variablen und dynamischen Umwelt durch eine zukunftsgerichtete Bilanzierung generiert werden60). Das IASB strebt mit IFRS 5 eine bessere Informationsversorgung der Jahresabschlussadressaten an. Die detaillierte Berichterstattung über einzelne Vermögenswerte oder disposal groups, die aufgegeben werden sollen oder bereits aufgegeben wurden, soll helfen, den Zeitpunkt, den Betrag und die Unsicherheit künftiger Cash-flows einschätzen zu können. Das IASB verpflichtet das bilanzierende Unternehmen, Vermögenswerte, die als held for sale eingestuft wurden, nicht mehr planmäûig abzuschreiben, sondern einer Neubewertung zu unterziehen. Die Ergebnisse einer noch betrieblich tätigen discontinued operation sind aufgrund der nicht vorhandenen planmäûigen Abschreibungen der als held for sale klassifizierten Vermögenswerte dann mit den Ergebnissen der nicht aufzugebenden Unternehmensbereiche weniger vergleichbar. Hintergrund der Regelung ist es, dass der Buchwert nicht mehr durch die betriebliche Tätigkeit realisiert wird, sondern durch den Verkauf erzielt werden soll61). Folglich ist der Buchwert auch nicht mehr über die Restlaufzeit zu verteilen, sondern transaktionsorientiert und zukunftsgerichtet zu bewerten. Mit der Bilanzierung ohne planmäûige Abschreibungen wird der Blick in die Ertragslage grundsätzlich verbessert, da der Erfolg des Unternehmens nicht durch Abschreibungen geschmälert wird, die keine tatsächliche Entsprechung besitzen62). Das Gegenargument, dass die als held for sale klassifizierten Vermögenswerte bis zu Ihrer Veräuûerung noch im betrieblichen Prozess eingesetzt werden und der Buchwert damit durch die betriebliche Tätigkeit noch realisiert wird, wird vom IASB zurückgestellt, da andere IFRS auch eine Neubewertung vorsehen, so dass der theoretische Unterschied praktisch gering ist. Überdies wird der Buchwert der als held for sale klassifizierten Vermögenswerte zum Groûteil durch den Verkauf realisiert und nur zum geringen Teil durch den für kurze Zeit verbleibenden betrieblichen Einsatz. Aus diesem theoretischen Unterschied heraus erklärt sich auch die Tatsache, dass stillzulegende oder zu verschrottende Vermögenswerte nicht in den Regelungsbereich des IFRS 5 fallen, da diese ihren Buchwert durch den betrieblichen Einsatz realisieren und nicht durch einen Verkauf o.¾.63). Wertsteigerungen der als held for sale klassifizierten Vermögenswerte werden nur dann bilanziell erfasst, wenn sie eine vorangegangene auûerplanmäûige Abschreibung umkehren. Das IASB hat sich damit nicht für eine Full Fair Value-Bilanzierung dieser Vermögenswerte und 450 ggf. Schulden entschieden, sondern für eine vorsichtigere imparitätische Fair Value-Bilanzierung. Kennzeichnend für die imparitätische Fair Value-Bilanzierung ist die Relativierung des Rechenschaftszwecks zugunsten der bilanziellen Verlustvorsorge64) zur Sicherung der bilanziellen Kapitalerhaltung. Der Fair Value wird als Bewertungsmaûstab nur asymmetrisch verwendet, um die Vermögenswerte mit dem im Vergleich zu den historischen Kosten niedrigeren Betrag auszuweisen (Niederstwertprinzip). In den übrigen Fällen werden die als held for sale klassifizierten Vermögenswerte grundsätzlich zu historischen Kosten bewertet. Sinkt der Fair Value unter die fortgeschriebenen historischen Kosten, so wird auûerplanmäûig abgeschrieben. Eine Zuschreibung auf einen Fair Value über die fortgeführten historischen Kosten ist nicht möglich65). Der Vorteil dieses imparitätischen Vorgehens liegt in der einfachen und grundsätzlich eindeutigen Wertermittlung66) und trägt auch dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit Rechnung, da der Fair Value nur im Fall einer auûerplanmäûigen Abschreibung punktgenau ermittelt werden muss. Kritisch zu sehen ist indes die Prüfung des Abwertungsbedarfs einer disposal group. Ist der fair value less costs to sell geringer als der carrying amount der disposal group als Gesamtheit, so entsteht ein Abwertungsbedarf. Bei der Prüfung dieses Abwertungsbedarfs können die Differenzen zwischen der Bewertung der einzelnen Vermögenswerte und ggf. Schulden nach den bisher angewendeten Standards und der Bewertung der gesamten disposal group nach IFRS 5 zum fair value less costs to sell ein beträchtliches Ausmaû annehmen, wenn in der disposal group ein originärer Goodwill generiert wurde. Dieser kann dann ggf. die auûerplanmäûige Abschreibung einzelner Vermögenswerte verhindern, da der fair value less costs to sell der disposal group als Gesamtheit nicht geringer ist als die Summe der Buchwerte67). Der originär generierte Goodwill darf u.E. allerdings eine Abwertung einzelner Vermögenswerte nicht verhindern, da dieser Goodwill nicht objektiv und fehlerfrei feststellbar ist und vom Markt noch nicht bestätigt wurde. Die vom IASB neu eingefügte Kategorie der zur Veräuûerung gehaltenen langfristigen Vermögenswerte erhöht die Komplexität der Rechnungslegung68). Die Voraussetzungen für die Klassifikation von Vermögenswerten nach IFRS sind restriktiv und sollen die Ermessensspielräume des Managements möglichst gering halten69). 60) Vgl. dazu Streim, BFuP 2000 S. 125. 61) Vgl. IASB, Basis for Conclusions zu IFRS 5, 2004 Rdn. 29 f. 62) Vgl. hierzu bei Finanzimmobilien Searfoss/Weiss, Journal of Accountancy 1990, Vol. 177, Nr. 10, S. 70. 63) Vgl. IASB, Basis for Conclusions zu IFRS 5, 2004 Rdn. 31-36. 64) Vgl. Baetge/Hendler, in: Bertl (Hrsg.), Verlustvorsorgen im Bilanz- und Steuerrecht, 2000, S. 20. 65) Vgl. Baetge/Zülch, BFuP 2001 S. 546. 66) Vgl. Jackson/Lodge, Financial Stability Review 2000, Issue 8, S. 108. 67) Vgl. dazu die abweichende Meinung von Harry K. Schmid, Mitglied des IASB, in: IASB, Basis for Conclusions zu IFRS 5, 2004 Rdn. DO8-11. 68) Vgl. Hoffmann/Lüdenbach, BB 2004 S. 2006. 69) Vgl. Thiel/Peters, BB 2003 S. 2005. KoR 11/2004 VI. Zusammenfassung Das IASB regelt mit IFRS 5 die Bilanzierung zur Veräuûerung bestimmter langfristiger Vermögenswerte (oder Gruppen dieser Vermögenswerte), einer bislang in den IFRS nicht definierten Kategorie von Vermögenswerten, sowie die KoR 11/2004 Bilanzierung von aufgegebenen Geschäftsbereichen. Ein Vermögenswert wird als zum Verkauf gehalten (held for sale) eingestuft, wenn der sofortige Verkauf vom Management geplant ist und dieser unter gewöhnlichen Umständen möglich und sehr wahrscheinlich (highly probable) ist. Die Vermögenswerte und ggf. damit zusammenhängende Schulden sind dann gesondert auszuweisen, zu bewerten und zu erläutern. Die gröûten ¾nderungen entstehen bei der Bilanzierung dieser langfristigen Vermögenswerte durch die Bewertung zu dem geringeren Betrag aus dem Buchwert (carrying amount) bzw. der Summe der Buchwerte nach den bisher anzuwendenden Bewertungsvorschriften der IFRS und dem am Stichtag neu ermittelten Fair Value abzüglich entstehender Verkaufskosten (fair value less costs to sell). Die planmäûige Abschreibung wird aufgegeben. Das Erscheinungsbild der Bilanz und der GuV ändert sich durch den separaten Ausweis der nach IFRS 5 bilanzierten Vermögenswerte und ggf. Schulden sowie der Aufwendungen und Erträge. Ferner regelt das IASB mit IFRS 5 die Bilanzierung aufgegebener Geschäftsbereiche (discontinued operations) neu. Als discontinued operation gilt u.a. ein zu veräuûernder Unternehmensbereich, der einen wesentlichen Geschäftszweig oder geographischen Geschäftsbereich wie ein Segment i.S.d. IAS 14 darstellt und bestimmten Anforderungen genügt, sowie ein mit Weiterveräuûerungsabsicht erworbenes Tochterunternehmen. Die Bewertung einer discontinued operation erfolgt analog der Bewertung einer disposal group. Im Anhang hat das bilanzierende Unternehmen umfangreich über die zu veräuûernden oder bereits veräuûerten Vermögenswerte und ggf. Schulden bzw. die aufgegebenen Geschäftsbereiche zu berichten, sodass der Jahresabschlussleser insgesamt ein umfassendes Bild von den Plänen des Managements erhält und die künftige Lage des Unternehmens besser zu beurteilen vermag. Mit dem neuen Standard erreicht das IASB in diesem Regelungsbereich eine grundsätzliche Übereinstimmung seiner Vorschriften mit den U.S.-amerikanischen Vorschriften des SFAS 144. Der Abschlussleser wird mit IFRS 5 in die Lage versetzt, die künftigen Zahlungsmittelströme aus der Veräuûerung wesentlicher langfristiger Vermögenswerte und aufgegebener Geschäftsbereiche zu prognostizieren, so dass die Entscheidungsnützlichkeit des Abschlusses erhöht wird. Dabei wird die Entscheidungsrelevanz der Information nicht zu Lasten der Zuverlässigkeit überbetont, da eine Full Fair Value-Bilanzierung in diesem Bereich unterbleibt. Das Management wird jedoch verpflichtet, aus seiner Perspektive heraus detailliert zu berichten und so Insiderinformationen zu Outsiderinformationen zu konvertieren. Kapitalmarktorientierte Rechnungslegung Zu bemängeln ist in diesem Zusammenhang aber, dass die Bewertung von Vermögenswerten mit der Verabschiedung des IFRS 5 nun teilweise von einer Entscheidung des Managements abhängt, die zum Zeitpunkt der Bewertung zu dem niedrigeren Betrag aus fair value less costs to sell und dem carrying amount zur Aufgabe der planmäûigen Abschreibung noch nicht voll verwirklicht ist, und es mit dieser Entscheidung möglich ist, dass ein intern generierter Goodwill in die Bewertung mit einflieût. Das Kriterium der hohen Wahrscheinlichkeit ist kaum messbar und objektivierbar. Die Bewertung und der Ausweis von Vermögenswerten, die das Unternehmen beabsichtigt zu veräuûern, liegt damit zumindest zu Beginn der Veräuûerungsphase im Ermessensspielraum des Managements. Der Spielraum des Managements wird jedoch durch das Erfordernis der bereits eingeleiteten Käufersuche und dem im Verhältnis zum Fair Value angemessenen Verkaufspreis bei strenger Auslegung der Kriterien stark begrenzt70). Die Forderung des IASB nach entscheidungsnützlichen Informationen findet ihre Schranken in der Beachtung der Wirtschaftlichkeit bzw. in der Forderung nach einem ausgewogenen Kosten-Nutzen-Verhältnis (balance between benefit and cost), d.h., trotz möglicher Schwierigkeiten bei Ermittlung der Informationen sollen die Kosten der Bereitstellung nicht deren zusätzlichen Nutzen übersteigen71). Werden also lediglich geringwertige Vermögenswerte aufgegeben, so ist die Anwendung des IFRS 5 vor dem Hintergrund eines ausgewogenen Kosten-Nutzen-Verhältnisses der Finanzberichterstattung zu prüfen. Andererseits ist es Voraussetzung für die Anwendung des IFRS 5, dass bereits konkrete Verkaufsverhandlungen begonnen haben und dass der angestrebte Verkaufspreis im Verhältnis zum Fair Value des Vermögenswerts oder der disposal group angemessen ist. Der Fair Value muss also bereits bekannt sein, so dass der Wert nicht ausschlieûlich für bilanzielle Zwecke ermittelt werden muss und dessen Ermittlung grundsätzlich keine unverhältnismäûig hohen Kosten verursachen dürfte. Sollte der Fair Value nicht ermittelt werden können, ist die Angemessenheit des Verkaufspreises nicht zuverlässig beurteilbar. In diesem Fall ist eine Voraussetzung der hohen Wahrscheinlichkeit des anstehenden Verkaufs nicht erfüllt72), sodass IFRS 5 u.U. nicht anzuwenden ist73). Kritisch zu sehen ist weiterhin, dass der neue Standard in die Umstellungsphase der kapitalmarktorientierten Unternehmen in der EU fällt, welche die IFRS für den Konzernabschluss künftig zwingend anzuwenden haben und überwiegend die für das Geschäftjahr 2005 geltenden Standards für die Ermittlung der Vorjahreswerte anwenden müssen74). Der Umstellungsaufwand erhöht sich für die Unternehmen damit erneut. 70) Vgl. Zülch, StuB 2003 S. 980. 71) Vgl. IASB, International Financial Reporting Standards, 2004, Framework, Rdn. 44. 72) Vgl. IFRS 5.8 sowie II.1. 73) Vgl. Thiel/Peters, BB 2003 S. 2005. 74) Vgl. Küting/Kessler/Wirth, KoR 2003 S. 539. 451