Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
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Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden Das Konvergenzprojekt von IASB und FASB: Was bedeuten die vorgeschlagenen Neuregelungen für die Praxis? Überblick 4 Anwendungsbereich 8 Wann werden Umsatzerlöse erfasst? 10 Identifizierung von Verträgen mit Kunden 10 Zusammenfassung und Segmentierung von Verträgen 10 Vertragsmodifikationen 12 Identifizierung der separaten Leistungsverpflichtungen Rückgaberechte 14 Gewährleistungen und Garantien 16 Ist das Unternehmen Hauptlieferant oder Vermittler (Principal-Agent Verhältnis)? 19 Lieferungen auf Kommission 19 Option zum Erwerb zusätzlicher Güter 20 In welcher Höhe werden Umsatzerlöse erfasst? 22 Bestimmung des Transaktionspreises 22 Variable Gegenleistung 23 Einbringlichkeit 24 Zinseffekt (Zeitwert des Geldes) 25 Nicht zahlungswirksame Gegenleistung 26 An den Kunden gezahlte oder zu zahlende Gegenleistung 26 Nicht erstattungsfähige Anfangszahlungen 28 Aufteilung des Transaktionspreises auf die separaten Leistungsverpflichtungen 2 13 29 Schätzung der Einzelveräußerungspreise (stand-alone selling prices) 29 Änderungen des Transaktionspreises nach Vertragsabschluss 29 Belastende Leistungsverpflichtungen 32 Vertragskosten (contract cost) 33 Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden Erfüllung der Leistungsverpflichtungen 35 Kontinuierliche Übertragung (continuous transfer) von Gütern und Dienstleistungen 37 Rückkaufvereinbarungen (repurchase agreement) 38 Bill-and-hold-Vereinbarungen 39 Abnahme durch den Kunden 40 Lizenzen und Nutzungsrechte 40 Darstellung und Angaben 43 Darstellung 43 Vertragliche Vermögenswerte und Verbindlichkeiten Angaben 43 43 Unterteilung der Umsätze nach Kategorien 43 Überleitung der Eröffnungs- und Schlusssalden 44 Leistungsverpflichtungen 45 Belastende Leistungsverpflichtungen 45 Wesentliche Ermessensentscheidungen bei der Anwendung des Modells 46 Zeitpunkt des Inkrafttretens und Übergangsvorschriften 47 Nächste Schritte 48 Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden 3 Überblick Am 24. Juni 2010 wurde vom International Accounting Standards Board (IASB) und dem Financial Accounting Standards Board (FASB) (im Folgenden „die Boards“) der Exposure Draft (ED) Revenue from Contracts with Customers veröffentlicht. Dieser gemeinsame Standardentwurf bildet einen wichtigen Schritt zur Konvergenz der Regelungen der IFRS mit den Vorschriften der US GAAP und wird für Unternehmen in allen Wirtschaftszweigen gelten. Die vorgeschlagenen Regelungen basieren auf dem Modell der Ertragsrealisierung, das in dem gemeinsamen Diskussionspapier Preliminary Views on Revenue Recognition in Contracts with Customers vom Dezember 2008 vorgestellt worden war. Zu dem Diskussionspapier haben die Boards über 200 schriftliche Stellungnahmen erhalten, die im Rahmen der Beratungen zur Entwicklung des Exposure Drafts berücksichtigt wurden. Wesentliche Zielsetzung des Entwurfs ist die Präzisierung der Grundsätze für die Ertragsrealisierung, d. h. es soll diesbezüglich ein gemeinsamer Standard erarbeitet werden, der: • Inkonsistenzen und Schwachstellen in den existierenden Regelungen zur Ertragsrealisierung behebt, • stabilere Grundsätze zur Ertragsrealisierung bietet, • eine branchen- und kapitalmarktübergreifend bessere Vergleichbarkeit gewährleistet, sowie • die Zahl der Regelungen verringert, die von den Unternehmen heranzuziehen sind der Telekommunikationsindustrie sowie Unternehmen mit langfristiger Auftragsfertigung — sofern er in dieser Form als finaler Standard veröffentlicht würde — weitreichende Konsequenzen hat. Wir empfehlen daher den Abschlusserstellern, sich bereits frühzeitig intensiv mit den möglichen Konsequenzen auf ihr Unternehmen auseinander zu setzen. Überblick über das vorgeschlagene Modell Das vorgeschlagene Modell schreibt die Grundsätze vor, nach denen Unternehmen zukünftig die Höhe, den Zeitpunkt und die Einbringlichkeit von Umsatzerlösen bestimmen sollen, die sich aus der Lieferung von Gütern bzw. Waren1 oder der Erbringung von Dienstleistungen an den Kunden ergeben. Umsätze sind erst dann zu erfassen, wenn die zugesagten Güter oder Dienstleistungen auf den Kunden übertragen worden sind. Die Höhe des Umsatzes bemisst sich nach der Gegenleistung, die das Unternehmen für diese Güter oder Dienstleistungen erhält. Nach dem Modellentwurf erfolgt die Umsatzrealisierung erst mit der Übertragung der Verfügungsgewalt (control) auf den Kunden. Das vorgeschlagene Bilanzierungsmodell sieht die folgenden fünf Schritte vor, denen ein Unternehmen folgen muss, um den angemessenen Betrag sowie den richtigen Zeitpunkt für die Erfassung von Umsatzerlösen zu bestimmen: Die vorliegende Broschüre bietet einen Überblick über die wesentlichen Grundsätze des ED und die möglichen Folgen für die anwendenden Unternehmen. Beispiele aus verschiedenen Wirtschaftszweigen und Branchen sollen die potenziellen Auswirkungen verdeutlichen. Diese Publikation soll den Abschlusserstellern eine klare Vorstellung davon vermitteln, welche bedeutenden Auswirkungen der Standardentwurf für sie haben könnte. Die Kommentierungsfrist für diesen Standardentwurf ist am 22. Oktober 2010 abgelaufen. Insgesamt sind knapp 1.000 Stellungnahmen aus einem breiten Spektrum an Branchen bei den Boards zu diesem Entwurf eingegangen. Die hohe Resonanz macht deutlich, dass der vorgeschlagene Standard zur Umsatzrealisierung für viele Unternehmen, wie z. B. für Unternehmen 1 Im Folgenden vereinfachend nur „Gut“ oder „Güter“. 4 Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden 1. Identifizierung von Verträgen mit dem Kunden 2. Identifizierung von separaten Leistungsverpflichtungen innerhalb des Vertrages 3. Ermittlung des Transaktionspreises 4. Aufteilung des Transaktionspreises auf die separaten Leistungsverpflichtungen 5. Erfassung des Umsatzes, sofern eine Leistungsverpflichtung erfüllt wurde Das vorgeschlagene Modell ist auf Verträge mit Kunden anzuwenden. Der Standardentwurf versteht unter einen Vertrag mit einem Kunden ein Bündel von Rechten und Leistungsverpflichtungen (sog. performance obligations). Die Rechte stehen dabei für den Anspruch eines Unternehmens auf den Erhalt einer Gegenleistung (z. B. ein Entgelt). Die Leistungsverpflichtungen umfassen die Verpflichtung des Unternehmens, Leistungen zu erbringen oder Güter an einen Kunden zu übertragen. Dabei ist eine Leistungsverpflichtung definiert als „Zusage in einem Vertrag mit einem Kunden, einen Vermögenswert (wie ein Gut oder eine Dienstleistung) auf diesen Kunden zu übertragen“. Derartige Verpflichtungen können sowohl explizit als auch implizit aus dem Vertrag hervorgehen. Jeder Vertrag ist in seine einzelnen Leistungsverpflichtungen aufzuteilen. Verspricht ein Unternehmen einzeln abgrenzbare (distinct) Güter oder Dienstleistungen bereitzustellen, so sind diese als separate Leistungsverpflichtung getrennt von einander zu erfassen. Eine separate Leistungsverpflichtung liegt vor, wenn das Unternehmen oder ein anderes Unternehmen gleichartige oder ähnliche Güter bzw. Dienstleistungen einzeln verkaufen könnte, weil sie eine unterschiedliche Funktion und eine eigene Gewinnmarge aufweisen. Der ED schlägt ein Prinzip der vertragsbasierten Ertragsrealisierung vor. Schließt ein Unternehmen mit einem Kunden einen Vertrag ab, führt die Konstellation aus Rechten und Leistungs- Unternehmen verpflichtungen in diesem Vertrag zu einer Nettovertragsposition. Zum Zeitpunkt der erstmaligen Erfassung, d. h. wenn beide Vertragsparteien noch keine Leistungen erbracht haben, hat die Nettovertragsposition einen Wert von Null. Der vertragliche Vermögenswert und die Leistungsverpflichtung stehen sich bei einem beiderseits noch zu erfüllenden Vertrag im Sinne des Rahmenkonzepts für die Aufstellung und Darstellung von Abschlüssen des IASB (das „Rahmenkonzept“) in gleicher Höhe gegenüber und heben sich damit gegenseitig auf. Die Nettovertragsposition verändert sich erst mit der Erfüllung der Leistungsverpflichtung durch das Unternehmen oder den Kunden. Nach dem vorgeschlagenen Modell werden Erträge dann realisiert, wenn sich ein Netto-Vermögenswert aus einem Vertrag erhöht oder sich eine Netto-Verbindlichkeit aus einem Vertrag verringert oder wenn beides eintritt, d. h. wenn eine Netto-Verbindlichkeit aus einem Vertrag zu einem Netto-Vermögenswert aus einem Vertrag wird. Eine solche Veränderung ergibt sich, wenn das Unternehmen die in dem Vertrag enthaltene Leistungsverpflichtung zur Übertragung des zugesagten Gutes oder der Erbringung der zugesicherten Dienstleistung an den Kunden erfüllt. Die Übertragung ist erfolgt, sobald der Kunde die Verfügungsgewalt über den Vermögenswert erlangt hat. Die Erfüllung durch den Kunden (in der Regel durch Zahlung der Gegenleistung) führt hingegen zu einer Verminderung der Nettovertragsposition und damit nicht zur Erfassung von Erträgen. Kunde Rechte Vermögenswert/ Schulden? Leistungsverpflichtungen Nettovertragsposition (net contract position) Abb 1. Das neue Modell im Überblick Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden 5 Leistungsverpflichtungen werden beim erstmaligen Ansatz zum Transaktionspreis bewertet. Dieser entspricht der von dem Unternehmen erwarteten Gegenleistung des Kunden. Umfasst ein Vertrag mehrere solcher Leistungsverpflichtungen, hat das Unternehmen den Transaktionspreis im Verhältnis der Einzelveräußerungspreise (stand-alone selling price) der Güter und Dienstleistungen auf die einzelnen Leistungsverpflichtungen zu verteilen. Der Einzelveräußerungspreis eines zugesagten Gutes oder einer zugesicherten Dienstleistung ist der Preis, zu dem das Unternehmen dieses Gut oder diese Dienstleistung an fremde Dritte separat verkaufen würde, d. h. nicht im Rahmen eines Mehrkomponentenvertrags. Den besten Anhaltspunkt hierfür liefern beobachtbare Marktpreise. Diese liegen vor, wenn das Unternehmen oder ein anderes Unternehmen die betreffenden Güter oder Dienstleistungen gesondert vertreibt. Verkauft jedoch weder das Unternehmen noch ein anderes Unternehmen dieses Gut oder diese Dienstleistung separat, ist es erforderlich, den Einzelveräußerungspreis auf Basis anderer Informationen zu schätzen. Eine Leistungsverpflichtung wird von einem Unternehmen durch Übertragung des Gutes oder der Dienstleistung an den Kunden erfüllt. Ein Gut bzw. eine Dienstleistung ist „übertragen“, wenn der Kunde die Verfügungsgewalt darüber erlangt. Bei Erfüllung einer Leistungsverpflichtung wird der Betrag als Umsatz erfasst, der dieser Leistungsverpflichtung auf Grundlage ihres Einzelverkaufspreises bei Vertragsabschluss zugeordnet worden ist. Somit entspricht der Gesamtumsatz, den ein Unternehmen während der Laufzeit eines Vertrags bei Erfüllung der Leistungsverpflichtungen erfasst, dem Transaktionspreis. Unternehmen liefert Güter bzw. erbringt Dienstleistungen Anstieg des vertraglichen Vermögenswertes Rechte Leistungsverpflichtung Umsatzrealisierung Abb. 2 — Umsatzrealisierung als Veränderung der Nettovertragsposition 6 Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden Änderungen der geltenden IFRS Auch wenn sich die Bilanzierung einer Vielzahl von Transaktionen nicht wesentlich verändert, ist es gleichwohl sehr wahrscheinlich, dass alle Unternehmen von den neuen Regelungen betroffen sein. Nach IAS 18 Erträge liegt der Fokus bei der Ertragsrealisierung auf einem Übergang der Chancen und Risiken (risks and rewards), während das vorgeschlagene Modell auf den Übergang der Verfügungsgewalt (control) abhebt. Das neue Modell kann somit zu einer anderen Periodisierung von Erträgen führen. Davon wären u. a. die nachfolgenden Sachverhalte betroffen: • Vertragskomponenten, die nach den derzeitigen IFRS Regelungen zur Ertragsrealisierung nicht als separate Leistungskomponenten zu behandeln sind, wie z. B. bestimmte Gewährleistungen, sind nun unter Umständen als separate Leistungsverpflichtungen zu betrachten. Die Höhe der Erträge der einzelnen Vertragsbestandteile bemisst sich anhand der Verteilung des Transaktionspreises auf die identifizierten Leistungsverpflichtungen. Die Erträge werden erst bei Erfüllung der jeweiligen Komponente erfasst. • Die Bilanzierung von Fertigungsaufträgen kann sich grundlegend ändern, da die Umsatzerfassung im Verlauf der Fertigungsphase in Fällen, in denen die Verfügungsgewalt über den im Bau befindlichen Vermögenswert erst bei dessen Fertigstellung auf den Kunden übergeht, voraussichtlich nicht möglich sein wird. • Unternehmen, die sich bei der Bilanzierung von Mehrkomponentenverträgen (sog. multiple-element-Vereinbarungen) bislang an US GAAP orientiert haben (z. B. Verwendung des verkäuferspezifischen objektiven Nachweises (vendor-specific objective evidence - VSOE)), werden ihre Vorgehensweise möglicherweise ändern müssen. • Die Bemessung der Erträge wird sich grundlegend ändern, da das vorgeschlagene Modell zu jedem Abschlussstichtag eine Neubewertung vorsieht. Es könnten in einer nachfolgenden Berichtsperiode beispielweise neue Informationen vorliegen, die es dem Unternehmen nun ermöglichen, eine bedingte Kaufpreisleistung zuverlässig zu schätzen. • Die Notwendigkeit von Ermessensentscheidungen wird • • erheblich ausgeweitet, zum Beispiel bei der Identifizierung von separaten Leistungsverpflichtungen, der Klassifizierung von Gewährleistungen oder der Schätzung von Erträgen, die vom Eintreten einer Bedingung abhängig sind. Unternehmen müssen das Ausfallrisiko ihrer Kunden beurteilen. Die erwartete Einbringlichkeit der Gegenleistung soll sich künftig unmittelbar auf die Höhe der erfassten Erträge auswirken. Nachträgliche Änderungen der ursprünglichen Einschätzung werden hingegen in den sonstigen betrieblichen Erträgen oder Aufwendungen und nicht in den Umsatzerlösen erfasst. Entgegen den derzeit geltenden Regelungen des IAS 18 verlangt der Standardentwurf, dass Vorauszahlungen, die ein Kunde an das Unternehmen leistet, abzuzinsen sind. Das vorgeschlagene Modell kann außerdem den Zeitpunkt der Erfassung von Umsatzkosten im Vergleich zur aktuellen Praxis beeinflussen. Beispielsweise aktivieren manche Unternehmen derzeit die zusätzlich im Rahmen der Auftragsanbahnung anfallenden Kosten, die einem Dienstleistungsvertrag direkt zurechenbar sind, soweit diese durch künftige Nettoauftragserlöse ausgeglichen werden können. Nach dem Modellentwurf sind Auftragskosten jedoch in der Periode ihres Entstehens aufwandswirksam zu erfassen, es sei denn, sie sind nach dem einschlägigen oder einem anderen IFRS-Standard aktivierungsfähig. Der Standardentwurf wird die folgenden Standards und Interpretationen ersetzen: • IAS 11 Fertigungsaufträge • IAS 18 Erträge • IFRIC 13 Kundenbindungsprogramme • IFRIC 15 Vereinbarungen über die Errichtung von Immobilien • IFRIC 18 Übertragungen von Vermögenswerten von Kunden • SIC 31 Erträge — Tausch von Werbeleistungen Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden 7 Anwendungsbereich Die vorgeschlagenen Regelungen sind auf alle Verträge mit Kunden anzuwenden. Davon ausgenommen sind jedoch: • Leasingverträge • Versicherungsverträge • Finanzinstrumente • bestimmte nicht-monetäre Transaktionen zwischen Unternehmen, die in demselben Wirtschaftszweig tätig sind Einige Verträge mit Kunden können auch nur teilweise in den Anwendungsbereich des Standardentwurfs und ansonsten in den Anwendungsbereich anderer IFRS fallen. Sofern ein anderer Standard regelt, wie ein Vertrag in mehrere Komponenten aufzuteilen ist und wie diese Komponenten zu bewerten sind, sollten diese Vorschriften von den Unternehmen zuerst angewendet werden. Gibt es hierzu jedoch keine Vorgaben in einem anderen Standard, sollen Unternehmen sich bei der Segmentierung und Bewertung von Vertragskomponenten am Standardentwurf zur Umsatzrealisierung orientieren. Beispiel 1 - Anwendungsbereich Bank B vergibt Hypothekenkredite an Privat- und Geschäftskunden. Die Kredite sind fest oder variabel verzinslich, wobei sich die Höhe des Zinssatzes nach der Kreditlaufzeit bemisst. Die Kredite werden von den Kunden nach einem vereinbarten Rückzahlungsplan getilgt. Zusätzlich wird eine Bearbeitungsgebühr für die Einrichtung des Kredits berechnet, und bei Zahlungsverzug können Strafgebühren erhoben werden. Die Hypothekenkredite stellen eine einzige Leistungsverpflichtung dar, die die Kreditbereitstellung und -herausgabe, die Überwachung der Zahlungseingänge und die Berechnung von Strafgebühren im Verzugsfall umfasst. Die vorgeschlagenen Regelungen gelten für alle Verträge mit Kunden. Daher können auch Verträge, die aus bisheriger Sicht nicht zu Umsatzerlösen führen, in den Anwendungsbereich des ED fallen. Voraussetzung hierfür ist, dass der Vertragspartner der im Entwurf dargelegten Definition eines Kunden entspricht. Ein Kunde wird dabei als Partei definiert, die mit einem Unternehmen einen Vertrag über den Erhalt von Gütern oder Dienstleistungen aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit des Unternehmens abgeschlossen hat. In der Grundlage für Schlussfolgerungen (Basis for Conclusions) zum ED verweisen die Boards auf die Praxis in der Öl- und Gasindustrie, wo sich mehrere Unternehmen per Vertrag zu Produktionsgemeinschaften zusammenschließen, um von den Vorteilen der gemeinsamen Erschließung und des gemeinsamen Abbaus einer potenziellen Ressource zu profitieren. In solchen Verträgen ist üblicherweise festgelegt, welcher Teil der geförderten Öl- und Gasmengen jeder Partei zusteht. Abweichungen von dem vereinbarten Verhältnis werden gewöhnlich durch Barzahlungen ausgeglichen. Vereinbarungen dieser Art erfüllen die Definition eines Vertrags. Unternehmen müssen daher prüfen, ob der Vertragspartner als Kunde anzusehen ist und der Vertrag somit in den Anwendungsbereich des ED fällt. Der Entwurf enthält keine konkreten Anwendungsleitlinien zu diesem Thema. Die Boards weisen indes darauf hin, dass sämtliche Fakten und Umstände in die Beurteilung, ob Unternehmen, die Partei eines Vertrags zur Bildung einer Produktionsgemeinschaft sind, der Definition eines Kunden entsprechen, mit einzubeziehen sind. Ähnliche Vereinbarungen über Gemeinschaftsprojekte sind häufig im Life-Sciences Bereich und im Bereich der Luftfahrt und Verteidigung anzutreffen. Bei der Prüfung, ob diese Verträge in den Anwendungsbereich des ED fallen, sind ebenfalls alle relevanten Fakten und Umstände zu berücksichtigen. Bank B ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die vertraglichen Cashflows aus Zinsen und Gebühren nicht in den Anwendungsbereich des Standardentwurfs fallen, und verteilt diese Erträge daher nach den Regelungen des IAS 39 unter Anwendung der Effektivzinsmethode über die gesamte Kreditlaufzeit. IAS 18 enthält derzeit, wenn auch nur eingeschränkt, Leitlinien dazu, was eine „Gebühr“ oder der Gesamtertrag aus einem Kredit ist. Der ED verzichtet dagegen auf derartige Leitlinien. 8 Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden Verkauf nicht-finanzieller Vermögenswerte Der Entwurf sieht darüber hinaus vor, dass die Ansatz- und Bewertungsvorschriften des vorgeschlagenen Modells auch auf die Veräußerung von bestimmten nicht-finanziellen Vermögenswerten anzuwenden sind, die keine Leistung des Unternehmens im Rahmen seiner gewöhnlichen Geschäftstätigkeit darstellen, etwa die Veräußerung von Sachanlagen und immateriellen Vermögenswerten. Der ED regelt somit auch die Bewertung und den Ansatz von Gewinnen aus dem Verkauf solcher nicht-finanziellen Vermögenswerte, obgleich diese insofern von der Definition von Umsatzerlösen abweichen, als sie nicht im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit eines Unternehmens entstehen. Nach dem vorgeschlagenen Modell hat das Unternehmen den Vermögenswert auszubuchen, wenn der Käufer die Verfügungsgewalt über diesen erlangt. Zwar unterscheidet sich diese Verfahrensweise von dem derzeit vorgeschriebenen Chancenund-Risiken-Modell, jedoch dürfte der Erfassungszeitpunkt in vielen Fällen der bisherigen Praxis entsprechen. Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden 9 Wann werden Umsatzerlöse erfasst? Identifizierung von Verträgen mit Kunden Damit das vorgeschlagene Modell angewendet werden kann, muss ein Unternehmen zunächst das Vorliegen von Verträgen prüfen. Verträge können sowohl schriftlich, mündlich oder auch implizit geschlossen werden. Das Geschäftsgebaren des einzelnen Unternehmens hat somit Einfluss darauf, ob ein Vertrag im Sinne des ED vorliegt oder nicht. Nach dem ED besteht ein Vertrag nur dann, wenn die folgenden Kriterien kumulativ erfüllt sind: • Der Vertrag hat wirtschaftliche Substanz. Dies ist dann der Fall, wenn sich die künftigen Cashflows des Unternehmens in Folge des Vertrages voraussichtlich ändern. • Die Vertragsparteien haben den Vertrag angenommen und zugesagt, ihre vertraglichen Pflichten zu erfüllen. • Für jede Vertragspartei können durchsetzbare Rechte bezüglich der zu übertragenden Güter oder der zu erbringenden Dienstleistungen identifiziert werden. • Das Unternehmen kann feststellen, zu welchen Bedingungen und in welcher Form Zahlungen für diese Güter oder Dienstleistungen zu entrichten sind. Der ED präzisiert, dass Vertragskündigungsklauseln einen wichtigen Anhaltspunkt für das Vorliegen eines Vertrags darstellen. So besteht kein Vertrag, wenn eine der Vertragsparteien den beiderseits noch nicht erfüllten Vertrag ohne Strafe jederzeit kündigen kann. Unter einem „beiderseits noch nicht erfüllten“ Vertrag versteht man eine Vereinbarung, bei der die Übertragung der festgelegten Güter oder die Erbringung der festgelegten Dienstleistungen durch das Unternehmen und die Entrichtung der vereinbarten Gegenleistung durch den Kunden noch nicht stattgefunden hat. Viele Unternehmen führen ein Auftragsbestand. Darin können Aufträge erfasst sein, die gemäß den vorgeschlagenen Regelungen Verträge darstellen, da bei einer vorzeitigen Kündigung eine Strafe zu entrichten ist. Daher ist es erforderlich, dass Unternehmen ihren Auftragsbestand sorgfältig prüfen, um zu ermitteln, welche Aufträge in den Anwendungsbereich des neuen ED fallen. Besonders wichtig ist diese Beurteilung auch im Hinblick auf die nach dem Standardentwurf geforderten Angabepflichten für Verträge, die in den Anwendungsbereich des Entwurfs fallen. Diese sind in den nachfolgenden Ausführungen zu den Angaben ausführlicher dargestellt. 10 Zusammenfassung und Segmentierung von Verträgen Obwohl in den meisten Fällen ein einzelner Vertrag mit einem Kunden vorliegen wird, enthält der ED auch Kriterien dafür, wann ein Unternehmen für die Zwecke der Umsatzrealisierung verschiedene Verträge kombinieren oder einen einzelnen Vertrag segmentieren muss. Nach dem ED sind Verträge zusammenzufassen und als ein einziger Vertrag zu bilanzieren, wenn sich die vertraglich vereinbarten Gegenleistungen einander in ihrer Höhe beeinflussen. Eine solche Abhängigkeit von Vertragskonditionen wird unterstellt, wenn die Höhe einer in einem Vertrag für Güter oder Dienstleistungen zugesagten Gegenleistung von einer zweiten, in einem anderen Vertrag zugesagten Gegenleistung abhängig ist. Der ED legt die folgenden Indikatoren fest, anhand derer eine Abhängigkeit von Vertragskonditionen zwischen zwei oder mehreren Verträgen festgestellt werden kann: • Die Verträge werden gleichzeitig oder mit nur einem geringen Zeitabstand voneinander abgeschlossen. • Die Verträge werden als ein Paket mit einem einzigen wirtschaftlichen Zweck verhandelt. • Die Verträge werden zeitgleich oder unmittelbar aufeinander folgend erfüllt. Zwischen zwei Verträgen besteht nicht schon allein deswegen eine preisliche Abhängigkeit, weil im Rahmen eines neuen Vertrags aufgrund einer bestehenden Geschäftsbeziehung mit dem Kunden (d. h. aufgrund früherer Verträge zwischen den beiden Vertragsparteien) ein Preisnachlass gewährt wird. Die Feststellung, ob die Preise mehrerer Verträge voneinander abhängig sind, erfordert eine sachkundige Beurteilung und hat sämtliche Fakten und Umstände zu berücksichtigen. Umgekehrt kann ein Unternehmen beschließen, einen Vertrag aufzuteilen und statt einem zwei oder mehrere Verträge zu erfassen, wenn die im Vertrag zugesagten Preise von einigen Gütern oder Dienstleistungen nicht von den Preisen anderer Güter oder Dienstleistungen, die Gegenstand desselben Vertrags sind, beeinflusst werden. Gemäß dem Modellentwurf sind die Preise für bestimmte Güter oder Dienstleistungen als unabhängig von den Preisen für andere Güter oder Dienstleistungen zu Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden betrachten, wenn — und nur wenn — beide der folgenden Bedingungen kumulativ erfüllt sind: • Gleiche oder ähnliche Güter bzw. Dienstleistungen werden vom Unternehmen oder anderen Unternehmen regelmäßig gesondert vertrieben. • Der Kunde erhält keinen nennenswerten Preisnachlass auf bestimmte Güter oder Dienstleistungen, weil er diese zusammen mit anderen Gütern oder Dienstleistungen im Rahmen eines Vertrages erwirbt. Gelangt ein Unternehmen zu dem Ergebnis, dass ein Vertrag segmentiert werden sollte, hat es laut den vorgeschlagenen Regelungen den Gesamtbetrag der erwarteten Gegenleistung im Verhältnis der Einzelveräußerungspreise der Güter oder Dienstleistungen, die in den „Vertragssegmenten“ identifiziert wurden, auf die einzelnen Vertragssegmente aufzuteilen. Änderungen der erwarteten Gegenleistung werden ausschließlich für die Vertragskomponente erfasst, auf die sich die Änderung auswirkt. So sind Änderungen in der Höhe der bedingten Gegenleistung, die aus Änderungen ihres variablen Anteils resultieren, der Vertragskomponente zuzuordnen, in der diese Schwankungen aufgetreten sind. Beispiel 2 - Segmentierung eines Vertrags Unternehmen R schließt mit dem Kunden C einen Vertrag über den Verkauf eines Bürogebäudes ab. Der Vertrag beinhaltet auch eine Vereinbarung zur Instandhaltung des Gebäudes über einen Zeitraum von fünf Jahren. Der Vertrag sieht eine feste Einmalzahlung für das Gebäude und eine über den Erbringungszeitraum der Dienstleistung zu zahlenden Instandhaltungsgebühr vor. Diese ist in vierteljährlichen Raten zu entrichten. Die Höhe der Instandhaltungsgebühr bemisst sich nach dem aktuellen Marktpreis. Für die ersten drei Monate bietet Unternehmen R allerdings eine kostenlose Instandhaltung an. Ein weiterer Preisnachlass wurde nicht vereinbart. Unternehmen R verkauft regelmäßig Gebäude an Kunden oder bietet diesen Instandhaltungsleistungen an. Beide Leistungen werden auch regelmäßig als Paket angeboten. R entscheidet, dass der kostenlose Instandhaltungszeitraum für den Vertrag nicht von wesentlicher Bedeutung ist und dass daher keine Preisabhängigkeit zwischen den beiden Verträgen besteht. Der Vertrag wird deshalb in zwei Verträge aufgeteilt. Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden 11 Beispiel 3 - Zuordnung von Preisnachlässen bei einem segmentierten Vertrag Unternehmen P schließt mit einem Kunden einen Vertrag über den Verkauf der Produkte A und B für einen Gesamtpreis von EUR 100 ab. Bei Prüfung des Vertrags gelangt P zu dem Ergebnis, dass die Produkte A und B trennbar sind und separate Leistungsverpflichtungen darstellen. Die Einzelveräußerungspreise betragen EUR 65 für Produkt A und EUR 35 für Produkt B. P hat außerdem Anspruch auf ein zusätzliches Entgelt in Höhe von EUR 10, wenn der Kunde durch den Einsatz von Produkt A bestimmte Effizienzvorteile erzielt. Bei einer Segmentierung des Vertrags ist diese zusätzliche Gegenleistung in Höhe von EUR 10 in voller Höhe dem Produkt A zuzurechnen. Wird der Vertrag nicht aufgeteilt, hat P die zusätzliche Gegenleistung in Höhe von EUR 10 im Verhältnis der Einzelveräußerungspreise auf die Produkte zu verteilen. Demnach sind EUR 6,50 dem Produkt A und EUR 3,50 Produkt B zuzuweisen. In der Basis for Conclusions weisen die Boards darauf hin, dass ein Vertrag die Voraussetzungen für eine Segmentierung auch dann erfüllen kann, wenn ein Rabatt nachweislich nur für einen Teil der vertraglich vereinbarten Güter oder Dienstleistungen eingeräumt wird. Ein Unternehmen hat also nicht zwingend zu unterstellen, dass ein Preisnachlass für ein bestimmtes Gut oder eine bestimmte Dienstleistung nur wegen des Erwerbs des gesamten Güter- und Dienstleistungspakets gewährt wird. In dem vorstehenden Beispiel bezieht sich die Prämie klar auf Produkt A und ist nicht abhängig vom Verkauf von Produkt B, sodass der Vertrag aus unserer Sicht aufzuteilen wäre. Vertragsmodifikationen Vertragsmodifikationen sind Änderungen im Umfang eines Vertrages oder beim vereinbarten Preis, die von einer der Vertragsparteien ausgehen. Eine solche Änderung kann beispielweise den Leistungsumfang (d. h. die Art oder Anzahl der dem Kunden zugesagten Güter oder Dienstleistungen), Art und Zeitpunkt der 12 Vertragserfüllung oder die bisher vereinbarte Preisgestaltung betreffen. Bei einer Vertragsmodifikation hat das Unternehmen zu beurteilen, ob die Änderung einen neuen Vertrag begründet oder ob sie in den bestehenden Vertrag aufgenommen werden soll. Dies ist abhängig von den Wechselwirkungen zwischen dem ursprünglichen Vertrag und dessen Modifikation. In ihrer Basis for Conclusions legen die Boards dar, dass auf Vertragsmodifikationen dieselben Grundsätze anzuwenden sind, die auch für die Segmentierung oder Zusammenfassung von Verträgen maßgeblich sind. Die vorgeschlagenen Regelungen sehen vor, dass die geänderten Vertragsbestimmungen in Fällen, in denen die Vertragsänderung wegen der Preisabhängigkeit klar mit dem ursprünglichen Vertrag verbunden ist, ein Teil des ursprünglichen Vertrags darstellt. Wenn sich die Vertragsänderung hingegen auf Güter oder Dienstleistungen bezieht, deren Preis unabhängig festgelegt wird, ist sie in vielen Fällen als separater Vertrag anzusehen und gesondert zu bilanzieren. Damit eine Vertragsmodifikation als eigenständiger Vertrag behandelt werden kann, muss sie die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Vertrages erfüllen (siehe hierzu die Ausführungen zur Identifizierung von Verträgen mit Kunden auf Seite 10). In Abhängigkeit davon, ob die Vertragsänderung mit dem ursprünglichen Vertrag kombiniert wird, können die Höhe der Umsatzerlöse und der Zeitpunkt ihrer Erfassung unterschiedlich ausfallen. Sofern die Vertragsmodifikation mit dem ursprünglichen Vertrag kombiniert wird, führt dies zu einer Neuverteilung des Transaktionspreises auf die separaten Leistungsverpflichtungen. Soweit die Neuzuweisung des Transaktionspreises bereits erfüllte Leistungsverpflichtungen betrifft, hat das Unternehmen den kumulativen Effekt in der Berichtsperiode zu erfassen, in der die Änderung stattfindet. Im Ergebnis werden die Umsätze aus der Vertragsmodifikation so erfasst, als ob die geänderten Bestimmungen bereits Teil des ursprünglichen Vertrags gewesen wären. Gelangt das Unternehmen hingegen zu dem Schluss, dass die Vertragsmodifikation und der ursprüngliche Vertrag als separate Verträge zu behandeln sind, so hat es die Änderungen auf dieser Grundlage zu bilanzieren. Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden Beispiel 4 - Vertragsmodifikationen Unternehmen A vereinbart die Herstellung und Montage einer Maschine mit dem Kunden B. Einen Monat nach der Montage schließt A mit B einen gesonderten Wartungsvertrag für die Maschine ab, der eine Laufzeit von drei Jahren hat. Die Gegenleistung für die Wartungsarbeiten ist vergleichbar mit dem Entgelt, das A anderen Kunden berechnet, und steht mit dem Montagevertrag nicht im Zusammenhang. Daher wird der Wartungsvertrag als separater Vertrag bilanziert. Obwohl beide Verträge mit demselben Kunden abgeschlossen werden, ist der Preis für die Wartung unabhängig vom Preis für die Maschine. Identifizierung der separaten Leistungsverpflichtungen Der ED definiert eine Leistungsverpflichtung als „rechtlich durchsetzbare (explizite oder implizite) Zusage in einem Vertrag mit einem Kunden, ein Gut oder eine Dienstleistung an diesen Kunden zu übertragen“. Nach dem vorgeschlagenen Modell muss ein Unternehmen die Vertragsbedingungen sowie das normale Geschäftsgebaren analysieren, um alle vereinbarten Güter und Dienstleistungen zu identifizieren. Dies lässt sich an dem folgenden Beispiel verdeutlichen: Unternehmen A räumt seinen Kunden üblicherweise eine Gewährleistung von 90 Tagen ein. Wenn auch nicht gesondert vertraglich vereinbart, stellt dies eine Dienstleistung im Sinne des ED dar. Ein Unternehmen muss bestimmen, ob die vereinbarten Güter und Dienstleistungen als separate Leistungsverpflichtungen zu behandeln sind. Dies ist nur dann der Fall, wenn das Gut oder die Dienstleistung „einzeln abgrenzbar“ (distinct) ist. Ein Gut oder eine Dienstleistung ist „einzeln abgrenzbar“ im Sinne der vorgeschlagenen Modells, wenn: • das Unternehmen oder ein anderes Unternehmen ein identisches oder vergleichbares Gut bzw. eine identische oder vergleichbare Dienstleistung separat verkauft; oder • das Unternehmen das Gut oder die Dienstleistung separat verkaufen könnte, weil die beiden nachfolgenden Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: • Das Gut oder die Dienstleistung haben eine bestimmte Funktion, d. h. sie stiften allein oder zusammen mit anderen vom Kunden erworbenen Gütern oder Dienstleistun- • gen Nutzen oder wird separat vom Unternehmen oder einem anderen Unternehmen separat angeboten und Sie haben eine bestimmte eigene Gewinnmarge, d. h. sie unterliegen eigenen Risiken und das Unternehmen kann die erforderlichen Ressourcen für die Lieferung des Gutes bzw. die Erbringung der Dienstleistung eindeutig identifizieren Sofern Güter oder Dienstleistungen nicht als separate Leistungsverpflichtung zu behandeln sind, hat das Unternehmen diese Güter und Dienstleistungen so lange mit anderen zugesagten Gütern oder Dienstleistungen zusammenzufassen bis ein Paket von Gütern oder Dienstleistungen entsteht, das „bestimmt“ ist. Diese Kombination von Gütern oder Dienstleistungen kann zur Folge haben, dass das Unternehmen sämtliche in dem betreffenden Vertrag zugesagten Güter oder Dienstleistungen als eine einzige Leistungsverpflichtung zu bilanzieren hat. Die Pflicht zur Kombination von Gütern oder Dienstleistungen, die einzeln nicht „bestimmt“ sind, mit anderen Gütern oder Dienstleistungen bildet ein grundlegendes Element des vorgeschlagenen Modells und kann einen wesentlichen Einfluss auf den Zeitpunkt der Umsatzrealisierung haben. Diese Vorschrift kann jedoch auch dazu führen, dass mehrere Güter oder Dienstleistungen kombiniert werden müssen, die für sich genommen „bestimmt“ sind. Die Anwendungsleitlinien zum ED führen hierzu als Beispiel einen Bauauftrag an, der die folgenden Güter und Dienstleistungen umfasst: • Vorbereitung der Baustelle • Herstellung des Fundaments • Errichtung des Rohbaus • Rohrverlegung • Leitungsverlegung • Abschließende Arbeiten an der Baustelle • Auftragsmanagement Das Unternehmen gelangt zum Schluss, dass die Auftragsmanagementleistungen nicht „bestimmt“ sind, während die übrigen zugesagten Güter und Dienstleistungen „bestimmt“ sind. Das Unternehmen beschließt daher, die Auftragsmanagementleistungen mit anderen vereinbarten Gütern und Dienstleistungen Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden 13 zu einem Paket von Gütern und Dienstleistungen zu kombinieren, das insgesamt die Voraussetzung der „Bestimmtheit“ erfüllt. Im vorliegenden Beispiel beschließt das Unternehmen, das Auftragsmanagement mit sämtlichen Gütern und Dienstleistungen zu kombinieren, die sich auf die Bautätigkeit beziehen, d. h. die Herstellung des Fundaments, der Rohbau sowie die Rohr- und Leitungsverlegung, da die Tätigkeiten dieser Leistungskomponenten miteinander zusammenhängen und die Risiken der verschiedenen Komponenten untrennbar miteinander verbunden sind. Folglich kommt das Unternehmen zu dem Ergebnis, dass der Vertrag drei separate Leistungsverpflichtungen enthält: die Vorbereitung der Baustelle, die Bautätigkeit und die abschließenden Arbeiten an der Baustelle. In Fällen, in denen ein Unternehmen mehrere Güter gleichzeitig überträgt oder Dienstleistungen an einen Kunden erbringt, ist es nicht erforderlich, das vorgeschlagene Modell auf jede Leistungsverpflichtung separat anzuwenden. Sowohl die Höhe der erfassten Umsatzerlöse als auch der Zeitpunkt der Umsatzrealisierung würde bei der Anwendung des vorgeschlagenen Modells auf die separaten Leistungsverpflichtungen gleich ausfallen. Beispiel 5 - Identifizierung der separaten Leistungsverpflichtungen Der Telekommunikationsanbieter X verpflichtet sich vertraglich, folgendes an einen Kunden bereitzustellen: • einen Internetzugang (einschließlich der Installation von Hardware beim Kunden durch einen Techniker) • einen Festnetzanschluss; und • Fernsehprogramme Jede dieser Leistungen wird separat angeboten, kann aber auch verschieden kombiniert werden. Da bei einer Bestellung des gesamten Paketes ein erheblicher Preisnachlass gegenüber dem Einzelveräußerungspreis jeder Leistung gewährt wird, ist eine Segmentierung des Vertrags nicht möglich. Allerdings sind die Leistungen „bestimmt“, sodass sie als einzelne Leistungsverpflichtungen zu erfassen sind. Die Einrichtung des Internetzugangs beim Kunden ist von der laufenden Bereitstellung des Internets nicht trennbar, da sie keinen eigenen Nutzen aufweist. Deshalb wird die Einrichtung des Internetzugangs als Komponente der Leistungsverpflichtung „Internetzugang“ behandelt. 14 Rückgaberechte Ein Unternehmen kann seinen Kunden ein Rückgaberecht an den gelieferten Produkten einräumen. Dies kann entweder vertraglich vereinbart sein oder im Rahmen der Geschäftspraxis des Unternehmens implizit erfolgen. Ein Kunde, der von seinem Rückgaberecht Gebrauch macht, kann den Kaufpreis vollständig oder teilweise rückerstattet bekommen, eine Gutschrift auf ausstehende Zahlungen oder eine Anrechnung auf den Kaufpreis anderer Güter oder Dienstleistungen erhalten oder ein Ersatzprodukt angeboten bekommen. Möglich ist auch eine Kombination der vorstehenden Leistungen. Ein Unternehmen, das in einem Kaufvertrag ein Rückgaberecht einräumt, muss jederzeit bereit sein, das verkaufte Produkt zurückzunehmen. Aus Sicht der Boards stellt eine solche Verpflichtung keine separate Leistungsverpflichtung dar. Bei Produktverkäufen mit Rückgaberecht handelt es sich vielmehr um eine unsichere Zahl von Verkäufen. Bis zum Ablauf des Rückgaberechts weiß das Unternehmen somit nicht, ob ein erfolgreicher Verkauf stattgefunden hat oder ein sogenannter fehlgeschlagener Verkauf (failed sale) vorliegt. Nach den vorgeschlagenen Regelungen dürfen Umsatzerlöse für Verkäufe nicht erfasst werden, wenn die Erwartung besteht, dass der Kunde von seinem Rückgaberecht Gebrauch machen könnte. Nach Auffassung der Boards bedeutet ein Rückgaberecht in der Regel, dass der Transaktionspreis zum Zeitpunkt des Verkaufs unsicher ist. Zum Verkaufszeitpunkt wird der Transaktionspreis daher im Einklang mit den vorgeschlagenen Leitlinien für eine variable (bedingte) Gegenleistung bewertet. Hier schreibt das vorgeschlagene Modell vor, dass ein Unternehmen den Umsatz auf Basis der erwarteten variablen Vergütung bzw. im Falle eines Rückgaberechts in Höhe des Betrags, den das Unternehmen bis zum Ablauf der Rückgabefrist voraussichtlich erstatten wird, ermitteln muss, sofern das Unternehmen in der Lage ist, eine vernünftige Schätzung abzugeben. Die Schätzung sollte die möglichen Ergebnisse sowie deren Wahrscheinlichkeiten berücksichtigen. Kann das Unternehmen die Wahrscheinlichkeit der Produktrückgabe nicht einschätzen, hat es mit der Erfassung des Verkaufserlöses so lange zu warten, bis eine angemessene Schätzung der Wahrscheinlichkeit möglich ist. Dies kann auch erst mit Ende der Rückgabefrist der Fall sein. Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden Nach dem Modellentwurf ist für die erwartenden Produktrückgaben eine entsprechende Verbindlichkeit anzusetzen, die die Verpflichtung des Unternehmens zur Rückerstattung der vom Kunden erhaltenen Gegenleistung darstellt. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass das Unternehmen die Wahrscheinlichkeit der Rückgabe angemessen schätzen kann. Ist eine Schätzung nicht möglich, ist stattdessen die volle Rückerstattungsverbindlichkeit anzusetzen, bis die Wahrscheinlichkeit angemessen geschätzt werden kann oder die Rückgabefrist abgelaufen ist. Nach ihrem erstmaligen Ansatz sind Rückerstattungsverbindlichkeiten zu jedem Berichtsstichtag unter Berücksichtigung aller etwaigen Annahmeänderungen in Hinblick auf die zu erwartenden Produktrückgaben neu zu bewerten. Bei Schätzungsanpassungen sind auch die den bereits erfüllten Leistungsverpflichtungen zugeordneten Beträge entsprechend anzupassen. Rechnet das Unternehmen beispielsweise damit, dass die Anzahl der Retouren über seiner ursprünglichen Schätzung liegen wird, hat es die erfassten Umsatzerlöse zu vermindern und die Rückerstattungsverbindlichkeit zu erhöhen. Anpassungen der Rückerstattungsverbindlichkeiten werden sich somit unmittelbar auf die Höhe der ausgewiesenen Umsatzerlöse auswirken. Bei Gewährung von Rückerstattungen oder Gutschriften an Kunden infolge der Ausübung des Rückgaberechts, kann das zurückgegebene Produkt wieder verkaufsfähig oder instandzusetzen sein. Nach den vorgeschlagenen Leitlinien hat das Unternehmen bei Erfassung des ursprünglichen Verkaufsgeschäfts auch einen Vermögenswert für sein Recht auf Rückerhalt der vom Kunden zurückgegebenen Güter anzusetzen. Dieses Recht ist getrennt von den Vorräten auszuweisen und die Umsatzkosten entsprechend anzupassen. Der Vermögenswert wird bei seinem erstmaligen Ansatz mit dem ursprünglichen Buchwert der Vorräte nach Abzug aller für die Rückerlangung der Güter voraussichtlich anfallenden Kosten bewertet. Der Wertansatz des Vermögenswertes ist zu jedem Berichtsstichtag neu zu bewerten und gegebenenfalls an geänderte Rückgabeerwartungen anzupassen. Darüberhinaus ist der Vermögenswerts auf eventuelle Wertminderungen hin zu überprüfen. So kann beispielsweise ein Pharmaunternehmen seinen Vertriebspartnern das Recht einräumen, verschreibungspflichtige Arzneimittel innerhalb von sechs Monaten vor ihrem Verfalldatum zurückzugeben. Wenn sich die Medikamente ihrem Ablaufdatum nähern kann das Pharmaunternehmen zu dem Schluss kommen, dass die betroffenen Produkte nur noch einen geringen oder keinen Restwert mehr haben. In diesem Fall wäre für die Vermögenswerte aus Rückerhaltsansprüchen eine entsprechende Wertberichtigung zu erfassen. Die Boards weisen darauf hin, dass Tauschvorgänge, bei denen ein Kunde ein Produkt gegen ein gleichartiges und qualitativ gleichwertiges Erzeugnis in gleichem Zustand tauscht, das zum gleichen Preis verkauft wird (beispielsweise bei einem Tausch gegen eine andere Farbe oder Größe), nicht als Produktrückgaben im Sinne des ED anzusehen sind. Beispiel 6 - Rückgaberechte Ein Einzelhändler verkauft monatlich 100 Einheiten von Produkt A zu einem Preis von jeweils EUR 100. Die verkauften Erzeugnisse können innerhalb einer Frist von 90 Tagen zurückgegeben werden. Die Anschaffungskosten betragen EUR 70 pro Produkt. Auf Grundlage seiner bisherigen Erfahrungen rechnet das Unternehmen bei Produkt A mit einer Rückgabequote von 3 %. Es nimmt folgende Buchungen vor: Zahlungsmittel EUR 10.000 An Umsatzerlöse An Rückerstattungsverbindlichkeit Umsatzkosten EUR 9.700 (97 Stück x EUR 100) EUR 300 (3 voraussichtliche Retouren x EUR 100) EUR 6.790 (97 Stück x EUR 70) VW aus Rückerhaltsanspruch EUR 210 An Vorräte Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden (3 voraussichtliche Retouren x EUR 70) EUR 7.000 15 Gewährleistungen und Garantien Mit der Veräußerung von Gütern gehen häufig Gewährleistungsund Garantieverpflichtungen einher. Unter Gewährleistungen versteht man üblicherweise gesetzliche Verpflichtungen, während Garantien eine vertragliche Verpflichtung darstellen. Nach den Vorschlägen des ED ist es unerheblich, ob eine Garantie oder Gewährleistung im Vertrag explizit vereinbart wird oder ob diese implizit vom Unternehmen gewährt wird. Eine Garantie oder Gewährleistung kann dabei auf unterschiedliche Weise im Kaufvertrag berücksichtigt werden, beispielsweise kann sie bereits im Kaufpreis berücksichtigt sein oder aber als gesonderte Leistung separat berechnet werden. Der Standardentwurf unterscheidet zwischen Gewährleistungen und Garantien. Eine Gewährleistung deckt Mängel ab, die bereits zum Zeitpunkt des Gefahrenübergangs auf den Kunden bestanden haben. In Deutschland dürfte es sich hierbei um die gesetzlich geregelte Gewährleistung handeln. Eine Garantie deckt dagegen Mängel ab, die erst nach dem Gefahrenübergang auf den Kunden aufgetreten sind. Sachmängelgewährleistung Nach dem vorgeschlagenen Modell stellen Gewährleistungen, mit denen Mängel abgedeckt werden, die bereits zum Zeitpunkt des Übergangs der Verfügungsgewalt auf den Kunden (Gefahrenübergang) bestanden haben, keine separate Leistungsverpflichtung gegenüber dem Kunden dar. Vielmehr hat das Unternehmen zu prüfen, ob es seine eigentliche Leistungsverpflichtung, die Lieferung eines mängelfreies Produktes an den Kunden, überhaupt erfüllt hat oder ob ein sogenannter failed sale vorliegt. Bei Verträgen, die eine Sachmängelgewährleistung enthalten, ist das Unternehmen aufgefordert, die Eintrittswahrscheinlichkeit und den erwarteten Umfang der potentiellen Mängel an den verkauften Produkten zu ermitteln. Diese Beurteilung ist an jedem Berichtsstichtag zu wiederholen. Ist ein Unternehmen zum Ersatz des schadhaften Produkts verpflichtet, ist es nach dem vorgeschlagenen Regelungen nicht zulässig, den mit der Leistungsverpflichtung verbundenen Umsatz zu erfassen. Die Leistungsverpflichtung zur Lieferung des Guts oder der Erbringung der Dienstleistung wird als nicht 16 erfüllt angesehen und verbleibt somit in der Bilanz. Besteht hingegen eine Pflicht zur Reparatur des schadhaften Produkts, muss es lediglich den Teil des Transaktionspreises abgrenzen und als Verpflichtung ansetzen, der auf die Produktkomponenten entfällt, die voraussichtlich repariert werden müssen. Da der Kaufpreis nach dem Standardentwurf nicht auf die einzelnen Komponenten eines Produkts verteilt werden muss, enthält der ED auch keine spezifischen Bestimmungen dafür, wie die Bemessung des Umsatzanteils zu erfolgen hat. Ein praktikabler Ansatz könnte darin bestehen, die mit der Reparatur oder dem Ersatz der Komponente verbundenen Kosten zu identifizieren und eine angemessene Marge auf die Kosten aufzuschlagen. Der abgegrenzte Umsatz ist erst dann zu erfassen, wenn die Verfügungsgewalt über das Produkt tatsächlich auf den Kunden übergegangen ist. Produktgarantien Bietet ein Unternehmen dem Kunden eine Garantie an, die Mängel abdeckt, die erst nach dem Übergang der Verfügungsgewalt auf den Kunden auftreten, handelt es sich nach Auffassung der Boards um eine Garantie mit Versicherungscharakter. Die vorgeschlagenen Regelungen sehen vor, dass diese Art von Garantie eine eigene separate Leistungsverpflichtung darstellt. Bei der erstmaligen Beurteilung des Vertrages ist daher ein Teil des Transaktionspreises, der auf die Garantie entfällt, der entsprechenden Leistungsverpflichtung zuzuordnen. Entsprechend wird der Umsatz auf die Garantieleistungen abgegrenzt und erst dann erfasst, wenn die Garantieleistungen erbracht werden. Die Umsatzrealisierung erfolgt üblicherweise auf systematische Weise, z. B. linear über den Garantiezeitraum. Die Garantie stellt somit eine kontinuierliche Leistungsverpflichtung dar, die über die Dauer der Garantie zu erbringen ist. Unter bestimmten Umständen kann es schwierig zu beurteilen sein, ob eine Gewährleistung lediglich bestehende Mängel bei Lieferung abdeckt oder ob sie auch für später auftretende Mängel einsteht. Der Entwurf nennt verschiedene Faktoren, die für die Beurteilung herangezogen werden sollen. Dazu zählt beispielsweise, ob die Gewährleistung gesetzlich vorgeschrieben ist, ob das Produkt auch ohne die Gewährleistung hätte verkauft werden können, sowie die Dauer der Gewährleistungsfrist. Die Unternehmensleitung hat bei ihrer Beurteilung in jedem Fall einen erheblichen Ermessensspielraum. Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden Rückgaberechte, Gewährleistung und Garantie Rückgaberechte Gewährleistung Garantie Zielsetzung • Allgemeines Recht des Kunden, mängelfreie Güter zurückzugeben Zielsetzung • Schutz vor Mängeln am Produkt im Zeitpunkt der Lieferung Zielsetzung • Schutz vor künftigen Mängeln Zu berücksichtigende Faktoren • Vertragliche Bedingungen • Historische Erfahrungen • Zukunftserwartungen Zu berücksichtigende Faktoren • Gesetzlich vorgeschrieben • Produkt darf nur in Verbindung mit einer Gewährleistung verkauft werden • In der Regel kurzfristig Zu berücksichtigende Faktoren • Nicht gesetzlich vorgeschrieben • Wird in der Regel separat angeboten • In der Regel langfristig Bilanzielle Behandlung • Keine separate Leistungsverpflichtung • Abgrenzung des Umsatzes in Höhe des Erwartungswerts jener Güter, die bis zum Ende der Rückgabefrist zurückgegeben werden • Ansatz eines korrespondierenden Vermögenswertes für die erwarteten Rückläufer • Schätzungsänderungen werden ergebniswirksam erfasst Bilanzielle Behandlung • Keine separate Leistungsverpflichtung • Ansatz einer Verbindlichkeit für die erwarteten Kosten zur Behebung der bestehenden Mängel • Ansatz eines korrespondierenden Vermögenswertes für die erwarteten Rückläufer • Schätzungsänderungen werden ergebniswirksam erfasst Bilanzielle Behandlung • Separate Leistungsverpflichtung • Transaktionspreis wird auf Basis des Einzelveräußerungspreises auf mehrere Leistungsverpflichtungen aufgeteilt • Keine Neueinschätzung Kombination aus Gewährleistung und Garantie Sofern ein Unternehmen sowohl Mängel abdeckt, die bereits zum Zeitpunkt des Übergangs der Verfügungsgewalt bestanden haben, als auch Mängel die nach dem Gefahrenübergang entstehen, dann hat es nach dem vorgeschlagenen Modell beide Komponenten zu erfassen. Zwar enthält der Standardentwurf kein konkretes Beispiel für ein Szenario, in der eine einzige Garantie bzw. Gewährleistung beide Zwecke erfüllt. Dafür wird jedoch in Paragraph IG18 auf die Möglichkeit hingewiesen, dass auch einzelne Teile einer Gewährleistung als Leistungsverpflichtung angesehen werden können. Nach den vorgeschlagenen Regelungen hätte das Unternehmen einen Teil des Transaktionspreises der Garantieverpflichtung zuzuweisen und die Sachmängelgewährleistung getrennt von der Garantieleistung ausweisen. Die Allokation hat im Verhältnis der Einzelveräußerungspreise zu erfolgen. Gewährleistungskosten Die mit der Erfüllung einer Gewährleistungsverpflichtung verbundenen Kosten sind nach dem neuen Modell in jedem Fall im Zeitpunkt ihres Anfallens als Aufwand zu erfassen. In bestimmten Situationen kann es jedoch vorkommen, dass die erwarteten Gewährleistungskosten zur Erfüllung einer Leistungsverpflichtung den ihnen zugeordneten Transaktionspreis überschreiten. In solchen Fällen hat das Unternehmen die Leistungsverpflichtung als belastende Leistungsverpflichtung einzustufen und die Kosten abgrenzen. Weitergehende Erläuterungen zum Thema belastende Leistungsverpflichtungen finden sich auf Seite 45 dieser Broschüre. Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden 17 Beispiel 7 — Garantieleistungen Ein Automobilhersteller bietet eine verlängerte Garantiefrist von drei Jahren für alle verkauften Fahrzeuge an, ohne diese Leistung separat in Rechnung zu stellen. Die gesetzlich vorgeschriebene Gewährleistungsfrist beträgt ein Jahr. Der Hersteller ist in der Lage, die zu erwarteten Gewährleistungsansprüche für jedes Jahr zu schätzen. Das Unternehmen kommt zu dem Schluss, dass jeder Kaufvertrag zwei Leistungsverpflichtungen beinhaltet: • Den Verkauf des Fahrzeugs, einschließlich der gesetzlichen Sachmängelgewährleistung für ein Jahr • Eine Produktgarantie für die verlängerte Gewährleistung im zweiten und dritten Jahr Der Verkaufspreis für Modell A beträgt EUR 40.000 bei einer Bruttomarge von 15 %. Nach den Berechnungen des Herstellers beträgt der Einzelveräußerungspreis für die verlängerte Gewährleistungsfrist EUR 2.500. Diesen Betrag hat das Unternehmen aus den Marktwerten abgeleitet (adjusted market assessment approach). Dazu wurden ähnliche Gewährleistungen von Konkurrenzunternehmen mit beobachtbarem Marktpreis analysiert und auf Grundlage der eigenen Kosten und Margen angepasst. Der Transaktionspreis wird im Verhältnis der Einzelveräußerungspreise wie folgt auf die beiden Leistungsverpflichtungen verteilt: Fahrzeug: Produktgarantie: EUR 37.467 EUR 2.353 (40.000 x 40.000/42.500) (2.500 x 40.000/42.500) Nach den Erfahrungswerten des Unternehmens weisen durchschnittlich 1 % der verkauften Fahrzeuge wesentliche Mängel auf. Diese lassen sich bis zum Herstellungsprozess zurückverfolgen und sind durch die Sachmängelgewährleistung abgedeckt. Auf Basis einer Wahrscheinlichkeitsrechnung schätzt das Unternehmen, das sich die durchschnittlichen Kosten für die Reparaturen auf EUR 2.000 belaufen. Daher grenzt das Unternehmen gemäß dem expected cost plus margin-approach (Ansatz der erwarteten Kosten zzgl. einer Marge) einen Teilbetrag von EUR 2.300 (EUR 2.000 zzgl. 15 % Marge) ab. Der dem Verkauf des Fahrzeugs zugeordnete Transaktionspreis reduziert sich somit auf EUR 35.167. Der Hersteller nimmt die folgenden Buchungen vor: Geldeingang / Forderungen Umsatzerlöse Verbindlichkeit (Sachmängelgewährleistung) Verbindlichkeit (Produktgarantie) EUR 40.000 EUR 35.167 EUR 2.300 EUR 2.353 Die Sachmängelgewährleistung hat eine verzögerte Umsatzerfassung zur Folge, um Gewährleistungsansprüche, die während der Gewährleistungsfrist entstehen, abzudecken. Nachträgliche Änderungen der Verbindlichkeit sind als Verringerung oder Erhöhung der Umsatzerlöse zu erfassen. Wenn am Ende der Gewährleistungsfrist eine Abweichung zwischen der geschätzten und der tatsächlichen Höhe der Verbindlichkeit für die Sachmängelgewährleistung festgestellt wird, wird diese Differenz ebenfalls in den Umsatzerlösen erfasst. Für die Leistungsverpflichtung aus der Produktgarantie wird zunächst eine eigene Verbindlichkeit angesetzt. Diese wird anschließend linear über den Garantiezeitraum im Umsatz erfasst. Nachträgliche Änderungen der ursprünglichen Schätzung haben keine Auswirkung auf die Höhe der zugeordneten Umsatzerlöse. Der anteilige Transaktionspreis wird zu Beginn des Vertragsabschlusses bestimmt und der separaten Leistungsverpflichtung zugeordnet. Nachträgliche Änderungen der Einzelveräußerungspreise werden nach dem vorgeschlagenen Modell nicht mehr berücksichtigt. Überschreiten die Gewährleistungsansprüche jedoch den zugeordneten Transaktionspreis, wird die Leistungsverpflichtung belastend, und es ist eine separate vertragliche Verbindlichkeit zu erfassen. 18 Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden Ist das Unternehmen Hauptlieferant oder Vermittler (Principal-Agent Verhältnis)? Verträge mit Kunden, insbesondere wenn diese Dienstleistungen betreffen, führen häufig zu Konstellationen, in denen der Kunde eines Unternehmens Güter oder Dienstleistungen von einem anderen Unternehmen erhält, mit dem dieser keinen direkten Vertrag abgeschlossen hat. Sobald Dritte an der Lieferung von Gütern oder Dienstleistungen an den Kunden eines Unternehmens beteiligt sind, muss das Unternehmen nach Maßgabe des Standardentwurfs bestimmen, worin genau seine eigene Leistungsverpflichtung besteht. Besteht die Leistungsverpflichtung des Unternehmens darin, das Gut an den Kunden selbst zu liefern oder die Dienstleistung selbst zu erbringen, dann wird das Unternehmen als Hauptlieferant (principal) tätig. Sofern das Unternehmen einen Dritten mit der Lieferung des Gutes oder der Erbringung der Dienstleistung beauftragt, handelt es dagegen als Vermittler (agent). Diese Unterscheidung ist maßgeblich für die Bilanzierung der Umsatzerlöse aus dem Vertrag. Ist das Unternehmen als Hauptlieferant tätig, dann erfasst es die Umsatzerlöse in Höhe des Bruttobetrags der vereinbarten Gegenleistung. Agiert das Unternehmen hingegen nur als Vermittler, hat es den Nettobetrag aus Umsatzerlös und Umsatzkosten, z. B. in Form einer Kommission aus dem Vermittlungsgeschäft, zu erfassen. Die Leistungsverpflichtungen eines Hauptlieferanten unterscheiden sich grundsätzlich von denen eines Vermittlers. Da der Hauptlieferant die Verfügungsgewalt über die Güter oder Dienstleistungen hat, bevor er sie an den Kunden transferiert, besteht seine Leistungsverpflichtung darin, die im Vertrag festgelegten Güter oder Dienstleistungen vertragsgemäß an den Kunden zu übertragen. Der Vermittler trägt lediglich dazu bei, den Verkauf von Gütern oder Dienstleistungen an den Kunden zu erleichtern. Im Gegenzug hierfür erhält er eine Gebühr oder Provision. Zu keinem Zeitpunkt hat er jedoch die Verfügungsgewalt über die Güter und/oder Dienstleistungen. Die Leistungsverpflichtung des Vermittlers besteht somit darin, dafür zu sorgen, dass ein Drittunternehmen die Güter oder Dienstleistungen an den Kunden liefert. Da aus Verträgen häufig nicht eindeutig hervorgeht, wer Hauptlieferant und wer Vermittler ist, haben die Boards entsprechen- de Leitlinien in den Standardentwurf mit aufgenommen. Anhand der darin aufgeführten Indikatoren lässt sich bestimmen, ob sich die Leistungsverpflichtung auf ein Vermittlungsgeschäft bezieht. Der Entwurf nennt u. a. die folgenden Indikatoren: • Für die Erfüllung des Vertrags ist im Wesentlichen die andere (den Vertrag erfüllende) Partei verantwortlich. • Das Unternehmen hat weder zum Zeitpunkt der Bestellung noch während der Lieferung oder bei der Rückgabe des Produktes ein Lagerhaltungsrisiko aus dem zu transferierenden Gut (inventory risk). • Das Unternehmen kann die Preisgestaltung im Hinblick auf die Güter oder Dienstleistungen der Gegenpartei nicht beeinflussen. Der Gewinn, den das Unternehmen mit diesen Gütern oder Dienstleistungen erzielen kann, ist somit begrenzt. • Die Vergütung des Unternehmens besteht in einer Provision. • Das Unternehmen trägt kein Ausfallrisiko aus der Forderung aus der Lieferung oder Leistungen gegenüber dem Kunden (customer credit risk). Verfügt ein Hauptlieferant über die Option, Güter oder Dienstleistungen nicht selbst zu liefern und überträgt die Verpflichtung auf ein anderes Unternehmen, und macht er von dieser Option Gebrauch, so ist seine Leistungsverpflichtung nach Auffassung der Boards eindeutig nicht erfüllt. Aus diesem Grund ist auch kein Umsatz zu erfassen. Stattdessen hat das Unternehmen zu beurteilen, ob eine neue Leistungsverpflichtung geschaffen wurde, die darin besteht, einen Kunden für das Unternehmen zu gewinnen, das die Leistungsverpflichtung übernimmt, d. h. ob das Unternehmen jetzt als Vermittler tätig ist. Lieferungen auf Kommission Unternehmen liefern häufig Vorratsgüter auf Kommissionsbasis an andere Parteien, beispielweise an Vertriebsunternehmen oder Händler. Durch Kommissionsgeschäfte kann der Kommittent seine Produkte besser vermarkten, da er sie näher am Endverbraucher platzieren kann. Es findet dabei jedoch kein Verkauf der Produkte an den Zwischenhändler (Kommissionär) statt. Diese Transaktionsform ist auch für den Kommissionär vorteilhaft, da er seinen Lagerbestand auf diese Weise erweitern kann, ohne dass ihm dabei größere Investitionskosten entstehen und ohne die Risiken in Verbindung mit der Lagerhaltung tragen zu müssen. Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden 19 Unternehmen, die Kommissionsvereinbarungen abschließen, müssen bei Lieferung der Produkte an den Kommissionär beurteilen, ob die Verfügungsgewalt über die Produkte auf den Kommissionär übergegangen ist. In der Regel gibt ein Kommittent die Verfügungsgewalt über die Kommissionsware erst bei Verkauf der Produkte an den Endverbraucher oder — in bestimmten Fällen — nach Ablauf eines festgelegten Zeitraums ab. Zudem entsteht seitens der Kommissionäre üblicherweise erst dann eine bedingungslose Zahlungsverpflichtung für die Güter, wenn sie an den Endkunden verkauft werden. Bei Kommissionsvereinbarungen findet also im Allgemeinen zum Zeitpunkt der Lieferung der Produkte an den Kommissionär keine Umsatzrealisierung statt, da die Verfügungsgewalt nicht übertragen wurde. Option zum Erwerb zusätzlicher Güter Viele Kaufverträge räumen Kunden die Möglichkeit ein, zusätzliche Güter oder Dienstleistungen, oftmals in Verbindung mit einem Rabatt oder sogar kostenlos, zu erwerben. Optionen zum vergünstigten Erwerb zusätzlicher Güter oder Dienstleistungen gibt es beispielsweise in Form von Kaufanreizen (z. B. stark reduziertes oder kostenloses Mobiltelefon), Treueprämien (z. B. Vielfliegerprogramme), Vertragsverlängerungsoptionen (z. B. Verzicht auf bestimmte Gebühren oder Reduzierung der Tarife) oder in Form sonstiger Preisnachlässe. Wenn ein Unternehmen einem Kunden eine solche Option einräumt, so ergibt sich aus dieser Zusage gemäß den vorgeschlagenen Regelungen nur dann eine separate Leistungsverpflichtung, wenn die Option dem Kunden ein wesentliches Recht 20 gewährt, das er anderweitig nicht erhalten würde. So ein Recht könnte beispielweise ein Rabatt sein, der deutlich über den üblicherweise gewährten Rabatten liegt, die in dieser Region oder auf diesem Markt üblicherweise für gleichartige Güter oder Dienstleistungen an ähnliche Kunden gewährt werden. Gewährt ein Anbieter von Telekommunikationsdiensten seinen Kunden beispielsweise die Option zusätzliche Minuten zu erwerben, die über die in anderen Kundenverträgen gewährten Minuten hinausgehen, der Minutentarif jedoch für alle Kunden mit diesem speziellen Tarif identisch ist, so wird in dieser Option auf zusätzliche Minuten wahrscheinlich nicht die Einräumung eines wesentliches Recht für den Kunden zu sehen sein. Stellt die Option für den Kunden hingegen ein wesentliches Recht dar, hat der Kunde effektiv eine Vorauszahlung für die künftigen Güter oder Dienstleistungen an das Unternehmen geleistet. Die Erfassung der Umsätze sollte daher entweder zu dem Zeitpunkt erfolgen, zu dem diese künftigen Güter oder Dienstleistungen übertragen werden, oder zu dem Zeitpunkt, zu dem die Option ausläuft. Ein Biotechnologie-Unternehmen kann beispielsweise einen Kooperationsvertrag mit einem Pharmaunternehmen abschließen, in dessen Rahmen sich das Biotechnologie-Unternehmen verpflichtet, das Medikament zum Selbstkostenpreis zu liefern, sofern die Entwicklung erfolgreich verläuft und die Zulassung erteilt wird. In diesem Fall würde das Biotechnologie-Unternehmen wahrscheinlich zu dem Schluss kommen, dass die dem Pharmaunternehmen eingeräumte Option, das Medikament zum Selbstkostenpreis des Biotechnologie-Unternehmens zu erwerben, ein wesentliches Recht darstellt. Das Bio- Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden technologie-Unternehmen müsste diese Option daher als separate Leistungsverpflichtung behandeln. Nach dem vorgeschlagenen Modell müsste das Biotechnologie-Unternehmen den Einzelveräußerungspreis dieser Option schätzen, den anteiligen Transaktionspreis der Option zuordnen und die Umsätze erfassen, sobald die Option erfüllt wird, d. h. entweder zu dem Zeitpunkt, zu dem das Pharmaunternehmen die Option zum Erwerb der Medikamente zum Selbstkostenpreis ausübt, oder bei Ablauf der Option. Die Boards sind der Auffassung, dass die Option, zusätzliche Güter oder Dienstleistungen mit einem Preisnachlass zu erwerben, ein wesentliches Recht darstellt, wenn der angebotene günstigere Preis außerhalb der Preisspanne liegt, die das Unternehmen für diese Güter oder Dienstleistungen üblicherweise berechnen würde. Ist also der im Rahmen dieser Option eingeräumte Rabatt höher als der üblicherweise eingeräumte Rabatt für Nicht-Vertragskunden, ist vom Unternehmen eine Einschätzung vorzunehmen, ob die Gewährung eines solchen zusätzlichen Rabattes für den Kunden ein wesentliches Recht darstellt. Dies ist aller Wahrscheinlichkeit nach eine Ermessensentscheidung. Liegt der mit der Option eingeräumte Preisnachlass innerhalb der üblicherweise anderen Kunden eingeräumten Preisspanne, unabhängig von bereits bestehenden Geschäftsbeziehungen oder Verträgen, so wird angenommen, dass es sich dabei nicht um die Einräumung eines wesentlichen Rechts, sondern um ein Werbeangebot handelt. Treueprämien stellen in der Regel eine Option des Kunden dar, zusätzliche Güter oder Dienstleistungen zu erwerben, zu deren Inanspruchnahme andere Kunden, die nicht an einem solchen Programm teilnehmen, nicht berechtigt sind. Nach IFRIC 13 erfolgt die Bewertung solcher Treueprämien anhand ihres beizulegenden Zeitwertes, der auf zwei Arten berechnet werden kann. Der den Treueprämien zugeordnete Betrag entspricht entweder dem beizulegenden Zeitwert der Treueprämien, wobei der Restbetrag dem Verkauf des Gutes oder der Dienstleistung zugeordnet wird (residual method), oder der Transaktionspreis wird in Relation zu den Einzelveräußerungspreisen auf die beiden Transaktionselemente aufgeteilt. Das vorgeschlagene Modell schreibt den zweiten Ansatz verpflichtend vor und führt zum Wegfall der Residualmethode. Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden 21 In welcher Höhe werden Umsatzerlöse erfasst? Bestimmung des Transaktionspreises Im Entwurf wird der Transaktionspreis definiert als „die Gegenleistung, die ein Unternehmen vom Kunden im Gegenzug für die Übertragung von Gütern oder Dienstleistungen erhält oder voraussichtlich erhalten wird. Hiervon ausgenommen sind alle Beträge, die im Namen Dritter eingezogen werden (z. B. Steuern)“. In vielen Fällen lässt sich dieser Betrag ohne Weiteres bestimmen, da der Preis vertraglich festgelegt ist und das Unternehmen die Zahlung zu dem Zeitpunkt erhält, zu dem es die zugesagten Güter oder Dienstleistungen überträgt. Es gibt jedoch auch Transaktionen, bei denen ein Teil des Transaktionspreises variabel ist oder eine variable Komponente aufweist, Unsicherheit bezüglich der Einbringlichkeit des Forderungsbetrages besteht, die Zahlung und Lieferung der Güter/Erbringung der Dienstleistung zu unterschiedlichen Zeitpunkten stattfinden oder die Gegenleistung nicht in Zahlungsmitteln beglichen wird. Des Weiteren kann die Ermittlung des Transaktionspreises durch die Höhe der gezahlten oder zu zahlenden Gegenleistung beeinflusst werden. Ein Unternehmen darf die Umsätze für erfüllte Leistungsverpflichtungen nur dann erfassen, wenn der Transaktionspreis verlässlich geschätzt werden kann. Die folgenden beiden Bedingungen müssen erfüllt sein, um eine verlässliche Schätzung des Transaktionspreises zu ermöglichen: • Das Unternehmen kann auf Erfahrungswerte mit vergleichbaren Verträgen zurückgreifen. • Diese Erfahrungen des Unternehmens sind für den jeweiligen Vertrag relevant, d. h. das Unternehmen erwartet keine wesentlichen Änderungen der zugrunde liegenden Umstände. Das Unternehmen muss sich dabei nicht auf eigene Erfahrungen stützen, sondern kann, soweit solche verfügbar sind, auch auf Erfahrungswerte von Wettbewerbern zurückgreifen und diese anstelle eigener Erfahrungen verwenden. Für die Ermittlung des Transaktionspreises reicht es jedoch nicht aus, nur auf einschlägige Erfahrungen mit einer bestimmten Art von Verträgen zurückzugreifen. Die Erfahrungen — ob eigene oder die Dritter — müssen in jedem Fall für den betreffenden Vertrag von Bedeutung sein. Der jeweilige Vertrag und die der Erfahrungsbasis zugrunde liegenden Verträge sollten hinsichtlich ihrer Rahmen- 22 bedingungen vergleichbar sein. Die Bestimmung, wann Erfahrungen relevant sind, wird von den zugrunde liegenden Fakten und Umständen abhängen und Ermessensentscheidungen erfordern. Der Standardentwurf nennt Faktoren, die die Relevanz von Erfahrungen mindern könnten. Dazu gehören: • Die Gegenleistung ist wesentlich von externen Faktoren abhängig (z. B. Marktvolatilität, Ermessensentscheidungen Dritter oder schnelle Alterungszyklen der zugesagten Güter oder Dienstleistungen). • Die Unsicherheit bezüglich der Höhe des Transaktionspreises wird voraussichtlich langfristig bestehen bleiben. • Die Erfahrungen des Unternehmens mit ähnlichen Verträgen sind begrenzt. • Der Vertrag sieht eine Vielzahl unterschiedlicher Transaktionspreise vor. Bei dieser Beurteilung sind nicht nur die vorgenannten Faktoren zu berücksichtigen. Es gibt zahlreiche andere Faktoren, die darauf hinweisen können, dass die Erfahrungen eines Unternehmens nicht relevant sind. Das Vorliegen eines oder mehrerer der genannten Faktoren führt aber nicht zwangsläufig dazu, dass ein Unternehmen nicht in der Lage ist, eine angemessene Schätzung des Transaktionspreises vorzunehmen. Sofern das Unternehmen keine verlässliche Schätzung vornehmen kann, ist der Transaktionspreis auf den Betrag der Gegenleistung limitiert, der bereits fest definiert wurde oder der verlässlich geschätzt werden kann. Es ist zu beachten, dass sich die Höhe von Umsatzerlösen durch den neuen Standard signifikant ändern kann. Nach IAS 18 ist es nicht zulässig, den Transaktionspreis nachträglich anzupassen. Der Standard regelt lediglich die Abgrenzung von Erträgen (d. h. die zeitliche Verteilung der Gegenleistung). Gemäß dem neuen Modell ist der Transaktionspreis in jeder Berichtsperiode um nachträgliche Änderungen anzupassen. Dies hat zur Folge, dass Erträge zu jedem Berichtsstichtag neu zu bewerten sind, was eine Abkehr von der bisherigen Regelung in IAS 18 darstellt. Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden Beispielsweise sind die Erwartungen bezüglich variabler Komponenten der Gegenleistung bei Wegfall von Unsicherheiten und an neue Informationen hinsichtlich noch bestehender Unsicherheiten anzupassen. Änderungen des Transaktionspreises sind auf alle vertraglich vereinbarten Leistungsverpflichtungen zu verteilen, sodass die kumulierten erfassten Umsätze dem Betrag entsprechen, der sich ergeben hätte, wenn die zum Abschlussstichtag verfügbaren Informationen schon bei Vertragsabschluss bekannt gewesen wären. Änderungen der Schätzungen und Ermessensentscheidungen des Managements wirken sich somit direkt auf die Umsätze aus und sind sorgfältig zu überprüfen. Variable Gegenleistung Der Transaktionspreis spiegelt die Erwartungen eines Unternehmens bezüglich der Gegenleistung wider, die es vom Kunden erhalten wird. Höhe und zeitlicher Anfall von einzelnen Komponenten des Transaktionspreises könnten aufgrund von Skonti, Preisnachlässen, Rückerstattungen, Gutschriften, Anreizen, Prämien, Strafzuschlägen, bedingten Zahlungen oder Kulanzangeboten unterschiedlich ausfallen. So wäre eine Komponente des Transaktionspreises bei Vertragsabschluss beispielsweise dann variabel, wenn sie von der Erfüllung bestimmter Leistungsbedingungen abhängt und deren Eintritt unsicher ist. Ein Teil des Transaktionspreises bei Vertragsabschluss wäre auch dann als variabel betrachtet, wenn er von der Lieferung zusätzlicher Güter durch das Unternehmen abhängig ist. Dies würde jedoch nicht für Vereinbarungen gelten, in denen das Unternehmen z. B. verpflichtet ist, drei Möbelstücke zu liefern und die Nichtlieferung eines einzelnen oder aller drei Artikel dazu führen würde, dass für jeden nicht gelieferten Artikel eine Teilerstattung an den Kunden zu leisten ist. Die vorgeschlagene Regelung sieht vor, dass variable Bestandteile des Transaktionspreises auf Grundlage einer wahrscheinlichkeitsgewichteten Schätzung zu bewerten sind. Bei dieser Methode werden in der Schätzung die möglichen Ergebnisse des Vertrags sowie deren Eintrittswahrscheinlichkeiten berücksichtigt. Nach Auffassung der Boards ist dies die angemessenste Methode, wie Verträge verhandelt und Preise festgelegt werden. Zudem sorgt die Methode der wahrscheinlichkeitsgewichteten Schätzung im Hinblick auf die Bilanzierung ähnlicher Verträge ihrer Meinung nach für das größte Maß an Stetigkeit. Beispiel 8 — variable Gegenleistung Unternehmen A, Betreiberin eines Filmstudios, konzipiert, produziert und vertreibt Kinofilme. Für jeden produzierten Film wird für den späteren Vertrieb im Einzelhandel eine Master-DVD zur Vervielfältigung zum Verkauf an Kunden erstellt. Zur Behandlung der Erträge aus der Vergabe der Lizenzrechte für Filme an Filmtheater siehe Beispiel 19. Unternehmen A hat vor kurzem einen neuen Film veröffentlicht. Die Master-DVD wird an eine Vertriebsgesellschaft veräußert, die Kopien der DVD herstellt, um diese an Einzelhandelskunden weiterzuverkaufen. Die Vertriebsgesellschaft leistet eine nicht erstattungsfähige Anfangszahlung in Höhe von EUR 1.500.000 zuzüglich einer Lizenzgebühr in Höhe von 5 % auf die gesamten mit der DVD erzielten Umsatzerlöse. Das Unternehmen schätzt die Umsatzerlöse aus dem Film auf EUR 2.000.000 und damit die Einnahmen aus der Lizenzgebühr auf EUR 100.000. Es verfügt über mehrjährige Erfahrung im Verkauf von DVDs, die auf Kinoproduktionen basieren. Daher ist es in der Lage, einen Teil der Lizenzgebühren hinreichend verlässlich zu schätzen. Das Unternehmen überträgt die Verfügungsgewalt über die Master-DVD auf die Vertriebsgesellschaft. Folglich erfasst es auf Basis der hinreichend verlässlichen Schätzung des Transaktionspreises zum Zeitpunkt des Verkaufs der Master-DVD Umsatzerlöse in Höhe von EUR 1.600.000 (EUR 1.500.000 zzgl. EUR 100.000). Bei der Bestimmung des Transaktionspreises hat das Unternehmen auch dessen Einbringlichkeit zu würdigen. Die Einbringlichkeit der Forderungen ist vom Ausfallrisiko des Kunden abhängig, d. h. der Fähigkeit des Kunden, die zugesagte Gegenleistung zu zahlen. In vielen Fällen sind die Auswirkungen des Ausfallrisikos des Kunden unwesentlich. Als Beispiel sei eine Einzelhandelstransaktion angenommen, bei der ein Unternehmen die zugesagte Gegenleistung zum Zeitpunkt des Verkaufs vom Kunden erhält. Das Unternehmen erfasst den Gesamtbetrag der zugesagten Gegenleistung als Umsatzerlöse. In manchen Fällen hingegen erhält ein Unternehmen die Gegenleistung nicht zum Zeit- Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden 23 punkt der Übertragung der Verfügungsgewalt über das Gut oder die Dienstleistung, sodass es damit rechnen muss, dass ein Teil seiner Kunden seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen wird. Bei solchen Vertragskonstellationen soll der Transaktionspreis daher die Möglichkeit widerspiegeln, dass das Unternehmen einen Teil der vereinbarten Gegenleistung nicht erhalten wird. Die Berechnung des einbringlichen Transaktionspreises hat dabei auf Grundlage einer wahrscheinlichkeitsgewichteten Schätzung zu erfolgen. Ähnlich den Vorschriften zur Bestimmung eines variablen Transaktionspreises fordert das vorgeschlagene Modell, dass ein Unternehmen in der Lage sein muss, hinreichend verlässlich Schätzungen hinsichtlich der Einbringlichkeit vorzunehmen. Ist dies nicht der Fall, sind die Umsatzerlöse erst bei Erhalt der Zahlung zu erfassen oder sobald der Betrag hinreichend verlässlich geschätzt werden kann. Manche Unternehmen schließen eine Vielzahl ähnlicher Verträge ab. Nach dem geplanten Modell können diese Verträge gebündelt werden, um das Ausfallrisiko auf den Transaktionspreis widerzuspiegeln. Ein Unternehmen kann damit den Umsatz für einen einzelnen Vertrag auf Grundlage des von ihm in Rechnung gestellten Betrags erfassen und dabei das Ausfallrisiko im Rahmen der einer Gruppenbewertung vom vertraglichen Vermögenswert (contract asset) sowie dem Umsatzerlös in Abzug bringen. Spätere Änderungen der ursprünglichen Erwartung bzw. die Vereinnahmung eines tatsächlich höheren Betrages werden unter den sonstigen betrieblichen Erträgen oder Aufwendungen, d. h. nicht unter den Umsatzerlösen, erfasst. Die Boards sehen hierin eine Vorgehensweise, die besser dem Grundsatz gerecht wird, dass einmal erfasste Umsatzerlöse nicht geändert werden sollten, sobald die Leistungsverpflichtung erfüllt ist. Eine Neueinschätzung des kundenbezogenen Ausfallrisikos bildet so den Effekt einer Wertminderung oder Wertaufholung der Forderung ab, die im sonstigen betrieblichen Aufwand oder Ertrag und nicht in den Umsätzen zu berücksichtigen ist. Dies entspricht im Wesentlichen auch der Vorgehensweise bei nicht zahlungswirksamen Gegenleistungen, die das Unternehmen im Tausch für Güter oder Dienstleistungen erhält. Berücksichtigung des Risikos der Uneinbringlichkeit Erstmalige Bewertung Folgebewertung • Sollbuchung: Vertraglicher Vermögenswert Habenbuchung: Umsatzerlöse Soll-/Habenbuchung: Forderungen Soll-/Habenbuchung: Sonstige betrieblichen Erträge/Aufwendungen Nach dem neuen Standard ist die Einbringlichkeit der Gegenleistung zu jedem Abschlussstichtag neu zu beurteilen. Sobald das Unternehmen einen unbedingten Anspruch auf Erhalt der Gegenleistung hat, d. h. nach Ablauf einer bestimmten Frist wird 24 die Zahlung fällig, bilanziert es die Forderung als Finanzinstrument. Nachträgliche Änderungen wirken sich folglich nicht auf die Höhe der Umsatzerlöse aus, sondern werden in den sonstigen betrieblichen Erträgen oder Aufwendungen erfasst. Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden Beispiel 9 — Einbringlichkeit des Transaktionspreises Ein Verkäufer verkauft eine Maschine für EUR 2.000. Die Zahlung ist 30 Tage nach der Lieferung der Maschine an den Kunden fällig. Die Kosten für die Maschine belaufen sich auf EUR 1.500. Aufgrund seiner Erfahrungen mit ähnlichen Verträgen schätzt der Verkäufer die Wahrscheinlichkeit, dass er die zugesagte Gegenleistung nicht erhält, auf 5 %. Der Transaktionspreis beträgt demnach EUR 1.900 [(95 % x EUR 2.000) + (5 % x EUR 0)]. Bei Lieferung der Maschine an den Kunden erfasst der Verkäufer eine Forderung sowie Umsatzerlöse in Höhe von EUR 1.900. Wenn der Verkäufer letztendlich doch die zugesagte Gegenleistung in der vollen Höhe von EUR 2.000 erhält, werden die Umsatzerlöse allerdings nicht um die Differenz von EUR 100 [EUR 2.000 - EUR 1.900] zwischen der erhaltenen Zahlung und dem ursprünglich erfassten Umsatzerlös korrigiert. Stattdessen wird der Betrag von EUR 100 unter den sonstigen betrieblichen Erträgen erfasst. Erhält der Verkäufer lediglich EUR 1.800, wird die Differenz von EUR 100 als zusätzlicher Aufwand erfasst. Nach dem vorgeschlagenen Modell würde der Verkäufer eine Marge von EUR 400 [EUR 1.900 Umsatzerlöse - EUR 1.500 Kosten] erfassen. Vereinnahmte Beträge, die die erfassten Umsatzerlöse übersteigen, werden nicht als Erhöhung der Marge ausgewiesen. Zinseffekt (Zeitwert des Geldes) Bei bestimmten Transaktionen weichen der Zeitpunkt der Zahlung und der Zeitpunkt des Übergangs der Verfügungsgewalt über die Güter oder Dienstleistungen an den Kunden voneinander ab. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn die Gegenleistung im Voraus oder eine erhebliche Zeit nach der Lieferung des Gutes oder Erbringung der Dienstleistung erbracht wird. Erfolgt die Zahlung durch den Kunden nachträglich, räumt das Unternehmen dem Kunden damit faktisch einen Kredit ein. Umgekehrt nimmt das Unternehmen vom Kunden eine Einlage entgegen, wenn dieser im Voraus bezahlt. In solchen Fällen müsste das Unternehmen den Zinseffekt auf den Gesamtbetrag der Transaktion berücksichtigen. Ist dieser erheblich, ist der Transaktionspreis anzupassen werden. IAS 18 enthält keine Regelungen zur Berücksichtigung des Zinseffekts, sondern geht nur auf die Periodenabgrenzung der Gegenleistung ein. Dies hat in der Praxis zu unterschiedlichen Vorgehensweisen geführt. Abschlussersteller müssen nun die Auswirkungen vorgezogener oder aufgeschobener Zahlungen in ihren Verträgen beurteilen und bestimmen, ob die Umsatzerlöse um den Zinseffekt anzupassen sind. Der Transaktionspreis ist durch Abzinsung der zugesagten Gegenleistung zu ermitteln. Dabei hat das Unternehmen den gleichen Abzinsungssatz zu verwenden, den es heranziehen würde, wenn es, unabhängig von der Lieferung anderer Güter oder Dienstleistungen, ein separates Finanzierungsgeschäft mit dem Kunden abschließen würde. Die Verwendung eines risikolosen Zinssatzes oder eines explizit im Vertrag festgelegten Zinssatzes ist nicht zulässig. Der Abzinsungssatz muss die Ausfallrisikoeigenschaften der Vertragsparteien widerspiegeln. Da dieser Abzinsungssatz bereits die Kreditwürdigkeit des Kunden berücksichtigt, müsste das Unternehmen die zugesagte Gegenleistung nicht auch noch um das Ausfallrisiko anpassen. Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden 25 Beispiel 10 — Zinseffekt Bauunternehmen C plant, konstruiert und baut hochautomatisierte Maschinen für die Herstellung von Solarpanelen im Kundenauftrag. C schließt einen Vertrag mit Kunde A, einem führenden Hersteller von Solarpanelen, über die Planung, Konstruktion und Herstellung einer neuen Generation von Maschinen ab. Das Gesamtvertragsvolumen beträgt EUR 50 Mio. Laut Vertrag wird ein Teilbetrag von EUR 25 Mio. der Gegenleistung fällig, wenn die Maschinen fertiggestellt und betriebsbereit sind. Der Teilbetrag ist 12 Monate im Voraus zu entrichten, damit Unternehmen C die erforderlichen betrieblichen Aktivitäten finanzieren kann. Den unbedingten Anspruch auf die restlichen EUR 25 Mio. kann Unternehmen C erst 12 Monate nach Inbetriebnahme der Maschinen geltend machen. Für das Finanzierungsgeschäft mit seinem Kunden unterstellt Unternehmen C einen Zinssatz von 6 %. Vorauszahlung Bei Erhalt der Zahlung setzt Unternehmen C eine vertragliche Verbindlichkeit von EUR 25 Mio. an. In dem 12-Monatszeitraum erfasst es Zinsaufwendungen in Höhe von EUR 1,5 Mio. ((EUR 25 Mio. x 1,06) - EUR 25 Mio.). Die vertragliche Verbindlichkeit erhöht sich auf EUR 26,5 Mio., wenn die Leistungsverpflichtung erfüllt wird. Somit erfasst das Unternehmen Umsatzerlöse in Höhe von EUR 26,5 Mio. Aufgeschobene Zahlung Unternehmen C erhält die verbleibende Tranche des Kaufpreises in Höhe von EUR 25 Mio. 12 Monate, nachdem die Maschinen montiert und in einen betriebsbereiten Zustand versetzt worden sind. Sobald die Leistungsverpflichtung erfüllt ist (d. h., sobald die Maschinen montiert und in einem betriebsbereiten Zustand sind), setzt Unternehmen C einen vertraglichen Vermögenswert (contract asset) an, der den unbedingten Anspruch auf Erhalt der Gegenleistung darstellt, und erfasst Erträge in Höhe von EUR 23,6 Mio. (EUR 25 Mio./ 1,06) sowie Zinsaufwand in Höhe von EUR 1,4 Mio. 26 Nicht zahlungswirksame Gegenleistung Die vom Kunden zu erbringende Gegenleistung kann in Form von Gütern, Dienstleistungen oder auf andere nicht zahlungswirksame Art erfolgen. Erhält ein Unternehmen nicht zahlungswirksame Gegenleistungen (oder erwartet es, diese zu erhalten), ist der Transaktionspreis unter Bezugnahme auf den beizulegenden Zeitwert der nicht zahlungswirksamen Gegenleistung zu ermitteln. Ist es nicht möglich, den beizulegenden Zeitwert von nicht zahlungswirksamen Gegenleistungen hinreichend verlässlich zu schätzen, ist die nicht zahlungswirksame Gegenleistung indirekt unter Bezugnahme auf den Verkaufspreis der zugesagten Güter oder Dienstleistungen zu bewerten. Gelegentlich bringt ein Kunde als Unterstützung bei der Erfüllung des Vertrags eigene Güter oder Dienstleistungen, wie z. B. Betriebsausstattung oder Arbeitskräfte, mit ein. Erhält das Unternehmen die Verfügungsgewalt über die eingebrachten Güter oder Dienstleistungen, sind diese als nicht zahlungswirksame Gegenleistung zu betrachten und wie vorstehend beschrieben zu bilanzieren. An den Kunden gezahlte oder zu zahlende Gegenleistung In manchen Fällen leistet ein Unternehmen Zahlungen an seine Kunden, um von diesen angebotene Güter oder Dienstleistungen zu erwerben, die dazu dienen, ein eigenes betriebliches Bedürfnis zu erfüllen. In anderen Fällen soll die Gegenleistung an den Kunden einen Kaufanreiz bieten, um Güter oder Dienstleistungen des Unternehmens zu beziehen. An den Kunden gezahlte oder zu zahlende Gegenleistungen finden sich u. a. in der Form von Rabatten, Gutscheinen, Gratisprodukten oder -dienstleistungen und Eigenkapitalinstrumenten. Außerdem leisten manche Unternehmen Zahlungen an die Kunden von Großhändlern oder Vertriebsagenten, die wiederum Direktabnehmer des Unternehmens sind. Beispielweise bieten Hersteller von Frühstückscerealien den Verbrauchern ihrer Produkte häufig Gutscheine an, obwohl ihre Direktkunden eigentlich die Lebensmittelgeschäfte oder Supermärkte sind, die diese Produkte an die Endkunden weiterverkaufen. Andere häufig anzutreffende Formen solcher Gegenleistungen umfassen folgende Beträge: Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden • Beträge, die ein Verkäufer einem Einzelhändler zahlt, um sich im Warenregal des Einzelhändlers „Platz für seine Produkte zu erkaufen“ (sog. slotting fees). Dabei ist es unerheblich, ob es sich um ein tatsächlich physisch existierendes Warenregal im Geschäft des Einzelhändlers handelt oder um ein virtuell existierendes Warensortiment in Form eines Online-Katalogs eines Händlers im Internet. • Gemeinschaftliche Werbevereinbarungen, bei denen ein Verkäufer einem Einzelhändler einen Teil der Kosten erstattet, die diesem für Werbemaßnahmen im Zusammenhang mit den Produkten des Verkäufers entstanden sind. • Beträge zur Sicherung des Verkaufspreises, bei denen ein Verkäufer einem Einzelhändler Preisdifferenzen bis zu einer festgelegten Höhe erstattet, die bei diesem für den Verkauf der Produkte des Verkäufers über einen bestimmten Zeitraum entstanden sind. • Gutscheine und Rabatte, bei denen einem indirekten Kunden eines Verkäufers ein Teil des Kaufpreises des erworbenes Produktes oder der bezogenen Dienstleistungen erstattet wird, indem er den Gutschein oder einen entsprechenden Beleg beim Zwischenhändler oder Verkäufer einreicht. Um die angemessene Bilanzierungsweise bestimmen zu können, muss ein Unternehmen zunächst feststellen, um was es sich bei der an einen Kunden bereits gezahlten oder noch zu entrichtenden Vergütung handelt. Der Standardentwurf nennt folgende Möglichkeiten: • eine Minderung des Transaktionspreises • eine Zahlung für ein bestimmtes Gut oder eine bestimmte Dienstleistung • eine Kombination aus beiden vorgenannten Punkten Stellt die an einen Kunden gezahlte oder zu zahlende Vergütung einen Preisnachlass oder eine Erstattung für Güter oder Dienstleistungen dar, die an den Kunden geliefert oder für diesen erbracht wurden, hat das Unternehmen den Transaktionspreis, und somit die Umsatzerlöse, um diesen Betrag zu verringern. Diese Preisreduzierung ist zu dem Zeitpunkt, an dem das Unternehmen die zugesagten Güter oder Dienstleistungen an den Kun- den liefert oder, falls später, dem Zeitpunkt, zu dem das Unternehmen die Zahlung der Gegenleistung zugesagt hat, zu erfassen. Dies gilt auch dann, wenn die Zahlung von einem zukünftigen Ereignis abhängig ist. Enthält die an einen Kunden gezahlte oder zu zahlende Vergütung variable Komponenten, hat das Unternehmen die Verringerung des Transaktionspreises auf Grundlage einer wahrscheinlichkeitsgewichteten Schätzung zu ermitteln (siehe hierzu auch den Abschnitt „Variable Gegenleistung“). Die Zahlungszusage der Gegenleistung kann auch implizit durch die Geschäftsgepflogenheiten des Unternehmens begründet werden. Wenn sich beispielsweise die Güter, für die ein Preisnachlass in Form eines Gutscheins gewährt wurde, bereits in den Warenregalen von Einzelhändlern befinden, würde der Preisnachlass bei Ausgabe der Gutscheine erfasst. Wird jedoch ein Gutschein ausgegeben, der für künftige Käufe von Produkten eingesetzt werden kann, die noch nicht an Einzelhändler verkauft wurden, würde der Preisnachlass erst beim Verkauf an einen Einzelhändler erfasst. Wird die Gegenleistung im Tausch für einzeln abgrenzbare (distinct) Güter oder Dienstleistungen des Kunden gewährt, so hat das Unternehmen die erhaltenen Güter oder Dienstleistungen auf die gleiche Weise zu bilanzieren wie andere im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftsaktivitäten getätigte Einkäufe. Anders ausgedrückt, die an den Kunden gezahlte oder zahlbare Vergütung würde als Aufwand erfasst und nicht als Umsatzminderung. Ein Unternehmen hat bei der Beurteilung, ob ein Gut oder eine Dienstleistung separat bestimmbar ist, die gleichen Kriterien anwenden wie bei der Identifizierung von Leistungsverpflichtungen (siehe hierzu den Abschnitt „Identifizierung separater Leistungsverpflichtungen"). Verschiedentlich können die vom Kunden erhaltene Gegenleistung und die als Vergütung an diesen Kunden gezahlten Beträge miteinander verknüpft sein. So kann es sein, dass ein Kunde einen höheren Betrag für Güter oder Dienstleistungen zu zahlen hat als es der Fall gewesen wäre, wenn er keine Zahlung von dem Unternehmen erhalten hätte. Derartige Fälle werden als Kombination behandelt, d. h. einerseits als Verringerung des Transaktionspreises und andererseits als Zahlung für ein Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden 27 bestimmtes Gut oder eine bestimmte Dienstleistung. Nach dem vorgeschlagenen Modell bestimmt das Unternehmen den beizulegenden Zeitwert des Gutes oder der Dienstleistung, die es vom Kunden erhalten hat und vergleicht diesen mit der an den Kunden zu zahlenden Gegenleistung. Überschreitet der Betrag der zu zahlenden Gegenleistung den beizulegenden Zeitwert der erhaltenen Gegenleistung, verringert sich der Transaktionspreis um diesen Differenzbetrag. Kann das Unternehmen den beizulegenden Zeitwert des vom Kunden erhaltenen Gutes oder der Dienstleistung nicht hinreichend verlässlich schätzen, hat es die gesamte an den Kunden zu zahlende Gegenleistung als Verringerung des Transaktionspreises anzusetzen. Beispiel 11 — Verkaufsanreize Unternehmen B ist ein Pharmagroßhändler, der landesweit eine Reihe unabhängiger Apotheken beliefert. Das Unternehmen bestimmt die Preise für die verkauften Produkte. Es beabsichtigt, für ein Grippemittel zu werben, indem es drei Packungen zum Preis von zweien anbietet. Der Einzelhandelspreis pro Packung beträgt EUR 5. Der Apotheke wird für jede gelieferte Packung ein Betrag von EUR 3 in Rechnung gestellt. Gleichzeitig erhält sie von Unternehmen B eine Gutschrift über die Rückerstattung des Kaufpreises für die Werbezwecken dienende dritte Packung. Die Erstattung des Rechnungsbetrags für die kostenlose Werbepackung an die Apotheke in Form einer Gutschrift wird als Verringerung des Transaktionspreises und somit als Erlösminderung betrachtet. Der für jede Packung, die an die Apotheke verkauft wird, erfasste Umsatzerlös von B beläuft sich auf EUR 2 (EUR 3 x 2/3). Nicht erstattungsfähige Anfangszahlungen Unter bestimmten Umständen erhalten Unternehmen Zahlungen von Kunden, bevor sie eine vertraglich vereinbarte Dienstleistung erbringen oder das zugesagte Gut liefern. Solche anfänglichen Zahlungen fallen in der Regel im Zusammenhang mit der Initiierung, Aktivierung oder Einrichtung/Bereitstellung von Gütern oder Dienstleistungen an, die in der Zukunft geliefert bzw. erbracht werden. Sie werden ggf. auch gezahlt, um Zugang zu einer Anlage, einem Produkt oder einer Dienstleistung oder ein entsprechendes Nutzungsrecht zu erhalten. In vielen Fällen sind die vom Kunden gezahlten Vorabvergütungen nicht erstattungsfähig. Gängige Beispiele für Vorauszahlungen sind Beiträge für die Mitgliedschaft in einem Fitnessclub oder einer Einkaufsgemeinschaft sowie Aktivierungsgebühren für Telefon, Kabel-TV oder einen Internet-Zugang. Die betreffenden Unternehmen müssen beurteilen, ob sich eine nicht erstattungsfähige Anfangszahlung auf die Übertragung eines Gutes oder einer Dienstleistung bezieht. Vielfach würde die Anfangszahlung nicht geleistet, wenn nicht eine kontinuierliche Nutzung des Gutes oder der Dienstleistung damit verbunden wäre. Infolgedessen steht die Vergütung nicht in Zusammenhang mit der tatsächlichen Übertragung eines Gutes oder einer Dienstleistung. Vielmehr handelt es sich dabei um eine Vorauszahlung für die künftige Nutzung von Gütern oder Dienstleistungen. Daher ist die Vorauszahlung erst dann als Umsatzerlös zu erfassen, wenn die dazugehörigen Güter oder Dienstleistungen auch auf den Kunden übertragen werden. Der Zeitraum, über den die Vorauszahlung als Umsatz erfasst wird, hat auch optionale Verlängerungszeiträume zu berücksichtigen, sofern es sich bei der Verlängerungsoption um ein wesentliches Recht handelt. In bestimmten Fällen kann es sich aus Sicht des Unternehmens um eine nicht erstattungsfähige Vorauszahlung handeln, die sich auf die Übertragung eines Gutes oder einer Dienstleistung bezieht. Das Unternehmen hat daraufhin zu bestimmen, ob das mit der nicht erstattungsfähigen Vorauszahlung verknüpfte Gut oder die Dienstleistung eine separate Leistungsverpflichtung darstellt. 28 Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden Aufteilung des Transaktionspreises auf die separaten Leistungsverpflichtungen Nachdem die Leistungsverpflichtungen identifiziert und der Transaktionspreis ermittelt wurden, muss der Transaktionspreis im Verhältnis der Einzelveräußerungspreise (relative standalone selling prices) der entsprechenden Güter oder Dienstleistungen auf die einzelnen Leistungsverpflichtungen verteilt werden. Ein im Vertrag vereinbarter Preisnachlass wäre proportional auf die einzelnen Leistungsverpflichtungen zu verteilen. Nach dem vorgeschlagenen Modell sollte der Einzelveräußerungspreis dem Preis entsprechen, zu dem ein Unternehmen ein Gut oder eine Dienstleistung zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses separat verkaufen würde. Sofern verfügbar, bildet der Preis, zu dem das jeweilige Gut oder die jeweilige Dienstleistung auf Basis einer isoliert betrachteten Transaktion unter fremden Dritten veräußert werden könnte, den besten Anhaltspunkt für den Einzelveräußerungspreis. Nicht immer gibt es jedoch einen vom Markt ableitbaren Preis. In diesen Fällen ist der Betrag, zu dem das Unternehmen die jeweilige Leistungsverpflichtung einzeln veräußern würde, zu schätzen. Schätzung der Einzelveräußerungspreise (stand-alone selling prices) Die Vorschläge machen deutlich, dass ein Unternehmen nicht davon ausgehen darf, dass ein vertraglich vereinbarter Preis oder ein Listenpreis für ein bestimmtes Gut oder eine bestimmte Dienstleistung den Einzelveräußerungspreis repräsentiert. Als Beispiel sei ein Vertrag betrachtet, den ein Verkäufer mit dem Kunden A abschließt. Der Vertrag sieht vor, dass Gut A zu einem Preis von EUR 100, Gut B zu einem Preis von EUR 75 und Gut C kostenlos an den Kunden geliefert werden soll. Um den Transaktionspreis angemessen auf die separaten Leistungsverpflichtungen verteilen zu können, ist vom Verkäufer der Einzelveräußerungspreis für jedes einzelne Gut zu bestimmen. Die vertraglich vereinbarten Preise dürfen nicht ohne Weiteres als Einzelveräußerungspreise herangezogen werden. In dem Entwurf werden zwei mögliche Methoden genannt, wie der Einzelveräußerungspreis geschätzt werden kann: • Ansatz der erwarteten Kosten zzgl. einer Marge (expected cost plus a margin approach): das Unternehmen schätzt die voraussichtlichen Kosten für die Erfüllung der Leistungsverpflichtung und berücksichtigt zusätzlich eine Gewinnmarge, die das Unternehmen in der Regel für die Lieferung ähnlicher Güter und Dienstleistungen verlangen würde. • Ansatz der abgeleiteten Marktwerte (adjusted market assessment approach): das Unternehmen analysiert den Markt, auf dem es seine Güter und Dienstleistungen üblicherweise vertreibt, und schätzt auf dieser Basis, welchen Preis ein Marktteilnehmer für das entsprechende Gut bzw. die Dienstleistung zu zahlen bereit wäre. Bei dieser Vorgehensweise könnte das Unternehmen auch die Preise seiner Konkurrenten heranziehen und diese gegebenenfalls auf Grundlage seiner eigenen Kosten und Margen anpassen. Die beschriebenen Methoden sind jedoch nicht die einzig zulässigen Verfahren zur Ermittlung der Einzelveräußerungspreise. Das vorgeschlagene Modell schreibt weder eine bestimmte Methode vor, noch schließt es bestimmte Methoden aus. Vielmehr ist jede nachvollziehbare Methode zulässig, solange sie für die Ermittlung des Einzelveräußerungspreises geeignet ist, auf möglichst viele beobachtbare Inputdaten zurückgreift und konsistent auf ähnliche Güter, Dienstleistungen und Kunden angewendet wird. Änderungen des Transaktionspreises nach Vertragsabschluss Die vorgeschlagenen Regelungen sehen vor, dass der Einzelveräußerungspreis nur einmalig bei Vertragsabschluss zu ermitteln ist und anschließend nicht mehr angepasst werden darf. Die den separaten Leistungsverpflichtungen zugeordneten Beträge werden im Verlauf der Vertragserfüllung angepasst, um Änderungen bei den geschätzten Transaktionspreisen, beispielsweise durch den Kunden zusätzlich gewährte Rabatte, widerzuspiegeln. Soweit sich diese Änderungen auf Leistungsverpflichtungen beziehen, die vom Unternehmen bereits erfüllt wurden, erfolgt eine entsprechende Umsatzerfassung in der Periode, in der die Anpassung vereinbart wurde. Die für die Verteilung des Transaktionspreises herangezogenen Einzelveräußerungspreise sind jedoch nicht um Änderungen anzupassen, die sich nach Vertragsabschluss ergeben haben. Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden 29 Beispiel 12 — Aufteilung des Transaktionspreises Ein produzierendes Unternehmen schließt mit einem Kunden einen Vertrag über den Verkauf einer Maschine zu einem Preis von EUR 100.000 ab. Der vereinbarte Preis umfasst auch die Montage der Maschine sowie eine zweijährige Garantieverpflichtung. Das Unternehmen verkauft die Maschine in der Regel zu einem Preis von EUR 75.000. Dieser Betrag beinhaltet keine Montage oder Garantieverpflichtungen. Nur in Ausnahmefällen bietet das Unternehmen Montagetätigkeiten separat vom Verkauf einer Maschine an. Es weiß jedoch, dass Konkurrenzunternehmen diese Leistung für einen Preis von EUR 10.000 bis EUR 15.000 je Montage am Markt anbieten. Garantien werden vom Unternehmen derzeit nicht als separate Leistungen angeboten, dies gilt auch für die anderen Wettbewerber des Unternehmens. Angesichts der Länge des Garantiezeitraums geht das Management davon aus, dass die Garantie Defekte abdeckt, die erst nach Lieferung und Montage der Maschine auftreten. Infolgedessen stellt die Garantie eine separate Leistungsverpflichtung dar. In diesem Beispiel verkauft das Unternehmen die Maschine normalerweise separat. Demzufolge kann das Unternehmen belegen, dass der Einzelveräußerungspreis für die Maschine EUR 75.000 beträgt. Das Management beschließt den Einzelveräußerungspreis für die Montageleistungen aus den beobachtbaren Marktpreisen abzuleiten (adjusted market assessment approach). Dabei legt es den aus den Preisen der Konkurrenzunternehmen errechneten mittleren Wert von EUR 12.500 zugrunde, der um die spezifische Kostenstruktur des Unternehmens und die geplante Marge angepasst wurde. Daraus ergibt sich ein Einzelveräußerungspreis von EUR 14.000. Der Einzelveräußerungspreis für die Garantieverpflichtung wird unter Zugrundelegung der erwarteten Kosten zuzüglich einer Marge (expected cost plus a margin approach) auf EUR 20.000 geschätzt. 30 Die Summe aller Einzelveräußerungspreise von EUR 109.000 überschreitet den vertraglich vereinbarten Transaktionspreis von EUR 100.000. Daher ist der Transaktionspreis im Verhältnis der Einzelveräußerungspreise auf die einzelnen Leistungsverpflichtungen zu verteilen: • Maschine: EUR 68.800 (EUR 75.000 x (EUR 100.000/EUR 109.000)) • Montage: EUR 12.850 (EUR 14.000 x (EUR 100.000/EUR 109.000)) • Garantieverpflichtung: EUR 18.350 (EUR 20.000 x (EUR 100.000/EUR 109.000)) Der Betrag, der den einzelnen Leistungsverpflichtungen bei Vertragsabschluss zugeordnet wurde, wird als Umsatz erfasst, sobald das Unternehmen die jeweilige Leistungsverpflichtung erfüllt hat. Der finale Standard soll IFRIC 13 Kundenbindungsprogramme ersetzen. Wenngleich die Ansatzvorschriften aus IFRIC 13 in das vorgeschlagene Modell übernommen wurden, gibt es doch eine Abweichung bei der Bewertungsmethode. Nach IFRIC 13 ist es bisher zulässig, Prämiengutschriften entweder mit dem beizulegenden Zeitwert zu bewerten, wobei der Restwert dem Gut oder der Dienstleistung zuzuordnen ist (residual method), oder der Transaktionspreis konnte im Verhältnis der Einzelveräußerungspreise auf die Prämiengutschriften und die anderen Güter oder Dienstleistungen verteilt werden (relative fair value approach). Diese anteilige Zuordnung ist zwingend, die Anwendung der Residualmethode zum Zweck der Aufteilung des Transaktionspreises kommt nicht mehr in Betracht. Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden Beispiel 13 — Kundenbindungsprogramme Eine Fluggesellschaft bietet ihren Kunden ein Vielfliegerprogramm an. Dabei wird dem Kunden für jede geflogene Meile ein Prämienpunkt gutgeschrieben. Ein Kunde erwirbt ein Flugticket für EUR 5.000 und erhält dafür eine Gutschrift von 10.000 Punkten. Die Fluggesellschaft ermittelt einen beizulegenden Zeitwert für diese Punkte von EUR 100. Nach dem vorgeschlagenen Modell hat das Unternehmen den Transaktionspreis auf Basis der Einzelveräußerungspreise zu verteilen: • Flug: EUR 4.902 (EUR 5.000 x (EUR 5.000/EUR 5.100)) • Meilen: EUR 98 (EUR 5.000 x (EUR 100/EUR 5.100)) Nach den Regelungen des derzeit geltenden IFRIC 13 wäre es auch zulässig, die Prämienpunkte zum beizulegenden Zeitwert von EUR 100 zu bewerten und den Restbetrag von EUR 4.900 dem Flug zuzuordnen (residual method). Diese Vorgehensweise wäre nach den Vorschlägen der Boards zukünftig nicht mehr gestattet. Beispiel 14 — Mehrkomponentenverträge (multiple-elementVereinbarungen) Ein Telekommunikationsunternehmen bietet seinen Kunden häufig ein kostenloses Mobilfunkgerät als Anreiz für den Abschluss eines zweijährigen Dienstleistungsvertrags an. Der Kunde zahlt eine monatliche Gebühr von EUR 50, d. h. insgesamt EUR 1.200 für die gesamte Vertragslaufzeit von zwei Jahren. Das Unternehmen stellt fest, dass der beizulegende Zeitwert des Mobilfunkgeräts EUR 100 beträgt. Dabei hat es den Preis zugrunde gelegt, zu dem das Gerät im Rahmen anderer Vertragskonstellationen an andere Kunden veräußert wird. Nach den vorgeschlagenen Regelungen ist der Transaktionspreis im Verhältnis der Einzelveräußerungspreise auf die identifizierten separaten Leistungsverpflichtungen zu verteilen, d. h. auf das Mobilfunkgerät und die monatliche Dienstleistung: • Gerät EUR 92 (EUR 100 x (EUR 1.200/EUR 1.300)) • Gesprächszeit EUR 1.108 (EUR 1.200 x (EUR 1.200/EUR 1.300)) Bei Vertragsbeginn werden EUR 92 unmittelbar mit Lieferung des Geräts an den Kunden als Umsatz erfasst. Als Gegenleistung für die Bereitstellung der Gesprächszeit werden monatlich EUR 46 (EUR 1.108/24) über den Zeitraum von zwei Jahren erfasst. Diese Vorgehensweise zur Erfassung von Umsatzerlösen dürfte sich signifikant von der derzeit angewandten Methode unterscheiden. Viele der nach IFRS bilanzierenden Unternehmen nehmen bei der Bilanzierung von Mobilfunkverträgen mittels der IFRS-Hierarchie in IAS 8 Bezug auf die in ASC 60525 (nach Berücksichtigung der Auswirkungen von ASU 200913) dargelegten US GAAP Regelungen. Die Höhe der aus dem Vertrag resultierenden Umsatzerlöse hängt von den über die Laufzeit des Vertrages erbrachten Dienstleistungen ab. Daher wurde gemäß EITF 00-21 (jetzt ASC 605-25) lediglich die bei Lieferung des Mobilfunkgeräts erhaltene Barzahlung als Umsatzerlös für das Gerät erfasst. In dem vorstehenden Beispiel würde das Telekommunikationsunternehmen daher mit Lieferung des Gerätes keine Umsatzerlöse erfassen, da es zu diesem Zeitpunkt noch keine Zahlungsmittel erhalten hat. Stattdessen würde es jeden Monat einen Umsatz von EUR 50 erfassen. Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden 31 Belastende Leistungsverpflichtungen Nach dem vorgeschlagenen Modell haben Unternehmen eine Verbindlichkeit und einen korrespondierenden Aufwand zu erfassen, wenn eine Leistungsverpflichtung belastend geworden ist. Eine Leistungsverpflichtung ist dann als „belastend“ einzustufen, wenn der Barwert der wahrscheinlichkeitsgewichteten für die Erfüllung der Leistungsverpflichtung erforderlichen direkten Kosten den Betrag der dieser Leistungsverpflichtung zugeordneten Gegenleistung übersteigt. Das vorgeschlagene Modell schreibt in diesem Zusammenhang eindeutig vor, dass bei dieser Bewertung ausschließlich die in Verbindung mit den jeweiligen Leistungsverpflichtungen angefallenen direkten Kosten zu berücksichtigen sind. Die direkten Kosten können dabei sowohl die direkten Material- und Fertigungseinzelkosten als auch Kosten, die direkt den zur Erfüllung der Leistungsverpflichtung erforderlichen Aktivitäten zugeordnet oder die dem Kunden gemäß dem Vertrag explizit in Rechnung gestellt werden können, sowie andere Kosten, die sich ausschließlich auf den Vertrag mit dem Kunden beziehen, umfassen. Siehe hierzu auch die Ausführungen zu den Vertragskosten (contract costs) weiter unten. Nach dem Standardentwurf ist bei der Identifizierung möglicher belastender Leistungsverpflichtungen jede in einem Vertrag enthaltene Leistungsverpflichtung einzeln und nicht der Vertrag als Ganzes zu betrachten. Dies könnte zur Folge haben, dass auch für Verträge, die in ihrer Gesamtheit voraussichtlich gewinnbringend sein werden, Verbindlichkeiten für belastende Leistungs- 32 verpflichtungen erfasst werden müssen. Dieser Tatsache sind sich die Boards durchaus bewusst. Sie kamen jedoch zu dem Schluss, dass nur so die Zielsetzung des vorgeschlagenen Modells, die unterschiedlichen Margen der verschiedenen Vertragskomponenten abzubilden, erreicht wird. Durch die Identifizierung der separaten Leistungsverpflichtungen werden die unterschiedlichen Margen offengelegt. Infolgedessen wäre bei der Prüfung, ob diese separaten Leistungsverpflichtungen belastend sind, die gleiche Bilanzierungseinheit zu betrachten. Darüber hinaus müssen Unternehmen vor der Erfassung einer Verbindlichkeit für belastende Leistungsverpflichtungen künftig bestimmen, ob die mit den Verträgen in Zusammenhang stehenden Vermögenswerte, wie z. B. Vorräte, Sachanlagen oder aktivierte Vertragskosten, möglicherweise wertgemindert sind. Ggf. wäre zunächst ein entsprechender Wertminderungsaufwand zu erfassen. Die Verbindlichkeit für belastende Verträge ist an jedem Abschlussstichtag neu zu bewerten, um Änderungen bei den getroffenen Annahmen und Schätzungen oder neue Informationen zu berücksichtigen. Änderungen bei der Bewertung der Verbindlichkeit sind als Erhöhung oder Minderung des Aufwands aus der belastenden Verbindlichkeit in der laufenden Berichtsperiode zu erfassen. Bei Erfüllung der belastenden Leistungsverpflichtung würde das Unternehmen die entsprechenden Erträge aus der Auflösung der Verbindlichkeiten als Minderung dieses Aufwands ausweisen. Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden Beispiel 15 — belastende Leistungsverpflichtungen Das IT-Beratungsunternehmen C schließt mit dem Kunden A einen Vertrag. Der Vertrag umfasst die folgenden Leistungen: • • • • Beurteilung der Zweckmäßigkeit der derzeit von A eingesetzten Software und Erstellung eines detaillierten Berichts Prüfung von IT-Lösungen, die am Markt verfügbar sind und das bisherige System ersetzen könnten Einführung der neuen Software in verschiedenen Ländern Durchführung von Schulungen, um die Mitarbeiter der Personalabteilung und das Management mit der neuen Software vertraut zu machen Das Beratungsunternehmen stellt fest, dass die vier vertraglich vereinbarten Leistungen jeweils einzelne Leistungsverpflichtungen darstellen. Das Vertragsvolumen beläuft sich auf EUR 1,1 Mio. Dies ist deutlich niedriger als die Summe der Einzelveräußerungspreise für die einzelnen Leistungen, die das Unternehmen anderen Kunden in Rechnung stellen würde: Einzelverkaufspreis Zugeordneter Transaktionspreis Kosten für die Erbringung der Dienstleistung Bruttomarge (in EUR) (a) Beurteilung der vorhandenen Software 200.000 183.000 150.000 33.000 (b) Prüfung alternativer Lösungen 150.000 137.500 150.000 (12.500) (c) Implementierung neuer Software 450.000 412.500 300.000 112.500 (d) Schulungen beim Kunden 400.000 367.000 300.000 67.000 1.200.000 1.100.000 900.000 200.000 Summe Marktpreise sind verfügbar, weil das Unternehmen die Leistungen entweder separat anbietet oder weil es beobachtbare Marktpreise von Konkurrenzunternehmen zur Beurteilung heranziehen kann. Die Verteilung der gesamten Gegenleistung erfolgt in Relation zu den Einzelveräußerungspreisen der vereinbarten Dienstleistungen. Obwohl das Unternehmen insgesamt einen gewinnbringenden Vertrag abschließt, erweist sich die unter (b) aufgeführte Leistungsverpflichtung bei der Überprüfung der einzelnen in dem Vertrag enthaltene Leistungsverpflichtungen als verlustbringend. Bei ihr ergibt sich ein Verlust von EUR 12.500. Vertragskosten (contract cost) Neben dem vorgeschlagenen Modell zur Umsatzrealisierung enthält der Standardentwurf auch Leitlinien für die Bilanzierung von Kosten, die einem Unternehmen im Zusammenhang mit der Anbahnung und der Erfüllung von Verträgen über die Lieferung von Gütern und Dienstleistungen an Kunden entstehen. Diese Leitlinien gelten sowohl für bereits abgeschlossene Verträge als auch für Verträge, die sich noch im Verhandlungsstadium befinden. Der Entwurf unterscheidet zwischen Kosten, die einen Vermögenswert begründen, und Kosten, die zum Zeitpunkt ihres Entstehens als Aufwand zu erfassen sind. Das vorgeschlagene Modell besagt, dass Kosten, die im Zusammenhang mit der Erfül- lung einer vertraglich vereinbarten Leistungsverpflichtung anfallen und die nicht nach den Vorschriften eines anderen Standards zu aktivieren sind, d. h. auf Basis der Vorschriften von IAS 2 Vorräte, IAS 16 Sachanlagen oder IAS 38 Immaterielle Vermögenswerte, zum Ansatz eines separaten Vermögenswertes führen können. Voraussetzung dafür ist, dass die folgenden Kriterien erfüllt sind: • Die Kosten stehen in direktem Zusammenhang mit dem Vertrag oder einem spezifischen Vertrag der sich noch im Verhandlungsstadium befindet. Die Kosten umfassen z. B. Material- und Fertigungseinzelkosten, Kosten, die direkt den zur Erfüllung des Vertrags erforderlichen Aktivitäten zugeordnet Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden 33 werden können, Kosten, die dem Kunden gemäß dem Vertrag explizit in Rechnung gestellt werden können, sowie sonstige Kosten, die sich ausschließlich auf den Vertrag mit dem Kunden beziehen (z. B. Kosten, die für die Beauftragung von Subunternehmern anfallen). • Die Kosten führen zur Generierung oder Verbesserung der Ressourcen des Unternehmens, die in der Zukunft zur Erfüllung von Leistungsverpflichtungen genutzt werden sollen. Dazu zählen z. B. Planungs- oder Konstruktionskosten, die der künftigen Leistungserfüllung dienen und dem Unternehmen weiterhin Nutzen zufließen lassen. • Es ist zu erwarten, dass die Kosten wieder erwirtschaftet werden. Sofern die im Rahmen der Erfüllung eines Vertrags anfallenden Kosten nach Prüfung der vorgenannten Kriterien nicht als separate Vermögenswerte angesetzt werden können, sind sie zum Zeitpunkt ihres Entstehens aufwandswirksam zu erfassen. Kosten, die nach dem vorgeschlagenen Regelungen immer sofort aufwandswirksam zu erfassen sind, umfassen: • Kosten für die Anbahnung eines Vertrags, wie z. B. Vertriebs-, Marketing- und Werbekosten, die während der Ausschreibungs- und Angebotsphase bzw. der Verhandlungsphase angefallen sind. • Kosten, die im Zusammenhang mit bereits erfüllten Leistungsverpflichtungen anfallen, wie z. B. Kosten, die sich auf in der Vergangenheit erfüllte Leistungen beziehen und aus denen dem Unternehmen kein zukünftiger Nutzen mehr zufließen wird. • Kosten für anormale Beträge für Materialabfälle, Fertigungslöhne oder andere Kosten, die bei der Erfüllung des Vertrags angefallen sind. 34 Sofern das Unternehmen nicht in der Lage ist festzustellen, ob sich bestimmte Kosten auf bereits erbrachte oder auf in der Zukunft zu erbringende Leistungen beziehen, hat es diese zum Zeitpunkt ihres Entstehens aufwandswirksam zu erfassen. Jeder Vermögenswert, der auf Basis dieser Regelungen angesetzt wurde, ist letztendlich in den Umsatzkosten durch Abschreibung zu erfassen, wenn das Unternehmen die Verfügungsgewalt an den Gütern oder Dienstleistungen überträgt. Dabei ist eine systematische Vorgehensweise im Einklang mit der jeweiligen Übertragung von Gütern und Dienstleistungen, auf die sich der Vermögenswert bezieht, zu wählen. Darüber hinaus ist jeder vom Unternehmen erfasste Vermögenswert laufend auf Wertminderungen hin zu überprüfen. Als Vermögenswert aktivierte Kosten müssen sowohl bei ihrem erstmaligen Ansatz als auch über die Dauer der gesamten Vertragslaufzeit wieder erwirtschaftet werden können. Um festzustellen, ob eine Wertminderung gegeben ist oder nicht, ist der Buchwert des erfassten Vermögenswertes mit dem verbliebenen Teil des Transaktionspreises, der der jeweiligen Leistungsverpflichtung zugeordnet wurde, auf die sich der Vermögenswert bezieht, zu vergleichen. Die Boards gehen in ihren Vorschlägen nicht darauf ein, ob eine Wertaufholung vorgenommen werden kann, wenn sich die Bedingungen, die zur Wertminderung geführt haben, umkehren. Nach den geltenden IFRS ist für andere Vermögenswerte als der Geschäfts- oder Firmenwert eine Wertaufholung zwingend vorgeschrieben. Dagegen ist nach den US-GAAP eine Wertaufholung bei vormals wertberichtigten Vermögenswerten generell nicht zulässig. Da mit dem vorliegenden Standardentwurf eine teilweise Harmonisierung der IFRS mit den US-GAAP angestrebt wird, ist nicht klar, welches Rahmenkonzept künftig maßgeblich sein wird. Möglicherweise werden die unterschiedlichen Auffassungen des IASB und des FASB bezüglich der Bilanzierung von Wertaufholungen auch weiterhin bestehen bleiben. Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden Erfüllung der Leistungsverpflichtungen Nach dem vorgeschlagenen Modell sind die einer bestimmten Leistungsverpflichtung zugeordneten Umsätze nur dann zu erfassen, wenn der Kunde die Verfügungsgewalt über das zugrunde liegende Gut oder die zugrunde liegende Dienstleistung erlangt hat. Ein Kunde erlangt die Verfügungsgewalt über ein Gut bzw. eine Dienstleistung, wenn er die gegenwärtige Möglichkeit hat, deren Nutzung zu bestimmen und den Nutzen daraus zu ziehen. Danach hat ein Kunde die Verfügungsgewalt auch erlangt, wenn das Unternehmen verhindern kann, dass andere Unternehmen die Nutzung des Gutes oder der Dienstleistung bestimmen und den Nutzen daraus ziehen können. Im Sinne des vorgeschlagenen Modells stellt die Übertragung der Verfügungsgewalt auf den Kunden die Übertragung sämtlicher Rechte an dem Gut oder der Dienstleistung dar. Nach Übertragung der Verfügungsgewalt besitzt der Kunde das alleinige Recht, das Gut oder die Dienstleistung während der restlichen Nutzungsdauer zu nutzen, beziehungsweise im Rahmen seines Geschäftsbetriebes einzusetzen. Die Fähigkeit des Kunden, den Nutzen aus dem Gut oder der Dienstleistung zu ziehen, bedeutet, dass er einen Anspruch auf im Wesentlichen alle Zahlungsmittelzuflüsse hat, die durch die Güter oder Dienstleistungen generiert werden, sowie auf die durch das Gut oder die Dienstleistung erzielte Reduzierung der Zahlungsmittelabflüsse. Einige Transaktionen sind so strukturiert, dass das veräußernde Unternehmen ein Sicherungsrecht an den Gütern, die Gegenstand des Kaufvertrags sind, zurückbehält, um sich beispielsweise gegen einen Zahlungsausfall des Kunden abzusichern. Der Entwurf stellt klar, dass es sich bei solchen Rechten um Schutzrechte handelt, die nicht ausschließen, dass der Kunde die Verfügungsgewalt an dem Gut erlangt. In vielen Situationen wirft die Feststellung, wann der Kunde die Verfügungsgewalt erlangt hat, keine besonderen Probleme auf. In einigen Fällen jedoch kann dies überaus komplex sein. Um Unternehmen bei der Feststellung, wann ein Kunde die Verfügungsgewalt über ein bestimmtes Gut oder eine bestimmte Dienstleistung erlangt hat, zu unterstützen, haben die Boards die folgenden Indikatoren erarbeitet, die die Identifikation erleichtern sollen: • Der Kunde hat eine unbedingte Zahlungsverpflichtung — d. h. ein Kunde ist unbedingt verpflichtet, für das Gut oder die Dienstleistung zu zahlen. Dies ist in Regel dann der Fall, wenn er im Gegenzug die Verfügungsgewalt über das zugrunde liegende Gut oder die zugrunde liegende Dienstleistung erlangt hat. Der Entwurf weist darauf hin, dass eine unbedingte Zahlungsverpflichtung vorliegt, wenn die Zahlung allein aufgrund des Zeitablaufs fällig wird. • Der Kunde hat ein Eigentumsrecht — Eigentum an einem Gut ist oftmals ein Indikator dafür, welche Partei in der Position ist, die Nutzung des Gutes zu bestimmen und den Nutzen aus dem Gut zu ziehen. Eigentum an einem Gut bedeutet, dass das Gut von dem Rechtsinhaber veräußert, gegen einen anderen Vermögenswert eingetauscht oder zur Sicherung oder Begleichung einer Schuld verwendet werden kann. Die Übertragung des Eigentumsrechts fällt häufig mit der Übertragung der Verfügungsgewalt über das Gut zusammen. In einigen Fällen wird das Eigentumsrecht als Schutzrecht zurückbehalten, so erfolgt unter Umständen keine Übertragung der Verfügungsgewalt. • Der Kunde ist im physischen Besitz des Gutes oder der Dienstleistung — oftmals versetzt der physische Besitz eines Gutes den Kunden in die Position, die Nutzung dieses Gutes zu bestimmen. In einigen Fällen ist der physische Besitz jedoch nicht gleichbedeutend mit der Verfügungsgewalt über ein Gut. So kann ein Unternehmen bei Kommissionsgeschäften oder bei der Existenz von Kauf- und Rückkaufvereinbarungen zwar den physischen Besitz übertragen haben, die Verfügungsgewalt über das Gut wurde jedoch zurückbehalten. Bei sog. billand-hold-Vereinbarungen kann dagegen der Veräußerer physisch im Besitz eines Gutes sein, über das der Kunde allerdings die Verfügungsgewalt hat. • Das Design oder die Funktion sind kundenspezifisch — das Design oder die Funktion eines Gutes oder einer Dienstleistung sind kundenspezifisch, so dass das Gut oder die Dienstleistung für den Veräußerer nur einen geringeren Wert hat, da es an einer alternativen Verwendung fehlt. Kann ein Unternehmen beispielsweise einen kundenspezifischen Vermögenswert nicht an einen anderen Kunden verkaufen, so wird das Unternehmen wahrscheinlich vom Kunden verlangen, dass dieser die Verfügungsgewalt über den Vermögenswert im Verlauf des Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden 35 Herstellungsprozesses erlangt und folglich alle bis dahin abgeschlossenen Arbeiten bezahlt. Kann ein Kunde dagegen nur kleinere Modifikationen an dem Design oder der Funktion eines Gutes oder einer Dienstleistung vornehmen oder aus einer Reihe standardisierter Optionen, die der Veräußerer festgelegt hat, auswählen, so handelt es sich in der Regel nicht um ein kundenspezifisches Gut oder eine kundenspezifische Dienstleistung. Kann ein Kunde größere Modifikationen an dem Design oder der Funktion des Gutes oder der Dienstleistung festlegen, so deutet dies darauf hin, dass er die Verfügungsgewalt über den Vermögenswert im Verlauf des Herstellungsprozesses erlangt. Die Indikatoren sollen lediglich Anhaltspunkte dafür geben, ob ein Kunde die Verfügungsgewalt erlangt hat. Der Entwurf stellt klar, dass einige der genannten Indikatoren auf bestimmte Transaktionen keine Anwendungen finden. Zudem ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob es ggf. andere Hinweise für einen Übergang der Verfügungsgewalt gibt. Des Weiteren kann aus der Existenz eines einzigen Indikators allein nicht der Schluss gezogen werden, dass die Verfügungsgewalt auf den Kunden übertragen wurde. Der Zeitpunkt der Umsatzrealisierung ist direkt mit der Frage verknüpft, wann dem Kunden die Verfügungsgewalt über das vereinbarte Gut oder die vereinbarte Dienstleistung übertragen wurde. Umfasst die Vereinbarung bspw. die Lieferung eines bestimmten Gutes (ausgenommen bestimmte Spezialanfertigungen), würde das Unternehmen im Regelfall den Umsatz realisieren, sobald das Gut an den Kunden geliefert wurde. Umfasst die Vereinbarung eine Dienstleistung, würde der entsprechende Umsatz erfasst werden, wenn die Dienstleistung erbracht wird. Dies würde voraussetzen, dass die Verfügungsgewalt kontinuierlich auf den Kunden übertragen wird. Diese Konzepte werden in den folgenden Abschnitten vertiefend erörtert. Beispiel 16 — Erfüllung der Leistungsverpflichtung Das Unternehmen M betreibt mehrere Minen. Seine Geschäftstätigkeit besteht vor allem im Abbau, in der Verarbeitung und im Verkauf von Gold- und Kupferkonzentrat und Goldbarren. Bei den Goldbarren liegt in der Regel ein Zeitraum von wenigen Tagen zwischen dem Zeitpunkt, zu dem die Barren die jeweilige Mine des Unternehmens mit einem Werttransporter verlassen, und dem Zeitpunkt, zu dem es bei der Raffinerie eintrifft. In der Raffinerie werden die Goldbarren weiterverarbeitet, dem Metallkonto von Unternehmen M gutgeschrieben und anschließend verkauft. M schließt mit seinem Kunden C einen Vertrag über die Lieferung einer bestimmten Menge von Goldbarren. Gegenwärtig erfasst M den Umsatz aus dem Verkauf von Goldbarren gemäß IAS 18 Umsatzerlöse zu dem Zeitpunkt, zu dem die Risiken und Chancen übertragen wurden. Nach der derzeitigen Auffassung von M ist dies der Zeitpunkt, zu dem die Barren die Mine mit dem Werttransporter verlassen. Nach dem vorgeschlagenen Modell wird der Umsatz erst bei Übertragung der Verfügungsgewalt über die Barren erfasst, wobei die physische Lieferung einen Indikator für die Übertragung der Verfügungsgewalt darstellt. Mit Blick auf den Verkauf der Goldbarren ist es eher unwahrscheinlich, dass die neuen Kriterien für die Umsatzrealisierung bereits zu dem Zeitpunkt erfüllt sind, zu dem die Goldbarren das Gelände der Mine verlassen. Stattdessen werden die Umsatzerlöse erst zu dem Zeitpunkt erfasst, zu dem die Goldbarren vom Metallkonto des Unternehmens M auf das Metallkonto des Unternehmens C umgebucht wurden, da unterstellt wird, dass C zu diesem Zeitpunkt die Verfügungsgewalt über die Goldbarren erlangt hat. HINWEIS: Aufgrund der spezifischen Eigenschaften von Goldbarren wird die Gutschrift auf einem Metallkonto der physischen Lieferung gleichgesetzt. Unter bestimmten Umständen kann also das vorgeschlagene Modell zu einer Änderung der aktuellen Bilanzierungspraxis führen. 36 Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden Kontinuierliche Übertragung (continuous transfer) von Gütern und Dienstleistungen Vereinbarungen über die Erbringung von Dienstleistungen und bestimmte andere langfristigen Lieferverträge können eine kontinuierliche Lieferung von Gütern oder Dienstleistungen über die Vertragslaufzeit vorsehen. Der Entwurf bestätigt, dass die Verfügungsgewalt über ein Gut oder eine Dienstleistung kontinuierlich übertragen werden kann, enthält jedoch keine weiteren Leitlinien zu der Frage, wie die kontinuierliche Übertragung festzustellen ist. Unternehmen werden bei der Beurteilung dieser Frage daher Ermessen ausüben und sich dabei an den zuvor beschriebenen vier Indikatoren orientieren müssen. Sofern das Unternehmen festgestellt hat, dass die Verfügungsgewalt kontinuierlich übertragen wird, muss das Unternehmen nach dem vorgeschlagenen Modell für die jeweilige Leistungsverpflichtung die Methode zur Umsatzrealisierung auswählen, die die kontinuierliche Übertragung am besten abbildet. Die Leistungsverpflichtung wäre so lange nach der ausgewählten Methode zu bilanzieren, bis sie vollständig erfüllt worden ist. Die vorgeschlagenen Regelungen stellen außerdem klar, dass die ausgewählte Methode auf vergleichbare Vereinbarungen, die ähnliche Leistungsverpflichtungen enthalten, entsprechend anzuwenden ist. Für Vereinbarungen, die eine kontinuierliche Übertragung von Gütern und Dienstleistungen vorsehen, schlägt der Entwurf die folgenden drei Methoden zur Umsatzrealisierung vor: • Output-basierte Methoden: bei diesen werden die Umsätze auf Basis der produzierten oder gelieferten Einheiten, der vertraglich vereinbarten Meilensteine oder von Begutachtungen der bis dahin übertragenen Güter oder Dienstleistungen im Verhältnis zu den insgesamt zu übertragenden Gütern oder Dienstleistungen erfasst. Output-basierte Methoden spiegeln die Übertragung von Gütern oder Dienstleistungen häufig am zuverlässigsten wieder. Jedoch können auch andere Methoden in Betracht gezogen werden, die ebenfalls eine verlässliche Darstellung ermöglichen und mitunter mit geringeren Kosten verbunden sind. • Input-basierte Methoden: bei diesen werden die Umsätze auf Basis des bis dahin angefallenen Arbeitsaufwands, z. B. die Kosten für die bisher verbrauchten Ressourcen oder angefallenen Arbeits- und Maschinenstunden, im Verhältnis zum insgesamt erwarteten Arbeitsaufwand erfasst. Die direkte Beobachtbarkeit ist bei input-basierten Methoden besser gegeben als bei output-basierten Methoden. Ein wesentlicher Nachteil der input-basierten Methoden besteht allerdings darin, dass zwischen dem angefallenen Arbeitsaufwand und der Übertragung von Gütern oder Dienstleistungen unter Umständen kein unmittelbarer Zusammenhang mehr besteht, sofern Leistungsmängel im Unternehmen oder andere Faktoren vorliegen. Bei der Anwendung einer inputbasierten Methode muss ein Unternehmen die Auswirkungen anderer Input-Parameter, die nicht mit der Übertragung der Güter oder Dienstleistungen auf den Kunden im Zusammenhang stehen (z. B. anormale Beträge für Materialabfälle, Fertigungslöhne oder andere Ressourcen zur Erfüllung des Vertrags), ausschließen. • Methoden auf Basis des Zeitablaufs: das Unternehmen erfasst die Umsätze linear über die erwartete Vertragslaufzeit, wenn die Dienstleistungen gleichmäßig über die Laufzeit des Vertrages erbracht werden. In den meisten Fällen ist die Feststellung, ob die Verfügungsgewalt über die Güter und Dienstleistungen zu einem bestimmten Zeitpunkt oder über die gesamte Vertragslaufzeit übertragen wird, relativ einfach möglich. Für manche Unternehmen, insbesondere für Unternehmen mit Verträgen über langfristige und kundenspezifische Bau- oder Entwicklungsvorhaben, kann die Beurteilung, wann und wie der Kunde die Verfügungsgewalt erlangt, jedoch recht komplex sein. Die Beurteilung dieser Frage wirkt sich unmittelbar auf den Zeitpunkt der Umsatzrealisierung aus. Sofern das Unternehmen nicht belegen kann, dass die Verfügungsgewalt kontinuierlich auf den Kunden übertragen wird, kann der Umsatz erst bei Lieferung des fertig gestellten Vermögenswertes erfasst werden. Dies ist einer der umstrittensten Aspekte des vorgeschlagenen Modells. Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden 37 Beispiel 17 — kontinuierliche Übertragung der Verfügungsgewalt Das Unternehmen C schließt mit dem Kunden A einen Vertrag über den Bau einer Biotechnologie-Anlage. A stellt das Grundstück zur Verfügung, auf dem die Anlage errichtet werden soll. Der Vertrag sieht vor, dass A ständig an der Planung und Entwicklung der Anlage beteiligt wird. Der Vertrag regelt ferner, dass A im Zuge des Baufortschritts regelmäßige, nicht erstattungsfähige Zahlungen leistet. Ferner hat A einen Anspruch auf den teilweise errichteten Vermögenswert. Rechtlich gesehen geht das Eigentum an der Biotechnologie-Anlage jedoch erst auf A über, wenn die Anlage fertig gestellt ist und ein dreimonatiges Testverfahren durchlaufen hat. Nach Berücksichtigung aller Faktoren gelangt C zu dem Ergebnis, dass die Verfügungsgewalt über die Anlage kontinuierlich auf A übertragen wird. Ein entscheidender Anhaltspunkt ist die Tatsache, dass A über den teilweise errichteten Vermögenswert die Verfügungsgewalt hat. Rückkaufvereinbarungen (repurchase agreement) Manche Vereinbarungen beinhalten Rückkaufvereinbarungen, die entweder Bestandteil des Kaufvertrags sind oder separat vereinbart wurden. Der Exposure Draft hebt drei Arten von Rückkaufvereinbarungen hervor: Das Unternehmen hat eine unbedingte Verpflichtung, den Vermögenswert zurück zu erwerben. Diese Verpflichtung ist Bestandteil des ursprünglichen Vertrags. • Termingeschäft (forward contract) Das Unternehmen hat ein unbedingtes Recht, den Vermögenswert zurück zu erwerben. Dieses Recht ist Bestandteil des ursprünglichen Vertrags. Ein Kunde hat das unbedingte Recht, vom Unternehmen den Rückkauf des Vermögenswertes zu verlangen. • Eine erworbene Kaufoption • Eine geschriebene Verkaufsoption (purchased call option) Vom Kunden gehaltene geschriebene Verkaufsoption Ist der Kunde berechtigt, vom Veräußerer den Rückkauf des Vermögenswertes zu verlangen, so hat der Kunde nach dem geplanten Modell die Verfügungsgewalt über den Vermögenswert erlangt und ein Verkauf ist bilanziell abzubilden. Das Unternehmen müsste gleichzeitig eine Verbindlichkeit für das Rückgaberecht und einen Vermögenswert für das Recht auf Rückerhalt des Vermögenswertes bei Rückkauf erfassen. Es kann jedoch Situationen geben, in denen der Veräußerer sicher ist, dass der Kunde seine Option ausüben wird. In solchen Fällen erfasst das Unternehmen eine Verbindlichkeit für das Rückgaberecht in Höhe der vom Kunden erhaltenen Gegenleistung, angepasst um den Zinseffekt. 38 (written put option) Termingeschäft oder vom Unternehmen gehaltene Kaufoption Hat das Unternehmen dagegen eine unbedingte Verpflichtung (forward) oder ein Recht (call option), den Vermögenswert zurück zu erwerben, so hat der Kunde keine Verfügungsgewalt erlangt, da er in seiner Fähigkeit, die Nutzung des Vermögenswertes zu bestimmen, eingeschränkt ist. Die Vereinbarung stellt daher eher ein Leasingvertrag oder eine Finanzierungstransaktion dar statt eines Verkaufs. Ist das Unternehmen verpflichtet oder berechtigt, den Vermögenswert zu einem Preis zurück zu erwerben, der unter dem ursprünglichen Verkaufspreis liegt, so sollte die Transaktion als Leasingverhältnis behandelt werden. Ist das Unternehmen verpflichtet oder berechtigt, den Vermögenswert zu einem Preis zurück zu kaufen, der dem ursprünglichen Verkaufspreis entspricht oder darüber liegt, so sollte die Vereinbarung als Finanzierungstransaktion bilanziert werden. Im Falle einer Finanzierungsvereinbarung würde der Veräußerer Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden den Vermögenswert weiterhin in der Bilanz ausweisen sowie zusätzlich eine finanzielle Verbindlichkeit in Höhe der vom Kunden erhaltenen Gegenleistung erfassen. Die Differenz zwischen der vom Kunden erhaltenen Gegenleistung und der bei Rückkauf an den Kunden zu zahlenden Gegenleistung stellt den Zinsaufwand oder gegebenenfalls die Haltekosten dar, die über die Laufzeit des Finanzierungsgeschäfts erfasst werden. Da der Standardentwurf bei der Festlegung der bilanziellen Behandlung den Aspekt der Wahrscheinlichkeit der Ausübung einer Kaufoption völlig außer Acht lässt, besteht unseres Erachtens die Gefahr, dass es zu nicht nachvollziehbaren Bilanzierungsergebnissen kommen könnte. Bei bestimmten Transaktionen kann ein Unternehmen beispielsweise das unbedingte Recht haben, den Vermögenswert zu einem höheren Preis als dem ursprünglichen Verkaufspreis zurück zu erwerben. Das geplante Modell sieht vor, dass ein Unternehmen solche Transaktionen als Finanzierungstransaktion bilanziert, auch wenn es höchst unwahrscheinlich ist, dass das Unternehmen die Kaufoption ausüben wird. Beispiel 18 — Rückkaufoptionen Ein Automobilhersteller verkauft ein Fahrzeug an den Kunden X für EUR 30.000 (Herstellungskosten: EUR 26.000). Bestandteil des Vertrages ist auch das Angebot, das Fahrzeug nach einem Zeitraum von drei Jahren zu einem festgelegten Preis von EUR 10.500 zurück zu erwerben. Der Kunde hat demnach das Recht, das Fahrzeug entweder zu dem festgelegten Preis an den Hersteller zurückzugeben oder das Fahrzeug zu behalten. Bei Verkauf des Fahrzeugs erfasst der Hersteller Umsatzerlöse in Höhe von EUR 19.500 und eine Rückkaufverbindlichkeit in Höhe von EUR 10.500. Zusätzlich weist der Hersteller einen Vermögenswert für das Recht auf Rückerhalt des Fahrzeugs in Höhe von EUR 9.130 (Rückkaufpreis abzüglich einer Marge) aus und reduziert die Umsatzkosten um den Betrag. Bill-and-hold-Vereinbarungen Bei bestimmten Verkaufstransaktionen erfüllt ein Unternehmen seine Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag und stellt dem Kunden den Gesamtbetrag in Rechnung, versendet die Güter jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt. Solche Transaktionen werden als bill-and-hold-Vereinbarungen bezeichnet und in der Regel auf Wunsch des Kunden abgeschlossen. Gründe hierfür können fehlende Lagerkapazitäten beim Kunden oder das anfängliche Fehlen der Möglichkeit zur Nutzung der Güter sein. Nach den vorgeschlagenen Regelungen muss das veräußernde Unternehmen beurteilen, ob der Kunde die Verfügungsgewalt über die Güter erlangt hat, um festzulegen, ob die Leistungsverpflichtung erfüllt wurde und die Umsatzerlöse entsprechend erfasst werden können. Da der Kunde bei einer bill-and-hold-Transaktion die Güter nicht in Besitz genommen hat, hat er die Verfügungsgewalt über die jeweiligen Güter nur dann erlangt, wenn folgende Kriterien erfüllt sind: • Die bill-and-hold-Vereinbarung muss auf Weisung des Kunden hin abgeschlossen worden sein. • Das Gut muss beim veräußernden Unternehmen separat von den anderen Gütern gelagert und eindeutig als Gut des Kunden identifiziert werden. • Das Gut muss an dem Ort und zu dem Zeitpunkt, der jeweils vom Kunden festgelegt wurde oder wird, lieferbereit sein. • Das veräußernde Unternehmen kann das Produkt nicht anderweitig verwenden oder an einen anderen Kunden veräußern. Wenn diese Bedingungen kumulativ erfüllt sind, ist das veräußernde Unternehmen nicht mehr dazu in der Lage, die Nutzung der Güter zu bestimmen, sondern handelt als Verwahrer für den Kunden. Somit hat der Veräußerer seine Leistungsverpflichtung erfüllt. In einem derartigen Fall muss das veräußernde Unternehmen jedoch prüfen, ob die Verwahrungsleistung eine separate Leistungsverpflichtung darstellt. Sofern dies der Fall ist, müsste ein Teil des Transaktionspreises dieser separaten Leistungsverpflichtung zugeordnet werden und dürfte erst am Ende des Verwahrungszeitraums als Umsatzerlöse erfasst werden. Nach drei Jahren gibt der Kunde das Fahrzeug an den Automobilhersteller zurück. Mit der Barzahlung des vereinbarten Rückkaufpreises wird die Rückkaufverbindlichkeit erfüllt und das Fahrzeug in den Vorratsbestand eingebucht, wodurch das Recht auf Rückerhalt des Vermögenswertes erlischt. Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden 39 Abnahme durch den Kunden Einige Kaufverträge sehen vor, dass der Kunde erst dann zur Zahlung der Gegenleistung verpflichtet ist, wenn er die betreffenden Güter abgenommen hat. Hierbei kann es sich entweder um einfache vertragliche Bestimmungen handeln, die lediglich regeln, dass der Kunde die gelieferten Güter auf der Grundlage objektiver und vertraglich festgelegter Kriterien, wie z. B. dass die gelieferten Maschinen mit einer festgelegten Geschwindigkeit laufen müssen, abnehmen oder zurückweisen kann, oder um komplexe Bedingungen, die eher subjektiverer Natur sind. Bei der Beurteilung, ob der Kunde die Verfügungsgewalt über das Gut oder die Dienstleistung erlangt hat, müssen alle im Vertrag enthaltenen Abnahmeklauseln berücksichtigt werden, denn nur wenn das Unternehmen sämtliche Abnahmeklauseln erfüllt hat, hat es Anspruch auf Erhalt der Gegenleistung. Ansonsten kann es zur Nachbesserung verpflichtet sein, bevor schließlich alle vertraglich vereinbarten Leistungsverpflichtungen erfüllt sind. Wenn ein Unternehmen objektiv belegen kann, dass das Gut oder die Dienstleistung in Übereinstimmung mit den vertraglich vereinbarten Produktspezifikationen auf den Kunden übertragen wurde, handelt es sich bei der Abnahme durch den Kunden um eine reine Formalität, die die Feststellung des Unternehmens, ob der Kunde die Verfügungsgewalt über das Gut oder die Dienstleistung erlangt hat, nicht beeinflusst. Vertraglich festgelegte Eigenschaften wie Größe, Gewicht oder ähnliche Messgrößen sind Beispiele für Abnahmekriterien, die objektiv feststellbar wären. Kann das Unternehmen dagegen nicht objektiv nachweisen, dass das Gut oder die Dienstleistung die vertraglichen vereinbarten Spezifikationen erfüllt, so kann es nicht beurteilen, ob der Kunde die Verfügungsgewalt erlangt hat. Eine Vertragsklausel, die dem Kunden die Möglichkeit einräumt, ein Gut in Augenschein zu nehmen oder zu testen und nach eigenem Ermessen zu entscheiden, ob er es abnehmen möchte, kann ein Abnahmekriterium darstellen, das nicht objektiv beurteilbar ist. 40 Lizenzen und Nutzungsrechte Lizenzen und Nutzungsrechte sind in vielen Branchen, wie z. B. im Bereich der Software-, Medien- und Unterhaltungsindustrieoder in der Biotechnologie, üblich. Lizenzen gewähren dem Kunden das Recht, das von einem Unternehmen entwickelte oder diesem gehörende geistige Eigentum zu seinem bestimmungsgemäßen Zweck zu nutzen. Die in dem Entwurf enthaltenen Anwendungsleitlinien nennen die folgenden Beispiele für geistiges Eigentum: • Software und Technologie • Filme, Musik und andere Medien- und Unterhaltungsformen • Franchise • Patente, Marken und Urheberrechte • Sonstige immaterielle Vermögenswerte Die geplanten Leitlinien für Lizenzen und andere Nutzungsrechte, nachfolgend aus Vereinfachungsgründen einheitlich als „Lizenzen“ bezeichnet, sehen vor, dass Unternehmen die Rechte der Kunden analysieren müssen. Nach dem Standardentwurf würde eine Vereinbarung, bei der ein Kunde (Lizenznehmer) die Verfügungsgewalt über im Wesentlichen alle Rechte im Zusammenhang mit dem geistigen Eigentum des Unternehmens (Lizenzgebers) erlangt, nicht als Gewährung eines Rechts auf Nutzung des geistigen Eigentums, sondern als Verkauf betrachtet werden. Wird einem Lizenznehmer beispielsweise das exklusive Recht gewährt, das geistige Eigentum im Wesentlichen über dessen gesamte wirtschaftliche Nutzungsdauer zu nutzen, unterstellt der Entwurf, dass der Lizenznehmer die Verfügungsgewalt über alle mit dem geistigen Eigentum im Zusammenhang stehenden wesentlichen Rechte erlangt hat. Erlangt ein Lizenznehmer nicht die Verfügungsgewalt über alle mit dem geistigen Eigentum im Zusammenhang stehenden wesentlichen Rechte, da sich das Recht auf Nutzung des geistigen Eigentums beispielweise nur über einen bestimmten Zeit- Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden raum erstreckt, der kürzer ist als die wirtschaftliche Nutzungsdauer des geistigen Eigentums, so stellt sich die Bilanzierung nach den vorgeschlagenen Regelungen wie folgt dar: • Gewährt der Lizenzgeber dem Lizenznehmer Rechte, die nicht exklusiv sind, handelt es sich bei dem Nutzungsrecht in der Regel um eine gesonderte Leistungsverpflichtung, die dann erfüllt ist, wenn der Kunde in der Lage ist, diese Rechte zu nutzen. Nutzungsrechte werden als nicht exklusive Rechte eingestuft, wenn der Lizenzgeber in der Lage ist, ähnliche Rechte auch anderen Parteien unter im Wesentlichen identischen Bedingungen zu gewähren. Diese Vorgehensweise ist beispielsweise in der Softwarebranche, in der Entwickler von Software häufig Softwarelizenzen an eine Reihe von Kunden unter den gleichen Bedingungen verkaufen, allgemein üblich. • Hat der Lizenzgeber dem Lizenznehmer hingegen ein exklusives Nutzungsrecht eingeräumt, so wäre der Lizenzgeber nicht in der Lage, ein vergleichbares Recht gleichzeitig einer anderen Partei zu gewähren. Dies ist ein Hinweis darauf, dass die Fähigkeit des Lizenzgebers, das geistige Eigentum während des Lizenzzeitraums zu kontrollieren, eingeschränkt ist. Die Boards kamen zu dem Schluss, dass diese Einschränkung ein Anzeichen dafür ist, dass der Lizenzgeber eine Leistungsverpflichtung hat, die erst am Ende des Lizenzzeitraums vollumfänglich erfüllt sein wird. Die Leistungsverpflichtung des Lizenzgebers wird daher kontinuierlich über den Lizenzzeitraum erfüllt. Werden die Nutzungsrechte mehreren Parteien gleichzeitig gewährt, so ist eine Bilanzierung als Verkaufsgeschäft jedoch nicht möglich, sofern sich die den Parteien gewährten Rechte wesentlich voneinander unterscheiden. Dies ist ein Anzeichen dafür, dass jeder Partei im Rahmen ihrer jeweiligen Vereinbarungen exklusive Rechte gewährt wurden. Laut den Vorschlägen des ED kann ein Unternehmen exklusive Rechte auf den folgenden Grundlagen gewähren: • Zeitraum — ein Filmstudio kann beispielsweise einem Kunden das exklusive Recht auf Ausstrahlung einer Fernsehserie während eines bestimmten Zeitraums und einem anderen Kunden das exklusive Recht auf Ausstrahlung derselben Serie während eines anderen Zeitraums gewähren. • Region — ein Franchisegeber kann beispielsweise einem Kunden das exklusive Recht auf ein Franchise in einer bestimmten Region und einem anderen Kunden das exklusive Recht auf das Franchise in einer anderen Region gewähren. • Vertriebskanal oder -medium — eine Plattenfirma kann beispielsweise einem Kunden das exklusive Recht, einen Soundtrack auf einer Compact Disc zu vertreiben, und einem anderen Kunden das exklusive Recht, den Soundtrack über das Internet zu vertreiben, gewähren. Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden 41 Die folgende Tabelle zeigt die möglichen Bilanzierungsweisen, die sich je nach Ausgestaltung der vertraglichen Bedingungen, die einem Kunden das Recht auf Nutzung des geistigen Eigentums gewähren, ergeben können. Lizenzbedingungen Art der Lizenz Kunde erhält im Wesentlichen alle Rechte Exklusiv Nicht Exklusiv Kunde erhält nicht im Wesentlichen alle Rechte Verkauf Leasing Verkauf Bei der Beurteilung der Frage, ob im Wesentlichen alle Rechte übertragen wurden oder ob der Lizenzgeber einige Rechte zurückbehält, muss das Management wesentliche Ermessensentscheidungen treffen. Beispiel 19 — Lizenzen Ein Filmstudio schließt mit einem Kinobetreiber, der im ganzen Land Kinos unterhält, einen Vertriebsvertrag ab. Das Studio gewährt dem Betreiber das exklusive Recht, den von ihnen produzierten Film ab dem Erscheinungsdatum drei Monate lang in ihren Filmtheatern zu zeigen. Gleichzeitig schließt das Studio einen Vertrag mit einem internationalen Vertriebsunternehmen ab, das das exklusive Recht auf Produktion und Verkauf des Films als DVD erwirbt. Dieses Recht erstreckt sich auf bestimmte Länder und auf einen Zeitraum von fünf Jahren. Dieser Zeitraum beginnt sechs Monate nach der erstmaligen Ausstrahlung des Films. Schließlich schließt das Studio Verträge mit mehreren großen Fernsehanstalten ab, wobei jede Fernsehanstalt eine Lizenz erwirbt. Diese Lizenz berechtigt sie, den Film in ihrem Land innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren, der ein Jahr nach dem Erscheinungsdatum beginnt, exklusiv auszustrahlen. Jeder Vertrag wird als separater Vertrag identifiziert und jedes Recht ist im Sinne des geplanten Standards zur Umsatzrealisierung exklusiv. Die Erträge der Filmtheater werden linear über einen Zeitraum von drei Monaten erfasst, die Erträge aus dem DVD-Vertrieb über einen Zeitraum von fünf Jahren, beginnend sechs Monate nach dem Erscheinungsdatum, und die Erträge aus der TV-Ausstrahlung über einen Zeitraum von zwei Jahren, beginnend ein Jahr nach dem Erscheinungsdatum. 42 Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden Darstellung und Angaben Darstellung Angaben Vertragliche Vermögenswerte und Verbindlichkeiten Das vorgeschlagene Modell beruht auf dem Konzept, dass ein vertraglicher Vermögenswert (contract asset) oder eine vertragliche Schuld (contract liability) entsteht, wenn eine der Vertragsparteien ihrer Verpflichtung aus dem Vertrag nachkommt. Hat ein Unternehmen beispielsweise durch Lieferung der zugesagten Güter oder Dienstleistungen eine vertraglich vereinbarte Leistungsverpflichtung erfüllt, dann hat das Unternehmen einen Anspruch auf Erhalt einer Gegenleistung vom Kunden erworben und verfügt somit über einen vertraglichen Vermögenswert. Erfüllt dagegen zuerst der Kunde eine seiner Vertragspflichten, indem er beispielsweise eine Vorauszahlung auf die von ihm zugesagte Gegenleistung leistet, entsteht beim Unternehmen eine vertragliche Verbindlichkeit. Der Entwurf sieht eine Reihe neuer Angabepflichten vor. Das grundsätzliche Ziel der Angaben ist es, quantitative und qualitative Angaben zu machen, die es den Abschlussadressaten ermöglichen, den Betrag, den Zeitpunkt und die Unsicherheiten von Umsätzen und Zahlungsflüssen zu verstehen, die sich aus Verträgen mit Kunden ergeben. Ausgehend von dieser Zielsetzung schreibt der Entwurf eine Reihe von qualitativen und quantitativen Angabepflichten vor, die sich auf Verträge mit Kunden beziehen. Letztlich liegt es aber in dem Verantwortungsbereich des Unternehmens festzulegen, wie detailliert diese Angaben sein müssen, um die in dem vorgeschlagenen Modell angestrebte Zielsetzung zu erfüllen. Die Angabepflichten sind in zwei Kategorien unterteilt: Angaben zu den Verträgen mit Kunden und Angaben zu den wesentlichen Ermessensentscheidungen, die bei der Anwendung des vorgeschlagenen Modells getroffen wurden. Gemäß dem vorgeschlagenen Modell hat das Unternehmen den Vertrag in seiner Bilanz als vertraglichen Vermögenswert oder als vertragliche Verbindlichkeit auszuweisen, wenn eine vertraglich vereinbarte Pflicht von einer der beiden Vertragsparteien erfüllt wurde. Häufig stellt ein vertraglicher Vermögenswert einen unbedingten Anspruch auf Erhalt der Gegenleistung dar. Dies ist dann der Fall, wenn keine weiteren Leistungsverpflichtungen erfüllt werden müssen, bevor das Unternehmen den Anspruch auf Erhalt der Gegenleistung vom Kunden erwirbt. Die Boards sind der Auffassung, dass ein unbedingter Anspruch auf Erhalt der Gegenleistung vom Kunden eine Forderung gegen den Kunden darstellt, die getrennt von den vertraglichen Vermögenswerten auszuweisen ist. Ein vertraglicher Vermögenswert liegt dann vor, wenn ein Unternehmen bereits eine Vertragspflicht erfüllt hat, also beispielsweise mit der Erbringung der Dienstleistung begonnen hat oder einen Teil der Güter geliefert hat, jedoch den unbedingten Anspruch auf Erhalt der Gegenleistung noch nicht erworben hat. Unterteilung der Umsätze nach Kategorien Die Angaben zu Umsätzen sind nach Kategorien zu unterteilen, die am besten darstellen, wie der Betrag, der Zeitpunkt und die Unsicherheit von Umsätzen und Zahlungsflüssen von wirtschaftlichen Faktoren beeinflusst werden. Im Standardentwurf werden die folgenden Kategorien vorgeschlagen: (a) die Art der Güter oder Dienstleistungen; (b) die Region, in der die Güter oder Dienstleistungen vertrieben werden; (c) der Markt oder die Art des Käufers (z. B. staatliche im Gegensatz zu privaten Unternehmen); und (d) die Art des Vertrags (z. B. Festpreis, Vergütung auf Zeit- und Materialbasis). Ein Unternehmen kann auch andere Vermögenswerte, wie z. B. Kosten, die im Zusammenhang mit dem Vertrag angefallen sind und die Voraussetzungen für eine Aktivierung erfüllen, oder Verbindlichkeiten, wie z. B. belastende Leistungsverpflichtungen, erfasst haben, die mit dem Vertrag im Zusammenhang stehen. Der Standardentwurf sieht vor, dass derartige Vermögenswerte oder Verbindlichkeiten in der Bilanz getrennt von dem vertraglichen Vermögenswerten und Verbindlichkeiten auszuweisen sind. Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden 43 Überleitung der Eröffnungs- und Schlusssalden Nach dem vorgeschlagenen Modell müssen Unternehmen die Eröffnungs- und Schlusssalden von vertraglichen Vermögenswerten und vertraglichen Schulden zur Bilanz übergeleitet werden. Die Überleitung muss mindestens die folgenden Positionen enthalten: • Den (die) in der Gesamtergebnisrechnung erfassten Betrag (Beträge), der (die) sich wie folgt zusammensetzt (-en): • Erträge aus Leistungsverpflichtungen, die in der Berichtsperiode erfüllt wurden • Erträge aus der Allokation von Änderungen des Transaktionspreises auf Leistungsverpflichtungen, die bereits in früheren Berichtsperioden erfüllt wurden • • • • • • Zinserträge und -aufwendungen Effekt aus Änderungen der Wechselkurse Erhaltene Zahlungsmittel in die Forderungen umgebuchte Beträge Erhaltene nicht zahlungswirksame Gegenleistung Im Rahmen von Unternehmenszusammenschlüssen erworbene Verträge und veräußerte Verträge Das nachfolgende Beispiel veranschaulicht die Angabepflichten in Bezug auf die Eröffnungs- und Schlusssalden, wobei unterstellt wird, dass das Unternehmen insgesamt über einen vertraglichen Nettovermögenswert verfügt. Beispiel 20 Eröffnungssaldo (vertraglicher Vermögenswert (+) / vertragliche Verbindlichkeit (-)) EUR 150.000 Erträge aus Leistungsverpflichtungen, die in der Berichtsperiode erfüllt wurden EUR (500.000) Erträge aus der Allokation von Änderungen des Transaktionspreises auf Leistungsverpflichtungen, die in früheren Berichtsperioden erfüllt wurden (Änderung der Schätzung) EUR 25.000 Zinserträge und -aufwendungen (Saldo) EUR 5.000 In der Gesamtergebnisrechnung erfasster Betrag, der sich wie folgt zusammensetzt: Effekt aus Änderungen der Wechselkurse (Saldo) — Erhaltene Zahlungsmittel in Form von geleisteten Anzahlungen (vertragliche Verbindlichkeit) EUR (150.000) In die Forderungen umgebuchte Beträge (für erfüllte Leistungsverpflichtung) EUR (300.000) Erhaltene nicht zahlungswirksame Gegenleistung (für erfüllte Leistungsverpflichtung) EUR (60.000) Im Rahmen von Unternehmenszusammenschlüssen erworbene Verträge und veräußerte Verträge (Saldo) Schlusssaldo (vertraglicher Vermögenswert (+) / vertragliche Verbindlichkeit (-)) 44 Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden — EUR (830.000) Leistungsverpflichtungen Unternehmen müssen die folgenden qualitativen Informationen zu den Leistungsverpflichtungen in Verträgen mit Kunden angeben: • Die Güter oder Dienstleistungen, deren Übertragung das Unternehmen zugesagt hat. Auf Leistungsverpflichtungen bei denen ein Dritter mit der Übertragung von Gütern oder Dienstleistungen beauftragt wird, wenn das Unternehmen im Rahmen des Vertrags als Agent handelt, ist gesondert hinzuweisen • Zeitpunkt, zu dem das Unternehmen seine Leistungsverpflichtungen üblicherweise erfüllt (z. B. bei Versand, bei Lieferung, bei Erbringung der Dienstleistungen oder bei Beendigung der Dienstleistung) • Die wesentlichen Zahlungskonditionen (z. B., ob die Höhe der Gegenleistung variabel ist und ob der Vertrag eine wesentliche Finanzierungskomponente enthält) • Rücknahme- oder Erstattungsverpflichtungen und sonstige ähnliche Verpflichtungen • Arten von Garantien und damit verbundene Verpflichtungen Neben den qualitativen Angaben zu den Leistungsverpflichtungen muss das Unternehmen ebenfalls quantitative Angaben zum erwarteten Zeitpunkt der Erfüllung noch offener Leistungsverpflichtungen im Rahmen langfristiger Vereinbarungen machen. Das vorgeschlagene Modell sieht vor, dass diese Angaben zu allen Leistungsverpflichtungen zu machen sind, die erst nach einem Jahr nach Vertragsabschluss oder später erfüllt werden. Dies umfasst auch Angaben zum Betrag des Transaktionspreises sowie dessen Allokation auf die Leistungsverpflichtungen, die voraussichtlich innerhalb der folgenden Zeiträume erfüllt werden: • Ein Jahr oder weniger Belastende Leistungsverpflichtungen Zu den belastenden Leistungsverpflichtungen sind die folgenden Angaben zu machen: • Beschreibung der Art und der Höhe der Leistungsverpflichtungen, für die eine Verbindlichkeit erfasst wurde • Erläuterung der Hintergründe, warum die Leistungsverpflichtungen belastend wurden • Angabe des Zeitpunkts, zu dem das Unternehmen die mit den belastenden Leistungsverpflichtungen in Beziehung stehenden Verbindlichkeiten voraussichtlich erfüllen wird Neben den vorstehend aufgeführten qualitativen und quantitativen Angaben müssen Unternehmen eine Überleitung der Eröffnungs- und Schlusssalden der gesamten Verbindlichkeiten, die aufgrund von belastenden Leistungsverpflichtungen gebildet wurden, vornehmen. Diese Überleitung muss die folgenden Positionen umfassen: • Leistungsverpflichtungen, die in der Berichtsperiode belastend wurden • Leistungsverpflichtungen, die in der Berichtsperiode nicht mehr als belastend eingestuft wurden • Höhe der Verbindlichkeit, die in der Berichtsperiode erfüllt wurde • Zinseffekt • Änderungen bei der Bewertung der Verbindlichkeit, die in der Berichtsperiode vorgenommen wurden • Zwischen einem Jahr und zwei Jahren • Zwischen zwei und drei Jahren • Nach mehr als drei Jahren Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden 45 Wesentliche Ermessensentscheidungen bei der Anwendung des Modells Das vorgeschlagene Modell sieht vor, dass Unternehmen Angaben zu den wesentlichen Ermessensentscheidungen machen müssen, die bei der Anwendung des geplanten Modells zur Umsatzrealisierung getroffen wurden. Sofern ein Unternehmen festgestellt hat, dass die Verfügungsgewalt über das zugesagte Gut oder die zugesagte Dienstleistung kontinuierlich übertragen wird, so hat es die beiden folgenden Angaben zu machen: • verwendete Methode zur Umsatzrealisierung (z. B. outputoder input-basierte Methode oder Methode auf Basis des Zeitablaufs) • Erläuterung, warum die angewendete Methode die Übertragung der Güter oder Dienstleistungen zuverlässig darstellt 46 Bei der Anwendung des vorgeschlagenen Modells müssen Unternehmen eine Reihe wesentlicher Ermessensentscheidungen treffen. Der ED schreibt qualitative Angaben zu den verwendeten Methoden, Inputs und Annahmen vor, die bei den folgenden Ermessensentscheidungen verwendet wurden: • Ermittlung und Allokation des Transaktionspreises • Schätzung der Einzelveräußerungspreise der zugesagten Güter oder Dienstleistungen • Bewertung der Rücknahme- oder Erstattungsverpflichtungen und der weiteren vergleichbaren Verpflichtungen • Bewertung der Verbindlichkeit für belastende Leistungsverpflichtungen, einschließlich Angaben zum Abzinsungssatz, der bei der Ermittlung des Barwertes der wahrscheinlichkeitsgewichteten für die Erfüllung der Leistungsverpflichtung erforderlichen direkten Kosten, verwendet wurde Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden Zeitpunkt des Inkrafttretens und Übergangsvorschriften Der Zeitpunkt des Inkrafttretens steht bislang noch nicht fest. Derzeit arbeiteten die beiden Standardsetter an mehreren Projekten, die allesamt Mitte bis Ende 2011 abgeschlossen werden sollen. Zu diesem Zweck bitten die Boards die betroffenen Parteien im Rahmen eines separaten Projektes um Vorschläge zu den jeweiligen Zeitpunkten des Inkrafttretens aller wichtigen Gemeinschaftsprojekte, die bis Ende 2011 abgeschlossen werden sollen, die zuerst abgewartet werden sollen. Zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung wären die neuen Vorschriften zur Ertragsrealisierung gem. IAS 8 Rechnungslegungsmethoden, Änderungen von rechnungslegungsbezogenen Schätzungen und Fehler in vollem Umfang rückwirkend anzuwenden, da so die Abschlussadressaten für jedes dargestellte Jahr nützliche Vergleichsinformationen erhalten würden. Obgleich sich die Boards der Tatsache durchaus bewusst sind, dass die retrospektive Anwendung des vorgeschlagenen Modells für manche Unternehmen mit größerem Aufwand verbunden sein kann, dies gilt insbesondere für Unternehmen, die eine große Zahl von langfristigen Verträgen abgeschlossen haben, haben sie sich letztlich derzeit gegen eine prospektive oder eine begrenzte rückwirkende Anwendung entschieden. Die Boards sind der Ansicht, dass eine prospektive Anwendung des vorgeschlagenen Modells nicht zu entscheidungsnützlichen Informationen führen würde, da die für neue Verträge verwendeten Ansatz- und Bewertungsmethoden nicht mit den für bestehende Verträge geltenden Prinzipien vergleichbar wären. Bei der Prüfung der Möglichkeit einer begrenzten retrospektiven Anwendung waren die Boards nicht in der Lage einen Zeitpunkt festzulegen, der nach Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten der vollen retrospektiven Anwendung vorzuziehen wäre. Die Boards sind schließlich zu dem Ergebnis gelangt, dass die Abschlussadressaten durch die Möglichkeit, bei der retrospektiven Anwendung von den zulässigen Ausnahmen Gebrauch zu machen, und aufgrund des zu erwartenden großen Zeitabstandes zwischen der Veröffentlichung des endgültigen Standards und dem Zeitpunkt seines Inkrafttretens, über die erforderliche Zeit und Flexibilität verfügen, um den Standardentwurf rückwirkend anzuwenden zu können. Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden 47 Nächste Schritte Die Kommentierungsfrist für diesen Standardentwurf ist am 22. Oktober 2010 abgelaufen. In der gemeinsamen Sitzung der Boards im November diesen Jahres haben die beiden Mitarbeiterstäbe einen kurzen Überblick über diejenigen Themen gegeben, die in den eingegangenen Stellungnahmen aufgegriffen wurden, und einen vorläufigen Zeitplan vorgestellt, wann welche Themen von den Boards erneut diskutiert werden sollen. Die erneuten Beratungen werden voraussichtlich im Januar beginnen. Weitere Themen, die in den Stellungnahmen kritisiert wurden, betrafen: • Verwendung von wahrscheinlichkeitsgewichteten Schätzungen • Zeitwert des Geldes und Einbringlichkeit • Bilanzierung von Gewährleistungen • Belastende Leistungsverpflichtungen • Kosten des Vertrages — insbesondere Kosten zur Erlangung des Vertrages Auf Basis der Stellungnahmen sowie der Ergebnisse der bisher durchgeführten Gesprächsrunden haben die beiden Mitarbeiterstäbe zwei grundlegende Aspekte identifiziert, bei denen erneute Beratungen erforderlich sind: • Weiterentwicklung des im ED vorgeschlagenen control model, um klarzustellen, wann die Verfügungsgewalt im Fall von langfristigen Fertigungsaufträgen und bei Dienstleistungsaufträgen auf den Kunden übergeht • Rückwirkende Anwendung beim Übergang auf die neuen Vorschriften Die Veröffentlichung des finalen Standards ist weiterhin bis zum 30. Juni 2011 geplant. Dies ergibt sich auch aus dem aktuellen Workplan des IASB, der am 20. Dezember 2010 veröffentlicht wurde. • Überarbeitung der vorgeschlagenen Leitlinien zur Trennung von zugesagten Waren und Dienstleistungen in einzeln abgrenzbare (distinct) Leistungsverpflichtungen, da diese als nicht ausreichend und für viele Transaktionen als nicht praktikabel angesehen werden 48 Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden Ihre Kontaktpartner in Deutschland, Luxemburg, Österreich und der Schweiz Nord Prof. Dr. Sven Hayn Telefon +49 40 36132 12277 sven.hayn@de.ey.com Frankfurt am Main Jörg Bösser Telefon +49 6196 996 26944 joerg.boesser@de.ey.com Financial Services Organisation Martina Dombek Telefon +49 6196 996 26446 martina.dombek@de.ey.com Jan-Menko Grummer Telefon +49 40 36132 11478 jan-menko.grummer@de.ey.com Michael Oppermann Telefon +49 6196 996 27305 michael.oppermann@de.ey.com Paul Scharpf Telefon +49 7 11 9881 15424 paul.scharpf@de.ey.com Astrid Nissen-Schmidt Telefon +49 40 36132 12312 astrid.nissen-schmidt@de.ey.com Ost Gunnar Glöckner Telefon +49 30 25471 21256 gunnar.gloeckner@de.ey.com Luxemburg Dr. Christoph Haas Telefon +352 42 124 8305 christoph.haas@lu.ey.com Rhein/Neckar/Saar Prof. Dr. Peter Wollmert Telefon +49 621 4208 15532 peter.wollmert@de.ey.com Petra Karpen Telefon +352 42 124 8112 petra.karpen@lu.ey.com Südwest Dr. Peter Oser Telefon +49 7 11 9881 15562 peter.oser@de.ey.com Ulf Blaum Telefon +49 7 11 9881 19294 ulf.blaum@de.ey.com Günter Ketterle Telefon +49 621 4208 14209 guenter.ketterle@de.ey.com West Gerd Lützeler Telefon +49 211 9352 18614 gerd.luetzeler@de.ey.com Bayern Thomas Spannagl Telefon +49 89 14331 17321 thomas.spannagl@de.ey.com Andreas Muzzu Telefon +49 231 55011 22126 andreas.muzzu@de.ey.com Jürgen Zapf Telefon +49 89 14331 13252 juergen.zapf@de.ey.com Österreich Helmut Maukner Telefon +43 1 21170 1070 helmut.maukner@at.ey.com Prof. Dr. Roman Rohatschek Telefon +43 1 21170 1071 roman.rohatschek@at.ey.com Schweiz Eric Ohlund Telefon +41 58 286 4708 eric.ohlund@ch.ey.com Roland Ruprecht Telefon +41 58 286 6187 roland.ruprecht@ch.ey.com Chris Schibler Telefon +41 58 286 3327 christian.schibler@ch.ey.com Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden 49 Ernst & Young Assurance | Tax | Transactions | Advisory Die internationale Ernst & Young-Organisation im Überblick Die internationale Ernst & Young-Organisation ist einer der Marktführer in der Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung und Transaktionsberatung sowie in den Advisory Services. Ihr Ziel ist es, das Potenzial ihrer Mitarbeiter und Mandanten zu erkennen und zu entfalten. Die 141.000 Mitarbeiter sind durch gemeinsame Werte und einen hohen Qualitätsanspruch verbunden. Die internationale Ernst & Young-Organisation besteht aus den Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited (EYG). Jedes EYGMitgliedsunternehmen ist rechtlich selbstständig und unabhängig und haftet nicht für das Handeln und Unterlassen der jeweils anderen Mitgliedsunternehmen. Ernst & Young Global Limited ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach britischem Recht und erbringt keine Leistungen für Mandanten. Weitere Informationen finden Sie unter www.de.ey.com In Deutschland ist Ernst & Young mit über 6.900 Mitarbeitern an 22 Standorten präsent. „Ernst & Young“ und „wir“ beziehen sich in dieser Publikation auf alle deutschen Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited. © 2011 Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft All Rights Reserved. HBO 0111 Diese Publikation ist lediglich als allgemeine, unverbindliche Information gedacht und kann daher nicht als Ersatz für eine detaillierte Recherche oder eine fachkundige Beratung oder Auskunft dienen. Obwohl sie mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, besteht kein Anspruch auf sachliche Richtigkeit, Vollständigkeit und/oder Aktualität; insbesondere kann diese Publikation nicht den besonderen Umständen des Einzelfalls Rechnung tragen. Eine Verwendung liegt damit in der eigenen Verantwortung des Lesers. Jegliche Haftung seitens der Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und/oder anderer Mitgliedsunternehmen der internationalen Ernst & Young-Organisation wird aus-geschlossen. Bei jedem spezifischen Anliegen sollte ein geeigneter Berater zurate gezogen werden.