Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

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Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
Umsatzrealisierung bei
Verträgen mit Kunden
Das Konvergenzprojekt von IASB
und FASB: Was bedeuten die
vorgeschlagenen Neuregelungen
für die Praxis?
Überblick
4
Anwendungsbereich
8
Wann werden Umsatzerlöse erfasst?
10
Identifizierung von Verträgen mit Kunden
10
Zusammenfassung und Segmentierung von Verträgen
10
Vertragsmodifikationen
12
Identifizierung der separaten Leistungsverpflichtungen
Rückgaberechte
14
Gewährleistungen und Garantien
16
Ist das Unternehmen Hauptlieferant oder Vermittler (Principal-Agent Verhältnis)?
19
Lieferungen auf Kommission
19
Option zum Erwerb zusätzlicher Güter
20
In welcher Höhe werden Umsatzerlöse erfasst?
22
Bestimmung des Transaktionspreises
22
Variable Gegenleistung
23
Einbringlichkeit
24
Zinseffekt (Zeitwert des Geldes)
25
Nicht zahlungswirksame Gegenleistung
26
An den Kunden gezahlte oder zu zahlende Gegenleistung
26
Nicht erstattungsfähige Anfangszahlungen
28
Aufteilung des Transaktionspreises auf die separaten Leistungsverpflichtungen
2
13
29
Schätzung der Einzelveräußerungspreise (stand-alone selling prices)
29
Änderungen des Transaktionspreises nach Vertragsabschluss
29
Belastende Leistungsverpflichtungen
32
Vertragskosten (contract cost)
33
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
Erfüllung der Leistungsverpflichtungen
35
Kontinuierliche Übertragung (continuous transfer) von Gütern und Dienstleistungen
37
Rückkaufvereinbarungen (repurchase agreement)
38
Bill-and-hold-Vereinbarungen
39
Abnahme durch den Kunden
40
Lizenzen und Nutzungsrechte
40
Darstellung und Angaben
43
Darstellung
43
Vertragliche Vermögenswerte und Verbindlichkeiten
Angaben
43
43
Unterteilung der Umsätze nach Kategorien
43
Überleitung der Eröffnungs- und Schlusssalden
44
Leistungsverpflichtungen
45
Belastende Leistungsverpflichtungen
45
Wesentliche Ermessensentscheidungen bei der Anwendung des Modells
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Zeitpunkt des Inkrafttretens und Übergangsvorschriften
47
Nächste Schritte
48
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
3
Überblick
Am 24. Juni 2010 wurde vom International Accounting Standards Board (IASB) und dem Financial Accounting Standards
Board (FASB) (im Folgenden „die Boards“) der Exposure Draft
(ED) Revenue from Contracts with Customers veröffentlicht.
Dieser gemeinsame Standardentwurf bildet einen wichtigen
Schritt zur Konvergenz der Regelungen der IFRS mit den Vorschriften der US GAAP und wird für Unternehmen in allen Wirtschaftszweigen gelten.
Die vorgeschlagenen Regelungen basieren auf dem Modell der
Ertragsrealisierung, das in dem gemeinsamen Diskussionspapier
Preliminary Views on Revenue Recognition in Contracts with
Customers vom Dezember 2008 vorgestellt worden war. Zu dem
Diskussionspapier haben die Boards über 200 schriftliche Stellungnahmen erhalten, die im Rahmen der Beratungen zur Entwicklung des Exposure Drafts berücksichtigt wurden.
Wesentliche Zielsetzung des Entwurfs ist die Präzisierung der
Grundsätze für die Ertragsrealisierung, d. h. es soll diesbezüglich
ein gemeinsamer Standard erarbeitet werden, der:
• Inkonsistenzen und Schwachstellen in den existierenden
Regelungen zur Ertragsrealisierung behebt,
• stabilere Grundsätze zur Ertragsrealisierung bietet,
• eine branchen- und kapitalmarktübergreifend bessere Vergleichbarkeit gewährleistet, sowie
• die Zahl der Regelungen verringert, die von den Unternehmen heranzuziehen sind
der Telekommunikationsindustrie sowie Unternehmen mit langfristiger Auftragsfertigung — sofern er in dieser Form als finaler
Standard veröffentlicht würde — weitreichende Konsequenzen
hat. Wir empfehlen daher den Abschlusserstellern, sich bereits
frühzeitig intensiv mit den möglichen Konsequenzen auf ihr
Unternehmen auseinander zu setzen.
Überblick über das vorgeschlagene Modell
Das vorgeschlagene Modell schreibt die Grundsätze vor, nach
denen Unternehmen zukünftig die Höhe, den Zeitpunkt und die
Einbringlichkeit von Umsatzerlösen bestimmen sollen, die sich
aus der Lieferung von Gütern bzw. Waren1 oder der Erbringung
von Dienstleistungen an den Kunden ergeben. Umsätze sind erst
dann zu erfassen, wenn die zugesagten Güter oder Dienstleistungen auf den Kunden übertragen worden sind. Die Höhe des
Umsatzes bemisst sich nach der Gegenleistung, die das Unternehmen für diese Güter oder Dienstleistungen erhält. Nach dem
Modellentwurf erfolgt die Umsatzrealisierung erst mit der Übertragung der Verfügungsgewalt (control) auf den Kunden.
Das vorgeschlagene Bilanzierungsmodell sieht die folgenden
fünf Schritte vor, denen ein Unternehmen folgen muss, um den
angemessenen Betrag sowie den richtigen Zeitpunkt für die
Erfassung von Umsatzerlösen zu bestimmen:
Die vorliegende Broschüre bietet einen Überblick über die
wesentlichen Grundsätze des ED und die möglichen Folgen für
die anwendenden Unternehmen. Beispiele aus verschiedenen
Wirtschaftszweigen und Branchen sollen die potenziellen Auswirkungen verdeutlichen. Diese Publikation soll den Abschlusserstellern eine klare Vorstellung davon vermitteln, welche
bedeutenden Auswirkungen der Standardentwurf für sie haben
könnte.
Die Kommentierungsfrist für diesen Standardentwurf ist am
22. Oktober 2010 abgelaufen. Insgesamt sind knapp 1.000 Stellungnahmen aus einem breiten Spektrum an Branchen bei den
Boards zu diesem Entwurf eingegangen. Die hohe Resonanz
macht deutlich, dass der vorgeschlagene Standard zur Umsatzrealisierung für viele Unternehmen, wie z. B. für Unternehmen
1
Im Folgenden vereinfachend nur „Gut“ oder „Güter“.
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Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
1. Identifizierung von Verträgen
mit dem Kunden
2. Identifizierung von separaten
Leistungsverpflichtungen innerhalb des Vertrages
3. Ermittlung des Transaktionspreises
4. Aufteilung des Transaktionspreises auf die
separaten Leistungsverpflichtungen
5. Erfassung des Umsatzes, sofern eine
Leistungsverpflichtung erfüllt wurde
Das vorgeschlagene Modell ist auf Verträge mit Kunden anzuwenden. Der Standardentwurf versteht unter einen Vertrag mit
einem Kunden ein Bündel von Rechten und Leistungsverpflichtungen (sog. performance obligations). Die Rechte stehen dabei
für den Anspruch eines Unternehmens auf den Erhalt einer
Gegenleistung (z. B. ein Entgelt). Die Leistungsverpflichtungen
umfassen die Verpflichtung des Unternehmens, Leistungen zu
erbringen oder Güter an einen Kunden zu übertragen. Dabei ist
eine Leistungsverpflichtung definiert als „Zusage in einem Vertrag mit einem Kunden, einen Vermögenswert (wie ein Gut oder
eine Dienstleistung) auf diesen Kunden zu übertragen“. Derartige Verpflichtungen können sowohl explizit als auch implizit aus
dem Vertrag hervorgehen. Jeder Vertrag ist in seine einzelnen
Leistungsverpflichtungen aufzuteilen. Verspricht ein Unternehmen einzeln abgrenzbare (distinct) Güter oder Dienstleistungen
bereitzustellen, so sind diese als separate Leistungsverpflichtung getrennt von einander zu erfassen. Eine separate Leistungsverpflichtung liegt vor, wenn das Unternehmen oder ein
anderes Unternehmen gleichartige oder ähnliche Güter bzw.
Dienstleistungen einzeln verkaufen könnte, weil sie eine unterschiedliche Funktion und eine eigene Gewinnmarge aufweisen.
Der ED schlägt ein Prinzip der vertragsbasierten Ertragsrealisierung vor. Schließt ein Unternehmen mit einem Kunden einen
Vertrag ab, führt die Konstellation aus Rechten und Leistungs-
Unternehmen
verpflichtungen in diesem Vertrag zu einer Nettovertragsposition. Zum Zeitpunkt der erstmaligen Erfassung, d. h. wenn
beide Vertragsparteien noch keine Leistungen erbracht haben,
hat die Nettovertragsposition einen Wert von Null. Der vertragliche Vermögenswert und die Leistungsverpflichtung stehen sich
bei einem beiderseits noch zu erfüllenden Vertrag im Sinne des
Rahmenkonzepts für die Aufstellung und Darstellung von
Abschlüssen des IASB (das „Rahmenkonzept“) in gleicher Höhe
gegenüber und heben sich damit gegenseitig auf. Die Nettovertragsposition verändert sich erst mit der Erfüllung der Leistungsverpflichtung durch das Unternehmen oder den Kunden. Nach
dem vorgeschlagenen Modell werden Erträge dann realisiert,
wenn sich ein Netto-Vermögenswert aus einem Vertrag erhöht
oder sich eine Netto-Verbindlichkeit aus einem Vertrag verringert oder wenn beides eintritt, d. h. wenn eine Netto-Verbindlichkeit aus einem Vertrag zu einem Netto-Vermögenswert aus
einem Vertrag wird. Eine solche Veränderung ergibt sich, wenn
das Unternehmen die in dem Vertrag enthaltene Leistungsverpflichtung zur Übertragung des zugesagten Gutes oder der
Erbringung der zugesicherten Dienstleistung an den Kunden
erfüllt. Die Übertragung ist erfolgt, sobald der Kunde die Verfügungsgewalt über den Vermögenswert erlangt hat. Die Erfüllung
durch den Kunden (in der Regel durch Zahlung der Gegenleistung) führt hingegen zu einer Verminderung der Nettovertragsposition und damit nicht zur Erfassung von Erträgen.
Kunde
Rechte
Vermögenswert/
Schulden?
Leistungsverpflichtungen
Nettovertragsposition
(net contract position)
Abb 1. Das neue Modell im Überblick
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
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Leistungsverpflichtungen werden beim erstmaligen Ansatz zum
Transaktionspreis bewertet. Dieser entspricht der von dem
Unternehmen erwarteten Gegenleistung des Kunden. Umfasst
ein Vertrag mehrere solcher Leistungsverpflichtungen, hat das
Unternehmen den Transaktionspreis im Verhältnis der Einzelveräußerungspreise (stand-alone selling price) der Güter und
Dienstleistungen auf die einzelnen Leistungsverpflichtungen zu
verteilen. Der Einzelveräußerungspreis eines zugesagten Gutes
oder einer zugesicherten Dienstleistung ist der Preis, zu dem das
Unternehmen dieses Gut oder diese Dienstleistung an fremde
Dritte separat verkaufen würde, d. h. nicht im Rahmen eines
Mehrkomponentenvertrags. Den besten Anhaltspunkt hierfür liefern beobachtbare Marktpreise. Diese liegen vor, wenn das
Unternehmen oder ein anderes Unternehmen die betreffenden
Güter oder Dienstleistungen gesondert vertreibt. Verkauft
jedoch weder das Unternehmen noch ein anderes Unternehmen
dieses Gut oder diese Dienstleistung separat, ist es erforderlich,
den Einzelveräußerungspreis auf Basis anderer Informationen zu
schätzen.
Eine Leistungsverpflichtung wird von einem Unternehmen durch
Übertragung des Gutes oder der Dienstleistung an den Kunden
erfüllt. Ein Gut bzw. eine Dienstleistung ist „übertragen“, wenn
der Kunde die Verfügungsgewalt darüber erlangt. Bei Erfüllung
einer Leistungsverpflichtung wird der Betrag als Umsatz erfasst,
der dieser Leistungsverpflichtung auf Grundlage ihres Einzelverkaufspreises bei Vertragsabschluss zugeordnet worden ist.
Somit entspricht der Gesamtumsatz, den ein Unternehmen während der Laufzeit eines Vertrags bei Erfüllung der Leistungsverpflichtungen erfasst, dem Transaktionspreis.
Unternehmen liefert Güter bzw.
erbringt Dienstleistungen
Anstieg des vertraglichen
Vermögenswertes
Rechte
Leistungsverpflichtung
Umsatzrealisierung
Abb. 2 — Umsatzrealisierung als Veränderung der Nettovertragsposition
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Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
Änderungen der geltenden IFRS
Auch wenn sich die Bilanzierung einer Vielzahl von Transaktionen nicht wesentlich verändert, ist es gleichwohl sehr wahrscheinlich, dass alle Unternehmen von den neuen Regelungen
betroffen sein. Nach IAS 18 Erträge liegt der Fokus bei der
Ertragsrealisierung auf einem Übergang der Chancen und Risiken (risks and rewards), während das vorgeschlagene Modell
auf den Übergang der Verfügungsgewalt (control) abhebt. Das
neue Modell kann somit zu einer anderen Periodisierung von
Erträgen führen. Davon wären u. a. die nachfolgenden Sachverhalte betroffen:
• Vertragskomponenten, die nach den derzeitigen IFRS Regelungen zur Ertragsrealisierung nicht als separate Leistungskomponenten zu behandeln sind, wie z. B. bestimmte
Gewährleistungen, sind nun unter Umständen als separate
Leistungsverpflichtungen zu betrachten. Die Höhe der Erträge der einzelnen Vertragsbestandteile bemisst sich anhand
der Verteilung des Transaktionspreises auf die identifizierten
Leistungsverpflichtungen. Die Erträge werden erst bei Erfüllung der jeweiligen Komponente erfasst.
• Die Bilanzierung von Fertigungsaufträgen kann sich grundlegend ändern, da die Umsatzerfassung im Verlauf der Fertigungsphase in Fällen, in denen die Verfügungsgewalt über
den im Bau befindlichen Vermögenswert erst bei dessen Fertigstellung auf den Kunden übergeht, voraussichtlich nicht
möglich sein wird.
• Unternehmen, die sich bei der Bilanzierung von Mehrkomponentenverträgen (sog. multiple-element-Vereinbarungen)
bislang an US GAAP orientiert haben (z. B. Verwendung des
verkäuferspezifischen objektiven Nachweises (vendor-specific objective evidence - VSOE)), werden ihre Vorgehensweise möglicherweise ändern müssen.
• Die Bemessung der Erträge wird sich grundlegend ändern, da
das vorgeschlagene Modell zu jedem Abschlussstichtag eine
Neubewertung vorsieht. Es könnten in einer nachfolgenden
Berichtsperiode beispielweise neue Informationen vorliegen,
die es dem Unternehmen nun ermöglichen, eine bedingte
Kaufpreisleistung zuverlässig zu schätzen.
• Die Notwendigkeit von Ermessensentscheidungen wird
•
•
erheblich ausgeweitet, zum Beispiel bei der Identifizierung
von separaten Leistungsverpflichtungen, der Klassifizierung
von Gewährleistungen oder der Schätzung von Erträgen, die
vom Eintreten einer Bedingung abhängig sind.
Unternehmen müssen das Ausfallrisiko ihrer Kunden beurteilen. Die erwartete Einbringlichkeit der Gegenleistung soll sich
künftig unmittelbar auf die Höhe der erfassten Erträge auswirken. Nachträgliche Änderungen der ursprünglichen Einschätzung werden hingegen in den sonstigen betrieblichen
Erträgen oder Aufwendungen und nicht in den Umsatzerlösen erfasst.
Entgegen den derzeit geltenden Regelungen des IAS 18 verlangt der Standardentwurf, dass Vorauszahlungen, die ein
Kunde an das Unternehmen leistet, abzuzinsen sind.
Das vorgeschlagene Modell kann außerdem den Zeitpunkt der
Erfassung von Umsatzkosten im Vergleich zur aktuellen Praxis
beeinflussen. Beispielsweise aktivieren manche Unternehmen
derzeit die zusätzlich im Rahmen der Auftragsanbahnung anfallenden Kosten, die einem Dienstleistungsvertrag direkt zurechenbar sind, soweit diese durch künftige Nettoauftragserlöse
ausgeglichen werden können. Nach dem Modellentwurf sind Auftragskosten jedoch in der Periode ihres Entstehens aufwandswirksam zu erfassen, es sei denn, sie sind nach dem einschlägigen oder einem anderen IFRS-Standard aktivierungsfähig.
Der Standardentwurf wird die folgenden Standards und Interpretationen ersetzen:
• IAS 11 Fertigungsaufträge
• IAS 18 Erträge
• IFRIC 13 Kundenbindungsprogramme
• IFRIC 15 Vereinbarungen über die Errichtung von Immobilien
• IFRIC 18 Übertragungen von Vermögenswerten von Kunden
• SIC 31 Erträge — Tausch von Werbeleistungen
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
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Anwendungsbereich
Die vorgeschlagenen Regelungen sind auf alle Verträge mit Kunden anzuwenden. Davon ausgenommen sind jedoch:
• Leasingverträge
• Versicherungsverträge
• Finanzinstrumente
• bestimmte nicht-monetäre Transaktionen zwischen Unternehmen, die in demselben Wirtschaftszweig tätig sind
Einige Verträge mit Kunden können auch nur teilweise in den
Anwendungsbereich des Standardentwurfs und ansonsten in den
Anwendungsbereich anderer IFRS fallen. Sofern ein anderer
Standard regelt, wie ein Vertrag in mehrere Komponenten aufzuteilen ist und wie diese Komponenten zu bewerten sind, sollten diese Vorschriften von den Unternehmen zuerst angewendet
werden. Gibt es hierzu jedoch keine Vorgaben in einem anderen
Standard, sollen Unternehmen sich bei der Segmentierung und
Bewertung von Vertragskomponenten am Standardentwurf zur
Umsatzrealisierung orientieren.
Beispiel 1 - Anwendungsbereich
Bank B vergibt Hypothekenkredite an Privat- und Geschäftskunden. Die Kredite sind fest oder variabel verzinslich, wobei
sich die Höhe des Zinssatzes nach der Kreditlaufzeit bemisst.
Die Kredite werden von den Kunden nach einem vereinbarten
Rückzahlungsplan getilgt. Zusätzlich wird eine Bearbeitungsgebühr für die Einrichtung des Kredits berechnet, und bei
Zahlungsverzug können Strafgebühren erhoben werden. Die
Hypothekenkredite stellen eine einzige Leistungsverpflichtung dar, die die Kreditbereitstellung und -herausgabe, die
Überwachung der Zahlungseingänge und die Berechnung von
Strafgebühren im Verzugsfall umfasst.
Die vorgeschlagenen Regelungen gelten für alle Verträge mit
Kunden. Daher können auch Verträge, die aus bisheriger Sicht
nicht zu Umsatzerlösen führen, in den Anwendungsbereich des
ED fallen. Voraussetzung hierfür ist, dass der Vertragspartner
der im Entwurf dargelegten Definition eines Kunden entspricht.
Ein Kunde wird dabei als Partei definiert, die mit einem Unternehmen einen Vertrag über den Erhalt von Gütern oder Dienstleistungen aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit des Unternehmens abgeschlossen hat. In der Grundlage für Schlussfolgerungen (Basis for Conclusions) zum ED verweisen die Boards
auf die Praxis in der Öl- und Gasindustrie, wo sich mehrere
Unternehmen per Vertrag zu Produktionsgemeinschaften
zusammenschließen, um von den Vorteilen der gemeinsamen
Erschließung und des gemeinsamen Abbaus einer potenziellen
Ressource zu profitieren. In solchen Verträgen ist üblicherweise
festgelegt, welcher Teil der geförderten Öl- und Gasmengen
jeder Partei zusteht. Abweichungen von dem vereinbarten Verhältnis werden gewöhnlich durch Barzahlungen ausgeglichen.
Vereinbarungen dieser Art erfüllen die Definition eines Vertrags.
Unternehmen müssen daher prüfen, ob der Vertragspartner als
Kunde anzusehen ist und der Vertrag somit in den Anwendungsbereich des ED fällt. Der Entwurf enthält keine konkreten
Anwendungsleitlinien zu diesem Thema. Die Boards weisen indes
darauf hin, dass sämtliche Fakten und Umstände in die Beurteilung, ob Unternehmen, die Partei eines Vertrags zur Bildung
einer Produktionsgemeinschaft sind, der Definition eines Kunden
entsprechen, mit einzubeziehen sind. Ähnliche Vereinbarungen
über Gemeinschaftsprojekte sind häufig im Life-Sciences Bereich
und im Bereich der Luftfahrt und Verteidigung anzutreffen. Bei
der Prüfung, ob diese Verträge in den Anwendungsbereich des
ED fallen, sind ebenfalls alle relevanten Fakten und Umstände zu
berücksichtigen.
Bank B ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die vertraglichen
Cashflows aus Zinsen und Gebühren nicht in den Anwendungsbereich des Standardentwurfs fallen, und verteilt diese
Erträge daher nach den Regelungen des IAS 39 unter Anwendung der Effektivzinsmethode über die gesamte Kreditlaufzeit.
IAS 18 enthält derzeit, wenn auch nur eingeschränkt, Leitlinien dazu, was eine „Gebühr“ oder der Gesamtertrag aus einem
Kredit ist. Der ED verzichtet dagegen auf derartige Leitlinien.
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Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
Verkauf nicht-finanzieller Vermögenswerte
Der Entwurf sieht darüber hinaus vor, dass die Ansatz- und
Bewertungsvorschriften des vorgeschlagenen Modells auch auf
die Veräußerung von bestimmten nicht-finanziellen Vermögenswerten anzuwenden sind, die keine Leistung des Unternehmens
im Rahmen seiner gewöhnlichen Geschäftstätigkeit darstellen,
etwa die Veräußerung von Sachanlagen und immateriellen Vermögenswerten. Der ED regelt somit auch die Bewertung und
den Ansatz von Gewinnen aus dem Verkauf solcher nicht-finanziellen Vermögenswerte, obgleich diese insofern von der Definition von Umsatzerlösen abweichen, als sie nicht im Rahmen der
gewöhnlichen Geschäftstätigkeit eines Unternehmens entstehen. Nach dem vorgeschlagenen Modell hat das Unternehmen
den Vermögenswert auszubuchen, wenn der Käufer die Verfügungsgewalt über diesen erlangt. Zwar unterscheidet sich diese
Verfahrensweise von dem derzeit vorgeschriebenen Chancenund-Risiken-Modell, jedoch dürfte der Erfassungszeitpunkt in
vielen Fällen der bisherigen Praxis entsprechen.
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
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Wann werden Umsatzerlöse
erfasst?
Identifizierung von Verträgen mit Kunden
Damit das vorgeschlagene Modell angewendet werden kann,
muss ein Unternehmen zunächst das Vorliegen von Verträgen
prüfen. Verträge können sowohl schriftlich, mündlich oder auch
implizit geschlossen werden. Das Geschäftsgebaren des einzelnen Unternehmens hat somit Einfluss darauf, ob ein Vertrag im
Sinne des ED vorliegt oder nicht.
Nach dem ED besteht ein Vertrag nur dann, wenn die folgenden
Kriterien kumulativ erfüllt sind:
• Der Vertrag hat wirtschaftliche Substanz. Dies ist dann der
Fall, wenn sich die künftigen Cashflows des Unternehmens in
Folge des Vertrages voraussichtlich ändern.
• Die Vertragsparteien haben den Vertrag angenommen und
zugesagt, ihre vertraglichen Pflichten zu erfüllen.
• Für jede Vertragspartei können durchsetzbare Rechte bezüglich der zu übertragenden Güter oder der zu erbringenden
Dienstleistungen identifiziert werden.
• Das Unternehmen kann feststellen, zu welchen Bedingungen
und in welcher Form Zahlungen für diese Güter oder Dienstleistungen zu entrichten sind.
Der ED präzisiert, dass Vertragskündigungsklauseln einen wichtigen Anhaltspunkt für das Vorliegen eines Vertrags darstellen. So
besteht kein Vertrag, wenn eine der Vertragsparteien den beiderseits noch nicht erfüllten Vertrag ohne Strafe jederzeit kündigen
kann. Unter einem „beiderseits noch nicht erfüllten“ Vertrag versteht man eine Vereinbarung, bei der die Übertragung der festgelegten Güter oder die Erbringung der festgelegten Dienstleistungen durch das Unternehmen und die Entrichtung der vereinbarten Gegenleistung durch den Kunden noch nicht stattgefunden
hat. Viele Unternehmen führen ein Auftragsbestand. Darin können Aufträge erfasst sein, die gemäß den vorgeschlagenen Regelungen Verträge darstellen, da bei einer vorzeitigen Kündigung
eine Strafe zu entrichten ist. Daher ist es erforderlich, dass
Unternehmen ihren Auftragsbestand sorgfältig prüfen, um zu
ermitteln, welche Aufträge in den Anwendungsbereich des neuen
ED fallen. Besonders wichtig ist diese Beurteilung auch im Hinblick auf die nach dem Standardentwurf geforderten Angabepflichten für Verträge, die in den Anwendungsbereich des Entwurfs fallen. Diese sind in den nachfolgenden Ausführungen zu
den Angaben ausführlicher dargestellt.
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Zusammenfassung und Segmentierung von Verträgen
Obwohl in den meisten Fällen ein einzelner Vertrag mit einem
Kunden vorliegen wird, enthält der ED auch Kriterien dafür,
wann ein Unternehmen für die Zwecke der Umsatzrealisierung
verschiedene Verträge kombinieren oder einen einzelnen Vertrag segmentieren muss.
Nach dem ED sind Verträge zusammenzufassen und als ein einziger Vertrag zu bilanzieren, wenn sich die vertraglich vereinbarten Gegenleistungen einander in ihrer Höhe beeinflussen. Eine
solche Abhängigkeit von Vertragskonditionen wird unterstellt,
wenn die Höhe einer in einem Vertrag für Güter oder Dienstleistungen zugesagten Gegenleistung von einer zweiten, in einem
anderen Vertrag zugesagten Gegenleistung abhängig ist.
Der ED legt die folgenden Indikatoren fest, anhand derer eine
Abhängigkeit von Vertragskonditionen zwischen zwei oder mehreren Verträgen festgestellt werden kann:
• Die Verträge werden gleichzeitig oder mit nur einem geringen Zeitabstand voneinander abgeschlossen.
• Die Verträge werden als ein Paket mit einem einzigen wirtschaftlichen Zweck verhandelt.
• Die Verträge werden zeitgleich oder unmittelbar aufeinander
folgend erfüllt.
Zwischen zwei Verträgen besteht nicht schon allein deswegen
eine preisliche Abhängigkeit, weil im Rahmen eines neuen Vertrags aufgrund einer bestehenden Geschäftsbeziehung mit dem
Kunden (d. h. aufgrund früherer Verträge zwischen den beiden
Vertragsparteien) ein Preisnachlass gewährt wird. Die Feststellung, ob die Preise mehrerer Verträge voneinander abhängig
sind, erfordert eine sachkundige Beurteilung und hat sämtliche
Fakten und Umstände zu berücksichtigen.
Umgekehrt kann ein Unternehmen beschließen, einen Vertrag
aufzuteilen und statt einem zwei oder mehrere Verträge zu
erfassen, wenn die im Vertrag zugesagten Preise von einigen
Gütern oder Dienstleistungen nicht von den Preisen anderer
Güter oder Dienstleistungen, die Gegenstand desselben Vertrags
sind, beeinflusst werden. Gemäß dem Modellentwurf sind die
Preise für bestimmte Güter oder Dienstleistungen als unabhängig von den Preisen für andere Güter oder Dienstleistungen zu
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
betrachten, wenn — und nur wenn — beide der folgenden Bedingungen kumulativ erfüllt sind:
• Gleiche oder ähnliche Güter bzw. Dienstleistungen werden
vom Unternehmen oder anderen Unternehmen regelmäßig
gesondert vertrieben.
• Der Kunde erhält keinen nennenswerten Preisnachlass auf
bestimmte Güter oder Dienstleistungen, weil er diese zusammen mit anderen Gütern oder Dienstleistungen im Rahmen
eines Vertrages erwirbt.
Gelangt ein Unternehmen zu dem Ergebnis, dass ein Vertrag segmentiert werden sollte, hat es laut den vorgeschlagenen Regelungen den Gesamtbetrag der erwarteten Gegenleistung im Verhältnis
der Einzelveräußerungspreise der Güter oder Dienstleistungen, die
in den „Vertragssegmenten“ identifiziert wurden, auf die einzelnen
Vertragssegmente aufzuteilen. Änderungen der erwarteten
Gegenleistung werden ausschließlich für die Vertragskomponente
erfasst, auf die sich die Änderung auswirkt. So sind Änderungen in
der Höhe der bedingten Gegenleistung, die aus Änderungen ihres
variablen Anteils resultieren, der Vertragskomponente zuzuordnen, in der diese Schwankungen aufgetreten sind.
Beispiel 2 - Segmentierung eines Vertrags
Unternehmen R schließt mit dem Kunden C einen Vertrag
über den Verkauf eines Bürogebäudes ab. Der Vertrag beinhaltet auch eine Vereinbarung zur Instandhaltung des Gebäudes über einen Zeitraum von fünf Jahren. Der Vertrag sieht
eine feste Einmalzahlung für das Gebäude und eine über den
Erbringungszeitraum der Dienstleistung zu zahlenden
Instandhaltungsgebühr vor. Diese ist in vierteljährlichen
Raten zu entrichten. Die Höhe der Instandhaltungsgebühr
bemisst sich nach dem aktuellen Marktpreis. Für die ersten
drei Monate bietet Unternehmen R allerdings eine kostenlose
Instandhaltung an. Ein weiterer Preisnachlass wurde nicht
vereinbart.
Unternehmen R verkauft regelmäßig Gebäude an Kunden oder
bietet diesen Instandhaltungsleistungen an. Beide Leistungen
werden auch regelmäßig als Paket angeboten. R entscheidet,
dass der kostenlose Instandhaltungszeitraum für den Vertrag
nicht von wesentlicher Bedeutung ist und dass daher keine
Preisabhängigkeit zwischen den beiden Verträgen besteht.
Der Vertrag wird deshalb in zwei Verträge aufgeteilt.
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
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Beispiel 3 - Zuordnung von Preisnachlässen bei einem segmentierten Vertrag
Unternehmen P schließt mit einem Kunden einen Vertrag
über den Verkauf der Produkte A und B für einen Gesamtpreis
von EUR 100 ab. Bei Prüfung des Vertrags gelangt P zu dem
Ergebnis, dass die Produkte A und B trennbar sind und separate Leistungsverpflichtungen darstellen. Die Einzelveräußerungspreise betragen EUR 65 für Produkt A und EUR 35 für
Produkt B. P hat außerdem Anspruch auf ein zusätzliches Entgelt in Höhe von EUR 10, wenn der Kunde durch den Einsatz
von Produkt A bestimmte Effizienzvorteile erzielt.
Bei einer Segmentierung des Vertrags ist diese zusätzliche
Gegenleistung in Höhe von EUR 10 in voller Höhe dem Produkt A zuzurechnen.
Wird der Vertrag nicht aufgeteilt, hat P die zusätzliche Gegenleistung in Höhe von EUR 10 im Verhältnis der Einzelveräußerungspreise auf die Produkte zu verteilen. Demnach sind
EUR 6,50 dem Produkt A und EUR 3,50 Produkt B zuzuweisen.
In der Basis for Conclusions weisen die Boards darauf hin,
dass ein Vertrag die Voraussetzungen für eine Segmentierung auch dann erfüllen kann, wenn ein Rabatt nachweislich
nur für einen Teil der vertraglich vereinbarten Güter oder
Dienstleistungen eingeräumt wird. Ein Unternehmen hat also
nicht zwingend zu unterstellen, dass ein Preisnachlass für ein
bestimmtes Gut oder eine bestimmte Dienstleistung nur
wegen des Erwerbs des gesamten Güter- und Dienstleistungspakets gewährt wird. In dem vorstehenden Beispiel bezieht
sich die Prämie klar auf Produkt A und ist nicht abhängig vom
Verkauf von Produkt B, sodass der Vertrag aus unserer Sicht
aufzuteilen wäre.
Vertragsmodifikationen
Vertragsmodifikationen sind Änderungen im Umfang eines Vertrages oder beim vereinbarten Preis, die von einer der Vertragsparteien ausgehen. Eine solche Änderung kann beispielweise
den Leistungsumfang (d. h. die Art oder Anzahl der dem Kunden
zugesagten Güter oder Dienstleistungen), Art und Zeitpunkt der
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Vertragserfüllung oder die bisher vereinbarte Preisgestaltung
betreffen. Bei einer Vertragsmodifikation hat das Unternehmen
zu beurteilen, ob die Änderung einen neuen Vertrag begründet
oder ob sie in den bestehenden Vertrag aufgenommen werden
soll. Dies ist abhängig von den Wechselwirkungen zwischen dem
ursprünglichen Vertrag und dessen Modifikation.
In ihrer Basis for Conclusions legen die Boards dar, dass auf Vertragsmodifikationen dieselben Grundsätze anzuwenden sind, die
auch für die Segmentierung oder Zusammenfassung von Verträgen maßgeblich sind. Die vorgeschlagenen Regelungen sehen
vor, dass die geänderten Vertragsbestimmungen in Fällen, in
denen die Vertragsänderung wegen der Preisabhängigkeit klar
mit dem ursprünglichen Vertrag verbunden ist, ein Teil des
ursprünglichen Vertrags darstellt. Wenn sich die Vertragsänderung hingegen auf Güter oder Dienstleistungen bezieht, deren
Preis unabhängig festgelegt wird, ist sie in vielen Fällen als separater Vertrag anzusehen und gesondert zu bilanzieren. Damit
eine Vertragsmodifikation als eigenständiger Vertrag behandelt
werden kann, muss sie die Voraussetzungen für das Vorliegen
eines Vertrages erfüllen (siehe hierzu die Ausführungen zur
Identifizierung von Verträgen mit Kunden auf Seite 10).
In Abhängigkeit davon, ob die Vertragsänderung mit dem
ursprünglichen Vertrag kombiniert wird, können die Höhe der
Umsatzerlöse und der Zeitpunkt ihrer Erfassung unterschiedlich
ausfallen. Sofern die Vertragsmodifikation mit dem ursprünglichen Vertrag kombiniert wird, führt dies zu einer Neuverteilung
des Transaktionspreises auf die separaten Leistungsverpflichtungen. Soweit die Neuzuweisung des Transaktionspreises
bereits erfüllte Leistungsverpflichtungen betrifft, hat das Unternehmen den kumulativen Effekt in der Berichtsperiode zu erfassen, in der die Änderung stattfindet. Im Ergebnis werden die
Umsätze aus der Vertragsmodifikation so erfasst, als ob die
geänderten Bestimmungen bereits Teil des ursprünglichen Vertrags gewesen wären. Gelangt das Unternehmen hingegen zu
dem Schluss, dass die Vertragsmodifikation und der ursprüngliche Vertrag als separate Verträge zu behandeln sind, so hat es
die Änderungen auf dieser Grundlage zu bilanzieren.
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
Beispiel 4 - Vertragsmodifikationen
Unternehmen A vereinbart die Herstellung und Montage einer
Maschine mit dem Kunden B. Einen Monat nach der Montage
schließt A mit B einen gesonderten Wartungsvertrag für die
Maschine ab, der eine Laufzeit von drei Jahren hat. Die
Gegenleistung für die Wartungsarbeiten ist vergleichbar mit
dem Entgelt, das A anderen Kunden berechnet, und steht mit
dem Montagevertrag nicht im Zusammenhang.
Daher wird der Wartungsvertrag als separater Vertrag bilanziert. Obwohl beide Verträge mit demselben Kunden abgeschlossen werden, ist der Preis für die Wartung unabhängig
vom Preis für die Maschine.
Identifizierung der separaten Leistungsverpflichtungen
Der ED definiert eine Leistungsverpflichtung als „rechtlich
durchsetzbare (explizite oder implizite) Zusage in einem Vertrag mit einem Kunden, ein Gut oder eine Dienstleistung an diesen Kunden zu übertragen“. Nach dem vorgeschlagenen Modell
muss ein Unternehmen die Vertragsbedingungen sowie das normale Geschäftsgebaren analysieren, um alle vereinbarten Güter
und Dienstleistungen zu identifizieren. Dies lässt sich an dem folgenden Beispiel verdeutlichen: Unternehmen A räumt seinen
Kunden üblicherweise eine Gewährleistung von 90 Tagen ein.
Wenn auch nicht gesondert vertraglich vereinbart, stellt dies
eine Dienstleistung im Sinne des ED dar.
Ein Unternehmen muss bestimmen, ob die vereinbarten Güter
und Dienstleistungen als separate Leistungsverpflichtungen zu
behandeln sind. Dies ist nur dann der Fall, wenn das Gut oder die
Dienstleistung „einzeln abgrenzbar“ (distinct) ist. Ein Gut oder
eine Dienstleistung ist „einzeln abgrenzbar“ im Sinne der vorgeschlagenen Modells, wenn:
• das Unternehmen oder ein anderes Unternehmen ein identisches oder vergleichbares Gut bzw. eine identische oder vergleichbare Dienstleistung separat verkauft; oder
• das Unternehmen das Gut oder die Dienstleistung separat
verkaufen könnte, weil die beiden nachfolgenden Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:
• Das Gut oder die Dienstleistung haben eine bestimmte
Funktion, d. h. sie stiften allein oder zusammen mit anderen vom Kunden erworbenen Gütern oder Dienstleistun-
•
gen Nutzen oder wird separat vom Unternehmen oder
einem anderen Unternehmen separat angeboten und
Sie haben eine bestimmte eigene Gewinnmarge, d. h. sie
unterliegen eigenen Risiken und das Unternehmen kann
die erforderlichen Ressourcen für die Lieferung des Gutes
bzw. die Erbringung der Dienstleistung eindeutig identifizieren
Sofern Güter oder Dienstleistungen nicht als separate Leistungsverpflichtung zu behandeln sind, hat das Unternehmen diese
Güter und Dienstleistungen so lange mit anderen zugesagten
Gütern oder Dienstleistungen zusammenzufassen bis ein Paket
von Gütern oder Dienstleistungen entsteht, das „bestimmt“ ist.
Diese Kombination von Gütern oder Dienstleistungen kann zur
Folge haben, dass das Unternehmen sämtliche in dem betreffenden Vertrag zugesagten Güter oder Dienstleistungen als eine
einzige Leistungsverpflichtung zu bilanzieren hat.
Die Pflicht zur Kombination von Gütern oder Dienstleistungen,
die einzeln nicht „bestimmt“ sind, mit anderen Gütern oder
Dienstleistungen bildet ein grundlegendes Element des vorgeschlagenen Modells und kann einen wesentlichen Einfluss auf
den Zeitpunkt der Umsatzrealisierung haben. Diese Vorschrift
kann jedoch auch dazu führen, dass mehrere Güter oder Dienstleistungen kombiniert werden müssen, die für sich genommen
„bestimmt“ sind. Die Anwendungsleitlinien zum ED führen hierzu
als Beispiel einen Bauauftrag an, der die folgenden Güter und
Dienstleistungen umfasst:
• Vorbereitung der Baustelle
• Herstellung des Fundaments
• Errichtung des Rohbaus
• Rohrverlegung
• Leitungsverlegung
• Abschließende Arbeiten an der Baustelle
• Auftragsmanagement
Das Unternehmen gelangt zum Schluss, dass die Auftragsmanagementleistungen nicht „bestimmt“ sind, während die übrigen
zugesagten Güter und Dienstleistungen „bestimmt“ sind. Das
Unternehmen beschließt daher, die Auftragsmanagementleistungen mit anderen vereinbarten Gütern und Dienstleistungen
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
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zu einem Paket von Gütern und Dienstleistungen zu kombinieren, das insgesamt die Voraussetzung der „Bestimmtheit“
erfüllt. Im vorliegenden Beispiel beschließt das Unternehmen,
das Auftragsmanagement mit sämtlichen Gütern und Dienstleistungen zu kombinieren, die sich auf die Bautätigkeit beziehen,
d. h. die Herstellung des Fundaments, der Rohbau sowie die
Rohr- und Leitungsverlegung, da die Tätigkeiten dieser Leistungskomponenten miteinander zusammenhängen und die Risiken der verschiedenen Komponenten untrennbar miteinander
verbunden sind. Folglich kommt das Unternehmen zu dem
Ergebnis, dass der Vertrag drei separate Leistungsverpflichtungen enthält: die Vorbereitung der Baustelle, die Bautätigkeit und
die abschließenden Arbeiten an der Baustelle.
In Fällen, in denen ein Unternehmen mehrere Güter gleichzeitig
überträgt oder Dienstleistungen an einen Kunden erbringt, ist es
nicht erforderlich, das vorgeschlagene Modell auf jede Leistungsverpflichtung separat anzuwenden. Sowohl die Höhe der
erfassten Umsatzerlöse als auch der Zeitpunkt der Umsatzrealisierung würde bei der Anwendung des vorgeschlagenen Modells
auf die separaten Leistungsverpflichtungen gleich ausfallen.
Beispiel 5 - Identifizierung der separaten Leistungsverpflichtungen
Der Telekommunikationsanbieter X verpflichtet sich vertraglich, folgendes an einen Kunden bereitzustellen:
• einen Internetzugang (einschließlich der Installation von
Hardware beim Kunden durch einen Techniker)
• einen Festnetzanschluss; und
• Fernsehprogramme
Jede dieser Leistungen wird separat angeboten, kann aber
auch verschieden kombiniert werden. Da bei einer Bestellung
des gesamten Paketes ein erheblicher Preisnachlass gegenüber dem Einzelveräußerungspreis jeder Leistung gewährt
wird, ist eine Segmentierung des Vertrags nicht möglich.
Allerdings sind die Leistungen „bestimmt“, sodass sie als einzelne Leistungsverpflichtungen zu erfassen sind. Die Einrichtung des Internetzugangs beim Kunden ist von der laufenden
Bereitstellung des Internets nicht trennbar, da sie keinen
eigenen Nutzen aufweist. Deshalb wird die Einrichtung des
Internetzugangs als Komponente der Leistungsverpflichtung
„Internetzugang“ behandelt.
14
Rückgaberechte
Ein Unternehmen kann seinen Kunden ein Rückgaberecht an den
gelieferten Produkten einräumen. Dies kann entweder vertraglich vereinbart sein oder im Rahmen der Geschäftspraxis des
Unternehmens implizit erfolgen. Ein Kunde, der von seinem
Rückgaberecht Gebrauch macht, kann den Kaufpreis vollständig
oder teilweise rückerstattet bekommen, eine Gutschrift auf ausstehende Zahlungen oder eine Anrechnung auf den Kaufpreis
anderer Güter oder Dienstleistungen erhalten oder ein Ersatzprodukt angeboten bekommen. Möglich ist auch eine Kombination der vorstehenden Leistungen.
Ein Unternehmen, das in einem Kaufvertrag ein Rückgaberecht
einräumt, muss jederzeit bereit sein, das verkaufte Produkt
zurückzunehmen. Aus Sicht der Boards stellt eine solche Verpflichtung keine separate Leistungsverpflichtung dar. Bei Produktverkäufen mit Rückgaberecht handelt es sich vielmehr um
eine unsichere Zahl von Verkäufen. Bis zum Ablauf des Rückgaberechts weiß das Unternehmen somit nicht, ob ein erfolgreicher Verkauf stattgefunden hat oder ein sogenannter fehlgeschlagener Verkauf (failed sale) vorliegt. Nach den vorgeschlagenen Regelungen dürfen Umsatzerlöse für Verkäufe nicht
erfasst werden, wenn die Erwartung besteht, dass der Kunde
von seinem Rückgaberecht Gebrauch machen könnte.
Nach Auffassung der Boards bedeutet ein Rückgaberecht in der
Regel, dass der Transaktionspreis zum Zeitpunkt des Verkaufs
unsicher ist. Zum Verkaufszeitpunkt wird der Transaktionspreis
daher im Einklang mit den vorgeschlagenen Leitlinien für eine
variable (bedingte) Gegenleistung bewertet. Hier schreibt das
vorgeschlagene Modell vor, dass ein Unternehmen den Umsatz
auf Basis der erwarteten variablen Vergütung bzw. im Falle
eines Rückgaberechts in Höhe des Betrags, den das Unternehmen bis zum Ablauf der Rückgabefrist voraussichtlich erstatten
wird, ermitteln muss, sofern das Unternehmen in der Lage ist,
eine vernünftige Schätzung abzugeben. Die Schätzung sollte die
möglichen Ergebnisse sowie deren Wahrscheinlichkeiten berücksichtigen. Kann das Unternehmen die Wahrscheinlichkeit der
Produktrückgabe nicht einschätzen, hat es mit der Erfassung
des Verkaufserlöses so lange zu warten, bis eine angemessene
Schätzung der Wahrscheinlichkeit möglich ist. Dies kann auch
erst mit Ende der Rückgabefrist der Fall sein.
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
Nach dem Modellentwurf ist für die erwartenden Produktrückgaben eine entsprechende Verbindlichkeit anzusetzen, die die Verpflichtung des Unternehmens zur Rückerstattung der vom Kunden erhaltenen Gegenleistung darstellt. Voraussetzung hierfür
ist jedoch, dass das Unternehmen die Wahrscheinlichkeit der
Rückgabe angemessen schätzen kann. Ist eine Schätzung nicht
möglich, ist stattdessen die volle Rückerstattungsverbindlichkeit
anzusetzen, bis die Wahrscheinlichkeit angemessen geschätzt
werden kann oder die Rückgabefrist abgelaufen ist. Nach ihrem
erstmaligen Ansatz sind Rückerstattungsverbindlichkeiten zu
jedem Berichtsstichtag unter Berücksichtigung aller etwaigen
Annahmeänderungen in Hinblick auf die zu erwartenden Produktrückgaben neu zu bewerten. Bei Schätzungsanpassungen sind
auch die den bereits erfüllten Leistungsverpflichtungen zugeordneten Beträge entsprechend anzupassen. Rechnet das Unternehmen beispielsweise damit, dass die Anzahl der Retouren über
seiner ursprünglichen Schätzung liegen wird, hat es die erfassten Umsatzerlöse zu vermindern und die Rückerstattungsverbindlichkeit zu erhöhen. Anpassungen der Rückerstattungsverbindlichkeiten werden sich somit unmittelbar auf die Höhe der
ausgewiesenen Umsatzerlöse auswirken.
Bei Gewährung von Rückerstattungen oder Gutschriften an Kunden infolge der Ausübung des Rückgaberechts, kann das zurückgegebene Produkt wieder verkaufsfähig oder instandzusetzen
sein. Nach den vorgeschlagenen Leitlinien hat das Unternehmen
bei Erfassung des ursprünglichen Verkaufsgeschäfts auch einen
Vermögenswert für sein Recht auf Rückerhalt der vom Kunden
zurückgegebenen Güter anzusetzen. Dieses Recht ist getrennt
von den Vorräten auszuweisen und die Umsatzkosten entsprechend anzupassen. Der Vermögenswert wird bei seinem erstmaligen Ansatz mit dem ursprünglichen Buchwert der Vorräte nach
Abzug aller für die Rückerlangung der Güter voraussichtlich
anfallenden Kosten bewertet. Der Wertansatz des Vermögenswertes ist zu jedem Berichtsstichtag neu zu bewerten und gegebenenfalls an geänderte Rückgabeerwartungen anzupassen.
Darüberhinaus ist der Vermögenswerts auf eventuelle Wertminderungen hin zu überprüfen. So kann beispielsweise ein Pharmaunternehmen seinen Vertriebspartnern das Recht einräumen,
verschreibungspflichtige Arzneimittel innerhalb von sechs Monaten vor ihrem Verfalldatum zurückzugeben. Wenn sich die Medikamente ihrem Ablaufdatum nähern kann das Pharmaunternehmen zu dem Schluss kommen, dass die betroffenen Produkte nur
noch einen geringen oder keinen Restwert mehr haben. In diesem Fall wäre für die Vermögenswerte aus Rückerhaltsansprüchen eine entsprechende Wertberichtigung zu erfassen.
Die Boards weisen darauf hin, dass Tauschvorgänge, bei denen
ein Kunde ein Produkt gegen ein gleichartiges und qualitativ
gleichwertiges Erzeugnis in gleichem Zustand tauscht, das zum
gleichen Preis verkauft wird (beispielsweise bei einem Tausch
gegen eine andere Farbe oder Größe), nicht als Produktrückgaben im Sinne des ED anzusehen sind.
Beispiel 6 - Rückgaberechte
Ein Einzelhändler verkauft monatlich 100 Einheiten von Produkt A zu einem Preis von jeweils EUR 100. Die verkauften
Erzeugnisse können innerhalb einer Frist von 90 Tagen
zurückgegeben werden. Die Anschaffungskosten betragen
EUR 70 pro Produkt. Auf Grundlage seiner bisherigen Erfahrungen rechnet das Unternehmen bei Produkt A mit einer
Rückgabequote von 3 %. Es nimmt folgende Buchungen vor:
Zahlungsmittel
EUR 10.000
An Umsatzerlöse
An Rückerstattungsverbindlichkeit
Umsatzkosten
EUR 9.700 (97 Stück x EUR 100)
EUR 300 (3 voraussichtliche
Retouren x EUR 100)
EUR 6.790
(97 Stück x EUR 70)
VW aus Rückerhaltsanspruch
EUR 210
An Vorräte
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
(3 voraussichtliche
Retouren x EUR 70)
EUR 7.000
15
Gewährleistungen und Garantien
Mit der Veräußerung von Gütern gehen häufig Gewährleistungsund Garantieverpflichtungen einher. Unter Gewährleistungen
versteht man üblicherweise gesetzliche Verpflichtungen, während Garantien eine vertragliche Verpflichtung darstellen.
Nach den Vorschlägen des ED ist es unerheblich, ob eine Garantie oder Gewährleistung im Vertrag explizit vereinbart wird oder
ob diese implizit vom Unternehmen gewährt wird. Eine Garantie
oder Gewährleistung kann dabei auf unterschiedliche Weise im
Kaufvertrag berücksichtigt werden, beispielsweise kann sie
bereits im Kaufpreis berücksichtigt sein oder aber als gesonderte Leistung separat berechnet werden.
Der Standardentwurf unterscheidet zwischen Gewährleistungen
und Garantien. Eine Gewährleistung deckt Mängel ab, die bereits
zum Zeitpunkt des Gefahrenübergangs auf den Kunden bestanden haben. In Deutschland dürfte es sich hierbei um die gesetzlich geregelte Gewährleistung handeln. Eine Garantie deckt
dagegen Mängel ab, die erst nach dem Gefahrenübergang auf
den Kunden aufgetreten sind.
Sachmängelgewährleistung
Nach dem vorgeschlagenen Modell stellen Gewährleistungen,
mit denen Mängel abgedeckt werden, die bereits zum Zeitpunkt
des Übergangs der Verfügungsgewalt auf den Kunden (Gefahrenübergang) bestanden haben, keine separate Leistungsverpflichtung gegenüber dem Kunden dar. Vielmehr hat das Unternehmen zu prüfen, ob es seine eigentliche Leistungsverpflichtung, die Lieferung eines mängelfreies Produktes an den
Kunden, überhaupt erfüllt hat oder ob ein sogenannter failed
sale vorliegt. Bei Verträgen, die eine Sachmängelgewährleistung
enthalten, ist das Unternehmen aufgefordert, die Eintrittswahrscheinlichkeit und den erwarteten Umfang der potentiellen Mängel an den verkauften Produkten zu ermitteln. Diese Beurteilung
ist an jedem Berichtsstichtag zu wiederholen.
Ist ein Unternehmen zum Ersatz des schadhaften Produkts verpflichtet, ist es nach dem vorgeschlagenen Regelungen nicht
zulässig, den mit der Leistungsverpflichtung verbundenen
Umsatz zu erfassen. Die Leistungsverpflichtung zur Lieferung
des Guts oder der Erbringung der Dienstleistung wird als nicht
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erfüllt angesehen und verbleibt somit in der Bilanz. Besteht hingegen eine Pflicht zur Reparatur des schadhaften Produkts, muss
es lediglich den Teil des Transaktionspreises abgrenzen und als
Verpflichtung ansetzen, der auf die Produktkomponenten entfällt, die voraussichtlich repariert werden müssen. Da der Kaufpreis nach dem Standardentwurf nicht auf die einzelnen Komponenten eines Produkts verteilt werden muss, enthält der ED auch
keine spezifischen Bestimmungen dafür, wie die Bemessung des
Umsatzanteils zu erfolgen hat. Ein praktikabler Ansatz könnte
darin bestehen, die mit der Reparatur oder dem Ersatz der Komponente verbundenen Kosten zu identifizieren und eine angemessene Marge auf die Kosten aufzuschlagen. Der abgegrenzte
Umsatz ist erst dann zu erfassen, wenn die Verfügungsgewalt
über das Produkt tatsächlich auf den Kunden übergegangen ist.
Produktgarantien
Bietet ein Unternehmen dem Kunden eine Garantie an, die Mängel abdeckt, die erst nach dem Übergang der Verfügungsgewalt
auf den Kunden auftreten, handelt es sich nach Auffassung der
Boards um eine Garantie mit Versicherungscharakter. Die vorgeschlagenen Regelungen sehen vor, dass diese Art von Garantie
eine eigene separate Leistungsverpflichtung darstellt. Bei der
erstmaligen Beurteilung des Vertrages ist daher ein Teil des
Transaktionspreises, der auf die Garantie entfällt, der entsprechenden Leistungsverpflichtung zuzuordnen. Entsprechend wird
der Umsatz auf die Garantieleistungen abgegrenzt und erst dann
erfasst, wenn die Garantieleistungen erbracht werden. Die
Umsatzrealisierung erfolgt üblicherweise auf systematische Weise, z. B. linear über den Garantiezeitraum. Die Garantie stellt
somit eine kontinuierliche Leistungsverpflichtung dar, die über
die Dauer der Garantie zu erbringen ist.
Unter bestimmten Umständen kann es schwierig zu beurteilen
sein, ob eine Gewährleistung lediglich bestehende Mängel bei
Lieferung abdeckt oder ob sie auch für später auftretende Mängel einsteht. Der Entwurf nennt verschiedene Faktoren, die für
die Beurteilung herangezogen werden sollen. Dazu zählt beispielsweise, ob die Gewährleistung gesetzlich vorgeschrieben
ist, ob das Produkt auch ohne die Gewährleistung hätte verkauft
werden können, sowie die Dauer der Gewährleistungsfrist. Die
Unternehmensleitung hat bei ihrer Beurteilung in jedem Fall
einen erheblichen Ermessensspielraum.
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
Rückgaberechte, Gewährleistung und Garantie
Rückgaberechte
Gewährleistung
Garantie
Zielsetzung
• Allgemeines Recht des Kunden,
mängelfreie Güter zurückzugeben
Zielsetzung
• Schutz vor Mängeln am Produkt im
Zeitpunkt der Lieferung
Zielsetzung
• Schutz vor künftigen Mängeln
Zu berücksichtigende Faktoren
• Vertragliche Bedingungen
• Historische Erfahrungen
• Zukunftserwartungen
Zu berücksichtigende Faktoren
• Gesetzlich vorgeschrieben
• Produkt darf nur in Verbindung mit
einer Gewährleistung verkauft
werden
• In der Regel kurzfristig
Zu berücksichtigende Faktoren
• Nicht gesetzlich vorgeschrieben
• Wird in der Regel separat angeboten
• In der Regel langfristig
Bilanzielle Behandlung
• Keine separate Leistungsverpflichtung
• Abgrenzung des Umsatzes in Höhe
des Erwartungswerts jener Güter,
die bis zum Ende der Rückgabefrist
zurückgegeben werden
• Ansatz eines korrespondierenden
Vermögenswertes für die erwarteten Rückläufer
• Schätzungsänderungen werden
ergebniswirksam erfasst
Bilanzielle Behandlung
• Keine separate Leistungsverpflichtung
• Ansatz einer Verbindlichkeit für die
erwarteten Kosten zur Behebung
der bestehenden Mängel
• Ansatz eines korrespondierenden
Vermögenswertes für die erwarteten Rückläufer
• Schätzungsänderungen werden
ergebniswirksam erfasst
Bilanzielle Behandlung
• Separate Leistungsverpflichtung
• Transaktionspreis wird auf Basis
des Einzelveräußerungspreises auf
mehrere Leistungsverpflichtungen
aufgeteilt
• Keine Neueinschätzung
Kombination aus Gewährleistung und Garantie
Sofern ein Unternehmen sowohl Mängel abdeckt, die bereits
zum Zeitpunkt des Übergangs der Verfügungsgewalt bestanden
haben, als auch Mängel die nach dem Gefahrenübergang entstehen, dann hat es nach dem vorgeschlagenen Modell beide
Komponenten zu erfassen. Zwar enthält der Standardentwurf
kein konkretes Beispiel für ein Szenario, in der eine einzige
Garantie bzw. Gewährleistung beide Zwecke erfüllt. Dafür wird
jedoch in Paragraph IG18 auf die Möglichkeit hingewiesen, dass
auch einzelne Teile einer Gewährleistung als Leistungsverpflichtung angesehen werden können. Nach den vorgeschlagenen
Regelungen hätte das Unternehmen einen Teil des Transaktionspreises der Garantieverpflichtung zuzuweisen und die Sachmängelgewährleistung getrennt von der Garantieleistung ausweisen.
Die Allokation hat im Verhältnis der Einzelveräußerungspreise zu
erfolgen.
Gewährleistungskosten
Die mit der Erfüllung einer Gewährleistungsverpflichtung verbundenen Kosten sind nach dem neuen Modell in jedem Fall im Zeitpunkt
ihres Anfallens als Aufwand zu erfassen. In bestimmten Situationen
kann es jedoch vorkommen, dass die erwarteten Gewährleistungskosten zur Erfüllung einer Leistungsverpflichtung den ihnen zugeordneten Transaktionspreis überschreiten. In solchen Fällen hat
das Unternehmen die Leistungsverpflichtung als belastende Leistungsverpflichtung einzustufen und die Kosten abgrenzen. Weitergehende Erläuterungen zum Thema belastende Leistungsverpflichtungen finden sich auf Seite 45 dieser Broschüre.
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
17
Beispiel 7 — Garantieleistungen
Ein Automobilhersteller bietet eine verlängerte Garantiefrist von drei Jahren für alle verkauften Fahrzeuge an, ohne diese Leistung separat in Rechnung zu stellen. Die gesetzlich vorgeschriebene Gewährleistungsfrist beträgt ein Jahr. Der Hersteller ist in
der Lage, die zu erwarteten Gewährleistungsansprüche für jedes Jahr zu schätzen.
Das Unternehmen kommt zu dem Schluss, dass jeder Kaufvertrag zwei Leistungsverpflichtungen beinhaltet:
• Den Verkauf des Fahrzeugs, einschließlich der gesetzlichen Sachmängelgewährleistung für ein Jahr
• Eine Produktgarantie für die verlängerte Gewährleistung im zweiten und dritten Jahr
Der Verkaufspreis für Modell A beträgt EUR 40.000 bei einer Bruttomarge von 15 %. Nach den Berechnungen des Herstellers
beträgt der Einzelveräußerungspreis für die verlängerte Gewährleistungsfrist EUR 2.500. Diesen Betrag hat das Unternehmen
aus den Marktwerten abgeleitet (adjusted market assessment approach). Dazu wurden ähnliche Gewährleistungen von Konkurrenzunternehmen mit beobachtbarem Marktpreis analysiert und auf Grundlage der eigenen Kosten und Margen angepasst.
Der Transaktionspreis wird im Verhältnis der Einzelveräußerungspreise wie folgt auf die beiden Leistungsverpflichtungen verteilt:
Fahrzeug:
Produktgarantie:
EUR 37.467
EUR 2.353
(40.000 x 40.000/42.500)
(2.500 x 40.000/42.500)
Nach den Erfahrungswerten des Unternehmens weisen durchschnittlich 1 % der verkauften Fahrzeuge wesentliche Mängel auf.
Diese lassen sich bis zum Herstellungsprozess zurückverfolgen und sind durch die Sachmängelgewährleistung abgedeckt. Auf
Basis einer Wahrscheinlichkeitsrechnung schätzt das Unternehmen, das sich die durchschnittlichen Kosten für die Reparaturen
auf EUR 2.000 belaufen. Daher grenzt das Unternehmen gemäß dem expected cost plus margin-approach (Ansatz der erwarteten
Kosten zzgl. einer Marge) einen Teilbetrag von EUR 2.300 (EUR 2.000 zzgl. 15 % Marge) ab. Der dem Verkauf des Fahrzeugs
zugeordnete Transaktionspreis reduziert sich somit auf EUR 35.167.
Der Hersteller nimmt die folgenden Buchungen vor:
Geldeingang / Forderungen
Umsatzerlöse
Verbindlichkeit (Sachmängelgewährleistung)
Verbindlichkeit (Produktgarantie)
EUR 40.000
EUR 35.167
EUR 2.300
EUR 2.353
Die Sachmängelgewährleistung hat eine verzögerte Umsatzerfassung zur Folge, um Gewährleistungsansprüche, die während der
Gewährleistungsfrist entstehen, abzudecken. Nachträgliche Änderungen der Verbindlichkeit sind als Verringerung oder Erhöhung
der Umsatzerlöse zu erfassen. Wenn am Ende der Gewährleistungsfrist eine Abweichung zwischen der geschätzten und der tatsächlichen Höhe der Verbindlichkeit für die Sachmängelgewährleistung festgestellt wird, wird diese Differenz ebenfalls in den
Umsatzerlösen erfasst.
Für die Leistungsverpflichtung aus der Produktgarantie wird zunächst eine eigene Verbindlichkeit angesetzt. Diese wird anschließend linear über den Garantiezeitraum im Umsatz erfasst. Nachträgliche Änderungen der ursprünglichen Schätzung haben keine
Auswirkung auf die Höhe der zugeordneten Umsatzerlöse. Der anteilige Transaktionspreis wird zu Beginn des Vertragsabschlusses bestimmt und der separaten Leistungsverpflichtung zugeordnet. Nachträgliche Änderungen der Einzelveräußerungspreise
werden nach dem vorgeschlagenen Modell nicht mehr berücksichtigt. Überschreiten die Gewährleistungsansprüche jedoch den
zugeordneten Transaktionspreis, wird die Leistungsverpflichtung belastend, und es ist eine separate vertragliche Verbindlichkeit
zu erfassen.
18
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
Ist das Unternehmen Hauptlieferant oder Vermittler
(Principal-Agent Verhältnis)?
Verträge mit Kunden, insbesondere wenn diese Dienstleistungen
betreffen, führen häufig zu Konstellationen, in denen der Kunde
eines Unternehmens Güter oder Dienstleistungen von einem
anderen Unternehmen erhält, mit dem dieser keinen direkten
Vertrag abgeschlossen hat. Sobald Dritte an der Lieferung von
Gütern oder Dienstleistungen an den Kunden eines Unternehmens beteiligt sind, muss das Unternehmen nach Maßgabe des
Standardentwurfs bestimmen, worin genau seine eigene Leistungsverpflichtung besteht. Besteht die Leistungsverpflichtung
des Unternehmens darin, das Gut an den Kunden selbst zu liefern oder die Dienstleistung selbst zu erbringen, dann wird das
Unternehmen als Hauptlieferant (principal) tätig. Sofern das
Unternehmen einen Dritten mit der Lieferung des Gutes oder der
Erbringung der Dienstleistung beauftragt, handelt es dagegen
als Vermittler (agent). Diese Unterscheidung ist maßgeblich für
die Bilanzierung der Umsatzerlöse aus dem Vertrag. Ist das
Unternehmen als Hauptlieferant tätig, dann erfasst es die
Umsatzerlöse in Höhe des Bruttobetrags der vereinbarten
Gegenleistung. Agiert das Unternehmen hingegen nur als Vermittler, hat es den Nettobetrag aus Umsatzerlös und Umsatzkosten, z. B. in Form einer Kommission aus dem Vermittlungsgeschäft, zu erfassen.
Die Leistungsverpflichtungen eines Hauptlieferanten unterscheiden sich grundsätzlich von denen eines Vermittlers. Da der
Hauptlieferant die Verfügungsgewalt über die Güter oder Dienstleistungen hat, bevor er sie an den Kunden transferiert, besteht
seine Leistungsverpflichtung darin, die im Vertrag festgelegten
Güter oder Dienstleistungen vertragsgemäß an den Kunden zu
übertragen. Der Vermittler trägt lediglich dazu bei, den Verkauf
von Gütern oder Dienstleistungen an den Kunden zu erleichtern.
Im Gegenzug hierfür erhält er eine Gebühr oder Provision. Zu
keinem Zeitpunkt hat er jedoch die Verfügungsgewalt über die
Güter und/oder Dienstleistungen. Die Leistungsverpflichtung
des Vermittlers besteht somit darin, dafür zu sorgen, dass ein
Drittunternehmen die Güter oder Dienstleistungen an den Kunden liefert.
Da aus Verträgen häufig nicht eindeutig hervorgeht, wer Hauptlieferant und wer Vermittler ist, haben die Boards entsprechen-
de Leitlinien in den Standardentwurf mit aufgenommen. Anhand
der darin aufgeführten Indikatoren lässt sich bestimmen, ob sich
die Leistungsverpflichtung auf ein Vermittlungsgeschäft bezieht.
Der Entwurf nennt u. a. die folgenden Indikatoren:
• Für die Erfüllung des Vertrags ist im Wesentlichen die andere
(den Vertrag erfüllende) Partei verantwortlich.
• Das Unternehmen hat weder zum Zeitpunkt der Bestellung
noch während der Lieferung oder bei der Rückgabe des Produktes ein Lagerhaltungsrisiko aus dem zu transferierenden
Gut (inventory risk).
• Das Unternehmen kann die Preisgestaltung im Hinblick auf
die Güter oder Dienstleistungen der Gegenpartei nicht beeinflussen. Der Gewinn, den das Unternehmen mit diesen
Gütern oder Dienstleistungen erzielen kann, ist somit
begrenzt.
• Die Vergütung des Unternehmens besteht in einer Provision.
• Das Unternehmen trägt kein Ausfallrisiko aus der Forderung
aus der Lieferung oder Leistungen gegenüber dem Kunden
(customer credit risk).
Verfügt ein Hauptlieferant über die Option, Güter oder Dienstleistungen nicht selbst zu liefern und überträgt die Verpflichtung
auf ein anderes Unternehmen, und macht er von dieser Option
Gebrauch, so ist seine Leistungsverpflichtung nach Auffassung
der Boards eindeutig nicht erfüllt. Aus diesem Grund ist auch
kein Umsatz zu erfassen. Stattdessen hat das Unternehmen zu
beurteilen, ob eine neue Leistungsverpflichtung geschaffen wurde, die darin besteht, einen Kunden für das Unternehmen zu
gewinnen, das die Leistungsverpflichtung übernimmt, d. h. ob
das Unternehmen jetzt als Vermittler tätig ist.
Lieferungen auf Kommission
Unternehmen liefern häufig Vorratsgüter auf Kommissionsbasis
an andere Parteien, beispielweise an Vertriebsunternehmen oder
Händler. Durch Kommissionsgeschäfte kann der Kommittent seine Produkte besser vermarkten, da er sie näher am Endverbraucher platzieren kann. Es findet dabei jedoch kein Verkauf der Produkte an den Zwischenhändler (Kommissionär) statt. Diese
Transaktionsform ist auch für den Kommissionär vorteilhaft, da er
seinen Lagerbestand auf diese Weise erweitern kann, ohne dass
ihm dabei größere Investitionskosten entstehen und ohne die Risiken in Verbindung mit der Lagerhaltung tragen zu müssen.
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
19
Unternehmen, die Kommissionsvereinbarungen abschließen,
müssen bei Lieferung der Produkte an den Kommissionär beurteilen, ob die Verfügungsgewalt über die Produkte auf den Kommissionär übergegangen ist. In der Regel gibt ein Kommittent die
Verfügungsgewalt über die Kommissionsware erst bei Verkauf
der Produkte an den Endverbraucher oder — in bestimmten Fällen — nach Ablauf eines festgelegten Zeitraums ab. Zudem entsteht seitens der Kommissionäre üblicherweise erst dann eine
bedingungslose Zahlungsverpflichtung für die Güter, wenn sie
an den Endkunden verkauft werden. Bei Kommissionsvereinbarungen findet also im Allgemeinen zum Zeitpunkt der Lieferung
der Produkte an den Kommissionär keine Umsatzrealisierung
statt, da die Verfügungsgewalt nicht übertragen wurde.
Option zum Erwerb zusätzlicher Güter
Viele Kaufverträge räumen Kunden die Möglichkeit ein, zusätzliche Güter oder Dienstleistungen, oftmals in Verbindung mit
einem Rabatt oder sogar kostenlos, zu erwerben. Optionen zum
vergünstigten Erwerb zusätzlicher Güter oder Dienstleistungen
gibt es beispielsweise in Form von Kaufanreizen (z. B. stark
reduziertes oder kostenloses Mobiltelefon), Treueprämien
(z. B. Vielfliegerprogramme), Vertragsverlängerungsoptionen
(z. B. Verzicht auf bestimmte Gebühren oder Reduzierung der
Tarife) oder in Form sonstiger Preisnachlässe.
Wenn ein Unternehmen einem Kunden eine solche Option einräumt, so ergibt sich aus dieser Zusage gemäß den vorgeschlagenen Regelungen nur dann eine separate Leistungsverpflichtung, wenn die Option dem Kunden ein wesentliches Recht
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gewährt, das er anderweitig nicht erhalten würde. So ein Recht
könnte beispielweise ein Rabatt sein, der deutlich über den üblicherweise gewährten Rabatten liegt, die in dieser Region oder
auf diesem Markt üblicherweise für gleichartige Güter oder
Dienstleistungen an ähnliche Kunden gewährt werden. Gewährt
ein Anbieter von Telekommunikationsdiensten seinen Kunden
beispielsweise die Option zusätzliche Minuten zu erwerben, die
über die in anderen Kundenverträgen gewährten Minuten hinausgehen, der Minutentarif jedoch für alle Kunden mit diesem
speziellen Tarif identisch ist, so wird in dieser Option auf zusätzliche Minuten wahrscheinlich nicht die Einräumung eines wesentliches Recht für den Kunden zu sehen sein.
Stellt die Option für den Kunden hingegen ein wesentliches
Recht dar, hat der Kunde effektiv eine Vorauszahlung für die
künftigen Güter oder Dienstleistungen an das Unternehmen
geleistet. Die Erfassung der Umsätze sollte daher entweder zu
dem Zeitpunkt erfolgen, zu dem diese künftigen Güter oder
Dienstleistungen übertragen werden, oder zu dem Zeitpunkt, zu
dem die Option ausläuft. Ein Biotechnologie-Unternehmen kann
beispielsweise einen Kooperationsvertrag mit einem Pharmaunternehmen abschließen, in dessen Rahmen sich das Biotechnologie-Unternehmen verpflichtet, das Medikament zum Selbstkostenpreis zu liefern, sofern die Entwicklung erfolgreich verläuft
und die Zulassung erteilt wird. In diesem Fall würde das Biotechnologie-Unternehmen wahrscheinlich zu dem Schluss kommen,
dass die dem Pharmaunternehmen eingeräumte Option, das
Medikament zum Selbstkostenpreis des Biotechnologie-Unternehmens zu erwerben, ein wesentliches Recht darstellt. Das Bio-
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
technologie-Unternehmen müsste diese Option daher als separate Leistungsverpflichtung behandeln. Nach dem vorgeschlagenen Modell müsste das Biotechnologie-Unternehmen den Einzelveräußerungspreis dieser Option schätzen, den anteiligen Transaktionspreis der Option zuordnen und die Umsätze erfassen,
sobald die Option erfüllt wird, d. h. entweder zu dem Zeitpunkt,
zu dem das Pharmaunternehmen die Option zum Erwerb der
Medikamente zum Selbstkostenpreis ausübt, oder bei Ablauf der
Option.
Die Boards sind der Auffassung, dass die Option, zusätzliche
Güter oder Dienstleistungen mit einem Preisnachlass zu erwerben, ein wesentliches Recht darstellt, wenn der angebotene günstigere Preis außerhalb der Preisspanne liegt, die das Unternehmen für diese Güter oder Dienstleistungen üblicherweise berechnen würde. Ist also der im Rahmen dieser Option eingeräumte
Rabatt höher als der üblicherweise eingeräumte Rabatt für
Nicht-Vertragskunden, ist vom Unternehmen eine Einschätzung
vorzunehmen, ob die Gewährung eines solchen zusätzlichen
Rabattes für den Kunden ein wesentliches Recht darstellt. Dies
ist aller Wahrscheinlichkeit nach eine Ermessensentscheidung.
Liegt der mit der Option eingeräumte Preisnachlass innerhalb
der üblicherweise anderen Kunden eingeräumten Preisspanne,
unabhängig von bereits bestehenden Geschäftsbeziehungen
oder Verträgen, so wird angenommen, dass es sich dabei nicht
um die Einräumung eines wesentlichen Rechts, sondern um ein
Werbeangebot handelt.
Treueprämien stellen in der Regel eine Option des Kunden dar,
zusätzliche Güter oder Dienstleistungen zu erwerben, zu deren
Inanspruchnahme andere Kunden, die nicht an einem solchen
Programm teilnehmen, nicht berechtigt sind. Nach IFRIC 13
erfolgt die Bewertung solcher Treueprämien anhand ihres beizulegenden Zeitwertes, der auf zwei Arten berechnet werden
kann. Der den Treueprämien zugeordnete Betrag entspricht entweder dem beizulegenden Zeitwert der Treueprämien, wobei der
Restbetrag dem Verkauf des Gutes oder der Dienstleistung zugeordnet wird (residual method), oder der Transaktionspreis wird
in Relation zu den Einzelveräußerungspreisen auf die beiden
Transaktionselemente aufgeteilt. Das vorgeschlagene Modell
schreibt den zweiten Ansatz verpflichtend vor und führt zum
Wegfall der Residualmethode.
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
21
In welcher Höhe werden
Umsatzerlöse erfasst?
Bestimmung des Transaktionspreises
Im Entwurf wird der Transaktionspreis definiert als „die Gegenleistung, die ein Unternehmen vom Kunden im Gegenzug für die
Übertragung von Gütern oder Dienstleistungen erhält oder voraussichtlich erhalten wird. Hiervon ausgenommen sind alle
Beträge, die im Namen Dritter eingezogen werden (z. B. Steuern)“. In vielen Fällen lässt sich dieser Betrag ohne Weiteres
bestimmen, da der Preis vertraglich festgelegt ist und das Unternehmen die Zahlung zu dem Zeitpunkt erhält, zu dem es die
zugesagten Güter oder Dienstleistungen überträgt. Es gibt
jedoch auch Transaktionen, bei denen ein Teil des Transaktionspreises variabel ist oder eine variable Komponente aufweist,
Unsicherheit bezüglich der Einbringlichkeit des Forderungsbetrages besteht, die Zahlung und Lieferung der Güter/Erbringung
der Dienstleistung zu unterschiedlichen Zeitpunkten stattfinden
oder die Gegenleistung nicht in Zahlungsmitteln beglichen wird.
Des Weiteren kann die Ermittlung des Transaktionspreises durch
die Höhe der gezahlten oder zu zahlenden Gegenleistung beeinflusst werden.
Ein Unternehmen darf die Umsätze für erfüllte Leistungsverpflichtungen nur dann erfassen, wenn der Transaktionspreis verlässlich geschätzt werden kann. Die folgenden beiden Bedingungen müssen erfüllt sein, um eine verlässliche Schätzung des
Transaktionspreises zu ermöglichen:
• Das Unternehmen kann auf Erfahrungswerte mit vergleichbaren Verträgen zurückgreifen.
• Diese Erfahrungen des Unternehmens sind für den jeweiligen
Vertrag relevant, d. h. das Unternehmen erwartet keine
wesentlichen Änderungen der zugrunde liegenden Umstände.
Das Unternehmen muss sich dabei nicht auf eigene Erfahrungen
stützen, sondern kann, soweit solche verfügbar sind, auch auf
Erfahrungswerte von Wettbewerbern zurückgreifen und diese
anstelle eigener Erfahrungen verwenden. Für die Ermittlung des
Transaktionspreises reicht es jedoch nicht aus, nur auf einschlägige Erfahrungen mit einer bestimmten Art von Verträgen
zurückzugreifen. Die Erfahrungen — ob eigene oder die Dritter —
müssen in jedem Fall für den betreffenden Vertrag von Bedeutung sein. Der jeweilige Vertrag und die der Erfahrungsbasis
zugrunde liegenden Verträge sollten hinsichtlich ihrer Rahmen-
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bedingungen vergleichbar sein. Die Bestimmung, wann Erfahrungen relevant sind, wird von den zugrunde liegenden Fakten
und Umständen abhängen und Ermessensentscheidungen erfordern.
Der Standardentwurf nennt Faktoren, die die Relevanz von
Erfahrungen mindern könnten. Dazu gehören:
• Die Gegenleistung ist wesentlich von externen Faktoren
abhängig (z. B. Marktvolatilität, Ermessensentscheidungen
Dritter oder schnelle Alterungszyklen der zugesagten Güter
oder Dienstleistungen).
• Die Unsicherheit bezüglich der Höhe des Transaktionspreises
wird voraussichtlich langfristig bestehen bleiben.
• Die Erfahrungen des Unternehmens mit ähnlichen Verträgen
sind begrenzt.
• Der Vertrag sieht eine Vielzahl unterschiedlicher Transaktionspreise vor.
Bei dieser Beurteilung sind nicht nur die vorgenannten Faktoren
zu berücksichtigen. Es gibt zahlreiche andere Faktoren, die darauf hinweisen können, dass die Erfahrungen eines Unternehmens nicht relevant sind. Das Vorliegen eines oder mehrerer der
genannten Faktoren führt aber nicht zwangsläufig dazu, dass ein
Unternehmen nicht in der Lage ist, eine angemessene Schätzung
des Transaktionspreises vorzunehmen.
Sofern das Unternehmen keine verlässliche Schätzung vornehmen kann, ist der Transaktionspreis auf den Betrag der Gegenleistung limitiert, der bereits fest definiert wurde oder der verlässlich geschätzt werden kann.
Es ist zu beachten, dass sich die Höhe von Umsatzerlösen
durch den neuen Standard signifikant ändern kann. Nach
IAS 18 ist es nicht zulässig, den Transaktionspreis nachträglich anzupassen. Der Standard regelt lediglich die Abgrenzung
von Erträgen (d. h. die zeitliche Verteilung der Gegenleistung). Gemäß dem neuen Modell ist der Transaktionspreis in
jeder Berichtsperiode um nachträgliche Änderungen anzupassen. Dies hat zur Folge, dass Erträge zu jedem Berichtsstichtag neu zu bewerten sind, was eine Abkehr von der bisherigen
Regelung in IAS 18 darstellt.
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
Beispielsweise sind die Erwartungen bezüglich variabler Komponenten der Gegenleistung bei Wegfall von Unsicherheiten und an
neue Informationen hinsichtlich noch bestehender Unsicherheiten anzupassen. Änderungen des Transaktionspreises sind auf
alle vertraglich vereinbarten Leistungsverpflichtungen zu verteilen, sodass die kumulierten erfassten Umsätze dem Betrag entsprechen, der sich ergeben hätte, wenn die zum Abschlussstichtag verfügbaren Informationen schon bei Vertragsabschluss
bekannt gewesen wären. Änderungen der Schätzungen und
Ermessensentscheidungen des Managements wirken sich somit
direkt auf die Umsätze aus und sind sorgfältig zu überprüfen.
Variable Gegenleistung
Der Transaktionspreis spiegelt die Erwartungen eines Unternehmens bezüglich der Gegenleistung wider, die es vom Kunden
erhalten wird. Höhe und zeitlicher Anfall von einzelnen Komponenten des Transaktionspreises könnten aufgrund von Skonti,
Preisnachlässen, Rückerstattungen, Gutschriften, Anreizen, Prämien, Strafzuschlägen, bedingten Zahlungen oder Kulanzangeboten unterschiedlich ausfallen. So wäre eine Komponente des
Transaktionspreises bei Vertragsabschluss beispielsweise dann
variabel, wenn sie von der Erfüllung bestimmter Leistungsbedingungen abhängt und deren Eintritt unsicher ist. Ein Teil des
Transaktionspreises bei Vertragsabschluss wäre auch dann als
variabel betrachtet, wenn er von der Lieferung zusätzlicher
Güter durch das Unternehmen abhängig ist. Dies würde jedoch
nicht für Vereinbarungen gelten, in denen das Unternehmen
z. B. verpflichtet ist, drei Möbelstücke zu liefern und die Nichtlieferung eines einzelnen oder aller drei Artikel dazu führen würde,
dass für jeden nicht gelieferten Artikel eine Teilerstattung an
den Kunden zu leisten ist.
Die vorgeschlagene Regelung sieht vor, dass variable Bestandteile des Transaktionspreises auf Grundlage einer wahrscheinlichkeitsgewichteten Schätzung zu bewerten sind. Bei dieser
Methode werden in der Schätzung die möglichen Ergebnisse des
Vertrags sowie deren Eintrittswahrscheinlichkeiten berücksichtigt. Nach Auffassung der Boards ist dies die angemessenste
Methode, wie Verträge verhandelt und Preise festgelegt werden.
Zudem sorgt die Methode der wahrscheinlichkeitsgewichteten
Schätzung im Hinblick auf die Bilanzierung ähnlicher Verträge
ihrer Meinung nach für das größte Maß an Stetigkeit.
Beispiel 8 — variable Gegenleistung
Unternehmen A, Betreiberin eines Filmstudios, konzipiert,
produziert und vertreibt Kinofilme. Für jeden produzierten
Film wird für den späteren Vertrieb im Einzelhandel eine
Master-DVD zur Vervielfältigung zum Verkauf an Kunden
erstellt.
Zur Behandlung der Erträge aus der Vergabe der Lizenzrechte für Filme an Filmtheater siehe Beispiel 19.
Unternehmen A hat vor kurzem einen neuen Film veröffentlicht. Die Master-DVD wird an eine Vertriebsgesellschaft veräußert, die Kopien der DVD herstellt, um diese an Einzelhandelskunden weiterzuverkaufen. Die Vertriebsgesellschaft leistet eine nicht erstattungsfähige Anfangszahlung in Höhe von
EUR 1.500.000 zuzüglich einer Lizenzgebühr in Höhe von 5 %
auf die gesamten mit der DVD erzielten Umsatzerlöse. Das
Unternehmen schätzt die Umsatzerlöse aus dem Film auf
EUR 2.000.000 und damit die Einnahmen aus der Lizenzgebühr auf EUR 100.000. Es verfügt über mehrjährige Erfahrung im Verkauf von DVDs, die auf Kinoproduktionen basieren. Daher ist es in der Lage, einen Teil der Lizenzgebühren
hinreichend verlässlich zu schätzen. Das Unternehmen überträgt die Verfügungsgewalt über die Master-DVD auf die Vertriebsgesellschaft. Folglich erfasst es auf Basis der hinreichend verlässlichen Schätzung des Transaktionspreises zum
Zeitpunkt des Verkaufs der Master-DVD Umsatzerlöse in
Höhe von EUR 1.600.000 (EUR 1.500.000 zzgl.
EUR 100.000).
Bei der Bestimmung des Transaktionspreises hat das Unternehmen auch dessen Einbringlichkeit zu würdigen. Die Einbringlichkeit der Forderungen ist vom Ausfallrisiko des Kunden abhängig,
d. h. der Fähigkeit des Kunden, die zugesagte Gegenleistung zu
zahlen. In vielen Fällen sind die Auswirkungen des Ausfallrisikos
des Kunden unwesentlich. Als Beispiel sei eine Einzelhandelstransaktion angenommen, bei der ein Unternehmen die zugesagte Gegenleistung zum Zeitpunkt des Verkaufs vom Kunden
erhält. Das Unternehmen erfasst den Gesamtbetrag der zugesagten Gegenleistung als Umsatzerlöse. In manchen Fällen hingegen erhält ein Unternehmen die Gegenleistung nicht zum Zeit-
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
23
punkt der Übertragung der Verfügungsgewalt über das Gut oder
die Dienstleistung, sodass es damit rechnen muss, dass ein Teil
seiner Kunden seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen wird. Bei solchen Vertragskonstellationen soll der Transaktionspreis daher die Möglichkeit widerspiegeln, dass das Unternehmen einen Teil der vereinbarten Gegenleistung nicht erhalten wird. Die Berechnung des einbringlichen Transaktionspreises
hat dabei auf Grundlage einer wahrscheinlichkeitsgewichteten
Schätzung zu erfolgen. Ähnlich den Vorschriften zur Bestimmung eines variablen Transaktionspreises fordert das vorgeschlagene Modell, dass ein Unternehmen in der Lage sein muss,
hinreichend verlässlich Schätzungen hinsichtlich der Einbringlichkeit vorzunehmen. Ist dies nicht der Fall, sind die Umsatzerlöse erst bei Erhalt der Zahlung zu erfassen oder sobald der
Betrag hinreichend verlässlich geschätzt werden kann.
Manche Unternehmen schließen eine Vielzahl ähnlicher Verträge
ab. Nach dem geplanten Modell können diese Verträge gebündelt werden, um das Ausfallrisiko auf den Transaktionspreis
widerzuspiegeln. Ein Unternehmen kann damit den Umsatz für
einen einzelnen Vertrag auf Grundlage des von ihm in Rechnung
gestellten Betrags erfassen und dabei das Ausfallrisiko im Rahmen der einer Gruppenbewertung vom vertraglichen Vermögenswert (contract asset) sowie dem Umsatzerlös in Abzug
bringen.
Spätere Änderungen der ursprünglichen Erwartung bzw. die
Vereinnahmung eines tatsächlich höheren Betrages werden
unter den sonstigen betrieblichen Erträgen oder Aufwendungen,
d. h. nicht unter den Umsatzerlösen, erfasst. Die Boards sehen
hierin eine Vorgehensweise, die besser dem Grundsatz gerecht
wird, dass einmal erfasste Umsatzerlöse nicht geändert werden
sollten, sobald die Leistungsverpflichtung erfüllt ist. Eine Neueinschätzung des kundenbezogenen Ausfallrisikos bildet so den
Effekt einer Wertminderung oder Wertaufholung der Forderung
ab, die im sonstigen betrieblichen Aufwand oder Ertrag und
nicht in den Umsätzen zu berücksichtigen ist. Dies entspricht im
Wesentlichen auch der Vorgehensweise bei nicht zahlungswirksamen Gegenleistungen, die das Unternehmen im Tausch für
Güter oder Dienstleistungen erhält.
Berücksichtigung des Risikos der Uneinbringlichkeit
Erstmalige Bewertung
Folgebewertung
•
Sollbuchung: Vertraglicher Vermögenswert
Habenbuchung: Umsatzerlöse
Soll-/Habenbuchung: Forderungen
Soll-/Habenbuchung: Sonstige betrieblichen
Erträge/Aufwendungen
Nach dem neuen Standard ist die Einbringlichkeit der Gegenleistung zu jedem Abschlussstichtag neu zu beurteilen. Sobald das
Unternehmen einen unbedingten Anspruch auf Erhalt der
Gegenleistung hat, d. h. nach Ablauf einer bestimmten Frist wird
24
die Zahlung fällig, bilanziert es die Forderung als Finanzinstrument. Nachträgliche Änderungen wirken sich folglich nicht auf
die Höhe der Umsatzerlöse aus, sondern werden in den sonstigen betrieblichen Erträgen oder Aufwendungen erfasst.
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
Beispiel 9 — Einbringlichkeit des Transaktionspreises
Ein Verkäufer verkauft eine Maschine für EUR 2.000. Die Zahlung ist 30 Tage nach der Lieferung der Maschine an den Kunden fällig. Die Kosten für die Maschine belaufen sich auf
EUR 1.500. Aufgrund seiner Erfahrungen mit ähnlichen Verträgen schätzt der Verkäufer die Wahrscheinlichkeit, dass er
die zugesagte Gegenleistung nicht erhält, auf 5 %. Der Transaktionspreis beträgt demnach EUR 1.900 [(95 % x
EUR 2.000) + (5 % x EUR 0)]. Bei Lieferung der Maschine an
den Kunden erfasst der Verkäufer eine Forderung sowie
Umsatzerlöse in Höhe von EUR 1.900.
Wenn der Verkäufer letztendlich doch die zugesagte Gegenleistung in der vollen Höhe von EUR 2.000 erhält, werden die
Umsatzerlöse allerdings nicht um die Differenz von EUR 100
[EUR 2.000 - EUR 1.900] zwischen der erhaltenen Zahlung
und dem ursprünglich erfassten Umsatzerlös korrigiert. Stattdessen wird der Betrag von EUR 100 unter den sonstigen
betrieblichen Erträgen erfasst. Erhält der Verkäufer lediglich
EUR 1.800, wird die Differenz von EUR 100 als zusätzlicher
Aufwand erfasst.
Nach dem vorgeschlagenen Modell würde der Verkäufer eine
Marge von EUR 400 [EUR 1.900 Umsatzerlöse - EUR 1.500
Kosten] erfassen. Vereinnahmte Beträge, die die erfassten
Umsatzerlöse übersteigen, werden nicht als Erhöhung der
Marge ausgewiesen.
Zinseffekt (Zeitwert des Geldes)
Bei bestimmten Transaktionen weichen der Zeitpunkt der Zahlung und der Zeitpunkt des Übergangs der Verfügungsgewalt
über die Güter oder Dienstleistungen an den Kunden voneinander ab. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn die Gegenleistung im
Voraus oder eine erhebliche Zeit nach der Lieferung des Gutes
oder Erbringung der Dienstleistung erbracht wird. Erfolgt die
Zahlung durch den Kunden nachträglich, räumt das Unternehmen dem Kunden damit faktisch einen Kredit ein. Umgekehrt
nimmt das Unternehmen vom Kunden eine Einlage entgegen,
wenn dieser im Voraus bezahlt. In solchen Fällen müsste das
Unternehmen den Zinseffekt auf den Gesamtbetrag der Transaktion berücksichtigen. Ist dieser erheblich, ist der Transaktionspreis anzupassen werden. IAS 18 enthält keine Regelungen zur
Berücksichtigung des Zinseffekts, sondern geht nur auf die Periodenabgrenzung der Gegenleistung ein. Dies hat in der Praxis zu
unterschiedlichen Vorgehensweisen geführt. Abschlussersteller
müssen nun die Auswirkungen vorgezogener oder aufgeschobener Zahlungen in ihren Verträgen beurteilen und bestimmen, ob
die Umsatzerlöse um den Zinseffekt anzupassen sind.
Der Transaktionspreis ist durch Abzinsung der zugesagten
Gegenleistung zu ermitteln. Dabei hat das Unternehmen den
gleichen Abzinsungssatz zu verwenden, den es heranziehen würde, wenn es, unabhängig von der Lieferung anderer Güter oder
Dienstleistungen, ein separates Finanzierungsgeschäft mit dem
Kunden abschließen würde. Die Verwendung eines risikolosen
Zinssatzes oder eines explizit im Vertrag festgelegten Zinssatzes ist nicht zulässig. Der Abzinsungssatz muss die Ausfallrisikoeigenschaften der Vertragsparteien widerspiegeln. Da dieser
Abzinsungssatz bereits die Kreditwürdigkeit des Kunden berücksichtigt, müsste das Unternehmen die zugesagte Gegenleistung
nicht auch noch um das Ausfallrisiko anpassen.
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
25
Beispiel 10 — Zinseffekt
Bauunternehmen C plant, konstruiert und baut hochautomatisierte Maschinen für die Herstellung von Solarpanelen im
Kundenauftrag. C schließt einen Vertrag mit Kunde A, einem
führenden Hersteller von Solarpanelen, über die Planung,
Konstruktion und Herstellung einer neuen Generation von
Maschinen ab. Das Gesamtvertragsvolumen beträgt EUR 50
Mio. Laut Vertrag wird ein Teilbetrag von EUR 25 Mio. der
Gegenleistung fällig, wenn die Maschinen fertiggestellt und
betriebsbereit sind. Der Teilbetrag ist 12 Monate im Voraus
zu entrichten, damit Unternehmen C die erforderlichen
betrieblichen Aktivitäten finanzieren kann.
Den unbedingten Anspruch auf die restlichen EUR 25 Mio.
kann Unternehmen C erst 12 Monate nach Inbetriebnahme
der Maschinen geltend machen. Für das Finanzierungsgeschäft mit seinem Kunden unterstellt Unternehmen C einen
Zinssatz von 6 %.
Vorauszahlung
Bei Erhalt der Zahlung setzt Unternehmen C eine vertragliche
Verbindlichkeit von EUR 25 Mio. an. In dem 12-Monatszeitraum erfasst es Zinsaufwendungen in Höhe von EUR 1,5 Mio.
((EUR 25 Mio. x 1,06) - EUR 25 Mio.). Die vertragliche Verbindlichkeit erhöht sich auf EUR 26,5 Mio., wenn die Leistungsverpflichtung erfüllt wird. Somit erfasst das Unternehmen Umsatzerlöse in Höhe von EUR 26,5 Mio.
Aufgeschobene Zahlung
Unternehmen C erhält die verbleibende Tranche des Kaufpreises in Höhe von EUR 25 Mio. 12 Monate, nachdem die Maschinen montiert und in einen betriebsbereiten Zustand versetzt
worden sind. Sobald die Leistungsverpflichtung erfüllt ist
(d. h., sobald die Maschinen montiert und in einem betriebsbereiten Zustand sind), setzt Unternehmen C einen vertraglichen Vermögenswert (contract asset) an, der den unbedingten Anspruch auf Erhalt der Gegenleistung darstellt, und
erfasst Erträge in Höhe von EUR 23,6 Mio. (EUR 25 Mio./
1,06) sowie Zinsaufwand in Höhe von EUR 1,4 Mio.
26
Nicht zahlungswirksame Gegenleistung
Die vom Kunden zu erbringende Gegenleistung kann in Form von
Gütern, Dienstleistungen oder auf andere nicht zahlungswirksame Art erfolgen. Erhält ein Unternehmen nicht zahlungswirksame Gegenleistungen (oder erwartet es, diese zu erhalten), ist
der Transaktionspreis unter Bezugnahme auf den beizulegenden
Zeitwert der nicht zahlungswirksamen Gegenleistung zu ermitteln. Ist es nicht möglich, den beizulegenden Zeitwert von nicht
zahlungswirksamen Gegenleistungen hinreichend verlässlich zu
schätzen, ist die nicht zahlungswirksame Gegenleistung indirekt
unter Bezugnahme auf den Verkaufspreis der zugesagten Güter
oder Dienstleistungen zu bewerten.
Gelegentlich bringt ein Kunde als Unterstützung bei der Erfüllung des Vertrags eigene Güter oder Dienstleistungen, wie z. B.
Betriebsausstattung oder Arbeitskräfte, mit ein. Erhält das
Unternehmen die Verfügungsgewalt über die eingebrachten
Güter oder Dienstleistungen, sind diese als nicht zahlungswirksame Gegenleistung zu betrachten und wie vorstehend beschrieben zu bilanzieren.
An den Kunden gezahlte oder zu zahlende Gegenleistung
In manchen Fällen leistet ein Unternehmen Zahlungen an seine
Kunden, um von diesen angebotene Güter oder Dienstleistungen
zu erwerben, die dazu dienen, ein eigenes betriebliches Bedürfnis zu erfüllen. In anderen Fällen soll die Gegenleistung an den
Kunden einen Kaufanreiz bieten, um Güter oder Dienstleistungen des Unternehmens zu beziehen.
An den Kunden gezahlte oder zu zahlende Gegenleistungen finden sich u. a. in der Form von Rabatten, Gutscheinen, Gratisprodukten oder -dienstleistungen und Eigenkapitalinstrumenten.
Außerdem leisten manche Unternehmen Zahlungen an die Kunden von Großhändlern oder Vertriebsagenten, die wiederum
Direktabnehmer des Unternehmens sind. Beispielweise bieten
Hersteller von Frühstückscerealien den Verbrauchern ihrer Produkte häufig Gutscheine an, obwohl ihre Direktkunden eigentlich
die Lebensmittelgeschäfte oder Supermärkte sind, die diese Produkte an die Endkunden weiterverkaufen. Andere häufig anzutreffende Formen solcher Gegenleistungen umfassen folgende
Beträge:
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
• Beträge, die ein Verkäufer einem Einzelhändler zahlt, um
sich im Warenregal des Einzelhändlers „Platz für seine Produkte zu erkaufen“ (sog. slotting fees). Dabei ist es unerheblich, ob es sich um ein tatsächlich physisch existierendes
Warenregal im Geschäft des Einzelhändlers handelt oder um
ein virtuell existierendes Warensortiment in Form eines
Online-Katalogs eines Händlers im Internet.
• Gemeinschaftliche Werbevereinbarungen, bei denen ein Verkäufer einem Einzelhändler einen Teil der Kosten erstattet,
die diesem für Werbemaßnahmen im Zusammenhang mit den
Produkten des Verkäufers entstanden sind.
• Beträge zur Sicherung des Verkaufspreises, bei denen ein
Verkäufer einem Einzelhändler Preisdifferenzen bis zu einer
festgelegten Höhe erstattet, die bei diesem für den Verkauf
der Produkte des Verkäufers über einen bestimmten Zeitraum entstanden sind.
• Gutscheine und Rabatte, bei denen einem indirekten Kunden
eines Verkäufers ein Teil des Kaufpreises des erworbenes
Produktes oder der bezogenen Dienstleistungen erstattet
wird, indem er den Gutschein oder einen entsprechenden
Beleg beim Zwischenhändler oder Verkäufer einreicht.
Um die angemessene Bilanzierungsweise bestimmen zu können,
muss ein Unternehmen zunächst feststellen, um was es sich bei
der an einen Kunden bereits gezahlten oder noch zu entrichtenden Vergütung handelt. Der Standardentwurf nennt folgende
Möglichkeiten:
• eine Minderung des Transaktionspreises
• eine Zahlung für ein bestimmtes Gut oder eine bestimmte
Dienstleistung
• eine Kombination aus beiden vorgenannten Punkten
Stellt die an einen Kunden gezahlte oder zu zahlende Vergütung
einen Preisnachlass oder eine Erstattung für Güter oder Dienstleistungen dar, die an den Kunden geliefert oder für diesen
erbracht wurden, hat das Unternehmen den Transaktionspreis,
und somit die Umsatzerlöse, um diesen Betrag zu verringern.
Diese Preisreduzierung ist zu dem Zeitpunkt, an dem das Unternehmen die zugesagten Güter oder Dienstleistungen an den Kun-
den liefert oder, falls später, dem Zeitpunkt, zu dem das Unternehmen die Zahlung der Gegenleistung zugesagt hat, zu erfassen. Dies gilt auch dann, wenn die Zahlung von einem zukünftigen Ereignis abhängig ist.
Enthält die an einen Kunden gezahlte oder zu zahlende Vergütung variable Komponenten, hat das Unternehmen die Verringerung des Transaktionspreises auf Grundlage einer wahrscheinlichkeitsgewichteten Schätzung zu ermitteln (siehe hierzu auch
den Abschnitt „Variable Gegenleistung“). Die Zahlungszusage
der Gegenleistung kann auch implizit durch die Geschäftsgepflogenheiten des Unternehmens begründet werden. Wenn sich beispielsweise die Güter, für die ein Preisnachlass in Form eines
Gutscheins gewährt wurde, bereits in den Warenregalen von Einzelhändlern befinden, würde der Preisnachlass bei Ausgabe der
Gutscheine erfasst. Wird jedoch ein Gutschein ausgegeben, der
für künftige Käufe von Produkten eingesetzt werden kann, die
noch nicht an Einzelhändler verkauft wurden, würde der Preisnachlass erst beim Verkauf an einen Einzelhändler erfasst.
Wird die Gegenleistung im Tausch für einzeln abgrenzbare
(distinct) Güter oder Dienstleistungen des Kunden gewährt, so
hat das Unternehmen die erhaltenen Güter oder Dienstleistungen auf die gleiche Weise zu bilanzieren wie andere im Rahmen
der gewöhnlichen Geschäftsaktivitäten getätigte Einkäufe.
Anders ausgedrückt, die an den Kunden gezahlte oder zahlbare
Vergütung würde als Aufwand erfasst und nicht als Umsatzminderung. Ein Unternehmen hat bei der Beurteilung, ob ein Gut
oder eine Dienstleistung separat bestimmbar ist, die gleichen
Kriterien anwenden wie bei der Identifizierung von Leistungsverpflichtungen (siehe hierzu den Abschnitt „Identifizierung separater Leistungsverpflichtungen").
Verschiedentlich können die vom Kunden erhaltene Gegenleistung und die als Vergütung an diesen Kunden gezahlten Beträge miteinander verknüpft sein. So kann es sein, dass ein Kunde
einen höheren Betrag für Güter oder Dienstleistungen zu zahlen
hat als es der Fall gewesen wäre, wenn er keine Zahlung von
dem Unternehmen erhalten hätte. Derartige Fälle werden als
Kombination behandelt, d. h. einerseits als Verringerung des
Transaktionspreises und andererseits als Zahlung für ein
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
27
bestimmtes Gut oder eine bestimmte Dienstleistung. Nach dem
vorgeschlagenen Modell bestimmt das Unternehmen den beizulegenden Zeitwert des Gutes oder der Dienstleistung, die es vom
Kunden erhalten hat und vergleicht diesen mit der an den Kunden zu zahlenden Gegenleistung. Überschreitet der Betrag der
zu zahlenden Gegenleistung den beizulegenden Zeitwert der
erhaltenen Gegenleistung, verringert sich der Transaktionspreis
um diesen Differenzbetrag. Kann das Unternehmen den beizulegenden Zeitwert des vom Kunden erhaltenen Gutes oder der
Dienstleistung nicht hinreichend verlässlich schätzen, hat es die
gesamte an den Kunden zu zahlende Gegenleistung als Verringerung des Transaktionspreises anzusetzen.
Beispiel 11 — Verkaufsanreize
Unternehmen B ist ein Pharmagroßhändler, der landesweit
eine Reihe unabhängiger Apotheken beliefert. Das Unternehmen bestimmt die Preise für die verkauften Produkte. Es
beabsichtigt, für ein Grippemittel zu werben, indem es drei
Packungen zum Preis von zweien anbietet. Der Einzelhandelspreis pro Packung beträgt EUR 5. Der Apotheke wird für jede
gelieferte Packung ein Betrag von EUR 3 in Rechnung
gestellt. Gleichzeitig erhält sie von Unternehmen B eine Gutschrift über die Rückerstattung des Kaufpreises für die Werbezwecken dienende dritte Packung.
Die Erstattung des Rechnungsbetrags für die kostenlose Werbepackung an die Apotheke in Form einer Gutschrift wird als
Verringerung des Transaktionspreises und somit als Erlösminderung betrachtet. Der für jede Packung, die an die Apotheke
verkauft wird, erfasste Umsatzerlös von B beläuft sich auf
EUR 2 (EUR 3 x 2/3).
Nicht erstattungsfähige Anfangszahlungen
Unter bestimmten Umständen erhalten Unternehmen Zahlungen
von Kunden, bevor sie eine vertraglich vereinbarte Dienstleistung erbringen oder das zugesagte Gut liefern. Solche anfänglichen Zahlungen fallen in der Regel im Zusammenhang mit der
Initiierung, Aktivierung oder Einrichtung/Bereitstellung von
Gütern oder Dienstleistungen an, die in der Zukunft geliefert
bzw. erbracht werden. Sie werden ggf. auch gezahlt, um Zugang
zu einer Anlage, einem Produkt oder einer Dienstleistung oder
ein entsprechendes Nutzungsrecht zu erhalten. In vielen Fällen
sind die vom Kunden gezahlten Vorabvergütungen nicht erstattungsfähig. Gängige Beispiele für Vorauszahlungen sind Beiträge
für die Mitgliedschaft in einem Fitnessclub oder einer Einkaufsgemeinschaft sowie Aktivierungsgebühren für Telefon, Kabel-TV
oder einen Internet-Zugang.
Die betreffenden Unternehmen müssen beurteilen, ob sich eine
nicht erstattungsfähige Anfangszahlung auf die Übertragung
eines Gutes oder einer Dienstleistung bezieht. Vielfach würde die
Anfangszahlung nicht geleistet, wenn nicht eine kontinuierliche
Nutzung des Gutes oder der Dienstleistung damit verbunden
wäre. Infolgedessen steht die Vergütung nicht in Zusammenhang mit der tatsächlichen Übertragung eines Gutes oder einer
Dienstleistung. Vielmehr handelt es sich dabei um eine Vorauszahlung für die künftige Nutzung von Gütern oder Dienstleistungen. Daher ist die Vorauszahlung erst dann als Umsatzerlös zu
erfassen, wenn die dazugehörigen Güter oder Dienstleistungen
auch auf den Kunden übertragen werden. Der Zeitraum, über
den die Vorauszahlung als Umsatz erfasst wird, hat auch optionale Verlängerungszeiträume zu berücksichtigen, sofern es sich
bei der Verlängerungsoption um ein wesentliches Recht handelt.
In bestimmten Fällen kann es sich aus Sicht des Unternehmens
um eine nicht erstattungsfähige Vorauszahlung handeln, die sich
auf die Übertragung eines Gutes oder einer Dienstleistung
bezieht. Das Unternehmen hat daraufhin zu bestimmen, ob das
mit der nicht erstattungsfähigen Vorauszahlung verknüpfte Gut
oder die Dienstleistung eine separate Leistungsverpflichtung
darstellt.
28
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
Aufteilung des Transaktionspreises auf die separaten
Leistungsverpflichtungen
Nachdem die Leistungsverpflichtungen identifiziert und der
Transaktionspreis ermittelt wurden, muss der Transaktionspreis
im Verhältnis der Einzelveräußerungspreise (relative standalone selling prices) der entsprechenden Güter oder Dienstleistungen auf die einzelnen Leistungsverpflichtungen verteilt werden. Ein im Vertrag vereinbarter Preisnachlass wäre proportional auf die einzelnen Leistungsverpflichtungen zu verteilen.
Nach dem vorgeschlagenen Modell sollte der Einzelveräußerungspreis dem Preis entsprechen, zu dem ein Unternehmen ein
Gut oder eine Dienstleistung zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses separat verkaufen würde. Sofern verfügbar, bildet der
Preis, zu dem das jeweilige Gut oder die jeweilige Dienstleistung
auf Basis einer isoliert betrachteten Transaktion unter fremden
Dritten veräußert werden könnte, den besten Anhaltspunkt für
den Einzelveräußerungspreis. Nicht immer gibt es jedoch einen
vom Markt ableitbaren Preis. In diesen Fällen ist der Betrag, zu
dem das Unternehmen die jeweilige Leistungsverpflichtung einzeln veräußern würde, zu schätzen.
Schätzung der Einzelveräußerungspreise (stand-alone
selling prices)
Die Vorschläge machen deutlich, dass ein Unternehmen nicht
davon ausgehen darf, dass ein vertraglich vereinbarter Preis
oder ein Listenpreis für ein bestimmtes Gut oder eine bestimmte
Dienstleistung den Einzelveräußerungspreis repräsentiert. Als
Beispiel sei ein Vertrag betrachtet, den ein Verkäufer mit dem
Kunden A abschließt. Der Vertrag sieht vor, dass Gut A zu einem
Preis von EUR 100, Gut B zu einem Preis von EUR 75 und Gut C
kostenlos an den Kunden geliefert werden soll. Um den Transaktionspreis angemessen auf die separaten Leistungsverpflichtungen verteilen zu können, ist vom Verkäufer der Einzelveräußerungspreis für jedes einzelne Gut zu bestimmen. Die vertraglich
vereinbarten Preise dürfen nicht ohne Weiteres als Einzelveräußerungspreise herangezogen werden.
In dem Entwurf werden zwei mögliche Methoden genannt, wie
der Einzelveräußerungspreis geschätzt werden kann:
• Ansatz der erwarteten Kosten zzgl. einer Marge (expected
cost plus a margin approach): das Unternehmen schätzt die
voraussichtlichen Kosten für die Erfüllung der Leistungsverpflichtung und berücksichtigt zusätzlich eine Gewinnmarge,
die das Unternehmen in der Regel für die Lieferung ähnlicher
Güter und Dienstleistungen verlangen würde.
• Ansatz der abgeleiteten Marktwerte (adjusted market
assessment approach): das Unternehmen analysiert den
Markt, auf dem es seine Güter und Dienstleistungen üblicherweise vertreibt, und schätzt auf dieser Basis, welchen Preis
ein Marktteilnehmer für das entsprechende Gut bzw. die
Dienstleistung zu zahlen bereit wäre. Bei dieser Vorgehensweise könnte das Unternehmen auch die Preise seiner Konkurrenten heranziehen und diese gegebenenfalls auf Grundlage seiner eigenen Kosten und Margen anpassen.
Die beschriebenen Methoden sind jedoch nicht die einzig zulässigen Verfahren zur Ermittlung der Einzelveräußerungspreise. Das
vorgeschlagene Modell schreibt weder eine bestimmte Methode
vor, noch schließt es bestimmte Methoden aus. Vielmehr ist jede
nachvollziehbare Methode zulässig, solange sie für die Ermittlung des Einzelveräußerungspreises geeignet ist, auf möglichst
viele beobachtbare Inputdaten zurückgreift und konsistent auf
ähnliche Güter, Dienstleistungen und Kunden angewendet wird.
Änderungen des Transaktionspreises nach Vertragsabschluss
Die vorgeschlagenen Regelungen sehen vor, dass der Einzelveräußerungspreis nur einmalig bei Vertragsabschluss zu ermitteln
ist und anschließend nicht mehr angepasst werden darf. Die den
separaten Leistungsverpflichtungen zugeordneten Beträge werden im Verlauf der Vertragserfüllung angepasst, um Änderungen bei den geschätzten Transaktionspreisen, beispielsweise
durch den Kunden zusätzlich gewährte Rabatte, widerzuspiegeln. Soweit sich diese Änderungen auf Leistungsverpflichtungen beziehen, die vom Unternehmen bereits erfüllt wurden,
erfolgt eine entsprechende Umsatzerfassung in der Periode, in
der die Anpassung vereinbart wurde. Die für die Verteilung des
Transaktionspreises herangezogenen Einzelveräußerungspreise
sind jedoch nicht um Änderungen anzupassen, die sich nach Vertragsabschluss ergeben haben.
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
29
Beispiel 12 — Aufteilung des Transaktionspreises
Ein produzierendes Unternehmen schließt mit einem Kunden
einen Vertrag über den Verkauf einer Maschine zu einem
Preis von EUR 100.000 ab. Der vereinbarte Preis umfasst
auch die Montage der Maschine sowie eine zweijährige Garantieverpflichtung. Das Unternehmen verkauft die Maschine in
der Regel zu einem Preis von EUR 75.000. Dieser Betrag
beinhaltet keine Montage oder Garantieverpflichtungen. Nur
in Ausnahmefällen bietet das Unternehmen Montagetätigkeiten separat vom Verkauf einer Maschine an. Es weiß jedoch,
dass Konkurrenzunternehmen diese Leistung für einen Preis
von EUR 10.000 bis EUR 15.000 je Montage am Markt anbieten. Garantien werden vom Unternehmen derzeit nicht als
separate Leistungen angeboten, dies gilt auch für die anderen
Wettbewerber des Unternehmens. Angesichts der Länge des
Garantiezeitraums geht das Management davon aus, dass die
Garantie Defekte abdeckt, die erst nach Lieferung und Montage der Maschine auftreten. Infolgedessen stellt die Garantie
eine separate Leistungsverpflichtung dar.
In diesem Beispiel verkauft das Unternehmen die Maschine
normalerweise separat. Demzufolge kann das Unternehmen
belegen, dass der Einzelveräußerungspreis für die Maschine
EUR 75.000 beträgt. Das Management beschließt den Einzelveräußerungspreis für die Montageleistungen aus den beobachtbaren Marktpreisen abzuleiten (adjusted market assessment approach). Dabei legt es den aus den Preisen der Konkurrenzunternehmen errechneten mittleren Wert von
EUR 12.500 zugrunde, der um die spezifische Kostenstruktur
des Unternehmens und die geplante Marge angepasst wurde.
Daraus ergibt sich ein Einzelveräußerungspreis von
EUR 14.000. Der Einzelveräußerungspreis für die Garantieverpflichtung wird unter Zugrundelegung der erwarteten
Kosten zuzüglich einer Marge (expected cost plus a margin
approach) auf EUR 20.000 geschätzt.
30
Die Summe aller Einzelveräußerungspreise von EUR 109.000
überschreitet den vertraglich vereinbarten Transaktionspreis
von EUR 100.000. Daher ist der Transaktionspreis im Verhältnis der Einzelveräußerungspreise auf die einzelnen Leistungsverpflichtungen zu verteilen:
•
Maschine: EUR 68.800
(EUR 75.000 x (EUR 100.000/EUR 109.000))
•
Montage: EUR 12.850
(EUR 14.000 x (EUR 100.000/EUR 109.000))
•
Garantieverpflichtung: EUR 18.350
(EUR 20.000 x (EUR 100.000/EUR 109.000))
Der Betrag, der den einzelnen Leistungsverpflichtungen bei
Vertragsabschluss zugeordnet wurde, wird als Umsatz
erfasst, sobald das Unternehmen die jeweilige Leistungsverpflichtung erfüllt hat.
Der finale Standard soll IFRIC 13 Kundenbindungsprogramme
ersetzen. Wenngleich die Ansatzvorschriften aus IFRIC 13 in das
vorgeschlagene Modell übernommen wurden, gibt es doch eine
Abweichung bei der Bewertungsmethode. Nach IFRIC 13 ist es
bisher zulässig, Prämiengutschriften entweder mit dem beizulegenden Zeitwert zu bewerten, wobei der Restwert dem Gut oder
der Dienstleistung zuzuordnen ist (residual method), oder der
Transaktionspreis konnte im Verhältnis der Einzelveräußerungspreise auf die Prämiengutschriften und die anderen Güter oder
Dienstleistungen verteilt werden (relative fair value approach).
Diese anteilige Zuordnung ist zwingend, die Anwendung der
Residualmethode zum Zweck der Aufteilung des Transaktionspreises kommt nicht mehr in Betracht.
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
Beispiel 13 — Kundenbindungsprogramme
Eine Fluggesellschaft bietet ihren Kunden ein Vielfliegerprogramm an. Dabei wird dem Kunden für jede geflogene Meile
ein Prämienpunkt gutgeschrieben.
Ein Kunde erwirbt ein Flugticket für EUR 5.000 und erhält
dafür eine Gutschrift von 10.000 Punkten. Die Fluggesellschaft ermittelt einen beizulegenden Zeitwert für diese Punkte von EUR 100.
Nach dem vorgeschlagenen Modell hat das Unternehmen den
Transaktionspreis auf Basis der Einzelveräußerungspreise zu
verteilen:
• Flug: EUR 4.902 (EUR 5.000 x (EUR 5.000/EUR 5.100))
• Meilen: EUR 98 (EUR 5.000 x (EUR 100/EUR 5.100))
Nach den Regelungen des derzeit geltenden IFRIC 13 wäre es
auch zulässig, die Prämienpunkte zum beizulegenden Zeitwert von EUR 100 zu bewerten und den Restbetrag von
EUR 4.900 dem Flug zuzuordnen (residual method). Diese
Vorgehensweise wäre nach den Vorschlägen der Boards
zukünftig nicht mehr gestattet.
Beispiel 14 — Mehrkomponentenverträge (multiple-elementVereinbarungen)
Ein Telekommunikationsunternehmen bietet seinen Kunden
häufig ein kostenloses Mobilfunkgerät als Anreiz für den
Abschluss eines zweijährigen Dienstleistungsvertrags an. Der
Kunde zahlt eine monatliche Gebühr von EUR 50, d. h. insgesamt EUR 1.200 für die gesamte Vertragslaufzeit von zwei
Jahren. Das Unternehmen stellt fest, dass der beizulegende
Zeitwert des Mobilfunkgeräts EUR 100 beträgt. Dabei hat es
den Preis zugrunde gelegt, zu dem das Gerät im Rahmen anderer Vertragskonstellationen an andere Kunden veräußert wird.
Nach den vorgeschlagenen Regelungen ist der Transaktionspreis im Verhältnis der Einzelveräußerungspreise auf die identifizierten separaten Leistungsverpflichtungen zu verteilen,
d. h. auf das Mobilfunkgerät und die monatliche Dienstleistung:
• Gerät
EUR 92
(EUR 100 x (EUR 1.200/EUR 1.300))
• Gesprächszeit
EUR 1.108
(EUR 1.200 x (EUR 1.200/EUR 1.300))
Bei Vertragsbeginn werden EUR 92 unmittelbar mit Lieferung
des Geräts an den Kunden als Umsatz erfasst. Als Gegenleistung für die Bereitstellung der Gesprächszeit werden monatlich EUR 46 (EUR 1.108/24) über den Zeitraum von zwei
Jahren erfasst.
Diese Vorgehensweise zur Erfassung von Umsatzerlösen dürfte sich signifikant von der derzeit angewandten Methode
unterscheiden. Viele der nach IFRS bilanzierenden Unternehmen nehmen bei der Bilanzierung von Mobilfunkverträgen
mittels der IFRS-Hierarchie in IAS 8 Bezug auf die in ASC 60525 (nach Berücksichtigung der Auswirkungen von ASU 200913) dargelegten US GAAP Regelungen. Die Höhe der aus dem
Vertrag resultierenden Umsatzerlöse hängt von den über die
Laufzeit des Vertrages erbrachten Dienstleistungen ab. Daher
wurde gemäß EITF 00-21 (jetzt ASC 605-25) lediglich die bei
Lieferung des Mobilfunkgeräts erhaltene Barzahlung als
Umsatzerlös für das Gerät erfasst. In dem vorstehenden Beispiel würde das Telekommunikationsunternehmen daher mit
Lieferung des Gerätes keine Umsatzerlöse erfassen, da es zu
diesem Zeitpunkt noch keine Zahlungsmittel erhalten hat.
Stattdessen würde es jeden Monat einen Umsatz von EUR 50
erfassen.
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
31
Belastende Leistungsverpflichtungen
Nach dem vorgeschlagenen Modell haben Unternehmen eine
Verbindlichkeit und einen korrespondierenden Aufwand zu
erfassen, wenn eine Leistungsverpflichtung belastend geworden
ist. Eine Leistungsverpflichtung ist dann als „belastend“ einzustufen, wenn der Barwert der wahrscheinlichkeitsgewichteten
für die Erfüllung der Leistungsverpflichtung erforderlichen direkten Kosten den Betrag der dieser Leistungsverpflichtung zugeordneten Gegenleistung übersteigt. Das vorgeschlagene Modell
schreibt in diesem Zusammenhang eindeutig vor, dass bei dieser
Bewertung ausschließlich die in Verbindung mit den jeweiligen
Leistungsverpflichtungen angefallenen direkten Kosten zu
berücksichtigen sind. Die direkten Kosten können dabei sowohl
die direkten Material- und Fertigungseinzelkosten als auch
Kosten, die direkt den zur Erfüllung der Leistungsverpflichtung
erforderlichen Aktivitäten zugeordnet oder die dem Kunden
gemäß dem Vertrag explizit in Rechnung gestellt werden können, sowie andere Kosten, die sich ausschließlich auf den Vertrag mit dem Kunden beziehen, umfassen. Siehe hierzu auch die
Ausführungen zu den Vertragskosten (contract costs) weiter
unten.
Nach dem Standardentwurf ist bei der Identifizierung möglicher
belastender Leistungsverpflichtungen jede in einem Vertrag enthaltene Leistungsverpflichtung einzeln und nicht der Vertrag als
Ganzes zu betrachten. Dies könnte zur Folge haben, dass auch
für Verträge, die in ihrer Gesamtheit voraussichtlich gewinnbringend sein werden, Verbindlichkeiten für belastende Leistungs-
32
verpflichtungen erfasst werden müssen. Dieser Tatsache sind
sich die Boards durchaus bewusst. Sie kamen jedoch zu dem
Schluss, dass nur so die Zielsetzung des vorgeschlagenen
Modells, die unterschiedlichen Margen der verschiedenen Vertragskomponenten abzubilden, erreicht wird. Durch die Identifizierung der separaten Leistungsverpflichtungen werden die
unterschiedlichen Margen offengelegt. Infolgedessen wäre bei
der Prüfung, ob diese separaten Leistungsverpflichtungen belastend sind, die gleiche Bilanzierungseinheit zu betrachten.
Darüber hinaus müssen Unternehmen vor der Erfassung einer
Verbindlichkeit für belastende Leistungsverpflichtungen künftig
bestimmen, ob die mit den Verträgen in Zusammenhang stehenden Vermögenswerte, wie z. B. Vorräte, Sachanlagen oder aktivierte Vertragskosten, möglicherweise wertgemindert sind. Ggf.
wäre zunächst ein entsprechender Wertminderungsaufwand zu
erfassen.
Die Verbindlichkeit für belastende Verträge ist an jedem
Abschlussstichtag neu zu bewerten, um Änderungen bei den
getroffenen Annahmen und Schätzungen oder neue Informationen zu berücksichtigen. Änderungen bei der Bewertung der Verbindlichkeit sind als Erhöhung oder Minderung des Aufwands aus
der belastenden Verbindlichkeit in der laufenden Berichtsperiode zu erfassen. Bei Erfüllung der belastenden Leistungsverpflichtung würde das Unternehmen die entsprechenden Erträge
aus der Auflösung der Verbindlichkeiten als Minderung dieses
Aufwands ausweisen.
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
Beispiel 15 — belastende Leistungsverpflichtungen
Das IT-Beratungsunternehmen C schließt mit dem Kunden A einen Vertrag. Der Vertrag umfasst die folgenden Leistungen:
•
•
•
•
Beurteilung der Zweckmäßigkeit der derzeit von A eingesetzten Software und Erstellung eines detaillierten Berichts
Prüfung von IT-Lösungen, die am Markt verfügbar sind und das bisherige System ersetzen könnten
Einführung der neuen Software in verschiedenen Ländern
Durchführung von Schulungen, um die Mitarbeiter der Personalabteilung und das Management mit der neuen Software
vertraut zu machen
Das Beratungsunternehmen stellt fest, dass die vier vertraglich vereinbarten Leistungen jeweils einzelne Leistungsverpflichtungen darstellen. Das Vertragsvolumen beläuft sich auf EUR 1,1 Mio. Dies ist deutlich niedriger als die Summe der Einzelveräußerungspreise für die einzelnen Leistungen, die das Unternehmen anderen Kunden in Rechnung stellen würde:
Einzelverkaufspreis
Zugeordneter
Transaktionspreis
Kosten für die
Erbringung der
Dienstleistung
Bruttomarge
(in EUR)
(a) Beurteilung der vorhandenen Software
200.000
183.000
150.000
33.000
(b) Prüfung alternativer Lösungen
150.000
137.500
150.000
(12.500)
(c) Implementierung neuer Software
450.000
412.500
300.000
112.500
(d) Schulungen beim Kunden
400.000
367.000
300.000
67.000
1.200.000
1.100.000
900.000
200.000
Summe
Marktpreise sind verfügbar, weil das Unternehmen die Leistungen entweder separat anbietet oder weil es beobachtbare Marktpreise von Konkurrenzunternehmen zur Beurteilung heranziehen kann. Die Verteilung der gesamten Gegenleistung erfolgt in
Relation zu den Einzelveräußerungspreisen der vereinbarten Dienstleistungen. Obwohl das Unternehmen insgesamt einen
gewinnbringenden Vertrag abschließt, erweist sich die unter (b) aufgeführte Leistungsverpflichtung bei der Überprüfung der einzelnen in dem Vertrag enthaltene Leistungsverpflichtungen als verlustbringend. Bei ihr ergibt sich ein Verlust von EUR 12.500.
Vertragskosten (contract cost)
Neben dem vorgeschlagenen Modell zur Umsatzrealisierung enthält der Standardentwurf auch Leitlinien für die Bilanzierung von
Kosten, die einem Unternehmen im Zusammenhang mit der
Anbahnung und der Erfüllung von Verträgen über die Lieferung
von Gütern und Dienstleistungen an Kunden entstehen. Diese
Leitlinien gelten sowohl für bereits abgeschlossene Verträge als
auch für Verträge, die sich noch im Verhandlungsstadium befinden. Der Entwurf unterscheidet zwischen Kosten, die einen Vermögenswert begründen, und Kosten, die zum Zeitpunkt ihres
Entstehens als Aufwand zu erfassen sind. Das vorgeschlagene
Modell besagt, dass Kosten, die im Zusammenhang mit der Erfül-
lung einer vertraglich vereinbarten Leistungsverpflichtung anfallen und die nicht nach den Vorschriften eines anderen Standards
zu aktivieren sind, d. h. auf Basis der Vorschriften von IAS 2 Vorräte, IAS 16 Sachanlagen oder IAS 38 Immaterielle Vermögenswerte, zum Ansatz eines separaten Vermögenswertes führen
können. Voraussetzung dafür ist, dass die folgenden Kriterien
erfüllt sind:
• Die Kosten stehen in direktem Zusammenhang mit dem Vertrag oder einem spezifischen Vertrag der sich noch im Verhandlungsstadium befindet. Die Kosten umfassen z. B. Material- und Fertigungseinzelkosten, Kosten, die direkt den zur
Erfüllung des Vertrags erforderlichen Aktivitäten zugeordnet
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
33
werden können, Kosten, die dem Kunden gemäß dem Vertrag
explizit in Rechnung gestellt werden können, sowie sonstige
Kosten, die sich ausschließlich auf den Vertrag mit dem Kunden beziehen (z. B. Kosten, die für die Beauftragung von Subunternehmern anfallen).
• Die Kosten führen zur Generierung oder Verbesserung der
Ressourcen des Unternehmens, die in der Zukunft zur Erfüllung von Leistungsverpflichtungen genutzt werden sollen.
Dazu zählen z. B. Planungs- oder Konstruktionskosten, die der
künftigen Leistungserfüllung dienen und dem Unternehmen
weiterhin Nutzen zufließen lassen.
• Es ist zu erwarten, dass die Kosten wieder erwirtschaftet
werden.
Sofern die im Rahmen der Erfüllung eines Vertrags anfallenden
Kosten nach Prüfung der vorgenannten Kriterien nicht als separate Vermögenswerte angesetzt werden können, sind sie zum
Zeitpunkt ihres Entstehens aufwandswirksam zu erfassen.
Kosten, die nach dem vorgeschlagenen Regelungen immer
sofort aufwandswirksam zu erfassen sind, umfassen:
• Kosten für die Anbahnung eines Vertrags, wie z. B. Vertriebs-,
Marketing- und Werbekosten, die während der Ausschreibungs- und Angebotsphase bzw. der Verhandlungsphase angefallen sind.
• Kosten, die im Zusammenhang mit bereits erfüllten Leistungsverpflichtungen anfallen, wie z. B. Kosten, die sich auf in der
Vergangenheit erfüllte Leistungen beziehen und aus denen
dem Unternehmen kein zukünftiger Nutzen mehr zufließen
wird.
• Kosten für anormale Beträge für Materialabfälle, Fertigungslöhne oder andere Kosten, die bei der Erfüllung des Vertrags
angefallen sind.
34
Sofern das Unternehmen nicht in der Lage ist festzustellen, ob
sich bestimmte Kosten auf bereits erbrachte oder auf in der
Zukunft zu erbringende Leistungen beziehen, hat es diese zum
Zeitpunkt ihres Entstehens aufwandswirksam zu erfassen.
Jeder Vermögenswert, der auf Basis dieser Regelungen angesetzt wurde, ist letztendlich in den Umsatzkosten durch
Abschreibung zu erfassen, wenn das Unternehmen die Verfügungsgewalt an den Gütern oder Dienstleistungen überträgt.
Dabei ist eine systematische Vorgehensweise im Einklang mit
der jeweiligen Übertragung von Gütern und Dienstleistungen,
auf die sich der Vermögenswert bezieht, zu wählen.
Darüber hinaus ist jeder vom Unternehmen erfasste Vermögenswert laufend auf Wertminderungen hin zu überprüfen. Als Vermögenswert aktivierte Kosten müssen sowohl bei ihrem erstmaligen Ansatz als auch über die Dauer der gesamten Vertragslaufzeit wieder erwirtschaftet werden können. Um festzustellen, ob
eine Wertminderung gegeben ist oder nicht, ist der Buchwert
des erfassten Vermögenswertes mit dem verbliebenen Teil des
Transaktionspreises, der der jeweiligen Leistungsverpflichtung
zugeordnet wurde, auf die sich der Vermögenswert bezieht, zu
vergleichen.
Die Boards gehen in ihren Vorschlägen nicht darauf ein, ob eine
Wertaufholung vorgenommen werden kann, wenn sich die
Bedingungen, die zur Wertminderung geführt haben, umkehren.
Nach den geltenden IFRS ist für andere Vermögenswerte als der
Geschäfts- oder Firmenwert eine Wertaufholung zwingend vorgeschrieben. Dagegen ist nach den US-GAAP eine Wertaufholung bei vormals wertberichtigten Vermögenswerten generell
nicht zulässig. Da mit dem vorliegenden Standardentwurf eine
teilweise Harmonisierung der IFRS mit den US-GAAP angestrebt
wird, ist nicht klar, welches Rahmenkonzept künftig maßgeblich
sein wird. Möglicherweise werden die unterschiedlichen Auffassungen des IASB und des FASB bezüglich der Bilanzierung von
Wertaufholungen auch weiterhin bestehen bleiben.
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
Erfüllung der Leistungsverpflichtungen
Nach dem vorgeschlagenen Modell sind die einer bestimmten
Leistungsverpflichtung zugeordneten Umsätze nur dann zu
erfassen, wenn der Kunde die Verfügungsgewalt über das
zugrunde liegende Gut oder die zugrunde liegende Dienstleistung erlangt hat. Ein Kunde erlangt die Verfügungsgewalt über
ein Gut bzw. eine Dienstleistung, wenn er die gegenwärtige Möglichkeit hat, deren Nutzung zu bestimmen und den Nutzen daraus zu ziehen. Danach hat ein Kunde die Verfügungsgewalt auch
erlangt, wenn das Unternehmen verhindern kann, dass andere
Unternehmen die Nutzung des Gutes oder der Dienstleistung
bestimmen und den Nutzen daraus ziehen können. Im Sinne des
vorgeschlagenen Modells stellt die Übertragung der Verfügungsgewalt auf den Kunden die Übertragung sämtlicher Rechte an
dem Gut oder der Dienstleistung dar. Nach Übertragung der Verfügungsgewalt besitzt der Kunde das alleinige Recht, das Gut
oder die Dienstleistung während der restlichen Nutzungsdauer
zu nutzen, beziehungsweise im Rahmen seines Geschäftsbetriebes einzusetzen. Die Fähigkeit des Kunden, den Nutzen aus dem
Gut oder der Dienstleistung zu ziehen, bedeutet, dass er einen
Anspruch auf im Wesentlichen alle Zahlungsmittelzuflüsse hat,
die durch die Güter oder Dienstleistungen generiert werden,
sowie auf die durch das Gut oder die Dienstleistung erzielte
Reduzierung der Zahlungsmittelabflüsse.
Einige Transaktionen sind so strukturiert, dass das veräußernde
Unternehmen ein Sicherungsrecht an den Gütern, die Gegenstand des Kaufvertrags sind, zurückbehält, um sich beispielsweise gegen einen Zahlungsausfall des Kunden abzusichern. Der
Entwurf stellt klar, dass es sich bei solchen Rechten um Schutzrechte handelt, die nicht ausschließen, dass der Kunde die Verfügungsgewalt an dem Gut erlangt.
In vielen Situationen wirft die Feststellung, wann der Kunde die
Verfügungsgewalt erlangt hat, keine besonderen Probleme auf.
In einigen Fällen jedoch kann dies überaus komplex sein. Um
Unternehmen bei der Feststellung, wann ein Kunde die Verfügungsgewalt über ein bestimmtes Gut oder eine bestimmte
Dienstleistung erlangt hat, zu unterstützen, haben die Boards
die folgenden Indikatoren erarbeitet, die die Identifikation
erleichtern sollen:
• Der Kunde hat eine unbedingte Zahlungsverpflichtung — d. h.
ein Kunde ist unbedingt verpflichtet, für das Gut oder die
Dienstleistung zu zahlen. Dies ist in Regel dann der Fall, wenn
er im Gegenzug die Verfügungsgewalt über das zugrunde liegende Gut oder die zugrunde liegende Dienstleistung erlangt
hat. Der Entwurf weist darauf hin, dass eine unbedingte Zahlungsverpflichtung vorliegt, wenn die Zahlung allein aufgrund
des Zeitablaufs fällig wird.
• Der Kunde hat ein Eigentumsrecht — Eigentum an einem Gut
ist oftmals ein Indikator dafür, welche Partei in der Position
ist, die Nutzung des Gutes zu bestimmen und den Nutzen aus
dem Gut zu ziehen. Eigentum an einem Gut bedeutet, dass das
Gut von dem Rechtsinhaber veräußert, gegen einen anderen
Vermögenswert eingetauscht oder zur Sicherung oder Begleichung einer Schuld verwendet werden kann. Die Übertragung
des Eigentumsrechts fällt häufig mit der Übertragung der Verfügungsgewalt über das Gut zusammen. In einigen Fällen wird
das Eigentumsrecht als Schutzrecht zurückbehalten, so
erfolgt unter Umständen keine Übertragung der Verfügungsgewalt.
• Der Kunde ist im physischen Besitz des Gutes oder der Dienstleistung — oftmals versetzt der physische Besitz eines Gutes
den Kunden in die Position, die Nutzung dieses Gutes zu
bestimmen. In einigen Fällen ist der physische Besitz jedoch
nicht gleichbedeutend mit der Verfügungsgewalt über ein Gut.
So kann ein Unternehmen bei Kommissionsgeschäften oder
bei der Existenz von Kauf- und Rückkaufvereinbarungen zwar
den physischen Besitz übertragen haben, die Verfügungsgewalt über das Gut wurde jedoch zurückbehalten. Bei sog. billand-hold-Vereinbarungen kann dagegen der Veräußerer physisch im Besitz eines Gutes sein, über das der Kunde allerdings
die Verfügungsgewalt hat.
• Das Design oder die Funktion sind kundenspezifisch — das
Design oder die Funktion eines Gutes oder einer Dienstleistung
sind kundenspezifisch, so dass das Gut oder die Dienstleistung
für den Veräußerer nur einen geringeren Wert hat, da es an
einer alternativen Verwendung fehlt. Kann ein Unternehmen
beispielsweise einen kundenspezifischen Vermögenswert nicht
an einen anderen Kunden verkaufen, so wird das Unternehmen wahrscheinlich vom Kunden verlangen, dass dieser die
Verfügungsgewalt über den Vermögenswert im Verlauf des
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
35
Herstellungsprozesses erlangt und folglich alle bis dahin abgeschlossenen Arbeiten bezahlt. Kann ein Kunde dagegen nur
kleinere Modifikationen an dem Design oder der Funktion eines
Gutes oder einer Dienstleistung vornehmen oder aus einer Reihe standardisierter Optionen, die der Veräußerer festgelegt
hat, auswählen, so handelt es sich in der Regel nicht um ein
kundenspezifisches Gut oder eine kundenspezifische Dienstleistung. Kann ein Kunde größere Modifikationen an dem Design
oder der Funktion des Gutes oder der Dienstleistung festlegen,
so deutet dies darauf hin, dass er die Verfügungsgewalt über
den Vermögenswert im Verlauf des Herstellungsprozesses
erlangt.
Die Indikatoren sollen lediglich Anhaltspunkte dafür geben, ob
ein Kunde die Verfügungsgewalt erlangt hat. Der Entwurf stellt
klar, dass einige der genannten Indikatoren auf bestimmte
Transaktionen keine Anwendungen finden. Zudem ist jeweils im
Einzelfall zu prüfen, ob es ggf. andere Hinweise für einen Übergang der Verfügungsgewalt gibt. Des Weiteren kann aus der Existenz eines einzigen Indikators allein nicht der Schluss gezogen
werden, dass die Verfügungsgewalt auf den Kunden übertragen
wurde. Der Zeitpunkt der Umsatzrealisierung ist direkt mit der
Frage verknüpft, wann dem Kunden die Verfügungsgewalt über
das vereinbarte Gut oder die vereinbarte Dienstleistung übertragen wurde. Umfasst die Vereinbarung bspw. die Lieferung eines
bestimmten Gutes (ausgenommen bestimmte Spezialanfertigungen), würde das Unternehmen im Regelfall den Umsatz realisieren, sobald das Gut an den Kunden geliefert wurde. Umfasst
die Vereinbarung eine Dienstleistung, würde der entsprechende
Umsatz erfasst werden, wenn die Dienstleistung erbracht wird.
Dies würde voraussetzen, dass die Verfügungsgewalt kontinuierlich auf den Kunden übertragen wird. Diese Konzepte werden in
den folgenden Abschnitten vertiefend erörtert.
Beispiel 16 — Erfüllung der Leistungsverpflichtung
Das Unternehmen M betreibt mehrere Minen. Seine
Geschäftstätigkeit besteht vor allem im Abbau, in der Verarbeitung und im Verkauf von Gold- und Kupferkonzentrat und
Goldbarren. Bei den Goldbarren liegt in der Regel ein Zeitraum von wenigen Tagen zwischen dem Zeitpunkt, zu dem die
Barren die jeweilige Mine des Unternehmens mit einem Werttransporter verlassen, und dem Zeitpunkt, zu dem es bei der
Raffinerie eintrifft. In der Raffinerie werden die Goldbarren
weiterverarbeitet, dem Metallkonto von Unternehmen M gutgeschrieben und anschließend verkauft.
M schließt mit seinem Kunden C einen Vertrag über die Lieferung einer bestimmten Menge von Goldbarren. Gegenwärtig
erfasst M den Umsatz aus dem Verkauf von Goldbarren
gemäß IAS 18 Umsatzerlöse zu dem Zeitpunkt, zu dem die
Risiken und Chancen übertragen wurden. Nach der derzeitigen Auffassung von M ist dies der Zeitpunkt, zu dem die Barren die Mine mit dem Werttransporter verlassen.
Nach dem vorgeschlagenen Modell wird der Umsatz erst bei
Übertragung der Verfügungsgewalt über die Barren erfasst,
wobei die physische Lieferung einen Indikator für die Übertragung der Verfügungsgewalt darstellt. Mit Blick auf den Verkauf der Goldbarren ist es eher unwahrscheinlich, dass die
neuen Kriterien für die Umsatzrealisierung bereits zu dem
Zeitpunkt erfüllt sind, zu dem die Goldbarren das Gelände der
Mine verlassen. Stattdessen werden die Umsatzerlöse erst zu
dem Zeitpunkt erfasst, zu dem die Goldbarren vom Metallkonto des Unternehmens M auf das Metallkonto des Unternehmens C umgebucht wurden, da unterstellt wird, dass C zu diesem Zeitpunkt die Verfügungsgewalt über die Goldbarren
erlangt hat.
HINWEIS: Aufgrund der spezifischen Eigenschaften von Goldbarren wird die Gutschrift auf einem Metallkonto der physischen Lieferung gleichgesetzt. Unter bestimmten Umständen
kann also das vorgeschlagene Modell zu einer Änderung der
aktuellen Bilanzierungspraxis führen.
36
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
Kontinuierliche Übertragung (continuous transfer) von
Gütern und Dienstleistungen
Vereinbarungen über die Erbringung von Dienstleistungen und
bestimmte andere langfristigen Lieferverträge können eine kontinuierliche Lieferung von Gütern oder Dienstleistungen über die
Vertragslaufzeit vorsehen. Der Entwurf bestätigt, dass die Verfügungsgewalt über ein Gut oder eine Dienstleistung kontinuierlich übertragen werden kann, enthält jedoch keine weiteren Leitlinien zu der Frage, wie die kontinuierliche Übertragung festzustellen ist. Unternehmen werden bei der Beurteilung dieser
Frage daher Ermessen ausüben und sich dabei an den zuvor
beschriebenen vier Indikatoren orientieren müssen.
Sofern das Unternehmen festgestellt hat, dass die Verfügungsgewalt kontinuierlich übertragen wird, muss das Unternehmen
nach dem vorgeschlagenen Modell für die jeweilige Leistungsverpflichtung die Methode zur Umsatzrealisierung auswählen,
die die kontinuierliche Übertragung am besten abbildet. Die Leistungsverpflichtung wäre so lange nach der ausgewählten
Methode zu bilanzieren, bis sie vollständig erfüllt worden ist. Die
vorgeschlagenen Regelungen stellen außerdem klar, dass die
ausgewählte Methode auf vergleichbare Vereinbarungen, die
ähnliche Leistungsverpflichtungen enthalten, entsprechend
anzuwenden ist.
Für Vereinbarungen, die eine kontinuierliche Übertragung von
Gütern und Dienstleistungen vorsehen, schlägt der Entwurf die
folgenden drei Methoden zur Umsatzrealisierung vor:
• Output-basierte Methoden: bei diesen werden die Umsätze
auf Basis der produzierten oder gelieferten Einheiten, der
vertraglich vereinbarten Meilensteine oder von Begutachtungen der bis dahin übertragenen Güter oder Dienstleistungen
im Verhältnis zu den insgesamt zu übertragenden Gütern
oder Dienstleistungen erfasst. Output-basierte Methoden
spiegeln die Übertragung von Gütern oder Dienstleistungen
häufig am zuverlässigsten wieder. Jedoch können auch andere Methoden in Betracht gezogen werden, die ebenfalls eine
verlässliche Darstellung ermöglichen und mitunter mit geringeren Kosten verbunden sind.
• Input-basierte Methoden: bei diesen werden die Umsätze auf
Basis des bis dahin angefallenen Arbeitsaufwands, z. B. die
Kosten für die bisher verbrauchten Ressourcen oder angefallenen Arbeits- und Maschinenstunden, im Verhältnis zum insgesamt erwarteten Arbeitsaufwand erfasst. Die direkte
Beobachtbarkeit ist bei input-basierten Methoden besser
gegeben als bei output-basierten Methoden. Ein wesentlicher
Nachteil der input-basierten Methoden besteht allerdings
darin, dass zwischen dem angefallenen Arbeitsaufwand und
der Übertragung von Gütern oder Dienstleistungen unter
Umständen kein unmittelbarer Zusammenhang mehr
besteht, sofern Leistungsmängel im Unternehmen oder
andere Faktoren vorliegen. Bei der Anwendung einer inputbasierten Methode muss ein Unternehmen die Auswirkungen
anderer Input-Parameter, die nicht mit der Übertragung der
Güter oder Dienstleistungen auf den Kunden im Zusammenhang stehen (z. B. anormale Beträge für Materialabfälle,
Fertigungslöhne oder andere Ressourcen zur Erfüllung des
Vertrags), ausschließen.
• Methoden auf Basis des Zeitablaufs: das Unternehmen
erfasst die Umsätze linear über die erwartete Vertragslaufzeit, wenn die Dienstleistungen gleichmäßig über die Laufzeit
des Vertrages erbracht werden.
In den meisten Fällen ist die Feststellung, ob die Verfügungsgewalt über die Güter und Dienstleistungen zu einem bestimmten
Zeitpunkt oder über die gesamte Vertragslaufzeit übertragen
wird, relativ einfach möglich. Für manche Unternehmen, insbesondere für Unternehmen mit Verträgen über langfristige und
kundenspezifische Bau- oder Entwicklungsvorhaben, kann die
Beurteilung, wann und wie der Kunde die Verfügungsgewalt
erlangt, jedoch recht komplex sein. Die Beurteilung dieser Frage
wirkt sich unmittelbar auf den Zeitpunkt der Umsatzrealisierung
aus. Sofern das Unternehmen nicht belegen kann, dass die Verfügungsgewalt kontinuierlich auf den Kunden übertragen wird,
kann der Umsatz erst bei Lieferung des fertig gestellten Vermögenswertes erfasst werden. Dies ist einer der umstrittensten
Aspekte des vorgeschlagenen Modells.
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
37
Beispiel 17 — kontinuierliche Übertragung der Verfügungsgewalt
Das Unternehmen C schließt mit dem Kunden A einen Vertrag über den Bau einer Biotechnologie-Anlage. A stellt das Grundstück
zur Verfügung, auf dem die Anlage errichtet werden soll. Der Vertrag sieht vor, dass A ständig an der Planung und Entwicklung
der Anlage beteiligt wird. Der Vertrag regelt ferner, dass A im Zuge des Baufortschritts regelmäßige, nicht erstattungsfähige Zahlungen leistet. Ferner hat A einen Anspruch auf den teilweise errichteten Vermögenswert. Rechtlich gesehen geht das Eigentum
an der Biotechnologie-Anlage jedoch erst auf A über, wenn die Anlage fertig gestellt ist und ein dreimonatiges Testverfahren
durchlaufen hat.
Nach Berücksichtigung aller Faktoren gelangt C zu dem Ergebnis, dass die Verfügungsgewalt über die Anlage kontinuierlich auf A
übertragen wird. Ein entscheidender Anhaltspunkt ist die Tatsache, dass A über den teilweise errichteten Vermögenswert die Verfügungsgewalt hat.
Rückkaufvereinbarungen (repurchase agreement)
Manche Vereinbarungen beinhalten Rückkaufvereinbarungen, die entweder Bestandteil des Kaufvertrags sind oder separat vereinbart wurden. Der Exposure Draft hebt drei Arten von Rückkaufvereinbarungen hervor:
Das Unternehmen hat eine unbedingte
Verpflichtung, den Vermögenswert
zurück zu erwerben. Diese Verpflichtung ist Bestandteil des ursprünglichen
Vertrags.
• Termingeschäft
(forward contract)
Das Unternehmen hat ein unbedingtes
Recht, den Vermögenswert zurück zu
erwerben. Dieses Recht ist Bestandteil
des ursprünglichen Vertrags.
Ein Kunde hat das unbedingte Recht,
vom Unternehmen den Rückkauf des
Vermögenswertes zu verlangen.
• Eine erworbene Kaufoption
• Eine geschriebene Verkaufsoption
(purchased call option)
Vom Kunden gehaltene geschriebene Verkaufsoption
Ist der Kunde berechtigt, vom Veräußerer den Rückkauf des Vermögenswertes zu verlangen, so hat der Kunde nach dem geplanten Modell die Verfügungsgewalt über den Vermögenswert
erlangt und ein Verkauf ist bilanziell abzubilden. Das Unternehmen müsste gleichzeitig eine Verbindlichkeit für das Rückgaberecht und einen Vermögenswert für das Recht auf Rückerhalt
des Vermögenswertes bei Rückkauf erfassen. Es kann jedoch
Situationen geben, in denen der Veräußerer sicher ist, dass der
Kunde seine Option ausüben wird. In solchen Fällen erfasst das
Unternehmen eine Verbindlichkeit für das Rückgaberecht in
Höhe der vom Kunden erhaltenen Gegenleistung, angepasst um
den Zinseffekt.
38
(written put option)
Termingeschäft oder vom Unternehmen gehaltene Kaufoption
Hat das Unternehmen dagegen eine unbedingte Verpflichtung
(forward) oder ein Recht (call option), den Vermögenswert
zurück zu erwerben, so hat der Kunde keine Verfügungsgewalt
erlangt, da er in seiner Fähigkeit, die Nutzung des Vermögenswertes zu bestimmen, eingeschränkt ist. Die Vereinbarung stellt
daher eher ein Leasingvertrag oder eine Finanzierungstransaktion dar statt eines Verkaufs. Ist das Unternehmen verpflichtet
oder berechtigt, den Vermögenswert zu einem Preis zurück zu
erwerben, der unter dem ursprünglichen Verkaufspreis liegt, so
sollte die Transaktion als Leasingverhältnis behandelt werden.
Ist das Unternehmen verpflichtet oder berechtigt, den Vermögenswert zu einem Preis zurück zu kaufen, der dem ursprünglichen Verkaufspreis entspricht oder darüber liegt, so sollte die
Vereinbarung als Finanzierungstransaktion bilanziert werden. Im
Falle einer Finanzierungsvereinbarung würde der Veräußerer
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
den Vermögenswert weiterhin in der Bilanz ausweisen sowie
zusätzlich eine finanzielle Verbindlichkeit in Höhe der vom Kunden erhaltenen Gegenleistung erfassen. Die Differenz zwischen
der vom Kunden erhaltenen Gegenleistung und der bei Rückkauf
an den Kunden zu zahlenden Gegenleistung stellt den Zinsaufwand oder gegebenenfalls die Haltekosten dar, die über die
Laufzeit des Finanzierungsgeschäfts erfasst werden.
Da der Standardentwurf bei der Festlegung der bilanziellen
Behandlung den Aspekt der Wahrscheinlichkeit der Ausübung
einer Kaufoption völlig außer Acht lässt, besteht unseres Erachtens die Gefahr, dass es zu nicht nachvollziehbaren Bilanzierungsergebnissen kommen könnte. Bei bestimmten Transaktionen kann ein Unternehmen beispielsweise das unbedingte Recht
haben, den Vermögenswert zu einem höheren Preis als dem
ursprünglichen Verkaufspreis zurück zu erwerben. Das geplante
Modell sieht vor, dass ein Unternehmen solche Transaktionen als
Finanzierungstransaktion bilanziert, auch wenn es höchst
unwahrscheinlich ist, dass das Unternehmen die Kaufoption ausüben wird.
Beispiel 18 — Rückkaufoptionen
Ein Automobilhersteller verkauft ein Fahrzeug an den Kunden
X für EUR 30.000 (Herstellungskosten: EUR 26.000).
Bestandteil des Vertrages ist auch das Angebot, das Fahrzeug
nach einem Zeitraum von drei Jahren zu einem festgelegten
Preis von EUR 10.500 zurück zu erwerben. Der Kunde hat
demnach das Recht, das Fahrzeug entweder zu dem festgelegten Preis an den Hersteller zurückzugeben oder das Fahrzeug zu behalten.
Bei Verkauf des Fahrzeugs erfasst der Hersteller Umsatzerlöse in Höhe von EUR 19.500 und eine Rückkaufverbindlichkeit
in Höhe von EUR 10.500. Zusätzlich weist der Hersteller
einen Vermögenswert für das Recht auf Rückerhalt des Fahrzeugs in Höhe von EUR 9.130 (Rückkaufpreis abzüglich einer
Marge) aus und reduziert die Umsatzkosten um den Betrag.
Bill-and-hold-Vereinbarungen
Bei bestimmten Verkaufstransaktionen erfüllt ein Unternehmen
seine Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag und stellt dem Kunden den Gesamtbetrag in Rechnung, versendet die Güter jedoch
erst zu einem späteren Zeitpunkt. Solche Transaktionen werden
als bill-and-hold-Vereinbarungen bezeichnet und in der Regel auf
Wunsch des Kunden abgeschlossen. Gründe hierfür können fehlende Lagerkapazitäten beim Kunden oder das anfängliche Fehlen der Möglichkeit zur Nutzung der Güter sein. Nach den vorgeschlagenen Regelungen muss das veräußernde Unternehmen
beurteilen, ob der Kunde die Verfügungsgewalt über die Güter
erlangt hat, um festzulegen, ob die Leistungsverpflichtung
erfüllt wurde und die Umsatzerlöse entsprechend erfasst werden
können. Da der Kunde bei einer bill-and-hold-Transaktion die
Güter nicht in Besitz genommen hat, hat er die Verfügungsgewalt über die jeweiligen Güter nur dann erlangt, wenn folgende
Kriterien erfüllt sind:
• Die bill-and-hold-Vereinbarung muss auf Weisung des Kunden
hin abgeschlossen worden sein.
• Das Gut muss beim veräußernden Unternehmen separat von
den anderen Gütern gelagert und eindeutig als Gut des Kunden identifiziert werden.
• Das Gut muss an dem Ort und zu dem Zeitpunkt, der jeweils
vom Kunden festgelegt wurde oder wird, lieferbereit sein.
• Das veräußernde Unternehmen kann das Produkt nicht
anderweitig verwenden oder an einen anderen Kunden veräußern.
Wenn diese Bedingungen kumulativ erfüllt sind, ist das veräußernde Unternehmen nicht mehr dazu in der Lage, die Nutzung
der Güter zu bestimmen, sondern handelt als Verwahrer für den
Kunden. Somit hat der Veräußerer seine Leistungsverpflichtung
erfüllt. In einem derartigen Fall muss das veräußernde Unternehmen jedoch prüfen, ob die Verwahrungsleistung eine separate
Leistungsverpflichtung darstellt. Sofern dies der Fall ist, müsste
ein Teil des Transaktionspreises dieser separaten Leistungsverpflichtung zugeordnet werden und dürfte erst am Ende des Verwahrungszeitraums als Umsatzerlöse erfasst werden.
Nach drei Jahren gibt der Kunde das Fahrzeug an den Automobilhersteller zurück. Mit der Barzahlung des vereinbarten
Rückkaufpreises wird die Rückkaufverbindlichkeit erfüllt und
das Fahrzeug in den Vorratsbestand eingebucht, wodurch das
Recht auf Rückerhalt des Vermögenswertes erlischt.
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
39
Abnahme durch den Kunden
Einige Kaufverträge sehen vor, dass der Kunde erst dann zur
Zahlung der Gegenleistung verpflichtet ist, wenn er die betreffenden Güter abgenommen hat. Hierbei kann es sich entweder
um einfache vertragliche Bestimmungen handeln, die lediglich
regeln, dass der Kunde die gelieferten Güter auf der Grundlage
objektiver und vertraglich festgelegter Kriterien, wie z. B. dass
die gelieferten Maschinen mit einer festgelegten Geschwindigkeit laufen müssen, abnehmen oder zurückweisen kann, oder
um komplexe Bedingungen, die eher subjektiverer Natur sind.
Bei der Beurteilung, ob der Kunde die Verfügungsgewalt über
das Gut oder die Dienstleistung erlangt hat, müssen alle im Vertrag enthaltenen Abnahmeklauseln berücksichtigt werden, denn
nur wenn das Unternehmen sämtliche Abnahmeklauseln erfüllt
hat, hat es Anspruch auf Erhalt der Gegenleistung. Ansonsten
kann es zur Nachbesserung verpflichtet sein, bevor schließlich
alle vertraglich vereinbarten Leistungsverpflichtungen erfüllt
sind.
Wenn ein Unternehmen objektiv belegen kann, dass das Gut oder
die Dienstleistung in Übereinstimmung mit den vertraglich vereinbarten Produktspezifikationen auf den Kunden übertragen
wurde, handelt es sich bei der Abnahme durch den Kunden um
eine reine Formalität, die die Feststellung des Unternehmens, ob
der Kunde die Verfügungsgewalt über das Gut oder die Dienstleistung erlangt hat, nicht beeinflusst. Vertraglich festgelegte
Eigenschaften wie Größe, Gewicht oder ähnliche Messgrößen
sind Beispiele für Abnahmekriterien, die objektiv feststellbar
wären. Kann das Unternehmen dagegen nicht objektiv nachweisen, dass das Gut oder die Dienstleistung die vertraglichen vereinbarten Spezifikationen erfüllt, so kann es nicht beurteilen, ob
der Kunde die Verfügungsgewalt erlangt hat. Eine Vertragsklausel, die dem Kunden die Möglichkeit einräumt, ein Gut in Augenschein zu nehmen oder zu testen und nach eigenem Ermessen
zu entscheiden, ob er es abnehmen möchte, kann ein Abnahmekriterium darstellen, das nicht objektiv beurteilbar ist.
40
Lizenzen und Nutzungsrechte
Lizenzen und Nutzungsrechte sind in vielen Branchen, wie z. B.
im Bereich der Software-, Medien- und Unterhaltungsindustrieoder in der Biotechnologie, üblich. Lizenzen gewähren dem Kunden das Recht, das von einem Unternehmen entwickelte oder
diesem gehörende geistige Eigentum zu seinem bestimmungsgemäßen Zweck zu nutzen. Die in dem Entwurf enthaltenen
Anwendungsleitlinien nennen die folgenden Beispiele für geistiges Eigentum:
• Software und Technologie
• Filme, Musik und andere Medien- und Unterhaltungsformen
• Franchise
• Patente, Marken und Urheberrechte
• Sonstige immaterielle Vermögenswerte
Die geplanten Leitlinien für Lizenzen und andere Nutzungsrechte, nachfolgend aus Vereinfachungsgründen einheitlich als
„Lizenzen“ bezeichnet, sehen vor, dass Unternehmen die Rechte der Kunden analysieren müssen. Nach dem Standardentwurf
würde eine Vereinbarung, bei der ein Kunde (Lizenznehmer)
die Verfügungsgewalt über im Wesentlichen alle Rechte im
Zusammenhang mit dem geistigen Eigentum des Unternehmens
(Lizenzgebers) erlangt, nicht als Gewährung eines Rechts auf
Nutzung des geistigen Eigentums, sondern als Verkauf betrachtet werden. Wird einem Lizenznehmer beispielsweise das exklusive Recht gewährt, das geistige Eigentum im Wesentlichen über
dessen gesamte wirtschaftliche Nutzungsdauer zu nutzen,
unterstellt der Entwurf, dass der Lizenznehmer die Verfügungsgewalt über alle mit dem geistigen Eigentum im Zusammenhang
stehenden wesentlichen Rechte erlangt hat.
Erlangt ein Lizenznehmer nicht die Verfügungsgewalt über alle
mit dem geistigen Eigentum im Zusammenhang stehenden
wesentlichen Rechte, da sich das Recht auf Nutzung des geistigen Eigentums beispielweise nur über einen bestimmten Zeit-
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
raum erstreckt, der kürzer ist als die wirtschaftliche Nutzungsdauer des geistigen Eigentums, so stellt sich die Bilanzierung
nach den vorgeschlagenen Regelungen wie folgt dar:
• Gewährt der Lizenzgeber dem Lizenznehmer Rechte, die
nicht exklusiv sind, handelt es sich bei dem Nutzungsrecht in
der Regel um eine gesonderte Leistungsverpflichtung, die
dann erfüllt ist, wenn der Kunde in der Lage ist, diese Rechte
zu nutzen. Nutzungsrechte werden als nicht exklusive Rechte
eingestuft, wenn der Lizenzgeber in der Lage ist, ähnliche
Rechte auch anderen Parteien unter im Wesentlichen identischen Bedingungen zu gewähren. Diese Vorgehensweise ist
beispielsweise in der Softwarebranche, in der Entwickler von
Software häufig Softwarelizenzen an eine Reihe von Kunden
unter den gleichen Bedingungen verkaufen, allgemein üblich.
• Hat der Lizenzgeber dem Lizenznehmer hingegen ein exklusives Nutzungsrecht eingeräumt, so wäre der Lizenzgeber
nicht in der Lage, ein vergleichbares Recht gleichzeitig einer
anderen Partei zu gewähren. Dies ist ein Hinweis darauf,
dass die Fähigkeit des Lizenzgebers, das geistige Eigentum
während des Lizenzzeitraums zu kontrollieren, eingeschränkt ist. Die Boards kamen zu dem Schluss, dass diese
Einschränkung ein Anzeichen dafür ist, dass der Lizenzgeber
eine Leistungsverpflichtung hat, die erst am Ende des Lizenzzeitraums vollumfänglich erfüllt sein wird. Die Leistungsverpflichtung des Lizenzgebers wird daher kontinuierlich über
den Lizenzzeitraum erfüllt.
Werden die Nutzungsrechte mehreren Parteien gleichzeitig
gewährt, so ist eine Bilanzierung als Verkaufsgeschäft jedoch
nicht möglich, sofern sich die den Parteien gewährten Rechte
wesentlich voneinander unterscheiden. Dies ist ein Anzeichen
dafür, dass jeder Partei im Rahmen ihrer jeweiligen Vereinbarungen exklusive Rechte gewährt wurden. Laut den Vorschlägen
des ED kann ein Unternehmen exklusive Rechte auf den folgenden Grundlagen gewähren:
• Zeitraum — ein Filmstudio kann beispielsweise einem Kunden
das exklusive Recht auf Ausstrahlung einer Fernsehserie
während eines bestimmten Zeitraums und einem anderen
Kunden das exklusive Recht auf Ausstrahlung derselben
Serie während eines anderen Zeitraums gewähren.
• Region — ein Franchisegeber kann beispielsweise einem Kunden das exklusive Recht auf ein Franchise in einer bestimmten Region und einem anderen Kunden das exklusive Recht
auf das Franchise in einer anderen Region gewähren.
• Vertriebskanal oder -medium — eine Plattenfirma kann beispielsweise einem Kunden das exklusive Recht, einen Soundtrack auf einer Compact Disc zu vertreiben, und einem anderen Kunden das exklusive Recht, den Soundtrack über das
Internet zu vertreiben, gewähren.
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
41
Die folgende Tabelle zeigt die möglichen Bilanzierungsweisen,
die sich je nach Ausgestaltung der vertraglichen Bedingungen,
die einem Kunden das Recht auf Nutzung des geistigen Eigentums gewähren, ergeben können.
Lizenzbedingungen
Art der Lizenz
Kunde erhält im
Wesentlichen alle
Rechte
Exklusiv
Nicht Exklusiv
Kunde erhält nicht
im Wesentlichen alle
Rechte
Verkauf
Leasing
Verkauf
Bei der Beurteilung der Frage, ob im Wesentlichen alle Rechte
übertragen wurden oder ob der Lizenzgeber einige Rechte
zurückbehält, muss das Management wesentliche Ermessensentscheidungen treffen.
Beispiel 19 — Lizenzen
Ein Filmstudio schließt mit einem Kinobetreiber, der im ganzen Land Kinos unterhält, einen Vertriebsvertrag ab. Das Studio gewährt dem Betreiber das exklusive Recht, den von
ihnen produzierten Film ab dem Erscheinungsdatum drei
Monate lang in ihren Filmtheatern zu zeigen. Gleichzeitig
schließt das Studio einen Vertrag mit einem internationalen
Vertriebsunternehmen ab, das das exklusive Recht auf Produktion und Verkauf des Films als DVD erwirbt. Dieses Recht
erstreckt sich auf bestimmte Länder und auf einen Zeitraum
von fünf Jahren. Dieser Zeitraum beginnt sechs Monate nach
der erstmaligen Ausstrahlung des Films. Schließlich schließt
das Studio Verträge mit mehreren großen Fernsehanstalten
ab, wobei jede Fernsehanstalt eine Lizenz erwirbt. Diese
Lizenz berechtigt sie, den Film in ihrem Land innerhalb eines
Zeitraums von zwei Jahren, der ein Jahr nach dem Erscheinungsdatum beginnt, exklusiv auszustrahlen.
Jeder Vertrag wird als separater Vertrag identifiziert und jedes
Recht ist im Sinne des geplanten Standards zur Umsatzrealisierung exklusiv. Die Erträge der Filmtheater werden linear über
einen Zeitraum von drei Monaten erfasst, die Erträge aus dem
DVD-Vertrieb über einen Zeitraum von fünf Jahren, beginnend
sechs Monate nach dem Erscheinungsdatum, und die Erträge
aus der TV-Ausstrahlung über einen Zeitraum von zwei Jahren,
beginnend ein Jahr nach dem Erscheinungsdatum.
42
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
Darstellung und Angaben
Darstellung
Angaben
Vertragliche Vermögenswerte und Verbindlichkeiten
Das vorgeschlagene Modell beruht auf dem Konzept, dass ein
vertraglicher Vermögenswert (contract asset) oder eine vertragliche Schuld (contract liability) entsteht, wenn eine der Vertragsparteien ihrer Verpflichtung aus dem Vertrag nachkommt.
Hat ein Unternehmen beispielsweise durch Lieferung der zugesagten Güter oder Dienstleistungen eine vertraglich vereinbarte
Leistungsverpflichtung erfüllt, dann hat das Unternehmen einen
Anspruch auf Erhalt einer Gegenleistung vom Kunden erworben
und verfügt somit über einen vertraglichen Vermögenswert.
Erfüllt dagegen zuerst der Kunde eine seiner Vertragspflichten,
indem er beispielsweise eine Vorauszahlung auf die von ihm
zugesagte Gegenleistung leistet, entsteht beim Unternehmen
eine vertragliche Verbindlichkeit.
Der Entwurf sieht eine Reihe neuer Angabepflichten vor. Das
grundsätzliche Ziel der Angaben ist es, quantitative und qualitative Angaben zu machen, die es den Abschlussadressaten
ermöglichen, den Betrag, den Zeitpunkt und die Unsicherheiten
von Umsätzen und Zahlungsflüssen zu verstehen, die sich aus
Verträgen mit Kunden ergeben. Ausgehend von dieser Zielsetzung schreibt der Entwurf eine Reihe von qualitativen und quantitativen Angabepflichten vor, die sich auf Verträge mit Kunden
beziehen. Letztlich liegt es aber in dem Verantwortungsbereich
des Unternehmens festzulegen, wie detailliert diese Angaben
sein müssen, um die in dem vorgeschlagenen Modell angestrebte
Zielsetzung zu erfüllen. Die Angabepflichten sind in zwei Kategorien unterteilt: Angaben zu den Verträgen mit Kunden und Angaben zu den wesentlichen Ermessensentscheidungen, die bei der
Anwendung des vorgeschlagenen Modells getroffen wurden.
Gemäß dem vorgeschlagenen Modell hat das Unternehmen den
Vertrag in seiner Bilanz als vertraglichen Vermögenswert oder
als vertragliche Verbindlichkeit auszuweisen, wenn eine vertraglich vereinbarte Pflicht von einer der beiden Vertragsparteien
erfüllt wurde. Häufig stellt ein vertraglicher Vermögenswert
einen unbedingten Anspruch auf Erhalt der Gegenleistung dar.
Dies ist dann der Fall, wenn keine weiteren Leistungsverpflichtungen erfüllt werden müssen, bevor das Unternehmen den
Anspruch auf Erhalt der Gegenleistung vom Kunden erwirbt. Die
Boards sind der Auffassung, dass ein unbedingter Anspruch auf
Erhalt der Gegenleistung vom Kunden eine Forderung gegen den
Kunden darstellt, die getrennt von den vertraglichen Vermögenswerten auszuweisen ist. Ein vertraglicher Vermögenswert
liegt dann vor, wenn ein Unternehmen bereits eine Vertragspflicht erfüllt hat, also beispielsweise mit der Erbringung der
Dienstleistung begonnen hat oder einen Teil der Güter geliefert
hat, jedoch den unbedingten Anspruch auf Erhalt der Gegenleistung noch nicht erworben hat.
Unterteilung der Umsätze nach Kategorien
Die Angaben zu Umsätzen sind nach Kategorien zu unterteilen,
die am besten darstellen, wie der Betrag, der Zeitpunkt und die
Unsicherheit von Umsätzen und Zahlungsflüssen von wirtschaftlichen Faktoren beeinflusst werden. Im Standardentwurf werden
die folgenden Kategorien vorgeschlagen: (a) die Art der Güter
oder Dienstleistungen; (b) die Region, in der die Güter oder
Dienstleistungen vertrieben werden; (c) der Markt oder die Art
des Käufers (z. B. staatliche im Gegensatz zu privaten Unternehmen); und (d) die Art des Vertrags (z. B. Festpreis, Vergütung auf Zeit- und Materialbasis).
Ein Unternehmen kann auch andere Vermögenswerte, wie z. B.
Kosten, die im Zusammenhang mit dem Vertrag angefallen sind
und die Voraussetzungen für eine Aktivierung erfüllen, oder Verbindlichkeiten, wie z. B. belastende Leistungsverpflichtungen,
erfasst haben, die mit dem Vertrag im Zusammenhang stehen.
Der Standardentwurf sieht vor, dass derartige Vermögenswerte
oder Verbindlichkeiten in der Bilanz getrennt von dem vertraglichen Vermögenswerten und Verbindlichkeiten auszuweisen sind.
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
43
Überleitung der Eröffnungs- und Schlusssalden
Nach dem vorgeschlagenen Modell müssen Unternehmen die
Eröffnungs- und Schlusssalden von vertraglichen Vermögenswerten und vertraglichen Schulden zur Bilanz übergeleitet werden. Die Überleitung muss mindestens die folgenden Positionen
enthalten:
• Den (die) in der Gesamtergebnisrechnung erfassten Betrag
(Beträge), der (die) sich wie folgt zusammensetzt (-en):
• Erträge aus Leistungsverpflichtungen, die in der Berichtsperiode erfüllt wurden
• Erträge aus der Allokation von Änderungen des Transaktionspreises auf Leistungsverpflichtungen, die bereits in
früheren Berichtsperioden erfüllt wurden
•
•
•
•
•
•
Zinserträge und -aufwendungen
Effekt aus Änderungen der Wechselkurse
Erhaltene Zahlungsmittel
in die Forderungen umgebuchte Beträge
Erhaltene nicht zahlungswirksame Gegenleistung
Im Rahmen von Unternehmenszusammenschlüssen erworbene
Verträge und veräußerte Verträge
Das nachfolgende Beispiel veranschaulicht die Angabepflichten
in Bezug auf die Eröffnungs- und Schlusssalden, wobei unterstellt wird, dass das Unternehmen insgesamt über einen vertraglichen Nettovermögenswert verfügt.
Beispiel 20
Eröffnungssaldo (vertraglicher Vermögenswert (+) / vertragliche Verbindlichkeit (-))
EUR
150.000
Erträge aus Leistungsverpflichtungen, die in der Berichtsperiode erfüllt wurden
EUR
(500.000)
Erträge aus der Allokation von Änderungen des Transaktionspreises auf
Leistungsverpflichtungen, die in früheren Berichtsperioden erfüllt wurden
(Änderung der Schätzung)
EUR
25.000
Zinserträge und -aufwendungen (Saldo)
EUR
5.000
In der Gesamtergebnisrechnung erfasster Betrag, der sich wie folgt zusammensetzt:
Effekt aus Änderungen der Wechselkurse (Saldo)
—
Erhaltene Zahlungsmittel in Form von geleisteten Anzahlungen (vertragliche Verbindlichkeit)
EUR
(150.000)
In die Forderungen umgebuchte Beträge (für erfüllte Leistungsverpflichtung)
EUR
(300.000)
Erhaltene nicht zahlungswirksame Gegenleistung (für erfüllte Leistungsverpflichtung)
EUR
(60.000)
Im Rahmen von Unternehmenszusammenschlüssen erworbene Verträge und veräußerte Verträge (Saldo)
Schlusssaldo (vertraglicher Vermögenswert (+) / vertragliche Verbindlichkeit (-))
44
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
—
EUR
(830.000)
Leistungsverpflichtungen
Unternehmen müssen die folgenden qualitativen Informationen zu
den Leistungsverpflichtungen in Verträgen mit Kunden angeben:
• Die Güter oder Dienstleistungen, deren Übertragung das
Unternehmen zugesagt hat. Auf Leistungsverpflichtungen
bei denen ein Dritter mit der Übertragung von Gütern oder
Dienstleistungen beauftragt wird, wenn das Unternehmen im
Rahmen des Vertrags als Agent handelt, ist gesondert hinzuweisen
• Zeitpunkt, zu dem das Unternehmen seine Leistungsverpflichtungen üblicherweise erfüllt (z. B. bei Versand, bei Lieferung, bei Erbringung der Dienstleistungen oder bei Beendigung der Dienstleistung)
• Die wesentlichen Zahlungskonditionen (z. B., ob die Höhe
der Gegenleistung variabel ist und ob der Vertrag eine
wesentliche Finanzierungskomponente enthält)
• Rücknahme- oder Erstattungsverpflichtungen und sonstige
ähnliche Verpflichtungen
• Arten von Garantien und damit verbundene Verpflichtungen
Neben den qualitativen Angaben zu den Leistungsverpflichtungen
muss das Unternehmen ebenfalls quantitative Angaben zum
erwarteten Zeitpunkt der Erfüllung noch offener Leistungsverpflichtungen im Rahmen langfristiger Vereinbarungen machen.
Das vorgeschlagene Modell sieht vor, dass diese Angaben zu allen
Leistungsverpflichtungen zu machen sind, die erst nach einem
Jahr nach Vertragsabschluss oder später erfüllt werden. Dies
umfasst auch Angaben zum Betrag des Transaktionspreises sowie
dessen Allokation auf die Leistungsverpflichtungen, die voraussichtlich innerhalb der folgenden Zeiträume erfüllt werden:
• Ein Jahr oder weniger
Belastende Leistungsverpflichtungen
Zu den belastenden Leistungsverpflichtungen sind die folgenden
Angaben zu machen:
• Beschreibung der Art und der Höhe der Leistungsverpflichtungen, für die eine Verbindlichkeit erfasst wurde
• Erläuterung der Hintergründe, warum die Leistungsverpflichtungen belastend wurden
• Angabe des Zeitpunkts, zu dem das Unternehmen die mit den
belastenden Leistungsverpflichtungen in Beziehung stehenden Verbindlichkeiten voraussichtlich erfüllen wird
Neben den vorstehend aufgeführten qualitativen und quantitativen Angaben müssen Unternehmen eine Überleitung der Eröffnungs- und Schlusssalden der gesamten Verbindlichkeiten, die
aufgrund von belastenden Leistungsverpflichtungen gebildet
wurden, vornehmen. Diese Überleitung muss die folgenden Positionen umfassen:
• Leistungsverpflichtungen, die in der Berichtsperiode belastend wurden
• Leistungsverpflichtungen, die in der Berichtsperiode nicht
mehr als belastend eingestuft wurden
• Höhe der Verbindlichkeit, die in der Berichtsperiode erfüllt
wurde
• Zinseffekt
• Änderungen bei der Bewertung der Verbindlichkeit, die in der
Berichtsperiode vorgenommen wurden
• Zwischen einem Jahr und zwei Jahren
• Zwischen zwei und drei Jahren
• Nach mehr als drei Jahren
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
45
Wesentliche Ermessensentscheidungen bei der Anwendung
des Modells
Das vorgeschlagene Modell sieht vor, dass Unternehmen Angaben zu den wesentlichen Ermessensentscheidungen machen
müssen, die bei der Anwendung des geplanten Modells zur
Umsatzrealisierung getroffen wurden. Sofern ein Unternehmen
festgestellt hat, dass die Verfügungsgewalt über das zugesagte
Gut oder die zugesagte Dienstleistung kontinuierlich übertragen
wird, so hat es die beiden folgenden Angaben zu machen:
• verwendete Methode zur Umsatzrealisierung (z. B. outputoder input-basierte Methode oder Methode auf Basis des
Zeitablaufs)
• Erläuterung, warum die angewendete Methode die Übertragung der Güter oder Dienstleistungen zuverlässig darstellt
46
Bei der Anwendung des vorgeschlagenen Modells müssen Unternehmen eine Reihe wesentlicher Ermessensentscheidungen treffen. Der ED schreibt qualitative Angaben zu den verwendeten
Methoden, Inputs und Annahmen vor, die bei den folgenden
Ermessensentscheidungen verwendet wurden:
• Ermittlung und Allokation des Transaktionspreises
• Schätzung der Einzelveräußerungspreise der zugesagten
Güter oder Dienstleistungen
• Bewertung der Rücknahme- oder Erstattungsverpflichtungen
und der weiteren vergleichbaren Verpflichtungen
• Bewertung der Verbindlichkeit für belastende Leistungsverpflichtungen, einschließlich Angaben zum Abzinsungssatz,
der bei der Ermittlung des Barwertes der wahrscheinlichkeitsgewichteten für die Erfüllung der Leistungsverpflichtung
erforderlichen direkten Kosten, verwendet wurde
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
Zeitpunkt des Inkrafttretens und
Übergangsvorschriften
Der Zeitpunkt des Inkrafttretens steht bislang noch nicht fest.
Derzeit arbeiteten die beiden Standardsetter an mehreren Projekten, die allesamt Mitte bis Ende 2011 abgeschlossen werden
sollen. Zu diesem Zweck bitten die Boards die betroffenen Parteien im Rahmen eines separaten Projektes um Vorschläge zu
den jeweiligen Zeitpunkten des Inkrafttretens aller wichtigen
Gemeinschaftsprojekte, die bis Ende 2011 abgeschlossen werden sollen, die zuerst abgewartet werden sollen.
Zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung wären die neuen
Vorschriften zur Ertragsrealisierung gem. IAS 8 Rechnungslegungsmethoden, Änderungen von rechnungslegungsbezogenen
Schätzungen und Fehler in vollem Umfang rückwirkend anzuwenden, da so die Abschlussadressaten für jedes dargestellte
Jahr nützliche Vergleichsinformationen erhalten würden.
Obgleich sich die Boards der Tatsache durchaus bewusst sind,
dass die retrospektive Anwendung des vorgeschlagenen Modells
für manche Unternehmen mit größerem Aufwand verbunden
sein kann, dies gilt insbesondere für Unternehmen, die eine große Zahl von langfristigen Verträgen abgeschlossen haben,
haben sie sich letztlich derzeit gegen eine prospektive oder eine
begrenzte rückwirkende Anwendung entschieden.
Die Boards sind der Ansicht, dass eine prospektive Anwendung
des vorgeschlagenen Modells nicht zu entscheidungsnützlichen
Informationen führen würde, da die für neue Verträge verwendeten Ansatz- und Bewertungsmethoden nicht mit den für bestehende Verträge geltenden Prinzipien vergleichbar wären. Bei der
Prüfung der Möglichkeit einer begrenzten retrospektiven
Anwendung waren die Boards nicht in der Lage einen Zeitpunkt
festzulegen, der nach Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten der vollen
retrospektiven Anwendung vorzuziehen wäre. Die Boards sind
schließlich zu dem Ergebnis gelangt, dass die Abschlussadressaten durch die Möglichkeit, bei der retrospektiven Anwendung
von den zulässigen Ausnahmen Gebrauch zu machen, und aufgrund des zu erwartenden großen Zeitabstandes zwischen der
Veröffentlichung des endgültigen Standards und dem Zeitpunkt
seines Inkrafttretens, über die erforderliche Zeit und Flexibilität
verfügen, um den Standardentwurf rückwirkend anzuwenden zu
können.
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
47
Nächste Schritte
Die Kommentierungsfrist für diesen Standardentwurf ist am
22. Oktober 2010 abgelaufen. In der gemeinsamen Sitzung der
Boards im November diesen Jahres haben die beiden Mitarbeiterstäbe einen kurzen Überblick über diejenigen Themen gegeben, die in den eingegangenen Stellungnahmen aufgegriffen
wurden, und einen vorläufigen Zeitplan vorgestellt, wann welche
Themen von den Boards erneut diskutiert werden sollen. Die
erneuten Beratungen werden voraussichtlich im Januar beginnen.
Weitere Themen, die in den Stellungnahmen kritisiert wurden,
betrafen:
• Verwendung von wahrscheinlichkeitsgewichteten Schätzungen
• Zeitwert des Geldes und Einbringlichkeit
• Bilanzierung von Gewährleistungen
• Belastende Leistungsverpflichtungen
• Kosten des Vertrages — insbesondere Kosten zur Erlangung
des Vertrages
Auf Basis der Stellungnahmen sowie der Ergebnisse der bisher
durchgeführten Gesprächsrunden haben die beiden Mitarbeiterstäbe zwei grundlegende Aspekte identifiziert, bei denen erneute Beratungen erforderlich sind:
• Weiterentwicklung des im ED vorgeschlagenen control
model, um klarzustellen, wann die Verfügungsgewalt im Fall
von langfristigen Fertigungsaufträgen und bei Dienstleistungsaufträgen auf den Kunden übergeht
• Rückwirkende Anwendung beim Übergang auf die neuen Vorschriften
Die Veröffentlichung des finalen Standards ist weiterhin bis zum
30. Juni 2011 geplant. Dies ergibt sich auch aus dem aktuellen
Workplan des IASB, der am 20. Dezember 2010 veröffentlicht
wurde.
• Überarbeitung der vorgeschlagenen Leitlinien zur Trennung
von zugesagten Waren und Dienstleistungen in einzeln
abgrenzbare (distinct) Leistungsverpflichtungen, da diese
als nicht ausreichend und für viele Transaktionen als nicht
praktikabel angesehen werden
48
Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden
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