Vom männlichen Bestehen einer Gefahr zur Ideologie

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Vom männlichen Bestehen einer Gefahr zur Ideologie
Vom männlichen Bestehen einer Gefahr zur
Ideologie der totalen Vernichtung: Skylla und die
Sirenen von Homer bis Herrad von Hohenburg
Susanne Moraw, Berlin
Der Protagonist der Odyssee, Odysseus1, wird im Verlauf seiner abenteuerlichen Irrfahrt auch mit weiblichen Ungeheuern konfrontiert:
zunächst mit den verführerischen Sirenen und dann mit der Menschenfresserin Skylla. Diese von Homer2 beschriebenen Episoden
erfuhren in Antike und Nachantike eine vielfältige und komplexe Rezeption. Auf drei Beispiele für diese Rezeption möchte ich im Folgenden näher eingehen:
1. die bildliche Rezeption des homerischen Textes im frühen
Griechenland,
2. die Rezeption und Transformation der überlieferten Ikonographie in der bildenden Kunst der Spätantike,
3. die bildliche Rezeption im lateinischen Mittelalter.
1
2
Aus der umfangreichen Literatur zu Odysseus und seiner Rezeption seien genannt:
Stanford 1968; Nagy 1979; Rutherford 1986; Andreae 1996 und 1999; Barnouw 2004;
Perutelli 2006; Classen 2008, 54–65; Hall 2008; Moraw 2013.
Als „Homer“ wird seit der Antike der Dichter bezeichnet, der vermutlich um die Mitte des
8. Jh. v. Chr. einem seit Jahrhunderten bekannten, mündlich von einer Dichtergeneration
auf die nächste übertragenen Epos über die Irrfahrten und letztendliche Heimkehr des
Trojakämpfers Odysseus seine noch heute gültige Form gab. Diese Form wurde mittels
des zu dieser Zeit erfundenen griechischen Alphabets schriftlich fixiert. Vgl. Nagy 2010.
Schon die Odyssee an sich, ihre formale und inhaltliche Vervollkommnung sowie ihre
schriftliche Fixierung, sind also ein Rezeptionsphänomen, allerdings eines, das hier nicht
behandelt werden kann.
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Beim ersten Beispiel werden medienspezifische Fragen im Vordergrund stehen: Was machten die bildenden Künstler des 7. bis 4.
Jahrhunderts v. Chr. aus den Vorgaben der literarischen Vorlage?
Und welche Rolle spielte bei diesem Rezeptionsprozess der Wechsel
von einem Medium (Text) in ein anderes (Bild)? Bei den folgenden
Beispielen liegt der Fokus hingegen auf den Erzeugnissen der bildenden Kunst und einem rezeptionsästhetischen Ansatz: Was waren die
Zweckbestimmung und der Rezeptionskontext der jeweiligen Bildträger? Und wie bestimmten diese Faktoren die Darstellungsweise
der Szene und die Charakterisierung der Protagonisten? Eine Frage,
die sich bei allen drei Beispielen stellt, ist die nach den jeweils zeitgenössischen Vorstellungen und Diskursen, die eventuell in die Gestaltung der Bilder mit hinein spielten: Welche Vorstellungen zum
Thema Verführung gab es etwa zu einer bestimmten Epoche und wie
machte sich diese Vorstellung in der Gestaltung der Sirenen bemerkbar?
Von Homers Erzählung zur Umsetzung in der bildenden Kunst des
frühen Griechenland
Beginnen wir mit Homer und damit, was die antiken Künstler aus
seiner literarischen Vorgabe machten. Zunächst zu den Sirenen3, die
in der Odyssee folgendermaßen beschrieben wurden:
„Diese (hai) bezaubern
Sämtliche Menschen, wer immer sie träfe. Wer diesen Sirenen
unberaten sich nähert und anhört, was immer sie ihm singen
Der kehrt nimmer nach Hause. [...]
Die Sirenen
Sitzen auf grasigen Auen und wollen mit tönenden Liedern
Zauber verbreiten; doch liegen daneben in Menge auf Haufen
Faulende Menschen, Knochen und schrumpfende Häute an ihnen.“ 4
3
4
Literatur zu den Sirenen: Wedner 1994; Doherty 1995; Hofstetter 1997; Leclercq-Marx
1997; Moraw 2008; Winkler-Horaček 2008.
Hom. Od. 12, 39–46 (Übersetzung, auch bei den folgenden Odyssee-Zitaten: Anton
Weiher).
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Es spricht die Göttin und Zauberin Kirke5, auf deren Insel sich
Odysseus zu diesem Zeitpunkt befindet. Kirke ist es auch, die Odysseus den entscheidenden Tipp gibt, seinen rudernden Männern die
Ohren mit Wachs zu verstopfen und sich selbst an den Mast des
Schiffes binden zu lassen.6 Odysseus folgt ihrem Rat und ist damit in
der Lage, dem Gesang der Sirenen zu lauschen, ohne den dafür vorgesehenen Preis – den Tod – zahlen zu müssen.7
Zum Aussehen der Sirenen sagte Homer nichts. Es wird nur aufgrund der Grammatik – zum Beispiel des oben genannten hai – deutlich, dass es sich bei ihnen um weibliche Wesen handeln muss. An
manchen Stellen steht das griechische Wort für Sirenen im Dual8,
was bedeutet, dass sich die Anzahl der Sirenen auf zwei beläuft. Weiterhin waren wohl für die Zeitgenossen die erwähnten lieblichen
Auen, auf denen die Sirenen sich aufhalten, und der Zauber ihres
Gesangs mit erotischen Konnotationen verbunden.9
Der wesentliche Aspekt, das, was den Zauber des Sirenengesangs
in erster Linie ausmacht, ist allerdings etwas anderes. Das bringen die
folgenden Verse zum Ausdruck, welche die homerischen Sirenen
dem an den Mast gefesselten Odysseus zurufen:
„Hieher, Odysseus, Ruhm aller Welt, du Stolz der Achaier!
Treibe dein Schiff ans Land, denn du mußt unsre Stimmen erst hören!
Keiner noch fuhr hier vorbei auf dunklen Schiffen, bevor er
Stimmen aus unserem Munde vernommen, die süß sind wie Honig.
So einer kehrt dann mit tieferem Wissen beglückt in die Heimat.
Alles wissen wir dir, was im breiten Troja die Troer,
was die Argeier dort litten nach göttlicher Fügung. Und allzeit
wissen wir, was auf der Erde geschieht, die so vieles hervorbringt.“10
5
6
7
8
9
10
Ausführlich zu Kirke: Franco 2010.
Hom. Od. 12, 47–54.
Hom. Od. 12, 166–200.
Z. B. Hom. Od. 12, 52.
Schein 1995, 20 f.
Hom. Od. 12, 184–191 (Hervorhebung von der Verf.).
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Der wesentliche Aspekt der homerischen Sirenen ist also eine
Verführung durch Wissen. Als solche ist sie für Odysseus, den bekanntlich wissbegierigsten aller griechischen Helden,11 nahezu unwiderstehlich. Die Rezeption wird dieser Vorgabe allerdings nicht folgen.
Abb. 1: Attisch-schwarzfigurige Hydria, um 550 v. Chr.; Buschor 1944, Abb. 34.
Im Verlauf des 7. Jahrhunderts v. Chr. hatten griechische Künstler eine Reihe von Mischwesen aus Mensch und Tier teils aus dem
Orient übernommen, teils selbst geschaffen. Eines dieser Mischwesen besaß den Körper eines Vogels und den Kopf eines Mädchens.12
Vermutlich aufgrund der Tatsache, dass ein wesentlicher Aspekt der
homerischen Sirenen ihr schöner Gesang war, wurden sie in der Bilderwelt mit diesen Vogelmädchen gleichgesetzt. Die hier gezeigte
Darstellung aus dem mittleren 6. Jahrhundert v. Chr. (Abb. 1) zeigt
zwei solcher Vogelmädchen gemeinsam mit Löwen.13 Das rechte
Vogelmädchen sagt von sich, in der vom Bauch wegführenden Inschrift: ΣΙΡΕΝ [Ε]ΙΜΙ – „Ich bin eine Sirene“.
Was das Aussehen der Sirenen anbelangt, so lässt sich als grobe
Regel formulieren, dass die Vogelbestandteile im Lauf der Zeit immer weiter zurückgingen, während die Mädchenbestandteile immer
dominanter wurden. Auf einer nur wenig späteren Lekythos (Abb. 2)
11 Das gilt insbesondere für sein Verhalten in der Geschichte um den menschenfressenden
Riesen Polyphem (Hom. Od. 9, 105–566), wo er aus Wissbegierde (vgl. Vers 9, 174: um
„diese Männer dort [zu] prüfen, wer sie wohl seien“) sich selbst und seine gesamte
Mannschaft in Lebensgefahr bringt. Zu Odysseus als Präfiguration des Philosophen s. Hall
2008, 147–159. Vgl. Barnouw 2004. Odysseus als der Mann, der zuviel wissen wollte und
deshalb mit ewigen Höllenqualen büßt, tritt auf beispielweise bei Dante, Commedia 26.
12 Vgl. Winkler-Horaček 2008.
13 Attisch-schwarzfigurige Hydria (Wassergefäß) Paris, Louvre E 869; um 550 v. Chr.;
Hofstetter 1997, 1097 Nr. 50.
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haben die Sirenen bereits menschliche Arme und einen Brustkorb.14
Dank ihrer Arme und Hände haben die Sirenen nun auch die Möglichkeit zu musizieren: die linke Sirene spielt die Kithara, die rechte
die Doppelflöte. Arme, Hals und Gesicht sind entsprechend den
Konventionen der schwarzfigurigen Malerei für weibliches Inkarnat
weiß dargestellt. Den Oberkörper bedeckt ein mit schwarzer Farbe
angegebenes Gewand. Auf einer hier nicht abgebildeten, ungefähr
zeitgleichen Oinochoe15 scheinen die Sirenen nackt zu sein: die Wölbung, die den Verlauf der Brust angibt, wurde vom Vasenmaler mit
weißer Farbe gemalt.
Abb. 2: Attisch-weißgrundige Lekythos, 510/500 v. Chr.; JHS 13, 1892/1893, Taf. 1 (E. Sellers).
Auf den beiden letztgenannten Bildern sind die Sirenen nicht mehr
Bestandteil eines anonymen Tierfrieses, sondern der Odyssee-Geschichte: Das Ziel ihres Musizierens und ihres Gesangs ist ein an den
Mast seines Schiffes gebundener Mann, der als Odysseus identifiziert
14 Attisch-weißgrundige Lekythos (Salbgefäß) Athen, Nationalmuseum 1130; 510/500 v.
Chr.; Touchefeu-Meynier 1968, 148 Nr. 248.
15 Attisch-schwarzfigurige Oinoche (Kanne) New York, Slg. Callimanopoulos; um 525/500 v.
Chr.; Touchefeu-Meynier 1968, 148 Nr. 247 Taf. 23,3–4. Für weitere Beispiele s. ebenda
145–148.
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werden kann. In erstarrter Haltung schaut er auf die Sirenen, zumindest auf diejenigen in seinem Blickfeld, lauscht also ihrem Gesang.
Dieses Bildschema – die direkte Konfrontation des Helden mit den
Verführerinnen – blieb für die gesamte Antike verbindlich. Variationen gab es nur in Details. In manchen Fällen, so auf der Lekythos
(Abb. 2), umrahmen zwei Sirenen den Helden; meist jedoch, so auf
der genannten Oinochoe, steht er einer Dreizahl von Sirenen direkt
gegenüber. Diese Dreizahl entsprach zwar nicht den Angaben bei
Homer, schien aus künstlerischer Sicht aber besser geeignet, eine
Gruppe dieser Wesen darzustellen.
Abb. 3: Paestaner Glockenkrater, um 330 v. Chr.; Staatliche Museen zu Berlin, Antikensammlung. Foto: Johannes Laurentius.
Ein weiteres, etwa hundert Jahre späteres Beispiel (Abb. 3) mag verdeutlichen, in welche Richtung sich die Ikonographie der Sirenen
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nach den oben gezeigten Anfängen entwickelte.16 Zu erkennen ist
das Schiff des Odysseus mit dem an den Mast gebundenen Helden.
Er ist auch hier von nur zwei Sirenen umgeben. Beide Sirenen halten
Musikinstrumente – die linke ein Tympanon, die rechte eine Lyra –
und sind bis zum Bauchnabel menschengestaltig. Die rechte Sirene
trägt außer elaboriertem Haarschmuck auch ein reichverziertes Gewand; ihre Gefährtin ist gleichfalls aufwendig geschmückt, aber
nackt. Zu fassen ist hier ein Prozess, der sich am besten mit den Begriffen Verweiblichung und Sexualisierung definieren lässt. Die Verführung, die von den Sirenen ausgeht, wurde von den bildenden Künstlern übersetzt in sexuelle Verführung und entsprechend inszeniert. Die
von Homer beschriebene, ursprüngliche Konfrontation von Mensch
und Ungeheuer wurde umgedeutet zu einer Konfrontation von
Mann und Frau.
Dasselbe Phänomen lässt sich für die antike Rezeption der Begegnung mit Skylla17 beobachten. In der Odyssee erklärt Kirke Odysseus nicht nur, wie er sich im Fall der Sirenen zu verhalten habe,
sondern erläutert auch den weiteren Heimweg. Da alle Routen extrem gefährlich seien, müsse er das kleinste Übel wählen und sein
Schiff nahe am Felsen der Skylla vorbei steuern. Über Skylla selbst
berichtet die Göttin:
„Dort [sc. in einer Höhle hoch oben auf einem Felsen] haust Skylla, ein schauerlich bellendes Wesen. Nun freilich
Klingt ihre Stimme, als käme sie her vom saugenden Hündchen.
Aber sie selbst (auté) ist ein böse geartetes, riesiges Untier. [...]
Füße hat sie, sie sind wie verkümmert, ein ganzes Dutzend,
Hälse ein halbes [sc. Dutzend] von schrecklicher Länge, auf jedem ein Schädel,
Schrecklich und furchtbar. Dreifach geordnete Reihen von Zähnen
Sitzen fest und eng, voll schwarzen getöteten Aases.“ 18
Kirke führt aus, dass Skylla mit diesen sechs Köpfen an langen Hälsen im Meer auf die Jagd gehe, ohne mit dem Körper und ihren verkrüppelten Beinen je die Höhle zu verlassen. Auf diese Weise, so
16 Paestaner Glockenkrater (Weinmischgefäß) Berlin, Staatliche Museen zu Berlin,
Antikensammlung Inv. VI 4532; um 330 v. Chr.; Touchefeu-Meynier 1968, 151 Nr. 251.
17 Literatur zu Skylla: Jentel 1997; Walter-Karydi 1997; Moraw 2008; Hopman 2012.
18 Hom. Od. 12, 85–92.
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Kirke weiter, werde sie auch sechs von Odysseus’ Gefährten erbeuten, ohne dass dieser irgendetwas dagegen tun könne. Das einzige
sei, schnell weiter zu fahren und froh zu sein, dass er selbst und der
Rest der Mannschaft überlebt hätten.19 Genau so geschieht es: Nach
der erfolgreichen Vorbeifahrt an der Insel der Sirenen lässt Odysseus
seine nichtsahnenden Männer das Schiff am Felsen der Skylla vorbeirudern. Er selbst bewaffnet sich mit Speeren und versucht, gegen
Kirkes Warnung, das Ungeheuer auszuspähen und abzuwehren. Vergeblich. Während alle, auch Odysseus, wie gebannt auf die sprudelnden Wasser der Charybdis starren, schnappt sich Skylla sechs der Gefährten und verschlingt sie bei lebendigem Leib:
„Noch in der Öffnung [ihrer Höhle] indessen fraß sie die Skylla; sie schrieen
Streckten die Hände nach mir in diesem grausigen Morden.
Was ich auch sah und was ich erlitt auf den Bahnen der Salzflut:
Dies war ein Schauspiel – keines glich ihm an Jammer und Elend.“20
Anders als im Fall der Sirenen verzichtete Homer bei Skylla nicht auf
eine Beschreibung der äußeren Gestalt. Ganz im Gegenteil: Wie gerade gezeigt, ist seine Beschreibung sogar höchst detailliert. Das hielt
die Rezeption jedoch nicht davon ab, aus Skylla etwas vollkommen
anderes zu machen. Um 460 v. Chr.21 erschien in der Kleinkunst eine
Gestalt, die einen weiblichen Oberkörper mit einem Fischschwanz
und Hundeprotomen an den Hüften verband. Das hier gezeigte Beispiel (Abb. 4) befindet sich auf einem sogenannten Melischen Relief.22 Die derart charakterisierte Meerfrau wurde von den Künstlern
entworfen in Analogie zu den in der Bilderwelt bereits bekannten
19 Hom. Od. 12, 93–126.
20 Erzählung des Odysseus über seine Begegnung mit Syklla: Hom. Od. 12, 223–259. Zitat:
Verse 256–259.
21 Die Darstellung auf einer etruskischen Elfenbeinpyxis des späteren 7. Jh. v. Chr. ist singulär
und fand in der griechischen Kunst keine Nachahmung: Elfenbeinpyxis Florenz, Museo
Archeologico Nazionale; Andreae 1999, 302 f. Abb. Nr. 129. Skylla ist hier relativ nah am
homerischen Text als eine das Schiff angreifende Hydra mit drei (anstatt sechs) langen
Hälsen und Hundeköpfen dargestellt; ihre bei Homer beschriebenen, in der Höhle
befindlichem zwölf Stummelbeine fehlen. Rechts davon eine Darstellung der Flucht aus
der Höhle des Polyphem: Männer, die sich unter die Bäuche von Huftieren krallen.
22 Melisches Relief London, British Museum B 374; um 460 v. Chr.; Jentel 1997, 1139 Nr. 9.
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Meermännern, Mischwesen mit dem Oberkörper eines Mannes und einem Fischschwanz.23 Das Spezifische der hier gezeigten Meerfrau sind
die angestückten Vorderteile reißender Hunde: Sie visualisieren nicht
allein die Gefährlichkeit des Wesens, sondern verweisen auch auf die
homerische Skylla. Diese hatte laut Beschreibung nicht nur die
Stimme eines Hundes; auch bei ihrem Namen wird jeder Grieche das
Wort für Hund, skylax, herausgehört haben.
Abb. 4: Melisches Relief, um 460 v. Chr.; Jacobsthal 1931, Taf. 34.
Skylla in Mädchengestalt hat nun allerdings mit dem homerischen
Text überhaupt nichts zu tun. Hier setzte sich die künstlerische Rezeption souverän über die Vorlage hinweg. Der Hauptgrund dafür
dürfte in dem Umstand zu suchen sein, dass Skylla nicht nur als
Monster visualisiert werden sollte, sondern als weibliches Monster. Das
23 Walter-Karydi 1997, 167 f.; von Hopman (2012, 19. 93) fälschlich als eigene Interpretationsleistung präsentiert.
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jedoch wäre in ihrer bei Homer beschriebenen Gestalt – ein Ungetüm mit zwölf verkrüppelten Füßen und sechs langen Hälsen samt
Raubtierköpfen – nicht möglich gewesen. Während der Dichter Skyllas grammatisches Geschlecht ganz einfach mit den entsprechenden
grammatischen weiblichen Formen ausdrücken konnte, mussten die
bildenden Künstler dafür bildliche Formen finden. Diese wiederum
machten es zwingend notwendig, Skylla zumindest teilweise in weiblicher Gestalt darzustellen.
Abb. 5: Paestaner Kelchkrater, um 340/330 v. Chr.; RVP (1987) Taf. 49.
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Auf einer mehr als 100 Jahre späteren Darstellung (Abb. 5) ist die
derart Charakterisierte Teil einer größeren Meeresszene, in der sich
der Raub der Europa durch den Stier vollzieht.24 Rechts unten ist ein
Meermann, hier inschriftlich als TRITON bezeichnet, zu erkennen.
Links unten wird eine Meerfrau mit Hundeprotomen SKYLA genannt. Ihr weiblicher Oberkörper ist unbekleidet und wird das auch
auf allen weiteren Darstellungen bleiben. Gleich den Sirenen sollte
auch Skylla als vor allem schönes Ungeheuer charakterisiert werden.
Von Odysseus und seinem Schiff ist nichts zu sehen. Das sollte
nicht weiter verwundern, denn im konkreten Odyssee-Kontext wurde
Skylla erst spät, und dann selten, dargestellt25. Darauf wird im folgenden Abschnitt zurückzukommen sein.
Skylla und die Sirenen in der Kunst der Spätantike
In der bildenden Kunst der Spätantike wurden viele der schon bekannten ikonographischen Motive weitertradiert.26 Gelegentlich änderten sich Attribute oder antiquarische Details; gelegentlich wurde
die Charakterisierung der Protagonisten auf eine bestimmte Aussage
hin zugespitzt. Hinzu kam die Nutzung dieser tradierten Motive in
neuen Rezeptionskontexten und für neue Aussagen. Diese neuen
Aussagen betrafen vor allem den Bereich der Allegorese. Sie entfernten sich vom konkreten Inhalt des Dargestellten und wollten stattdessen mit seiner Hilfe „etwas anderes sagen“ – das ist die wörtliche
Übersetzung von álla agoreúein27.
24 Paestaner Kelchkrater ehemals Malibu, J. P. Getty Museum 81.AE.78 (2005 an den
italienischen Staat zurückgegeben); 340/30 v. Chr.; Jentel 1997, 1139 Nr. 16.
25 Ab dem 3. Jh. v. Chr. auf einigen wenigen Werken der Kleinkunst: Walter-Karydi 1997,
178.
26 Die Odyssee-Rezeption in der Spätantike war das Thema der gerade abgeschlossenen
Habilitationsschrift der Verfasserin. Die Publikation ist in Vorbereitung.
27 Zu Allegorie und Allegorese s. Lamberton 1989, 144.
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Abb. 6: Fußbodenmosaik einer nordafrikanischen Therme, spätes 3. Jh. n. Chr.; Massigli 1912,
Taf. 3,2.
Der Mosaikfußboden einer Thermenanlage in Nordafrika (Abb. 6)
bietet ein repräsentatives Beispiel für die spätantike Tradierung des
Skylla-Motivs.28 Gegenüber dem 600 Jahre älteren Vasenbild (Abb.
5) hat sich nur wenig geändert. Skylla ist immer noch ein Mischwesen
aus schöner junger Frau, Meerestier und Hunden. Anders als früher
28 Polychromes Fußbodenmosaik aus Henchir Thina; heute Sfax, Museum, Inv.-Nr. M 41, M
41 bis, M 52; spätes 3. Jh. n. Chr.; Jentel 1997, 1141 Nr. 43.
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wird sie jetzt in der Regel mit zwei Fischschwänzen dargestellt anstatt
mit einem; ihr übliches Attribut ist jetzt ein Schiffsruder, das sie angriffslustig über dem Kopf schwingt. Skyllas menschlicher Leib ist
nach wie vor nackt. Zudem hat es der Mosaizist verstanden, das Bewegungsmotiv so zu gestalten, dass die linke Brust im Profil gut zu
erkennen ist.
Abb. 7: Nordafrikanische Tonlampe (Umzeichnung), 3. Jh. n. Chr.; du Coudray La Blanchère –
Gauckler 1897, Taf. 36 Nr. 164.
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Abb. 8: Nordafrikanisches Mosaik, spätes 3. Jh. n. Chr.; DAI Rom Neg. 64.378.
Noch eindeutiger ist der Verweis auf Skyllas körperliche Attraktivität
auf einer etwa zeitgleichen Tonlampe (Abb. 7).29 Skylla, hier mit Bugverzierung eines Schiffes anstelle eines Steuerruders, füllt das runde
Bildfeld der Lampe. Die Hundeprotome an den Hüften sind noch
vage zu erkennen. Der Rest ihres tierischen Körpers ist vom Wasser
bedeckt und lenkt den Blick des Betrachters damit nicht vom Wesentlichen ab: vom nackten Mädchenleib. Mit ihrer rechten Hand
29 Tonlampe Tunis, Bardo-Museum; 3. Jh. n. Chr.; Jentel 1997, 1143 Nr. 67.
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greift Skylla in ihr wie üblich lang herabfallendes Haar – eine Geste,
die sonst vor allem von Darstellungen der Venus Anadyomene, der
„dem Meer Entstiegenen“ und das Wasser aus ihren Haaren Wringenden, bekannt ist. Eine derartige Venus befindet sich beispielsweise auf einem Mosaik aus dem heutigen Tunesien (Abb. 8).30 Die
nackte Göttin steht am Ufer eines schilfbestandenen Gewässers und
wird gerahmt von zwei kleinen Eroten auf Felsen. Mit beiden Händen greift sie nach den nassen Strähnen ihres lang herabfallenden
Haares, hebt sie in die Höhe und wringt sie aus. Der Töpfer der Tonlampe wollte mit seiner Charakterisierung der Skylla ausdrücken, dass
diese genauso schön und begehrenswert sei wie die Göttin Venus,
das Paradigma weiblicher Schönheit und Verführung. Die tierischen
Bestandteile des Mischwesens hingegen wurden in dieser Darstellung
geschickt ausgeblendet.
In Konfrontation mit dem Helden der Odyssee, Odysseus, wurde
Skylla seit dem 3. Jahrhundert v. Chr. gelegentlich präsentiert, und
auch in der Spätantike ist das Motiv zu finden. Das hier gezeigte Beispiel stammt von einem sogenannten Kontorniaten (Abb. 9), einem
münzähnlichen Gegenstand von circa 4 cm Durchmesser31. Wie
schon auf den ersten Blick zu erkennen, hat die künstlerische Fassung des Themas nur wenig Ähnlichkeit mit der homerischen Episode. Diese Divergenz betrifft zum einen, wie ausführlich erläutert,
Skyllas Aussehen. Auch hier ist sie keineswegs das homerische Monster mit den sechs Köpfen, sondern ein schönes Mischwesen aus
Frau, Fisch und Hunden. In der rechten Bildhälfte platzierte der
Stempelschneider Skyllas Oberkörper, drei sich nach oben schlängelnde Fischschwänze sowie vier Hundeprotome. Drei der Hunde
schnappen nach bereits ins Wasser gefallenen, winzig klein dargestellten Gefährten des Odysseus; ein Hund verbeißt sich im Bug des
Schiffes. Der kopfüber ins Wasser gestürzte Gefährte ganz rechts
wird zudem im nächsten Moment von dem – sich mehr oder weniger
30 Mosaik aus Thysdrus, heute Museum Sousse; spätes 3. Jh. n. Chr.; Schneider 1983, 140.
31 Staatliche Museen zu Berlin, Münzkabinett Inv. Nr. 951.1915; 395–423 n. Chr.; Alföldi –
Alföldi 1976, 8 Nr. 27,4; <http://ww2.smb.museum/ikmk/object.php?id=18206978>
(08.09.2014).
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verselbständigt habenden – Fisch des rechten Beines verschlungen.
Skyllas tierische Bestandteile übernehmen auf diesem Bild sozusagen
die Schmutzarbeit, das Zerreißen und Verschlingen von Menschen
bei lebendigem Leib. Skyllas menschlicher Teil ist daran nur mittelbar
beteiligt: mit der rechten Hand greift sie nach den Männern im Schiff
und zerrt sie über Bord.
Abb. 9: Stadtrömischer Kontorniat, 395–423 n. Chr.; Berlin, Staatliche Museen zu Berlin,
Münzkabinett, R. Saczewski.
Eine weitere Divergenz zu Homer bietet das Kräfteverhältnis der
Protagonisten, die Art und Weise, wie Odysseus und Skylla miteinander agieren. Bei Homer hatte Odysseus, wie bereits erwähnt, keine
besonders rühmliche Rolle: Er schaut in die falsche Richtung und
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merkt nicht einmal, wie Skylla sich sechs seiner Gefährten schnappt.
In einer neuen Publikation zu Skylla wird die Episode deshalb zurecht als „heroic failure“, als Versagen des Helden, bezeichnet.32 Dieses Versagen bemühten sich die bildenden Künstler soweit als möglich zu verschleiern oder wenigstens abzumildern. Der Stempelschneider gab beiden Parteien ungefähr gleich viel Raum: Skylla die
rechte Bildhälfte, Odysseus und seinem Schiff die linke. Odysseus ist
der stehende, mit Helm, Schild und Lanze gerüstete Mann (zwischen
zwei noch auf dem Schiff befindlichen Gefährten). Obwohl er viel
kleiner ist als das Meerungeheuer, wurde er im Bild so platziert, dass
sein Kopf den der Skylla überragt – was eine gewisse Überlegenheit
suggeriert. Diese suggerierte Überlegenheit wird noch gesteigert
durch den Umstand, dass es sich bei Odysseus um einen voll gerüsteten Mann und Krieger handelt, bei seiner Gegnerin jedoch um eine
nackte Frau. Verlängert man die Gerade, welche Odysseusʼ Lanze
bildet, dann zielt sie genau auf Skyllas Brust. Wie im Fall der Sirenen
wurde auch hier die ursprüngliche Konfrontation von Mensch und
Ungeheuer umgedeutet in eine Konfrontation von Mann und Frau.
Die Nacktheit der weiblichen Protagonistin bewirkt zudem eine
deutliche Erotisierung der Szene; der Angriff auf sie erfolgt in sexualisierter Form.33
Dasselbe Phänomen findet sich in einer bemalten Grabkammer
in der Kyrenaika (Abb. 10 b).34 Von Odysseus, rechts oben, ist nicht
mehr allzu viel erhalten. Man erkennt jedoch den Speer, der auf Skyllas Brust zielt und Skylla selbst: Sie ist nackt und schwingt ein Schiffsruder über dem Kopf. An ihrem monströsen Unterleib hängen kopfüber zwei Gefährten, die gerade verschlungen werden.
Für die hier verfolgte Argumentation ist diese Grabkammer aus
zwei Gründen von Bedeutung. Zum einen weist der sepulkrale Kontext auf ein Verständnis, eine Lesart des Bildes, die im Bereich von
Jenseitsvorstellungen oder grundsätzlichen Überlegungen über den
32 Hopman 2012, 43.
33 Zur Waffe als Phalluspendant oder -ersatz s. Mihai 2008, bes. 445–454.
34 Grabmalerei Asgafa El-Abiar (Kyrenaika, Lybien); spätes 4. Jh. n. Chr.; Bacchielli 1996.
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Tod zu suchen sein wird.35 Odysseus konnte in diesem Kontext allegorisch verstanden werden: als Allegorie für den Menschen, der eine
tödliche Gefahr – sprich: den Tod – auf irgendeine Weise überwindet. Eine allegorische Interpretation des Odysseus und seiner Abenteuer wird im Folgenden noch häufiger begegnen und ist vermutlich
der Hauptgrund dafür, dass die Odyssee-Thematik auch im Mittelalter
noch von Interesse war.
Abb. 10 a: Grabmalerei in der Kyrenaika (Umzeichnung), spätes 4. Jh. n. Chr.; Zeichnung Nino
Calabrò Finocchiaro, 1939; hier reproduziert nach Baccielli 1996, Abb. 6.
Der zweite Punkt von Bedeutung ist die hier zu beobachtende Kombination mit dem Sirenen-Abenteuer. Unterhalb der Skylla-Szene ist
das Schiff des Odysseus zu erkennen, mit dem an den Mastbaum
gefesselten Helden. Links davon, auf eine andere Wand der Grabkammer, wurden drei riesige Sirenen gemalt (Abb. 10 a). Diese Kombination von Skylla- und Sirenenepisode ist häufiger anzutreffen,
auch und gerade in solchen Kontexten, die eine allegorische Interpretation nahelegen.
35 Vgl. entsprechende Untersuchungen zu den unteritalischen Grabvasen (Schmidt 2005)
und den stadtrömischen Sarkophagen (Zanker – Ewald 2004).
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Abb. 10 b: Grabmalerei in der Kyrenaika (Umzeichnung), spätes 4. Jh. n. Chr.; Zeichnung Nino
Calabrò Finocchiaro, 1939; hier reproduziert nach Baccielli 1996, Abb. 8.
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Die Sirenen unterscheiden sich nicht wesentlich von den 700 Jahre
älteren Formulierungen des Motivs, wie sie beispielsweise auf dem
Paestaner Krater (Abb. 3) zu sehen waren. Die Vogelbestandteile
sind allerdings noch weiter zurückgegangen und beschränken sich
jetzt auf ein Paar Flügel sowie Vogelunterschenkel. Hier sind die Sirenen vollkommen nackt; auf anderen Darstellungen können sie zumindest einen Mantel tragen. Als Attribute halten sie wie früher Flöte
und Saiteninstrument sowie, das ist eine Erfindung der Kaiserzeit,
eine Schriftrolle.36 Mit dieser Charakterisierung ähneln die Sirenen
zeitgenössischen Musentypen,37 unterscheiden sich von diesen jedoch deutlich durch ihre Tierbestandteile sowie ihre mangelhafte Bekleidung: Sie sind eine Art pervertierter, obszöner Musen. Die Verführung, die im homerischen Epos von den Sirenen ausgeht, wurde
von den antiken und spätantiken Künstlern imaginiert als sexuelle
Verführung. An die Stelle der ursprünglichen Verführung durch Wissen – das Versprechen der homerischen Sirenen, Odysseus alles zu
erzählen, was auf der Erde geschieht – tritt die Verführung durch
einen nackten Frauenleib. Entsprechend findet eine Angleichung an
die Muse der Geschichtsschreibung, Klio, niemals statt.38
Eine vergleichbare Umdeutung erfuhr auch, das sei nur kurz erwähnt, der biblische Sündenfall: Ging es ursprünglich beim Essen
der verbotenen Frucht darum, genauso viel zu wissen wie Gott,39 so
machten die Kirchenväter daraus eine Verführung des Adam durch
Eva, eine Verführung, deren sexuelle Konnotation für sie außer
36 Deren Text, ohne metrische Struktur, läßt sich folgendermaßen rekonstruieren (Bacchielli
– Falivene 1995, 101): [Εἰσαφíκ]αν[ε] / καì ἄκουσον / ᾿Οδυσσε[ῦ] ὁ Σ[ει-] / ρήνω[ν ὅδε]
/ φθ(ό)γγ[ος τῶν] / ἁδιν[ῶν]. / Τίς ἀ[οιδῆ] / ἀκού[σας παρ-] / έπλευ[σε τὸν] / λειμῶν[α];
– „Komm heran und lausche, Odysseus: Dies ist die Stimme der Sirenen, der Lauten. Wer,
den Gesang hörend, segelte an dieser Wiese vorbei?“
37 Die Schriftrolle ist das Attribut Kalliopes, der Muse der Dichtung; die Doppelflöte das
Attribut Euterpes, der Muse des Tanzes und die Lyra das Attribut Eratos, deren
Zuständigkeitsbereich die Chorlyrik ist: Wegner 1966, v. a. 97–101.
38 Klio würde als Attribut eine Schreibtafel halten, s. Wegner 1966, 99.
39 In Gen. 3, 5 sagt die Schlange zu Eva: „Sobald ihr davon esst, gehen euch die Augen auf;
ihr werdet wie Gott und erkennt Gut und Böse.“
Moraw, Vom männlichen Bestehen einer Gefahr
109
Frage stand.40 Verführung durch ein weibliches Wesen war im Verständnis der Spätantike identisch mit sexueller Verführung.
Abb. 11: Nordafrikanisches Mosaik, 250/270 n. Chr.; Wikimedia Commons <http://
commons.wikimedia.org/wiki/File:Mosaïque_d'Ulysse_et_les_sirènes.jpg> (08.09.2014).
Die derart inszenierte Begegnung des Odysseus mit den Sirenen
wurde in der Spätantike in einer Vielzahl von Gattungen und Rezeptionskontexten thematisiert. Zunächst (Abb. 11) sei ein Beispiel aus
dem Bereich des privaten Wohnluxus gezeigt. Es handelt sich dabei
um den Ausschnitt aus einem vielfigurigen Meer-Mosaik, das um den
Brunnen eines luxuriösen Hauses im heutigen Tunesien gelegt
wurde.41 Links platzierte der Mosaizist das Schiff des Odysseus,
rechts die Insel der Sirenen.
An dieser Stelle kann ein vorläufiges Fazit gezogen werden. Aus
der homerischen Begegnung von Mensch und Ungeheuer wurde in
der Rezeption eine mehr oder weniger erotisch aufgeladene Begegnung von Mann und Frau. Dies beinhaltete – bedenkt man die antike
40 Dazu Brown 1990, 361 (bezüglich Ambrosius). Vgl. in Bezug auf das Mittelalter Le Goff
1980, 143: „Die Erbsünde, eine Sünde des intellektuellen Stolzes, der intellektuellen
Herausforderung Gottes, wird vom mittelalterlichen Christentum in eine sexuelle Sünde
verwandelt. Der Abscheu vor Körper und Sexus erreicht seinen Höhepunkt beim
weiblichen Körper.“
41 Polychromes Mosaik aus Dougga; heute Tunis, Musée de Bardo, Inv.-Nr. 2884 A; 250/270
n. Chr.; Lancha 1997, 71 Nr. 29 Taf. 22.
110
Visual Past 2015
und spätantike Vorstellung vom Verhältnis der Geschlechter42 – nahezu zwangsläufig eine gewisse Inferiorität des weiblichen Parts.
Entsprechend gestalteten die bildenden Künstler diese Begegnungen
so, dass Odysseus dabei keine allzu schlechte Figur machte. Der derart inszenierte Geschlechterkampf endet im Grunde unentschieden:
Den Sirenen kann Odysseus dank seiner Fesselung an den Mast widerstehen; der Skylla muss er zwar sechs Gefährten opfern, er selbst
jedoch entkommt. Eine explizit siegreiche Sirene oder Skylla wurde
in der bildenden Kunst der Spätantike nie dargestellt.43
Zudem konnten diese beiden Abenteuer des Odysseus allegorisch
verstanden werden. Für eine entsprechende Rezeptionssteuerung
sorgte der Kontext, in dem die Darstellung stand. Im Kontext des
Grabes galten sie wohl vor allem als Allegorie für einen erfolgreich
bestandenen Kampf gegen eine tödliche Gefahr. Diese Aussage wird
auch auf den folgenden Kontext anwendbar sein: Aus dem heutigen
Israel ist ein Mosaikfußboden des 6. Jahrhunderts (Abb. 12) erhalten,
dessen baulicher Befund auf eine Einbindung in einen Synagogenkomplex weist.44 Eine Stifterinschrift besagt, dass ein Mann namens
42 Die Menge an Forschungsliteratur zu diesem Thema ist mittlerweile immens. Zwei
Beispiele seien genannt, bei denen das Ungleichgewicht der Geschlechter bereits im Titel
des Buches thematisiert wird: The Reign of the Phallus (Keuls 1985) und Harmonie durch
Hierarchie? (Felber 1994).
43 Anders sieht es in der spätantiken Literatur aus. Dort konnten, jenseits des konkreten Kontexts der Odyssee, durchaus auch siegreiche Ungeheuer imaginiert werden. Bestes Beispiel ist ein Claudian zugeschriebenes Gedicht, In Sirenas (ed. Hall 1985): Dulce malum
pelago Sirenae volucresque puellae / Scyllaeos inter fremitus avidamque Charybdin / Musica
saxa fretis habitabant: dulcia monstra, / Delatis licet huc incumberet aura carinis / Implessentque sinus venti de puppe ferentes, / Figebat vox una ratem. Nec tendere certum / Delectabat
iter reditus, omniumque iuvabat,/ Nec dolor ullus erat: mortem dabat ipsa voluptas. – „Die Sirenen, geflügelte Mädchen, ein süßes Übel im Meer, bewohnen zwischen dem Knurren
der Scylla und der gierigen Charybdis musikalische Felsen in den Fluten – süße Untiere,
verführerische Gefahren des Meeres, ein angenehmer Schrecken zwischen den Wellen.
Verschlug es ein Schiff hierher, so mochte die Brise es vorantreiben, mochten die Winde
die Segel vom Heck her blähen – eine einzige Stimme brachte das Boot zum Stehen. Dann
machte es [den Seefahrern] keine Freude [mehr], den Weg sicher in die Heimat zu lenken,
sie genossen die Ruhe. Und es war kein Schmerz dabei – die Lust selbst gab den Tod.“
44 Polychromes Fußbodenmosaik, Museum Beth Shean; 6. Jh. n. Chr.; Zori 1966; Ovadiah –
Ovadiah 1987, 34–36 Nr. 31A Taf. 30–32 (= Haus des Kyrios Leontis) und 36 f. Nr. 31B Taf.
33 (= Synagoge).
Moraw, Vom männlichen Bestehen einer Gefahr
111
Abb. 12: Fußbodenmosaik Beth Shean (Umzeichnung), 6. Jh. n. Chr.; Zori 1966, Abb. 4.
112
Visual Past 2015
Leontis Kloubas dieses Mosaik – und vermutlich auch die dazugehörigen Räumlichkeiten – stiftete.45 Zu fassen ist hier also ein Zeugnis
für das in jüdischen Gemeinden weit verbreitete Mäzenatentum.46
Das gesamte Mosaik besteht aus drei übereinander liegenden Registern. Das mittlere Register trägt die Stifterinschrift, das untere eine
Nilszene mit Angabe der inschriftlich bezeichneten Stadt ALEXANDRIA, das obere das Motiv aus der Odyssee. Hierbei handelt es
sich um eine recht unkanonische Fassung des Sirenen-Abenteuers.
Zu erkennen ist oben rechts ein kleines Boot mit einem an den Mast
gefesselten Mann, der trotz des Fehlens seiner sonst üblichen Attribute – lockiger Vollbart, auf dem Kopf ein kegelförmiger Hut (Pilos),
kurzes Gewand – wohl Odysseus darstellen soll. Darunter – von dem
Schiff durch Wellenlinien getrennt, die das Meer andeuten – brachte
der Mosaizist eine flötenspielende Sirene an. Diese wendet sich in
Richtung eines weiteren Schiffers, der mit seinem Dreizack ein unvollständig erhaltenes Seeungeheuer attackiert. Auch bei diesem
Mann muss es sich um Odysseus handeln,47 eventuell im Kampf gegen eine unkanonisch dargestellte Skylla.48
Zwischen die Sirene und den Schiffer schrieb der Mosaizist:
„Herr, hilf Leontis Kloubas!“49 Bei Leontis Kloubas handelt es sich
um den schon erwähnten Stifter. Mit dem hier angesprochenen
„Herrn“ kann gemäß der Tradition solcher Formeln nur Gott gemeint sein, im Kontext einer Synagoge natürlich der jüdische Gott.50
Bei dieser Odyssee-Szene weisen sowohl der Anbringungskontext
als auch eine zusätzlich eingefügte Inschrift den Betrachter darauf
45 Μνησθῇ / εἰς ἀγαθὸν κ(αὶ) (ε)ἰς / εὐλογίαν ὁ κύρ(ιος) Λεόντις / ὁ Κλούβας ὅτι ὑπὲρ /
σωτηρίας αὐτοῦ κ(αὶ) τοῦ / ἀδελφοῦ αὐτοῦ Ἰωναθα / ἐψήφωσεν τὰ ὧδε / ἐξ ηδηον (=
ἰδίων) – „Kyrios Leontis Kloubas soll zum Guten und zum Segen in Erinnerung bleiben, weil
er zu seinem Heil (oder Rettung) und dem seines Bruders Jonathan dieses Gebäude hier
auf eigene Kosten mit Mosaiken ausstatten ließ.“
46 Baumann 1999, 330 f.
47 Ein solches Verfahren ist für die bildende Kunst der Spätantike durchaus belegt, vgl. etwa
den zweimal dargestellten Protagonisten des sog. Dominus-Iulius-Mosaiks: Schneider
1983, 68–84 Abb. 17.
48 So der durchaus plausible Vorschlag von Avi-Yonah 1975, 54.
49 Κ(ύρι)ε β(ο)ήθ(ει) Λεόντι / τῷ Κλούβ(α).
50 Der Formel selbst ist das nicht zu entnehmen, sie könnte auch christlich sein: Baumann
1999, 311.
Moraw, Vom männlichen Bestehen einer Gefahr
113
hin, dass das Bild eine zweite Bedeutungsebene hat: Die Sirene und
das Seeungeheuer sind als Allegorien für Gefahren zu verstehen, die
auf dieser zweiten Ebene nicht dem Odysseus, sondern Leontis
Kloubas drohen. Um ihnen zu entkommen – wie Odysseus den Sirenen und allen anderen Gefahren des Meeres entkam – erbittet Leontis Kloubas Gottes Hilfe. Offen bleiben muss, ob diese Gefahren
eher konkret zu verstehen sind – eventuell war der Mann ein Kauffahrer, der häufig Seereisen unternahm – oder eher spirituell, als Bedrohung für das Seelenheil. Solche theologischen Allegoresen des Sirenenabenteuers waren in der christlichen Literatur höchst populär,
wie noch zu zeigen sein wird. Es dürfte davon auszugehen sein, dass
sie in groben Zügen auch einem gebildeten Juden bekannt waren.51
Wichtig, und im Grunde schon auf das Mittelalter vorausweisend,
ist auch der folgende Punkt. Wie leicht zu erkennen, entspricht die
hier dargestellte Sirene nicht mehr der antiken Ikonographie. Sie tritt
allein auf, ohne die sonst üblichen zwei Gefährtinnen, und ihre Vogelbestandteile sind weitaus dominanter als üblich, sie reichen bis
zum Bauchnabel.52 Noch gravierender sind die Veränderungen, die
in Bezug auf die eventuelle Skylla vorgenommen wurden. Die zu erkennende Fehlstelle im Mosaik ist zu klein für eine Skylla in der üblichen Ikonographie, also mit menschlichem Oberkörper. Möglicherweise war hier allein ein Hundekopf dargestellt, verbunden mit
dem noch vorhandenen Seeschlangenleib und einer Vorderpfote.
Der Mann im Schiff, Odysseus, stößt seinen Dreizack genau in diesen (wie auch immer gearteten Kopf) hinein – das bedeutet, er war
bei der Tötung der Skylla dargestellt. Eine derartige Umdeutung des
ursprünglichen Mythos ist sonst für die Antike nicht belegt und wird
erst in karolingischer Zeit begegnen (Abb. 15). In dieser Darstellung
51 Zum unterschiedlichen Grad der Hellenisierung der jüdischen Bevölkerung Palästinas s.
Levine 2000, 598–601. Die generelle Verwurzelung der jüdischen bildenden Kunst (und
Religion) in der Tradition der griechisch-römschen Antike betont beispielsweise
Bowersock 2006. So gehörte ein aufwendiges Mosaik mit Szenen aus dem Leben des
Herakles und des Dionysos in Sepphoris eventuell einst dem jüdischen Patriarchen der
Stadt: ebenda 39 Abb. 2.5 und 2.6.
52 Vgl. unten, zu Abb. 15.
114
Visual Past 2015
aus dem 6. Jahrhundert sind die antike Ikonographie und der antike
Mythos bereits in Auflösung begriffen.
Weitaus besser zu greifen als dieses vereinzelte Beispiel einer jüdischen Allegorese der Odyssee ist die christliche Allegorese.53 Hier
bieten die patristischen Texte einen Überblick über das gesamte
Spektrum an Ausdeutungen, die in der Spätantike möglich waren.
Prinzipiell konnten die Sirenen in der literarischen Allegorese für alles stehen, was dem jeweiligen Verfasser zugleich faszinierend und
gefährlich erschien. Methodios beispielsweise vergleicht die Verlockung der Sirenen mit den Verlockungen des Teufels und seiner Dämonen; bei Hippolytos steht der Sirenengesang für die Lehren der
Häretiker und bei Zacharias Scholastikos für die verderblichen Lehren der heidnischen Philosophen.54 In den Texten des lateinischen
Christentums hingegen ist eine deutliche Fokussierung auf Versuchungen sexueller Natur zu beobachten. Die Sirenen werden zu Verkörperungen der weiblich konnotierten Wollust, welcher der gläubige Mann zu meiden habe. Ein Beispiel unter vielen ist Maximus
von Turin, der den Sirenengesang als Allegorie für die Gefahren der
Welt präsentiert, welche die Menschen beziehungsweise Männer
„auf die Klippen der Wollust“ (in scopulos voluptatis) auflaufen lassen.55
In diesem Sinn kann gelegentlich selbst Skylla, der von Homer
überhaupt nichts Verführerisches zugeschrieben worden war, als Allegorie der sexuellen Versuchung fungieren. Hieronymus schreibt in
seinem seiner Briefe: „Da lockt mit dem Antlitz eines jungen Weibes
die Skylla der Begierde zum Schiffbruch der Sittsamkeit“56. Es ist davon auszugehen, dass der Kirchenvater beim Schreiben dieser Zeilen
nicht das homerische Ungeheuer vor Augen hatte, sondern dessen
53 Immer noch wichtig: Rahner 1966; vgl. zu den Sirenen Moraw 2013; zu Skylla Claussen
2007.
54 Methodios, Gastmahl 8, 1; Hippolytos, Widerlegung aller Häresien 7, 13, 1–3; Zacharias
Scholastikos, Dialog Ammonios (Über die Erschaffung der Welt) 2, 153–162.
55 Maximus von Turin, Predigten 37 (Über das Kreuz des Herrn), 2–3.
56 Hieronymus, Briefe 14, 6: Ibi ore virgineo ad pudicitiae perpetranda naufragia Scyllaeum
renidens libido blanditur; dt. Übersetzung nach H. Claussen 2007, 163.
Moraw, Vom männlichen Bestehen einer Gefahr
115
seit Jahrhunderten tradierte bildliche Umsetzung: die jugendlichschöne Frau mit nacktem Oberkörper.57
Abb. 13a: Sarkophagdeckel des 3. Jh. n. Chr., wiederverwendet in einer Kapelle des 4. oder 5.
Jh. an der Via Tiburtina (linkes Bildfeld); Wilpert 1936, Taf. 272,1.
Abb. 13a: Sarkophagdeckel des 3. Jh. n. Chr., wiederverwendet in einer Kapelle des 4. oder 5.
Jh. an der Via Tiburtina (rechtes Bildfeld); Wilpert 1936, Taf. 272,1.
Der daran anschließende Schritt war im Grunde nur konsequent: Die
von den lateinischen Kirchenvätern vorgenommene Allegorese der
beiden Odyssee-Ungeheuer als teuflische Versuchung ebnete den Weg für
eine entsprechende Lesart, eine interpretatio Christiana, auch der Bilder.
Exemplarisch vorgeführt sei dies bei der Dekoration des Deckels ei-
57 Ein derartiger Einfluss der Bilder auf zeitgleiche Texte lässt sich schon lange vor der
Spätantike nachweisen: Im 4. Jh. v. Chr. nennt Anaxilas (fr. 22 Kassel – Austin, PCG II Z.
20 f.) die Hetäre Theano ist eine „gerupfte Sirene“, mit Blick und Stimme einer Frau, aber
den Schenkeln einer Amsel. Er hat also das damalige Mischwesen der bildenden Kunst (s.
hier Abb. 3) vor Augen. Eine Beschreibung Skyllas in der Form, in der sie in der bildenden
Kunst Griechenlands auftrat (s. hier Abb. 4. 5), findet sich etwa im 3. Jh. v. Chr. bei
Lykophron (Alexandra 669): „halb Jungfrau, halb Hund“.
116
Visual Past 2015
nes stadtrömischen Sarkophags (Abb. 13a. b), wie er im 3. Jahrhundert n. Chr. in größerer Menge produziert wurde.58 In der Mitte befindet sich eine Inschriftentafel, welche die dei manes, abgekürzt „D
M“, die Totengötter eines jungen römischen Ritters namens Marcus
Aurelius Romanus, anspricht. Rechts davon enthüllen zwei Eroten
die Porträtbüste des Verstorbenen und zwei Philosophenfiguren
können als Anspielung auf seine Bildung verstanden werden. Das
linke Bildfeld zeigt die bereits bekannte Szene mit Odysseus und den
Sirenen: Man erkennt links das Schiff des Odysseus und rechts die
drei Sirenen, auf je einem eigenen Felsen im Meer stehend.
Der ursprüngliche Kontext dieser Darstellung war eine pagane
Bestattung, wie im Fall der Malereien in der Grabkammer in der Kyrenaika (Abb. 10 a. b). Wie dort, wird die mit diesem Bild verbundene
Botschaft eine Art Allegorie für den Sieg über den Tod gewesen sein.
Das Besondere dieses Sarkophagdeckels ist jedoch, dass er zu einem
späteren Zeitpunkt, im 4. oder 5. Jahrhundert, aus seinem originalen
Kontext entfernt und in einer christlichen Kapelle an der Via
Tiburtina zweitverwendet wurde: Er diente dort als Stufe zum Presbyterium.59 Die Vorderseite mit der Sirenendarstellung bildete dabei
den senkrechten Teil der Stufe, lag also direkt im Blickfeld der Gemeinde.
Die Botschaft, die dieses Relief der Gemeinde vermittelte, wird
wohl eine Art Warnung gewesen sein: „Hüte dich vor den Versuchungen so wie Odysseus vor den Sirenen, oder es wird dir schlecht
ergehen!“ Der Umstand, dass die Sirenen auf diesem Relief so bedrohlich und groß, Odysseus und seine Männer hingegen so ängstlich und klein dargestellt sind, wird mit dazu beigetragen haben, den
Gläubigen die Schwere dieser Aufgabe vor Augen zu führen.
Diese christliche Allegorese fand allein im Kopf des Betrachters
statt. Das Bild selbst lieferte darauf keinen Hinweis. Zum einen
58 Deckel eines stadtrömischen Sarkophags Rom, Museo Nazionale Romano 113227;
230/240 n. Chr. Zusammenstellung des Corpus bei Klauser 1963; neu diskutiert, mit
ausführlicher Forschungsgeschichte, bei Ewald 1998 (zu diesem Exemplar: S. 231. 234 Taf.
35, 1–2). Vgl. zuletzt Moraw 2013, Sp. 89 f.
59 Mancini 1934, 198–200.
Moraw, Vom männlichen Bestehen einer Gefahr
117
konnte es das natürlich gar nicht, da es ja ursprünglich für eine pagane Bestattung geschaffen worden war. Zum anderen hielten es die
Erbauer der Kapelle auch nicht für nötig, die Darstellung nachträglich zu christianisieren, etwa durch das Einfügen eines Kreuzes oder
einer christlichen Inschrift. Der Kontext der Rezeption, eine christliche Kapelle, reichte zur Rezeptionssteuerung vollkommen aus.
Abb. 14: Westwerk der Klosterkirche von Corvey (mit zeichnerisch verdeutlichten Befunden),
873–885 n. Chr.; Landschaftsverband Westfalen-Lippe, Referat Restaurierung und Dokumentation. Foto: Nieland. Zur Verdeutlichung von Großheim zeichnerisch nachgearbeitet.
Skylla und die Sirenen im lateinischen Mittelalter
Genuin für eine christliche Rezeption geschaffene Odyssee-Bilder gab
es tatsächlich erst im Mittelalter.60 Dabei konnte – als eine Art Arbeit
am Mythos – der Ausgang der Geschichten von Skylla und den Sirenen radikal umgeschrieben werden. Entsprechend veränderte sich
60 Die folgenden Ausführungen beziehen sich allein auf das lateinische Mittelalter. Aus
Byzanz sind m. W. keine Odyssee-Darstellungen bekannt. Schon in der Spätantike stammte
die weitaus größere Zahl der erhaltenen Odyssee-Szenen aus dem Westen des imperium
Romanum. Darstellungen wie diejenige aus der Kyrenaika (Abb. 10) oder aus dem heutigen
Israel (Abb. 12) sind die Ausnahme. Dem gegenüber steht der Befund der literarischen
Odyssee-Rezeption, die im griechischen Osten bis 1453 durchgängig nachzuweisen ist:
Pontani 2005.
118
Visual Past 2015
dabei das Kräfteverhältnis, das Machtgefüge, zwischen den Protagonisten. Dies soll anhand von zwei Fallbeispielen aus dem monastischen Kontext demonstriert werden.
Das erste Fallbeispiel führt ins westfälische Corvey, in das Westwerk der Klosterkirche (Abb. 14). Dort haben sich oberhalb der
Kämpferzone Reste eines figürlichen Frieses aus karolingischer Zeit
erhalten.61 Dargestellt ist das Meer, bevölkert von Fischen, Schiffen
und mythischen Figuren. Unter letzteren begegnen auch eine Sirene
(hinten in der Mitte zu erkennen) sowie eine Darstellung der Konfrontation des Odysseus mit Skylla (hinten links).
Das Detailfoto (Abb. 15) zeigt rechts die leider nur fragmentarisch erhaltene Sirene mit nacktem weiblichen Oberkörper und Vogelunterleib. Sie ist in der für das Mittelalter kanonischen und möglicherweise von einem populären Text, dem sogenannten Physiologos,
inspirierten Ikonographie gemalt.62
61 Claussen 2007.
62 Vgl. Physiologos 13 (ed. Schönberger 2001): „Die Sirenen haben an der oberen
Körperhälfte bis zum Nabel Menschengestalt, an der anderen Hälfte aber bis zum Ende
die Gestalt einer Gans.“ (Übersetzung O. Schönberger). Zu den Sirenen in Kunst und
Literatur des 7. bis 10. Jh. s. Leclercq-Marx 1997, 69–71: V. a. im westlichen Kulturraum
entstand neben der alten Vorstellung von der Sirenen als einem Mischwesen aus Mädchen
und Vogel eine neue künstlerische Tradition, welche die Sirene als Mischwesen aus Mädchenleib und Fischschwanz (oder -schwänzen) imaginierte. In der Vorstellungswelt des
frühen Mittelalters wurde die Sirenen entweder zu einem wundersamen Wesen, das an
den Rändern der bekannten Welt lebt, oder zu einer Allegorie für tödliche Versuchung.
Die inhaltliche Verbindung zu den Sirenen des homerischen Mythos war wohl nur wenigen
Gebildeten noch bekannt: „En effet, en dehors des milieux érudits, la Sirène n’était plus
tant la séductrice d’Ulysse qu’un séduisant monstre chanteur parmi d’autres que l’on localisait aux Indes ou aux confins du monde connu.“ (ebenda S. 89). Die Fresken von Corvey
sind das einzige bekannte Beispiel in der Kunst dieser Zeit für eine explizite Thematisierung der Sirenen im Kontext des Odysseus-Abenteuers.
Moraw, Vom männlichen Bestehen einer Gefahr
119
Abb. 15: Fresken oberhalb der Kämpferzone, Detail; Landschaftsverband Westfalen-Lippe, Referat Restaurierung und Dokumentation. Foto: AfDW Renvert.
Links von der Sirene platzierte der Maler Skylla, in der schon für die
Antike kanonischen Ikonographie: nackter weiblicher Oberkörper,
ein Seeschlangenunterleib, aus den Hüften wachsende wild kläffende
Hunde. In der Beuge ihres linken Armes hält Skylla einen der über
Bord gezerrten Gefährten des Odysseus. Von links naht der Held,
Odysseus, um den Kampf aufzunehmen. Er tritt siegesgewiss auf
Skyllas Fischschwanz und stößt einem ihrer Hunde seine Lanze in
den Rachen. Ein karolingischer Betrachter dieser Szene wird sich dabei an Darstellungen wie diejenige auf einer Elfenbeintafel aus der
Hofschule Karls des Großen (Abb. 16) erinnert haben.63 Dort zertritt
der Erzengel Michael einen Drachen, Symbol für das Böse, unter seinen Füßen und stößt ihm zugleich seine Lanze in den Schlund.64
63 Elfenbeinrelief Leipzig, Museum für Kunsthandwerk/Grassimuseum Inv. Nr. 53.50; Anfang
9. Jh.; Jülich 1999. Weitere Beispiele bei Claussen 2007, 172 Anm. 79.
64 Zur Bedeutung der Szene: Claussen 2007, 172.
120
Visual Past 2015
Abb. 16: Elfenbeintafel aus der Hofschule Karls des Großen, frühes 9. Jh.; Delbrueck 1929,
Taf. 5.
Moraw, Vom männlichen Bestehen einer Gefahr
121
Der Maler des Odyssee-Freskos ließ bei den Betrachtern keinen
Zweifel über den Ausgang des Kampfes aufkommen: Im Unterschied zur originalen Formulierung der Episode bei Homer, wo
Odysseus hilflos mitansehen musste, wie das Ungeheuer sechs seiner
Gefährten verschlang, wird Odysseus hier als Bezwinger der Skylla präsentiert. Diese greift zu keinerlei Gegenwehr, sondern erhebt nur
hilflos klagend den rechten Arm.
Hilde Claussen stellte diese karolingischen Darstellungen aus der
Odyssee der zeitgleichen christlichen Allegorese gegenüber.65 Ähnlich
wie in der spätantiken patristischen Literatur, konnte Odysseus auch
in mittelalterlichen Texten als eine Allegorie für den weisen Gläubigen fungieren. Als solcher durchquert er unangefochten das mare saeculum, das „Meer der Welt“, und widersteht den durch Skylla und die
Sirenen verkörperten Versuchungen. Exemplarisch verdeutlichen
mag dies eine Passage aus einem Brief, den Dungal von Saint Denis
an einen befreundeten Abt schrieb:
„Wir wünschen, daß es Euch stets in Gott so wohlergehen möge, daß Euch bei
der Fahrt über das grausige Meer dieser Welt weder die trügerischen Künste
der schönen Skylla täuschen, noch die todbringenden Gesänge der Sirenen zu
ergötzen vermögen, sondern daß Ihr mit keuschem Blick und verstopften Ohren
im Schutze Gottes unversehrt, wie der vorausschauende Ithaker [...], als Sieger
über die feindliche Welt in den Hafen des himmlischen Vaterlandes gelangen
möget.“66
In Anbetracht der Tatsache, dass auch die Fresken in einem explizit
christlichen, vom theologischen Diskurs dominierten Kontext rezipiert wurden, scheint es plausibel, dass bei ihnen von vorneherein
eine allegorische Lesart intendiert war. Odysseus meinte in dieser
Kirche den wahren Gläubigen, der Versuchung und Sünde besiegt
65 Claussen 2007.
66 Optamus vos semper in Domino verae prosperitatis stabilitate gaudere; ut non, in huius formidando saeculi pelago navigantes, Schylleae vos pulchritudinis fallacia decipiat nec Serenarum
loetiferi cantus oblectent, sed casto velut ille providus Itachus aspectu obturatis auribus inlaesi,
divino agitante spiraminis flatu, ad supernae portum patriae devicto hostilis Ilio mundi superatisque victores Frigibus perveniatis. Dungalus Scottus, Briefe 6 (MGH Epist. 4, Karol. Aevi
2, Berlin 1895, S. 581, Z. 8–14); dt. (relativ freie) Übersetzung zitiert nach Claussen 2007,
163.
122
Visual Past 2015
hatte und damit den Mönchen des Klosters als Vorbild und Identifikationsfigur dienen konnte. Der von Skylla ergriffene Gefährte hingegen konnte als Allegorie für den Schwachen verstanden werden,
der es nicht geschafft hatte, der Versuchung zu widerstehen. Der Maler der Fresken vollzog mit seinen gattungsspezifischen Mitteln
ebenso eine christliche Allegorese der Odyssee wie dies die Gelehrten
mit den Mitteln der Literatur taten. Der Umstand, dass Skylla dabei
entgegen dem antiken Mythos und entgegen der antiken Ikonographie als Opfer des Odysseus erscheint, wurde nicht als Problem empfunden. Darauf wird bei der Diskussion des zweiten Fallbeispiels zurückzukommen sein.
Im 12. Jahrhundert thematisierte die Äbtissin Herrad von Hohenburg in ihrem Hortus deliciarum, „Garten der Köstlichkeiten“67, auch
das Sirenen-Abenteuer des Odysseus. Zwei Miniaturen (Abb. 17 a.
b) zeigen siegreiche Sirenen mit anonymen Opfern: Nicht jeder
schafft es, den Sirenen, beziehungsweise den Versuchungen und Lastern, zu entkommen! Dieser Gedanke, daran sei erinnert, wurde auch
schon in Corvey anhand des von Skylla ergriffenen Gefährten (Abb.
15) visualisiert. Die dritte Miniatur (Abb. 18) gilt der homerischen
Episode.68
67 Zu Herrad und dem Werk s. Poggi – Santini 1996. Die originale Handschrift fiel 1870 dem
Brand der Straßburger Bibliothek zum Opfer. Erhalten haben sich Kopien von Gelehrten
des mittleren 19. Jh. (ebenda 63 und Anm. 3). Mehr als ein Drittel des Werkes wurde von
Miniaturen wie den hier vorgestellten eingenommen. Deren Bezug zu den Textteilen ist
komplex; ein Problem stellt dar, dass nicht sicher davon ausgegangen werden kann, dass
die Kopien tatsächlich originalgetreu sind (ebenda 110–112). So waren die Miniaturen im
Original alle polychrom; die Nachzeichnungen hingegen beschränken sich meist (und leider
auch im Fall der Sirenen) auf schwarzweiße Umrisszeichnungen.
68 Zu allen drei Miniaturen vgl. Poggi – Santini 1996, 103–108 sowie Leclercq-Marx 1997,
94. 107. 121–125 Abb. III 57. Allerdings sollten die ersten beiden Miniaturen inhaltlich
von der dritten deutlich getrennt werden: Anders als diese dritte zeigen sie nämlich nicht
das Schiff des Odysseus, sondern ein Schiff mit anonymer Besatzung – die
paradigmatischen Arglosen und Unachtsamen, die den Sirenen (sprich: den Lastern) zum
Opfer fallen. Allgemein zur Sirene in der Kunst und Literatur des 11. und 12. Jh. s. LeclercqMarx 1997, 93–228, die für diese Zeit eine deutliche Zunahme von Darstellungen der
Odyssee-Episode konstatiert.
Moraw, Vom männlichen Bestehen einer Gefahr
123
Abb. 17 a. b: fol. 221r (Nachzeichnung) aus dem Hortus deliciarum der Herrad von Hohenburg,
späteres 12. Jh.; Straub – Keller 1879–1899, Taf. 57.
124
Visual Past 2015
Abb. 18: fol. 221v (Nachzeichnung) aus dem Hortus deliciarum der Herrad von Hohenburg, späteres 12. Jh.; Straub – Keller 1879–1899, Taf. 58.
Aus der antiken Ikonographie bekannt sind der an den Mastbaum
seines Schiffes gebundene Odysseus sowie, gelegentlich, der Steuermann. Vollkommen unantik sind hingegen zwei andere Aspekte. Der
erste betrifft das Aussehen der Protagonisten: Odysseus und einer
seiner Männer, eine Art Unteroffizier, sind in der Ikonographie zeitgenössischer Ritter dargestellt; die anderen Gefährten gleichen in ihrer Darstellung mittelalterlichen Kämpfern. Die Sirenen besitzen
zwar ihre aus der Antike bekannten Flügel und Vogelbeine, tragen
darüber jetzt aber ein langes, zeitgenössisches Frauengewand. Diese
für Sirenen-Darstellungen des Mittelalters eher unübliche Dezenz ist
vermutlich dem Umstand geschuldet, dass der Hortus deliciarum als
Lehrbuch für junge Novizinnen in Herrads Kloster konzipiert war.69
69 Dazu weiter unten.
Moraw, Vom männlichen Bestehen einer Gefahr
125
Noch bedeutsamer ist der zweite Aspekt, der eine Veränderung
im Verhältnis der Protagonisten zueinander betrifft. Wurden die gesamte Antike hindurch die Sirenen als furchteinflößend und die Gefährten des Odysseus als entsprechend eingeschüchtert dargestellt,
so hat sich dieses Machtverhältnis nun radikal umgekehrt: Die Männer erwehren sich ohne Probleme der hier gezeigten Vogelfrauen.
Einer zerrt eine Sirene an ihren Haaren über Bord; der zweite drückt
eine gerade von Bord fallende Sirene unter Wasser; der dritte durchbohrt eine im Wasser Treibende mit seiner Lanze. Ihre geschlossenen Augen zeigen an, dass sie als tot zu denken ist. Was hier dargestellt wurde, ist ein triumphaler – und komplett unhomerischer – Sieg
der Griechen über die Sirenen.
Die Gründe für eine derartige Abkehr vom narrativen Kern der
Geschichte dürften dieselben sein wie bei der unhomerischen Darstellung eines Erstechens der Skylla in Corvey. Die Miniaturen nehmen ein ganzes Blatt des Codex ein: Die ersten beiden Szenen, mit
den siegreichen Sirenen und ihren anonymen Opfern, befinden sich
auf der Vorderseite von folium 221, die Odyssee-Szene befindet sich
auf dessen Rückseite. Auf der den homerischen Sirenen gegenüberliegenden Seite ließ Herrad von Hohenburg Text anbringen: eine längere Passage aus dem Speculum ecclesiae des Honorius von Autun70, die
der Allegorese der Sirenen gewidmet war. Diese seien Allegorien der
drei Laster avaritia („Habgier“ oder „Geiz“), luxuria („Genusssucht“ und „Ausschweifung“) und vanitas („Eitelkeit“). Odysseus
hingegen, und das klingt bekannt, sei eine Allegorie des populus Christianus, der Christenheit, die im „Schiff der Kirche“ sicher das „Meer
der Welt“ durchsegle.
Vergleichbar der Skylla in Corvey sind die Sirenen der Herrad von
Hohenburg Werkzeuge des Teufels, die den Christenmenschen ins
70 Honorius von Autun: gestorben um 1151. Die lateinische Passage aus dem Speculum
ecclesiae ist abgedruckt in: Poggi – Santini 1996, 153 f.; eine italienische Übersetzung
findet sich ebenda 103 f.
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Verderben reißen wollen. Gegen sie muss der miles Christi, „der Soldat Christi“, mit allen verfügbaren Mitteln kämpfen.71 Als solche Soldaten Christi sind die Männer im Bild charakterisiert, und als solche
gehen sie ohne Rücksicht auf Verluste gegen ihre Feinde vor. Der
allegorische Gehalt – oder die allegorische Ebene – der Sirenenepisode ist hier weitaus wichtiger als die wörtliche Ebene, die im Sinne
von Homer korrekte Wiedergabe der Geschichte.72 Dasselbe Phänomen war schon in der karolingischen Darstellung der Konfrontation
mit Skylla zu beobachten. Anders als in Antike und Spätantike, fühlten sich die bildenden Künstler (hier: Künstlerinnen) des Mittelalters
der ersten Ebene eines Mythenbildes, dem narrativen Kern, nicht
mehr verpflichtet – was natürlich auch damit zusammenhängt, dass
im Westen niemand mehr die Odyssee im originalen Wortlaut kannte.
Ausschlaggebend war vielmehr der allegorische Gehalt der Geschichte, das, was sich daraus im Sinne der christlichen Theologie
ableiten ließ.
Für die Rezeption des Odysseus und seiner Widersacherinnen bedeutete das: Odysseus ist nun der exemplarische christliche Kämpfer
gegen das Böse und damit über jeden Tadel und jede Ambiguität erhaben. Sämtliche problematischen Züge der Figur wurden zumindest
in diesem73 Diskurs ausgeblendet. Ähnlich eindimensional verlief die
Charakterisierung Skyllas und der Sirenen: Sie sind das personifizierte
Böse, Werkzeuge des Teufels, und erleiden ihre gerechte Strafe, den
Tod.74 Dass Odysseus und die Sirenen tatsächlich in diesem Sinne
71 Vgl. Leclercq-Marx 1997, 107 f.
72 Zum hohen Stellenwert der Allegorese im Denken der Zeit s. Leclercq-Marx 1997, 104.
73 Das beste Beispiel für eine vollkommen andere Charakterisierung wäre Dantes Divina
Commedia (um 1320), 26. Gesang, in der Odysseus in der Hölle schreckliche Strafen
erleidet: Stanford 1968, 178–182; Hall 2008, 207–212.
74 Die Imagination eines derartiges Ende der Geschichten von Skylla und den Sirenen wurde
vermutlich auch durch folgenden Umstand ermöglicht: Im lateinischen Mittelalter zirkulierten diverse aus der Spätantike übernommene Fassungen der Mythen zu Skylla und den
Sirenen, welche beide Mischwesen in erster Linie als Opfer präsentierten. Ein beliebtes
Sujet war der Selbstmord der Sirenen, veranlasst durch deren Frustration darüber, dass
Odysseus ihnen entkommen war: Mythographus Vataticanus I 1,42 und 2,84; Mythographus Vaticanus III 11, 9. Entsprechend steht bei der hier diskutierten Miniatur (Abb.
16c?): Dux Ulixes preternavigans jussit se ad malum navis ligare, socios autem cera aures obdurare et sic periculum illesus evasit; syrenasque fluctibus submersit. (nach Leclercq-Marx
1997, 124). In der spätantiken lateinischen Literatur (z. B. Servius, Commentarium in Vergilii
Moraw, Vom männlichen Bestehen einer Gefahr
127
von den Leserinnen/Betrachterinnen des Hortus deliciarum verstanden werden sollten, macht der Vergleich der Odyssee-Szene mit einer
weiteren Miniatur desselben Werkes (Abb. 19) deutlich. Dargestellt
ist hier ein weiterer Sieg des Guten über das Böse, der Sturz Luzifers
und seiner Anhänger: Der Erzengel Michael, in der Mitte, und zwei
weitere Engel stoßen Luzifer und zwei Dämonen mit Dreizacklanzen
hinab in die Hölle. Die Klauenfüße der Dämonen erinnern nicht von
ungefähr an die Vogelklauen der Sirenen. Und die Vernichtung des
Gegners wird in der biblischen Geschichte mit ähnlicher Unerbittlichkeit durchgeführt wie bei dem mythischen Exempel.
Abb. 19: fol. 3v (Nachzeichnung) aus dem Hortus deliciarum der Herrad von Hohenburg, späteres 12. Jh.; Straub – Keller 1879–1899, Taf. 2.
Bucolica 6, 74 p. 79, 3 – p. 80, 4 ed. Thilo – Hagen 1887) wurde häufig Skyllas Verwandlung
vom schönen Mädchen in das bekannte Ungeheuer thematisiert; Ursache für diese als
Strafe empfundene Verwandlung ist stets der Zorn einer Skylla überlegenen Gottheit.
Skylla selbst ist in diesen Geschichten das unschuldige Opfer, dem keine Chance zur Flucht
oder Gegenwehr bleibt. Diese Geschichten dürften auch im Mittealter (z. B. Myth. Vat. I,
1, 3) noch bekannt gewesen sein.
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Abschließend sei die Frage angesprochen, wie viel Gewicht bei
der mittelalterlichen Odyssee-Rezeption dem Umstand beigemessen
wurde, dass es sich bei Skylla und den Sirenen um weibliche Ungeheuer handelte. Zumindest in den theologischen75 Diskursen des
Mittelalters wurden Frauen in hohe Maße problematisiert. Aufgrund
der ihnen zugewiesenen engen inhaltlichen Verbindung zu Körperlichkeit und Sexualität galten sie als potentielle Gefahr für jeden an
seinem Seelenheil interessierten Mann. Das exemplifiziert etwa ein
Zitat aus dem Speculum ecclesiae des Honorius von Autun, aus jener
Passage, die sich im Hortus deliciarum gegenüber der hier behandelten
Sirenen-Darstellung befand:
„[Die Sirenen] haben die Gesichter von Frauen, weil nichts den Sinn eines Mannes so von Gott entfremdet wie die Liebe zu den Frauen.“76
Ausgenommen von diesem Verdikt waren nur diejenigen Frauen, die
sich explizit einem Leben ohne Körperlichkeit und Sexualität verschriebe hatten: geistliche Frauen. Weltliche Frauen hingegen – also
alle, die nicht im Kloster waren – konnten als „Sirenen“ diffamiert
werden, wie dies auch im hier gezeigten Text anklingt. Die Beispiele
ließen sich beliebig vermehren.77 Noch schlimmer als weltliche
Frauen waren im Verständnis des christlichen Mittelalters Mischwesen aus Frau und Tier. Jaqueline Leclercq-Marx nannte dies in ihrer
Monographie zu den Sirenen einen „horreur pour l’hybride“78: In ei-
75 In den höfischen Diskursen sähe das schon wieder anders aus, vgl. etwa Nelson 2004.
76 [Sirenes] facies habebant mulierum, quia nil ita mentem hominis a Deo alienat quam amor
mulierum.
77 So schon im späten 6. Jh. Leander von Sevilla an seine Schwester Florentina, vermutlich
anlässlich von deren Eintritt ins Kloster (De institutione virginum et de contemptu mundi [Regula sancti Leandri] cap. 1 [= Biblioteca de autores cristianos 321 p. 21]): Precor te, soror
Florentina, ut feminae, quae tecum non tenent professionem unam, ad tuam non accedant societatem. [...] organum Satanae hoc tibi canet , quod illecebris saeculi moveat, et semitis diaboli
impingat. [...] fuge Sirenum cantus, mi soror. „Ich bitte dich, meine Schwester Florentina, dass
sich keine Frauen in deiner Gesellschaft befinden, die nicht mit dir das eine Gelübde abgelegt haben. […] Das Werkzeug des Satans könnte dir etwas singen, was [dich] mit den Verlockungen der Welt reizen und auf die Pfade des Teufels treiben könnte. […] Fliehe die
Gesänge der Sirenen, meine Schwester!“ Vgl. Leclercq-Marx 1997, 109 f., mit weiteren
Quellen.
78 Leclercq-Marx 1997, 111 f.; vgl. Salisbury 2011, 121–145; DeMello 2012, 36–41. 261–
265 sowie den Klassiker von Donna Haraway: Haraway 1991.
Moraw, Vom männlichen Bestehen einer Gefahr
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nem Weltbild, dem die Einheit als Symbol des Guten galt, die Vielheit jedoch als Symbol des Bösen, konnten hybride Wesen wie Skylla
oder die Sirenen gar nicht anders als negativ konnotiert sein. Die Sirenen, und in gewisser Weise auch Skylla, wurden damit zum „symbole antiféministe“79, zur Projektionsfläche und Visualisierung all
dessen, was man(n) an Frauen fürchtete.
Der Hortus deliciarum ist eine anspruchsvolle Komposition aus verschiedenen Textgattungen und Miniaturen. In vier großen Abschnitten, von der Schöpfung der Welt bis zur Apokalypse, sollte er die
göttliche Heilsgeschichte anschaulich machen.80 Konzipiert wurde
dieses Werk von einer Frau, der Äbtissin Herrad von Hohenburg,
und eventuell auch schon von ihrer Vorgängerin Relinda.81 Ausgeführt wurde es von Nonnen im Scriptorium des Klosters.82 In zwei
dem Incipit vorangestellten Widmungen – die erste in Versen, die
zweite in Prosa – legte Herrad den Verwendungsweck ihres Buches
dar: Unterhaltung und spirituelle Unterweisung der jungen Novizinnen.83 Es ist davon auszugehen, dass weder Herrad noch die Illustratorin der Odyssee-Szene noch die Betrachterinnen sich mit den Sirenen im Bild identifizierten.84 Ihrer Meinung nach lagen Welten zwischen ihnen, die ihr Leben Gott geweiht hatten, und den im Bild
gezeigten Werkzeugen des Satans. Ihre Sympathien werden bei den
milites Christi, den Sirenentötern gelegen haben. Deren Vernichtung
der Sirenen galt ihnen als eine notwendige und gottgefällige Tat.
Herrad sah sich gegenüber den Novizinnen in der Rolle der Lehrerin und Wissenskünderin. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie,
79 So der Titel des entsprechenden Kapitels bei Leclercq-Marx 1997, 93–228.
80 Vgl. Poggi – Santini 55: „compendio della storia della salvezza, illustrato dalle splendide
miniature multicolore“.
81 Poggi – Santini 1996, 55–61.
82 Poggi – Santini 1996, 109 f.
83 Verswidmung: Poggi – Santini 1996, 70–72 (lateinischer Text ebenda 144 f.);
Prosawidmung: ebenda 72–74 (lateinischer Text ebenda 145 f.); vgl. das Incipit: ebenda
75.
84 Anders sah dies natürlich bei positiv gezeichneten Frauenfiguren – und davon gab es laut
der ikonographischen Analyse von Marina Santini (Poggi – Santini 1996, 116–143) eine
Menge – aus.
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dass dies genau die Rolle ist, die im homerischen Epos einst die Sirenen innehatten. Herrad ist also in gewisser Weise eine christliche Sirene, auch wenn sie sich in drei Punkten fundamental von den homerischen Sirenen unterscheidet: Ihr Publikum ist weiblich wie sie,
nicht männlich; die erotische Spannung zwischen den beiden Geschlechtern entfällt. Inhalt ihrer Verkündung sind nicht die Geschicke der Menschen auf der Erde, sondern etwas Transzendentes, der
göttliche Heilsplan. Und schließlich ist es nicht Herrads Absicht, den
Zuhörenden den Untergang zu bringen; sie will sie vielmehr zum
Heil führen.
Um den Befund zusammenzufassen: Seit ihrer ersten Formulierung bei Homer vollzogen Skylla und die Sirenen erstaunliche Wandlungen. Skylla wurde vom menschenfressenden Monster mit Hundestimme erst zur schönen, aber gefährlichen Meerfrau und schließlich
– als Verkörperung des Bösen – zum hilflosen Opfer des Odysseus.
Die Sirenen wurden von Wissensverkünderinnen unbestimmbaren
Aussehens zu schönen, aber gefährlichen Vogelmädchen und
schließlich zu den einer gnadenlosen Vernichtung preisgegebenen
Werkzeugen Satans. Aus der homerischen Konfrontation von
Mensch und Ungeheuer wurde zunächst eine Konfrontation von
Mann und Frau, letztendlich dann eine Konfrontation von Gut und
Böse. Etwas verallgemeinernd ließe sich aus diesem Befund folgern,
dass die Odyssee-Abenteuer den Griechen zur Zeit Homers dazu dienten, Aussagen zum Verhältnis des Menschen zu seiner Umwelt zu
treffen: Diese Umwelt wurde – was im Zeitalter des beginnenden
griechischen Fernhandels und der griechischen Kolonisation nicht
weiter verwundern muss – häufig als feindselig und unheimlich wahrgenommen.85 In Antike und Spätantike hingegen verschob sich das
Interesse; hier dienten die Abenteuer, zumindest diejenigen mit weiblichen Widersachern, eher der Diskursivierung der Geschlechterbeziehung. Im Mittelalter schließlich gelangten die Geschichten, wie so
vieles andere auch, in den Bannkreis der theologischen Diskurse: Die
85 Vgl. etwa Latacz u. a. 2008, 44 und passim.
Moraw, Vom männlichen Bestehen einer Gefahr
131
Gegnerinnen des miles Christianus Odysseus wurden zum Bild für das
absolute Böse, das vom Guten vernichtet werden musste.
Susanne Moraw ist Klassische Archäologin, arbeitet am Deutschen Archäologischen Institut
in Berlin und stellte kürzlich ihre Habilitationsschrift Die Odyssee in der Spätantike. Bildliche
und literarische Rezeption fertig. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Bildwissenschaften – vor allem in Bezug auf das antike Griechenland und auf die Spätantike –
und der Gender Studies. Derzeit arbeitet sie an einem Projekt zu Mädchen in der Spätantike.
Ausgewählte Publikationen:
Die Mänade in der attischen Vasenmalerei des 6. und 5. Jahrhunderts v. Chr. – Rezeptionsästhetische Analyse eines antiken Weiblichkeitsentwurfs (Mainz 1998).
(Hrsg. gemeinsam mit E. Nölle) Die Geburt des Theaters in der griechischen Antike. Ausstellung München 2002 (Mainz 2002).
(Hrsg. gemeinsam mit G. Fischer) Die andere Seite der Klassik. Gewalt im 5. und 4. Jahrhundert v. Chr. Kulturwissenschaftliches Kolloquium Bonn 2002 (Stuttgart 2005).
(Hrsg. gemeinsam mit O. Dally und H. Ziemssen) Bild – Raum – Handlung. Perspektiven der
Archäologie. Tagung Berlin 2009 (Berlin 2012).
(Hrsg. gemeinsam mit A. Kieburg) Mädchen im Altertum/Girls in Antiquity. Tagung Berlin
2010 (Münster 2014).
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