Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt

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Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Nanotechnologie als wirtschaftlicher
Wachstumsmarkt
InnovationsInnovations- und Technikanalyse
Dr. Wolfgang Luther, Dr. Norbert Malanowski
und
Dr. Gerd Bachmann, Dr. Andreas Hoffknecht,
Dr. Dirk Holtmannspötter, Dr. Dr. Axel Zweck
(Zukünftige Technologien Consulting der
VDI Technologiezentrum GmbH)
in Kooperation mit
Prof. Dr. Thomas Heimer, Dr. Hermann Sanders
(Hochschule für Bankwirtschaft),
Dr. Matthias Werner, Dipl.-Ing. Stephan Mietke,
(Innovationsteam Mikro- und Nanotechnologie der Deutschen Bank)
Dipl.-Ing. Thomas Köhler
(ICMT GmbH)
Herausgeber:
Zukünftige Technologien Consulting
der VDI Technologiezentrum GmbH
Graf-Recke-Str. 84
40239 Düsseldorf
im Auftrag und mit Unterstützung des
Bundesministerium für Bildung und Forschung
Die vorliegende Studie wurde im Rahmen der Innovations- und Technikanalyse vom
Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert (Förderkennzeichen 16 I
1503). Die Aufgabenstellung wurde vom BMBF vorgegeben. Das BMBF hat das
Ergebnis der Studie nicht beeinflusst; der Auftragnehmer trägt allein die
Verantwortung.
Projektleitung:
Dr. Dr. Axel Zweck
Durchführung:
Dr. Gerd Bachmann, Dr. Andreas Hoffknecht,
Dr. Dirk Holtmannspötter, Dr. Wolfgang Luther,
Dr. Norbert Malanowski (VDI TZ ZTC)
in Kooperation mit
Prof. Dr. Thomas Heimer, Dr. Hermann Sanders (Hochschule für
Bankwirtschaft),
Dr. Matthias Werner, Dipl.-Ing. Stephan Mietke, Jürgen Ilgner
(Innovationsteam Mikro- und Nanotechnologie der Deutschen Bank)
Dipl.-Ing. Thomas Köhler (ICMT GmbH)
Kontakt: Dr. Norbert Malanowski (malanowski@vdi.de)
Dank gilt einer Vielzahl von Expertinnen und Experten, die wertvolle Beiträge und
Anregungen geliefert haben. Eine namentliche Nennung an dieser Stelle würde den
Umfang dieser einen Seite sprengen. Besonders bedanken möchten wir uns für das
Engagement bei denjenigen, die an den Projekt-Workshops teilgenommen haben. Diese
Expertinnen und Experten sind namentlich in den Teilnehmerlisten aufgeführt, die sich
in der Anlage zu dieser Studie befinden.
Zukünftige Technologien Nr. 53
Düsseldorf, im November 2004
ISSN 1436-5928
Für den Inhalt zeichnen die Autoren verantwortlich. Die geäußerten Auffassungen
stimmen nicht unbedingt mit der Meinung des Bundesministerium für Bildung und
Forschung überein.
Außerhalb der mit dem Auftraggeber vertraglich vereinbarten Nutzungsrechte sind alle
Rechte vorbehalten, auch die des auszugsweisen Nachdruckes, der auszugsweisen oder
vollständigen photomechanischen Wiedergabe (Photokopie, Mikrokopie) und das der
Übersetzung.
Titelbild:
Dr. Volker Klocke, Klocke Nanotechnik, Aachen (mit freundlicher
Genehmigung)
Zukünftige Technologien Consulting (ZTC)
der VDI Technologiezentrum GmbH
Graf-Recke-Straße 84
40239 Düsseldorf
Die VDI Technologiezentrum GmbH ist im Auftrag und mit Unterstützung des
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) tätig.
Vorwort
Im Rahmen der Technologiefrüherkennung zukunftsrelevante Technologien zu
erschließen bietet Wettbewerbsvorteile auf nationaler wie unternehmensbezogener
Ebene. Mit der frühzeitigen Identifikation und der sich anschließenden
vergleichenden Bewertung, die aufzeigt, warum eine Fokussierung förderpolitischer
oder unternehmensbezogener Ressourcen auf diese Technologie gegenüber anderen
klare Vorteile bietet, ist jedoch nur ein erster Schritt getan. Ein erster Schritt zur
Unterstützung des üblicherweise komplexen und der vereinfachten Darstellung
halber gern als ‚mehrphasig‘ betrachteten Innovationsprozesses. Entscheidend für die
erfolgreiche Implementation einer aussichtsreichen Technologie sind darüber hinaus
aber vor allem Vorstellungen und Visionen über ihre Potentiale und Chancen ebenso
wie über zu vermeidende Irrwege. Irrwege hier verstanden im Sinne von
gesellschaftlich
oder
ökologisch
unerwünschten
Produkten
oder
Produktionsprozessen im Zusammenhang mit der betreffenden Technologie. Im
Rahmen der Innovations- und Technikanalyse sucht das BMBF weiterführendes
Wissen über Potenziale und Wirkungen neuer Technologien zusammenzutragen, um
sie für sich selbst oder andere Akteure in geeigneter Form zur Stimulierung oder
zumindest wunschgemäßen Beeinflussung des Innovationsprozesses nutzbar zu
machen.
Eine der aussichtsreichsten Technologien dieses Jahrhunderts ist die
Nanotechnologie. Im Rahmen unserer Technologiefrüherkennung wiesen wir bereits
seit 1990 auf dieses zukunftsträchtige Feld hin und haben seitdem versucht, durch
eine Vielzahl von Analysen und Maßnahmen Aufmerksamkeit für diese Technologie
zu erzeugen. Im Rahmen einer Vorstudie zur Innovations- und Technikanalyse haben
wir uns außerdem der Frage gewidmet, welche innovationsrelevanten Kernfragen
vordringlich zu betrachten sind, um diesem Technologiefeld in Deutschland einen
auch langfristig und international gesehenen Vorsprung zu verschaffen. Eine der sich
daraus ergebenden Fragenkomplexe war der der wirtschaftlichen Potenziale der
Nanotechnologie. Die vorliegende Studie hat das Ziel aktuell verfügbares Wissen
über eine realistische Einschätzung von Markvolumen und Marktrelevanz der
Nanotechnologie sowohl für Deutschland als auch weltweit zusammenzutragen.
Dr. Dr. Axel Zweck
Inhaltsverzeichnis
DIE ZENTRALEN ERGEBNISSE
ERGEBNISSE IM ÜBERBLICK
1
1.1
1.2
1.3
EINLEITUNG
Ausgangslage und Ziel der Studie
Methodisches Vorgehen
Aufbau des Berichtes
9
9
10
12
2.1
2.2
2.3
2.4
2.5
2.6
ANMERKUNGEN ZUR NA
NANOTECHNOLOGIE
NOTECHNOLOGIE
Definition eines facettenreichen Begriffs
Bottom-up- und Top-down-Strategien
Neue Effekte durch Nanoskaligkeit
Thematische und strukturelle Interdisziplinarität
Zentrale Akteure in Deutschland
Deutsche Aktivitäten im internationalen Vergleich
15
15
17
18
19
27
31
3.1
3.2
3.3
3.4
3.5
3.6
3.7
ANWENDUNGSANWENDUNGS- UND MARKTPERSPEKTIVEN
MARKTPERSPEKTIVEN DER NANOTECHNOLOGIE
NANOTECHNOLOGIE
IN PRODUKTEN UND PRODUKTGRUPPEN
Anmerkungen zur Literaturanalyse
Nanomaterialien
Nanoelektronik
Nanooptik
Nanobiotechnologie
Nanotools/Nanoanalytik
Markt- und Anwendungspotenziale im Überblick
39
39
42
55
65
70
76
83
2
3
4
4.7
MARKTPOTENZIALE
ZIALE IN PATENTDATEN
ANHALTSPUNKTE FÜR MARKTPOTEN
Methodische Vorüberlegungen
Patente in der Nanotechnologie insgesamt
Nanotechnologiepatente im Bereich Chemie
Nanotechnologiepatente im Bereich Optik
Nanotechnologiepatente im Bereich Automobiltechnik
Nanotechnologiepatente im Bereich Medizintechnik
und Life Sciences
Nanotechnologiepatente im Überblick
5.1
5.2
5.3
5.4
5.5
UMSETZUNG
MSETZUNG DER NANOTECHNOLOGIE
VERANKERUNG UND U
NANOTECHNOLOGIE IN
DEUTSCHEN UNTERNEHMEN
UNTERNEHMEN
Ziele der Unternehmensbefragung
Anmerkungen zur Vorgehensweise
Strukturdaten zu den Unternehmen
Die heutige Bedeutung der Nanotechnologie
Zukünftige Entwicklungen in der Nanotechnologie
4.1
4.2
4.3
4.4
4.5
4.6
5
87
87
94
98
101
107
110
111
113
113
114
115
121
132
5.6
5.8
Zukünftige Schritte und Hürden bei der Entwicklung der
Nanotechnologie
Die Bedeutung der Nanotechnologie für unterschiedliche
Unternehmensgrößen
Ergebnisse der Unternehmensbefragung im Überblick
6.1
6.2
6.3
6.4
6.5
6.6
6.7
6.8
MARKTPOTENZIALE DER
DER NANOTECHNOLOGIE IN
IN LEADLEAD-MÄRKTEN
MÄRKTEN
Anmerkungen zur Vorgehensweise
Erschließen der Marktchancen in den Lead-Märkten
Chemie
Automobilbau
Optik
Medizin/Life Sciences
Elektronik
Marktpotenziale und Zeithorizonte im Überblick
155
155
156
157
165
177
184
189
196
7.1
7.2
7.3
7.4
7.5
7.6
7.7
7.8
MARKET ASSESSMENT – ABLEITUNGEN FÜR D
DEN
EN STANDORT
DEUTSCHLAND
Anmerkungen zur Vorgehensweise
Die Märkte der Nanotechnologie für deutsche Unternehmen
Einsatzvoraussetzungen
Innovations- und Diffusionshemmnisse
Beschäftigungseffekte und Qualifizierung
Der Standort Deutschland im internationalen Wettbewerb
Ausblick
Market Assessment auf einen Blick
201
201
202
205
219
222
241
249
251
FAZIT UND
UND HANDLUNGSOPTIONEN
255
5.7
6
7
8
LITERATUR
ANHANG
1
Gesprächsleitfaden für die Experteninterviews
2
Befragung zum wirtschaftlichen Potenzial der Nanotechnologie
(Fragebogen)
3
Teilnehmerlisten der Workshops
4
Erläuterung der Schätzung von Umsatz und Beschäftigung
144
149
152
259
I
DIE ZENTRALEN ERGEBNISSE
ERGEBNISSE IM ÜBERBLICK
•
Die Nanotechnologie ist eine der Schlüsseltechnologien des 21.
Jahrhunderts. Bereits heute werden mit Produkten, die sich nur mit
Hilfe der Nanotechnologie realisieren lassen, beträchtliche Umsätze
erzielt. Diese Umsätze dürften mit dem wirtschaftlichen Durchbruch
der Nanotechnologie zukünftig enorm steigen.
•
Die wenige öffentlich verfügbare Literatur zum direkten und
indirekten wirtschaftlichen Potenzial der Nanotechnologie ist mehr
oder weniger mit deutlichen Schwächen behaftet. Sie bietet allerdings
eine nutzbringende Ausgangsbasis für die vorliegende Studie, die
eine realistische Einschätzung des Marktvolumens und der
Marktrelevanz sowohl für Deutschland selbst als auch im
internationalen Kontext zum Ziel hat.
•
Bei der Definition der Nanotechnologie gibt es noch keine
international einheitliche Sichtweise. Speziell die Frage der
Abgrenzung zur Mikrotechnologie, zu bestehenden chemischen
Prozessen oder auch die Zugehörigkeit verschiedenener Verfahren
und Methoden zur Nanobiotechnologie wird über die Erläuterung von
Beispielen verdeutlicht. Eine absolut richtige und unanzweifelbare
Definition für die Klassifizierung von technologischen Prozessen und
Produkten in die Nanotechnologie gibt es nicht.
•
Im Rahmen dieser Studie beschreibt Nanotechnologie die
Herstellung, Untersuchung und Anwendung von Strukturen,
molekularen Materialien, inneren Grenz- und Oberflächen mit
mindestens einer kritischen Dimension oder mit Fertigungstoleranzen
(typischerweise) unterhalb 100 Nanometer. In der Regel werden
hierbei aus der Nanoskaligkeit der Systemkomponenten resultierende
neue Funktionalitäten und Eigenschaften zur Verbesserung
bestehender
oder
Entwicklung
neuer
Produkte
und
Anwendungsoptionen genutzt. Diese neuen Effekte und
Möglichkeiten sind überwiegend im Verhältnis von Oberflächen- zu
Volumenatomen und im quantenmechanischen Verhalten der
Materiebausteine begründet.
•
Gegenwärtig existieren ca. 450 "Nanotechnologieunternehmen" in
Deutschland. Als "Nanotechnologieunternehmen" werden in dieser
Studie Unternehmen bzeichnet, die sich entweder nach eigener
Einschätzung als in der Nanotechnologie tätige Unternehmen
betrachten, an Projekten des Bundesministerium für Bildung und
Forschung (BMBF) im Bereich Nanotechnologie partizipieren oder
aufgrund ihrer Aktivitäten im Bereich Nanotechnologie als solche
Unternehmen von den Verfassern dieser Studie klassifiziert wurden.
•
Die Patentauswertung belegt nachdrücklich, dass die sehr
dynamische Entwicklung der Nanotechnologie sich auch in den
II
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Patentanmeldungen wiederfindet. In den letzten fünf Jahren haben
sich die jährlichen Patentanmeldungen in der Nanotechnologie etwa
alle zwei Jahre verdoppelt.
•
Die Länderverteilungen zeigen, dass Deutschland hinsichtlich der
Patentsituation in der Nanotechnologie sehr gut aufgestellt ist sowohl in der Nanotechnologie insgesamt als auch in dem
zahlenmäßig wichtigsten Teilbereich der Chemie. Deutschland
befindet sich gerade bei den besonders werthaltigen Patenten in einer
sehr guten Position. In keinem der in der Patentanalyse betrachteten
Lead-Märkte (Chemie, Automobilbau, Optik) ist ein gravierender
Rückstand auf die USA oder Japan zu verzeichnen.
•
Bei den Diskussionen zur Patentstrategie im Bereich
Nanotechnologie weisen Branchenexperten darauf hin, dass die
Nanotechnologie prinzpiell keine völlig andere Patentstrategie
erfordert als andere Technologiebereiche. Ein Spezifikum besteht
allerdings darin, dass die Entwicklungszeiten von einem
nanotechnologischen Grundeffekt bis zur Anwendung in bestimmten
Fällen so lang sein können, dass der Patentschutz kurz nach dem
Erreichen der Produktreife ausläuft.
•
Mit Bezug auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU) weisen
Branchenexperten darauf hin, dass die Patentierneigung in diesen
Unternehmen deutlich geringer ist als in Großunternehmen. In KMU
wird ggf. bevorzugt, technologische Betriebsgeheimnisse - auch
wenn sie patentierbar wären - gar nicht erst offenzulegen. Aus
Kostengründen würden KMU im Zweifelsfalle beispielsweise eher
Gebrauchsmuster anmelden. Eine sinnvolle Patentstrategie für KMU
könnte nach Aussage der befragten Experten z. B. darin bestehen,
eine Technologie gemeinsam mit den Hauptanwendern zu
patentieren.
•
Es ist zu betonen, dass eine breit angelegte Patentrecherche, wie sie
hier vorgestellt wird, sich zu einer Beurteilung der generellen
Patentsituation eignet. Zur Einschätzung einzelner Firmen und
spezifischer
Technologien
sind
entsprechend
detaillierte
Patentrecherchen erforderlich.
•
Eine exakte Ableitung des „Nanotechnologieweltmarktes“ ist auf
Basis der genannten Zahlen in öffentlich zugänglichen Studien kaum
möglich, da nur für einen Teil nanotechnologischer Produkte
Marktzahlen verfügbar und die Auflistungen somit unvollständig
sind. Hinzu kommt, dass die Marktprognosen sich zum Teil auf
unterschiedliche Zeithorizonte beziehen, Doppelungen bei der
Nennung von Nanotechnologieprodukten in zwei oder mehreren
Teilbereichen vorkommen (z. B. Anwendung von Nanogrundprodukten/-komponenten in Endprodukten verschiedener Branchen)
und Produkte aus unterschiedlichen Stufen der Wertschöpfungskette
Überblick der Ergebnisse
in die Betrachtung einfließen [Grundprodukte, Zwischenprodukte,
Endprodukte etc.]). Eine tabellarische Zusammenfassung der
Marktpotenziale der wichtigsten nanotechnologischen Anwendungen
in unterschiedlichen Teildisziplinen findet sich in den Kapiteln 3.7
und 6.8.
•
Ein
Vergleich
verschiedener
Marktprognosen
für
den
Nanotechnologieweltmarkt nach verschiedenen Quellen zeigt, dass
die Hebelwirkung durch die Nanotechnologie einen Weltmarkt von
zurzeit ca. 100 Mrd. Euro beeinflusst. Hierbei ist zu berücksichtigen,
dass
dabei
die
Marktvolumina
unterschiedlicher
Wertschöpfungstiefen addiert wurden. Die Marktprognosen sagen im
Mittel eine exponentielle Steigerung in den nächsten zehn Jahren
voraus. Eine Betrachtung der einzelnen Marktanteile, die auf
Deutschland entfallen, ist nicht ohne weiteres möglich. Die
Perspektiven der Nanotechnologie für die zukünftige Entwicklung
deutscher Unternehmen werden durchweg als positiv angesehen.
•
Der Elektronikmarkt wird mittelfristig weiterhin von der CMOSTechnologie dominiert werden. Bis zum Jahr 2006 wird der Anteil
der Nanoelektronik (d. h. Strukturbreiten < 100 nm) ca. 10% des
Gesamt-CMOS-Marktes betragen mit einem Weltmarktvolumen von
ca. 20 Mrd. USD. Die Magnetoelektronik hat bereits signifikante
Marktanteile im Bereich der Festplattenspeicher in Form von GMRLeseköpfen erobert und wird mittelfristig durch MRAMSpeicherchips
auch
Substitutionspotenziale
im
DRAMSpeichermarkt erschließen.
•
Im Bereich der Chemie werden mit lange etablierten
nanostrukturierten Materialien wie Carbon Black, Kieselsäure oder
Polymerdispersionen Milliardenumsätze am Weltmarkt erzielt
allerdings bei geringem Marktwachstum. Ein dynamisches
Marktwachstum wird hingegen bei neueren Nanomaterialien wie
Kohlenstoffnanoröhren,
Polymernanokompositen,
Aerogelen,
organischen Halbleitern und anorganischen Nanopartikeln erwartet,
vorausgesetzt, dass „Show Stopper“ technologischer (z.B. Probleme
beim Upscalen von Herstellungsprozessen) oder sozioökonomischer
Art (z. B. Toxizität von Nanomaterialien) keinen hemmenden
Einfluss ausüben.
•
Die Marktrelevanz der Nanotechnologie im Automobilbau wird von
deutschen Nanotechnologie- und Automobilunternehmen derzeit
noch relativ gering eingeschätzt, u.a. aufgrund langer, an
Innovationszyklen der verschiedenen Modellserien gekoppelte
Vorlaufzeiten
für
Technologieentwicklungen.
In
einigen
Automobilkomponenten hat die Nanotechnologie jedoch schon
Eingang in Serienprodukte gefunden (z. B. kratzfester Lack,
nanobeschichtete
Einspritzpumpen,
LED-Rücklichter
etc.).
Langfristig
wird
nanotechnologisches
Know-how
einen
III
IV
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
entscheidenden Wettbewerbsvorteil im Automobilbau darstellen
hinsichtlich sämtlicher relevanter Kriterien von der Ökologie (z. B.
energieeffiziente Antriebe, Leichtbau, Schadstoffreduktion und
Ressourcenschonung), über die Sicherheit (Passive und Aktive
Sicherheit) bis hin zum Komfort (Produktdesign, Infotainment etc.).
•
Marktpotenziale in der Optischen Industrie ergeben sich vor allem in
der Herstellung ultrapräziser Optiken für die Halbleiterfertigung
(optische Lithografie), im Bereich optoelektronischer Lichtquellen
(Laserdioden und LED) sowie im Displaybereich (OLED und FED),
wo jeweils bis zum Jahr 2006 mit Mrd. USD Umsätzen zu rechnen
ist.
•
Die Life Sciences werden langfristig als einer der bedeutendsten
Märkte für die Nanotechnologie eingeschätzt. Mittelfristig sind die
Umsatzpotenziale nanotechnologischer Produkte beispielsweise im
Vergleich mit der Chemie, Optik und Elektronik eher gering
einzustufen.
Der
Hauptanteil
des
nanotechnologischen
Marktpotenzials im Bereich der Life Sciences basiert auf
biomedizinischen Schnelltests (DNA-, Protein-Chips), bei denen der
nanotechnologische Einfluss in erster Linie im Bereich der
Detektionssysteme deutlich wird.
•
Nach den Ergebnissen der Unternehmensbefragung zeigt sich, dass
der häufigste Startpunkt für die Nanotechnologie in Unternehmen im
Zeitraum von 1996 bis 2000 zu sehen ist. In diesem Zeitraum haben
sowohl die Beobachtung der nanotechnologischen Szene als auch
eigene FuE-Arbeiten und die Nutzung der Nanotechnologie in
Produkten ihren stärksten Zuwachs erlebt. In diesen Zeitraum fallen
z. B. auch die vom BMBF initiierten Diskussionen über
marktrelevante Bezüge (1996) und die Einrichtung der
Kompetenzzentren (1998) für den Bereich Nanotechnologie mit
öffentlicher Förderung.
•
Die im Rahmen dieser Studie befragten Unternehmen lehnen die
Aussagen, dass Nanotechnologie nur ein neues Experimentierfeld
darstellt, ebenso ab wie in abgeschwächter Form auch die Aussage,
dass durch die Nanotechnologie die Technologiekompetenz
abgerundet würde. Dieses Ergebnis widerlegt eindeutig die vielfach
verbreitete Aussage, dass Nanotechnologie lediglich einen „Hype“
darstellt.
•
Die Ergebnisse der Unternehmensbefragung haben ferner gezeigt,
dass der Bereich Chemie (einschließlich Materialien) eindeutig an der
Spitze der Nanotechnologiefirmen und -anwendungen in Deutschland
steht (gemessen an der Anzahl der Unternehmen, der Häufigkeit
bereits exisitierender nanotechnologischer Produkte und an deren
Umsatzpotenzial bis zum Jahr 2006), gefolgt von den Life Sciences
(Medizintechnik/Gesundheit) und IuK.
Überblick der Ergebnisse
•
Die wichtigsten Innovationshürden in Deutschland sind hohe
Investitionskosten, mangelndes Fremdkapital und nicht ausreichende
Fördermittel, die ausschließlich finanzieller Natur sind. Die
Rangfolge der genannten Barrieren lässt darauf schließen, dass die
Entwicklung neuer Produkte oder Verfahren im Bereich der
Nanotechnologie erhebliche Investitionen erfordert, die nicht allein
aus dem Eigenkapital heraus finanziert werden können. Mit der
Erschließung von Märkten mit Hilfe der Nanotechnologie sind
ebenfalls deutliche Investitionen verbunden, die nicht ohne weiteres
von der Industrie alleine aufzubringen sind. Begrenzte
Marktkenntnisse
und
noch
unzureichende
Kooperationsverflechtungen, insbesondere in den bislang noch nicht so stark von
der Nanotechnologie durchdrungenen Branchen, stellen eine Barriere
für die Innovationsgeschwindigkeit und die Diffusion neuer
Anwendungsbereiche dar. Ebenso stellt die Zusammenarbeit der
Finanzwirtschaft und der Nanotechnologieunternehmen eine wichtige
Herausforderung für die Zukunft dar, die insbesondere in
Deutschland ungelöst ist.
•
Signifikante Unterschiede zwischen den Innovationshürden für KMU
und Großunternehmen lassen sich in drei Bereichen identifizieren:
™ Ein deutlicher Unterschied besteht bei den Finanzierungsquellen.
KMU haben in ihrer Wahrnehmung deutlich schlechtere
Zugangsbedingungen zum Kapitalmarkt als Großunternehmen.
Entsprechend bildet die Finanzierung ihrer Aktivitäten auch für
38,6 Prozent der KMU eine wichtige Innovationshürde. Im
Unterschied dazu bildet der Zugang zum Kapitalmarkt für
Großunternehmen nur in 7,7 Prozent der Stichprobe eine
gravierende Innovationshürde.
™ Ähnlich liegt der Unterschied bei dem Zugang zu
Marktinformationen. Auch hier sieht mit 21,3 Prozent der KMU
eine deutliche höhere Zahl als bei den Großunternehmen mit 3,7
Prozent eine wichtige Innovationshürde.
™ Schließlich bildet die mangelnde Verfügbarkeit von kompetenten
regionalen Kooperationspartnern eine weitere Innovationshürde,
bei der sich die Einschätzung der KMU in der Stichprobe von der
der Großunternehmen unterscheidet. 22,2 Prozent der KMU
sehen diese Innovationshürde als wichtig an, während bei den
Großunternehmen lediglich 7,4 Prozent dies als eine wichtige
Innovationshürde angeben.
•
Die Zurückhaltung von Investitionen der Venture-Capital-Branche in
Start-up-Unternehmen wirkt sich derzeitig äußerst negativ auf
Unternehmensgründungen im deutschen Nanotechnologie-Umfeld
aus. Die klassische Bankfinanzierung von Unternehmensgründungen
V
VI
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
ist in den letzen Jahren zunehmend schwieriger geworden, da sich die
deutsche Bankenlandschaft selbst in einer Krise befindet.
•
Konservative Schätzungen des Beschäftigungszuwachses von
Arbeitsplätzen in der Nanotechnologie lassen in Deutschland eine
Zunahme von mindestens 10.000 bis 15.000 Arbeitsplätzen bis 2006
erwarten. Auch wenn eine exakte Ermittlung der Anzahl der
Arbeitsplätze im Bereich Nanotechnologie nicht möglich ist, lässt
sich abschätzen, dass bereits heute zwischen ca. 20.000 - 32.000 und
114.000 Arbeitsplätze in Deutschland in ca. 450 Unternehmen direkt
oder indirekt von der Nanotechnologie abhängig sind.
•
Für das Jahr 2015 wird erwartet, dass fast jeder Industriebereich
durch die Nanotechnologie beeinflusst wird. Bei den
erwartungsgemäß am stärksten von der Nanotechnologie
beeinflussten Bereichen handelt es sich aus internationaler Sicht um
die Bereiche Chemie, den Bereich Life Sciences und die Elektronik.
•
Es lässt sich feststellen, dass Deutschland zurzeit über eine sehr gute
Ausgangsbasis
für
die
wirtschaftliche
Umsetzung
der
Nanotechnologie-Aktivitäten verfügt. Die Exzellenz in der Forschung
spiegelt allerdings nicht in vollem Umfang die wirtschaftliche
Umsetzung wider. Hier sind die USA und Japan Deutschland bisher
überlegen. Ebenso ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass
weltweit die Investitionen und staatlichen Förderungen im Bereich
der Nanotechnologie erheblich zugenommen haben. Das ist auch auf
die prognostizierten, sehr hohen Marktvolumina zurückzuführen.
Daher ist in Zukunft ein noch stärkerer internationaler Wettbewerb in
Bezug auf die Nanotechnologie zu erwarten.
9
1
EINLEITUNG
1.1
Ausgangslage und Ziel der Studie
Die Nanotechnologie ist eine der Schlüsseltechnologien des 21.
Jahrhunderts. Bereits heute werden mit Produkten, die sich nur mit Hilfe
der Nanotechnologie realisieren lassen, beträchtliche Umsätze erzielt.
Diese Umsätze dürften mit dem wirtschaftlichen Durchbruch der
Nanotechnologie zukünftig enorm steigen.
Als Beispiele für heutige und zukünftige Anwendungsfelder der
Nanotechnologie lassen sich unter anderem die Pharmazie, die
Elektronik, der Bereich Neue Materialien, der Automobilbau und der
Maschinenbau sowie die Umwelttechnik nennen. Eine allgemein
anerkannte breite Datenbasis zum wirtschaftlichen Potenzial ist bisher
allerdings noch nicht erarbeitet worden bzw. liegt nicht öffentlich
zugänglich vor. Das wirtschaftliche Potenzial der Nanotechnologie ist
daher zum gegenwärtigen Zeitpunkt - so die Ausgangshypothese der
vorliegenden Studie - mit Erhebungen, basierend auf rein quantitativen
Methoden der empirischen Wirtschaftsforschung kaum realistisch
einzuschätzen.
Erste übergeordnete veröffentlichte Studien (z. B. Evolution Capital,
2001; DG Bank und GZ Bank, 2001; Beckmann und Lenz, 2002; TAB,
2003) sind bisher noch zu lückenhaft, als dass sie die wirtschaftliche
Bedeutung der Nanotechnologie für sämtliche betroffenen Branchen
präzise abbilden könnten, zumal die Definition meist vage bleibt.
Darüber hinaus werden in solchen übergeordneten Studien in der Regel
die jeweiligen sogenannten Lead-Märkte1 einzelner Länder nicht
hinreichend berücksichtigt. Während beispielsweise die Bereiche
Elektronik, Informations- und Kommunikationstechnologie (IuK) und
Biotechnologie in den USA betroffene Lead-Markets darstellen, sind dies
in Deutschland vor allem die Branchen Chemie, Automobilbau, Optik,
Life Sciences (in dieser Studie Medizintechnik/Gesundheit) und
Elektronik. Bezeichnend für diese Lead-Market-Branchen ist, dass sie in
einem besonders intensiven Partnerschaftsverhältnis zur Wissenschaft
stehen, aus der sie ihre technologische Stärke schöpfen (siehe dazu unter
anderem BMBF, 2002; Beise, 2002; Manager Magazin, 9/2002).
1
Der Begriff „Lead-Market“ wird in der Literatur teilweise unterschiedlich benutzt.
Wir orientieren uns in dieser Studie an einer Definition, die im Jahr 2002 in einer
Studie des BMBF vorgeschlagen wurde. Diese lautet: „Lead-Märkte sind regionale
Märkte (in der Regel Länder), die ein bestimmtes Innovationsdesign früher als andere
Länder nutzen und über spezifische Eigenschaften (Lead-Market-Faktoren) verfügen,
die die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass in anderen Ländern das gleiche
Innovationsdesign ebenfalls breit adoptiert wird“ (BMBF, 2002, S. 108).
Schlüsseltechnologie
Ausgangshypothese
Vorhandene Studien
lückenhaft
Lead-Märkte
10
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Auch wenn die wenige verfügbare Literatur zum direkten und indirekten
wirtschaftlichen Potenzial der Nanotechnologie mehr oder weniger noch
mit deutlichen Schwächen behaftet ist, so kann sie dennoch als
nutzbringende Ausgangsbasis für eine Studie aufbereitet werden, die eine
realistische Einschätzung des Markvolumens und der Markrelevanz
sowohl für Deutschland selbst als auch im internationalen Kontext zum
Ziel hat.
1.2
Methodenmix
Bewährt in der
Anwendung
Arbeitsphase 1
Arbeitsphase 2
Methodisches Vorgehen
Für eine derartige Studie zum wirtschaftlichen Potenzial einer noch sehr
jungen neuen Technologie bietet sich ein Methodenmix geradezu an.
Nach Alemann (1995) sind qualitative (z. B. Experteninterview und
Literaturanalyse) und quantiative Methoden (z. B. standardisierte
Umfrage) eher als komplementäre denn als konkurrierende Methoden der
Erkenntnisgewinnung zu verstehen. Bei qualitativen Methoden werden
offene Verfahren bevorzugt, die den beforschten Personen (oder präziser:
den Befragten) möglichst wenig Restriktionen bei der Formulierung ihrer
subjektiven Realitätskonstruktionen auferlegen. Im Kontext von
quantitativen Methoden werden in der Regel standardisierte
Messinstrumente eingesetzt, um die gemessenen Variablen zu
quantifizieren und mit Hilfe statistischer Modelle auszuwerten.
Mittlerweile setzt sich in der empirischen Wirtschafts- und
Sozialforschung immer stärker der Ansatz durch, dass "es den einen
methodischen Königsweg nicht gibt, sondern eine dem jeweiligen
Gegenstandsbereich, der Fragestellung und den verfügbaren finanziellen,
zeitlichen usw. Ressourcen Rechnung tragende Methodenkombination,
insbesondere aus qualitativen und quantitativen Methoden, anzuwenden
ist" (Wollmann, 2001, S. 382).
Dieses Verfahren der Methodenkombination bzw. des Methodenmix hat
sich bei Auswertung des Datenmaterials zur Evaluation der
Mikrosystemtechnik (einer ebenfalls noch recht jungen Technologie)
bereits bewährt und kann die Defizite der jeweiligen qualitativen und
quantitativen Methoden in einer Studie zum wirtschaftlichen Potenzial
der Nanotechnologie umgehen helfen (Heimer und Werner, 2004).
Für die Studie wurden - nach der Festlegung einer (breiten) Definition
von Nanotechnologie - zunächst intensive Recherchen im Internet und in
Datenbanken zu Marktaussagen und Patenten in Bezug auf
Nanotechnologie durchgeführt. Daneben wurden ca. 15 explorative
Experteninterviews mittels Interviewleitfaden geführt. Dies diente vor
allem der Sammlung von Hintergrundinformationen (Arbeitsphase 1).
Nach diesen eher vorbereitenden Arbeiten erfolgte eine Befragung
mittels standardisiertem Fragebogen der in Deutschland ermittelten
Unternehmen, die im Bereich Nanotechnologie aktiv sind. Der
Fragebogen wurde vor seinem Einsatz einem Pretest unterzogen. Die
Kapitel 1
11
Unternehmensbefragung wurde mittels des Statistikprogramms SPSS
ausgewertet. Die Entscheidung für SPSS wurde getroffen, da dieses
Softwarepaket solide Auswertungsmöglichkeiten bietet und eine
exzellente Datenverwaltung bereitstellt (Arbeitsphase 2).
Sämtliche aufbereiteten Ergebnisse der Literaturanalyse, der
Patentanalyse, der Experteninterviews und der Unternehmensbefragung
wurden in Thesenform als konstruktive Konfrontationsbasis in
Expertenworkshops eingespeist (Delphi-Methode).2 An den Workshops
nahmen Experten aus/von Banken, Wissenschaft, Kompetenzzentren der
Nanotechnologie, Produzenten, Zulieferern, Systementwicklern und
Venture-Capital-Unternehmen teil. Diese Experten dienten einerseits als
kritische
Kommentatoren
der
Ergebnisse,
resultierend
aus
Literaturanalyse,
Experteninterviews,
Patentanalyse
und
Unternehmsbefragung. Andererseits brachten sie zusätzliches
Expertenwissen aus ihrer jeweiligen Perspektive zum wirtschaftlichen
Potenzial der Nanotechnologie ein. Überdies hatten sie die Aufgabe,
sämtliche Ergebnisse zu bewerten. Um die Bedeutung der
Nanotechnologie für die deutschen Lead-Markets aufzeigen zu können,
wurde ein besonderes Augenmerk auf diejenigen Branchen gelegt, die
die technologische Leistungsfähigkeit der deutschen Industrie prägen
(Chemie, Automobilbau, Optik, Life Sciences3 [in dieser Studie
Medizintechnik/Gesundheit] und Elektronik4). Die durch ein solches
Bündeln gewonnenen Daten wurden durch das Projektteam nochmals
aufbereitet und vor ihrer abschließenden Dokumentation abermals in das
jeweilige branchenspezifische Expertennetzwerk zur Validierung
eingespeist (Arbeitsphase 3).
2
3
4
Bei Anwendung der Delphi-Methode werden Experten aus dem jeweiligen zu
untersuchenden Themenfeld in der Regel in einem Durchlauf oder mehreren
Durchläufen befragt. Es wird ihnen meist ein ausführlich strukturierter Katalog mit
Fragen und Thesen vorgelegt, mit dem sie Einschätzungen über zukünftige
Entwicklungen und Trends abgeben sollen.
Das BMBF hat zum Thema „Nanotechnologie und Gesundheit“ eine Studie in
Auftrag gegeben, die im Herbst 2004 erscheint. In dieser Studie finden sich auch
Ergebnisse zu den Marktpotenzialen der Nanotechnologie im Bereich Life Sciences.
Um eine mögliche Doppelarbeit zu vermeiden, wurde auf die Durchführung eines
eigenen Workshops verzichtet.
Dank der International Technology Roadmap for Semiconductors (ITRS) gehört die
Elektronik zu den Technologien, deren zukünftige Entwicklung sehr gut beschrieben
ist. Da die Halbleiterindustrie sehr investitionsintensiv ist, sind Marktprognosen
außerordentlich wichtig für unternehmerische Entscheidungen. Dieser Bedarf wird
durch eine ganze Reihe von (kommerziellen) Marktforschungsinstituten bedient. Die
Prognosen reichen derzeit ca. bis zum Jahr 2008. Wie sich dabei der Anteil der
Nanoelektronik zur Mikroelektronik entwickeln wird und für welche Branchen sich
daraus welche Konsequenzen ergeben, ist bisher noch nicht hinreichend systematisch
untersucht worden, konnte jedoch mittels Sekundäranalyse ausgewählter
kommerzieller Marktstudien herausgefiltert werden. Ein gesonderter Workshop war
aus diesem Grund nicht notwendig.
Arbeitsphase 3
12
Arbeitsphase 4
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Im Anschluss daran folgte die abschließende Zusammenführung und
Bewertung der gesamten ermittelten Ergebnisse. Die Ergebnisse wurden
unter anderem im Kontext mit Ergebnissen aus anderen verfügbaren
kommerziellen Quellen bewertet (Markus-Datenbank und aktuelle
Marktstudie der Deutschen Bank, Fecht et al., 2003). Dies diente der
Plausibilisierung der gesamten Ergebnisse und dem Herausarbeiten der
spezifischen Perspektiven für den Standort Deutschland. Dabei wurde
eine Stärken-Schwächen-Analyse der internationalen Wettbewerber in
diesem Umfeld, ihre momentane und zukünftige Orientierung im
Forschungs- und Applikationsbereich als auch eine vergleichende
Positionsbestimmung Deutschlands vorgenommen. Auf der Basis der
zusammengestellten Informationen wurde mit strukturierten Methoden
(swot analysis und white spot analysis) eine Analyse des Status in
Deutschland sowie der vorhandenen Chancen und Defizite durchgeführt
(Arbeitsphase 4).
1.3
Nanotechnologie:
grundsätzliche
Anmerkungen
Sekundäranalyse
Patentanalyse
Unternehmensbefragung
Aufbau des Berichtes
Entsprechend dieser mehrstufigen und kombinierten methodischen
Vorgehensweise ist die vorliegende Studie aufgebaut. Nach den eher
grundsätzlichen Anmerkungen zur Nanotechnologie (unter anderem zur
Definition, zu neuen Effekten sowie zu Akteuren und internationalen
Aktivitäten) in Kapitel 2 wird zunächst vor allem beschrieben, welche
Anwendungs- und Marktperspektiven in Produkten und Produktgruppen
bereits existieren und welche in naher Zukunft zu erwarten sind. Unter
Produkte sollen hierbei unter anderem Produkte aus den Bereichen
Nanomaterialien, Nanoelektronik und Nano-Optik verstanden werden.
Auf der Basis einer Sekundäranalyse der verfügbaren deutschen und
internationalen Literatur erfolgt eine erste Einschätzung der
Marktperspektiven (Kapitel 3).
Im Anschluss daran werden auf der Grundlage einer Patentanalyse
Aussagen getroffen über die inhaltlichen Schwerpunkte und die zeitliche
Entwicklung der Patentanmeldungen in der Nanotechnologie weltweit
(Kapitel 4). Durch eine Untersuchung der in den relevanten Datenbanken
(z. B. WP-INDEX, EUROPATFUL, USPATFUL) verfügbaren Angaben
über die Erfinder und die Patentanmelder werden Erkenntnisse darüber
gewonnen, welche Rolle deutsche Unternehmen und Wissenschaftler
dabei einnehmen.5
Im Rahmen der Unternehmensbefragung, deren Ergebnisse sich in
Kapitel 5 finden, wird unter anderem ermittelt, an welchen Punkten in
der Wertschöpfungskette Unternehmen (Zulieferer und Systementwickler) in Deutschland in den Bereich Nanotechnologie einsteigen. Dies
5
Diese Arbeiten wurde im Rahmen einer speziellen Kooperation mit dem
Europäischen Patentamt, Kontaktperson: Manfred Scheu, durchgeführt.
Kapitel 1
liefert Anhaltspunkte für die Beurteilung der ökonomischen Perspektiven
für die Nutzung der Nanotechnologie. Daneben werden im Rahmen der
Befragung Voraussetzungen/Kompetenzen identifiziert, denen für die
Entwicklung, den Einsatz und die Diffusion von Nanotechnologie
zentrale Bedeutung zukommt. Schließlich werden Hemmnisse für
nanotechnologische Innovationen aufgezeigt. Damit finden sich drei
Schwerpunkte in der Unternehmensbefragung: (Markt)potenziale,
Einsatzvoraussetzungen und Innovations-/Diffusionshemmnisse.
13
Drei Schwerpunkte
der Befragung
Mit Blick auf das Marktpotenzial wird durch die Befragung der
Unternehmen erfasst, wie sie die Effekte des Einsatzes der
Nanotechnologie einschätzen, und zwar im Hinblick auf die
internationale Wettbewerbsfähigkeit (Exporte), die Wachstumsperspektiven und die möglichen direkten Beschäftigungseffekte. Der
Fragenkomplex Voraussetzungen/Kompetenzen bildet insbesondere die
Anforderungen an die Ressourcenbasis der Unternehmen (Know-how,
Qualifikation der Beschäftigten etc.) ab. Mögliche Hemmnisse im
ökonomischen Einsatz von Nanotechnologie reichen von Mängeln in der
Ressourcenbasis über Probleme in der Zusammenarbeit mit
wissenschaftlichen Einrichtungen bis hin zu Akzeptanzproblemen bei
potenziellen Kunden und fehlenden infrastrukturellen Voraussetzungen.
Die erfolgte Abgrenzung des Marktes für Nanotechnologie und die
Identifizierung der hierin aktiven Unternehmen dient auch als
Ausgangsbasis für eine erste empirische Erhebung der durch die neue
Technologie und ihre Produkte ausgelösten Beschäftigungseffekte in
Deutschland. Der gegenwärtige primäre Beschäftigungseffekt kann aus
der Summe der Unternehmensmitarbeiter in kleinen und mittleren
Unternehmen (KMU) und Großunternehmen (GU) abgeleitet werden.
Die Umfrage richtete sich an ausgewählte Unternehmen, die bereits im
Bereich Nanotechnologie aktiv sind. Die Auswahl dieser Unternehmen
beruhte auf drei Quellen: Zunächst wurden Unternehmen aus dem
Umfeld der Kompetenzzentren Nanotechnologie einbezogen. Dieser
Kreis wurde ausgedehnt auf Unternehmen, die an Förderprogrammen zur
Nanotechnologie teilnehmen bzw. teilgenommen haben. Schließlich
wurden diese beiden Quellen mit jungen Unternehmen auf der Basis von
Angaben von Venture Capital Unternehmen, der Deutschen Bank und
ähnlichen Institutionen vervollständigt. Insgesamt konnte aus diesen
Quellen ein Bestand von ca. 450 zu befragenden Unternehmen erzielt
werden.
Da sich die Nanotechnologie zur Zeit noch in der Frühphase der
kommerziellen Nutzung befindet bzw. die Nutzungsperspektiven sich
erst allmählich herausbilden, ist eine solche zielgerichtet ausgewählte
Befragungsgrundgesamtheit einer reinen Zufallsstichprobe von
Unternehmen aus forschungsökonomischer Perspektive eindeutig
überlegen. Allerdings muss bei der Interpretation der Daten die
ca. 450
Unternehmen in der
Nanotechnologie
aktiv
14
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
spezifische Auswahl der Unternehmen berücksichtigt werden (dazu
ausführlicher Kapitel 5).
Branchenspezifische
Workshops
Market Assessment
Fazit
Die Aufbereitung der gewonnenen Daten (aus den Arbeitsphasen 1 und
2) in Bezug auf eine deutliche Abgrenzung/Beschreibung relevanter
Märkte und Marktvolumina, eine Identifizierung betroffener Branchen,
eine Einordnung der Außenhandelsposition Deutschlands und eine
Einschätzung
über
Beschäftigungseffekte
sowie
eine
Positionsbestimmung Deutschlands im internationalen Kontext diente als
Input in Form eines Katalogs mit Fragen und Thesen (im Sinne einer
konstruktiven Konfrontationsbasis) für branchenspezifische Workshops.
Um die Bedeutung der Nanotechnologie für die deutschen Lead-Markets
aufzeigen zu können, werden die identifizierten Produkte den
entsprechenden Märkten zugeordnet. Die internationale Position
Deutschlands
in
der
Nanotechnologie
wurde
durch
die
Selbsteinschätzung der Unternehmen innerhalb der Unternehmensbefragung erhoben.6 Die Unternehmen haben zeitnahe Informationen
darüber, welche Marktpotenziale in näherer Zukunft zu erwarten sind
und wo ihre internationalen Wettbewerber mit welchen Entwicklungen
angesiedelt sind. Die Ergebnisse dieses Arbeitsprozesses werden in
Kapitel 6 behandelt.
Die gesamten Ergebnisse aus den Arbeitsphasen 1-4 werden in Kapitel 7
miteinander verbunden, diskutiert und einem Market Assessment
unterzogen. Dazu werden die Ergebnisse unter anderem im Kontext mit
Ergebnissen aus anderen verfügbaren kommerziellen Quellen bewertet.
Dabei wird unter anderem die Wettbewerbsposition Deutschlands im
internationalen Umfeld qualitativ bewertet.
Im abschließenden Kapitel 8 wird zum einen ein Fazit gezogen und zum
anderen werden Handlungsoptionen für die Akteure aus Wirtschaft,
Wissenschaft und Politik aus den Ergebnissen der Studie abgeleitet.
6
Außenhandelsdaten für innovative Produkte der internationalen Produktnomenklatur
werden meist mit Hilfe des Innovation Global Sourcing Management Tools (GSMT)
und auf Basis von OECD oder EUROSTAT berechnet (z. B. ZEW). Dies gelingt für
Branchen, die durch diese Statistiken abgedeckt sind. Dieses Tool ist für die
Nanotechnologie als Technologie im nascenten Zustand derzeit nur sehr begrenzt
anwendbar, da Umsätze, FuE-Aufwendungen etc. derzeit in amtlichen Statistiken wie
EUROSTAT nur unzureichend erfasst sind.
15
2
ANMERKUNGEN ZUR NANOTECHNOLOGIE
NANOTECHNOLOGIE
2.1
Definition eines facettenreichen Begriffs
Weltweit findet die Nanotechnologie zunehmend öffentlich Beachtung
und wird als eine der wichtigsten Zukunftstechnologien bezeichnet.
Dabei stellt sie weniger eine Basistechnologie im klassischen Sinne mit
eindeutig abgrenzbarer Definition dar, sondern beschreibt vielmehr eine
neue interdisziplinäre und branchenübergreifende Herangehensweise für
weitere Fortschritte in der Elektronik, Optik, Biotechnologie oder bei
neuen Materialien. In der Nanotechnologie nutzt man zum einen das
Konstruieren mit den elementaren Einheiten der belebten und unbelebten
Natur, nämlich die Atome und Moleküle, vergleichbar dem Basteln mit
einem Lego-Baukasten. Zum anderen stellt man aber auch durch
Verkleinerung Strukturen her, welche nur noch ein Tausendstel eines
Haardurchmessers messen. Diese Aufgabe ist vergleichbar mit der
Herausforderung, das gesamte Straßennetz Deutschlands maßstabsgetreu
auf einen Fingernagel zu schreiben - und zwar fehlerfrei.
Definition nicht
eindeutig
Im Produktbereich vollzieht sich derzeit aber eher eine evolutionäre als
eine revolutionäre Entwicklung. Computer werden immer schneller,
Handys immer vielseitiger, Optiken in den DigiCams immer kleiner und
z. B. Autolacke immer härter. Nanotechnologie liefert hierzu zunehmend
Erkenntnisse. Revolutionär veränderte Marktbereiche wird es eher in der
Zukunft geben, beispielsweise im Pharma- und Medizinbereich, oder etwas näher in der Zukunft - in der Beleuchtungstechnik.
Für die Arbeiten des Bundesministeriums für Bildung und Forschung
(BMBF) im Bereich der Nanotechnologie wird in den offiziellen
Veröffentlichungen folgende Formulierungsgrundlage verwendet
(BMBF, 2004):
„Nanotechnologie beschreibt die Herstellung, Untersuchung und
Anwendung von Strukturen, molekularen Materialien, inneren Grenzund Oberflächen mit mindestens einer kritischen Dimension oder mit
Fertigungstoleranzen (typischerweise) unterhalb 100 Nanometer.
Entscheidend ist dabei, dass allein aus der Nanoskaligkeit der
Systemkomponenten neue Funktionalitäten und Eigenschaften zur
Verbesserung bestehender oder Entwicklung neuer Produkte und
Anwendungsoptionen resultieren. Diese neuen Effekte und Möglichkeiten
sind überwiegend im Verhältnis von Oberflächen- zu Volumenatomen
und im quantenmechanischen Verhalten der Materiebausteine
begründet.“
Bei der Definition der Nanotechnologie gibt es noch keine international
einheitliche Sichtweise. Speziell die Frage der Abgrenzung zur
Mikrotechnologie, zu bestehenden chemischen Prozessen oder auch die
Zugehörigkeit verschiedener Verfahren und Methoden zur
Nanobiotechnologie wird über die Erläuterung von Beispielen
Verwendung einer
praktikablen
Formulierungsgrundlage
16
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
verdeutlicht. Eine absolut richtige und unanzweifelbare Definition für die
Klassifizierung von technologischen Prozessen und Produkten in die
Nanotechnologie gibt es nicht.
Nanotechnologie
versus
Nanotechnologie
Eine zweite Schwierigkeit besteht in der „Schärfe“ der möglichen
Abgrenzung. Die eher anwendungsorientiert ausgerichteten Experten
sehen die Nanotechnologie als Bereich unterhalb der Mikrotechnologie,
mit einer breiten Grauzone der Zugehörigkeit zu einem der beiden
Felder, während die „Hardliner“ eher Verfechter der „Molekularen
Nanotechnologie“ sind; diese betrachten die Verwendung individueller
Bausteine (Atome und Moleküle) für die Herstellung von Systemen
Atom für Atom bzw. Molekül für Molekül.
Dadurch ergeben sich für die objektive Beschreibung dessen, was
Nanotechnologie ist, Schwierigkeiten, welche auch in der Darstellung der
in dieser Studie dargestellten industriellen Produkte deutlich werden: Der
Nanobezug ist einem Produkt eben nicht immer eindeutig zuzuweisen.
Die folgende Diskussion verdeutlicht daher, warum die Arbeitsgrundlage
des BMBF sicherlich eine pragmatisch nützliche ist.
Größe allein nicht
ausreichend
Für die Definition von Nanotechnologie gibt es im Wesentlichen zwei
Kriterien, die teilweise unterschiedlich angewendet werden. Zum einen
können rein geometrische Maßstäbe angelegt werden, die die reine Größe
der Objekte berücksichtigen. Ein Nanometer ist ein Milliardstel Meter
(10-9 m), etwa 50.000 mal kleiner als der Durchmesser eines menschlichen Haars oder nur etwa zehn mal so groß wie ein Wasserstoffatom.
Auf dieser Skala gelten nicht mehr die Gesetzmäßigkeiten der
klassischen Physik, sondern es kommen neue Eigenschaften und
Funktionalitäten aufgrund des sehr großen Verhältnisses von
Oberflächen- zu Volumenatomen bei sehr kleinen Partikeln und aufgrund
des quantenmechanischen Verhaltens dieser Materiebausteine hinzu (vgl.
Abbildung 2.1).
Bisherige Betrachtungsweise
Notwendige Änderung
Klassische Kontinuumsphysik
Festkörpereigenschaften
Volumen dominierend
Homogene Materialien
Quantenmechanik
Bindungseigenschaften
Oberfläche dominierend
Inhomogene
Materialmischungen
Kombination mit
Selbstorganisation
Individuelle Teilchen
Einfache Miniaturisierung
Statistische Ansammlungen
Abbildung 2.1:
Geänderte Sichtweise ausgewählter Eigenschaften beim Übergang zur
Nanoskala.
Hieran ist bereits zu erkennen, dass das geometrische Kriterium allein
nicht ausreichend ist, den Zuständigkeitsbereich der Nanotechnologie
abzugrenzen. Das daher notwendige zweite Kriterium basiert auf einer
eher phänomenologischen Betrachtungsweise. Mit der Nanoskaligkeit
kommen neue Effekte, Funktionalitäten bzw. neue Qualitäten der
Eigenschaften hinzu (z. B. Antireflexionsvermögen, Transparenz,
Kapitel 2
17
Kratzfestigkeit, Farbigkeit etc.). Diese neuen physikalischen
Eigenschaften sind jedoch nicht nur an eine allgemein festlegbare
Partikelgröße gebunden, sondern können z. B. zusätzlich von der
Materialklasse abhängen. Darüber hinaus sind mit der Nanotechnologie
neuartige Herstellungs- und Kontrollmöglichkeiten für einzelne Objekte
auf der Nanoskala verbunden. Hierzu gehören auch selbstorganisierende
Systeme, die aus nanoskaligen Einzelbausteinen (z. B. Molekülen) eine
neue Struktur aufbauen.
Diese beiden Aspekte der Nanotechnologie erfordern eine gekoppelte
Betrachtungsweise von Strukturgröße und Funktion, wie in der BMBFFormulierung auch angewendet. Eine scharfe Definition dessen, was zur
Nanotechnologie gehört, erweist sich deswegen als schwierig (und auch
wenig sinnvoll), weil es viele Grenzfälle gibt. In den meisten
Forschungsprogrammen weltweit werden somit Beispiele und
Größenvergleiche herangezogen, um eine Vorstellung von dem zu
vermitteln, was zur Nanotechnologie gezählt werden sollte.
2.2
BottomBottom-upup- und TopTop-downdown-Strategien
Eigenschaftsänderungen durch Nanoskaligkeit beruhen in hohem Maße
auf einer neuen Herangehensweise der Nutzung von Dimension, Form
und Zusammensetzung zum Erzielen neuer physikalischer, chemischer
und biologischer Wirkprinzipien. Aufgrund dieser Integrationstendenzen
hat sich die heutige Nanotechnologie im Wesentlichen aus drei
Richtungen kommend entwickelt, die sich auf der Nanoebene treffen
(vgl. Abbildung 2.2):
Strukturgrößen
Technische Physik
d
topown
MAKRO
Elektrotechnik
Elektronik
MIKRO
MikroElektronik
Biologie
Anwendungen der
Nanotechnologie
MaterialDesign
Zellbiologie
Quanteneffekte
MolekularBiologie
NANO
Funktionales
Moleküldesign
botto m-up
Chemie
KomplexChemie
1960
Abbildung 2.2:
Elektronikgeräte
Photonikelemente
Sensoren
Biochips
...
Integrierte
Nutzung von
physikalischen Gesetzen
biologischen Prinzipien
chemischen Eigenschaften
Supramolekulare
Chemie
1980
heute
2020
2040
Jahr
Generelle Entwicklungstendenzen und Bezug zur Nanotechnologie
(Quelle: VDI TZ)
Strukturgröße und
Funktion gekoppelt
18
3 Entwicklungslinien
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
•
Physikalisch-technische Verfahren waren in den letzten Jahrzehnten
maßgeblich der Treiber zur Erzeugung immer komplexerer
Schaltkreise und damit kleinerer Strukturen (Top-downBestrebungen) in der Mikroelektronik. In den Einkaufsregalen
begegnen uns immer höher getaktete Prozessoren und zunehmend
kapazitätsreichere Speicherbausteine und Festplatten.
•
Erkenntnisse aus der Komplexchemie und der Supramolekularen
Chemie haben zum gezielten Aufbau hochmolekularer funktionaler
chemischer Verbindungen mit enormem Anwendungspotenzial in der
Katalyse, Membrantechnik, Sensorik oder Schichttechnologie geführt
(Bottom-up-Bestrebungen).
•
Das Verständnis biologischer Prozesse wurde in jüngster Zeit auf
zellulärer wie molekularer Ebene entscheidend ausgebaut. Hierzu
gehören eine Vielzahl von Abläufen, wie z. B. die Selbstorganisation
von Molekülverbänden oder die Photosynthese, von technologisch
unerreichter Funktionalität und Komplexität auf engstem Raum.
Zukünftig gilt es, die zugrunde liegenden biologischen Prinzipien
verstärkt auf technische Systeme zu übertragen. Gleichzeitig stellt die
Biotechnologie einen immer umfangreicheren Werkzeugkasten von
Verfahren zum Design funktionaler Moleküle zur Verfügung, die den
zukünftigen
Einsatz
biologisch-technischer
Hybridsysteme,
beispielsweise für Implantate, künstliche Muskeln oder den
Organersatz greifbar nahe erscheinen lassen.
Auch können Methoden einer Disziplin durch Verfahren und
Fachkenntnisse aus anderen Fachrichtungen sinnvoll ergänzt werden. Um
nanoskalige Objekte zu untersuchen oder gezielt Strukturierungen
vorzunehmen, werden meist physikalische Verfahren genutzt. Die
Herstellung nanoskaliger Partikel hingegen ist in erster Linie eine
Domäne der Chemie. Biologische Nano-Objekte wie Proteine, Enzyme
oder Viren entstehen hingegen durch Selbstorganisation nach Bauplänen
der Natur, wobei ein Großteil der grundlegenden Prozesse, wie z. B. die
Photosynthese auf der Nanoskala bzw. auf molekularer Ebene, abläuft.
2.3
Neue Effekte durch Nanoskaligkeit
Einem Atom oder Molekül kommen uns vertraute physikalische
Eigenschaften wie elektrische Leitfähigkeit, Magnetismus, Farbe,
mechanische Härte oder ein bestimmter Schmelzpunkt noch nicht zu.
Materialien in Staubkorngröße hingegen besitzen bereits alle genannten
physikalischen Eigenschaften und unterscheiden sich in dieser Hinsicht
nicht von einem tonnenschweren Objekt aus Stahl. Nanotechnologie
spielt sich also in einem Übergangsbereich zwischen individuellen
Atomen oder Molekülen einerseits und größeren Festkörpern andererseits
ab. In diesem Zwischenbereich treten Phänomene auf, die man an
makroskopischen Gegenständen nicht beobachtet.
Kapitel 2
3 wesentliche Eigenschaftsänderungen in der Nanowelt
Quantenmechanisches
Verhalten
„Neue“ Technische Physik
durch Änderung von
• Farbe, Transparenz
• Härte
• Magnetismus
• elektrischer Leitfähigkeit
Vergrößerte
Oberfläche
„Neue“ Chemieprozesse
durch Änderung von
• Schmelz- und Siedepunkt
• chemischer Reaktivität
• katalytischer Ausbeute
Molekulare
Erkennung
„Neue“ Bioanwendungen
durch Kombination mit
• Selbstorganisation
• Reparaturfähigkeit
• Adaptionsfähigkeit
• Erkennungsfähigkeit
Fe3O4
Abbildung 2.3: Wesentliche Eigenschaftsveränderungen in der Nanowelt
Einige Beispiele für neue Funktionalitäten:
•
Die zunehmende Komplexität der Informationstechnik erfordert neue
elektronische und optoelektronische Eigenschaften, welche erst durch
Einsatz kleinerer Komponenten möglich werden.
•
Für Lacke und Farben bieten kleinste Partikel neue
Anwendungsmöglichkeiten, wie z. B. unterschiedliche Farbeffekte
durch kontrollierte Änderung ihrer Größe oder transparente und
dennoch funktionale Beschichtungen, wie Antischmutz-Versiegelung
oder UV-Schutz.
•
Minimale Beimischungen von Nanomaterialien ändern die
Eigenschaften eines Festkörpers deutlich, so dass Folien reißfester
werden und Keramiken kaum noch zerbrechen.
•
Die chemische Reaktivität und Lebensdauer von Katalysatoren kann
durch eine geeignete Strukturzusammensetzung an einer Oberfläche
deutlich erhöht werden.
2.4
Thematische und strukturelle Interdisziplinarität
Bei der Beförderung der Nanotechnologie ist es primär notwendig, durch
interdisziplinäre Ansätze in Forschung und Entwicklung das
nanotechnologische Know-how zu erweitern, indem die vorhandenen
wissenschaftlichen Ressourcen gebündelt werden. Danach ist die
anwendungsorientierte Umsetzung dieses Wissens in marktfähige
Produkte eine unumgängliche Aufgabe in einer hochentwickelten
Volkswirtschaft. Bezogen auf die Entwicklung neuer Anwendungen ist
die Nanotechnologie eine typische Querschnittstechnologie und daher in
Deutschland auch Inhalt vieler Verbundprojekte in den Fachprogrammen
19
Nanoskalige
Effekte
20
BMBF unterstützt
Interdisziplinarität
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
des BMBF (BMBF, 2002). Ziel der Fachprogramme des BMBF ist es,
die aus den Grundlagenerkenntnissen zur Nanotechnologie-Forschung
erkennbaren Anwendungsperspektiven aufzugreifen und die daraus
Mehrwert schaffenden Unternehmen bei der Umsetzung der Ergebnisse
zu unterstützen. In der Nanotechnologie gilt es daher, die für
Anwendungen geeigneten Akteure interdisziplinär zusammenzuführen
und die notwendigen Schritte entlang der Wertschöpfungskette
einzuleiten, um dadurch die Marktchancen der am Innovationsprozess
Beteiligten im internationalen Wissenschafts- und Wirtschaftswettbewerb
zu verbessern.
In diesem Prozess ist ein „langer Atem“ und die Bereitschaft zur
ständigen Weiterentwicklung nötig, müssen doch oftmals bisher
bestehende Disziplinengrenzen überschritten und neue, unerprobte
Kooperationen eingegangen werden.
Die wesentlichen Inhalte dieser Kooperationen sind nachfolgend
aufgeführt.
2.4.1
Vielseitige
Nanopartikel
Nanomaterialien, ultradünne Schichten und poröse
Strukturen
Nanopartikel weisen aufgrund ihrer erhöhten Reaktivität ein enormes
Anwendungsspektrum auf und lassen sich gezielt mit unterschiedlichen
chemischen Derivaten funktionalisieren. Spezielle Funktionen lassen sich
z. B. durch Dispergierung und Stabilisierung dieser Partikel erreichen,
etwa in Form von flüssigen Formulierungen niedriger Viskosität,
hochgefüllten Keramik-Schlickern, transparenten MultifunktionsCoatings, Pigment-Dispersionen, e-inks sowie Ferrofluiden. Spezielle
oberflächenmodifizierte magnetische Nanopartikel werden zur
Markierung und Bekämpfung von Tumorzellen erforscht. Das
Beschichten von Nanopartikeln wird zu verbesserter Handhabung
empfindlicher Nanomaterialien oder zum Schutz vor chemischen
Reaktionen beitragen. Das betrifft unter anderem NanopartikelKunststoff-Komposite und Nanokristalle, z. B. mit optischen
Eigenschaften.
Auch der nanostrukturierten Oberflächenveredelung kommt zunehmende
Bedeutung zu. Darunter sind Beschichtungen aller Art zu verstehen, die
wesentlich zur Verbesserung der Eigenschaften wie Kratzfestigkeit,
Wasser- und Schmutzabweisung beitragen. Ein weiteres wichtiges und
technisch relevantes Forschungsfeld ist die Verbesserung der AntireflexEigenschaften und des UV-Schutzes für z. B. elektrochrome und
photoaktive Beschichtungen sowie die Entwicklung innovativer
abriebfester Schichten.
Kapitel 2
Ein weiterer Schwerpunkt ist die Entwicklung schalt-, adressier- bzw.
strukturierbarer dünner Schichten für technische Anwendungen durch
Modifizierung magnetischer Eigenschaften, Transparenz oder
einstellbarer bzw. schaltbarer Hydrophobie/Hydrophilie. Darüber hinaus
sind photovoltaische Beschichtungen und der gezielte Aufbau von schaltund regenerierbaren Nanoschichten und Nanostrukturen für
mikroelektronische Bauelemente, Polymerelectronics und SmartPolymere, Displays, Licht- und Wärmemanagement sowie Dämpfer,
Aktuatoren und Sensoren von Interesse.
21
Funktionelle
Schichten
Mesoporöse
bzw.
schaumartige
Materialien
können
die
Leistungsfähigkeit von Brennstoffzellen, Batterien oder Speichermaterialien durch Anwendung nanostrukturierter mesoporöser
Materialien wesentlich steigern. Weitere Anwendungslösungen können
bei der Gebäudeisolation, der Schalldämmung, dem Metallschutz im Kfz
und zur Herstellung von künstlichem Papier erschlossen werden.
Ein zukünftiger Förderschwerpunkt wird das Gebiet der
Funktionsschichten sein. Zu den Produktvisionen im Bereich ultradünner
optischer Funktionsschichten gehören schaltbare Spiegel, hocheffiziente
Dünnfilmsolarzellen auf Basis von Quantendots oder photoadressierbare
Polymerfilme. Neue Forschungsfelder können auf den Gebieten
lichtaktivierbare Kunststoffmagnete und photoempfindliche magnetische
Schalter auf molekularer Basis erschlossen werden.
2.4.2
Nanobiotechnologie
Generelle Zielsetzung der Nanobiotechnologie ist die Gestaltung der
Schnittstelle zwischen biologischen und technischen Systemen auf der
biologisch relevanten Skala einzelner Moleküle und Molekülverbände.
Demnach wird sowohl das Design technischer Systeme zur Analyse und
Steuerung biologischer Systeme adressiert als auch die Nutzung
biologischer Systeme bzw. Prinzipien in der Technik.
Gegenwärtige Fragestellungen der Nanobiotechnologie zielen
insbesondere auf die Beherrschung der biologisch-technischen
Schnittstelle, dem sogenannten „Interface Engineering“ oder
Grenzflächendesign. Die kontrollierte Handhabung von Zellen und
Zellverbänden setzt geeignete nanostrukturierte und funktionalisierte
Oberflächen und Membranen voraus. Neben dem Gebiet „Tissue
Engineering“ wird insbesondere die Pharmakologie profitieren. So ist
absehbar, dass das Grenzflächendesign ein wichtiger Baustein
innovativer Techniken zur In-vivo-Validierung von Drug-Targets wird.
Zielvision ist hier die Bereitstellung besserer Verfahren für die schnellere
und spezifischere Testung bzw. Validierung von Wirkstoffen. Die aktive
Funktionalisierung von Zellen und Gewebeteilen ist für zukünftige
biohybride Systeme von Bedeutung. Anwendungsfelder sind
insbesondere neuro-aktive Implantate, die Erforschung und/oder
Lernen von
Naturvorgängen
22
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Behandlung
neurodegenerativer
Erkrankungen
sowie
Neurotechnologie. Eine Schlüsselstellung nimmt diesbezüglich
Kopplung elektronischer und biologischer Systeme ein. Erfolge
diesem Gebiet sind eine wesentliche Voraussetzung, um die Tür
Neuroelektronik aufzustoßen
die
die
auf
zur
Auf dem Gebiet der Nutzung biologischer Materialien und Verfahren in
der
Technik
kommt
der
technischen
Nutzung
von
Selbstorganisationsphänomenen zukünftig besondere Bedeutung zu,
unter anderem als eine mögliche Alternative zu konventionellen
Lithografiemethoden, ebenso wie der Entwicklung und dem Einsatz
nanodimensionaler Maschinentechnologien. Hierzu zählt das breite
Gebiet der zellfreien Bewegungsmodelle (z. B. Proteinmotoren), die für
nanoskalige Manipulationen, kontrollierte Bewegungen von Objekten
oder spezifischen Substanztransport herangezogen werden können. Die
Anwendungsmöglichkeiten liegen vorrangig im biotechnologischen,
biomedizinischen und chemischen Bereich.
Für alle genannten Bereiche ist eine effiziente und hochauflösende
Analytik zwingend notwendig. Hier sind die Grenzen der optischen,
mechanischen, chemischen und biosensorische Verfahren sowie der
Kombinationen untereinander noch längst nicht ausgeschöpft.
2.4.3
Ultraglatte und
strukturierte
Optiken
Nanooptik
Der Begriff der Nanooptik kommt speziell für die Ultrapräzisionsbearbeitung optischer Komponenten zur Anwendung, wobei die
reproduzierbare und kostengünstige Produktion von optischen
Komponenten mit Genauigkeiten von bis zu unter einem Nanometer im
Vordergund steht. Zum Einsatz kommen derartige Präzisionsoptiken vor
allem in der Lithografie, wie sie für die Herstellung elektronischer
Bauelemente immer geringerer Strukturgrößen zwingend benötigt wird.
In der Lithografie hat dabei die Qualität der Optik absolut Priorität und
führt bis an die Grenze des derzeit technisch Machbaren, was zu
entsprechend hohen Kosten bei der Herstellung und daher einem hohen
Preis führt. Weiterhin besteht bei immer kleiner werdenden
Wellenlängen die Notwendigkeit, statt transmittierender Linsensysteme
Spiegeloptiken einzusetzen, wobei zudem äußerst komplexe
Schichtsysteme nanometergenau aufgebracht werden, um notwendige
Funktionalitäten der Optiken zu erreichen.
Weit weniger drastisch sind die Anforderungen bei Produkten im
Consumer-Bereich, wie etwa im Fall von Asphären für Datenprojektoren,
Kameras, Brillengläser, Scanner etc. Hier ist vor allem eine
Notwendigkeit nach rationeller Herstellung und Vermessung der Optiken
bei moderater Präzision feststellbar.
Einen Bezug zur Nanotechnologie findet man ebenfalls bei völlig
neuartigen Optikkonzepten, wie beispielsweise „Photonischen
Kapitel 2
23
Kristallen“, in denen mittels geeigneter Mikro- und Nanostrukturierung
eine sogenannte Bandlücke für Licht realisiert werden kann, was es
ermöglicht, das Licht auf engsten Raum zu führen und zu manipulieren
und somit den Schlüssel zu einer mikrooptischen Integration darstellt.
Photonische Kristalle mit einer bestimmten Bandlücke erfordern eine
hinreichend regelmäßige und störungsfreie Strukturierung eines
Materials im Bereich der Wellenlängen der geführten Strahlung sowie
eine effiziente Fasereinkopplung. Auf der Basis von III-V-Halbleitern
lassen sie sich mit aktiven Bauelemente integrieren und eröffnen so die
eigentliche Vision einer integrierten Optoelektronik. Es lassen sich
integrierte optische Schaltmatrizen, Add/Drop-Multiplexer und CrossConnects denken, die zusätzlich neue Funktionalitäten wie Modulatoren,
Monitordioden oder Wellenlängenstabilisatoren enthalten können. Zu
ersten Demonstratoren gehören Mikrolaser mit Faserankopplung,
integrierte Polarisationsstrahlteiler und abstimmbare Dispersionskompensatoren. Durch Leistungs- und Preisvorteile sind Komponenten
auf der Basis photonischer Kristalle äußerst attraktiv für die
Breitbandnetze der Zukunft.
Nanotechnologische Aspekte zeigen auch neuartige HalbleiterLichtquellen (Laser- und Leuchtdioden). Diese optoelektronischen
Bauelemente erzeugen Licht in extrem dünnen, nur nanometerdicken
Halbleiterschichten bzw. in Einzelfällen auch in Quantenpunktstrukturen.
Sie stellen eines der wenigen Beispiele dafür dar, dass nicht die
Miniaturisierung einer bekannten Technologie, sondern ein Bottom-upAnsatz zur Einführung neuartiger Produkte am Markt, verbunden mit
einem ungeheuren wirtschaftlichen Erfolg, geführt hat. Auch dieser
Bereich bedarf nach wie vor intensiver Forschung zur Erschließung neuer
Wellenlängenbereiche, Verbesserung von Lichtleistung, Effizienz und
Lebensdauer.
2.4.4
Photonische
Kristalle
LED
Nanooptoelektronik
Die Bauelemente der Kommunikationstechnik haben mit fortschreitender
Miniaturisierung Dimensionen erreicht, in denen innerhalb der
Halbleiterstrukturen neue physikalische Effekte, die mit der
Quantentheorie erklärbar sind, ins Spiel kommen. Es geht darum, neue
Prinzipien des Schaltkreisentwurfs zu entwickeln, die im Nanobereich
die dort zu berücksichtigenden Quanteneffekte ausnutzen.
In den letzten Jahren wurde immer deutlicher, dass die III-VQuantenstrukturen hervorragend geeignet sind, Wechselwirkungsphänomene und neuartige kollektive elektronische Zustände in
Festkörpern zu untersuchen. Es wird angestrebt, diese Effekte für die
Herstellung von Transistoren, Leuchtdioden sowie Lasern zu nutzen, die
wiederum Schlüsselelemente der Kommunikationstechnik sind.
Nutzung von
Quanteneffekten
24
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Im Förderschwerpunkt „Elektronenkorrelation und Dissipationsprozesse
in III-V-Halbleitern“ arbeiten verschiedene Forschergruppen eng
verzahnt zusammen, um die Materialeigenschaften und Herstellungstechnologie derartiger Strukturen zu beherrschen und Quanteneffekte zu
untersuchen.
Neben Bauelementen, bei denen die Elektronenladung zur
Informationsübermittlung eingesetzt wird, werden Quantensysteme
untersucht, bei denen der Elektronenspin genutzt und gezielt manipuliert
werden soll. Die Untersuchung von spinabhängigen Phänomenen und
Zuständen und die Realisierung von Spin-Bauelementen ist daher
ebenfalls Gegenstand der geförderten Projekte. Die starke Entwicklung
dieses Gebiets der Grundlagenforschung ist auch daran zu erkennen, dass
die Nobelpreise für Physik mehrfach für die Entwicklung neuer
Komponenten der Informationstechnik vergeben worden sind. Zu nennen
sind Prof. v. Klitzing (D, Quanten-Hall-Effekt), Prof. Stoermer (D/USA)
und zuletzt Prof. Kroemer (USA/D), der für die Entwicklung von
Transistoren mit hoher Elektronenmobilität (HEMT) ausgezeichnet
wurde.
2.4.5
Nanofabrikation
Nanoelektronik
Im Rahmen der produktionstauglichen Nanoelektronik ist die Herstellung
geeigneter Strukturierungsmasken eines der Hauptziele. Die
Maskentechnologie ist eine Ultrapräszionstechnik. Sie liefert einen
zentralen Beitrag für die nanoskalige Strukturübertragung bei der
Chipherstellung. Das von 2003 bis 2007 laufende BMBF-Großvorhaben
zur Maskentechnologie stellt eine Leitinnovation für die Nanoelektronik
dar. Es soll die Maskentechnologie für Strukturen von 90 bis 35
Nanometer erforscht werden. Zusätzlich werden alternative
Strukturierungstechniken (Schaltbare Masken, Maskenlose Verfahren)
untersucht.
Die Hauptströmungen der Nanolithografie sind mit der Förderung von
Projekten zu 157 nm und EUVL abgedeckt. Da jedoch EUVL nicht
notwendig den Bedarf solcher Chiphersteller abdeckt, welche eine hohe
Variantenvielfalt und geringere Stückzahlen pro Chiptyp herstellen (wie
es bei ASICs, in der Leistungs- und Nachrichtelektronik vielfach der Fall
ist), wird begleitend die Untersuchung alternativer Strukturierungstechniken
durchgeführt.
Dabei
werden
auch
nichtoptische
Lithografiemethoden, wie beispielsweise die Elektronen- und die
Ionenstrahllithografie oder neuartige Replikationsverfahren hinsichtlich
ihres Potenzials für die Herstellung zukünftiger nanotechnologischer
Produkte hinterfragt. Für die fernere Zukunft werden außerdem Selbstordnungsverfahren als mögliche Strukturierungsmethoden für die
Nanoskala diskutiert.
Kapitel 2
25
Auch die SOI-Technik (Silicon on Insulator) ist eine nanoskalige
Modifikation von Silizium auf Waferebene. Sie trägt zentral dazu bei, die
Geschwindigkeit reduzierenden Einflüsse des Wafers und seiner
Isolationsbarrieren zu beherrschen.
Für Nichtflüchtige Speicher werden vier mögliche nanoelektronische
Technologieansätze diskutiert (Flash-Memory, MRAM, FRAM und
Phase Change RAM). Weitere mögliche Themen sind neue Materialien
für Gatedielektrika (sog. High-Kappa-Materialien), nichtoptische
Nanolithografie, Nanopackaging, assistierte Selbstorganisation für
Nanoelektronik („Selfordering“), 3D-Strukturierung, programmierbare
Logik, neue Konzepte für die Nanoelektronik-Produktionstechnik.
Zukünftige
Elektronik
Im Rahmen der BMBF-Projektförderung werden auch die Vorfeldthemen
Spintronik, Carbon Nanotubes und Molekularelektronik gefördert. Die
Projekte haben heute noch exploratorischen Charakter. Ziel ist es zu
prüfen, welche Ansätze für eine zukünftige industrielle Umsetzung in
Deutschland geeignet sind. In der ITRS-Roadmap sind seit Dezember
2001 eine Vielfalt weiterer Vorfeldthemen für den Zeitraum ab ca. 2012
beschrieben (Emerging Research Devices). Dort werden Themen wie
quantenzelluläre Automaten, Phase Change Memory und weiteres
diskutiert. Diese Themen befinden sind meist noch weit in der
Grundlagenforschung. Sie werden daher von Unternehmen nur
beobachtet, aber meist nicht erforscht. Neu an den „Emerging Research
Devices“ ist, dass sie vielfach Know How außerhalb der heutigen
Fachszene Mikroelektronik benötigen. Daher wird der Aufbau von
Infrastrukturmaßnahmen diskutiert, die Innovationsakteure im etablierten
Feld Mikroelektronik mit denjenigen, welche die neuen Themen
bearbeiten, vernetzt und dadurch ermöglicht, so rascher und fundierter
diejenigen Ansätze zu identifizieren, welche zu einem späteren Zeitpunkt
ein Investment im Rahmen der BMBF-Projektförderung wert sind.
2.4.6
Nanoanalytik
Aktuelle Schwerpunkte sind analytische Verfahren in den
Anwendungsfeldern Bio- sowie Halbleitertechnologie. Diese dokumentieren die zunehmende Anwendungsorientierung auch der grundlagennahen Förderung auf diesem Gebiet. Diesem Trend folgend wird
zukünftig das Themenfeld „Prozessrelevanz und -tauglichkeit“ in den
Vordergrund rücken. Fachliche Schwerpunkte könnten die Teilbereiche
chemisch-sensitive Nanoanalytik, nicht-destruktive Analytik verborgener
Grenzflächen sowie hochaufgelöste Analytik großer Flächen sein.
Mittelfristig wird bei zunehmenden industriellen Aktivitäten in der
Nanotechnologie die Nanoanalytik ebenso wie der Bereich Normierung
und Standardisierung in den Anwendungsfeldern integriert sein.
Die Augen der
Nanowelt
26
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
2.4.7
Von der Erkenntnis
zum Produkt
Industrielle
Industrielle Produktion
Die aus der Nanotechnologie erwachsenden Potenziale stellen die
Industrie vor die Aufgabe, Ergebnisse aus Forschung und Entwicklung
schnell in die Praxis umzusetzen, um die Anschlussfähigkeit im
internationalen Wettbewerb zu erhalten und auszubauen. Gerade die
Umsetzung der Ergebnisse vom Labormaßstab in die industrielle Praxis
stellt eine Hürde dar, die im Verbund aus Forschungseinrichtungen und
Industrieunternehmen überwunden werden kann. Dabei gilt es unter
anderem, die bisherigen Grenzen der Produktionstechnologien zu
überwinden, um neuartige, leistungsfähigere Produkte prozesssicher und
wirtschaftlich herzustellen. Neben technischen Herausforderungen sind
auch Fragen der Arbeitsprozessgestaltung und neue Erfordernisse an die
betriebliche Aus- und Weiterbildung zu klären.
Die heute eingesetzten Verfahren der Präzisionsfertigung erreichen
bereits Genauigkeiten von wenigen Mikrometern. Zahlreiche Verfahren
der Mikrostrukturierung ermöglichen ebenfalls Strukturabmessungen
dieser Größenordnung. Ziel ist, mit neuartigen Verfahren sowohl der
Präzisionsfertigung wie auch der Mikrostrukturtechnik neue Grenzen im
Nanometerbereich (einige hundert nm) zu beherrschen. Dies gilt auch für
Montageprozesse, an die im gleichen Maß wachsende Anforderungen zu
stellen sind. Hierzu sind grundlegende Forschungsarbeiten nötig, die das
Zusammenspiel von klassischem Maschinenbau und neueren Verfahren
der Mikrosystemtechnik notwendig machen, um die Grenze von „mikro“
zu „nano“ zu überwinden.
Neue Verfahren der Oberflächenbeschichtungen ermöglichen
Funktionsschichten, die auf ultradünnen Schichten mit charakteristischen
Schichtdicken von weniger als hundert Nanometern beruhen. Solche
Schichten kommen überwiegend in der optischen Industrie zum Einsatz,
etwa um optische Filter und Linsen mit definierten spektralen
Eigenschaften herzustellen oder um funktionale Beschichtungen
anzubringen, die Verschmutzungen großflächiger Glasscheiben
vermeiden. Die Herausforderung besteht hier, die auf kleinen Flächen
reproduzierbar herstellbaren Schichten auf große Flächen aufzubringen,
wobei oftmals Toleranzen von wenigen Atomlagen einzuhalten sind.
Bei der Produktion von Nanomaterialien besteht heute immer noch der
Kompromiss zwischen hochwertiger Qualität, wie beispielsweise die
enge Korngrößenverteilung des Werkstoffes und der hohen
Produktionsrate der Nanomaterialien. Je enger die Korngrößenverteilung
ist, desto besser kommen die typischen Eigenschaften der Nanoteilchen
wie optische Eigenschaften, Magnetismus oder chemische
Reaktionsfähigkeit zum Tragen. Die Weiterverarbeitung dieser
Nanomaterialien stellt die Industrie vor große Herausforderungen, um
neuartige Werkstoffe wie transparente Keramiken mit besonderen
Eigenschaften herzustellen.
Kapitel 2
2.5
27
Zentrale Akteure in Deutschland
Im Laufe der letzten Dekade wurde durch ein zunehmendes Verständnis
von Quanteneffekten, Grenz- und Oberflächeneigenschaften oder
Selbstorganisationsprinzipien die Grundlage für neue Analyse- und
Herstelltechniken gelegt, welche einen regelrechten Interessensboom in
der Nanotechnologie und weltweit Netzwerkaktivitäten entlang der
Wertschöpfungskette ausgelöst haben. Besonders die frühzeitige
Kombination von Ergebnissen der Grundlagenforschung mit
Anwendungsoptionen und daraus erwartbaren Marktpotenzialen hat das
Interesse stark beflügelt. Die Akteure der Nanotechnologie-Szene in
Deutschland waren weltweit mit die Ersten, welche auf Basis einer
fundierten und breit angelegten Grundlagenforschung frühzeitig
Anwendungsoptionen adressiert haben. Ca. 450 Unternehmen in
Deutschland erkennen heute schon diese Innovationschancen und
widmen sich als Produktentwickler, Zulieferer oder Investor zunehmend
intensiver diesem Technologiefeld. Für sie stellen nanotechnologische
FuE-Arbeiten keine kurzfristige Modeerscheinung dar, sondern sie
widmen sich langfristig den Schlüsselelementen für zukünftige
Neuentwicklungen in Branchen mit hohem Beschäftigungspotenzial,
hauptsächlich im Bereich der Elektronik, des Automobilbaus, der
Chemie, der Optikfertigung und in den Life Sciences oder bei der
Energieerzeugung und in der Bauwirtschaft.
Infrastruktur und
Ressourcen
In Deutschland gründet sich der Erfolg der Nanotechnologie auf eine
breite Akteursszene aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. Diese in
vollem Umfang hier darzustellen würde den Rahmen der vorliegenden
Studie sprengen. Die im Folgenden genannten Einrichtungen sind daher
als Repräsentanten der zahlreichen Akteure zu verstehen.
2.5.1
Netzwerke
2.5.1.1 BMBF-geförderte Kompetenzzentren (CCN)
1998 wurden vom BMBF sechs Kompetenzzentren mit einer
Fördersumme von ca. 2 Mio. EUR pro Jahr eingerichtet. Ab Herbst 2003
haben nun neun Kompetenzzentren als bundesweite thematische
Netzwerke mit regionalen Clustern auf den wichtigsten Gebieten der
Nanotechnologie ihre Arbeit fortgesetzte bzw. neu aufgenommen:
•
Ultradünne funktionale Schichten (Dresden)
•
Nanomaterialien: Funktionalität durch Chemie (Saarbrücken)
•
Ultrapräzise Oberflächenbearbeitung (Braunschweig)
•
Nanobioanalytik (Münster)
•
HanseNanoTec (Hamburg)
•
Nanoanalytik (München)
BMBFKompetenzzentren
der
Nanotechnologie
28
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
•
Nanostrukturen in der Optoelektronik NanOp (Berlin)
•
NanoBioTech (Kaiserslautern)
•
NanoMat (Karlsruhe; vom FZK eingerichtet und finanziert)
Ziel der infrastrukturellen Tätigkeit der Kompetenzzentren ist es, eine
optimale Zusammenführung potenzieller Anwender und NanotechnikForscher zu ermöglichen. Dabei soll nanotechnologisches Fachwissen
der Mitglieder zur Beschleunigung von Innovationsprozessen effizient
gebündelt und in die industrielle Entwicklung umgesetzt werden. Weitere
Aufgabe der Kompetenzzentren sind insbesondere Aktivitäten zu Ausund Weiterbildung, Mitarbeit bei Fragen zur Standardisierung und
Normung, Beratung und auch Unterstützung Gründungswilliger und
Öffentlichkeitsarbeit. Die einzelnen Kompetenzzentren sind entlang
thematischer Wertschöpfungsketten in ihrem jeweiligen Bereich
strukturiert. In dem gesamten Netzwerk sind derzeit ca. 440 Akteure aus
dem Universitätsbereich, Forschungsinstituten, Großunternehmen,
kleinen und mittleren Unternehmen sowie Finanzdienstleister, Berater
und Verbände organisiert. Vor allem für kleine Unternehmen ist der
durch die Kompetenzzentren organisierte Informationsaustausch eine
wichtige Hilfe, um über aktuelle Entwicklungen informiert zu werden
und diese richtig einschätzen zu können. In den kommenden drei Jahren
sollen Schwerpunkte vor allem in der Aus- und Weiterbildung sowie in
der Unterstützung von Neugründungen von Unternehmen gelegt werden.
Dabei wird die BMBF-Förderung durch regionale Finanzierung aus den
Ländern in gleicher Höhe ergänzt.
2.5.1.2 Sonstige Netzwerke
Neben den direkt vom BMBF-geförderten Kompetenzzentren haben sich
eine Reihe von Netzwerken etabliert, die unterschiedliche Ziele verfolgen
und entsprechend auch verschiedene Zusammensetzungen aufweisen.
Weitere Akteure in
FuE
Im Gegensatz zu den in der Regel bundesweit (virtuell) angelegten
Netzwerken haben einige Universitäten und Forschungszentren ihre
Nanotechnologieaktivitäten im Grundlagenbereich durch lokale –
teilweise sogar interne – Netzwerke gebündelt. Beispiele hierfür sind das
Center for Nanoscience, CeNS (München), das Center for
Interdisciplinary Nanostructure Science and Technology, CINSAT
(Kassel), das Center of Nanoelectronic Systems for Information
Technology, CNI (Jülich) oder das Center for Functional Nanostructures,
CFN (Karlsruhe). Stark regionalen Bezug hat auch das NanoBioNet im
Saarland.
Eine besondere Rolle nimmt die Gründung von Inkubatoren ein, die aus
Universitäten entstehen und die Unterstützung von Ausgründungen im
universitären Umfeld zum Ziel haben. Zu diesem Zweck hat
beispielsweise die CeNTech GmbH in Münster (Center for
Nanotechnology) ein eigenes Gründerzentrum errichtet.
Kapitel 2
2.5.2
29
Institutionelle Forschungseinrichtungen
2.5.2.1 Wissensgemeinschaft G. W. Leibniz (WGL)
In den Instituten der WGL werden sowohl grundlagennahe als auch
industrieorientierte Arbeiten in der Nanotechnologie durchgeführt.
Schwerpunkte sind zu erkennen in der Nanomaterialforschung - hier sind
die Institute für Neue Materialien (INM, Saarbrücken), für Festkörperund Werkstoffforschung (IFW, Dresden) und für Polymerforschung (IPF,
Dresden) markante Akteure - und in der Oberflächenbearbeitung, z. B.
am Institut für Oberflächenmodifizierung, (IOM, Leipzig) und am
Forschungszentrum Rossendorf (FZR). Grundlegende Arbeiten zur
Festkörperelektronik werden am Paul-Drude-Institut (PDI, Berlin)
durchgeführt.
WGL
2.5.2.2 Helmholtz Gemeinschaft deutscher Forschungszentren
(HGF)
In der HGF sind ebenfalls Schwerpunkte der Arbeiten zu
materialrelevanten Fragestellungen und in der Nanoelektronik
festzustellen. Herausragend sind dabei die Tätigkeiten an den beiden
Forschungszentren in Karlsruhe (FZK) und Jülich (FZJ). Aber auch am
Forschungszentrum in Geesthacht (GKSS) und am Hahn-Meitner-Institut
in Berlin (HMI) wird FuE zu Nanomaterialien und Schichtsystemen
durchgeführt.
HGF
2.5.2.3 Max-Planck-Gesellschaft (MPG)
Wesentliche grundlegende Erkenntnisse zu neuen Ansätzen
nanotechnologischer Forschung werden durch Arbeiten von MPGInstituten geliefert. So sind die Stuttgarter Institute für
Festkörperforschung und Metallforschung und das MPI für
Mikrostrukturphysik in Halle schon seit Jahren in den Bereichen
Nanomaterialien, Supramolekulare Systeme, Charakterisierungsverfahren
und neuer Funktionalitäten tätig. Weltweit anerkannte FuE-Ergebnisse
stammen auch aus Tätigkeiten der Institute für Polymerforschung
(Mainz), für Kolloid- u. Grenzflächenforschung (Golm) für Biochemie
(München-Martinsried) für Kohlenforschung (Mülheim) und vom FritzHaber-Institut (Berlin).
MPG
2.5.2.4 Fraunhofer Gesellschaft (FhG)
Da in fast allen Teilbereichen der Nanotechnologie bereits heute
industrielle Nachfrage besteht, werden in zahlreichen FraunhoferInstituten Nanotechnologie-Vorhaben mit konkreten Anwendungszielen
gemeinsam mit der Industrie bearbeitet. Im Bereich Schichten und
Oberflächen liegt aufgrund der langjährigen BMBF-Förderung ein
Schwerpunkt der Tätigkeiten; hier sind die Institute für Werkstoff- und
FhG
30
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Strahltechnik (IWS, Dresden), für Silicatforschung (ISC, Würzburg), für
Optik und Feinmechanik (IOF, Jena) und für Grenzflächenforschung
(IGB, Stuttgart) sehr aktiv. Nanomaterialforschung hat beispielsweise in
den Instituten für Angewandte Materialforschung (IFAM, Bremen), für
Angewandte Festkörperphysik (IAF, Freiburg) und für Chemische
Technologie (ICT, Pfinztal) Priorität. Erkenntnisse am Übergang von der
Mikrotechnik zur Nanotechnologie werden an den Instituten für
Siliziumtechnologie (ISIT, Itzehoe) und für Produktionstechnologie (IPT,
Aachen) erarbeitet; der Bezug zur Nanobiotechnologie ist für das Institut
für Biomedizinische Technik (IBMT, St. Ingbert) ein Interessensfokus.
Das Institut für Solare Energien (ISE, Freiburg) untersucht den Beitrag
der Nanotechnologie für die Energieerzeugung.
2.5.3
Universitäten
Universitäten und sonstige Forschungseinrichtungen
Fast an allen deutschen Universitäten mit technisch wissenschaftlichen
Studieninhalten werden FuE-Aktivitäten mit Bezug zur Nanotechnologie
durchgeführt. Dabei rückt das interdisziplinäre Verständnis für den
Zusammenhang der Teilbereiche immer stärker in den Vordergrund. An
einigen Universitäten wurden bereits Nanotechnologie-Studiengänge
eingerichtet, welche mit den aktuellen Forschungsthemen eng verknüpft
sind. Beispielhaft für die zahlreichen und das Themenfeld weitgehend
vollständig abdeckenden Aktivitäten seien die Universitätsstandorte in
Karlsruhe, Aachen, Bielefeld, München, Münster, Hamburg,
Saarbrücken, Kaiserslautern, Berlin, Kassel, Würzburg, Freiburg,
Marburg genannt. Zusätzlich beginnen auch die Fachhochschulen sich
verstärkt diesem Themenfeld zu widmen.
Neben den bisher genannten Instituten existieren im stark diversifizierten
FuE-System in Deutschland weitere Einrichtungen mit Schwerpunkten
im Bereich der Nanotechnologie, so. z. B. das AMICA in Aachen, NMI
in Reutlingen, IMS-Chips in Stuttgart, FBI Berlin, Bessy II Berlin, PTB
Braunschweig, CAESAR Bonn, IPHT Jena.
2.5.4
Industrie
Industrielle Forschung und Entwicklung
Zu den Akteuren im Bereich der Nanotechnologie in Deutschland
gehören gegenwärtig auch ca. 450 Industrie-Unternehmen. In zahlreichen
Großunternehmen wie Infineon, DaimlerChrysler, Schott, Carl Zeiss,
Siemens, Osram, BASF, Bayer, Metallgesellschaft oder Henkel gehören
Problemfelder der Nanotechnologie zu den FuE-Inhalten. Zum Beispiel
beschäftigen sich fast alle großen Chemie-Konzerne auch mit der
Herstellung nanoskaliger Materialien. Die Forschung ist dabei
unterschiedlich organisiert: Während Henkel die Firma SusTech in
Kooperation mit der TU Darmstadt für die Entwicklung und
Vermarktung neuer Nanotechnologie-Anwendungen und Materialien
außer Haus an einer Universität ausgegründet hat, ist z. B. bei Degussa
das „Projekthaus Nano“ der 100%-Tochterfirma Creavis für die
Kapitel 2
Erforschung nanotechnologischer Verfahren und Produkte bis zur
Anwendungsreife Inhouse mit Unterstützung von Universitäten zuständig
gewesen. Diese Entwicklungen werden derzeit teilweise in
Geschäftsbereiche überführt. Als drittes Modell bietet sich das totale
Outsourcing der Ergebnisverwertung und Patentnutzung an.
Beispielsweise hat sich die Firma Sunyx so aus der Bayer AG heraus
gegründet, oder die Firma Mildendo aus der Jenoptik heraus. Die
Infineon AG praktiziert ein weiteres Modell, in dem zur Umsetzung
nanotechnologischer
Erkenntnisse
eine
konzerninterne
Forschungsabteilung (Infineon-CPR Corporate Research) mit deutlichen
Bezug zur Nanotechnologie beauftragt ist. Neben Sub50nm-CMOSTransistoren für die zukünftige Nanoelektronik werden hier gezielt
Kohlenstoff-Nanoröhren (CNT) als mögliche Verbindungen zwischen
unterschiedlichen Chipebenen (chip interconnects) untersucht.
Während Großunternehmen eher an Systemlösungen mit hohen
Umsatzerwartungen interessiert sind, engagieren sich die kleinen und
mittleren Unternehmen vornehmlich in den Bereichen um Herstell
analyse und Gerätechniken. Zu den KMU zählt z. B. die Firma Nanogate
Technologies
GmbH
(Saarbrücken),
die
für
verschiedene
Anwendungszwecke (unter anderem Easy-to-clean-Beschichtungen,
Antihaft-Produkte, Antigrafittischutz etc.) ihre Nanomaterialien anbietet.
Auch
zahlreiche
Start-up-Unternehmen
(Universitätsund
Institutsausgründungen) wie Nano-X, ItN-Nanovation, NanoSolution,
Capsulution etc. gehören zu den wichtigen Nanotechnologie-Akteuren in
Deutschland. Neben reinen Materialherstellern sind viele Firmen auch in
der Nanostrukturierung (hierzu gehören z. B. Aixtron, NaWoTec, Team
Nanotech, Nanosensors) oder -analytik tätig (unter anderem Omicron
Nanotechnologies,
IoNTOF,
NanoAnalytics,
Nanotype,
SIS,
NanoTools).
2.6
Deutsche Aktivitäten im internationalen
Vergleich
2.6.1
Projektförderung der öffentlichen Hand
Die Unterstützung der Nanotechnologie in Deutschland durch die
öffentliche Hand erfolgt in der Hauptsache durch das BMBF, die
institutionelle Forschungsförderung und durch das Bundesministerium
für Wirtschaft und Arbeit (BMWA).
2.6.1.1 BMBF
Das BMBF hat bereits seit Ende der achtziger Jahre im Rahmen der
Programme „Materialforschung“ und „Physikalische Technologien“
Forschungen auf dem Gebiet der Nanotechnologie gefördert.
Schwerpunkte waren zunächst die Herstellung von Nanopulvern,
31
32
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Erzeugung lateraler Strukturen auf Silizium sowie Methodenentwicklung
zur Nanoanalytik. Später wurden auch in anderen Programmen, so z. B.
im Programm „Laserforschung“ oder im Programm „Optoelektronik“
Forschungsarbeiten mit Nanobezug gefördert. Heute werden zahlreiche
Projekte mit Nanotechnologiebezug durch eine ganze Reihe von
Fachprogrammen (z. B. WING – Werkstoffinnovationen für Industrie
und Gesellschaft, IT Forschung 2006, Förderprogramm Optische
Technologien, Rahmenprogramm Biotechnologie) unterstützt.
BMBF-Investitionen
in der
Projektförderung
Nanotechnologieförderung des BMBF
(in Mio. EUR)
Schwerpunkte
1998 2002 2003 2004
2005
Nanomaterialien
Nanoanalytik,
Nanobiotechnologie,
Nanostrukturmaterialien,
Nanochemie, CCN,
Nanonachwuchswettbewerb, Nanochance
19,2
20,3
32,7
38,1
Produktionstechnologien
Ultradünne Schichten,
ultrapräzise Oberflächen
0,2
0,8
2,2
2,2
Optische
Technologien
Nanooptik,
Ultrapräzisionsbearbeitung, Mikroskopie,
photonische Kristalle,
Molekularelektronik,
Diodenlaser, OLED
18,5
25,2
26
26
Mikrosystemtechnik
Systemintegration
7
7
9,4
10,2
Kommunikationstechnologien
Quantenstruktursysteme,
photonische Kristalle
4,3
4
3,6
3,4
Nanoelektronik
EUVL, Lithografie,
Maskentechnologie,
eBiochips,
Magnetoelektronik,
SiGe-Elektronik,
19,9
25
44,7
46,2
Nanobiotechnologie
Manipulationstechniken,
funktionalisierte
Nanopartikel, Biochips,
4,6
5,4
5
3,1
Innovationsund Technikanalysen
ITA-Studien
0,2
0,5
0,2
73,9
88,2 123,8 129,2
Summe
EUR)
(in
Mio.
27.6
Tabelle 2.1: Aufwendungen für die Nanotechnologie im Rahmen verschiedener
BMBF-Schwerpunktthemen
Von 1998 bis 2004 ist das Fördervolumen von Verbundprojekten in der
Nanotechnologie auf das Vierfache angestiegen und beläuft sich derzeit
auf rund 120 Mio. EUR. Eine Auflistung der BMBF-Aufwendungen für
die Nanotechnologie-Forschung in verschiedenen Schwerpunktthemen ist
in Tabelle 2.1 für die Haushaltsjahre 1998 und 2002 bis 2005 abgebildet.
Kapitel 2
33
2.6.1.2 BMWA
Zusätzlich zur Förderung des BMBF werden vom BMWA
projektbezogene Investitionen in der Physikalisch-Technischen
Bundesanstalt (PTB) und der Bundesanstalt für Materialforschung und –
prüfung (BAM) sowie Projekte mit Nanotechnologiebezug im Programm
Innovationskompetenz PRO INNO für kleine und mittlere Unternehmen
(KMU) finanziert. Dafür werden ca. 25 Mio. EUR pro Jahr bereitgestellt.
BMWA
2.6.1.3 Institutionelle Forschungsförderung
Die institutionelle Forschung zur Nanotechnologie außerhalb der
Universitäten liegt in Deutschland bei den vier großen
Forschungsgemeinschaften WGL, HGF, FhG, MPG. Diese unterhalten
zahlreiche Forschungseinrichtungen oder Arbeitsgruppen, in denen auch
Schwerpunkte zur Nanoforschung existieren. Zudem sind diese Partner
auch
in
zahlreichen
Sonderforschungsbereichen
und
Schwerpunktprogrammen der DFG eingebunden. Tabelle 2.2 weist die
öffentlichen Aufwendungen in der DFG-Projektförderung und für die
institutionelle Förderung des BMBF gemeinsam mit den Ländern für
Forschung mit Nanotechnologiebezug aus.
Institutionelle
Nanotechnologieförderung
DFG (Deutsche
Forschungsgemeinschaft)
WGL (Wisssensgemeinschaft G.W.
Leibniz)
2002
2003
2004
2005
60
60
60
60
23,7
23,6
23,4
23,5
HGF (Helmholtz-Gemeinschaft)
38,2
37,1
37,4
37,8
MPG (Max-Planck-Gesellschaft)
14,8
14,8
14.8
14,8
FhG (Fraunhofer-Gesellschaft)
4,6
5,4
5,2
4,9
Caesar
1,8
3,3
4
4,4
Summe (in Mio. EUR)
143,1
144,2
144,8
145,4
Tabelle 2.2: Mittel für Nanotechnologieforschung im Rahmen der DFG-Förderung und
der institutionellen Förderung.
2.6.1.4 Fazit der öffentlichen FuE-Förderung in Deutschland
Damit ergibt sich als Summe für die Nanotechnologieförderung in den
Jahren 2002 bis 2005 in Deutschland folgendes Gesamtbild:
Nanotechnologieförderung
in Deutschland
2002
2003
2004
2005
BMBF Projektförderung
73,9
88,2
123,8
129,2
BMWA Projektförderung
21,1
24,5
24,5
23,7
Institutionelle Förderung
143,1
144,2
144,8
145,4
Summe (in Mio. EUR)
238,1
256,9
293,1
298,3
Tabelle 2.3: Aufwendungen der öffentlichen Hand für die Förderung von Vorhaben
der Nanotechnologie in Deutschland.
Sonstige
öffentliche
Aufwendungen
34
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Ohne den zusätzlichen Eigenanteil der Industrie zur Projektförderung
ergeben die Aufwendungen Deutschlands in der öffentlichen Förderung
der Nanotechnologie eine Gesamtsumme für das derzeitige Jahr 2004
von ca. 290 Mio. EUR. Die Aufwendungen der Länder für die
Universitäten im Rahmen der Grundfinanzierung sind hier ebenso wenig
berücksichtigt wie die eigenen Mittel der Industrie für
Nanotechnologieforschung außerhalb der öffentlichen Förderung.
2.6.1.5 Bewertung der Akteursszene in Deutschland
Deutschland kann auf dem Gebiet der Nanotechnologie auf eine gut
ausgebildete Wissenschaftlerszene, eine ausdifferenzierte und vernetzte
FuE- und Institutslandschaft sowie engagierte Ingenieure und
Unternehmer aufbauen. Allen Akteuren ist bewusst, dass
nanotechnologische Innovationen zwar hohe Investitionen erfordern, aber
auch neue Beschäftigungsmöglichkeiten schaffen. Solche innovativen
Unternehmen unterstützt besonders das BMBF im Rahmen der
Verbundprojektförderung speziell in solchen Anwendungsfeldern, in
denen eine dominante Marktposition und die anvisierte Produktion hoher
Margen erreichbar erscheinen. Sowohl die zukunftsorientierten Firmen
als auch die öffentliche Hand setzen erhebliche Mittel zur Stärkung des
Themas und seiner Akteure ein. Dabei werden gleichzeitig sowohl die
FuE-Arbeit als auch der Ausbau flankierender Maßnahmen, wie der
Aufbau vernetzter Strukturen, die Einrichtung von Studiengängen zur
Nanotechnologie und sonstige Nachwuchsarbeit und die Einbindung der
Gesellschaft in die Thematik adressiert.
2.6.2
Nanotechnologie in
Deutschland im
internationalen
Vergleich
Vergleich mit internationalen Aktivitäten
In der Erarbeitung der Grundlagen für neue Produkte und Anwendungen
ist Deutschland in den meisten Technologiebereichen mit an der
Weltspitze, und auch in der Nanotechnologie-FuE wird Deutschland mit
den USA und Japan auf vergleichbarem Niveau gesehen. Jedoch ergibt
ein genereller Vergleich der Publikations- und Patentanteile der
verschiedenen Länder, dass in Deutschland die wissenschaftlichen
Domänen der Nanotechnologie noch stark getrennt von den anwendungsund produktbezogenen FuE-Bereichen bearbeitet werden (vgl. Hullmann,
2002). Hier ist ein eher mit japanischen Entwicklungen vergleichbarer
Zustand festzustellen, während die USA doch deutlich stärker
umsetzungsorientierte Ziele verfolgen.
Demzufolge hat Deutschland, verglichen mit seiner Qualität als
Forschungsstandort, seinen zahlreichen Unternehmensgründungen und
seinen Marktperspektiven, bei der Umsetzung seines nanotechnologischen Know-hows noch einiges aufzuholen. Um diesem
Zustand zu begegnen und den Grundstein für die zukünftige
Wettbewerbsfähigkeit zu legen, hat das BMBF mit der Einrichtung von
Kompetenzzentren, mit den Unterstützungsmöglichkeiten für KMU und
Kapitel 2
35
mit der gleichzeitig erfolgenden Bildungsarbeit einen neuen Förderansatz
eröffnet. Durch Aktivierung einer parallelen Förderstrategie –
gleichzeitig Projektförderung und Aufbau einer unterstützenden
Infrastruktur – wurde erreicht, dass nicht nur die Forschung in der
Nanowissenschaft international einen der vordersten Plätze einnimmt,
sondern auch die auf Nanotechnologie-Produkte ausgerichteten Firmen
an Anzahl und Renommee deutlich zugelegt haben. Grob geschätzt
besitzen die USA und Europa etwa gleich viele Unternehmen mit Bezug
zur Nanotechnologie. Etwa die Hälfte der in Europa ansässigen Firmen
stammen aus Deutschland. Ein Vergleich mit der Situation in Japan oder
weiteren Ländern aus Südostasien ist schwierig, da für diesen Erdteil
kaum verlässliche Firmenübersichten existieren.
Jedoch nicht nur bei der Abschätzung der Industrieaktivitäten, sondern
auch bei der Angabe der Förderaufwendungen in unterschiedlichen
Ländern ergeben sich ebenfalls Schwierigkeiten, welche die
Vergleichbarkeit der Angaben in Frage stellen:
•
Je nach der Definition des Technologiefeldes werden teilweise
Projekte hinzugezählt, welche den Kriterien anderer Länder nicht
standhalten würden.
•
Den Angaben ist nicht direkt zu entnehmen, ob Vollkosten oder
Nettokosten angesetzt werden. Weiterhin unterscheiden sich im
Falle von Vollkosten die Overheadanteile beträchtlich. Teilweise
werden Kosten zur Errichtung von Gebäuden oder vollständige
Gebäudeausstattungen hinzugezählt.
•
Die Kaufkraftunterschiede in den einzelnen Ländern bewirken
unterschiedliche Ausgestaltungsmöglichkeiten der Programme. In
Niedriglohnländern (beispielsweise in China) kann z. B. trotz
deutlich niedrigerer Förderausgaben ein Vielfaches an
Personenjahren investiert werden.
•
Der Anteil der Industrieaufwendungen ist kaum zu spezifizieren.
Daher findet sich nachfolgend nur eine Darstellung der Angaben der
öffentlichen Ausgaben in den USA und Japan ohne ausführlichere
Darstellung der Förderdetails.
Problematik der
Vergleichbarkeit
von Aufwendungen
36
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Deutschland
2001 (in
2002 (in
2003 (in
2004 (in
Mio. EUR)
Mio. EUR)
Mio. EUR)
Mio. EUR)
210
240
250
290
360
480
700
740
USA
420
570
770
850
Japan
600
750
800
800
Europa
(inkl.
nat.
Förd.)
Tabelle 2.4: Aufwendungen zur Förderung der Nanotechnologie in Deutschland,
Europa, USA und Japan in Mio. Euro (wobei der Einfachheit halber
1 USD gleich 1 EUR gleich 100 YEN verwendet wurde; die Vergleichbarkeit der Angaben ist fraglich, da keine international einheitliche
Definition des Feldes existiert, die Angabe nach Voll- oder Nettokosten
differiert, Kaufkraftunterschiede unberücksichtigt und die
Industrieaufwendungen kaum zu spezifizieren sind.)
Ein Vergleich der Aufwendungen in Europa, den USA und in Japan
ergibt grob abgeschätzt und - ohne auf die Förderdetails näher
einzugehen - durchaus ähnlich hohe Fördervolumina. In den USA
wurden im Haushaltsjahr 2002 im Rahmen der „National
Nanotechnology Initiative“ um die 570 Mio. EUR aufgewendet und für
das Jahr 2003 sind ca. 770 Mio. EUR bewilligt.1 Der „Governmental
Budget Plan for Nanotechnology“ der Japaner weist für 2002 eine
Fördersumme von ca. 750 Mio. EUR aus, ab dem Jahr 2003 stehen um
die 800 Mio. EUR jährlich zur Verfügung. Auch die britische Regierung
hat vor kurzem eine Initiative bekannt gegeben, die ab dem Jahr 2004
Ausgaben in Höhe von ca. 130 Mio. EUR für die nächsten sechs Jahre
garantieren soll. Von der Generaldirektion Forschung der Europäischen
Kommission wird für die gesamte Nanotechnologieförderung in Europa
in 2003 ein Volumen von ca. 700 Mio. EUR geschätzt. Die Europäische
Kommission selbst hat durch die Förderaktivitäten des 6. EUForschungsrahmenprogramms (FP6) – bei dem Nanotechnologie im
Wesentlichen in der 3. thematischen Priorität unterstützt wird – über die
Laufzeit bis 2006 ein Volumen von insgesamt etwa 700-750 Mio. EUR
vorgesehen, also ca. 250 Mio. EUR pro Jahr ab 2003. Deutschland hat
mit ebenfalls ca. 250 Mio. EUR öffentlicher Mittel pro Jahr den größten
Anteil an der nationalen Förderung der Nanotechnologie in Europa nach
konservativer Schätzung. Insgesamt kann folglich für die übrigen
Mitgliedstaaten zusammen eine Fördersumme von ca. 200-250 Mio.
EUR für nanotechnologische FuE als realistisch angesehen werden.
Die Nanotechnologie wird derzeit in allen relevanten Industrienationen
als ein wichtiges Zukunftsfeld erkannt und entsprechend gefördert. Nicht
1
Für das Jahr 2005 planen die USA eine weitere erhebliche Steigerung im Rahmen der
National Nanotechnology Initiative. Es sollen dann ca. eine Mrd. USD bereitgestellt
werden.
Kapitel 2
37
nur in USA, Japan und in Europa werden daher nationale oder
forschungsraumspezifische Programme aufgelegt, sondern auch in China,
Korea, Taiwan, Australien, und weiteren Nationen. Neben den hohen
Investitionen in dieses Zukunftsfeld sind weitere Besonderheiten der
derzeitigen Förderung in fast all diesen Ländern erkennbar, die vom
BMBF schon ab 1998 adressiert wurden:
•
Der interdisziplinäre Ansatz zur Beförderung des Feldes
•
Die gleichzeitige Förderung von Grundlagen- und angewandter
Forschung
•
Die Initiierung von Netzwerkaktivitäten
•
Der Ausbau internationaler Kooperationen
•
Die Kombination mit Fragen der zukünftigen Aus- und Weiterbildung
•
Der öffentliche Diskurs über gesellschaftsrelevante Fragestellungen
•
Der Drang nach
Standortstärkung
schneller
Erkenntnisumsetzung
Allgemeine HighTech-Ziele der
NanotechnologieFörderung
zur
2.6.2.1 Fazit der internationalen Ausgangssituation
Deutschlands
Im Laufe der letzten Jahre konnte hauptsächlich durch die BMBFMaßnahmen zur Nanotechnologie die Sichtbarkeit der deutschen
Aktivitäten deutlich gesteigert werden. Nach einem Statement von
Philippe Busquin (Forschungskommissar der EU) „ist Deutschland bei
den nanotechnologischen Innovationen die Wachstums-Lokomotive in
der EU“ (VDI Nachrichten, 9. Januar 2004). Dies lässt erkennen, dass
Deutschland in der Nanotechnologie sowohl fachlich als auch
infrastrukturell gut aufgestellt ist. Das BMBF hat früher als andere
Nationen die Erschließung dieser Zukunftstechnologie eingeleitet und zu
Recht die Breite des Themas in mehreren Fachprogrammen adressiert.
Durch die Fokussierung auf industrieorientierte Fragestellungen wurde in
Teilbereichen eine international beachtete Position aufgebaut, die es
durch weitere geeignete Schritte auszubauen gilt. Um gegen die stark
aufkommende internationale Konkurrenz auch weiterhin bestehen zu
können, ist sowohl die Geschwindigkeit im Innovationsprozess zu
erhöhen
als
auch
die
langfristige
Wertschöpfung
durch
innovationsbegleitende Maßnahmen zu sichern.
Deutschlands Stand
in der
Nanotechnologie ist
gut
39
3
ANWENDUNGSMARKTPERSPEKTIVEN
TPERSPEKTIVEN DER
ANWENDUNGS- UND MARK
NANOTECHNOLOGIE IN PRODUKTEN
PRODUKTEN UND PRODUKTPRODUKTGRUPPEN
3.1
Anmerkungen zur Literaturanalyse
Die hier ausgeführte Analyse der Anwendungs- und Marktperspektiven
der Nanotechnologie in Produkten und Produktgruppen basiert im
Wesentlichen auf einer Sekundäranalyse relevanter Publikationen. Dazu
wurden folgende Quellen verwendet:
•
Markstudien und Pressemitteilungen diverser Marktforschungsinstitutionen, zum Teil mit Spezialisierung im Bereich
Nanotechnologie, z. B. Business Communication Company (BCC),
CMP Científica
•
Pressemitteilungen und Publikationen von Unternehmen
•
Publikationen in Fachjournalen, Tagespresse und im Internet
Neben einer qualitativen Beschreibung der Anwendungspotenziale
sollten hierbei auch quantitative Aussagen zum Marktpotenzial der
Nanotechnologie getroffen werden. Hierbei ist anzumerken, dass das
Gebiet der Nanotechnologie folgende Charakteristika aufweist, die eine
quantitative Einschätzung des Marktpotenzials erschweren (vgl. Luther,
2003; Fleischer, 2002):
•
Nanotechnologie lässt sich nicht klassischen Industriebranchen
zuordnen, deren Umsätze in Wirtschaftsstatistiken erfasst werden. Es
handelt sich vielmehr um eine branchenübergreifende Querschnittsdisziplin.
•
Nanotechnologie stellt keine einheitliche Technologieplattform dar,
sondern beinhaltet ein breites Spektrum unterschiedlicher
Technologie- und Forschungsfelder (Werkstofftechnik, Schichttechnologie, Nanostrukturierung, Analytik, Oberflächenbearbeitung).
•
Nanotechnologische Verfahren und Produkte setzen überwiegend am
Beginn der Wertschöpfungskette an und beziehen sich überwiegend
lediglich auf einzelne Komponenten, deren Funktionalität durch
Nanotechnologie verbessert wird. Der Anteil der Nanotechnologie an
der Wertschöpfung marktgängiger Produkte lässt sich oftmals kaum
oder nur ungenau erfassen.
•
Nanotechnologie befindet sich zu einem großen Anteil noch im
Forschungsstadium. Abschätzungen des Markterfolgs zukünftiger
Produktoptionen und -visionen sind daher mehr oder weniger
spekulativ.
Quantitative
Einschätzung des
NanotechnologieMarktpotenzials
problematisch
40
Marktzahlen zur
Nanotechnologie
weisen erhebliche
Abweichungen auf
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Die Spanne existierender Marktzahlen zur Nanotechnologie umfasst
einen weiten Bereich von 900 Mio. USD für das Weltmarktvolumen
nanostrukturierter Materialien im Jahr 2005 (BCC, Business Communication Company 2001) bis zu einer Billion USD für das
Weltmarktvolumen nanotechnologisch beeinflusster Produkte im Jahr
2015 (NSF, National Science Foundation, 2001).
Weltmarkt (Jahr)
Bezogen auf
493 Mio. USD
(2000)
900 Mio. USD
(2005)
Rittner (2002)
Anorganische Nanopartikel und -pulver
(Metalloxide wie SiO2, TiO2, Metalle etc.)
Quelle
40 Mrd. USD (2002) Synthetische Nanopartikel als
Vorprodukte
Distler (2002)
23 Mrd. USD (2003) Nanomaterialien
73 Mrd. USD (2003) Nanotools, Nanodevices + Nanobiotec
Fecht et al.
(2003)
7 Mrd. USD (2002)
28,7 Mrd. USD
(2008)
Nanotechnologische Produkte
(hauptsächlich Nanomaterialien, ferner
Nanodevices und –tools)
BCC (2004)
54 Mrd. EUR
(2001)
100 Mrd. EUR
(2005)
Nanotechnologische Produkte
(aufgeschlüsselt nach Nanomaterialien,
Nanoschichten, Nanoanalytik,
Ultrapräzise Oberflächenbearbeitung,
Laterale Nanostrukturen)
Bachmann
(2001), DG/GZ
Bank (2001)
66 Mrd. USD (2005) Nanotechnologische Produkte
148 Mrd. USD
(2010)
Kamei (2002)
bis zu 200 Mrd.
EUR (2005)
Nanotechnologische Produkte
Sal. Oppenheim
(2001)
225 Mrd. USD
(2005)
700 Mrd. USD
(2008)
Nanotechnologische Produkte
NanoBusiness
Alliance (2001)
Nanotechnologische Produkte
NSF (2001)
1 Billion USD
(2015)
Tabelle 3.1: Übersicht über Marktzahlen und -prognosen zur Nanotechnologie
Die Abbildung 3.1 zeigt eine logarithmische Auftragung verschiedener
Marktprognosen gegenüber dem jeweiligen Bezugsjahr. Bis zum Jahr
2015 lässt sich hieraus in grober Näherung ein exponentielles Wachstum
des Weltmarktes nanotechnologischer Produkte extrapolieren. Jedoch ist
zu berücksichtigen, dass die verschiedenen Marktprognosen zum Teil auf
sehr unterschiedlichen Definitionen und Bewertungsansätzen basieren
und somit nicht direkt vergleichbar sind.
Kapitel 3
10000
41
Bachmann (2001)
Weltmarkt (Mrd. $)
DG-Bank (2002)
1000
Deutsche Bank
(Fecht et al., 2003)
Sal. Oppenheim
(2001)
100
Evolution Capital
(Chilcott, 2001)
NSF / NBA
(Gordon, 2003)
10
Trend (exponentiell)
1
2000
2005
2010
2015
Jahr
Abbildung 3.1: Vergleich verschiedener Marktprognosen für den Nanotechnologieweltmarkt (Quelle: Bachmann, 1998; Fecht et al., 2003; DG-Bank
2002; Gordon, 2003; Sal. Oppenheim, 2001; Chilcott et al., 2001).
Um eine richtige Einschätzung von Marktzahlen und -prognosen zu
ermöglichen und Fehlinterpretationen zu vermeiden, ist es daher
notwendig, die Aussagen im Kontext folgender Fragestellungen zu
diskutieren:
•
Welche Definition von Nanotechnologie wird zugrunde gelegt?
•
Auf welcher Datenbasis beruhen die genannten Zahlen?
•
Welche (Teil)bereiche der Nanotechnologie umfasst die
Markteinschätzung (z. B. Nanomaterialien, Nanobeschichtungen,
Tools und Messtechnik zu Erzeugung von Nanostrukturen etc.)?
•
Auf welche Wertschöpfungsstufe beziehen sich die Marktzahlen
(Grundstoffe wie z. B. Nanopulver, Zwischenprodukte wie
Laserdioden oder Endanwenderprodukte wie Computer oder
Haushaltsgeräte)?
Die oben erwähnten Marktprognosen von BCC und NSF nehmen mit
ihrem Bewertungsansatz zwei extreme Positionen ein. Während BCC
sich auf ein eng begrenztes Teilgebiet der Nanotechnologie
(anorganische Nanopartikel) beschränkt und den Marktwert der
Grundstoffe kalkuliert, bezieht sich die NSF auf den Marktwert
sämtlicher Endprodukte, die in irgendeiner Form durch Nanotechnologie
beeinflusst werden (z. B. Medikamente, Computer, Datenspeicher etc.),
ohne dabei konkrete Produkte zu nennen und den Anteil der
Nanotechnologie an der Wertschöpfung näher zu spezifizieren. Es ist
daher nicht verwunderlich, dass sich die angegebenen Marktvolumina um
den Faktor 1000 unterscheiden, wobei allerdings sicherlich der
unterschiedliche Zeithorizont eine wesentliche Rolle spielt.
Unterschiedliche
Bewertungsansätze
für
NanotechnologieMarktprognosen
42
Segmentierung in
unterschiedliche
Teilbereiche der
Nanotechnologie
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Zwischen diesen beiden Extremen gibt es weitere Marktprognosen, die
die Nanotechnologie in unterschiedliche Teilbereiche segmentieren
(Nanomaterialien, Nanoanalytik, etc.), und die das Marktpotenzial der
Nanotechnologie durch Aufsummieren des Marktwertes konkreter
Produkte ermitteln, die nanotechnologische Komponenten enthalten
(z. B. Bachmann, 2001, DG Bank, 2002, Fecht et al., 2003). Bei
Produkten, die noch keine Marktreife erlangt haben, wird hierbei in der
Regel das Substitutionspotenzial für bestehende Produkte angegeben
(z. B. MRAM-Speicherchips als Substitution für DRAM-Speicherchips).
Falls der Wertschöpfungsanteil einer nanotechnologischen Komponente
am Endprodukt nicht quantifizierbar ist bzw. keine Marktzahlen
verfügbar sind, wird hierbei zum Teil der Wert der „kleinsten,
verkaufbaren Einheit“ eines Produktes angegeben, die die
nanotechnologische Funktion enthält (z. B. bei Festplattendatenspeichern
das gesamte Laufwerk, obwohl nur der GMR-Lesekopf eine
nanotechnologische Funktion beinhaltet).
Bei den ermittelten Marktzahlen ist weiterhin nicht nachvollziehbar,
inwieweit Doppellungen bei der Bewertung von Nanoprodukten
vermieden wurden. So ist es denkbar, dass Produkte unterschiedlicher
Wertschöpfungsstufen mehrmals in die Bewertung einfließen, obwohl sie
auf demselben Nanotechnologie-Grundprodukt basieren. Es ist daher
nicht auszuschließen, dass beispielsweise ein nanokristallines Material in
einem Produkt (z. B. Sonnencreme), sowohl auf der Wertschöpfungsstufe
des Rohstoffes (nanokristallines Material) als auch des Endproduktes
(Sonnencreme) für die Ermittlung des gesamten Marktvolumens
herangezogen wird. Durch diese Doppellungen würde es zu einer
Überschätzung des Marktvolumens kommen.
Bei der folgenden Analyse wurde deshalb versucht, das Anwendungsund Marktpotenzial der Nanotechnologie im Kontext der betrachteten
Wertschöpfungsstufe und des Wertschöpfungsanteils der nanotechnologischen Komponente sowie des Zeithorizontes darzustellen. Die Analyse
wurde sowohl segmentiert nach den relevanten technologischen
Teilgebieten der Nanotechnologie (Kapitel 3) als auch aufgeschlüsselt
nach unterschiedlichen bedeutenden Wirtschaftsbranchen (Kapitel 6)
durchgeführt.
3.2
Nanomaterialien
Nanoskalige Materialien bilden eine wesentliche Grundlage der gesamten
Nanotechnologie. Sie zeigen eine Reihe außergewöhnlicher
Eigenschaften, die in herkömmlichen Materialien nicht vorgefunden
werden. Hierzu gehören auf der strukturellen Seite z. B. Superplastizität,
erhöhte Härte, Bruchzähigkeit und -festigkeit. Auf der funktionellen
Seite sind dies z. B. verbesserte weichmagnetische Eigenschaften,
Riesenmagnetowiderstandseffekt, verringerte Wärmeleitfähigkeit oder
höherer elektrischer Widerstand. Nanoskalige Werkstoffe werden in der
Kapitel 3
Regel über altbekannte Verfahren hergestellt. Ihre Bandbreite reicht von
anorganischen wie organischen, amorphen oder kristallinen
Nanopartikeln, die singulär in Aggregaten oder als Pulver sowie auch in
einer Matrix dispergiert vorliegen können, über Nanokolloide,
-suspensionen und -emulsionen bis hin zur Familie der Fullerene und
deren Derivate. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über
wesentliche physikochemische und biologische Eigenschaften von
Nanomaterialien, die sich aufgrund der Nanoskaligkeit gezielt einstellen
und optimieren lassen.
Eigenschaft
Katalytisch
Elektrisch
Magnetisch
Mechanisch
Optisch
Sterisch
Biologisch
Tabelle 3.2:
Beispiele für Effekte durch nanoskalige Konfiguration
Erhöhte katalytische Wirkung durch stark vergrößerte Oberfläche
Erhöhte elektrische Leitfähigkeit in Keramiken und magnetischen
Nanokompositen, höherer elektrischer Widerstand in Metallen
Erhöhte magnetische Koerzitivität bis zu einer kritischen Korngröße
(unterhalb dieser Größe Abnahme der Koerzitivität bis zu
superparamagnetischen Verhalten)
Erhöhte Härte und Festigkeit von Metallen und Legierungen,
verbesserte Duktilität, Härte und Formbarkeit von Keramiken
Spektrale Verschiebung der optischen Absorptions- und
Fluoreszenseigenschaften, Steigerung der Lumineszens von
Halbleiterkristalliten
Erhöhte Selektivität und Wirksamkeit von Membranen, Anpassung
von Hohlräumen für den Transport oder die kontrollierte Abgabe
spezifischer Moleküle
Erhöhte Durchlässigkeit für physiologische Barrieren (Membrane,
Blut-Hirn-Schranke etc.), erhöhte Biokompatibilität
Beispiele für einstellbare Eigenschaften von Nanomaterialien
Wesentliche Grundlagen der Eigenschaften von Nanomaterialien im
Unterschied zu klassischen makroskopischen Stoffen sind ihr sehr großes
Verhältnis von Ober- bzw. Grenzfläche zu Volumen sowie die hier in
den Vordergrund tretenden Quanteneffekte. So liegen beispielsweise bei
einem Partikel mit 10 nm Durchmesser ca. 20 Prozent aller Atome an der
Oberfläche, bei einem Partikel von 1 nm Durchmesser können es über 90
Prozent sein. Mit zunehmendem Oberflächenanteil steigt auch die
Oberflächenenergie der einzelnen Teilchen an, wodurch sich z. B. deren
Schmelzpunkt erniedrigt oder die Sinteraktivität erhöht wird. Über eine
präzise Kontrolle der Größe der Partikel lassen sich ihre Eigenschaften in
bestimmten Grenzen einstellen. Als schwierig erweist sich meist, diese
erwünschten Eigenschaften über den nachfolgenden Fabrikationsprozess
hinaus zu erhalten. So neigen lose Schüttungen von Nanopulvern vieler
Werkstoffe schon bei Raumtemperatur dazu, durch Diffusionsprozesse
zu größeren Partikeln bzw. fest verbundenen Agglomeraten
zusammenzuwachsen. Deshalb ist bereits zur Herstellung der
nanoskaligen Ausgangsprodukte ein geeigneter Herstellungs- oder auch
nachgeschalteter „Veredelungsprozess“ auszuwählen bzw. neu zu
entwickeln, um Agglomeration und Kornwachstum vor und während der
Werkstückfabrikation sowie im Betrieb zu be- oder verhindern.
43
Neue Effekte durch
Materialdesign auf
der Nanoskala
44
Breites Spektrum
von Verfahren zur
Herstellung von
Nanopartikeln und
Nanoschichten
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Feste Materialien können aus der Gasphase, aus der flüssigen Phase und
aus Festkörpern so hergestellt werden, dass sie in wenigstens einer
Dimension nanoskalig (d. h. per Definition kleiner als 100 nm) sind. Die
Produkte liegen meist in Form von Partikeln oder dünnen Schichten vor.
Insbesondere bei den Verfahren, die Gasphase oder flüssige Phase zur
Partikel- oder Schichtherstellung nutzen, trifft man häufiger auf
Selbstorganisationsprozesse, die bestimmte Formen und Strukturen
herausbilden.
Für Materialsynthesen aus der Gasphase kennt man mehrere relevante
Verfahren. Es handelt sich um die Chemische Gasphasenabscheidung
(CVD,
Chemical
Vapour
Deposition),
die
Physikalische
Gasphasenabscheidung (PVD, Physical Vapour Deposition), Aerosolbasierte Methoden wie die Gasphasenkondensation (CVC, Chemical
Vapour Condensation), Sputtertechniken und die Flammensynthese.
Während letztere Methode nur zur Herstellung von Pulvern geeignet ist,
können mit den anderen sowohl Pulver als auch dünne Schichten abgeschieden werden. Von allen Verfahren existieren verschiedene Varianten,
die oft kontinuierlich betrieben werden können und damit für industrielle
Prozesse besonders interessant sind.
Die wichtigsten Verfahren zur Herstellung bzw. Abscheidung von
Pulvern und dünnen Schichten aus der flüssigen Phase sind das Sol-GelVerfahren und die elektrochemische Abscheidung. Beide Verfahren
eignen sich weiterhin zum Aufbau nanoporöser Volumenkörper.
Nanoporöse Festkörper lassen sich auch über polymerpyrolytische
Methoden realisieren. Zur Produktion von Pulvern dienen darüber hinaus
insbesondere
die
Sonochemie
(Ultraschallchemie)
und
Hydrothermalmethoden. Ferner lassen sich über Laserstrahlschmelzen
ultradünne Oberflächenfilme erzeugen.
Die Herstellung von pulvrigen Nanomaterialien aus der festen Phase
erfolgt meist über Hochenergie- bzw. Hochgeschwindigkeitsmahlen
sowie ebenfalls durch Bestrahlung mit Partikeln, z. B. Ionen und
anschließende Rekristallisation. Die Mahlprozesse sind technologisch
anspruchslos, bergen jedoch die Gefahr starker Kontamination durch
Abrieb. Daneben gibt es eher exotische Methoden, wie z. B. die
Explosivzerstäubung metallischer Drähte. Ein weiteres sehr wichtiges
Verfahren ist die zerstörungsfreie In-situ-Erzeugung von Nanostrukturen
in Volumenkörpern. Hier handelt es sich primär um die gesteuerte
Kristallisation amorpher Werkstoffe zu nanokristallinen Kompositen. Bei
oxidischen Gläsern bereits Stand der Technik, gewinnt diese Methode für
Metalle und Legierungen stark an Bedeutung. Nanoporöse Festkörper
lassen sich beispielsweise über elektrochemische Oxidationsprozesse aus
dichten metallischen Volumenkörpern gewinnen.
Kapitel 3
3.2.1
45
Klassifizierung von Nanomaterialien
Alle klassischen Stoffe wie Metalle, Halbleiter, Gläser, Keramiken oder
Polymere sind zur Darstellung nanoskaliger Konfigurationen geeignet,
können also in Teilchengrößen kleiner als 100 nm hergestellt werden.
Inzwischen werden auch Supramolekulare Strukturen, Produkte einer seit
langem in der Chemie verfolgten Forschungsrichtung (z. B. Dendrimere,
Mizellen oder Liposomen), ebenso zu den Nanomaterialien gezählt wie
beispielsweise Langmuir-Blodgett-Filme oder neuere Stoffklassen wie
die Fullerene. Prinzipiell gibt es mehrere Möglichkeiten eine
Klassifizierung von Nanomaterialien vorzunehmen, einige Varianten
sind in der Tabelle 3.3 dargestellt.
Einteilung nach
Beispiele
Dimensionalität
Partikel, Hohlkugeln ...
• 3 Dimensionen < 100nm
Röhren, Fasern, Drähte ...
• 2 Dimensionen < 100nm
Filme, Schichten, Multilayer ...
• 1 Dimension < 100nm
Phasenzusammensetzung
Kristalline, amorphe Partikel u. Schichten ...
• Einphasige Feststoffe
Matrixmaterialien, beschichtete Partikel...
• Mehrphasige Feststoffe
Kolloide, Aerogele, Zeolithe ...
• Mehrphasensystem
Herstellungsverfahren
Flammsynthese, Kondensation, CVD ...
• Gasphasenreaktion
Sol-Gel, Fällung, Hydrothermalprozess ...
• Flüssigphasenreaktion
Kugelmahlen, Plastische Deformation ...
• Mechanische Verfahren
Tabelle 3.3: Beispiele für Klassifizierungsmöglichkeiten von Nanomaterialien
Im Hinblick auf eine wirtschaftliche Anwendung von Nanomaterialien
ergeben sich weitere Faktoren für eine Differenzierung, die sich auf
deren Verwendung in Nanoprodukten beziehen (vgl. Haas et al., 2003):
Einteilung nach
Wertschöpfungstufe
• Rohstoffe
• Zwischenprodukte
• Halbzeuge
• Bauteile
• Systeme/Endprodukte
Reifegrad/Produktionsvolumen
• Labormuster
• Prototyp
• Pilotanwendung
• Massenprodukt
Prozessierbarkeit
• Intrinsische Nanomaterialien
Beispiele
Schichtsilikate, Nanopulver, Precursoren
Lacke, Klebstoffe, Nanokomposite ...
Beschichtetes Formteil, Textilgewebe ...
Sensor, Elektrode, Laser, LED ...
Brennstoffzelle, Notebook, Bio-Chip ...
Molekularelektronik-Komponenten
Schaltbare Klebstoffe, multifunkt. Textilien ...
Fluoreszensmarker, Kontrastmittel, CNT
Carbon Black, Aerosil, Titandioxid
Nanoeigenschaften bleiben im Produkt
erhalten (Quantenpunkte, Fluoreszensmarker
...)
Nanoeigenschaften im Produkt nicht mehr
• Prozessnanomaterialien
nachweisbar (z. B. agglomerierte Ruße)
Tabelle 3.4: Beispiele für Klassifizierungsmöglichkeiten von Nanoprodukten
Unterschiedliche
Klassifizierungsansätze für
Nanomaterialien
46
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Im Folgenden werden die Anwendungs- und Marktpotenziale
wirtschaftlich besonders relevanter Klassen von Nanomaterialien auf der
Wertschöpfungsstufe von Rohstoffen und Zwischenprodukten diskutiert.
3.2.2
Nanopartikel/Nanopartikel/-fasern/fasern/-röhren
3.2.2.1 Metalloxide/Metalle
MetalloxidNanopartikel finden
in einer Vielzahl
von Produkten
Anwendung
Metalloxide, insbesondere Siliziumdioxid, Ceroxid, Titandioxid,
Aluminiumoxid, weisen im Bereich der anorganischen Nanopartikel
gegenwärtig
die
größte
wirtschaftliche
Bedeutung
auf.
Hauptanwendungsgebiete dieser Nanopartikel sind die Elektronik,
Pharmazie/Medizin/Kosmetik sowie Chemie/Katalyse. Im Bereich
Pharmazie/Medizin/Kosmetik
liegt
die
derzeit
wirtschaftlich
bedeutendste Anwendung im Bereich von Sonnenschutzmitteln. Hierbei
werden insbesondere nanoskalige Titandioxid- aber auch Zinkoxidnanopartikel als UV-Absorber eingesetzt, die aufgrund der
Nanoskaligkeit den Vorteil der optischen Transparenz bieten. Weitere
Anwendungsfelder für Nanopartikel in der Medizin sind Markerstoffe für
biologische Schnelltests (z. B. Gold oder Halbleiter), Kontrastmittel zur
Magnetischen Resonanztomographie sowie antimikrobielle Beschichtungen und Kompositmaterialien für sterile Oberflächen und
medizinische Geräte. Derzeit wirtschaftlich noch relativ unbedeutend,
aber langfristig aussichtsreich sind Nanopartikel-basierte Drug-CarrierSysteme zur gezielten und selektiven Wirkstoffapplikation.
Im Bereich der Katalyse machen Nanopartikel als poröse Trägerschicht
für Autoabgaskatalysatoren den größten Marktanteil aus. Hierbei wird
vor allem nanoskaliges Aluminiumoxid verwendet, das als poröser
Gerüststoff für den Edelmetallkatalysator dient, der fein verteilt in-situ
auf das Substrat abgeschieden wird. Auch für Katalysatoren in
Wasserstoff-Reformern für PEM-Brennstoffzellen werden Nanomaterialien wachsende Bedeutung finden.
BCC schätzt das Marktvolumen für oxidische und metallische
Nanopartikel im Jahr 2005 auf 900 Mio. USD. Die folgende Tabelle gibt
einen Überblick über Anwendungen und Martktpotenziale.
Kapitel 3
Anwendungsgebiet/Materialien
Weltmarkt
volumen
2005
Elektronik, Optoelektronik
• Chemisch-mechanisches Polieren (z. B. Si-, Al-Oxid)
• Elektrisch leitfähige Beschichtungen (z. B. ITO, Edelmetalle)
• Magnetische Datenspeicher (Eisen-, Kobaltoxide)
• Kondensatoren (Barium-Strontium-Titanat, Komposite)
668 Mio.
USD
Pharmazie/Medizin/Kosmetik
• Sonnenschutz (Titandioxid, Zinkoxid)
• Biomarker (Gold, Halbleiter, ...)
• Kontrastmittel (Eisenoxid, Chelatkomplexe ...)
• Biomagnetische Separation (Eisenoxid)
• Antimikrobielle Agentien (Silber, Titandioxid ...)
145 Mio.
USD
Chemie/Katalyse
• Automobilkatalysatoren (Aluminiumoxid, Edelmetalle ...)
• Strukturkeramik (Oxidische Keramiken, SiC ...)
• Kratzfeste Beschichtungen (div. Metalloxide und -carbide)
• Photokatalyse (Titandioxid)
• Brennstoffzellen (Edelmetalle, YSZ)
• Keramische Membranen (div. Metalloxide)
47
88 Mio. USD
Tabelle 3.5: Anwendungen und Marktpotenziale von Nanopartikeln (nach Rittner,
2002)
3.2.2.2 Kohlenstoffpartikel
Zu den nanostrukturierten Kohlenstoffpartikeln zählen sowohl lang
etablierte und in großindustriellem Maßstab hergestellte Materialien wie
Industrieruße (Carbon Black) als auch relativ junge Materialklassen wie
Fullerene und Fulleren-Derivate. Eine besondere Stoffklasse innerhalb
der Fullerene bilden die ein- und mehrwandigen KohlenstoffNanoröhren, für die mittel- bis langfristig ein hohes Produktpotenzial
prognostiziert wird.
Hinsichtlich der wirtschaftlichen Bedeutung dominieren derzeit
klassische nanostrukturierte Materialien, wie Carbon Black und
Spezialruße, mit einem derzeitigen Weltmarktvolumen zwischen 3 Mrd.
USD (Reuters, 2002) und 5,7 Mrd. USD (SRI, 2002) bzw. einem
prognostizierten Weltmarktvolumen 8 Mrd. USD (Fecht et al., 2003) im
Jahr 2006. Bei Carbon Black handelt es sich um kettenförmig
agglomerierte Kohlenstoffpartikel, deren Primärpartikelgröße im
Nanometerbereich
liegt.
Haupteinsatzgebiete
dieser
durch
Flammsynthese hergestellten Materialien sind Füllstoffe für Gummi und
Pigmente, beispielsweise für Autoreifen oder Toner.
Kohlenstoffnanopartikel umfassen
etablierte
Industriechemikalien wie Carbon
Black sowie
neuartige
Materialmodifikationen wie
Fullerene und
Kohlenstoffnanoröhren
48
Abbildung 3.2:
Verschiedene
Modifikationen von
Kohlenstoffnanoröhren
(einwandig,
mehrwandig, gefüllt mit
Fremdatomen etc.)
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Für die Zukunft wird Kohlenstoffnanoröhren (CNT) ein hohes
wirtschaftliches
Potenzial
prognostiziert
aufgrund
ihrer
außergewöhnlichen molekularen Eigenschaften, wie z. B. extrem hohe
Zugfestigkeiten (auf molekularer Ebene eine ca. 100 mal bessere
Zugfestigkeit als Stahl bei einem 6 fach geringeren spezifischen Gewicht,
vgl. CMP Cientifica, 2003) sowie hervorragende thermische und
elektrische Leitfähigkeit. Einer breiten wirtschaftlichen Anwendung von
Kohlenstoffnanoröhren, z. B. in der Sensorik, in der Elektronik (CNTbasierte Verbindungsleitungen und Transistoren), in Kompositmaterialien (z. B. elektrisch leitfähige Polymere) oder in Flachbildschirmen (Elektronenemitter in Feld-Emissionsdisplays) stehen derzeit in
erster Linie der hohe Preis von ca. 180 USD pro Gramm (für einwandige
CNT) entgegen (Löfken und Mayr, 2003). Der hohe Preis ist dadurch
bedingt, dass die großtechnische Herstellung von Kohlenstoffnanoröhren
mit definierter Zusammensetzung derzeit noch nicht gelöst ist. Während
das derzeitige Marktpotenzial von CNT sich im Bereich weniger
Millionen US-Dollar bewegen dürfte, gehen sehr optimistische
Prognosen allerdings bereits für das Jahr 2006 von einem Marktvolumen
von 1,2 Mrd. USD aus (Fecht et al., 2003). Diese Prognosen basieren auf
der Annahme, dass kurzfristig eine preisgünstige Massenproduktion von
CNT etabliert sein wird, wie dies beispielsweise von einer japanischen
Firma bereits angekündigt worden ist (Mitsui, 2002).
3.2.2.3 Schichtsilikate
Nanostrukturierte, organisch modifizierte Schichtsilikate (Nanotone)
werden seit einiger Zeit als Füllstoffe für Polymermaterialien zur
Verbesserung der Barriereeigenschaften (z. B. Gasdichtigkeit), als
Brandschutz sowie zur mechanischen Verstärkung verwendet. Obwohl
bereits einige Produkte auf dem Markt sind, beeinträchtigen Probleme im
Verarbeitungsprozess sowie die relativ hohen Kosten bei moderaten
Performance-Gewinnen eine breite wirtschaftliche Anwendung dieser
Materialien. Bis zum Jahr 2006 wird das Weltmarktvolumen für
Nanoschichtsilikate auf 25 Mio. USD geschätzt (SRI, 2002).
3.2.2.4 Organische Nanopartikel
Unter der Gruppe der organischen Nanopartikel lassen sich unter
anderem folgende Stoffklassen subsumieren (vgl. Horn und Rieger,
2002):
•
Polymernanopartikel/-dispersionen
•
Mikronisierte Wirk- und Effektstoffe (Vitamine, Pigmente und
Pharmazeutika)
Kapitel 3
•
Makromoleküle (z. B. Dendrimere)
•
Mizellen, Liposome
Aus heutiger Sicht wirtschaftlich relevant sind vor allem mikronisierte
Wirk- und Effektstoffe sowie Polymerdispersionen.
Durch die
Mikronisierung organischer Wirk- und Effektstoffe wie Vitamine,
Pigmente und Pharmazeutika, die in Wasser oftmals schwer löslich sind
und
bei
Applikation
in
wässriger
Form
besondere
Formulierungsverfahren erfordern, wird durch ein verbessertes
Oberflächen-Volumen-Verhältnis die Wasserlöslichkeit und damit die
physiologische (Pharma, Kosmetik, Pflanzenschutz, Ernährung) oder
technologische Wirksamkeit (Lacke und Druckfarben) optimiert.
Derartige Nanopartikel lassen sich durch mechanische Zerkleinerung
oder Fällung bzw. Kondensation aus kolloidalen Lösungen herstellen.
Das Marktpotenzial für mikronisierte Wirkstoffe (insbesondere
Vitamine) wird für das Jahr 2002 auf ca. 1 Mrd. EUR geschätzt
(BASF/Distler, 2002). Noch größere Marktvolumina mit ca. 15 Mrd.
EUR im Jahr 2002 (Distler, 2002) weisen wässrige Polymerdispersionen
auf. Diese in der Industrie schon lange etablierte Stoffklasse lässt sich
durch Anwendung moderner nanotechnologischer Verfahren hinsichtlich
der technischen Eigenschaften optimieren, wie z. B. durch die Erhöhung
des Feststoffgehaltes infolge kontrollierbarer Teilchengrößenverteilung,
durch selektive Oberflächenmodifikation der Polymere oder die
Herstellung von Nanokompositen durch Mischen mit zusätzlichen, auch
anorganischen Füllstoffen. Derartige Polymerdispersionen bieten breite
Anwendungsfelder, z. B. als Bindemittel in Farben und Lacken,
Haftklebstoffe
für
Etiketten
und
Klebebänder
oder
als
Beschichtungssysteme für Textilien, Holz oder Leder. Wässrige
Polymerdispersionen sind zudem umweltfreundlicher als Produkte, die
auf organischen Lösemitteln basieren.
Derzeit aus wirtschaftlicher Sicht noch unbedeutend, aber zukünftig mit
aussichtsreichen Marktchancen werden organische Makromoleküle wie
Dendrimere bzw. ähnliche Substanzklassen wie hyperverzweigte
Polymere (z. B. auf Polyurethanbasis) eingeschätzt (Bruchmann, 2002).
Anwendungspotenziale dendritischer Moleküle bieten sich beispielsweise
als Trägersubstanzen für Katalysatoren oder pharmazeutische Wirkstoffe
(Drug-Delivery) bzw. auch als Vernetzungsmittel für kratzfeste
Autolacke oder Druckfarben. Das weltweite Marktpotenzial von
Dendrimeren wird für das Jahr 2006 auf 5-15 Mio. EUR geschätzt (SRI,
2002).
49
Hohes
Marktpotenzial für
mikronisierte
Wirkstoffe und
Polymerdispersionen
50
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
3.2.3
NanoNano-Kompositmaterialien
3.2.3.1 Polymerbasierte Nanokomposite
Starkes
Marktwachstum für
den Bereich
polymerer
Nanokomposite
prognostiziert
Zu den polymerbasierten Nanomaterialien zählen neben den bereits oben
erwähnten
partikulären
Systemen
auch
nanostrukturierte
Blockcopolymere sowie Polymermaterialien, die mit keramischen,
metallischen oder auch Halbleiter-Nanopartikeln dotiert sind. Die
Dotierung dient unter anderem der Verbesserung (thermo)-mechanischer,
elektronischer oder auch biologischer Eigenschaften. Hierfür lassen sich
unter anderem folgende Beispiele nennen:
•
Nanosilikat-verstärkte
Polymere
zur
Verbessserung
der
Barriereeigenschaften (z. B. Gasdichtigkeit), als Brandschutz sowie
zur mechanischen Verstärkung
•
Mit Nanopartikeln gefüllte Epoxidharze für Anwendungen in
Automobilelektrik als verbesserte Verguss- und Imprägnierharze für
Spulen und Wicklungen
•
Leitfähige Polymere, z. B. durch Dotierung mit Carbon Black oder
künftig auch mit Kohlenstoffnanoröhren für Anwendungen in der
elektrostatischen Abschirmung elektronischer Geräte etc.
•
Mit Nanopartikeln (z. B. aus Silber) gefüllte Polymere mit
antimikrobiellen Eigenschaften für Anwendungen, z. B. in der
Medizintechnik
Mittelfristig wird ein sehr starkes Wachstum für den Weltmarkt
polymerer Nanokomposite von 15 Mio. USD im Jahr 2001 auf 300 Mio.
USD im Jahr 2006 prognostiziert (SRI, 2002).
Ein weiteres stark wachsendes Marktsegment sind organische Halbleiter,
die mitunter zum Gebiet der Nanotechnologie zählen, da die molekularen
Bausteine in der Größenordnung in der Größenordnung einiger 10-100
nm liegen und für die Optimierung der Materialeigenschaften ein
Verständnis der zugrunde liegenden physikalischen Prozesse auf der
Nanoskala erforderlich ist. Grundlage für den rasanten Fortschritt in der
Entwicklung organischer Halbleiter in den letzten Jahren waren die
Synthese neuartiger Substanzen, die verbesserte Reinheit dieser
Materialien, eine kontrollierte Schichtherstellung sowie wirksamer
Schutz der Substanzen und Bauelemente vor Luft und Feuchtigkeit.
Gegenüber herkömmlichen Halbleitern wie Silizium oder Galliumarsenid
bieten diese Polymere den Vorteil, einfach hergestellt werden zu können
und sich zu großen, mechanisch biegsamen Bauelementen verarbeiten zu
lassen. Das Weltmarktvolumen für organische Halbleiter wird für das
Jahr 2006 auf mehrere 100 Mio. Euro geschätzt (Quelle:
Unternehmensbefragung) für Anwendungen überwiegend in OLEDDisplays, langfristig auch in Solarzellen.
Kapitel 3
51
3.2.3.2 Keramische Matrixmaterialien
Bei Keramiken liegt ein Hauptaugenmerk auf der Erzeugung von
Nano/nano- und Mikro/nano-Gefügen. Ziel ist vor allem die
Verbesserung von thermomechanischen Eigenschaften, Bruchzähigkeit
und Warmumformbarkeit („Superplastizität“) dieser an sich spröden
Werkstoffgruppe. Hierbei hilft der Einsatz synthetischer Nanopulver, die
sich durch hohe chemische Reinheit und einstellbare Pulverkorngrößen
auszeichnen. In grober Unterscheidung werden zur Herstellung
oxidischer Pulver (z. B. Al2O3, SiO2) bevorzugt Sol-Gel-Verfahren
genutzt, zur Herstellung nichtoxidischer Pulver (z. B. Si3N4, SiC, TiCN)
eher Gasabscheideverfahren. Von Vorteil ist, dass sich mit abnehmender
Teilchengröße aufgrund der zunehmenden Oberflächenenergie die zu
Konsolidierung und Verdichtung nötige Sintertemperatur verringern
kann. Auch nanostrukturierte Gradientenwerkstoffe – der Gradient kann
sowohl bezüglich (thermo)mechanischer, funktioneller als auch
chemischer Eigenschaften angelegt sein – lassen sich auf verschiedenen
Wegen realisieren. Beispiele sind die elektrochemische Abscheidung,
Abscheideverfahren aus der Gasphase oder die Reaktivgasbehandlung.
Darüber hinaus lassen sich keramische Membranen und Volumenkörper
mit sehr präzise definierbarer Porosität herstellen. Diese dienen vor allem
zur selektiven Flüssig- und Gasseparation, als Partikelfilter,
Katalysatorträger und Mikroreaktoren. Durch neuere NiedertemperaturSynthesemethoden wie das Sol-Gel-Verfahren gelingt die Herstellung
auch thermodynamisch unverträglicher Glaszusammensetzungen. Durch
definierte Kristallisation lassen sich Glaskeramiken für die
unterschiedlichsten Anwendungen herstellen. Im „Low-Tech“-Bereich
sind dies im Wesentlichen Produkte aus dem Haushaltswarensegment
oder Panzerungen. Im „High-Tech“-Bereich handelt es sich z. B. um
Produkte aus den Bereichen Implantat- und Medizintechnik sowie Laseroder Weltraumtechnik.
3.2.3.3 Metallische Matrixmaterialien
Durch Verstärkung von Metallen durch keramische Fasern, insbesondere
Siliziumkarbid, aber auch Alumiumoxid oder Aluminiumnitrid lassen
sich thermisch hochbelastbare Werkstoffe mit hoher Festigkeit herstellen. Derartige Metall-Matrix-Komposite (MMC), wie z. B. SiC in AlLegierungen oder TiN in Ti/Al-Legierungen, besitzen aufgrund ihrer
hohen Temperaturstabilität, der geringen Dichte, der hohen Festigkeit,
der hohen thermischen Leitfähigkeit und der kontrollierbaren thermische
Ausdehnung ein hohes Anwendungspotenzial für Strukturen in der
Energietechnik (z. B. Turbinen oder auch in der Luft- und
Raumfahrttechnik). Durch ein nanoskaliges Gefüge der Metall-MatrixKomposite lassen sich eine höhere Festigkeit und Beständigkeit gegen
Materialermüdung und darüber hinaus eine bessere Formbarkeit und
Superplastizität erzielen. Auch partikelverstärkte Stähle sind derzeit in
Einsatz
synthetischer
Nanopulver zur
Herstellung von
Keramiken
52
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Entwicklung, unter anderem für Anwendungen im Automobilbau. So
lassen sich durch eine Dispergierungstechnik nanometergroße
Karbonnitritpartikel in einen martensitischen Stahl einbringen, um so das
Ermüdungsverhalten des Stahls zu optimieren (Masaki et al., 2003).
3.2.3.4 Aerogele
Aerogele,
leichteste
Feststoffe mit
breitem
Anwendungspotenzial
Aerogele sind hochporöse Feststoffe mit einer inneren Oberfläche
zwischen 600 und 1000 m2 pro Gramm. Mit einer Dichte zwischen 0,003
und 0,35 g/cm3 gelten sie als die leichtesten bekannten Feststoffe.
Aerogele bestehen aus Nanopartikeln, die in einem hochporösen
dreidimensionalen Netzwerk angeordnet sind. Neben anorganischen
überwiegend oxidischen Aerogelen gelang es auch vor einigen Jahren,
Aerogele aus organischen Polymeren zu synthetisieren. Aerogele
besitzen aufgrund ihrer Nanostrukturen und hohen Porisität interessante
Eigenschaften für technische Anwendungen. Zu den herausragenden
technisch nutzbaren Eigenschaften von Aerogelen gehören:
•
Extrem niedrige thermische und akustische Leitfähigkeit für
Anwendungen als Isolationsmaterialien in der Gebäudetechnik,
Verfahrenstechnik, Automobiltechnik, Textiltechnik und weiteren
Anwendungsbereichen
•
Optische Transparenz/Transluzens für Anwendungen in der
Gebäudetechnik (Wärmedämmscheiben und -fassaden) und der
Sensorik
•
Sehr niedrige Dielektrizitätskonstante für Anwendungen in der
Elektronik
•
Extrem hohe innere Oberfläche und Porösität für eine kontrollierbare
Wirkstoffabgabe für Anwendungen in Chemie und Pharmazie bzw.
für Membrane und Filter in der Energie- und Umwelttechnik
In Bezug auf eine kostengünstige Herstellung von Aerogelen ist die
Schwelle zur wirtschaftlichen, großtechnischen Produktion mittlerweile
überschritten, so dass sich kommerzielle Produktoptionen in einer
Vielzahl von Anwendungsbereichen ergeben. Die Firma Aspen Systems
schätzt das Weltmarktpotenzial für derartige kostengünstige
Aerogelmaterialen auf 10 Mrd. USD bereits im Jahr 2005 (Aspen
Systems, 2001). Auch wenn diese Zahl um einige Größenordnungen zu
hoch gegriffen sein dürfte, da sich die kommerzielle Massenproduktion
von Aerogelmaterialien z. B. durch Cabot derzeit noch in einem frühen
Stadium befindet, lässt sich daraus tendenziell ein hohes ökonomisches
Potenzial ableiten. Eine Übersicht über Produktoptionen und
Anwendungsbereiche von Aerogelen bietet die Abbildung 3.3:
Kapitel 3
low-K-Dielektrika
• Mikroelektronik
Thermisch
• Fensterscheiben
• transluzente Gebäudefassaden
• Thermo-Schutzkleidung
• Kryogene Prozesse
• Hochtemperatur-Prozesse
• Haushaltsgeräte
• Automobil
• Form-u. Feingusstechnik
Datenspeicher
Displays
Elektronik
Isolation
• nied. Dielekt.- Konst.
• transparent
• dotierbar
• niedrige therm. +
akust. Leitfähigkeit
• Transparenz
• geringe Dichte
Katalyse
• gr. inn. Oberfläche
• dotierbar
• def. Porengröße
Füllstoffe
• Toner
• Gummi
• Lebensmittel
• Pharmazie
Medizin, Landwirt.
• gr. innere Oberfläche
• def. Porengröße
• dotierbar
Additive
• Rheologie
• Stabilisator
• gr. inn. Oberfläche
• dotierbar
Abbildung 3.3:
Elektroden
• Superkondensatoren
• Batterien
• Brennstoffzellen
Controlled Release
• Pharmazie
• Landwirtschaft
Implantatmaterial
• Humanmedizin
Werkstoffe
Energie/ Umwelt
Filter
• Luftfilter
• Wasserreinigung,
-aufbereitung
Akustisch
• Schallisolierung (Gebäude,
Verkehr, Automobil, Flugzeug)
• Impedanzminderung
(u.a. Lautsprecher)
Sensorik
• gr. innere Oberfläche
• dotierbar
•Transparenz
• Photolumineszens
Biosensoren
• Lab-on-a-chip
• Biochips
• geringe Dichte
• Stabilität
Konstruktion
• Automobil
• Luft- und Raumfahrt
Schockabsorber
• geringe Dichte
• Brüchigkeit
Opt. Sensoren
• O2-Sensor
Schutzhelme
Partikelkollektoren
• Raumfahrt
• Kernphysik
Produkt- und Anwendungsoptionen von Aerogelen (Quelle: VDI TZ)
3.2.3.5 Zeolithe
Ähnlich wie Aerogele sind Zeolithe hochporöse Festkörper auf Basis von
Alumosilikaten, die sowohl in der Natur vorkommen als auch künstlich
hergestellt werden. Auf Grund ihrer großen inneren Oberfläche und ihrer
käfigartigen Poren, in die „Gastmoleküle“ aufgenommen werden können,
sind sie als Ionenaustauscher, Molekularsiebe und Katalysatoren im
Einsatz. Ein Hauptanwendungsgebiet für Zeolithe ist der Zusatz in
Wasch- und Reinigungsmitteln zur Reduktion der Wasserhärte durch
Bindung der im Wasser gelösten Kalzium- und Magnesiumionen. Das
Weltmarktvolumen für Zeolithe wird für das Jahr mit 2,3 Mrd. USD
angegeben, mit einer Steigerung bis zum Jahr 2006 auf 2,6 Mrd. USD
(Fecht et al., 2003).
3.2.4
Nanoschichtsysteme
Nanoskalige Schichtsysteme stellen in vielen Produktanwendungen ein
funktionsbestimmendes Element dar. Durch ein nanoskaliges
Schichtdesign lassen sich eine Vielzahl physikalischer, chemischer oder
biologischer Effekte erzielen, die sich für kommerzielle Produkte nutzen
lassen. Die Tabelle 3.6 gibt einen Überblick über Eigenschaften, die
durch nanoskalige Schichtsysteme einstellbar sind und Beispiele für
deren Produktanwendung (vgl. TAB, 2003).
53
54
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Materialeigenschaften
Schichttypen
(Beispiele)
Anwendungsbeispiele
Mechanische
Eigenschaften
(Tribologie, Härte,
Kratzfestigkeit)
Hartstoffschichten aus
Metallcarbiden und nitriden, diamantartige
Schichten (DLC), SolGel-Beschichtungen
Verschleißschutz für mechanische
Geräte, z. B. Computerfestplatten,
mechanischer Schutz für weiche
Materialien (Polymere, Holz,
Textilien) z. B. kratzfeste
Kunststoffgläser für Brillen
Benetzungsverhalten (z. B.
Hydrophobie,
Hydrophilie)
Fluorierte Kohlenwasserstoffe, und
Fluoralkylsilane
Antigraffiti, Antifouling, Lotuseffekt, selbstreinigende Oberflächen für Textilien, und
Keramik
Thermische und
chemische Eigenschaften (Hitzeund Korrosionsbeständigkeit)
Metalloxide, -carbide
und -nitride,
Organische self
assembled monolayers
Korrosionsschutz für
Metalloberflächen (z. B.
Aluminium), Hitzeschutz für
Turbinen und Triebwerke
Biologische
Eigenschaften
(biokompatibel,
antimikrobiell )
Organische Beschichtungen, photokatalytische Titandioxidbeschichtung
Biokompatible Implantate,
antibakterielle Oberflächen für
medizinische Geräte und im
Sanitärbereich
Elektronische,
elektrische und
magnetische
Eigenschaften
(magnetoresistiv
dielektrisch,
leitfähig)
Metallische
Multilagenschichten,
Magnetoresistive Sensoren und
Datenspeicher, dielektrische
Schichten für Transistoren,
antistatische Beschichtungen für
Verpackungs- und
Gehäusematerialien, transparente
elektrisch leitfähige Schichten für
Solarzellen und Displays
Indium-Zinn-OxidSchichten,
Siliziumdioxid
Nanoporöse Silizium- Photo- und elektrochrome VerOptische
antireflektierende
dioxidschichten
zur glasungen,
Eigenschaften
Entspiegelung,
elek- Scheiben und Solarzellen
(antireflektiv,
trochrome
Wolframphoto- und
trioxidschichten
elektrochrom)
Tabelle 3.6: Durch nanoskalige Schichtsysteme einstellbare Produkteigenschaften
Aufgrund der Fülle der unterschiedlichen Produktklassen und
Anwendungsfelder, in denen nanoskalige Schichtsysteme eine
funktionsbestimmende Rolle spielen, ist eine vollständige Erfassung des
Marktvolumens an dieser Stelle allerdings nicht möglich. Ebenso ist der
Anteil der funktionstragenden nanoskaligen Schichtsysteme an der
Wertschöpfung der Produkte in der Regel nicht zu beziffern, da die
Beschichtung bzw. Oberflächenfunktionalisierung nur einen Teilschritt
im Produktionsprozess darstellt, der häufig auf der Wertschöpfungsstufe
von Vor- und Zwischenprodukten durchgeführt wird. Für die
Beschichtung als solches lässt sich daher in der Regel kein Marktwert
bestimmen. Betrachtet man die Wertschöpfungsstufe von Endprodukten,
so ergeben sich erhebliche Marktvolumina für Produkte, deren
Funktionalität wesentlich durch Nanoschichten bestimmt wird. Das
Kapitel 3
Weltmarktpotenzial für derartige Produkte wurde bereits für das Jahr
2001 auf 21 Mrd. USD geschätzt (Bachmann, 2001). Allein der
Marktwert von Festplattenlaufwerken mit GMR-Lesekopf liegt im
zweistelligen Mrd. USD-Bereich (vgl. Kap. 6.7). In der
Unternehmensbefragung
wurden
folgende
auf
nanoskaligen
Schichtsystemen basierende Produktgruppen genannt, die im Zeitraum
bis 2006 wirtschaftliche Relevanz für deutsche Unternehmen besitzen:
•
•
•
Hartschichten (Weltmarktvolumen im Jahr 2006 ca. 0,5 – 1 Mrd.
EUR )
Tribologische Schichten (Weltmarktvolumen im Jahr 2006 ca. 1-5
Mrd. EUR )
Antifog-Schichten (Weltmarktvolumen im Jahr 2006 ca. 50-250 Mio.
EUR )
•
Antireflexschichten auf Kunststoffoberflächen (Weltmarktvolumen
im Jahr 2006 ca. 100 Mio. EUR )
•
Werkzeugbeschichtungen (Weltmarktvolumen im Jahr 2006 ca. 50250 Mio. EUR )
•
Korrosionsschutzschichten (Weltmarktvolumen im Jahr 2006 ca. 1-5
Mrd. EUR )
Elektronik auf Basis funktionaler Nanoschichten, z. B. GMR-HDD,
MRAM (Weltmarktvolumen im Jahr 2006 >> 5 Mrd. EUR )
•
3.3
Nanoelektronik
Als Nanoelektronik wird hier die auf Silizium basierende Elektronik mit
Strukturbreiten unter 100 nm und dazu alternative Ansätze, die ebenfalls
auf der Nanotechnologie beruhen, verstanden. Des Weiteren zählt dazu
verfahrenstechnisches und/oder analytisches Equipment, das für die
Herstellung der genannten Komponenten erforderlich ist.
Diese Definition orientiert sich am BMBF-Förderprogramm IT 2006
(BMBF, 2002) und beschreibt den derzeitigen Übergang der Mikro- in
die Nanoelektronik. Für die Zukunft ist zu erwarten, dass in
elektronischen
Bauteilen
zunehmend
neue
Effekte
durch
Miniaturisierung nutzbar gemacht werden. Wie in den folgenden
Abschnitten noch ausführlicher dargestellt, ist es gerade das Ziel vieler
Forschungsanstrengungen in der Nanoelektronik, die bewährte
Funktionsweise der CMOS-Elektronik trotz der schrumpfenden
Abmessungen zu bewahren. 1 Im Gegensatz dazu zielen eine ganze Reihe
alternativer Ansätze auf die Nutzung neuer Effekte ab (siehe Kapitel 2).
1
CMOS-Elektronik wird üblicherweise als Synonym für die derzeitige MainstreamElektronik auf Silizium-Basis benutzt. Im eigentlichen Sinne steht CMOS
(Complementary Metal Oxide Semiconductor) für eine Logik, die aus
komplementären n-Kanal bzw. p-Kanal MOS-Feldeffekt-Transistoren aufgebaut ist.
55
56
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Diese Ansätze sind allerdings eher mittel- bis langfristig realisierbar und
werden in dem in dieser Studie untersuchten Zeitrahmen bis 2006
wirtschaftlich keine Rolle spielen (siehe hierzu auch Hoffknecht, 2003).
Die International Technology Roadmap for Semiconductors (ITRS)
klassifiziert die Elektronik-Generationen nach dem halben Abstand der
elektronischen Zuleitungen eines DRAM.2 Diese Größe wird als DRAM
½ Pitch bezeichnet. Im Jahr 2003 wurden erstmalig DRAM vermarktet,
bei denen der DRAM ½ Pitch die 100 nm Marke erreichte. Die
vorliegende Studie betrachtet diese Entwicklung als den Eintritt in die
Nanoelektronik, da dies in Übereinstimmung mit internationalen
Gepflogenheiten und daher zur Untersuchung der Marktpotenziale
besonders praktikabel ist.
Ohne sich allzu sehr auf einen eher akademischen Diskurs einzulassen,
sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass auch andere Kriterien
herangezogen werden könnten:
•
Zum Beispiel hat die Gate-Länge von Transistoren kleinere
Abmessungen als der DRAM ½ Pitch. 2003 erreichte die
lithographische hergestellte Gate-Länge von Transistoren bereits 53
nm (Abbildung 3.4). Durch spezielle Ätz-Verfahren wurde diese
Länge im weiteren Produktionsprozess auf nur 37 nm reduziert. Die
effektive Gate-Länge der Transistoren unterschritt bereits mit der
1999 eingeführten 180 nm-Generation die 100 nm-Marke (ITRS,
2003).
•
Stehen die lateralen Strukturen gegenwärtig an der 100 nm-Schwelle,
so besitzen die Bauelemente bereits seit langem vertikale Schichten
mit Dicken unterhalb von 100 nm. In vielen Fällen sind diese
geringen Schichtdicken für die Funktionsweise der Bauelemente
notwendig.
DRAM ½ Pitch
= Metal Pitch/2
Typical DRAM
Metal Bit Line
Metal
Pitch
Abbildung 3.4: Definition des DRAM ½ Pitch als halben Abstand zweier DRAMZuleitungen. (Quelle: ITRS, 2003)
2
DRAM (Dynamic Random Access Memory): Halbleiterspeicher mit dem höchsten
Marktanteil, bei dem die digitalen Informationen durch Ladungen auf Kondensatoren
codiert werden.
Kapitel 3
3.3.1
SiSi-basierte Elektronik
Die Erfolgsgeschichte der Elektronik ist wesentlich mit dem Fortschritt
der Silizium-Technologie verknüpft.
1 E+13
1 E+12
Bauelemente pro Chip
57
1 E+11
1 E+10
1 E+09
1 E+08
1 E+07
1 E+06
1 E+05
1 E+04
Roadmap
125 mm
150 mm
300 mm
200 mm
DRAM 450 mm
1G
256 M
µ -Prozessor
64 M
16 M
Hammer
4M
Pentium 4
1M
Pentium
256 k
80486
64 k
80386
16 k
8028
4k
8086
1k
8080
4004
1 E+03
1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015
Jahr
Abbildung 3.5:
Entwicklung der Silizium-basierten Elektronik. Dargestellt ist die
Anzahl der Bauelemente pro Chip bei den Mikroprozessoren und den
DRAMs seit 1970 und die Prognose der weiteren Entwicklung durch
die ITRS. Zusätzlich ist die Größenentwicklung der in der Produktion
verwendeten Si-Wafer eingezeichnet. (Quellen: ITRS, 2001; ITRS,
2002; ITRS, 2003; Normile, 2001; Intel)
1965 wurde Gordon E. Moore - drei Jahre später Mitbegründer der Firma
Intel - von der Zeitschrift electronics zur weiteren Entwicklung der
Halbleiterelektronik befragt. Er formulierte - sechs Jahre nach Erfindung
des Integrierten Schaltkreises - ein empirisches Gesetz, das später
Mooresches Gesetz genannt wurde (Moore, 1965; Mann, 2000). Danach
verdoppelt sich die Leistungsfähigkeit eines ICs und die Anzahl der
Bauteile auf einem Chip - bei gleichem Preis pro Chip - alle 18-24
Monate. Abbildung 3.5 zeigt wie sich die Anzahl der Bauelemente auf
einem Chip seit 1970 bei Mikroprozessoren und beim DRAM entwickelt.
Dieses exponentielle Wachstum wird begleitet von einem exponentiellen
Sinken der Kosten pro digitale Funktion um derzeit 29 Prozent pro Jahr
(siehe Abbildung 3.5).
Mooresches Gesetz
58
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
ce
1 E+03
Kosten/bit beim DRAM
Kosten/Transistor einer MPU
1 E+02
Ko
1 E+01
1 E+00
1 E-01
1 E-02
1995
2000
2005
2010
2015
2020
Jahr
Abbildung 3.6:
Erfolg durch
Miniaturisierung
Entwicklung der Kosten pro Transistor bzw. der Kosten pro bit beim
DRAM seit 1970 in µ cent USD (Quelle: SIA, 1995; ITRS, 1999;
ITRS, 2003)
Möglich ist diese Entwicklung dank der stetig fortschreitenden
Miniaturisierung. In Abbildung 3.6 ist die Entwicklung des DRAM ½
Pitch und der Transistor Gate-Länge seit 1999 und die Prognose der
ITRS bis 2018 dargestellt. Die CMOS-Technologie zeichnet sich durch
eine besonders gutmütige Skalierbarkeit aus, deren Prinzipien bereits in
den siebziger Jahren formuliert wurden (Dennard, 1972; Critchlow,
1999). Werden die Abmessungen eines Transistors in allen Dimensionen
um einen Faktor D verkleinert, reduzieren sich sowohl die Spannung, der
Strom als auch die Schaltzeiten um D. Da die Packungsdichte um D2
zunimmt, der Leistungsverbrauch aber um D2 abnimmt, bleibt die
Verlustleistung pro Chipfläche konstant.
Kapitel 3
59
200
180
DRAM 1/2 Pitch
160
lithographisch hergestellte Gate-Länge
140
effektive Gate-Länge
nm
120
100
80
60
40
20
0
1995
2000
2005
2010
2015
2020
Jahr
Abbildung 3.7:
Entwicklung der lateralen Größen der CMOS-Elektronik (ITRS, 1999,
ITRS, 2001; ITRS, 2003)
Trotz dieser Gutmütigkeit stößt die Technologie immer wieder an
technologische Hürden, die für eine weitere Entwicklung gemäß des
Mooreschen Gesetzes gelöst werden müssen. Die ITRS beschreibt seit
1998 in jährlichen Ausgaben die weitere Entwicklung der Technologie
für die jeweils nächsten 15 Jahre. Sie bezeichnet diese technologischen
Hürden als so genannte Roadblocks. Unterschieden wird dabei zwischen
Roadblocks, für die Lösungen prinzipiell bekannt sind und sich in der
Entwicklung befinden und solche, für die bisher keine realisierbaren
Lösungsansätze bekannt sind. Es ist zu beobachten, dass erstens die
Anzahl der Roadblocks von Ausgabe zu Ausgabe der Roadmap wächst
und zweitens, je weiter in die Zukunft geschaut wird, die Anzahl der
Roadblocks, für die bisher keine Lösung bekannt ist, steigt. Dies ist in
Abbildung 3.8 für die Editionen der Roadmap von 1999, 2001 und 2003
dargestellt. Angegeben sind die Zahlen jeweils für die Zeit vier, neun
bzw. 15 Jahre nach Erscheinen der Roadmap. Für die ITRS von 1999
sind also z. B. die Zahlen für die Jahre 2003, 2008 und 2013 angegeben.
Diese Fakten werden häufig als Argument für das nahende Ende der
CMOS-Technologie angeführt (Normile, 2001).
Eine genauere Analyse der Roadmaps zeigt, dass diese
Schlussfolgerungen nicht zu belegen sind, denn der relative Anteil der
Roadblocks an der steigenden Gesamtzahl der in der Roadmap
betrachteten Kriterien sinkt von Edition zu Edition (siehe Abbildung
3.9). Dass die Gesamtzahl steigt, liegt an der steigenden Qualität der
Roadmap, die die Technologien immer differenzierter betrachtet und
teilweise auch neue Themen, wie die Technologien für die drahtlose
Kommunikation in der Ausgabe 2003, neu aufnimmt. Abbildung 3.9
verdeutlicht auch, dass in der langfristigen Perspektive (+15 Jahre) der
Anteil der Roadblocks, für die bisher keine Lösungen bekannt sind, in
den letzten Jahren sogar gesunken ist.
Roadblocks
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
900
Lösung unbekannt
Lösung bekannt
700
600
500
400
ITRS 2003
ITRS 2001
ITRS 2003
ITRS 2001
ITRS 1999
100
ITRS 2001
200
ITRS 2003
300
ITRS 1999
Anzahl der Roadblocks
800
ITRS 1999
60
0
+ 4 Jahre
Abbildung 3.8:
+ 9 Jahre
+ 15 Jahre
Anzahl der Roadblocks, für die Lösungen bekannt bzw. unbekannt
sind. Angegeben sind die Zahlen jeweils für die Zeit 4, 9 bzw. 15
Jahre nach Erscheinen der jeweiligen ITRS-Ausgabe (ITRS 1999;
ITRS 2001; ITRS 2003).
Lösung unbekannt
Lösung bekannt
90%
80%
70%
60%
50%
ITRS 2003
ITRS 2001
ITRS 1999
ITRS 2003
ITRS 2001
10%
ITRS 1999
20%
ITRS 2003
30%
ITRS 2001
40%
ITRS 1999
Anteil an Gesamtheit der Kriterien
100%
0%
+ 4 Jahre
Abbildung 3.9:
Hoher
Forschungsbedarf
+ 9 Jahre
+ 15 Jahre
Relativer Anteil der Roadblocks, für die Lösungen bekannt bzw.
unbekannt sind, an der Gesamtzahl der in der Roadmap betrachteten
Kriterien. Angegeben sind die Zahlen jeweils für die Zeit 4, 9 bzw. 15
Jahre nach Erscheinen der jeweiligen ITRS Ausgabe. (ITRS, 1999;
ITRS, 2001; ITRS, 2003).
Die ITRS prophezeit also nicht das Ende der CMOS-Technologie.
Gleichwohl beschreibt sie deren immensen Forschungsbedarf. Nach
Angaben von Infineon, Philips und ST Microelectronics stiegen ihre
Aufwendungen für Forschung und Entwicklung zwischen 1987 und 1999
um den Faktor 2,5 stärker als im Industriedurchschnitt.
Die Herausforderungen der nächsten Jahre sind vielfältig. So werden für
die Isolationsschichten der Gate-Elektroden und als Dielektrikum der
Kapitel 3
61
DRAM-Kondensatoren Materialien mit hoher Dielektrizitätskonstante
benötigt. Für die Isolation der Verdrahtung der einzelnen Bauelemente
müssen hingegen Materialien mit niedriger Dielektrizitätskonstante
eingeführt werden. Um parasitäre Kapazitäten an Transistoren zu
eliminieren wird die Silicon on Insulator (SOI) Technik entwickelt. Die
Markteinführung solcher Wafer wird für 2006 erwartet. So genanntes
verspanntes Silizium soll den Ladungsträgern weniger Widerstand
entgegensetzen. Ab ca. 2010 werden wahrscheinlich zur Reduzierung
von Kurzkanaleffekten Transistoren mit vertikalen Strukturen, so
genannte FinFET, benötigt.
Zudem stößt für die Herstellung zukünftiger Chip-Generationen die
herkömmliche Photolithografie an ihre Grenzen. An neuen Technologien,
z. B. der EUV-Lithografie (EUVL), wird weltweit mit großem
finanziellem Aufwand geforscht. Da jedoch EUVL nicht zwangsläufig
den Bedarf solcher Chiphersteller abdeckt, welche eine hohe
Variantenvielfalt und geringere Stückzahlen pro Chiptyp herstellen (wie
es bei ASICs, in der Leistungs- und Nachrichtelektronik vielfach der Fall
ist),
wird
begleitend
die
Untersuchung
alternativer
Strukturierungstechniken durchgeführt. Dabei werden auch nichtoptische
Lithografiemethoden, wie beispielsweise die Elektronen- und die
Ionenstrahllithografie oder das Potenzial neuartiger Replikationsverfahren hinterfragt. Für die fernere Zukunft wird außerdem die
technische Nutzung von Selbstorganisationsphänomenen diskutiert.
Je mehr Bauelemente ein Chip enthält, desto komplexer wird der
Schaltungsentwurf. Es wird daher an neuen Entwurfsmethodiken
gearbeitet, um das technologische Potenzial der CMOS-Technologie
möglichst effizient im Design umsetzen zu können.
Dies sind nur einige der Roadblocks, denen sich die Halbleiterindustrie
stellen muss. Bei allen Entwicklungen ist die Halbleiterindustrie darauf
bedacht, die bewährte Prozesstechnologie beizubehalten. Dies stellt hohe
Anforderung an neue Materialien, die z. B. die Prozesstemperaturen
überstehen müssen.
Neben den technologischen Herausforderungen könnte das so genannte
2. Mooresche Gesetz, nach dem die Kosten für eine Chipfabrik ebenfalls
exponentiell anwachsen, die weitere Entwicklung entlang der Roadmap
in Frage stellen. Abbildung 3.10 zeigt die Entwicklung dieser Kosten für
die letzten zwei Jahrzehnte.
2. Mooresches
Gesetz
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
3500
Kosten für Chipfabrik [Mio. US-$]
62
3000
2500
2000
1500
1000
500
0
1980
1985
1990
1995
2000
2005
Jahr
Abbildung 3.10: Entwicklung der Kosten für eine Chipfabrik (Quelle: Gartner
Dataquest, 2003)
3.3.2
Magnetoelektronik
Die Magnetoelektronik ist ein weiteres Feld der Nanoelektronik, das
bereits zur erfolgreichen Kommerzialisierung von Massenprodukten
geführt hat. Die Magnetoelektronik basiert auf der Nutzung von
Magnetowiderstandseffekten, die bei Experimenten mit künstlich
geschichteten magnetischen und nicht-magnetischen Materialien entdeckt
wurden. Hierbei wurde festgestellt, dass in derartigen Nanoschichtstapeln
die Abhängigkeit des Ladungstransports von der Spinrichtung der
Elektronen abhängig ist. So stellen sich zum Beispiel bei geeigneter
Dicke der nicht-magnetischen Zwischenschicht (das sind z. B. bei Chrom
acht Atomlagen) die Magnetisierungen benachbarter Eisenschichten
durch quantenmechanische „Austauschwechselwirkung“ über die
Zwischenschichten hinweg spontan antiparallel zueinander ein. Der
GMR-Effekt beruht darauf, dass der Elektronenstrom, der durch das
Schichtsystem fließt, je nach der Ausrichtung von den magnetischen
Schichten einen unterschiedlich großen elektrischen Widerstand erfährt.
Allein aufgrund der Schichtdicken und des damit verbundenen Effektes
ist dieser Effekt eindeutig der Nanotechnologie zuzurechnen. In nur zehn
Jahren wurde der in Europa entdeckte GMR-Effekt in praktisch jedem
Lesekopf jeder verkauften Festplatte eingesetzt. Industrieller Vorreiter
bei der kommerziellen Nutzung dieses nanotechnologischen Effekts war
IBM.
3.3.3
Alternative Ansätze
Die zahlreichen ungelösten Probleme der Silizium-basierten
Nanoelektronik eröffnen eventuell auch bisher weniger etablierten
Kapitel 3
Technologien die Chance, wenigstens Teilmärkte zu besetzen.3
Abbildung 3.11 gibt einen (groben) Überblick über den
Entwicklungsstand der alternativen Technologien. Die betrachteten
CMOS-Alternativen unterscheiden sich grundlegend in ihrer Strategie.
So handelt es sich zum Beispiel beim SET oder RTD um alternative
Bauelementkonzepte, die theoretisch auch in Silizium realisiert werden
können. Einige Ansätze, insbesondere die Spintronik, wollen unter
Ausnutzung physikalischer Effekte neue Funktionalitäten einführen.
Andere Technologien, wie die Polymerelektronik, versuchen im Prinzip
die bei Silizium bewährten Konzepte auf neue Materialsysteme zu
übertragen. Der Quantencomputer, die neuronalen Netze und das DNAComputing schließlich setzen auf komplett neue Arten der
Informationsverarbeitung. Auch sind nicht alle dieser Alternativen von
einer Nutzung der Nanotechnologie abhängig, dies gilt z. B. für die
Polymerelektronik.
CMOS
Nanoröhren
Polymerelektronik
Spintronik
RSFQ
VerbindungsHalbleiter
Molekularelektronik
Quantencomputer
Magnetoelektronik
RTD
Neuronale
Netze
PC-RAM
SET
DNA-Computing
Konzept
Ferroelektronik
Prototyp
Markteintritt
Verbreitung am
Markt
Abbildung 3.11: Schematische Darstellung des Entwicklungsstandes alternativer
Technologien im Vergleich zu den etablierten Technologien CMOS,
Verbindungshalbleiter (incl. SiGe)
Die Erwartungen an die kommerzielle Verfügbarkeit von Nanoelektronik
sind in Abbildung 3.11 dargestellt. Hier sind solche elektronischen
Komponenten und Produkte gemeint, die nicht auf weiterer
Miniaturisierung der Standard-Siliziumtechnologie basieren, sondern auf
davon abweichenden Technologien mit atomar exakten definierten
elektronischen Funktionselementen im Nanometermaßstab beruhen.
Beispiele für die Nanoelektronik sind Carbon Nanotube Transistoren
3
Auf technologische Einzelheiten der alternativen Ansätze kann im Rahmen dieser
Studie nicht eingegangen werden. Detaillierte Informationen finden sich z. B. in
ITRS, 2003; Hoffknecht, 2003 und vor allem in Waser, 2003.
63
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
oder molekulare Elektronik. Hier vertrat die Mehrzahl der Experten, die
im Rahmen einer aktuellen kommerziellen Studie befragt wurden (Fecht
et al., 2003), die Ansicht, dass der Nanoelektronik in etwa zehn Jahren
der Marktdurchbruch gelingen wird.
25
20
Anzahl der Befragten
64
15
10
5
0
vor 2004
2004 bis
2007
2008 bis
2011
2012 bis
2015
nach 2015
Abbildung 3.12 Erwarteter Zeitpunkt für die kommerzielle Verfügbarkeit von
Nanoelektronik auf Basis neuer Materialien oder Technologien
(Quelle: Fecht et al., 2003)
3.3.4
Marktperspektiven
Die Silizium-basierte CMOS-Elektronik hatte nach Angaben von IC
Insights 2002 einen Marktanteil von 98,6 Prozent. Die restlichen 1,4
Prozent fielen auf die Verbindungshalbleiter incl. SiGe. Eine 2002/2003
durchgeführte Mini-Delphi-Studie zur Zukunft der Elektronik ergab, dass
auf absehbare Zeit die CMOS-Elektronik die Halbleiterelektronik
dominieren wird (Hoffknecht, 2003).
Im hier betrachteten Zeitraum werden allenfalls die alternativen
Speicherkonzepte MRAM in der Magnetoelektronik, FRAM in der
Ferroelektronik und der PC-RAM erste Marktanteile des Weltmarktes für
Speicherchips erobern, der im Jahr auf 2006 auf ca. 30 Mrd. USD
geschätzt wird (Small Times, 2003). Auf der anderen Seite werden diese
Konzepte weitgehend in das bestehende CMOS-Umfeld integriert
werden. Die Magnetoelektronik hat allerdings bereits seit längerem
wesentlichen Einfluss auf den Weltmarkt der Festplattenspeicher, die
GMR-Sensoren in den Leseköpfen verwenden. Der Weltmarkt für
Festplattenspeicher wird im Jahr 2006 auf 26,9 Mrd. USD geschätzt.
Auch wenn der Wertschöpfungsanteil der nanotechnologischen
Komponente, des GMR-Sensors, hierbei nicht quantifizierbar ist, wird
die große Hebelwirkung der Nanotechnologie auf den Volumenmarkt der
Festplattenspeicher deutlich.
Kapitel 3
Andere Nanoelektronik-Ansätze werden möglicherweise mittel- bis
langfristig eine CMOS-Alternative darstellen. Dies ist allerdings sowohl
von ihren Fortschritten als auch von Fortschritten bei der CMOSTechnologie abhängig. Das wahrscheinlichste Szenario wird eine
teilweise Integration neuer Materialien und Bauelemente in die CMOSTechnologie sein, wie dies bereits beim FRAM und MRAM zu
beobachten ist. Mögliche weitere Schritte auf diesem Weg könnte die
Nutzung von Kohlenstoff-Nanoröhren als Vias oder die Nutzung der
Molekularelektronik in so genannten hybriden Bauelementen sein
(Hoffknecht, 2002).
Darüber hinaus wird auch der etablierte Markt für Verbindungshalbleiter
im Bereich der Hochfrequenz-Elektronik, der Leistungselektronik und
der Optoelektronik weiter wachsen (Hoffknecht, 2003). Dennoch ist
deutlich die Tendenz zu erkennen, dass in diesen, klassischerweise von
den Verbindungshalbleitern dominierten Einsatzgebieten immer stärker
die CMOS-Elektronik zum Einsatz kommt.
Der gesamte Halbleiterelektronik-Markt wird nach Angaben der World
Semiconductor Trade Statistics (WSTS) bis 2006 von derzeit 192 Mrd.
USD auf 215 Mrd. USD wachsen.
Der Anteil der Nanoelektronik wird voraussichtlich kontinuierlich auf ca.
zehn Prozent steigen. Die Details zu dieser Steigerung werden
ausführlich in Kapitel 6 erläutert.
3.4
Nanooptik
Der Technologiebereich an der Schnittstelle zwischen der
Nanotechnologie und der Optik bzw. der Optoelektronik wird in dieser
Studie unter dem Begriff Nanooptik zusammengefasst.
Entsprechend der in Kapitel 2 vorgestellten Definition wird der Bezug
zur Nanotechnologie dabei jeweils dann als gegeben angesehen, wenn
funktionskritische Schlüsselelemente oder -strukturen der optischen oder
optoelektronischen Elemente Abmessungen von höchstens wenigen
hundert oder Formgenauigkeiten von besser als wenigen zehn
Nanometern aufweisen bzw. wenn die Technologie wesentlich auf die
Beherrschung von Prozessen auf der Nanoskala abzielt.
Die EUV-Lithografie stellt dafür ein gutes Beispiel dar. Die Fertigung
der dort verwendeten Multilagen-Reflektoren beruht auf der Erzeugung
dünner Schichten mit Dicken im Nanometerbereich und auf einer
ultrapräzisen
Oberflächenbearbeitung.
Diese
Ergebnisse
der
Nanotechnologie ermöglichen die kontrollierte Handhabung von EUVStrahlung. Die so erlangte Kontrolle über EUV-Strahlung kann nun
ihrerseits zur Erzeugung von Strukturen der Nanoelektronik genutzt
werden, für deren Qualitätskontrolle und Vermessung sich wiederum
Röntgenstrahlung in besonderer Weise eignet.
65
66
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Dieser allgemeine Zusammenhang zeigt sich auch in weiteren Beispielen,
die in diesem Abschnitt der Studie nachfolgend kurz dargestellt werden:
Ultrapräzise optische Komponenten, ultradünne optische Schichten,
nanostrukturierte optische Materialien, optische Systeme mit einem
Auflösungsvermögen im Nanometerbereich für Inspektion und
Strukturierung.
3.4.1
Ultrapräzisionsoptiken
Der Begriff Nanooptik kommt unter anderem für die
Ultrapräzisionsbearbeitung optischer Komponenten zur Anwendung.
Gegenstand entsprechender FuE-Arbeiten ist die reproduzierbare und
kostengünstige Produktion von optischen Komponenten mit
Genauigkeiten von bis zu unter einem Nanometer. Die Realisierung
dieses Ziels erfordert dabei die Erforschung neuer Verfahren sowohl für
die Herstellung als auch für die Vermessung solcher Komponenten
insbesondere unter Bedingungen einer späteren wirtschaftlichen
Produktion. Nicht unerwähnt bleiben sollte in diesem Zusammenhang,
dass der Begriff der Nanotechnologie auf eben die Fähigkeit zur
Bearbeitung optischer Komponenten mit Nanometer-Genauigkeit
zurückgeht, man sich also quasi hier dem „Geburtsort“ der
Nanotechnologie gegenüber sieht.
Ultrapräzisionsoptiken für die
Herstellung
elektronischer
Bauelemente
Zum Einsatz kommen derartige Präzisionsoptiken vor allem in der
Lithografie, wo sie für die Herstellung elektronischer Bauelemente
immer geringerer Strukturgrößen zwingend benötigt werden. In der
Lithografie hat dabei die Qualität der Optik absolut Priorität und führt bis
an die Grenze des derzeit technisch Machbaren, was zu entsprechend
hohen Kosten bei der Herstellung und daher zu einem hohen Preis führt.
Das Weltmarktvolumen für derartige Lithografieoptiken im Jahr 2006
wird auf 0,5-1 Mrd. EUR
geschätzt (Quelle: eigene
Unternehmensbefragung). Weitere technische Herausforderungen in
diesem Zusammenhang bestehen in der nanometergenauen Montage,
Justage oder Stabilisierung des Gesamtsystems sowie im Systemdesign
unter Berücksichtigung selbst kleinster Abweichungen auf der
Nanoskala.
Weiterhin besteht bei immer kleineren Wellenlängen die Notwendigkeit,
statt transmittierender Linsensysteme Spiegeloptiken einzusetzen.
Darüber
hinaus
müssen
äußerst
komplexe
Schichtsysteme
nanometergenau aufgebracht werden, um notwendige Funktionalitäten
der Optiken zu erreichen.
Weit weniger drastisch sind die Anforderungen bei Produkten im
Konsumenten-Bereich, wie etwa im Fall von Asphären für
Datenprojektoren, Kameras, Brillengläser, Scanner etc. Hier ist vor allem
eine Notwendigkeit nach rationeller Herstellung und Vermessung der
Optiken bei moderater Präzision feststellbar.
Kapitel 3
67
Gegenwärtig aktuelle Fragestellungen der Nanooptik zielen auf die
Beherrschung von Geometrien mit niedriger Symmetrie, die unter den
Oberbegriff Asphären fallen. Dies beginnt bei schwachen Abweichungen
von der Kugelform von nur wenigen Prozent und führt über zylindrische
Abmessungen bis zu Freiformflächen nahezu beliebiger Geometrie. Das
Gebiet der Ultrapäzisionsbearbeitung wird daher auch in Zukunft einen
signifikanten Anteil interdisziplinärer Ansätze im Bereich der Optischen
Technologien haben, wobei erwartet wird, dass sich die Relevanz genuin
nanotechnologischer Fragestellungen eher erhöht als abschwächt.
3.4.2
Ultradünne optische Schichten
Gegenstand der Nanooptik können auch ultradünne optische Schichten
und Schichtsysteme sowie Methoden zum Aufbringen solcher Schichten
sein. Solche Schichten spielen etwa bei Reflexionsoptiken für die EUVLithografie eine zentrale Funktion. Weitere Anwendungen finden sich in
aktiven
optoelektronischen
Bauelementen,
als
transparente
Schutzschichten und Anti-Reflexschichten.
3.4.3
Messtechnik
Mit der wachsenden Bedeutung ultrapräziser optischer Komponenten
sind auch innovative Messverfahren zu deren nanometergenauen
Charakterisierung und Zertifizierung erforderlich und werden zur
Nanooptik gerechnet. Optische Sensoren und Sensorsysteme die auf
nanotechnologischen Funktionsprinzipien beruhen, sind dabei als Teil
von Mess- oder Analysesystemen ebenso mögliche neue Produkte wie
Vorrichtungen, die Informationen über elektromagnetische Felder im
visuellen (und nahen IR- und UV-) Frequenzbereich mit einer
nanometergenauen lateralen Auflösung liefern. Das Weltmarktvolumen
für optische Sensoren und Sensorsysteme im Jahr 2006 wird auf 1-5 Mrd.
EUR geschätzt (Quelle: Workshop Optik).
Anwendungen liegen in der Oberflächencharakterisierung, der Positionsund Lagebestimmung, der Charakterisierung der Wechselwirkung
zwischen Licht und Materie, der Charakterisierung von Nanostrukturen
und ihren funktionalen Eigenschaften sowie der Überprüfung von
Toleranzen im Nanometerbereich.
3.4.4
Mikroskopie
Mikroskopische Verfahren mit entsprechend hoher Auflösung sind eine
besonders wichtige Gruppe der zuvor angesprochenen Messverfahren. So
ist es beispielsweise mit neuen Mikroskopiemethoden wie der
konfokalen Mikroskopie, der Nahfeldmikroskopie oder der UVMikroskopie möglich, Nanostrukturen abzubilden oder zu manipulieren.
Die Nahfeldmikroskopie beruht auf Nahfeld-Optiken, deren wesentliches
Charakteristikum darin besteht, dass sie das Beugungslimit überwinden
Optische Sensoren
für Mess- und
Analysesysteme mit
nanoskaliger
Auflösung
68
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
und damit Auflösungen unterhalb der verwendeten Lichtwellenlänge
erreicht werden können.
Speziell im Feld der Biophotonik, d. h. bei der Mikrocharakterisierung
höchster Auflösung struktureller, funktioneller, mechanischer,
biologischer und chemischer Eigenschaften biologischer Materialien auf
subzellulärer Ebene zählen bestimmte mikroskopische Verfahren zur
Nanooptik. So steht etwa mit der 4-Pi-konfokalen Mikroskopie in
Kombination mit dem Stimulated-Emission-Depletion (STED) und dem
Point-Spread-Function Engineering das Erreichen von Auflösungen
unterhalb von 100 nm in Aussicht. Daneben spielen auch Verfahren zur
Einzelmolekülspektroskopie und der Fluoreszenz-EnergietransferSpektroskopie eine wichtige Rolle, die ebenfalls der Nanooptik
zuzurechnen sind.
3.4.5
Photonische
Kristalle eröffnen
neue Perspektiven
für optoelektronische Bauelemente
Photonische Kristalle
Zur Nanooptik gehören auch völlig neuartige Optikkonzepte, wie
beispielsweise Photonische Kristalle, in denen mittels geeigneter
Nanostrukturierung eine so genannte Bandlücke für Licht realisiert
werden kann. Dadurch wird es ermöglicht, das Licht auf engstem Raum
zu führen und zu manipulieren. Photonische Kristalle sind Materialien, in
denen die Dispersion von elektromagnetischer Strahlung durch
periodische Variation der Brechzahl gezielt und massiv beeinflusst wird.
Insbesondere treten Frequenzbereiche auf, in denen eine
Wellenausbreitung unmöglich ist. Diese werden in Analogie zur
Halbleiterphysik Bandlücke genannt. Die Eigenschaften der
photonischen Kristalle eröffnen völlig neue Perspektiven für die
Herstellung kompakter optoelektronischer Bauelemente und zur
optoelektronischen Integration. Anwendungen basieren im Wesentlichen
auf wenigen Grundelementen, die durch das Einbringen lokalisierter
Störstellen in den photonischen Kristall erhalten werden. Diese
Grundelemente sind Wellenleiter, Knicke, Resonatoren und extrem
dispergierende Prismen. Diese Grundelemente werden etwa für
verschiedene Anwendungen in der optischen Kommunikationstechnik in
Betracht gezogen.
Photonische Kristalle mit einer bestimmten Bandlücke erfordern eine
hinreichend regelmäßige und störungsfreie Strukturierung eines
Materials im Bereich der Wellenlängen der geführten Strahlung sowie
eine effiziente Fasereinkopplung. Da diese Probleme noch für keine
Materialklasse zufriedenstellend gelöst sind, werden sowohl klassische
Halbleitermaterialien als auch hochbrechende Gläser und Polymere auf
Ihre Eignung für die Herstellung von Bauelementen aus photonischen
Kristallen untersucht.
Weitere Anwendungen photonischer Kristalle könnten unter anderem in
der Beleuchtung und der Gassensorik liegen. Es wird daran gearbeitet,
Kapitel 3
69
den aktiven Bereich einer Leuchtdiode mit einem Punktdefekt in einem
photonischen Kristall so zu verknüpfen, dass die Leuchtdiode nur in einer
einzigen Resonatormode abstrahlen kann. Dadurch würde man
Leuchtdioden mit einer sehr hohen Lichtauskoppeleffizienz bauen
können. Für Anwendungen in der Gassensorik könnten photonische
Kristalle dazu genutzt werden, die Zeit zu erhöhen, die infrarotes Licht
benötigt, um eine Absorptionszelle zu durchlaufen, wodurch sich
kompaktere Gassensoren realisieren lassen könnten.
3.4.6
Optoelektronische Lichtquellen - Laser und Leuchtdioden
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Nanooptik zeigt sich bei der
Erforschung neuartiger Halbleiter-Lichtquellen, d. h. Laser- und
Leuchtdioden. Diese optoelektronischen Bauelemente erzeugen Licht in
extrem dünnen, nur nanometerdicken Halbleiterschichten. Sie stellen
eines der wenigen Beispiele dafür dar, dass nicht die Miniaturisierung
einer bekannten Technologie, sondern ein Bottom-up-Ansatz zur
Einführung neuartiger Produkte am Markt, verbunden mit einem
enormen wirtschaftlichen Erfolg, geführt hat. Weiterentwicklungen der
nächsten Jahre zielen auf die Erschließung neuer Wellenlängenbereiche
sowie die Verbesserung von Lichtleistung, Effizienz und Lebensdauer.
Anwendungen solcher Lichtquellen sind beispielsweise Displays,
optische Datenspeicher oder die Beleuchtung, aber auch Detektoren und
passive Bauelemente. Das Weltmarktvolumen für optoelektronische
Lichtquellen im Jahr 2006 wird auf 1-5 Mrd. EUR für Diodenlaser und
auf 1-5 Mrd. EUR für Leuchtdioden geschätzt. Der Anteil „weißer“
LEDs wird hierbei auf weniger als 50 Mio. EUR p.a. beziffert (Quelle:
Workshop Optik).
3.4.7
Quantenpunktlaser
Ein weniger weit entwickeltes Beispiel neuer optoelektronischer
Lichtquellen ist der Quantenpunktlaser.
Bei der Epitaxie weniger Monolagen eines Halbleiters auf einem Halbleiter-Substrat mit unterschiedlicher Gitterkonstante (Heteroepitaxie)
entstehen je nach den Wachstumsbedingungen isolierte geordnete Inseln.
Die Inseln haben eine jeweils relativ genau definierte Form und Größe im
Größenbereich von 10 nm; sie weisen sehr spezifische elektrische und
optische Eigenschaften auf, wie etwa diskrete Energieniveaus, so dass sie
oft auch als Quantenpunkte bezeichnet werden.
Quantenpunktschichten oder -schichtstapel können als aktives Medium
von Lasern verwendet werden. Quantenpunktlaser weisen theoretisch das
Potenzial auf, die Leistung herkömmlicher Quantenfilmlaser in Bezug
auf bestimmte Betriebsparameter zu übertreffen.
Laser- und
Leuchtdioden aus
nanometerdünnen
Halbleiterschichten
sorgen für einen
Innovationsschub in
vielen Wirtschaftsbranchen
70
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
3.5
Nanobiotechnologie
Die Nanobiotechnologie als Schnittstelle zwischen Nanotechnologie und
Biologie hat in den letzten Jahren durch wegweisende wissenschaftliche
Arbeiten über die Funktionsweise von Motorproteinen, den Aufbau elektronischer Bauelemente mit Hilfe von DNA und den Einsatz von Nanopartikeln zur Heilung von Krankheiten auf sich aufmerksam gemacht.
Innerhalb der Nanotechnologie gilt die Nanobiotechnologie als eines der
zukunftsträchtigsten Felder mit hohen wirtschaftlichen Potenzialen
insbesondere im Gesundheitssektor (Georgescu und Vollborn, 2002).
Aufgrund der großen Breite an Anwendungsoptionen und Forschungsfragen, die in der Nanobiotechnologie bearbeitet werden, bietet es sich
an, gemäß des Anwendungspotenzials eine Aufteilung in zwei Bereiche
vorzunehmen:
•
2 Forschungsrichtungen:
„Bio2Nano“ und
„Nano2Bio“
Bio2Nano
Hierunter werden Technologien zusammengefasst, die auf die
Herstellung von Nanotechnologieprodukten unter Nutzung von
Biomolekülen abzielen.
•
Nano2Bio
Der Bereich Nano2bio umfasst Anwendungen der Nanobiotechnologie in
den Life Sciences, insbesondere medizinische und pharmazeutische
Anwendungen.
3.5.1
Bio2Nano
Die aktuellen Forschungsansätze im Anwendungsbereich Bio2Nano
lassen sich in folgende Kategorien zusammenfassen (vgl. Wevers und
Wechsler, 2002):
•
Nanostrukturierung durch Selbstorganisationsverfahren (z. B. Selbstorganisation von DNS-Molekülen und bakteriellen Membranproteinen oder Nanostrukturierung durch Biomoleküle als Template)
•
Materialsynthese durch Biomineralisation (Herstellung biologischer
funktionaler Materialien durch Selbstorganisationsverfahren)
•
Biosensoren und Biomembranen (z. B. in der Umwelt-, Produktionsund Lebensmitteltechnik)
•
Biomimetische Energieerzeugung (z. B. biologisch unterstützte
Photovoltaik, biomimetische Brennstoffzelle)
•
Biomolekulare Motoren und Aktuatoren (z. B. das MikrotubuliKinesin-Transportsystem)
•
Anwendung von Biomolekülen in technischen Produkten (z. B.
Datenspeicher, Molekularelektronik, Fälschungsschutz, DNAComputing, Neurotechnologie)
Kapitel 3
71
Auf dem Gebiet der Nutzung biologischer Materialien und Verfahren in
der Technik kommt dem Themenkomplex „Technische Nutzung von
Selbstorganisationsphänomenen“ zukünftig besondere Bedeutung zu,
unter anderem als eine mögliche Alternative zu konventionellen
Lithografiemethoden (hierfür sind sehr langfristige Forschungszeiträume
erforderlich). Ebenso wird der Entwicklung und dem Einsatz
nanodimensionaler Maschinentechnologien Wichtigkeit zugesprochen.
Hierzu zählt das breite Gebiet der zellfreien Bewegungsmodelle (z. B.
Proteinmotoren), die für nanoskalige Manipulationen, kontrollierte
Bewegungen von Objekten oder spezifischen Substanztransport
herangezogen werden können. Die Anwendungsmöglichkeiten liegen
vorrangig im biotechnologischen, biomedizinischen und chemischen
Bereich.
Für das Gebiet der Entwicklung und Nutzung biologischer und
biomimetischer Materialien mit völlig neuen Eigenschaften wird die
Nanobiotechnologie eine große Rolle spielen. Hier vereinen sich
technisch bedingte Strukturierungsmethoden mit Verfahren der
Selbststrukturierung und Selbstorganisation unter Ausnutzung
biologischer Prinzipien. Bei der Strukturierung bietet sich unter anderem
die Entstehung einer kostengünstigen Alternative zu konventionellen
Lithografiemethoden an. Weitere Produktvisionen sind z. B. metallisierte
Schichtproteine – als Template für hochwirksame Katalysatoren oder
extrem empfindliche Gassensoren – bzw. photochrome Proteine (z. B.
Bakteriorhodopsin) als universeller und kostengünstig applizierbarer
Kopierschutz verfolgt.
Von wenigen Ausnahmen abgesehen befinden sich die dargestellten
Forschungsansätze
allerdings
noch
im
Stadium
der
Grundlagenforschung. In einigen Bereichen wurde bereits der Beweis
erbracht, dass das zugrundeliegende Prinzip funktioniert (proof-ofprinciple). Wesentliche Voraussetzungen für eine Umsetzung in
marktgängige Produkte (z. B. Reproduzierbarkeit und Steuerbarkeit der
Herstellungsprozesse, Stabilität und Haltbarkeit der eingesetzten
Biomoleküle und -systeme, fehlender konkreter Anwendungsbezug oder
eine schlechtere Performance im Vergleich zu alternativen Produkten
und Verfahren) sind in der überwiegenden Anzahl der aktuellen
Forschungsansätze allerdings noch nicht gegeben. Bis auf wenige
Ausnahmen, wie z. B. den Einsatz von Bakteriorhodopsin als
Kopierschutz sowie von einfachen Datenspeichersystemen oder die
Anwendung von S-Layer-basierten Sensorsystemen und Katalysatoren,
ist für eine mögliche Umsetzung in marktfähige Produkte daher in den
meisten Fällen ein langfristiger Zeithorizont anzusetzen (zehn Jahre und
mehr). Eine seriöse Einschätzung des Marktpotenzials im
Anwendungsbereich Bio2Nano ist derzeit noch nicht möglich. Die
Entwicklungen sind zum einen noch zu grundlegend, zum anderen ist
Forschungsansätze
der Nanobiotechnologie befinden sich
überwiegend im
Bereich der
Grundlagenforschung
72
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
noch unklar, ob die neuen Verfahren und Techniken gegen bestehende
Konkurrenz aus bewährten Technologiebereichen bestehen können.
3.5.2
Nano2Bio
Im Bereich der Nanotechnologieanwendungen für die Medizin und
Pharmazie hat es in den letzten Jahren intensive Forschungsaktivitäten
auf den Gebieten Wirkstofftransport (Drug Delivery) und neuartiger
Biochip-Systeme gegeben (vgl. Wagner und Wechsler, 2004). Weiterhin
gibt es viele Ansätze, Nanopartikel in der molekularen Diagnostik
einzusetzen und nanostrukturierte Materialien für die Herstellung
bioaktiver Oberflächen zu verwenden. Im Tissue-Engineering und in der
Neuroprothetik gibt es bislang nur vereinzelt Beispiele für den Einsatz
von Nanotechnologie, und ihre Bedeutung für diese Bereiche muss sich
in Zukunft erst noch herauskristallisieren.
Funktionalisierte
Nanopartikel für
Anwendungen in
der Pharmazie und
Medizintechnik
Aktuelle Themenschwerpunkte auf dem Gebiet der Nutzung
nanotechnologischer Erkenntnisse zur Steuerung biologischer Vorgänge
sind beispielsweise der Einsatz funktionalisierter Nanopartikel als
neuartige Technik zur lokalen Wirkstofffreisetzung, für kontrolliert
nanostrukturierte Prothesen und Implantate mit verbesserter Bioverträglichkeit sowie für innovative Verfahren zur molekularen und
zellulären Diagnostik mittels nanostrukturierter Oberflächen und
ultradünner
Schichten.
Gegenwärtige
Fragestellungen
der
Nanobiotechnologie zielen insbesondere auf die Beherrschung der
biologisch-technischen Schnittstelle, dem so genannten „Interface
Engineering“ oder Grenzflächendesign. Die kontrollierte Handhabung
von Zellen und Zellverbänden setzt geeignet nanostrukturierte und
funktionalisierte Oberflächen und Membranen voraus. Neben dem Gebiet
„Tissue-Engineering“ wird insbesondere die Pharmakologie profitieren.
So ist absehbar, dass das Grenzflächendesign ein wichtiger Baustein
innovativer Techniken zur In-vivo-Validierung von Drug-Targets wird.
Zielvision ist hier die Bereitstellung besserer Verfahren für die schnellere
und spezifischere Testung bzw. Validierung von Wirkstoffen.
Einen weiteren, mittelfristig zu besetzenden Schwerpunkt bildet das
Gebiet „Funktionale biohybride Systeme“. Dieses Konzept erweitert den
Schwerpunkt „Interface Engineering“ dahingehend, dass z. B. Zellen
oder Gewebe nicht nur geeignet gelagert, versorgt oder charaktersiert,
sondern aktiv funktionalisiert werden. Anwendungsfelder sind
insbesondere neuroaktive Implantate, die Erforschung und/oder
Behandlung
neurodegenerativer
Erkrankungen
sowie
die
Neurotechnologie. Eine Schlüsselstellung nimmt diesbezüglich die
Kopplung elektronischer und biologischer Systeme ein. Erfolge auf
diesem Gebiet sind eine wesentliche Voraussetzung, um die Tür zur Neuroelektronik aufzustoßen. Die Beherrschung nanotechnologischer
Strukturierungs- und Manipulationstechniken kann hier einen
entscheidenden Beitrag liefern. Damit ergäbe sich die Möglichkeit, in der
Kapitel 3
Miniaturisierung elektronischer Bauteile
physikalischen Grenzen zu stoßen.
bzw.
Systeme
an
73
die
3.5.2.1 Biomedizinische Grundlagenforschung
Einer der Gründe für den enormen Bedeutungszuwachs der Nanobiotechnologie in der Medizin und Pharmazie ist die fortwährende Weiterentwicklung der instrumentellen Analytik, die es mittlerweile erlaubt, biologische Objekte auf der Nanoskala zu untersuchen. Zu nennen sind hier
beispielsweise spezielle Rastersondentechniken und die optische Einzelmoleküldetektion, die es ermöglichen, einzelne Zellbestandteile in ihrer
natürlichen Umgebung zu untersuchen und damit wichtige Beiträge zum
Verständnis der Funktionsweise der Zelle leisten. Insbesondere die
Aufklärung der Funktion der Proteine und der Signalwege innerhalb der
Zelle kann in neue Strategien für die Bekämpfung von Krankheiten
münden.
3.5.2.2 Drug Delivery
Nanoskalige Drug-Delivery-Systeme bieten das Potenzial,
•
in wässrigen Medien schwerlösliche oder chemisch labile Wirkstoffe
zum kranken Gewebe zu transportieren,
•
biologische Barrieren, wie die Blut-Hirn-Schranke, zu überwinden
und
• Wirkstoffe gezielt im kranken Gewebe anzureichern, um so die
Gefahr von Nebenwirkungen zu verringern.
Nach mehr als 20 Jahren intensiver Forschung auf diesem Gebiet
befinden sich mittlerweile die ersten Medikamente, die solche DrugDelivery-Systeme nutzen, auf dem Markt. Hier wird ein Anwendungsfeld
der Nanobiotechnologie mit großem wirtschaftlichen Potenzial gesehen,
da es eine Vielzahl an Wirkstoffkandidaten gibt, die nur mit einem
geeigneten nanoskaligen Delivery-System verabreicht werden können.
3.5.2.3 Kontrastmittel in der Diagnostik
Nanopartikel können für die molekulare Bildgebung genutzt werden, um
Kontrastmittel mit Hilfe von molekularen Markern im kranken Gewebe
anzureichern. Da die molekularen Signaturen vieler Krankheiten bereits
vor Ausbruch der Symptome auftreten, können mit solchen Methoden
Krankheiten bereits im Frühstadium diagnostiziert werden. Dies geht
einher mit einem Paradigmenwechsel in der Medizin, demzufolge sich
ihr Fokus zunehmend von der Wiederherstellung auf die Erhaltung der
Gesundheit verschieben wird.
Erste Medikamente
mit nanoskaligen
Drug-DeliverySystemen auf dem
Markt
74
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
3.5.2.4 Biochips
Ein weiterer Bereich, in dem Nanotechnologie an Bedeutung gewinnt, ist
die Biochip-Technologie. Der Trend zur Miniaturisierung ist bei den
DNA-Chips weiterhin ungebrochen, so dass die laterale Auflösung dem
nanoskaligen Bereich immer näher kommt. Für Forschungsanwendungen
sind Nanoarrays bereits auf dem Markt eingeführt worden. Neben den
hochdichten DNA-Chips, die vor allem für Expressionsstudien und SNPAnalysen eingesetzt werden, gibt es auch ein Marktsegment für Biochips
mit geringeren Spotdichten, die in der biomedizinischen Forschung zur
Untersuchung bestimmter Krankheitsbilder genutzt werden und die
zukünftig auch in der medizinischen Diagnostik zum Einsatz kommen
sollen. Ebenso werden für die Proteinanalyse eher Proteinchips mit einer
relativ niedrigen Spotzahl von Bedeutung sein. Nanotechnologie wird in
diesem Bereich nicht für die weitere Miniaturisierung eine Rolle spielen,
sondern vielmehr für die Verbesserung der Nachweisempfindlichkeit und
der Zuverlässigkeit der Systeme. So finden beispielsweise NanopartikelFluoreszenzmarker oder nahfeldoptische Detektionssysteme Einsatz, um
die Nachweisempfindlichkeit von Biochips zu erhöhen.
Nanotechnologiebasierte
Biochipsysteme
sollen mittel- bis
langfristig einen
Massenmarkt in der
medizinischen
Diagnostik
erschließen
Derzeit werden außerdem eine Reihe von neuartigen elektrischen und
magnetischen Biochip-Detektionssystemen entwickelt, die auf Nanotechnologie basieren. Gerade in diesem Bereich sind deutsche Forschungsinstitute und Unternehmen sehr aktiv und international gut positioniert. Im
Vergleich zu den konventionellen optischen Verfahren sind die elektrischen und magnetischen Detektoren robuster und einfacher in einem
miniaturisierten Sensor zu integrieren. Solche kompakten Systeme sollen
mittel- bis langfristig einen Massenmarkt in der medizinischen Diagnostik erschließen, insbesondere, um teure und zeitaufwändige Laboruntersuchungen durch Schnelltests vor Ort beim praktizierenden Arzt
oder in der Klinik zu ersetzen. Solche Systeme werden auch für den
Einsatz in der personalisierten Medizin entwickelt. Ziel hierbei ist es,
z. B. mit Hilfe von Gentests die Medikation spezifisch auf den Patienten
zuzuschneiden, und damit die Therapie zu optimieren.
3.5.2.5 Implantate
Ein weiterer Anwendungsbereich der Nanobiotechnologie ist die Oberflächenstrukturierung von Implantaten, um ihr Einwachsverhalten zu verbessern. Eine große Bedeutung kommt dabei einem verbesserten Verständnis der Vorgänge an der Grenzfläche zwischen dem Gewebe und
der Implantatoberfläche zu. Hierbei ist es essenziell, zu verstehen, wie
Zellen auf nanoskalige Strukturen in ihrer Umgebung reagieren. Diese
Fragestellungen sind auch von großer Bedeutung für das Tissue-Engineering, weil die Oberflächen der Gewebematrizes eine entscheidende Funktion bei der Steuerung des Zellwachstums haben, die bislang noch kaum
verstanden ist.
Kapitel 3
Ebenfalls als Nanobiotechnologie klassifiziert werden die so genannten
Intelligenten Implantate wie Neuroprothesen oder implantierbare DrugDelivery-Mikrochips. Bei diesen Implantaten sind jedoch höchstens einzelne Komponenten der Nanotechnologie zuzuordnen. Insbesondere finden nanostrukturierte Oberflächen Verwendung, um die Biokompatibilität des Implantats oder das Einwachsverhalten von Elektroden zu
verbessern. Was ihre lateralen Abmessungen und auch die funktionellen
Bestandteile anbetrifft, so sind Intelligente Implantate nicht der Nanosondern vielmehr der Mikrotechnologie zuzuordnen. Hierbei wird ein
häufig anzutreffendes Prinzip der Nanotechnologie deutlich: Obwohl
Nanotechnologie bei vielen Produkten nur einen sehr geringen Anteil an
der Wertschöpfung hat, so lassen sich bestimmte Produkteigenschaften
nur mit ihrer Hilfe realisieren. Dadurch ergibt sich eine Hebelwirkung,
denn der geringe Anteil an Nanotechnologie führt zu einem großen
Mehrwert des Produktes und erzeugt damit einen entsprechenden Konkurrenzvorteil.
Bislang sind nur wenige Marktstudien für Anwendungen der
Nanobiotechnologie in der Medizin und Pharmazie verfügbar. Nach einer
Studie der Business Communications Company (BCC, 2003) wird das
weltweite Marktvolumen von Produkten, die der Nanobiotechnologie
zuzuordnen sind, im Jahr 2002 mit 269 Mio. USD angegeben; für das
Jahr 2007 werden die Umsätze auf 1,2 Mrd. USD geschätzt. Der Studie
zufolge wurde der größte Umsatz, knapp 200 Mio. USD im Jahr 2002,
mit Instrumenten der biophysikalischen Analytik erzielt, wie z. B. den
Rastersondentechniken.4 Das Marktvolumen von NanotechnologieProdukten für die medizinische Analytik und Diagnostik, zu denen auch
Kontrastmittel oder Nanopartikel-Marker für Biochips zählen, wird mit
80 Mio. USD angegeben. Nach dieser Studie befanden sich im Jahr 2002
noch keine Tissue-Engineering-Produkte auf dem Markt, zu deren Herstellung Nanobiotechnologie beigetragen hätte.
4
Angegeben ist der weltweite Umsatz mit Rastersondenmikroskopen, wobei unberücksichtigt bleibt, dass diese Instrumente auch für nicht-biologische Anwendungen
eingesetzt werden.
75
Nanotechnologie
hat eine große
Hebelwirkung auf
die Wertschöpfung
von medizinischen
Produkten
76
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Umsatz weltweit/
Mio. USD
2002
2007
Anzahl der
berücksichtigten
Unternehmen, 2002
181
745
27
80
391
57
Wirkstoffe und Drug Delivery
8
33
33
Tissue-Engineering
0
1,5
7
269
1171
124
Biophysikalische Analytik (z. B.
Rastersondentechniken)
Diagnostik und Analytik (z. B.
Nanopartikel für Biochips)
Summe
Tabelle 3.7: Marktpotenzial der Nanobiotechnologie im Bereich Medizin und
Pharmazie nach einer Studie der Business Communication Company
(BCC, 2003).
Bei der Interpretation von Marktstudien muss berücksichtigt werden,
dass die zugrunde liegenden Marktanalysen nicht den gesamten Markt
erschöpfend aufarbeiten. Darüber hinaus werden verschiedene
Definitionen für Nanobiotechnologie zugrunde gelegt, so dass ganze
Produktgruppen, wie z. B. Wirkstoff-Nanokristalle, aufgrund des zu
geringen Innovationsgrades oder bestimmte liposomale Wirkstoffe, weil
sie größer als 100 nm sind, unberücksichtigt bleiben. Dies ist auch der
Grund dafür, dass in der BCC-Studie für den Drug-Delivery-Bereich im
Jahr 2002 nur ein Umsatz von 8 Mio. USD angegeben ist, obwohl sich
bereits eine ganze Reihe von Produkten auf dem Markt befindet, die
heute ein Umsatzvolumen von mehreren 100 Mio. USD pro Jahr erreicht.
Front Line Strategic Consulting (2003) schätzt in einer ihrer Studien den
Gesamtmarkt für Nanobiotechnologieprodukte deutlich optimistischer
ein als BCC. Sie erwarten für das Jahr 2008 in diesem Bereich einen Umsatz von 3 Mrd. USD, wobei neben dem Life Sciences-Segment auch der
wesentlich kleinere Markt für technische Anwendungen berücksichtigt
ist.
Auch wenn solche Studien das Marktvolumen nicht exakt vorhersagen
können, so geben sie doch zumindest ein ungefähres Bild von der wirtschaftlichen Bedeutung einer Technologie. Die bislang vorliegenden Studien zugrunde legend, ist davon auszugehen, dass bis Ende des Jahrzehnts der Umsatz mit Nanobiotechnologieprodukten bereits mehrere
Milliarden US-Dollar erreicht haben wird.
3.6
Nanotools/Nanoanalytik
Der Bereich Nanotools und Nanoanalytik umfasst sämtliches Equipment,
das zur Herstellung und Charakterisierung von Strukturen im
Nanometerbereich eingesetzt wird. Hierbei lassen sich folgende
Kategorien unterscheiden, die nachfolgend näher beschrieben werden:
Kapitel 3
•
Geräte zur lateralen Nanostrukturierung (Lithografie)
•
Geräte zur Herstellung nanoskaliger Schichtsysteme
•
Analytisches Equipment zur Charakterisierung nanoskaliger
Strukturen
•
Nanometrologie und Positionierung
3.6.1
77
Herstellung lateraler Nanostrukturen
Die Herstellung lateraler Nanostrukturen stellt mittlerweile insbesondere
im Bereich der Elektronik eine zwingende Voraussetzung für die
Produktion wettbewerbsfähiger Produkte dar. Die wirtschaftlich mit
Abstand
bedeutsamste
Nanostrukturierungsmethode
ist
die
Photolithografie, die die Grundlage für die Herstellung von CMOSbasierten Elektronik-Komponenten darstellt. Alternative Verfahren wie
die Soft-Lithografie werden derzeit vor allem für Spezial- und
Nischenanwendungen in Betracht gezogen.
3.6.1.1 Optische Lithografie
Bei der optischen Lithografie werden Nanostrukturen durch Lichtstrahlen
erzeugt, die durch strukturierte Masken auf eine mit einem Photolack
beschichtete Substratoberfläche projiziert werden. Nach der Entwicklung
des Lacks wird die abgebildete Struktur z. B. durch Ätzprozesse
übertragen. Durch sukzessive Wiederholung des Vorganges werden
hochkomplexe Strukturmuster auf den Silizium-Wafer erzeugt, die die
Grundlage elektronischer Komponenten bilden.
Mit den leistungsfähigsten derzeit im Einsatz befindlichen
Photolithografie-Geräten lassen sich Strukturen von 90 nm erzeugen, die
somit per Definition der Nanotechnologie zuzuordenen sind. Für eine
weitere Miniaturisierung werden in verschiedenen Konsortien unter
Beteiligung
von
Chipherstellern
(IBM,
Intel
etc.)
und
Lithografiegeräteherstellern derzeit Lithografieverfahren der nächsten
Generation (NGL) untersucht, die Strukturierungsgrößen im Bereich
von 90 bis 35 Nanometer in der Serienfertigung ermöglichen sollen.
Hierzu zählen unter anderem die Extrem-UV- und Röntgen-Lithografie,
aber auch andere Verfahren wie die SCALPEL-Technik (Scattering
with Angular Limitation Projection Electron Beam Lithography, bei
Lucent Technologies weiterentwickelte Elektronenstrahltechnik),
PREVAIL-Technik (Projection Reduction Exposure With Variable Axis
Immersion Lenses, eine von IBM und Mitsubishi propagierte Version)
und die Ionenprojektions-Lithografie von Infineon (Service 2001). Die
Hauptströmungen der Nanolithografieentwicklung fokussieren derzeit
auf der EUV-Lithografie, während alternative Verfahren wie schaltbare
Masken und maskenlose Verfahren eher für Spezialanwendungen mit
niedrigen Stückzahlen (z. B. ASIC) in Betracht gezogen werden.
Verschiedene
Ansätze für
Lithografieverfahren der
nächsten
Generation (NGL)
78
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Der Marktwert des für die Photolithografie benötigten Equipments liegt
in der Größenordnung von mehreren Mrd. USD pro Jahr. So wird der
Weltmarkt im Jahr 2006 für Lithografie-Stepper auf 7,7 Mrd. USD und
für Geräte zur Maskenherstellung (Elektronstrahllithografie) auf 0,9 Mrd.
USD geschätzt (Fecht et al., 2003).
3.6.1.2 Soft-Lithografie
Soft-Lithografie
als kostengünstige
Nanostrukturierungsmethode
Aufgrund des immensen Investitionsaufwandes für optische
Lithografiegeräte werden insbesondere für Spezialanwendungen mit
geringen Stückzahlen so genannte Soft-Lithografie-Verfahren als
alternative kostengünstigere Nanostrukturierungsmethoden entwickelt.
Unter dem Begriff Nanoimprint-Lithografie werden hierbei verschiedene
Stempel- oder Prägetechniken zusammengefasst (Hot embossing oder
Microcontact printing), mit denen sich Mikro- und Nanostrukturen in
verschiedenen Materialsystemen wie organischen Polymeren oder
anorganischen Festkörpern herstellen lassen. Nach einmaligem
Herstellen einer hochpräzisen Stempelvorlage (z. B. mittels
Elektronenstrahl-Lithografie im Sub-100nm-Bereich) hat die Nanoimprint-Lithografie das Potenzial für ein paralleles HochdurchsatzProduktionsverfahren. Bei der im Advanced Microelectronic Center
Aachen (AMICA) entwickelten Variante der UV-Nano-imprintLithografie wird eine nanostrukturierte Stempelvorlage aus Quarzglas
abhängig von ihrer Größe mittels optischer oder ElektronenstrahlLithografie geschrieben und anschließend durch konventionelle
Ätzprozesse ins Stempelmaterial übertragen. Der Prägevorgang erfolgt,
indem der Stempel in ein dünnes, auf das Substrat aufgeschleudertes
Polymer (Resist) gepresst wird, welcher dann mit UV-Licht durch den
transparenten Stempel ausgehärtet wird. Anschließend wird der Stempel
entfernt und das entstandene Polymerrelief als Bauelement bzw. als
Ätzmaske für die weitere Strukturübertragung ins Substrat verwendet.
Die schwedische Firma Obducat gilt als Marktführer im Bereich der
Nanoimprinttechnologie, mit der sich auch deutsche Firmen
beschäftigen. Die deutsche Firma Mildendo konzentriert sich
beispielsweise auf eine Heißprägemethode, mit der Nanostrukturen bis
200 nm (hauptsächlich für Kanäle in mikrofluidischen Systemen) mit
extrem hoher struktureller Genauigkeit abgeformt werden.
Auch serielle Verfahren wie die so genannte Dip-pen-Lithografie zählen
zur Soft-Lithografie. Hierbei erfolgt die Auftragung von nanoskaligen
Strukturen unmittelbar auf ein Substrat. Hierbei wird eine mit einer
Schreibflüssigkeit benetzte Spitze eines Rasterkraftmikroskops zum
„Beschreiben“ einer Substratoberfläche verwendet. Die auf das Substrat
aufgetragenen Moleküle arrangieren sich in dem benetzten Bereich
analog zu selbstorganisierten Monolagen spontan zu dicht gepackten
Anordnungen von ca. 10-15 nm Breite. Mit Hilfe der DPN-Technik
können z. B. spezifische Bindungsplätze auf einem Substrat hergestellt
Kapitel 3
werden, die sich beispielsweise für biotechnologische Anwendungen
(DNA-Chiparrays etc.) nutzen ließen.
3.6.2
Herstellung von Nanoschichtsystemen
Spezielle Oberflächenbeschichtungsverfahren ermöglichen die Herstellung ultradünner Funktionsschichten mit charakteristischen Schichtdicken von weniger als 100 nm, die zu neuartigen bzw. verbesserten
Produktfunktionalitäten führen. Nanoskalige Schichten sind bereits in
einer Vielzahl von Anwendungsfeldern funktionstragende Elemente, wie
z. B. in der optischen Industrie, in der Elektronik/ Optoelektronik oder im
Maschinenbau (vgl. Tabelle 3.8). Bei der Beschreibung der zur
Herstellung von Nanoschichtsystemen verwendeten Geräte soll eine
Einschränkung auf Gasphasen bzw. Vakuumprozesse vorgenommen
werden, da hierbei im Gegensatz zur nasschemischen Route ein
entsprechend aufwändiges und damit marktträchtiges Equipment zum
Einsatz kommt. Als Hauptkategorien wird hierbei zwischen chemischen
(CVD) und physikalischen (PVD) Abscheideverfahren unterschieden.
Aufgrund der Fülle unterschiedlicher Verfahrenstypen wird eine
Einschränkung auf einige ausgewählte Varianten vorgenommen.
Verfahren
Anwendungsgebiete
Materialsysteme
CVD
• PECVD
• MOCVD
• Photo-CVD
•
...
IuK-Technik
• Verbindungshalbleiter für LED
• Laser, Signalverstärker
• Transistoren im Bereich Telekommunikation/ Optoelektronik
Automobiltechnik
• Sensoren (GPS, Radar), LED
Energietechnik
• Verbindungshalbleiter für
Solarzellen
• II-VI-, III-VMaterialien,
• Oxiden, Metallen
und Dielektrika
• Ferroelektrika
• HTSC
• Optische
Beschichtungen
(für Spiegel, Filter)
PVD
• DC-Magnetronsputtern
• MBE
• Ionenimplantation
• ...
Maschinenbau
• Hartstoffschichten
• Reibmindernde Schichten
• Dekorative Schichten
• Korrosionsschutz
• Verschleißschutz
• Werkzeugbeschichtung
•
•
•
•
•
•
II-VI-, III-VMaterialien,
Oxide, Metalle und
Dielektrika
Ferroelektrika
HTSC
Hartbeschichtung
Optische Beschichtungen
Elektronik, Optik
• Diverse Komponenten in den
Bereichen Opto- und Magnetoelektronik, Ultrapräzisionsoptiken
Tabelle 3.8: Anwendungsgebiete und Materialsysteme verschiedener GasphasenAbscheideverfahren
79
80
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
3.6.2.1 PVD-Verfahren
Zum Bereich der PVD (Physical Vapor Deposition)-Verfahren zählen
eine Vielzahl von Methoden, die meist im Hochvakuum angewendet
werden, wie z. B. Bedampfungsverfahren (Schichtaufbau, unter anderem
durch Molekularstrahlepitaxie etc.), Sputtern (Abtragen von Atomen oder
Atomgruppen des Festkörpers von der Festkörperoberfläche durch
Ionenbeschuss) und Ionenplattieren (gezieltes Verändern der
Eigenschaften in dünnen Oberflächenschichten durch Einbringen von
Ionen). Diese Verfahren bieten ein breites Spektrum an Möglichkeiten
zur Modifizierung der Abscheideparameter und ermöglichen die
Beschichtung verschiedenster Materialien wie Stähle, Metalle, Halbleiter,
Kunststoffe, Keramiken oder Glas. Der Weltmarkt für PVD-Equipment
im Jahr 2006 wird für Sputter-Verfahren auf 2,1 Mrd. USD, für IonenImplantation auf 1,4 Mrd. USD (Fecht et al., 2003) bzw. 3,1 Mrd. USD
(BCC, 2002) und für MBE-Verfahren auf 1,1 Mrd. USD geschätzt (BCC,
2002). Nach BCC liegen die jährlichen Wachstumsraten in diesen
Bereichen zwischen 25 und 33 Prozent bis zum Jahr 2006. Deutsche
Firmen im Bereich der Herstellung von PVD-Equipment für
Nanobeschichtungen sind beispielsweise VTD Vakuumtechnik, Leybold
Optics oder Balzers Verschleißschutz GmbH.
3.6.2.2 CVD-Verfahren
Im Gegensatz zu den PVD-Methoden entstehen bei CVD-Prozessen
dünne Schichten durch eine chemische Reaktion von reaktiven
gasförmigen Ausgangsstoffen („Precursern“), die in einem inerten
Trägergas in den Reaktor gebracht werden. CVD-Verfahren werden
beispielsweise zur Herstellung von Si-Wafern, Verbindungshalbleitern
für Laser und LED oder auch für die Produktion von
Kohlenstoffnanoröhren eingesetzt. Der Weltmarkt für CVD-Equipment
wird für 2006 auf 5,7 Mrd. USD geschätzt, mit jährlichen
Wachstumsraten von 12 Prozent (Fecht et al., 2003).
3.6.3
Nanoanalytik
Die Nanoanalytik umfasst eine Vielzahl hochentwickelter, zum Teil seit
langem etablierter Verfahren, die sich für eine Charakterisierung von
Objekten auf der Nanoskala eignen. Zur Messung werden sehr vielfältige
physikalische, chemische und biologische Wechselwirkungen und
Effekte genutzt. Eine zentrale Rolle in der Nanoanalytik spielen
Rastersondenverfahren (SXM-Verfahren). Hierbei handelt es sich um
Mikroskopieverfahren mit atomarer Auflösung, bei denen das Substrat
mit einer Mikrosondenspitze rasterförmig abgetastet wird und die hierbei
auftretenden physikalischen und chemischen Wechselwirkungen
zwischen Substrat und Sonde gemessen werden. Es existieren eine
Vielzahl unterschiedlicher Varianten der Rastersondenverfahren, wie
z. B. die Rasterkraftmikroskopie (AFM), die Rastertunnelmikroskopie
Kapitel 3
(STM) oder die Raster-Nahfeld-Optische Mikroskopie (SNOM), um nur
einige zu nennen. Wichtige Anwendungsfelder der Rastersondentechniken sind die Materialforschung, die Halbleiterherstellung und der
Life-Science-Bereich. Einsatzgebiete der Rastersondentechnik sind
beispielsweise Qualitätskontrollen in Fertigungsprozessen, unter anderem
von extrem dünnen Schichten. Das mittlerweile in der Schweiz ansässige,
aber in Deutschland gegründetete Unternehmen NanoSensors hat sich auf
Silizium-Cantileverspitzen für Rastersondenmikroskope spezialisiert und
gilt als weltweit führender Produzent. Weltmarktführer bei den
Geräteherstellern für 3D-Metrologie und Fertigungskontrolle, die eine
Erfassung der Oberflächenstruktur bis auf die Nanoskala ermöglicht
(Nanometrologie), ist die Firma Veeco, die unter anderem 1998 die
Firma Digital Instruments (führend bei Rastersondenmethoden unter
Umgebungsbedingungen) und Thermo Microscopes aufgekauft hat. Die
deutsche Firma Omicron Nanotechnology hat sich auf die
Oberflächenanalytik
mittels
Rastersondenmikroskopie
im
Ultrahochvakuum spezialisiert und ist mittlerweile weltweit führender
Anbieter von Geräten und Equipment auf diesem Gebiet. Die
Entwicklung des Weltmarktes für Rastersondengeräte wird von derzeit
ca. 200 Mio. USD auf 800 Mio. USD im Jahr 2007 prognostiziert (Small
Times, 2002).
Ein weiteres wichtiges Verfahren zur Untersuchung nanoskaliger bzw.
atomarer Strukturen ist die Elektronenmikroskopie mit Hauptanwendungsgebieten in der Materialforschung und in den Life Sciences.
Dieses Verfahren ist jedoch mit hohen Anforderungen an die
Probenvorbereitung und mit hohem technischen Aufwand verbunden.
Der Weltmarkt für SEM-Geräte wird für 2006 auf 0,6 Mrd. USD
geschätzt (Fecht et al., 2003).
Zu den weiteren Verfahren zur Charakterisierung nanostrukturierter
Oberflächen und Filme zählen unter anderem die Ellipsometrie oder das
so genannte Nanoindentation-Verfahren, bei dem durch punktgenaues,
nanometertiefes Eindrücken einer Diamantspitze und anschließender
Messung der Veränderungen die mechanischen Eigenschaften von
dünnen
Filmen
und
Beschichtungen
ohne
aufwändige
Probenvorbereitung analysiert werden können. Wichtige zu bestimmende
Parameter sind beispielsweise die Textur, Morphologie oder Defekte in
den Nanoschichten. Einsatzgebiete sind die Qualitätskontrolle in der
Mikrosystemtechnik und Halbleiterfertigung, im Gesundheitssektor bei
der Bestimmung der mechanischen Integrität von metallischen
Implantaten und im Bereich Konsumgüter, z. B. für die Qualitätskontrolle von Rasierklingen und Kosmetika. Der Weltmarkt für
Dünnfilm-Messtechniken wird für 2006 auf 0,5 Mrd. USD geschätzt
(Fecht et al., 2003).
Weiterhin gibt es eine Reihe weiterer Verfahren, die zur
Charakterisierung von Nanomaterialien eingesetzt werden, deren
81
82
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Hauptanwendungsgebiet jedoch eher außerhalb der Nanotechnologie
liegen, wie z. B. molekular spektroskopische Methoden oder die
Röntgenanalytik.
3.6.4
Ultrapräzise Oberflächenbearbeitung
Zur Ultrapräzisionstechnik zählen alle Bearbeitungsverfahren, bei denen
Körper und Oberflächen mit makroskopischen Abmessungen extrem
präzise in Form und Glätte hergestellt werden. Je präziser geglättet und
geformt Oberflächen sind, desto bessere funktionale (z. B. optische)
Eigenschaften können erzielt werden. Zu den wichtigsten Verfahren der
ultrapräzisen
Formgebung
bzw.
Formkorrektur
gehören
mechanisch/chemische und optische Bearbeitungsverfahren sowie
Ionenstrahl- und Plasmabearbeitungsverfahren. Ionenstrahl- und Plasmabearbeitungsverfahren ermöglichen die Formkorrektur bzw. Formgebung
auf großen Flächen (cm² bis m²) mit Tiefengenauigkeiten im
Nanometerbereich sowie die Rauigkeitsreduzierung auf SubNanometerwerte. Aufgrund der geringen Bearbeitungsgeschwindigkeit
und der hohen Anlagenkosten bleibt der Einsatzbereich in der industriellen Fertigung auf Hochleistungsoptiken beschränkt. Auch optische Verfahren insbesondere unter Einsatz von UV-Lasern werden zur ultrapräzisen Bearbeitung, z. B. von Polymeroberflächen eingesetzt.
Anwendungsfelder der ultrapräzisen Oberflächenbearbeitung liegen unter
anderem in der Optik. Hier werden neben immer glatter und formgenauer
herzustellenden Linsen für den sichtbaren Bereich zunehmend Optiken
für den Infrarot- und auch den UV- und Röntgenbereich gefordert. Auch
für die Verbindungstechnik in der Mikroelektronik spielt die ultrapräzise
Oberflächenbearbeitung eine wichtige Rolle. Für die kostengünstige Fertigung von Mikrosensoren und -aktuatoren gewinnt das so genannte
Direktbonden von Silizium-Wafern und anderen Komponenten
zunehmend an Bedeutung. Dies betrifft sowohl das Zusammenfügen von
Silizium- und anderen Halbleiterelementen (optische Elemente auf III/V
Halbleiterbasis) auf einem Chip als auch die Montage unterschiedlicher
optischer und mechanischer Mikrokomponenten (z. B. Mikrolinsen aus
Quarzglas, piezoelektrische Aktoren etc.). Beim Direktbonden werden
zwei ultrapräzise ebene Flächen so in Kontakt gebracht, dass sie durch
einen Druck- und Temperaturschritt (Bonden) ohne zusätzliche
Klebstoffe irreversibel verbunden werden können. Der Weltmarkt für
Anlagen zur ultrapräzisen Oberflächenbearbeitung im Jahr 2006 wird auf
250-500 Mio. EUR geschätzt (Quelle: Unternehmensbefragung).
3.6.5
Nanometrologie und Positionierung
Nanometergenaue Positionierung und Kontrolle sind eine zwingende
Voraussetzung für Produktionsprozesse, insbesondere in der
Mikroelektronik und -systemtechnik. Verschiedene Verfahren wurden
dazu von diversen Firmen wie beispielsweise Piezomax Technologies
Kapitel 3
Inc. (Vancouver), Klocke Nanotechnologie (Aachen), Kleindieck
Nanotechnik (Reutlingen) oder Physik Instrumente GmbH (Waldbronn)
entwickelt. Die Firma Nanowave hat ein patentiertes Verfahren zur
ultrapräzisen Positionierung (Sub-nanometer-Bereich) auf Basis der
Rastersondenmikroskopie in Kombination mit Hochfrequenz-ProbenOszillationen entwickelt. Die Position der Sonden wird dabei durch
Abgleich mit einer Referenzfrequenz ermittelt. Eingesetzt wird dieses
System unter anderem in Lithografie-Steppern. Ein wichtiges
Anwendungsfeld nanopräziser Fertigung ist die Herstellung von
Halbleiterkomponenten für die elektronische Datenspeicherung und die
optische Datenübertragung. Der Weltmarkt im Jahr 2006 für Produkte im
Bereich der Nanopositionierung wird auf 0,5 bis 1 Mrd. EUR und im
Bereich der Nanorobotik auf 10-50 Mio. EUR geschätzt (Quelle:
Unternehmensbefragung).
3.7
MarktMarkt- und Anwendungspotenziale im Überblick
Im Folgenden werden die Marktpotenziale der oben beschriebenen
nanotechnologischen Anwendungen der unterschiedlichen Teildisziplinen nochmals tabellarisch zusammengefasst. Eine exakte Ableitung des
„Nanotechnologieweltmarktes“ ist auf Basis der genannten Zahlen
allerdings kaum möglich, da
•
nur für einen Teil nanotechnologischer Produkte Marktzahlen
verfügbar und die Auflistungen somit unvollständig sind
•
die Marktprognosen sich zum Teil auf unterschiedliche Zeithorizonte
beziehen
•
Doppelungen hinsichtlich der Nennung von Nanotechnologieprodukten in zwei oder mehreren Teilbereichen vorkommen (z. B.
Anwendung von Nanogrundprodukten/-komponenten in Produkten
aus anderen Bereichen)
83
84
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Nanotechnologische Produkte
Nanomaterialien
Metalloxid-/Metall-Nanopartikel
Nano-Kieselsäure
Nano-Schichtsilikate
CNT
Carbon Black
Polymerdispersionen
Organische Halbleiter
Dendrimere
Mikronisierte Wirkstoffe
Zeolithe
Aerogele
Polymere Nanokomposite
Nanoschichten
Hartschichten
Tribologische Schichten
Antifog-Schichten
Werkzeugbeschichtungen
Korrosionsschutzschichten
Elektronik auf Basis funktionaler
Nanoschichten, z. B. GMR-HDD
Jährliches Weltmarktvolumen
(Bezugsjahr)
900 Mio. USD (2005)1
800 Mio. EUR (2003)2
25 Mio. EUR (2006)3
145 Mio. EUR (2005)4, 1,2 Mrd. EUR (2006)5
3 Mrd. USD (2002)6, 8 Mrd. USD (2006)5
15 Mrd. EUR (2002)7
500 Mio. USD (2005)10
5-15 Mio. EUR (2006)3
1 Mrd. EUR (2002)7
2,6 Mrd. USD (2006)5
10 Mrd. USD (2005)8
0,3 Mrd. USD (2006)3, 1,1 Mrd. USD5 1,5
Mrd. EUR (2009)9
0,5-1 Mrd. EUR (2006)12
1-5 Mrd. EUR (2006)13
50-250 Mio. EUR (2006)12
50-250 Mio. EUR (2006)12
1-5 Mrd. EUR (2006)13
> 5 Mrd. EUR (2006)13
Tabelle 3.9: Abschätzungen des jährlichen Weltmarktvolumens nanotechnologischer
Produkte
Quellen: 1 BCC, 2002, 2 Wacker Silicones, 2003, 3 SRI, 2002, 4 Mitsubishi Research
Institute, 2002, 5 Fecht et al., 2003, 6 Reuters, 2002, 7 BASF/Distler, 2002, 8 Aspen
Systems, 2001, 9 Stevenson, 2002, 10 Frost&Sullivan, 2002, 11 Frost&Sullivan, 2003, 12
Unternehmensbefragung, 13 VDI TZ-Experten-Workshop
Kapitel 3
Nanotechnologische Produkte
Nanobiotechnologie
Biophysikalische Analytik (z. B.
Rastersondentechniken)
Diagnostik und Analytik (z. B.
Nanopartikel für Biochips)
Wirkstoffe und Drug Delivery
Tissue Engineering
Nanooptik
Lithografieoptiken
Ultrapräzisionsoptik
LED
davon weiße LED
Diodenlaser
davon Hochleistungs-Diodenlaser
Nanoelektronik
CMOS-Elektronik <100 nm
GMR-HDD
MRAM
Jährliches Weltmarktvolumen
(Bezugsjahr)
181 Mio. USD (2002), 745 Mio. USD (2007)14
80 Mio. USD (2002), 391 Mio. USD (2007)14
8 Mio. USD (2002), 33 Mio. USD (2007)14
0 Mio. USD (2002), 1,5 Mio. USD (2007)14
0,5-1 Mrd. EUR (2006)12
1-5 Mrd. EUR (2006)13
1-5 Mrd. EUR (2006)13
10-50 Mio. EUR (2006)13
1-5 Mrd. EUR (2006)13
50-250 Mio. EUR (2006)12
20 Mrd. USD (2006)18
26,6 Mrd. USD (2006)5
30-50 Mrd. USD (2010)19, (ggf. Ersatz für
DRAM)
Nanotools/Nanoanalytik
Lithografie-Stepper
7,7 Mrd. USD (2006)15
Elektronenstrahlithografie
0,9 Mrd. USD (2006)15
Sputter-Verfahren
2,1 Mrd. USD (2006)15
Ionen-Implantation
1,4 Mrd. USD (2006)16
MBE-Verfahren
1,1 Mrd. USD (2006)15
CVD-Equipment
5,7 Mrd. USD (2006)15
Rastersondenmikroskopie
200 Mio. USD (2002), 800 Mio. USD (2007)17
SEM
0,6 Mrd. USD (2006)15
Dünnfilm-Messtechnik
0,5 Mrd. USD (2006)15
Ultrapräz. Oberflächenbearbeitung 250-500 Mio. EUR (2006)12
Nano-Positionierung
0,5 -1 Mrd. EUR (2006)12
Nano-Partikelzähler
10-50 Mio. EUR (2006)12
Nano-Robotik
10-50 Mio. EUR (2006)12
Tabelle 3.9 (Fortsetzung): Abschätzungen des jährlichen Weltmarktvolumens
nanotechnologischer Produkte
Quellen: 1 BCC, 2002, 2 Wacker Silicones, 2003, 3 SRI, 2002, 4 Mitsubishi Research
Institute, 2002, 5 Fecht et al., 2003, 6 Reuters, 2002, 7 BASF/Distler, 2002, 8 Aspen
Systems, 2001, 9 Stevenson, 2003, 10 Frost&Sullivan, 2002, 11 Frost&Sullivan, 2003, 12
Unternehmensbefragung, 13 VDI TZ-Experten-Workshop, 14 BCC, 2003, 15 VDI
Nachrichten, 2003, 16 BCC, 2002b, 17 Small Times, 2002, 18eigene Abschätzung, 19
Small Times, 2003
85
87
4
ANHALTSPUNKTE FÜR MARKTPOTENZIALE
MARKTPOTENZIALE IN
PATENTDATEN
4.1
Methodische Vorüberlegungen
4.1.1
Patente als Indikator für wirtschaftliches Potenzial
Wenn aus Patentinformationen Indikatoren für das wirtschaftliche
Potenzial einer Technologie gewonnen werden sollen, so ist zunächst die
grundsätzliche Frage nach dem Wert von Patenten zu diskutieren.
Es ist eine bekannte Tatsache, dass Patente einen hohen Wert haben
können und eine zentrale Rolle für die Wettbewerbsposition von Firmen
einnehmen können.1 Eine weit weniger beachtete Tatsache besteht darin,
dass viele Patente kaum einen Wert haben. Für alle Patente gilt, dass sie
immer Kosten verursachen. In der wissenschaftlichen Literatur werden
eine Reihe von Methoden zur Patentbewertung in verschiedenen
Situationen beschrieben (Wurzer, 2002; Pitkethly, 2002; Reitzig, 2002).
Patentbewertungen sind erforderlich zur Unterstützung von
Managemententscheidungen im Verlauf von FuE-Projekten und ihrer
Verwertung, wie z. B.:
•
Soll eine Erfindung patentiert werden?
•
Soll eine einmal begonnene Patentanmeldung weiter verfolgt
werden? In welchen Ländern?
•
Soll ein erteiltes Patent aufrecht erhalten werden? In welchen
Ländern?
Patentbewertung
Patentbewertungen sind aber auch im Rahmen von Lizenzverhandlungen,
beim Verkauf von Patenten, in Verhandlungen über Wagniskapital bei
Firmengründungen, bei Firmenverkäufen und -zusammenschlüssen
sowie schließlich für die Bilanzierung und die Berichterstattung von
Bedeutung.
Letztlich bemisst sich der Wert von Patenten nach dem zukünftigen
Marktwert der damit zusammenhängenden Produkte. Dementsprechend
liegt einer Patentbewertung selbst eine Art von Marktprognose zugrunde
und sie unterliegt damit allen Unsicherheiten, die einer solchen Prognose
inhärent sind. Da bereits der Zusammenhang mit den jeweiligen
Produkten nicht immer eindeutig ist, sind die Prognoseunsicherheiten
einer Patentbewertung besonders ausgeprägt. Patentbewertungen sind
1
Als aktuelles Beispiel sei etwa auf die Entscheidung des Bezirksgerichts von Tokio
hingewiesen, das die Firma Nichia zu einer Zahlung in Höhe von 180 Millionen USDollar an Prof. Nakamura, den Erfinder der blauen Leuchtdiode, verpflichtet
(Normile, 2004).
Prognoseunsicherheit
88
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
also abhängig von dem Zeitpunkt, an dem sie erstellt werden und können
sich darüber hinaus im Lauf der Zeit ändern, wenn sich die Grundlagen
der Bewertung zwischenzeitlich ebenfalls verändert haben. Abbildung
4.1 zeigt eine (unvollständige) Übersicht von Methoden zur
Patentbewertung entlang des Technologielebenszyklus (Wurzer, 2002).
Prognoseraum
Wertsicherheit
Umsätze
Lizenzanalogie
Patentindikatoren
Option
Bewertungszeitpunkt
Idee ohne
Umsetzung
Abbildung 4.1:
Optionstheorie
Lizenzanalogie
Bibliometrische
Patentindikatoren
Idee mit
Businessplan
Kommerzielles
Produkt
Methoden zur Patentbewertung entlang des Technologielebenszyklus
(nach Wurzer, 2002)
Gerade am Anfang einer technologischen Entwicklung sind die
Unsicherheiten über den technischen und wirtschaftlichen Erfolg einer
Idee noch immens. Entsprechend vielfältige Handlungsmöglichkeiten
bestehen im Verlauf eines Patentanmeldeverfahrens sowohl vor als auch
nach einer eventuellen Patenterteilung. Vor diesem Hintergrund gibt es
Ansätze, Patente als so genannte reale Optionen zu betrachten und die
Theorie der Preisbildung bei Kauf- und Verkaufsoptionen für handelbare
Güter auf die Patentbewertung zu übertragen. Dabei fließen
beispielsweise erwartete Kosten und Nutzen eines möglichen erteilten
Patentes, aber auch die erwarteten Kosten ein, die entstehen würden,
wenn das Patent in der Hand eines Wettbewerbers wäre (Pitkethly,
2002).
Beim Verfahren der Lizenzanalogie werden die Konditionen von
Lizenzvereinbarungen zum Vergleich herangezogen, die hinsichtlich des
Produktmarktes als analog angesehen werden. So haben beispielsweise
Hellebrand und Kaube (2001) eine Sammlung von Einigungsvorschlägen
der Schiedsstelle beim Deutschen Patentamt herausgegeben, die für das
Verfahren der Lizenzanalogie genutzt werden kann. Die Anwendung
dieser Methode setzt eine relativ hohe Reife der Technologie voraus.
Verschiedene
bibliometrische
Patentindikatoren
korrelieren
nachgewiesenermaßen mit dem Wert von Patenten (vgl. Wurzer, 2002,
Reitzig, 2002 und die dort angegebenen Referenzen). Sie bieten den
Vorteil, dass sie sich mit überschaubaren Kosten zuverlässig aus
Patentdatenbanken
erheben
lassen.
Die
Verwendung
von
Patentindikatoren setzt aber voraus, dass bereits relevante
Patentinformationen publiziert sind und bedarf daher eines gewissen
Kapitel 4
89
Vorlaufs. In der Praxis werden die Anzahl von Zitierungen in
Suchberichten und Patenten Dritter, die Anzahl von Entgegenhaltungen,
die Anzahl von Referenzen in der Nicht-Patent-Literatur, die Existenz
von Einsprüchen und Nichtigkeitsklagen sowie Daten über die Größe der
Patentfamilien und den Erteilungsstatus verwendet.
4.1.2
Patentauswertungen zur Nanotechnologie
In der Literatur liegen keine Studien vor, die typische Patentindikatoren
zur Bewertung von Nanotechnologiepatenten systematisch erheben.
Gleichwohl gibt es einzelne Untersuchungen zu Patenten im Bereich
Nanotechnologie, die teilweise wichtige Informationen bereitstellen.
Von besonderem Interesse ist eine Vorstudie zur Nanotechnologie im
Rahmen der Anstrengungen der Europäischen Kommission,
„Landkarten“ für die technologische und wissenschaftliche Exzellenz in
Europa („mapping excellence“) zu erarbeiten (Nanotechnology Expert
Group, 2002). Trotz der vergleichbar hohen Qualität dieser Arbeit
nennen die Studienautoren selbst die folgenden Einschränkungen: „It
should be noted that all tables reflect only limited patent data“ (S. 21).
„Abstracts and keywords were missing from much of the patent data“
(S. 41). Es ist besonders hervorzuheben, dass bei dieser Untersuchung
die recherchierten Patente jeweils Experten vorgelegt wurden, um
Einschätzungen abzugeben, ob das jeweilige Patent zur Nanotechnologie
gerechnet werden soll.
Weitere Studien befassen sich mit dem Wechselspiel zwischen
Wissenschaft und Technologie im Bereich der Nanotechnologie und den
internationalen Strukturen der Zusammenarbeit und werten dazu unter
anderem Literaturzitate in Patenten aus (z. B. Meyer, 1998; Meyer, 2001;
Verbeeck, 2002). In diesem Zusammenhang ist die Dissertation von
Hullmann
(2001)
bemerkenswert,
die
den
internationalen
Wissenstransfer am Beispiel der Nanotechnologie untersucht und dabei
auch auf Patente eingeht.2
Ein Ländervergleich, beruhend auf Daten des US-amerikanischen
Patentamts (USPTO), findet sich in: Marinova (2003). Im Laufe der
Arbeit an der vorliegenden Studie ist eine weitere Arbeit (Huang, 2003)
erschienen, die ebenfalls Daten des USPTO auswertet. Während
Marinova (2003) bereits bis zum Jahr 2000 eine Gesamtzahl von 1524
deutschen Patentanmeldungen beim USPTO konstatiert, taucht
2
Vgl. dazu auch Compano (2002), basierend auf derselben Datenerhebung mit
Patentdaten bis ca. 1997/1998.
Experteneinschätzung
Wechselspiel von
Wissenschaft und
Technologie
90
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Deutschland als Anmeldeland bei Huang (2003) gar nicht auf, was die
Qualität dieser Arbeit sehr fragwürdig erscheinen lässt.3
Diese Beobachtung zeigt jedoch, dass es vor der Bewertung einer
Publikation und dem Ziehen von Schlussfolgerungen aus einer solchen
Publikation erforderlich ist, die Datengrundlage und die Methoden der
Auswertung genau zu beachten.
4.1.3
Recherchestrategie und Methodik
So wie es keine allgemein anerkannte Definition der Nanotechnologie
gibt (vgl. die Diskussion in Kapitel 2), so gibt es auch keine allseits
akzeptierte Suchstrategie für Nanotechnologiepatente. Auch die im
vorhergehenden Abschnitt aufgeführten Studien unterscheiden sich in der
Verwendung der Suchworte stark voneinander. Eine Zuordnung anhand
spezieller Klassen in der internationalen Patentklassifikation (IPC) ist
ebenfalls nicht möglich.4
Diskussionen mit
Vertretern des EPA
Diskussionen mit Vertretern des Europäischen Patentamtes (EPA) im
Laufe der Arbeiten an dieser Studie haben mit dazu geführt, dass das
EPA sich dieses Problems bewusst geworden ist und jetzt eine
Klassifikation auf der Basis neu definierter ICO-Codes („in computer
only“) anstrebt. Eine Arbeitsgruppe von etwa zehn Patentprüfern hat in
einer ersten Runde ca. 15.000 Patente mit Bezug zur Nanotechnologie
identifiziert.5
Die Vielzahl von Recherchestrategien in der Literatur lässt sich grob in
die folgenden drei Gruppen gliedern:
„nano“-Vorsilbe
1. Die einfachste Suchstrategie besteht in der Suche nach der „nano“Vorsilbe, wobei gewisse Kombinationen dieser Vorsilbe explizit
ausgeschlossen werden, wenn offensichtlich kein Zusammenhang zur
Nanotechnologie besteht. Die häufigsten dieser auszuschließenden
Kombinationen sind:
nano-sec? or nano2 or nano3 or nanogram? or nanolite? or nanolitr? or nanomol? or
nanos or nanosat? or nanosec? or subnanomol? or subnanosec?
3
4
5
Hintergrund ist vermutlich ein Fehler bei dem verwendeten Ländercode, der in Huang
(2003) als „DT“ für Deutschland angegeben wird, während tatsächlich „DE“ das
korrekte Kürzel ist.
Zwar gibt es in der IPC die Klasse B82 mit dem Titel Nanotechnologie, doch werden
unter dieser Klasse nur wenige eng umrissene Nanostrukturen und deren Fertigung
gefasst.
Diese Anstrengung kann wesentlich dazu beitragen, dass das EPA der
Herausforderung gerecht werden kann, die ein neues und stark interdisziplinäres Feld
wie die Nanotechnologie für ein Patentamt darstellt. Allerdings lassen sich ICOCodes für Außenstehende nicht zur Recherche nutzen, so dass die genannten
Schwierigkeiten dadurch nicht berührt werden.
Kapitel 4
2. Eine detailliertere Suchstrategie besteht darin, ausführliche
Suchwortlisten aufzustellen, Beispiele solcher Listen finden sich in
Braun (1997) und Hullmann (2001). Prinzipiell haben explizite
Suchwortlisten wiederum zwei Bestandteile. Zum einen sind dies
Suchworte, die die Nanotechnologie möglichst in ihrer Gesamtheit
repräsentieren (Beispiel: „nanoparticle“), und zum anderen solche
Suchworte, die für einzelne Teiltechnologien, die zur
Nanotechnologie gezählt werden, charakteristisch sind.6
91
Ausführliche
Suchwortlisten
Die Schwierigkeit solcher eher spezifischen Suchworte liegt darin,
eine vollständige Liste davon zu erstellen.7 Je nachdem, welche der
Teiltechnologien in der Suche berücksichtigt werden und welche
nicht, können sich Verzerrungen und Ungleichgewichte ergeben,
insbesondere bei den gefundenen Anmeldefirmen, etwa wenn es sich
um Firmen mit einem sehr spezifischen Produkt- und
Technologieprofil handelt. Andererseits wächst mit der Zahl
zusätzlich berücksichtigter Teiltechnologien die Gefahr, solche
Suchworte mit aufzunehmen, die nicht mehr nur spezifisch
Nanotechnologie beschreiben.
3. Die gründlichste Strategie besteht dementsprechend darin, mit einer
breiten Suche eine möglichst umfassende Stichprobe an Kandidaten
für Nanotechnologiepatente zu recherchieren und die tatsächliche
Zugehörigkeit zur Nanotechnologie anhand einer Durchsicht aller
recherchierten Patenschriften zu entscheiden. Allerdings kommt die
„Nanotechnology Expert Group and Eurotech Data“ in ihrer Studie
(2001, S. 47) zu dem Schluss: „One cannot expect experts to agree on
which (...) are relevant.“
Aufgrund der Vielzahl von Dokumenten und der verfügbaren
Ressourcen wurde für diese Studie eine Recherche auf Basis der
folgenden ausführlichen Wortliste gewählt:
nanoactuator?, nanoaggregate?, nanoamorphous?, nanoanaly?, nanoarchitectur?,
nanoarray?, nanobacteri?, nanoball?, nanoband?, nanobar?, nanobead?, nanobelt?,
nanobio?, nanobot?, nanobridge, nanobuildingblock?, nanocage?, nanocapillarity?,
nanocapsul?, nanocarrier?, nanocatal?, nanocavity?, nanocell?, nanoceramic?,
nanocermet?, nanochannel?, nanocharacter?, nanochem?, nanochip?, nanocluster?,
nanocoat?,
nanocolloid?,
nanocolumn?,
nanocomposit?,
nanocompound?,
nanocomputer?, nanoconduct?, nanocone?, nanoconstriction?, nanoconstruction?,
nanocontact?,
6
7
nanocrack?,
nanocrystal?,
nanodevic?,
nanodiamond,
nanodiffraction,
nanodispers?,
nanodisplacement?,
nanocube?,
nanodeformation?,
nanodimension?,
nanodissection?,
nanodomain?,
nanodisk?,
nanodot?,
Beispiele und Konsequenzen für die Analyse der Patentdaten werden in den weiteren
Abschnitten angesprochen.
Im Prinzip müssten Suchworte für alle in Kapitel 3 aufgelisteten Technologien und
Anwendungen mit eingeschlossen werden.
Durchsicht der
recherchierten
Patentschriften
Recherchestrategie
92
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
nanodrop?,
nanoelectr?,
nanoelement?,
nanoemulsion?,
nanoencapsulat?,
nanoengineer?, nanoenvironment?, nanoetching?, nanofabricat?, nanofeature,
nanofiber?, nanofibr?, nanofilament?, nanofiller, nanofilm?, nanofilt?, nanofluid?,
nanofoam?, nanofriction?, nanogap?, nanogel?, nanoglass, nanograin?, nanogran?,
nanogrid?,
nanohorn?,
nanogroove?,
nanohardness?,
nanoillumin?,
nanoindentation?,
nanoimprint?,
nanoionics?,
nanoheterostructure?,
nanoimprint?,
nanojunction?,
nanohole,
nanoinclusion?,
nanolaminate?,
nanolayer?,
nanolithograph?, nanomachin?, nanomagnet?, nanomanipulat?, nanomanufactur?,
nanomap?,
nanomask?,
nanomaterial?,
nanomatrix?,
nanomechanic?,
nanomembrane?, nanomeric?, nanometal?, nanomodification?, nanomolecular?,
nanomotor?, nanomultilayer?, nanoobject?, nanooptics?, nanopartic?, nanopattern?,
nanophase?, nanophoto?, nanophysics?, nanopigment?, nanopipe?, nanopit?,
nanopolar?,
nanopolyhedra?,
nanoprecipitation?,
nanoprobe?,
nanopor?,
nanoposition?,
nanoprocess?,
nanoreact?,
nanopowder?,
nanorheology?,
nanorod?, nanoroughness?, nanoscaffolding?, nanoscale?, nanoscien?, nanoshell?,
nanosize?, nanosol?, nanosolid?, nanosource?, nanospectroscopy?, nanosphere?,
nanostring?,
nanostruct?,
nanosurface?,
nanosuspension?,
nanoswitch?,
nanosystem?, nanotech?, nanotemplate?, nanotexture?, nanotip?, nanotiter?,
nanotool?, nanotopography?, nanotribology?, nanotub?, nanotweezer, nanowear?,
nanowelding, nanowhisk?, nanowire?
nanometer(w)(accurac? or partic? or precision? or thick? or thin? or scale? or size?
or structure? or width?)
atomic (w) layer(w) (deposit? or epitax?) or molec? (w) beam (w) epitax? or mbe
or metal? (w) organ (w) vapo? (w) phase (w) epitax? or movpe
Diese Liste wurde teilweise um weitere Suchbegriffe ergänzt (vgl. die
Erläuterungen in den nachfolgenden Abschnitten). Die recherchierten
Patente wurden stichprobenartig auf Relevanz für die Nanotechnologie
geprüft. Eine Zuordnung zu bestimmten Branchen erfolgte über IPCKlassen, basierend auf der OECD-Konkordanz (OECD, 1994) sowie
gegebenenfalls über weitere Suchbegriffe.
Datenbank
WPINDEX
Für die Patentanalyse im Rahmen der vorliegenden Studie wurde die
Datenbank WPINDEX ausgewählt. Dies bringt zwei wesentliche
Vorteile gegenüber den oben zitierten Studien mit sich:
1. WPINDEX ist statistiktauglich, da die einzelnen Elemente der
Datenbank jeweils komplette Patentfamilien abbilden. In anderen
Datenbanken ist dies nicht der Fall, so dass es zu Mehrfachzählungen
derselben Patentanmeldung kommen kann (z. B. wenn
Offenlegungsschrift und Patentschrift zur gleichen Anmeldung sowie
äquivalente Schriften aus derselben Familie als separate Dokumente
in der Datenbank geführt werden).
2. Zu jeder Patentfamilie werden vom Datenbankanbieter eigene
Kurzzusammenfassungen verfasst. Dies mildert die Auswirkungen
der bei Patenten gängigen Praxis, wesentliche Schlagworte (hier z. B.
Kapitel 4
93
die Vorsilbe „nano“) in den Formulierungen absichtlich zu
vermeiden.8
Ein Nachteil der Datenbank WPINDEX besteht darin, dass nicht nach
Erfinderadressen recherchiert werden kann. Die Zuordnung einer
Patenfamilien zu einem Land erfolgte aus diesem Grunde über das Land
der Erstanmeldung (Datenbankfeld PRC „priority country“).
Länderzuordnung
Die Qualität dieser Zuordnung wurde anhand der Daten der Recherche
zur Chemie überprüft: Bei den Top-20-Anmeldern dieser Branche
stimmte das Land der Erstanmeldung mit dem Land des Sitzes der
Firmenzentrale überein, und zwar lag die Übereinstimmung bei den
verschiedenen Anmeldern jeweils über 85 Prozent und erreichte bei
einem Drittel der Firmen 100 Prozent.
In den folgenden Abschnitten werden nun Patentstatistiken vorgestellt,
die auf der Zählung von Patentfamilien basieren. Ausgewertet werden die
Anmeldeländer, der zeitliche Verlauf der Anmeldungen und die
thematischen Schwerpunkte. Bei den branchenspezifischen Recherchen
werden zusätzlich die führenden Anmelder (Firmen) angegeben.
Zählung von
Patenfamilien
Abschnitt 4.2 beginnt mit einer Übersicht aller Nanotechnologiepatente,
dann folgen Auswertungen zu ausgewählten Lead-Märkten: Chemie in
Abschnitt 4.3, Optik in Abschnitt 4.4 und schließlich Automobiltechnik
in Abschnitt 4.5.
In jedem der Abschnitte findet sich darüber hinaus eine Auswertung nach
Ländern, die sich auf besonders werthaltige Patentfamilien beschränkt.
Als Indikator wurden dazu solche Patentfamilien ausgewählt, bei denen
wenigstens ein Patent bereits erteilt wurde9 und die Anmeldung in mehr
als nur einem Land angestrebt wird.10 Dieser Indikator lässt sich gut
erheben und bietet den Vorteil, relativ zeitnah signifikante Aussagen zu
erlauben. Zwar lässt sich diese Form der Patentbewertung nicht monetär
umrechnen, dennoch sind mit gewissen Einschränkungen Aussagen über
die relative Position der verschiedenen Länder im Wettbewerb möglich.
8
Um Wettbewerbern das Auffinden von Patenten zu erschweren, sind
Umschreibungen in Patentschriften üblich. So wäre es beispielsweise nicht
ungewöhnlich, dass eine „Waschmaschine“ in einem Patent als „Vorrichtung zur
Reinigung textiler Werkstücke“ bezeichnet wird.
9
Nach dem Datenbankfeld PK (patent kind code).
10
Nach dem Datenbankfeld CYC, Kriterium CYC > 1.
Besonders
werthaltige
Patentfamilien
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
4.2
Patente in der Nanotechnologie insgesamt
Die Patente in der Nanotechnologie insgesamt wurden mit der
Suchstrategie 2 anhand der in Abschnitt 4.1.3 angegebenen ausführlichen
Wortliste ermittelt.11 Insgesamt wurden ca. 13.000 Patentfamilien
gefunden.12
3500
Zahl der Patentfamilien
94
3000
2500
2000
1500
1000
500
0
1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001
Jahr der Erstanmeldung
Abbildung 4.2:
Zeitlicher Verlauf der Patentanmeldungen in der Nanotechnologie
insgesamt
Abbildung 4.2 zeigt den zeitlichen Verlauf der Anmeldungen. Ein starker
sprunghafter Anstieg der Anmeldungen seit dem Ende der neunziger
Jahre fällt ins Auge. So hat sich die Zahl der Anmeldungen von 1997 bis
1999 und von 1999 bis 2001 jeweils mehr als verdoppelt.13
11
Datum der Recherche: 4. März 2004.
Im Weiteren werden die Worte Patentfamilie und Patent synonym verwendet.
13
Da zwischen der Anmeldung eines Patents und dem Erscheinen der ersten
Veröffentlichung, die eine Patentdatenbank erfassen kann, oft 18 Monate vergehen,
liegen für die Jahre nach 2001 derzeit noch keine vollständigen Zahlen vor, so dass
diese Jahre in den Diagrammen zum zeitlichen Verlauf der Übersichtlichkeit halber
nicht aufgeführt werden. In den anderen Diagrammen sind bereits verfügbare Daten
aus 2002, 2003 und 2004 jedoch enthalten.
12
Kapitel 4
4486
USA
Japan
3440
Deutschland
1304
1009
China
Land der Erstanmeldung
95
952
Korea
497
Frankreich
Großbritannien
271
EPO
249
WIPO
198
Russland
157
Taiwan
93
Australien
75
Schweden
70
Italien
65
Schweiz
52
0
1000
2000
3000
4000
5000
Zahl der Patentfamilien
Abbildung 4.3:
Länderverteilung der Patentanmeldungen in der Nanotechnologie
insgesamt
Die meisten Patente entfallen auf die USA, mit einer Zahl von beinahe
4500, gefolgt von Japan mit 3440 Patenten und Deutschland mit ca. 1300
Patenten, vgl. Abbildung 4.3.
Überraschenderweise erscheinen dann bereits China und Korea14 mit
jeweils ca. 1000 Patenten noch vor Frankreich mit ca. 500 Patenten und
Großbritannien mit knapp 300 Anmeldungen. Unter den Rubriken EPO
(„European Patent Office“) und WIPO („World Intellectual Property
Organisation“) sind Anmeldungen aufgeführt, die nicht über eines der
nationalen Patentämter eingereicht wurden, sondern unmittelbar einem
dieser beiden supranationalen Patentämter vorgelegt wurden.15
Es folgen Russland, Taiwan, Australien, Schweden, Italien und die
Schweiz.
Bei der Bewertung dieser Rangfolge und der Einschätzung der relativen
Position der führenden Länder ist Folgendes zu beachten: Nach
Aussagen von Experten des EPA sollte bei Ländervergleichen die
Qualität und der inhaltliche Umfang der einzelnen Patente mit
berücksichtigt werden. Qualität und Umfang unterscheiden sich zwischen
europäischen Anmeldungen, das heißt insbesondere auch bei deutschen
14
Die Länderbezeichnung Korea wird hier und im Folgenden synonym für die Republik
Korea („Süd-Korea“) verwendet.
15
Eine nähere Länderzuordnung kann für diese Anmeldungen aufgrund der oben
aufgeführten Einschränkung der Datenbank WPINDEX nicht erfolgen.
Gewichtungsfaktoren für
Ländervergleiche
96
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Patenten und Anmeldungen aus USA und Japan. Nach Angaben der
Experten des EPA ist es demnach im Durchschnitt angemessen, eine
europäische bzw. deutsche Anmeldung als gleichwertig mit sieben bis
neun japanischen und drei bis fünf US-amerikanischen Anmeldungen zu
sehen.
Unter Berücksichtigung dieser Gewichtungsfaktoren liegt Deutschland
wenigstens gleichauf mit den USA und deutlich vor Japan.
4736
C - Chemie
3679
Sektion der IPC
H - Elektrotechnik
2294
B - Verfahren
1609
A - Täglicher Bedarf
1314
G - Physik
288
D - Textilien
135
F - Maschinenbau
23
E - Bauwesen
0
1000
2000
3000
4000
5000
Zahl der Patentfamilien
Abbildung 4.4:
Chemie an erster
Stelle
Verteilung der aller Nanotechnologiepatente auf die IPC-Sektionen
Abbildung 4.4 stellt die grobe thematische Verteilung der
Nanotechnologiepatente anhand der Zugehörigkeit zu den acht Sektionen
der IPC dar. Die größte Zahl der Patente, und zwar gut ein Drittel aller
Nanotechnologiepatente ist dem Sektor C „Chemie und Hüttenwesen“
zuzurechnen, in diesen Sektor fällt auch die Biotechnologie. Gut ein
Viertel der Nanotechnologiepatente entstammt dem Bereich der
Elektrotechnik. An dritter Stelle folgen Patente aus der Sektion B
„Arbeitsverfahren, Transportieren“, in diese Sektion fallen neben der
gesamten
Prozesstechnik
auch
die
Oberflächenund
Beschichtungstechnologien. Auf die Sektion A „Täglicher Bedarf“
entfällt etwa ein Achtel aller Nanotechnologiepatente. In dieser Sektion
sind insbesondere auch die Kosmetik und Medizintechnik angesiedelt.
Etwa zehn Prozent der Nanotechnologiepatente gehören zur Sektion G
„Physik“. Die weiteren Sektionen zu „Textilien, Papier“, „Bauwesen;
Erdbohren; Bergbau“ und „Maschinenbau; Beleuchtung; Heizung;
Waffen; Sprengen“ spielen bei Nanotechnologiepatenten nur eine
untergeordnete Bedeutung.
Kapitel 4
2054
USA
651
Japan
473
Deutschland
Land der Erstanmeldung
97
Frankreich
273
Korea
249
EPO
117
Großbritannien
113
WIPO
63
Italien
46
Australien
40
Taiwan
37
Schweden
34
Kanada
33
Finnland
31
Niederlande
28
0
500
1000
1500
2000
2500
Zahl der Patentfamilien
Abbildung 4.5:
Länderverteilung der Patentfamilien mit wenigstens einem erteilten
Patent und bei denen die Anmeldung in mehr als einem Land
angestrebt wird für die Nanotechnologie insgesamt
Abbildung 4.5 zeigt die Länderverteilung der Patentfamilien mit
wenigstens einem erteilten Patent16 und diejenigen, bei denen die
Anmeldung in mehr als einem Land angestrebt wird. Auch nach dieser
Statistik weisen die USA die meisten Patente auf, gefolgt von Japan und
Deutschland. Von diesen drei Ländern steht die Quote, d. h. die Anzahl
dieser Patente, im Verhältnis zu allen Patenten (s. Abbildung 4.3), bei
Japan ist sie mit weniger als 20 Prozent besonders niedrig. Unter
Berücksichtigung der oben aufgeführten Gewichtungsfaktoren lägen
danach wiederum USA und Deutschland etwa gleichauf.
Im Vergleich zu Abbildung 4.3 fällt daneben besonders auf, dass China
in dieser Statistik nicht mehr unter den Top-15-Ländern auftaucht,
nachdem es noch bei der Zählung aller Patentfamilien an vierter Stelle
lag. Dabei ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass nennenswerte
Anmeldezahlen für China erst seit dem Jahr 2000 zu verzeichnen sind.
Insofern wäre es möglich, dass die zeitliche Distanz für den hier
16
Suche nach den folgenden Patentartencodes :aub or ca# or cha or cha5 or chb# or cnc
or dec# or dee or deg or epb# or fib1 or frb or gbb or itb or jpb# or krb# or nlc# or
ruc# or sec# or usa or usb# or usc# or use#.
Besonders
werthaltige
Patente
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
gewählten Indikator in Bezug auf Anmeldungen aus China noch nicht
ausreicht.
An fünfter Stelle erscheint nun Frankreich mit einer vergleichsweise
hohen Quote von 55 Prozent vor Korea mit einer Quote von lediglich ca.
25 Prozent. Danach folgen Großbritannien, Italien, Australien, Taiwan,
Schweden, Kanada, Finnland und die Niederlande.
4.3
Nanotechnologiepatente im Bereich Chemie
Dieser Abschnitt präsentiert die Ergebnisse der Recherche zu
Nanotechnologiepatenten im Bereich Chemie.17 Die Zuordnung der
Patente zum Bereich Chemie erfolgte auf Basis der OECD-Konkordanz
(OECD, 1994, S. 77). Berücksichtigt wurden die Gebiete
Makromolekulare Chemie und Polymere, Werkstoffe und Metallurgie,
Organische Feinchemie und Grundstoffchemie.18
USA
1171
Japan
728
609
China
Land der Erstanmeldung
98
Deutschland
542
Frankreich
208
Korea
177
EPO
88
Großbritannien
87
WIPO
51
Australien
37
0
200
400
600
800
1000
1200
1400
Zahl der Patentfamilien
Abbildung 4.6:
Länderverteilung der Nanotechnologiepatente im Bereich Chemie
Die meisten Patente stammen aus den USA, gefolgt von Japan, vgl.
Abbildung 4.6. An dritter Stelle tauchen bereits Anmeldungen aus China
auf, dann Anmeldungen aus Deutschland vor Frankreich und Korea.
Neben den supranationalen Anmeldungen erscheinen noch
Großbritannien und Australien unter den Top 10.
17
Datum der Recherche: 18. Juni 2003. Diese Recherche erfolgte nach
Recherchestrategie 1 aus Abschnitt 4.1.3. Ein Vergleich mit Recherchestrategie 2 hat
gezeigt, dass im Einzelfall Abweichungen im Bereich von 20 bis 30 Prozent
auftreten. Die qualitativen Aussagen ändern sich jedoch nicht wesentlich.
18
Dies entspricht den folgenden IPC-Klassen: (c07c or c07d or c07f or c07h or c07j or
c07k or c08b or c08f or c08g or c08h or c08k or c08l or c09d or c09j or c01! or c03c
or c04! or c21! or b22! or a01n or c05! or c07b or c08c c09b or c09c or c09f or c09g
or c09h or c09k or c10b or c10c or c10f or c10g or c10h or c10j or c10k or c10l or
c10m or c11b or c11c or c11d)/ic.
Kapitel 4
99
Berücksichtigt
man
erneut
die
oben
angesprochenen
Gewichtungsfaktoren, so liegt Deutschland knapp vor den USA und
deutlich vor Japan. Auch im Bereich Chemie fällt die hohe Zahl von
Anmeldungen insbesondere aus China, aber auch aus Korea auf.
55
BASF AG
52
BAYER AG
48
SONY CORP
INST. NEUE MATERIALIEN GEM.
GMBH
47
45
NEC CORP
42
MITSUBISHI CHEM. (Kagaku)
34
L'OREAL SA
32
DEGUSSA AG
30
Patentanmelder
HENKEL KGAA
DOKURITSU GYOSEI HOJIN
SANGYO GIJUTSU (JST)
28
27
OSAKA GAS CO LTD
EASTMAN KODAK CO
25
PPG IND OHIO INC
25
RHODIA INC
25
24
UNIV CALIFORNIA
UNIV FUDAN
23
DOW CORNING CORP
23
UNIV QINGHUA
22
ILJIN NANOTECH CO LTD
22
DOW CHEM CO
22
0
10
20
30
40
50
60
Zahl der Patentfamilien
Abbildung 4.7:
Führende Anmelder von Nanotechnologiepatenten im Bereich Chemie
Die Auflistung der Top 20 Anmelder ist in Abbildung 4.7 dargestellt.
Unter den zehn führenden Anmeldern sind allein fünf aus Deutschland
mit BASF, Bayer, Degussa, Henkel und dem INM, Saarbrücken.
Bei der Vorstellung der Ergebnisse vor Firmenvertretern und
Branchenexperten im Rahmen eines Workshops (vgl. Abschnitt 6.3)
wurde deutlich, dass mit dieser Recherche nur etwa ein Drittel bis ein
Viertel aller relevanten Patente gefunden wird. Gleichwohl kann man
davon ausgehen, dass Verhältnisse im Groben richtig wiedergegeben
werden.
Deutsche Firmen
gut positioniert
Beispiel Covion Spezialanbieter nur
schwer zu erfassen
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Andererseits zeigt sich an dieser Aufstellung die eingangs diskutierte
Schwierigkeit, spezifische Einzeltechnologien aus der Nanotechnologie
zu berücksichtigen. So hält etwa die Firma Covion nach eigenen
Angaben ca. 70 Patentfamilien mit Bezug zu organischen Halbleitern,
was als Technologie sicherlich zur Nanotechnologie gezählt werden
muss. Eine Recherchestrategie, die in diesem Sinne alle Spezialanbieter
ausreichend berücksichtigt, erscheint nur mit sehr hohem Aufwand
realisierbar. Insofern muss als Einschränkung genannt werden, dass die
Anmeldezahlen von Firmen mit einem sehr spezifischen Profil
möglicherweise nicht angemessen repräsentiert werden.
Mit diesen Einschränkungen sei als führende Anmelder aus Japan auf
Sony, NEC, Kagaku, das JST und Osaka Gas hingewiesen. Als Anmelder
aus Frankreich treten L’Oreal und Rhodia auf. Amerikanische Anmelder
sind PPG Industries, Eastman Kodak, Dow Corning und Dow Chemical
sowie die Universität von Kalifornien. Aus China treten an führender
Stelle die Universitäten Fudan und Qinghua in Erscheinung.
1208
Werkstoffe
Teilthemen
100
921
Polymere
Grundstoffchemie
323
Org. Feinchemie
315
0
200
400
600
800
1000
1200
1400
Zahl der Patentfamilien
Abbildung 4.8:
Thematische Schwerpunkte bei den Nanotechnologiepatenten im
Bereich Chemie
Die thematischen Schwerpunkte sind in Abbildung 4.8 dargestellt. Die
größte Anzahl von Anmeldungen stammt aus dem Bereich Werkstoffe
noch vor Anmeldungen aus der Polymerchemie. Diese beiden Bereiche
verzeichnen bei Betrachtung der zeitlichen Entwicklung der
Anmeldezahlen auch aktuell den stärksten Anstieg. Die zeitliche
Entwicklung der Anmeldung im Bereich der Chemie insgesamt verläuft
qualitativ so wie bei den Nanotechnologiepatenten insgesamt.
Kapitel 4
USA
727
Deutschland
221
166
Japan
Land der Erstanmeldung
101
Frankreich
120
Großbritannien
48
EPO
42
Korea
40
WIPO
25
Australien
21
Italien
18
0
100
200
300
400
500
600
700
800
Zahl der Patentfamilien
Abbildung 4.9:
Länderverteilung der Patentfamilien mit wenigstens einem erteilten
Patent und bei denen die Anmeldung in mehr als einem Land
angestrebt wird für die Nanotechnologiepatente im Bereich Chemie
Abbildung 4.9 zeigt die Länderverteilung der Patentfamilien mit
wenigstens einem erteilten Patent19 und bei denen die Anmeldung in
mehr als einem Land angestrebt wird.20 In dieser Statistik weisen die
USA die meisten Patente auf, gefolgt von Deutschland vor Japan. Von
diesen drei Ländern weist Japan erneut die niedrigste Quote auf
(Verhältnis der Anzahl dieser Patente zu allen Patenten, nach Abbildung
4.6) mit weniger als 25 Prozent. Unter Berücksichtigung der oben
aufgeführten Gewichtungsfaktoren lägen danach wiederum USA und
Deutschland etwa gleichauf; beide jedoch deutlich vor Japan.
Besonders
werthaltige
Patente
Im Vergleich zu Abbildung 4.6 fällt daneben besonders auf, dass China
in dieser Statistik nicht mehr unter den Top-10-Anmeldeländern
auftaucht, nachdem es noch bei der Zählung aller Patentfamilien an
dritter Stelle lag.
An vierter Stelle erscheint nun Frankreich mit einer vergleichsweise
hohen Quote von 60 Prozent vor Großbritannien, Korea, Australien und
Italien. Die Quote von Korea liegt bei weniger als 25 Prozent.
4.4
Nanotechnologiepatente im Bereich Optik
Die Recherche zu Nanotechnologiepatenten im Bereich Optik erfolgte
nach der Recherchestrategie 2 aus Abschnitt 4.1.3, ergänzt um die
folgenden Schlagworte, die für die gesamte Nanooptik als relevant
angesehen werden:
19
Suche nach den folgenden Patentartencodes: aub or cnc or dec# or dee or deg or epb#
or frb or gbb or jpb# or krb# or usa or usb# or usc# or use#.
20
Kriterium cyc>1.
Recherchestrategie
Nanooptik
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
quantumcascad? or quantumdot? or quantumfilm? or quantumheterostructure? or
quantumpot? or quantumwell? or quantumwire?
optic?(w)near(w)field?
or
snom
or
near(w)field?(w)optic?
or
snim
or
scanning(w)near(w)field(w)infrared
surface(w)plasmon(w)resonan?
fluorescen?(w)resonan?(w)energ?(w)transfer?
or
fret
or
single(w)molecule(w)
(spectroscop? or fluorescen?) or fluoresc?(w)correl?(w)spectrosc?
(femtosecond or ultrashort(w)pulse)(w)laser and (cut? or drill? or ablat?)
vertic?(w)cavit?(w)surfac?(w)emi?(w)laser? or vcsel
ultraprecision(w)optic?
Die Zuordnung der Patente zum Bereich Optik erfolgte in Anlehnung an
die OECD-Konkordanz (OECD, 1994, S. 77). Berücksichtigt wurde der
dort mit Optik bezeichnete Technologiebereich, ergänzt um bestimmte
IPC-Klassen, unter anderem zur Beleuchtung und zu elektrischen
Lichtquellen,
zu
nichtsichtbaren
Wellenlängen
und
zur
Ultrapräzisionsbearbeitung optischer Elemente.21
2034
Japan
Land der Erstanmeldung
102
1314
USA
251
191
138
106
60
57
36
23
Korea
Deutschland
Großbritannien
Frankreich
Taiwan
EPO
China
WIPO
0
500
1000
1500
2000
2500
Zahl der Patentfamilien
Abbildung 4.10: Länderverteilung der Nanotechnologiepatente im Bereich Optik
Abbildung 4.10 zeigt die Verteilung der Anmeldungen auf die Länder der
Erstanmeldung.
Im Bereich der Optik stammen die meisten Nanotechnologieanmeldungen aus Japan, noch vor den USA. Mit deutlichem Abstand
folgen Korea vor Deutschland, Großbritannien und Frankreich. Taiwan
und China weisen jeweils deutlich weniger als 100 Anmeldungen auf.
21
Datum der Recherche: 24. Oktober 2003. Eingrenzung bezüglich der IPCKlassifikation: (g02! or g03! or h01s or b24b013 or b29d011 or f21! or g01m011 or
h01j or h01k or h01l033 or h05b031 or h05b033 or h05b035 or g01j)/icm.
Kapitel 4
AT&T
67
NEC
61
60
MITSUBISHI
59
MOTOROLA
49
LUCENT
SHARP
48
CANON
45
44
Patentanmelder
FUJITSU
44
HITACHI
41
SAMSUNG
FURUKAWA
40
XEROX
38
MATSUSHITA
33
HEWLETT-PACKARD
30
29
TOSHIBA
27
EASTMAN KODAK
AGILENT
26
SIEMENS
24
INFINEON (25-40)
15
10
OSRAM (25-40)
9
ZEISS (25-40)
0
10
20
30
40
50
60
70
80
Zahl der Patentfamilien
Abbildung 4.11: Führende Anmelder von Nanotechnologiepatenten im Bereich Optik
Wie Abbildung 4.11 zu entnehmen ist, wird die Liste der Anmelder
entsprechend der Länderverteilung von US-amerikanischen und
japanischen Firmen angeführt. Unter den Top-20-Anmeldern taucht als
deutsche Firma allein Siemens auf. Weitere deutsche Firmen unter den
Top 40 sind Infineon, Osram und Zeiss.
891
Laser
580
Teilthemen
Halbleiter-IR-Quellen
389
Opt. Elemente und Geräte
239
Entladungslampen
114
Messtechnik/Analytik
95
Photographie, Lithographie, Holographie
31
weitere Lichtquellen
0
200
400
600
800
1000
Zahl der Patentfamilien
Abbildung 4.12: Thematische Schwerpunkte bei den Nanotechnologiepatenten im
Bereich Optik
103
104
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Abbildung 4.12 zeigt die thematischen Schwerpunkte in der Nanooptik.
Es zeigt sich, dass Lichtquellen insgesamt den größten Umfang haben.
Die beiden größten Teilthemen sind nanooptische Laser und Halbleiterbasierte Infrarot-Quellen. An vierter Stelle folgen außerdem noch
Entladungslampen. Andere optische Elemente und Geräte machen
ungefähr ein Sechstel aller Anmeldung in der Nanooptik aus. Weitere
Teilthemen sind die Messtechnik und Analytik sowie Photographie,
Lithografie und Holografie.
Zahl der Patentfamilien
350
300
250
200
150
100
50
0
1983
1985
1987
1989
1991
1993
1995
1997
1999
2001
Jahr der Erstanmeldung
Abbildung 4.13: Zeitlicher Verlauf der Anmeldungen von Nanotechnologiepatenten im
Bereich Optik
Quantenfilmlaser
als frühe
Anwendung
Der zeitliche Verlauf der Anmeldungen ist in Abbildung 4.13 dargestellt.
Hier ist ein Unterschied zu dem Verlauf der Anmeldungen in der
Nanotechnologie insgesamt zu erkennen, der sich in einer ersten Spitze
von Anmeldungen im Jahr 1993 zeigt. Bei der Betrachtung des zeitlichen
Verlaufs der Anmeldungen in den verschiedenen Teilthemen wird
deutlich, dass diese Spitze auf den Bereich der Laser und
halbleiterbasierten Quellen zurückzuführen ist. Hier zeigt sich, dass mit
den Quellen auf Basis von Quantenfilmen eine bestimmte
Nanotechnologie schon früh - auch in wirtschaftlicher Hinsicht - wichtig
geworden ist. Insofern stellt sich das Gesamtbild als eine Summe dar, die
aus den Anmeldungen zu Lichtquellen auf Basis von Quantenfilmen
besteht, mit einer Spitze in den frühen neunziger Jahren und dem für die
Nanotechnologie insgesamt beobachteten Trend einer allmählichen
Zunahme von Patenten und einem schnellen Anstieg seit dem Ende der
neunziger Jahre.
Kapitel 4
694
USA
Land der Erstanmeldung
105
604
Japan
98
Deutschland
87
Korea
85
Großbritannien
72
Frankreich
46
EPO
24
Taiwan
10
WIPO
0
200
400
600
800
Zahl der Patentfamilien
Abbildung 4.14: Länderverteilung der Patentfamilien mit wenigstens einem erteilten
Patent und bei denen die Anmeldung in mehr als einem Land
angestrebt wird für die Nanotechnologiepatente im Bereich Optik
Abbildung 4.14 zeigt die Länderverteilung der Patentfamilien mit
wenigstens einem erteilten Patent und bei denen die Anmeldung in mehr
als einem Land angestrebt wird.22 In dieser Statistik rangieren die USA
vor Japan. In absoluten Zahlen ist der Abstand dieser beiden Länder vor
Deutschland beträchtlich, zieht man jedoch die oben diskutierten
Gewichtungsfaktoren in Betracht, so erscheinen Deutschland und Japan
etwa gleichauf. Der Abstand Deutschlands, aber auch von
Großbritannien und Frankreich zu den USA ist dann deutlich geringer.
Korea erscheint an vierter Stelle; für Korea liegt das Verhältnis der
Anzahl dieser Patente zur Anzahl aller Patente (vgl. Abbildung 4.10) mit
etwa 35 Prozent im Bereich Optik deutlich höher als im Durchschnitt
Koreas in der Nanotechnologie insgesamt.
Lithografie mit extrem-ultraviolettem Licht
In Abbildung 4.15 ist der zeitliche Verlauf der Anmeldungen in einer
speziellen Recherche zur Lithografie mit extrem-ultraviolettem Licht
(EUVL) dargestellt.23
22
23
Vgl. Fußnote 19 und 20.
Datum der Recherche: 1. Februar 2002. Suche nach:
(euv? or extreme(1w)ultraviolet?)/bi and (g03f? or h01l021?)/icm.
Besonders
werthaltige
Patente
106
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Zahl der Patentfamilien
70
60
50
40
30
20
10
0
´86 ´87 ´88 ´89 ´90 ´91 ´92 ´93 ´94 ´95 ´96 ´97 ´98 ´99 ´00 ´01
Jahr der Erstanmeldung
Abbildung 4.15: Zeitlicher Verlauf der Patentanmeldungen im Bereich Lithografie mit
extrem-ultraviolettem Licht
Zahl der Patentfamilien
Hier zeigt sich deutlich ein sprunghafter Anstieg der Aktivitäten im Jahr
1998, der auf die weltweit intensivierten Anstrengungen zur Entwicklung
der EUVL zurückzuführen ist.24
12
11
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
ASML
SVGL/Silicon
Valley Group
Zeiss
Nikon
EUVLLC
Canon
Patentanmelder (Auszug)
Abbildung 4.16: Auszug führender Anmelder im Bereich Lithografie mit extremultraviolettem Licht
Bei Betrachtung der Firmen, die für Stepper bedeutend sind, zeigt
Abbildung 4.16 eine deutliche Überlegenheit der Gruppe ASML-SVGLZeiss. Nikon weist gerade noch vor der EUVLLC einen guten
Anmeldeplatz auf, während Canon nur sehr wenig Anmeldungen hat.
Vollständige
Bewertung der
Technologieposition
erfordert
Detailrecherchen
Dieses Beispiel der EUVL belegt, dass zur Bewertung spezieller
Technologien auch spezifische Patentauswertungen erforderlich sind. So
erscheint Zeiss in der allgemeinen Auswertung (vgl. Abbildung 4.11)
nicht an einer herausragenden Stelle. Die sehr gute Technologieposition
in der wirtschaftlich wichtigen Technologie EUVL wird nur durch eine
gezielte Recherche deutlich. Für eine vollständige Bewertung der
Technologieposition Deutschlands im Bereich der Nanooptik wären
dementsprechend weitere Detailrecherchen erforderlich.
24
Die Daten für das Jahr 2001 waren zum Zeitpunkt der Recherche noch nicht
vollständig.
Kapitel 4
4.5
107
Nanotechnologiepatente im Bereich
Automobiltechnik
In diesem Abschnitt wird die Recherche zu Nanotechnologiepatenten in
der Automobiltechnik vorgestellt. Die Recherche erfolgte nach der
Strategie 2 (vgl. Abschnitt 4.1.3). Es gibt in der IPC zwei Klassen; B60
und B62, die speziell dem Fahrzeugbau und den Motorfahrzeugen
gewidmet sind. Die Vorrecherche zeigte jedoch, dass die Zahl von
Nanotechnologiepatenten in diesen Klassen sehr gering ist. Deswegen
wurde die Suche ohne Einschränkung an die IPC-Klassen ausgeführt und
die Zuordnung zur Automobiltechnik über die zusätzlichen Suchbegriffe:
CAR OR VEHICL? OR AUTOMOB? OR AUTOMOT?
versucht.25 Die Titel der verbleibenden Treffermenge von 238 Patenten
wurden vollständig auf Relevanz für Nanotechnologie und
Automobiltechnik geprüft. Die geringe Zahl von Patenten allein deutet
jedoch schon darauf hin, dass diese Recherche sicher nicht vollständig
ist.
Bei der Vorstellung der Ergebnisse vor Branchenexperten im Rahmen
eines Workshops (vgl. Abschnitt 6.4) wurde zu Recht auf die
Unvollständigkeit dieser Recherche hingewiesen. Insbesondere wurde
betont, dass aus sehr vielen Patenten mit Relevanz für die
Automobilindustrie dieser Bezug aus der Patentschrift gar nicht
hervorgeht. Dies betrifft insbesondere chemische Produkte, die im
Automobilbau eingesetzt werden. Wird etwa ein Nanofüllstoff
verwendet, um gezielt Eigenschaften von Kunststoffen oder auch Lacken
zu verbessern, die letztlich unter anderem im Automobilbereich
eingesetzt werden, so wird das entsprechende Patent im Normalfall
darauf keinen Hinweis enthalten.
Letztlich spiegelt sich darin wider, dass die Automobilindustrie eher am
Ende der Wertschöpfungskette steht und der Zusammenhang zu den
zugrunde liegenden Basistechnologien, wie etwa der Nanotechnologie,
nur über diverse Zwischenstufen besteht. Da sich dieses prinzipielle
Problem jedoch nur mit sehr hohem Aufwand lösen lässt, werden die
Rechercheergebnisse nichtsdestotrotz unter explizitem Verweis auf ihre
sehr eingeschränkte Vollständigkeit und somit auch sehr eingeschränkte
Repräsentativität in aller Kürze vorgestellt.
25
Datum der Recherche: 17. November 2003. Aufgrund des Suchbegriffs „vehicl?“
zeigte die Treffermenge einen relativ großen Anteil an Patenten aus dem Bereich
Biotechnologie/Pharma, in dem Begriffe wie „drug delivery vehicle“ eine große Rolle
spielen. Deswegen wurden die Suchbegriffe: drug# or gene? or agent# or protein# or
enzym? ausgeschlossen.
Recherchestrategien
Bezug zur
Automobiltechnik
geht aus der
Patentschrift oft
nicht hervor
Rechercheergebnis
sehr unvollständig
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
98
Land der Erstanmeldung
USA
64
Deutschland
32
Japan
14
Frankreich
7
6
5
EPO
Großbritannien
Korea
WIPO
3
China
3
2
2
Taiwan
Kanada
0
20
40
60
80
100
120
Zahl der Patentfamilien
Abbildung 4.17: Länderverteilung von Nanotechnologiepatenten im Bereich
Automobiltechnik
Abbildung 4.17 zeigt die Länderverteilung, die im Wesentlichen
vergleichbare Charakteristika aufweist wie die weiter oben vorgestellten
Länderverteilungen, wobei USA, Deutschland und Japan die meisten
Anmeldungen aufweisen, aber mit insgesamt deutlich niedrigerer
Gesamtzahl.
12
BAYER
HENKEL
8
INST NEUE MATERIALIEN
8
7
RICE UNIVERSITY
Patentanmelder
108
5
BASF COATINGS
MAGNA INT
4
DELPHI TECH INC
4
DAIMLERCHRYSLER
4
GENERAL MOTORS
3
FORD
3
BOSCH
3
0
2
4
6
8
10
12
14
Zahl der Patentfamilien
Abbildung 4.18: Anmelder von Nanotechnologiepatenten im Bereich
Automobiltechnik
Die in Abbildung 4.18 dargestellte Liste von Anmeldern beginnt mit
Firmen aus dem Bereich Chemie. Die Firma Henkel ist beispielsweise
Kapitel 4
109
aktiv im Bereich von Klebstoffen für die Automobilindustrie. Dann
folgen mit Magna und Delphi Zulieferfirmen, bevor schließlich
Autohersteller in Erscheinung treten.
Organische makromolekulare
Verbindungen
42
33
Teilthemen
Batterien, Glühlampen, Kabel, HL
Farben & Lacke, Klebstoffe
28
Anorg. Chemie (Metalle &
Nichtmetalle)
27
Schichtkörper
24
0
10
20
30
40
50
Zahl der Patentfamilien
Abbildung 4.19: Thematische Schwerpunkte von Nanotechnologiepatenten im Bereich
Automobiltechnik
Abbildung 4.19 zeigt die thematische Verteilung in der Stichprobe nach
Auswertung der Verteilung der IPC-Klassen. Neben den in Abbildung
4.19 aufgeführten Themenfeldern tauchen weiterhin auf: Optische
Elemente und Geräte, Prozesse zum Auftragen von Flüssigkeiten,
Beschichten von und mit Metallen, physikalische und chemische
Prozesse, Bearbeitung von Plastik, chemische Herstellung von Fasern
sowie Fahrzeugteile, Antrieb und Fenster. Es fällt positiv auf, dass trotz
des geringen Stichprobenumfangs die als wichtig betrachteten
Produktgruppen und Einsatzbereiche der Nanotechnologie in der
Automobiltechnik enthalten sind.
Zahl der Patentfamilien
70
60
50
40
30
20
10
0
1989 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001
Jahr der Erstanmeldung
Abbildung 4.20: Zeitlicher Verlauf von Anmeldungen von Nanotechnologiepatenten
im Bereich Automobiltechnik
Wichtige
Produktgruppen
sind vertreten
110
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Auch der in Abbildung 4.20 dargestellte zeitliche Verlauf der
Anmeldungen spiegelt die Position des Automobilbaus am Ende der
Wertschöpfungskette wider. Es ist zu sehen, dass die Entwicklung um
etwa fünf Jahre gegenüber dem Verlauf in der Nanotechnologie
insgesamt später einsetzt (vgl. Abbildung 4.2).
Land der Erstanmeldung
USA
Deutschland
Japan
Frankreich
0
10
20
30
40
50
60
Zahl Patentfamilien
Abbildung 4.21: Länderverteilung der Patentfamilien mit wenigstens einem erteilten
Patent und bei denen die Anmeldung in mehr als einem Land
angestrebt wird für Nanotechnologiepatente im Bereich
Automobiltechnik
Bei Betrachtung von Patentfamilien mit wenigstens einem erteilten
Patent und bei denen die Anmeldung in mehr als einem Land angestrebt
wird26 verbleiben nur die in Abbildung 4.21 dargestellten vier Länder mit
mehr als fünf Anmeldungen, so dass die Fallzahlen hier zu gering
werden, um weitergehende Aussagen zu formulieren.
4.6
Eigenständige
Studie zu
Nanotechnologie
und Gesundheit
Nanotechnologiepatente im Bereich
Medizintechnik und Life Sciences
Die Aachener Gesellschaft für Innovation und Technologietransfer
(AGIT) bearbeitet als Konsortialführer im Auftrag des BMBF eine Studie
zum Thema Nanotechnologie und Gesundheit. Für eine
Patentauswertung zum Bereich Medizintechnik und Life Sciences sei
deshalb auf die bevorstehende Publikation des Abschlussberichts dieser
Studie hingewiesen, die sich diesem Themenkomplex im Detail widmet.
An dieser Stelle sei nur erneut auf die generellen Schwierigkeiten
bezüglich der Recherchestrategie zu Nanotechnologiepatenten
hingewiesen, die sich am Beispiel der Medizintechnik und Lifesciences
gut darstellen lässt. Wie beispielsweise in der Technologieanalyse
„Nanobiotechnologie II“ (Wagner, 2004) dargestellt, kommt
26
Vgl. Fußnote 19 und 20.
Kapitel 4
Nanotechnologie in bestimmten Formen von Biochips zum Einsatz.
Allein zu den Suchworten (dna? or bio? or protein?)(w)chip? enthält die
Datenbank WPINDEX mehr als 900 Patentfamilien, von denen aber nur
ein Bruchteil tatsächlich der Nanobiotechnologie im eigentlichen Sinne
zuzuordnen ist. Diesen Bruchteil durch Suchbegriffe genau abzubilden
ist jedoch enorm schwierig. An diesem Beispiel wird deutlich, dass der
Versuch, die Nanotechnologie durch eine Liste von Einzeltechnologien
zu beschreiben, ganz eigene Fallstricke enthält, die unter Umständen
dazu führen, dass die Suchergebnisse nur eine geringe Präzision
aufweisen.
4.7
Hohe Präzision der
Recherche nur mit
hohem Aufwand zu
erreichen
Nanotechnologiepatente im Überblick
Diese Patentauswertung belegt zunächst einmal nachdrücklich, dass die
sehr dynamische Entwicklung der Nanotechnologie sich auch in den
Patentameldungen wiederfindet. In den letzten fünf Jahren haben sich die
jährlichen Patentanmeldungen in der Nanotechnologie etwa alle zwei
Jahre verdoppelt (vgl. Abbildung 4.2).
Die oben vorgestellten Länderverteilungen zeigen, dass Deutschland in
der Patentsituation der Nanotechnologie sehr gut aufgestellt ist - sowohl
in der Nanotechnologie insgesamt als auch in dem zahlenmäßig
wichtigsten Teilbereich der Chemie. Gerade bei den besonders
werthaltigen Patenten stellt sich die Position Deutschlands als sehr gut
dar. (vgl. Abbildung 4.5, 4.9). In keinem der betrachteten Lead-Märkte
ist ein gravierender Rückstand auf die USA oder Japan zu verzeichnen.
Bei den Diskussionen zur Patentstrategie im Bereich Nanotechnologie
wurde von den Branchenexperten in den durchgeführten Workshops (vgl.
Kapitel 6) darauf hingewiesen, dass die Nanotechnologie prinzipiell
keine
völlig
andere
Patentstrategie
erfordert
als
andere
27
Technologiebereiche. Ein Spezifikum besteht allerdings darin, dass die
Entwicklungszeiten von einem nanotechnologischen Grundeffekt bis zur
Anwendung in bestimmten Fällen so lang sein können, dass der
Patentschutz kurz nach dem Erreichen der Produktreife ausläuft.
Mit Bezug auf KMU wurde darauf hingewiesen, dass die
Patentierneigung in diesen Unternehmen deutlich geringer ist als in
Großunternehmen. In KMU wird gegebenenfalls bevorzugt,
technologische Betriebsgeheimnisse - auch wenn sie patentierbar wären gar nicht erst offenzulegen. Aus Kostengründen würden KMU im
Zweifelsfalle beispielsweise eher Gebrauchsmuster anmelden. Eine
27
111
Aufgrund der Interdisziplinarität der Nanotechnologie kommen auf die Patentämter
jedoch schwierige Aufgaben zu, wie von den Experten des EPA betont wurde. So ist
sicherzustellen, dass die Patentanmeldungen entsprechend qualifizierten Prüfern
zugeordnet werden, dies kann es erforderlich machen, einzelne Anmeldungen durch
ein Team prüfen zu lassen. Auch ist zu verhindern, dass aus Unkenntnis unzulässig
breit gefasste Patentansprüche akzeptiert werden.
Dynamische
Entwicklung bei den
Patentanmeldungen
in der
Nanotechnologie
Deutschland ist
sehr gut
aufgestellt
Lange
Entwicklungszeiten
Patentierneigung
von KMU
112
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
sinnvolle Patentstrategie für KMU könnte nach Aussage der befragten
Experten z. B. darin bestehen, eine Technologie gemeinsam mit den
Hauptanwendern zu patentieren.
Breit angelegte
Recherche zur
Beurteilung der
generellen
Patentsituation
Beurteilung
spezifischer
Technologien
erfordert
spezifische
Recherchen
Keine Abschätzung
der
Marktpotenziale in
absoluten Zahlen
Abschließend soll noch einmal betont werden, was im Laufe des Kapitels
bereits an verschiedenen Beispielen (wie etwa im Abschnitt 4.4 anhand
der Patente zur Lithografie mit extrem-ultraviolettem Licht in den
Abbildungen 4.15 und 4.16) gezeigt wurde: Eine breit angelegte
Patentrecherche wie sie hier vorgestellt wurde, eignet sich zu einer
Beurteilung der generellen Patentsituation. Zur Einschätzung einzelner
Firmen und spezifischer Technologien sind entsprechend detaillierte
Patentrecherchen erforderlich.
Wie im Abschnitt 4.1.1 dargelegt, kann die Auswertung bibliometrischer
Patentindikatoren keine Abschätzung der Marktpotenziale in absoluten
Zahlen liefern. Es wird jedoch deutlich, dass weltweit beträchtliche
Anstrengungen im Gange sind, geistiges Eigentum im Bereich der
Nanotechnologie abzusichern, was darauf hindeutet, dass die
Patentanmelder in diesem Bereich ein signifikantes Marktpotenzial
sehen. Wie diese Auswertung gezeigt hat, ist Deutschland im
internationalen Wettbewerb bezüglich der Patentsituation hervorragend
aufgestellt.
113
5
VERANKERUNG UND UMSETZUNG
UMSETZUNG DER
NANOTECHNOLOGIE IN DEUTSCHEN
DEUTSCHEN UNTERNEHMEN
5.1
Ziele der Unternehmensbefragung
Die Nanotechnologie wird als eine der wegweisenden Schlüsseltechnologien der Zukunft begriffen. Die vielen Möglichkeiten der
Nanotechnologie sind dabei heute bei weitem noch nicht in vollem
Umfang bekannt. Vielmehr sind bisher erste Ansatzpunkte für
Innovationen durch Nanotechnologie gefunden worden. Diese finden ihre
Anwendung beispielsweise in den Carbon Nanotubes, in den Leseköpfen
von Computer-Festplatten oder in Biochips. Das Interessante an der Nanotechnologie ist dabei, dass sie nicht einfach eine kleinere Skalierung
als die Mikrotechnologien darstellt, sondern mit den weiteren Verkleinerungen auch vielfach neue physikalische, chemische und/oder biologische Eigenschaften auftreten, die die Potenziale für völlig neue Lösungsansätze in der wirtschaftlichen Nutzung aufweisen.
Ziele der schriftlichen Unternehmsbefragung sind vor diesem Hintergrund eine solide Identifikation und eine (erste) Bewertung der wirtschaftlichen Potenziale der Nanotechnologie für den Standort Deutschland. Zentrale Fragestellungen der Unternehmensbefragung sind unter
anderem: Wo wird die Nanotechnologie bereits heute verwandt, welche
Wachstumschancen wird der Nanotechnologie in den nächsten Jahren
durch die wirtschaftlichen Akteure eingeräumt und schließlich, welche
Beziehungen zwischen wirtschaftlichen Akteuren bestehen bereits heute
in der Nanotechnologie. Um eine Operationalisierung der Fragestellungen zu erreichen, wurde der gesamten Unternehmensbefragung eine einheitliche Definition von Nanotechnologie zugrunde gelegt (dazu ausführlich Kapitel 2). Diese lautet:
Neue Lösungsansätze in der wirtschaftlichen
Nutzung
Ziel: solide Identifikation
Als Nanotechnologie verstehen wir hier:
a) alle Produkte, die mindestens eine funktionelle Komponente mit einer
kontrollierten geometrischen Abmessung unterhalb von 100 Nanometern in mindestens einer Richtungsdimension besitzen, wodurch physikalische, chemische oder biologische Effekte nutzbar werden, die
oberhalb dieser kritischen Abmessung nicht auftreten und
b) analytisches und/oder verfahrenstechnisches Equipment, das für die
kontrollierte Herstellung, Positionierung und Vermessung von unter
a) genannten funktionellen Komponenten erforderlich ist.
Bei den aufgeführten Fragestellungen wird deutlich, dass es weniger um
die Erhebung zukünftiger Forschungsergebnisse in der Grundlagenforschung geht als vielmehr um die Frage nach den Diffusionschancen des
vorhandenen Grundlagenwissens in die Forschung und Entwicklung in
den Unternehmen und deren Umsetzung in wirtschaftliche Anwendun-
Definition
114
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
gen. Den Erkenntnisgegenstand nimmt damit nicht die Forschung, sondern die marktliche Nutzung der Nanotechnologie ein.
5.2
Anmerkungen zur Vorgehensweise
Bei der Gestaltung und Auswahl der Fragen im Fragebogen wurde darauf
geachtet, dass jeweils drei Zeitpunkte in Bezug auf die Nanotechnologie
abgefragt wurden:
•
Das Verhalten der Unternehmen in der Vergangenheit
•
Das gegenwärtige Vorgehen der Unternehmen
•
Die strategische Zukunftsausrichtung der Unternehmen
Im Design der Fragen wurden des Weiteren auch die Schwerpunkte der
eigenen Aktivitäten in FuE und im Produktangebot sowie die Netzwerkverbindungen in der Zulieferung von nanotechnologischen Komponenten
wie auch die Zulieferung von solchen Komponenten abgefragt (vgl. den
Fragebogen im Anhang).
Auswahl
der befragten
Unternehmen
In der quantitativen Untersuchung wurden von den beteiligten Partnern
des Projektes Adressen gesammelt. Zukünftige Technologien Consulting
der VDI Technologienzentrum GmbH lieferte 509 ausgewählte Adressen
von Unternehmen in Deutschland, die eindeutig der Nanotechnologie
zuzuordnen waren. Ein Abgleich mit verschiedenen neueren Publikationen ergab, dass in dem Adressenmaterial alle von anderen aufgeführten
Unternehmen, die sich mit Nanotechnologie beschäftigen, enthalten sind.
Insbesondere der Abgleich mit dem Datenbestand der Deutschen Bank
AG ergab, dass die 78 von der Deutschen Bank AG der Nanotechnologie
zugerechneten Unternehmen vollständig in dem VDI TZ ZTC-Material
enthalten sind. Für zahlreiche Firmen, insbesondere Großunternehmen,
lagen mehrere Adressen vor. Insgesamt wurden für 25 Unternehmen 73
Adressen geliefert; allein die Firma Siemens AG weist acht Adressen auf.
Die Untersuchung sollte sich zielgemäß nur auf Unternehmen beziehen.
Wissenschaftliche Institute wurden somit nicht einbezogen.
Zusätzlich wurden von der Deutschen Bank 291 Adressen beigesteuert.
Dabei handelt es sich um Adressen von Unternehmen, die in der Mikrosystemtechnologie (MST) an der Schnittstelle zur Nanotechnologie aktiv
sind. Auch bei diesem Material ist die Zahl der Adressen höher als die
Zahl der Unternehmen: Für 13 Unternehmen werden jeweils zwei Adressen genannt. In diesem Ausgangsmaterial werden etwa zehn Ingenieurbüros aufgeführt, die wie die Wissenschaftlichen Institute nicht zu der Zielgruppe der Fragebogenaktion zu zählen sind.
Somit ist insgesamt statt von 800 Adressen eher von 700 Unternehmenadressen auszugehen, die im Bereich Nanotechnologie tätig sein könnten,
wobei unterstellt wird, dass das bei den etwa 270 Unternehmenadressen
der Deutschen Bank AG der Fall ist. Würde dieses Adressenmaterial
nicht berücksichtigt, so umfasste das Ausgangsmaterial etwa 450 Adres-
Kapitel 5
115
sen von Unternehmen, bei denen im Nanobereich Aktivitäten feststehen
oder zumindest stark vermutet werden.
Es wurden insgesamt 800 Fragebögen versendet. Nach Ablauf der gesetzten Abgabefrist sind insgesamt etwa 70 Fragebögen ausgefüllt zurückgesendet worden, und zwar erfolgte der Rücklauf fast ausschließlich
von Adressen aus dem VDI TZ ZTC-Bestand. Aus dem MSTAdressmaterial ergab sich zu der Zeit lediglich ein Rücklauf von fünf
ausgefüllten Fragebogen. In dieser ersten Runde reagierten immerhin 26
Unternehmen, die keinen ausgefüllten Fragebogen gesendet hatten, mit
einer Begründung, warum sie keinen Fragebogen zurückgesendet hatten.
18 von den 26 begründeten ihre Nichtbeantwortung damit, dass sie nicht
im Bereich der Nanotechnologie tätig seien, davon 15 aus dem Adressenmaterial von VDI TZ ZTC.
Nach einer telefonischen und elektronischen Nachfassaktion erhöhte sich
der Rücklauf schließlich auf 107 ausgefüllte Fragebogen, wobei zwei
Fragebögen wegen allzu später Zusendung nicht mehr in die quantitative
Auswertung gelangten.
Je nach zugrunde gelegter Zahl für das Ausgangsmaterial und der Wertung des Rücklaufs ergeben sich unterschiedliche Rücklaufquoten. Die
Spanne reicht von 13,1 für 105 ausgefüllte und verarbeitete Fragebögen,
bezogen auf 800 versendete Fragebögen, über 15,0 (700 Unternehmensadressen) bzw. 23,3 (ca. 450 im Nanobereich tätige Unternehmen) bis zu
27,1 für 122 (107 plus 15 „keine Aktivität im Nanobereich“), bezogen
auf die ca. 450 Unternehmensadressen des VDI TZ ZTC Ausgangsmaterials. In jedem Fall reicht jedoch die Rücklaufquote aus, um durch eine
quantitative Bearbeitung zu abgesicherten repräsentativen Aussagen zu
kommen.
Die Auswertung der Rückläufe erfolgte mit dem Programm SPSS und
die entsprechenden Korrelationen wurden ebenfalls mit SPSS berechnet.
5.3
Strukturdaten zu den Unternehmen
Um sich ein Bild von der Stichprobe bilden zu können ist es sinnvoll,
zunächst einige Informationen zur Zusammensetzung der erhobenen Unternehmen zu sammeln. Hierbei zeigt sich, dass mit etwa 70 Prozent ein
Großteil der erhobenen Unternehmen im Zeitraum von 1980-2002 gegründet wurde.
Rücklaufquote
Ca. 450 Unternehmen insgesamt
116
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Unternehmensgründung
45
40
35
30
25
20
15
10
5
0
vor
1900
Abbildung 5.1:
Gründungswelle in
den neunziger
Jahren
Wirtschaftliche Eigenständigkeit der
Unternehmen
1900 - 1940 - 1950 - 1960 - 1970 - 1980 - 1990 - 2000 1939 1949 1959 1969 1979 1989 1999 2002
Zeitpunkt der Unternehmensgründung der befragten
Unternehmen
Im Bereich der Nanotechnologie fand offensichtlich in den neunziger
Jahren eine starke Gründungswelle statt. Dies darf aber nicht mit der
wirtschaftlichen Kraft der Unternehmen verwechselt werden. Unter den
vor 1980 gegründeten Unternehmen zählen wirtschaftlich in der Nanotechnologie starke Unternehmen wie z. B. Bosch und Siemens. Auch bei
den jüngeren Unternehmen sagt der Gründungszeitpunkt nichts über die
wirtschaftliche Kraft aus.
Ein interessantes Kriterium für die wirtschaftlichen Potenziale der erhobenen Unternehmen bildet auch die Frage nach der wirtschaftlichen Eigenständigkeit. Hier geht es vor allem darum, ob das betrachtete Unternehmen eigenständig am Standort agieren kann oder ob es sich um eine
„verlängerte Werkbank“ eines ausländischen Unternehmens handelt. Die
Untersuchung zeigt, dass 71 Prozent der Unternehmen wirtschaftlich
eigenständig sind und somit auch am Standort Deutschland die strategischen Weichenstellungen vornehmen können.
Kapitel 5
Wirtschaftliche Eigenständigkeit
des Unternehmens
eigenständig
71%
nicht
eigenständig
29%
Abbildung 5.2:
Wirtschaftliche Eigenständigkeit der befragten Unternehmen
Gleichzeitig zeigt die Untersuchung, dass sich von den verbleibenden 29
Prozent über 82 Prozent in den Händen deutscher und nur sieben Prozent
in den Händen außereuropäischer Anteilseigner befinden.
Sitz des Anteilseigners
Deutschland
82%
Europäische Union
11%
Ausland (ohne EU)
7%
Abbildung 5.3
Sitz des Anteilseigners
Im Rahmen der Unternehmen mit Anteilseignern sind bei etwa 15 Prozent der Unternehmen Risikokapitalgeber vertreten. Hierbei handelt es
sich also um Beteiligungen, die nicht primär aus firmenspezifisch geschäftstrategischen, sondern rein aus finanzwirtschaftlichen Gründen zu
betrachten sind.
117
118
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Risikokapitalgeber
ne in
85%
ja
15 %
Beteiligung von
Risikokapitalgebern
Abbildung 5.4:
4%
unter 25 %
9%
25 - 50 %
2%
51 - 75 %
Anteil der
Risikokapitalgeber
Anteil der Risikokapitalgeber
Entsprechend verdeutlicht Abbildung 5.4 auch, dass die Mehrheitsbeteiligung von über 50 Prozent mit zwei Prozent die absolute Ausnahme
bildet. Das Gros der Beteiligungen liegt zwischen 25 und 50 Prozent.
Geschäftstätigkeit
Neben der wirtschaftlichen Aufstellung der Unternehmen ist auch die
Frage der Schwerpunkte der Geschäftstätigkeit ein Indikator über die
Ausrichtung der Unternehmen. Hier zeigt sich, in welchen Feldern Nanotechnologie heute bereits als relevante Technologie angesehen wird. Dem
liegt die Hypothese zugrunde, dass die Mehrzahl der Unternehmen in den
Feldern forschen und entwickeln, in denen sich ihre angestammten Märkte befinden.
S c h w e rp u n k t d e r G e s c h ä fts tä tig k e it
Chem is c he Indu s tr ie
Her s te llu ng v on Mes s -, Ko ntr oll-, Na v igations - Ins tr ume nten
Her s tellun g v on o ptis c hen G er äten
tec h nis c h e, phy s ik alis c he un d c hem is c he Unter s uc hung
w is s en s c haf tlic he F or s c hung s einr ic htung en und Ins titute
Her s tellun g ele ktr onis c her B aue lem ente
Mas c hinenba u ohne We rk z eug mas c hine n und Hau s halt s ger äte
Her s t ellu ng v on Kr af tw ag en und Kr af tw ag enteilen
Gla s - und K er amik gew er be
Me taller z eugun g, - bear beitung
Her s tellung v on indus tr ie lle n Pr oz es s s teuer ung s anlagen
Her s tellung v on mediz intec h nis c hen G er äten
Her s te llun g v on n ac hr ic h tentec h nis c hen G er äten
W erk z eug mas c hine nbau
S ons tige
0
5 Anzahl der Unternehmen
10
15
20
A n z ah l d e r Un t e rn e h m en
Abbildung 5.5:
Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit
25
30
Kapitel 5
119
Bei der Auswertung der Geschäftsfelder zeigt sich, dass vor allem in der
chemischen Industrie und der Herstellung von Mess-, Kontroll- und Navigationsinstrumenten die in der Nanotechnologie engagierten Unternehmen ihre Märkte haben. Dies deckt sich durchaus auch mit Ergebnissen anderer Studien.
Die Nanotechnologie als relativ junges Technologiefeld wird sowohl in
Deutschland und Europa als auch in Asien und den USA als Zukunftstechnologie angesehen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage
nach der Ansiedlung der primären Kunden der Unternehmen im globalen
Kontext. Hier zeigt sich, dass insgesamt ein Großteil des gesamten Umsatzes1 der betrachteten Firmen in Deutschland getätigt wird, gefolgt von
Europa ohne Deutschland und den USA. Asien und insbesondere Japan
spielen für die Unternehmen in der Stichprobe eine untergeordnete Rolle.
Verteilung der Kunden
Kunden
100
90
81 - 100 %
80
61 - 80 %
70
41 - 60 %
60
21 - 40 %
50
1 - 20 %
40
30
20
10
0
Deutschland
Abbildung 5.6:
EU (ohne D)
USA
Japan
Asien
Verteilung der Kunden der befragten Unternehmen
Wichtige Informationen liefert der Zusammenhang zwischen der Ansiedlung der primären Kunden und dem Schwerpunkt der Geschäftsaktivitäten. Hierbei zeigt sich, dass in den Bereichen Metallerzeugung und bearbeitung, im Werkzeugmaschinenbau, in der Herstellung medizintechnischer Geräte, der Mess-, Kontroll- und Navigationsinstrumente und
bei den technischen, physikalischen und chemischen Untersuchungen ein
Anteil von über 50 Prozent der Kunden in Deutschland ansässig sind.
Im Geschäftsfeld der chemischen Industrie, des Glas- und Keramikgewerbes, des Maschinenbaus (ohne Werkzeugmaschinen und Haushaltsgeräte) liegt der Anteil der deutschen Kunden bei annähernd 50 Prozent.
Die restlichen Geschäftsfelder weisen höhere Anteile ausländischer Kunden auf, wobei insbesondere bei der Herstellung industrieller Prozesssteuerungsanlagen (50 Prozent), im Maschinenbau und in der Herstellung
mediztechnischer Geräte (jeweils 22 Prozent) sowie in der Herstellung
1
Umsatz inklusive und exklusive der nanotechnologischen Produkte.
Verteilung der
Kunden
120
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
elektronischer Bauelemente (20 Prozent) den asiatischen Kunden ein
großes Gewicht zukommt.
Demgegenüber sind die stärksten Kundenkontakte zu den USA vor allem
im Geschäftsfeld der Herstellung industrieller Produktionsanlagen und in
der Herstellung elektronischer Bauelemente (jeweils 26 Prozent) sowie
der chemischen Industrie (jeweils 25 Prozent) anzutreffen.
Eine abschließende Beschreibung der in der Stichprobe enthaltenen Unternehmen kann durch die Umsatzverteilung und die Anzahl der Mitarbeiter gewonnen werden.
Unternehmensumsatz und Neugründungen
Beim Unternehmensumsatz lässt sich die hohe Anzahl der Neugründungen bereits vermuten. Etwa 32 Prozent der Unternehmen in der Stichprobe weisen 2001 einen Umsatz von bis zu zwei Millionen Euro auf. Weitere knapp 20 Prozent der Unternehmen liegen zwischen zwei und zehn
Millionen Euro. Allerdings gibt es auch etwa 30 Prozent der Unternehmen in der Stichprobe, die einen Umsatz von über 50 Mio. EUR angeben.
Unternehmensumsatz im Geschäftsjahr 2001
Anteil der
Unternehmen
40%
35%
30%
25%
20%
15%
10%
5%
0%
bis 2 Mio. €
2 bis 10 Mio. €
10 bis 50 Mio. €
Umsatz
Abbildung 5.7:
Unternehmensumsatz im Geschäftsjahr 2001
über 50 Mio €
Kapitel 5
Noch deutlicher wird der Anteil der KMU an der Stichprobe bei der
Auswertung der Mitarbeiterzahlen. Etwa 35 Prozent der Unternehmen
haben bis zu 20 Mitarbeiter. Bei insgesamt knapp 68 Prozent der Unternehmen, die an der Befragung teilnahmen, ist die EU-Definition für ein
KMU2 mit bis zu 250 Mitarbeitern noch erfüllt.
Anzahl der Mitarbeiter im Unternehmen
Anteil der
Unternehmen
40%
35%
30%
25%
20%
15%
10%
5%
0%
bis 20
21 bis 100
101 bis
250
251 bis
500
501 bis
1000
1000 bis
5000
5000 und
mehr
Mitarbeiter
Abbildung 5.8:
Anzahl der Mitarbeiter im Unternehmen
Bei der Stichprobe wurde überwiegend für das gesamte Unternehmen der
Fragebogen erhoben (75 Prozent). Lediglich ein kleinerer Teil beantwortete die Fragen für einen Unternehmensteil (zehn Prozent) bzw. für eine
Stabsstelle (15 Prozent).
5.4
Die heutige Bedeutung der Nanotechno
Nanotechnologie
In der Befragung wurde der Frage nachgegangen, ab wann und in welcher Form sich die Unternehmen mit der Nanotechnologie befassen.
Hierbei zeigte sich, dass der häufigste Startpunkt für die Nanotechnologie im Zeitraum von 1996 bis 2000 zu sehen ist. In diesem Zeitraum haben sowohl die Beobachtung der nanotechnologischen Szene als auch
eigene FuE-Arbeiten und die Nutzung der Nanotechnologie in Produkten
ihren stärksten Zuwachs erlebt. In diesen Zeitraum fallen z. B. auch die
vom BMBF initiierten Diskussionen über marktrelevante Bezüge (1996)
und die Einrichtung der Kompetenzzentren (1998) für den Bereich Nanotechnologie mit öffentlicher Förderung.
2
Nach der Definition der EU werden als Unternehmen bezeichnet, wenn sie bis zu 250
Mitarbeiter und bis zu 50 Mio. Umsatz pro Jahr haben.
121
KMU
122
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Auseinandersetzung mit Nanotechnologie
Anzahl der Unternehmen
60
50
40
30
20
Beobachten der Szene
eigene F+E Arbeiten
10
Nutzung in Produkten
0
vor 1990
Abbildung 5.9:
Großer Bedeutungszuwachs seit
Mitte der neunziger
Jahre
1990 - 1995 1996 - 2000
seit 2001
Auseinandersetzung mit Nanotechnologie
Noch deutlicher wird das Bild, wenn die Entwicklungen über die Jahre
über die verschiedenen Aktivitäten betrachtet werden. Die Auswertung
der Aktivitäten zeigt deutlich die über den Zeitablauf stattfindende Verschiebung der Aktivitäten von der Beobachtung hin zu den Umsetzungen.
Diese Tendenz belegt auch die Umsatzentwicklung seit 1996. Im Vergleich des Umsatzes mit Produkten mit Nanotechnologieanteilen zwischen 1996 und 2001 fällt auf, dass in allen Umsatzklassen der Umsatz
2001 den Umsatz des Jahres 1996 übertroffen hat. Darüber hinaus wird
bei der Auswertung auch deutlich, dass die Zahl sowohl solcher Unternehmen, die erste Umsätze mit Produkten mit Nanotechnologieanteilen
erzielen, als auch der Unternehmen, die ihren gesamten Umsatz mit Produkten mit Nanotechnologieanteilen machen, deutlich gestiegen ist.
Kapitel 5
123
Nanotechnologiebezogener Umsatzanteil
30
28
26
24
22
20
18
Anzahl 16
der
14
Unternehmen 12
10
8
6
4
2
0
1996
2001
bis 10
%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
Anteil amGesamtumsatz des Unternehmens
Abbildung 5.10: Nanotechnologiebezogener Umsatzanteil
Um die Umsatzzahlen bewerten zu können ist es sinnvoll, die Umsatzzahlen in zwei Kategorien zu unterteilen:
•
Umsätze mit der Herstellung von nanotechnologischen Produkten
•
Umsätze mit Produkten, in denen Nanotechnologie verwendet wird.
Hierbei ist hervorzuheben, dass sich 66 Prozent der Unternehmen als
Hersteller und etwa 29 Prozent als reine Anwender von nanotechnologischen Produkten bezeichnen.3 Dies lässt erste Rückschlüsse auf die Diffusion von nanotechnologischem Wissen zu. Offensichtlich ist die Gruppe der reinen Anwender von nanotechnologischen Vorprodukten bisher
noch begrenzt, während die aktive Herstellung solcher Komponenten
bereits ein gewisses Maß erreicht hat. Dieses Muster ist für einen Diffusionsprozess typisch. Entsprechend ist es ein gutes Zeichen für eine stattfindende Diffusion, dass sich die Zahl der Anwender, die reine Marktbeobachter sind und keinen Umsatz mit nanotechnologischen Vorprodukten
erzielen, von 1996 mit 71 Prozent auf 2001 mit 25 Prozent reduziert hat.
Die Zahl der aktiven Marktteilnehmer hat sich demnach also erhöht. Dies
zeigt auch eine Korrelationsrechnung zwischen Umsatzanteil und Vorprodukten.
Betrachtet man die Wirtschaftsräume, aus denen die jeweiligen nanotechnologischen Vorprodukte bezogen werden, so bildet der deutsche
Wirtschaftsraum immer noch den größten Zulieferermarkt. Europa ohne
Deutschland und die USA folgen als nächste Zulieferermärkte.
3
5 Prozent haben keine Aussage getroffen.
Zahl der aktiven
Marktteilnehmer
hat sich erhöht
124
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Bezug von Nanotechn ologieprodukten
Anzahl der
Unte rnehmen
20
unter 2 0 %
18
20 % - 39 %
16
40 % - 59 %
14
60 % - 79 %
12
80 % - 10 0 %
10
8
6
4
2
0
Deu tschland
Euro pa (ohne D)
USA
Jap an
Asien (o hne
Jap an)
Abbildung 5.11: Bezug von Nanotechnologieprodukten
Eine Beschreibung der Schwerpunkte bei den Geschäftsfeldern der Unternehmen wurde im Kapitel 5.3 vorgenommen. Interessant ist die Korrelation dieser Schwerpunkte mit den Schwerpunkten in den Aktivitäten
der Unternehmen, in denen der Nanotechnologie eine zentrale Rolle heute zukommt. So wurde die Frage nach der Relevanz von Anwendungsfeldern wie folgt beantwortet:
Anwendungsfelder
Chem ie / We rkstoffe / Ve rfa hrenstechnik
Medizinte chnik / Gesundheit
Informa tion und Kom munikation
Me sstechnik
Tra nsport und Ve rke hr
Maschine nbau
Kosme tik
Energie (-versorgung)
Ba ugew erbe
Umw elt (incl. Re cycling)
Weiße und bra une Wa re
Le be nsmitte l / -verarbe itung
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
Abbildung 5.12: Ausprägungen der heutigen Anwendungsfelder
Auch hier liegen Chemie, Werkstoffe und Verfahrenstechnik an der Spitze, gefolgt von der Medizintechnik/Gesundheit und IuK. Dies kann
durchaus als Beleg dafür angesehen werden, dass die Firmen in der Nanotechnologie in den Bereichen agieren, die auch ohne nanotechnologische Komponenten ihre Kernkompetenz bilden.
Kapitel 5
Dies wird deutlich, wenn die Frage nach den Konkurrenten in den Anwendungsfeldern gestellt wird. Hier zeigt sich offensichtlich, dass im
Bereich der Chemie die zentralen Konkurrenten in Deutschland und den
USA vermutet werden. Demgegenüber sehen die Akteure in der Medizintechnik/Gesundheit, in der IuK und der Messtechnik ihre Konkurrenten vor allem nur in den USA.
Deutsche Konkurrenten in den Anwendungsfeldern
Chem ie / We rkstoffe / Ve rfa hrenstechnik
Medizintechnik / Ge sundheit
Me sstechnik
Tra nsport und V erke hr
Informa tion und Kom munikation
Ba ugew erbe
Maschine nbau
Kosme tik
Weiße und bra une Wa re
Umw e lt (incl. Re cycling)
Le be nsmitte l / -verarbe itung
Energie (-versorgung)
0
2
4
6
8
10
12
14
16
18
20
Anzahl der Unternehmen
Abbildung 5.13: Anteil der deutschen Konkurrenten im Anwendungsfeld (V15 mit
V18)
125
Internationale
Konkurrenz
126
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Europäische Konkurrenten in den
Anwendungsfeldern
Medizintechnik / Gesundheit
Information und Kommunikation
Chemie / Werkstoffe / Verfahrenstechnik
Messtechnik
Baugewerbe
Kosmetik
Weiße und braune Ware
Transport und Verkehr
Maschinenbau
Umwelt (incl. Recycling)
Lebensmittel / -verarbeitung
Energie (-versorgung)
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
18
20
Anzahl der Unternehmen
Abbildung 5.14: Anteil der europäischen Konkurrenten ohne Deutschland im
Anwendungsfeld
Amerikanische Konkurrenten in den
Anwendungsfeldern
Medizintechnik / Gesundheit
Information und Kommunikation
Chemie / Werkstoffe / Verfahrenstechnik
Messtechnik
Kosmetik
Maschinenbau
Transport und Verkehr
Energie (-versorgung)
Lebensmittel / -verarbeitung
Umwelt (incl. Recycling)
Weiße und braune Ware
Baugewerbe
0
2
4
6
8
10
12
14
16
Anzahl der Unternehmen
Abbildung 5.15: Anteil der amerikanischen Konkurrenten im Anwendungsfeld
Kapitel 5
Japanische Konkurrenten in den
Anwendungsfeldern
Information und Kommunikation
Chemie / Werkstoffe / Verfahrenstechnik
Messtechnik
Medizintechnik / Gesundheit
Transport und Verkehr
Kosmetik
Maschinenbau
Lebensmittel / -verarbeitung
Weiße und braune Ware
Umwelt (incl. Recycling)
Baugewerbe
Energie (-versorgung)
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Anzahl der Unternehmen
Abbildung 5.16: Anteil der japanischen Konkurrenten im Anwendungsfeld
Asiatische Konkurrenten in den Anwendungsfeldern
Information und Kommunikation
Messtechnik
Medizintechnik / Gesundheit
Energie (-versorgung)
Transport und Verkehr
Chemie / Werkstoffe / Verfahrenstechnik
Maschinenbau
Kosmetik
Lebensmittel / -verarbeitung
Weiße und braune Ware
Umwelt (incl. Recycling)
Baugewerbe
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Anzahl der Unternehmen
Abbildung 5.17: Anteil der asiatischen Konkurrenten ohne Japan im Anwendungsfeld
Dies vermag erste Schlüsse auf die Entwicklung der Diffusion in den
Triadeländern zu zulassen. Hier scheint sich ein typisches Muster wieder
einzustellen. Während die Auswertung des Bezugs der Vorprodukte darauf hindeutet, dass Deutschland in der Forschung einen guten Stand erreicht hat, scheinen die Firmen in den USA in der Umsetzung der Forschungsergebnisse in Produkte schneller zu sein (z. B. im Bereich IuK).
Interessant ist aber auch, dass sowohl Japan als auch der Rest Asiens in
127
128
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
der Nanotechnologiediffusion derzeit kaum als Konkurrent angesehen
wird.
Forschung und Umsetzung im internationalen Vergleich
Dieses Ergebnis wird ein Stück weit durch die Auswertung der Einschätzung über die Stärke potenzieller Konkurrenten und FuE und marktlicher
Umsetzung bestätigt. Hier zeigt sich gerade in der FuE, dass Asien ohne
Japan, Japan und Europa ohne Deutschland den USA und Deutschland
hinterher hinken. Jedoch äußern die Befragten, dass in der Umsetzung
der Nanotechnologie in Produkte die USA und Japan besser agieren als
Deutschland.
Vergleich der Forschung
Deutschland
Europa (ohne D)
USA
Japan
Asien (ohne Japan)
1
1,5
2
sehr gut
2,5
3
3,5
4
4,5
5
mangelhaft
Bewertung
Abbildung 5.18: Wahrnehmung der Forschungsstärke im internationalen Vergleich
Vergleich der kommerziellen Umsetzung
Deutschland
Europa (ohne D)
USA
Japan
Asien (ohne Japan)
1
sehr gut
1,5
2
2,5
3
Bewertung
3,5
4
4,5
5
mangelhaft
Abbildung 5.19: Wahrnehmung der Vermarktungsstärke im internationalen Vergleich
Dies zeigt sich ebenfalls bei der Auswertung der Frage nach den stärksten Wettbewerbern.
Kapitel 5
129
Firmensitz der stärksten Wettbewerber
USA
Deutschland
Japan
Europa (ohne D)
Sonstige
Asien (ohne Japan)
0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
35%
40%
45%
Abbildung 5.20: Firmensitz der stärksten Wettbewerber im Vergleich
Im Folgenden wird analysiert, welchen Stellenwert deutsche Unternehmen der Nanotechnologie beimessen. Bei der Auswertung wird deutlich,
dass die Unternehmen in der Stichprobe der Nanotechnologie vor allem
wirtschaftliche Chancen einräumen und sie weniger als technologische
„Spielwiese“ betrachten. So sehen über 75 Prozent der Unternehmen die
Chance, dass die Nanotechnologie ihnen neue Märkte erschließen kann.
Über 60 Prozent der Unternehmen sehen in der Nanotechnologie einen
entscheidenden Wettbewerbsfaktor bzw. die Chance, die technologische
Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern.
Nanotechnologie
keine technologische „Spielwiese“
130
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
NT-Know-how als entscheidender Wettbewerbsfaktor
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
1
2
3
4
5
trifft nicht zu
trifft zu
Einschätzung
Abbildung 5.21: Einschätzung der Nanotechnologierelevanz bezüglich des Know-hows
des Unternehmens
NT ve rbessert die technologische Wettbewerbsfähigkeit
50%
40%
30%
20%
10%
0%
1
2
3
trifft zu
4
5
trifft nicht zu
Einschätzung
Abbildung 5.22: Einschätzung der Nanotechnologierelevanz bezüglich der
Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens
Kapitel 5
NT kann völlig neue Märkte erschließen
50%
40%
30%
20%
10%
0%
1
trifft zu
2
3
Einschätzung
4
5
trifft nicht zu
Abbildung 5.23: Einschätzung der Nanotechnologierelevanz bezüglich der
Erschließung neuer Märkte des Unternehmens
Demgegenüber lehnen die Unternehmen die Aussagen, die Nanotechnologie bilde ein neues Experimentierfeld, ebenso ab wie in abgeschwächter Form auch die Aussage, dass die Technologiekompetenz abgerundet
würde.
131
132
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
NT als ein neues Experimentierfeld
50%
40%
30%
20%
10%
0%
1
2
3
4
trifft zu
5
trifft nic ht zu
Einschätzung
NT rundet Technologiekompetenz ab
50%
40%
30%
20%
10%
0%
1
trifft zu
2
3
4
Einschätz ung
5
trifft nicht zu
Abbildung 5.24: Einschätzung der Nanotechnologierelevanz bezüglich der
Technologiekompetenz des Unternehmens und der Einstellung zur
Rolle im Unternehmen
5.5
Zukünftige Entwicklungen in der
Nanotechnolo
Nanotechnologie
Die Perspektiven der Nanotechnologie werden mehrheitlich von den
Unternehmen positiv bewertet. So wollen fast 90 Prozent der Unterneh-
Kapitel 5
133
men ihre Aktivitäten in der Nanotechnologie verstärken, davon sogar fast
30 Prozent erheblich.
Entwicklung der Aktivitäten im Bereich
Nanotechnologie
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
erheblich
verstärken
verstärken
gleichbleibend
Abbildung 5.25: Entwicklung der Nanotechnologieaktivitäten
Dies geht einher mit einem Anstieg auch in der Beschäftigung. Nur 18
Prozent der befragten Unternehmen sehen keinen wachsenden Personalbedarf für ihre nanotechnologischen Aktivitäten. Die restlichen Unternehmen rechnen mit einem wachsenden Bedarf an Mitarbeitern.
Steigerungsquote des Personaleinsatzes bis 2006
Steigerung 21 - 50 %;
16%
Steigerung 10 - 20 %;
26%
Steigerung 51 - 75 %;
4%
Steig eru ng 76 - 100 %;
4%
Steigerung 101 - 200 %;
8%
Steig eru ng unter 10 %;
14%
Steigerung übe r 200 %;
9%
keine Steigerung;
18%
Abbildung 5.26: Anstieg des Personaleinsatzes in Nanotechnologie im
Unternehmen
Hierbei zeigt sich auch, dass vor allem die kleineren und die sehr großen
Unternehmen ein Wachstum bei den Mitarbeitern erwarten. Die folgende
Kreuztabelle 5.1 gibt die Ergebnisse für diesen Zusammenhang wieder.
Wachsender
Personalbedarf
134
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Welchen Umsatz erwirt- Personalsteigerung: Rechnen Gesamt
schaftete Ihr Unterneh- Sie mit einer Steigerung Ihres
men im Geschäftsjahr Personaleinsatzes im Bereich
2001?
Nanotechnologie bis 2006?
ja
nein
Bis 2 Mio. EUR
28
7
35
2 bis 10 Mio. EUR
16
4
20
10 bis 50 Mio. EUR
8
3
11
Über 50 Mio EUR
26
5
31
Gesamt
78
19
97
Tabelle 5.1: Welchen Umsatz erwirtschaftete Ihr Unternehmen im Geschäftsjahr
2001? Personalsteigerung: Rechnen Sie mit einer Steigerung Ihres Personaleinsatzes im Bereich Nanotechnologie bis 2006?
Bei der Suche nach den Märkten der Nanotechnologie von morgen wurde
nicht direkt nach Produkten gefragt. Diese Frage hätten die Unternehmen
für den anvisierten Zeitpunkt 2006 wohl kaum beantworten können. Entsprechend hat sich die Untersuchung auf die Erhebung von im Jahr 2006
relevanten Anwendungsfeldern konzentriert. Um ein Ranking der Antworten zu erhalten, wurden die Befragten gebeten, drei Prioritäten in der
Relevanz zukünftiger Anwendungsfelder vorzunehmen, um somit eine
Rangreihe bilden zu können.
Zukünftige Wichtigkeit der Anwendungsfelder
Information und Kommunikation
Chemie / Werkstoffe / Verfahre nstechnik
Medizintechnik / Ge sundheit
Messtechnik
Transport und Verkehr
Umwe lt (incl. Recycling)
Maschinenbau
Weiße und br aune Ware
Kosmetik
Ener gie (-versorgung)
Baugewerbe
Le bensmittel / -verarbe itung
0
5
10
15
20
25
30
35
Anzahl der Unterne hmen
40
45
50
55
höchste Priorität
zweithöchste Priorität
dritthöchste Priorität
Abbildung 5.27: Zukünftige Wichtigkeit der Anwendungsfelder
60
Kapitel 5
135
Bei dem Ranking zeigt sich, dass den Anwendungsfeldern IuK, Chemie/Werkstoffe/Verfahrenstechnik und Medizintechnik/Gesundheit sowohl hinsichtlich der ersten Priorität als auch in den weiteren Prioritäten
höchste Zukunftsrelevanz zugebilligt wird. In diesen Anwendungsfeldern
sehen die Unternehmen offensichtlich die besten Marktchancen bis zum
Jahr 2006.
Um eine Zuordnung zwischen den zukunftsträchtigen Anwendungsfeldern und den zu ihrer Realisierung notwendigen Funktionselementen und
Technologien zu erzielen, wurden entsprechende Verknüpfungen abgefragt. Gefragt wurde nach dem Zusammenhang zwischen den drei von
den Befragten als am wichtigsten angesehenen Anwendungsfeldern und
den benötigten Funktionen und Technologien. Hierdurch gelingt es einerseits zu erheben, welche funktionalen Anforderungen die nanotechnologische Anwendung in den jeweiligen Anwendungsfeldern erfüllen muss.
Mit der weiteren Verknüpfung zu den benötigten Technologien wird es
andererseits möglich zu zeigen, welche technologischen Ausrichtungen
von den Unternehmen zur Realisierung ihrer Vorstellungen in den Anwendungsfeldern jeweils relevant sind.
Bei der Auswahl der möglichen Funktionen wurde darauf geachtet, ein
möglichst breites Spektrum abzufragen. Insgesamt wurden 19 Funktionen nach Ihrer Relevanz für die Anwendungsfelder angeboten. Außerdem konnten in einer offenen Frage weitere Funktionen zugefügt werden,
was auch von 12 Befragten genutzt wurde.
Oberflächenfunktionalisierung
Optische Effekte
Verbesserte Werkstoffeigensch.
Analytik / Diagnose
Sensorik
Nano-biologische Funktionen
Strukturerzeugung
Schutz (Korrosion, Schmutz etc.)
Displays
Medizin. Therapie / Diagnose
Datenverarbeitung u. -speicherung
Fertigungsequipment
Aktorik
Datenübertragung (Telematik)
Materialdosierung
Energiewandlung
Design / Mode / Ästhetik
Filterung v. Fluiden oder Gasen
Materialseparation
0
20
40
1. Priorität
60
2. Priorität
80
100
120
140
3. Priorität
Abbildung 5.28: Relevanz der nanotechnologischen Funktionen
Bei der Auswertung der Verteilung über die Funktionen zeigt sich eine
starke Ausrichtung auf die folgenden Funktionen: Oberflächefunktionalisierung, optische Effekte, verbesserte Werkstoffeigenschaften, Analytik/Diagnose, Sensorik und Nanobiologische Funktionen. Betrachtet man
Zukunftsträchtige
Anwendungsfelder
136
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
die Häufigkeiten über die drei Prioritäten hinweg, dann verschiebt sich
lediglich die Reihung unter den angeführten Funktionen.
Bei den benötigten Technologien wurden insgesamt 16 Alternativen zur
Auswahl gestellt. Auch hier gab es wiederum die Möglichkeit einer offenen Frage, die auch von 29 Befragten genutzt wurde.
Thin film deposition methods
Self assembly
Microscopy
Sol-gel processing
Optical lithography
Ultra-precision engineering
Modelling and Simulation
Molecular engineering
Powder processing
Metrology
Catalysis
Nanoprint/-imprint
Biological engineering
Separation / filtration methods
Particle beam lithography
0
10
20
30
1. Priorität
40
50
2. Priorität
3. Priorität
60
70
80
90
Abbildung 5.29: Relevanz unterschiedlicher nanotechnologischer Ausprägungen
Werden die Häufigkeiten über die Prioritäten betrachtet, dann zeigt sich
deutlich, dass die Technologien der Thin film deposition methods, der
Microscopy, der Self-assembly und der Optical lithography die höchste
Besetzungsdichte aufweisen. Insgesamt ist aber das Feld im Ranking sehr
dicht, so dass sich allein aus den Häufigkeiten nur sehr begrenzte Aussagen bilden lassen.
Einen höheren Aussagewert liefern die Bezüge zwischen den Variablen.
Hierbei wurden zunächst die Ausprägungen Funktionen und Anwendungsfelder und dann die Ausprägungen Anwendungsfelder und Technologien betrachtet. Die folgende Kreuztabelle 5.2 gibt die Besetzungshäufigkeiten für den Zusammenhang zwischen Anwendungsfeldern und
Funktionen wieder. Hierbei wurde auf die Beibehaltung der Auswertung
nach Prioritäten verzichtet, da dann die Besetzungsdichte zu gering würde, was sich negativ auf die Aussagefähigkeit auswirken würde.
1
15
1
0
0
19
1
2
0
78
Medizinische Therapie/Diagnose
0
34
1
0
1
0
0
0
1
0
0
0
37
Oberflächenfunktionalisirung
16
23
3
11
33
3
4
5
7
4
1
1 111
Displays
21
3
1
3
4
0
1
0
6
0
0
2
41
5
0
1
4
7
3
9
3
2
1
0
1
36
11
6
0
3
6
1
3
5
4
1
0
0
40
2
31
5
1
14
2
2
1
3
2
2
1
66
Datenverarbeitung und speicherung
22
3
1
2
4
0
1
1
6
0
1
0
41
Datenübertragung
12
3
1
4
3
0
1
0
3
0
1
1
29
Materialseparation
1
4
1
0
7
0
0
1
0
0
0
1
15
Sensorik
12
16
2
7
15
4
3
3
16
0
0
3
81
Aktorik
7
6
0
4
5
1
1
2
7
1
0
0
34
Materialdosierung
1
7
4
1
6
0
0
2
2
1
0
1
25
Optische Effekte
20
3
5
8
18
0
1
1
13
1
0
2
72
Filterung von
Fluiden/Gasen
2
7
2
1
7
1
1
0
0
0
0
1
22
Schutz
4
2
3
9
21
1
0
5
2
5
0
0
52
Verbesserter Werkstoffeigenschaften
10
7
2
13
34
4
4
8
5
4
1
1
93
Strukturerzeugung
15
4
0
4
12
0
3
6
3
2
1
0
50
Design/Mode/Ästhetik
4
1
5
3
7
0
0
0
1
1
0
1
23
Andere
1
3
0
1
2
0
0
0
1
0
0
1
9
Baugewerbe
Messtechnik
Energie
Chemie
Kosmetik
Summe
4
Lebensmittel
28
Maschinenbau
7
Umwelt
Medizintechnik/Gesundheit
Analytik/Diagnose
Transport und Verkehr
Information/Kommunikation
Weiße/braune Ware
Kapitel 5
Funktionen
Energiewandlung
Fertigungsequipment
Nutzung Nano-bioEigenschaften
Tabelle 5.2: Anwendungsfelder in Priorität 1-3 in Zusammenhang mit den
Funktionen in der Priorität 1-3
137
138
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
IUK
Hierbei zeigen sich erste Strukturen, welche funktionalen Anforderungen
in den jeweiligen Anwendungsfelder in concreto benötigt werden. So
liegen zentrale Funktionen im am stärksten besetzten Anwendungsfeld
IuK in den Bereichen Datenverarbeitung und -speicherung, Displays und
Optische Effekte. Dies lässt sich inhaltlich deutlich mit den wachsenden
Anforderungen an die Performance von IT-Hardware und Software sowie dem wachsenden Bedarf an leichte, robuste und gleichzeitig hochauflösende User Interfaces erklären.
Bedeutung verschiedener Funktionen
im Anwendungsbereich
Information und Kommunikation
Funktionen
Datenverarbeitung - und speicherung
Displays
Optische Effekte
Oberflächenfunktionalisierung
Strukturerzeugung
Sensorik
Datenübertragung
Fertigungsequipment
verbesserter Werkstoffeigenschaften
Aktorik
Analytik/Diagnose
Energiewandlung
Design / Mode / Ästhetik
Schutz
Filterung von Fluiden / Gasen
Nutzung nano-bio. Eigenschaften
andere
Materialdosierung
Materialseparation
Medizinische Therapie/Diagnose
0
5
10
15
20
25
Anzahl der Unternehmen
Abbildung 5.30: Funktionen im Anwendungsfeld Informationen und
Kommunikation
Chemie, Werkstoffe
und Verfahrenstechnik
Im Anwendungsfeld Chemie/Werkstoffe und Verfahrenstechnik liegen
die zentralen funktionalen Eigenschaften in den verbesserten Werkstoffeigenschaften und der Oberflächenfunktionalisierung, gefolgt von der
Schutzfunktion sowie den optischen Effekten. Auch hier lassen sich erste
Strukturen ableiten.
Kapitel 5
139
Bedeutung verschiedener Funktionen
im Anwendungsbereich
Chemie / Werkstoffe und Verfahrenstechnik
Funktionen
verbesserter Werkstoffeigenschaften
Oberflächenfunktionalisierung
Schutz
Optische Effekte
Sensorik
Analytik/Diagnose
Nutzung nano-bio. Eigenschaften
Strukturerzeugung
Energiewandlung
Design / Mode / Ästhetik
Filterung von Fluiden / Gasen
Materialseparation
Fertigungsequipment
Materialdosierung
Aktorik
Displays
Datenverarbeitung - und speicherung
Datenübertragung
andere
Medizinische Therapie/Diagnose
0
5
10
15
20
25
30
35
Anzahl der Unternehmen
Abbildung 5.31: Chemie/Werkstoffe und Verfahrenstechnik und Funktionen
In der Medizintechnik werden die zentralen Funktionen in der medizinischen Therapie/Diagnose, der Nutzung nanobiologischer Eigenschaften
und der Analytik/Diagnose gesehen. Auch dies lässt sich mit dem Einsatz
von nanotechnologischen Produkten im Gesundheitsbereich bewerten.
Offensichtlich werden von den Befragten im diagnostischen Einsatzbereich die höchsten Erträge von Produkten mit nanotechnologischen Elementen erwartet.
Medizintechnik und
Gesundheit
140
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Bedeutung verschiedener
F ki
im Anwendungsbereich
Medizintechnik / Gesundheit
Funktionen
Medizinische Therapie/Diagnose
Nutzung nano-bio. Eigenschaften
Analytik/Diagnose
Oberflächenfunktionalisierung
Sensorik
verbesserter Werkstoffeigenschaften
Filterung von Fluiden / Gasen
Materialdosierung
Fertigungsequipment
Aktorik
Strukturerzeugung
Materialseparation
Datenverarbeitung - und speicherung
Displays
Optische Effekte
Datenübertragung
andere
Schutz
Design / Mode / Ästhetik
Energiewandlung
0
5
10
15
20
25
30
35
Anzahl der Unternehmen
Abbildung 5.32: Medizintechnik/Gesundheit und Funktionen
Analog zu den Zusammenhängen zwischen den Funktionen und den Anwendungsfeldern lassen sich Überlegungen zu den Zusammenhängen
zwischen Anwendungsfeldern und Nanotechnologien herstellen. Auch
hier basiert die Auswertung wiederum auf der Besetzungshäufigkeit in
den jeweiligen Ausprägungen zwischen den verschiedenen abgefragten
Technologien und Anwendungsfeldern.
Summe
Weiße/braune Ware
Lebensmittel
Baugewerbe
Messtechnik
Maschinenbau
Energie
Umwelt
Chemie
Transport
Kosmetik
Medizintechnik
Information und Kommunikation
Kapitel 5
Technologien
Separation/filtration methods
1
4
1
3
5
2
3
0
2
0
0
1 22
Biological engineering
1 13
0
0
6
0
0
0
2
0
1
0 23
Sol-gel processing
3
7
2
10
14
1
0
2
1
4
0
0 44
Powder processing
4
3
3
6
12
1
2
4
0
1
0
0 36
Particle beam lithography
6
0
0
0
1
0
1
0
3
0
0
0 11
Catalysis
6
2
1
6
7
1
2
0
0
1
0
1 27
Self assembly
7 12
2
5
13
2
2
2
3
2
2
1 53
Nanoprint/-imprint
8
3
0
2
0
0
0
2
2
0
0
1 18
Molecular engineering
8 11
0
3
8
1
3
0
1
0
2
1 38
Metrology
9
4
0
1
3
1
0
2
13
1
1
0 35
Microscopy
11 14
2
3
15
1
0
5
9
1
1
1 63
Modelling and simulation
12
6
1
6
7
0
2
2
4
0
0
2 42
Ultra-precision engineering
17 11
0
2
5
0
2
6
8
0
0
0 51
Optical lithography
20 10
1
5
2
1
2
2
10
0
0
2 55
Thin film deposition methods
21 13
3
8
14
5
6
2
7
2
0
3 84
2
2
6
2
1
0
2
0
0
0 25
Andere
3
7
Tabelle 5.3: Anwendungsfelder in Priorität 1-3 in Zusammenhang mit den
Technologien in der Priorität 1-3
Die in der Kreuztabelle 5.3 ersichtlichen Nutzungen in den Verbindungen zwischen den Anwendungsfeldern und den Technologien zeigt deutlich die Breite der Nutzung der einzelnen Technologien und damit deren
Prospektivität. Deutlich wird dabei, dass die Nutzungsbreite in Medizintechnik, Chemie/Werkstoffe und Verfahrenstechniken, Informations- und
Kommunikationstechnik sowie in Transport und Verkehr besonders ausgeprägt ist. Demgegenüber ist vor allem die Prospektivität der Technologien in der Lebensmittelindustrie besonders eng gefasst.
141
142
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Im Einzelnen werden besonders aussagekräftige Ergebnisse im Bereich
der Medizintechnik/Gesundheit erzielt, die eine deutliche Perspektive der
Technologien auf die Microscopy, das Biological Engineering, die Thin
Film Deposition Methods und das Self Assembly hervortreten lassen.
Bedeutung verschiedener Technologien
im Anwendungsbereich
Medizintechnik / Gesundheit
Technologien
microscopy
biological engineering
thin filmdeposition methods
self assembly
molecular engineering
ultra-prec ision engineering
optical lithography
andere
sol-gel proc essing
modelling and simulation
metrology
separation / filtration methods
nanoprint /-imprint
pow der proc essing
catalysis
particle beam lithography
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12 13
14
15
Anzahl der Unternehmen
Abbildung 5.33: Medizintechnik/Gesundheit und Technologien
Zukunftsfelder
Hier deuten sich Zukunftsfelder an, die zum einen in den neuen Methoden der Microscopy gesehen werden dürften, wobei hier das Marktvolumen sicherlich nicht zu überschätzen ist, und zum anderen in den Bereichen der selbststimulierenden biologischen Systeme, die vor allem im
Hautbereich angesiedelt sein dürften.
In der Chemie/Werkstoffe und Verfahrenstechnik ist ebenfalls die Microscopy zusammen mit dem Sol-gel-Processing und der Thin Film Deposition Method am stärksten ausgeprägt. Aber auch Powder Processing
und Self-Assembly bilden ein hohes Potenzial für das Anwendungsfeld.
Kapitel 5
Bedeutung verschiedener Technologien
im Anwendungsbereich
Chemie / Werkstoffe und Verfahrenstechnik
Technologien
mic roscopy
sol-gel proces sing
thin film depos ition methods
self assembly
pow der proces sing
molecular engineering
catalysis
modelling and simulation
andere
biological engineering
separation / filtration methods
ultra-precision engineering
metrology
optical lithography
particle beam lithography
nanoprint /-imprint
0
2
4
6
8
10
12
14
16
Anzahl der Unternehmen
Abbildung 5.34: Chemie/Werkstoffe und Verfahrenstechnik und Technologien
Insgesamt zeigt sich, dass neben der Medizintechnik auch in Chemie/Werkstoffe und Verfahrenstechnik die Breite der verfolgten Technologien stark ausgeprägt ist. Selbst Lithografieverfahren werden in diesem
Bereich noch mit relativer Häufigkeit verfolgt.
143
144
Aktuelle Arbeitsphase im
Unternehmen
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
5.6
Zukünftige Schritte und Hürden bei der
Ent
Entwicklung der Nanotechnologie
5.6.1
Nächste Schritte in der Nanotechnologie
Im Folgenden werden die Ergebnisse über weitere Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Nanotechnologie, die die Unternehmen planen und
die Hürden, denen sie sich gegenüber sehen, präsentiert. Die Ergebnisse
beziehen sich dabei jeweils auf das Anwendungsfeld, dem vom Befragten die höchste Priorität beigemessen wurde. Diese Fokussierung war
notwendig, um eindeutige Antworten zu erhalten.
Die Problematik einer engen Verzahnung zwischen FuE einerseits und
marktlicher Platzierung andererseits wird durch die Phase verdeutlicht, in
der sich die Unternehmen derzeit befinden. Hier zeigt sich, dass sich im
breiten Feld der Nanotechnologie Unternehmen finden, die noch bei der
Forschung und Entwicklung stehen und andere, die bereits Produkte am
Markt platziert haben.
Aktuelle Arbeitsphase
Forschung
Entwicklung
Prototyp
Produkt
Patent
0%
10%
20%
30%
40%
50%
Häufigkeit der Nennungen
Abbildung 5.35: Derzeitige Arbeitsphase der befragten Unternehmen in der
Nanotechnologieentwicklung
Entsprechend hoch sind die Werte auch für die verschiedenen Phasen im
Technologie- und Innovationszyklus. An sich wäre dieses Ergebnis sehr
erfreulich, wenn mit der marktlichen Platzierung auch gleichzeitig der
Verkauf der Produkte oder zumindest die dafür notwendigen Maßnahmen eingeleitet würden. Nun zeigt aber die Auswertung der Frage nach
den ersten Schritten, die eingeleitet wurden, dass bei allen Maßnahmen,
die schnelle marktliche Platzierungen ermöglichen, wie der Kauf von
Kapitel 5
145
Eigentumsrechten und der Aufbau eines internationalen Vertriebsnetzes,
nur eine geringe Besetzungsdichte aufweist.
Schritte zur Nutzung
Vertriebsnetz
Forschungspersonal
Forschungsprojekte
Eigentumsrechte
Kooperationspartner
Sachinvestitionen
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
Anzahl der Nennungen
Abbildung 5.36: Schritt zur Realisierung der nanotechnologischen Vorhaben für die
Zukunft
Die starke Betonung der Bereitstellung des Forschungspersonals, die
Kontaktaufnahme zu Kooperationspartnern und die Tätigung von Sachinvestitionen lassen den Schluss zu, dass derzeit die überwiegende Konzentration noch in den Forschungsanstrengungen zu sehen ist, was mit
dem Zeithorizont bis 2006 allerdings auch korrespondiert.
Vor allem
Forschungsanstrengungen
Größe Weltmarkt für spezifizierte Produkte
30,0
25,0
20,0
Prozent 15,0
10,0
5,0
0,0
weniger 50 - 250 250 500 - mehr als
als 50 Mio. € 500 Mio. 1.000 1.000
Mio. €
€
Mio. € Mio. €
Umsatz
Abbildung 5.37: Erwartete Marktvolumina für spezifizierte Produkte im
Jahr 2006
Hier zeigt sich, dass die befragten Unternehmen durchaus positiv gegenüber den Potenzialen ihres Kernproduktes in der Nanotechnologie eingestellt sind. Mehr als 50 Prozent der Unternehmen sehen für ihr Produkt
mit höchster Priorität ein globales Marktvolumen von 250 Mio. EUR und
mehr als realistisch für 2006 an. Weitere 26,7 Prozent der Unternehmen
Beachtliche Umsatzpotenziale
146
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
erwarten immerhin noch ein weltweites Marktvolumen von 50-250 Mio.
EUR. Dies zeigt die durchaus beachtlichen Umsatzpotenziale, die die
Unternehmen sehen.
Interessant in diesem Zusammenhang ist ebenfalls die Erwartung an das
potenzielle Marktvolumen Deutschlands am Gesamtweltmarkt.
Anteil Deutschlands am Weltmarkt
17,4
3,5
39,5
weniger als 1 %
1 - 10 %
11 - 25 %
über 25 %
39,5
Abbildung 5.38: Anteil Deutschlands am weltweiten Umsatz in den
ausgewählten Produkten der Nanotechnologie
Hier zeigt sich, dass Deutschlands Anteil am Weltmarkt im Jahr 2006 bei
weitem nicht mit den Forschungspotenzialen Deutschlands in der Nanotechnologie in der Gegenwart korrespondiert. Während die Forschungsleistung heute als überzeugend angesehen wurde, sind die Marktanteile
im Mittel bei zwischen 11 Prozent und 25 Prozent. Hier zeigt sich wiederum das geringe Vertrauen in die Marktbildungsfähigkeit deutscher
Unternehmen.
Werden aber die Marktanteile des eigenen Unternehmens am Weltmarkt
betrachtet, wird das Bild wieder etwas positiver.
Kapitel 5
Anteil des Unternehmens am Weltmarkt
6,9
21,8
20,7
weniger als 1 %
1 - 10 %
11 - 25 %
über 25 %
50,6
Abbildung 5.39: Anteil des Unternehmens am Weltmarkt (V27)
In Bezug auf das Produkt im am höchsten priorisierten Anwendungsfeld
sehen die Befragten doch einen deutlichen Marktanteil ihres Unternehmens.
Die Einschätzungen der Befragten über ihre Märkte basieren aber nicht
nur auf ihren eigenen Erfahrungen.
Basis der Markteinschätzungen
Aussagen der
Konkurrenz
Presseinformationen
Marktstudien
Kundenbefragungen
0%
10%
20%
30%
40%
50%
Häufigkeit der Nennungen
Abbildung 5.40: Quelle der Markteinschätzung (V28)
Vielmehr hat eine Vielzahl der Befragten Informationen Dritter zur Einschätzung der Marktvolumina herangezogen. So wurden Presseinformationen und Markstudien ausgewertet und in einem recht hohem Maße
auch Kundenbefragungen durchgeführt. Dieser hohe Wert der Kundenbefragungen als Informationsquelle zeigt, dass der Stimulus von User-
147
148
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Producer-Beziehungen bei Innovationen auch in der Nanotechnologie
festzustellen ist.
5.6.2
Hohe Investitionskosten als Hürde
Hürden auf dem Weg zu erfolgreichen
nano
nanotechnologischen
technologischen Anwendungen im Jahr 2006
Die Befragten haben sich vielfältig zu Hürden bei der Entwicklung und
Platzierung von nanotechnologischen Anwendungen geäußert. Hierbei
zeigt sich, dass vor allem die für den Anschub der FuE wie aber auch bei
der Vermarktung notwendigen finanziellen Ressourcen ein zentrales
Hemmnis bilden.
Wichtigkeit der Anwendungshürden
Hürde Investitionskosten
Hürde Finanzierung
Hürde Fördermittel
Hürde Fachpersonal
Hürde Kooperationspartner
Hürde Markt-Information
Hürde Technologie-Information
Hürde Marktpotenzial
Hürde Gesetzgebung
0
0,5
1
1,5
2
2,5
3
3,5
4
Wichtigkeit
Abbildung 5.41: Relevanz der Innovationshürden nach Ausrichtung
Sowohl die Investitionskosten wie auch die Finanzierung und Förderung
entlang der Wertschöpfungskette bilden Hemmnisse, die alle anderen
Hürden übertreffen. Diese zentrale Problematik der Finanzierung der
Innovationen hat erhebliche Auswirkungen auf den gesamten Innovationsprozess.
Gesetzgebung keine
besondere Hürde
Interessant ist, dass die Hürde Gesetzgebung keine zentrale Rolle einnimmt. Offensichtlich sehen die Befragten in dem gesetzlichen Rahmen
keine primäre Quelle für Probleme. Dies kann sicherlich als ein großer
Erfolg für die Politik betrachtet werden, wobei zu berücksichtigen ist,
dass die Frage auf das Jahr 2006 abzielt und damit Friktionen des institutionellen Rahmens von den Befragten möglicherweise noch nicht antizipiert werden können. Hier scheint in Bezug auf die Nanotechnologie eine
ruhigere Entwicklung möglich zu sein als z. B. bei der Biotechnologie, in
der der institutionelle Rahmen eine Quelle steten Konflikts bildet.
Kapitel 5
5.7
149
Die Bedeutung der Nanotechnologie für unterunterschiedliche Unternehmensgrößen
Im Rahmen der quantitativen Erhebung wurde versucht auch Aussagen
zu identifizieren, die Rückschlüsse auf Unterschiede zwischen Ausprägungen für Großunternehmen und KMU zulassen. Die Auswertung der
quantitativen Erhebung getrennt nach den Zielgruppen der kleinen und
mittleren Unternehmen und Großunternehmen hat nur in einigen wenigen
Bereichen zu signifikant unterschiedlichen Ergebnissen geführt. Hierbei
sollte jedoch beachtet werden, dass der Stichprobenumfang für eine solche Auswertung im höchsten Maße eingeschränkt ist. Insgesamt 34 Unternehmen der Stichprobe fallen unter die Kategorie Großunternehmen.
Demgegenüber sind 72 Unternehmen der Kategorie KMU zu zuordnen.
Diese Stichproben lassen nur sehr begrenzte Aussagen zu und sind aus
einer statistischen Sicht durchaus nur als Indikator und nicht als im statistischen Sinne signifikant anzusehen.
Besonderheiten bei
KMU
Trotz der Einschränkungen sind die Ergebnisse als Indikator zweifellos
interessant und lassen sich, erweitert durch die Aussagen der qualitativen
Erhebung, durchaus innovationspolitisch nutzen.
5.7.1
Unterschiede bei der Unternehmensgründung und
–finan
finanzierung
Es ist nicht verwunderlich, dass zwischen den KMU und den Großunternehmen deutliche Unterschiede im Gründungszeitpunkt und der Unternehmensfinanzierung festzustellen sind. Interessant ist jedoch für sich
betrachtet, dass es im Jahr 2000 offensichtlich zu einem Gründungsschub
gekommen ist. Immerhin 15,3 Prozent der in der Stichprobe erfassten
KMU wurden in diesem Jahr gegründet. Nimmt man die Jahre 1998 bis
2002, so liegt der Wert bei knapp 35 Prozent der in der Stichprobe erfassten Unternehmen.
In der Finanzierung der kleinen und mittleren Unternehmen ist ein Anteil
von 20,8 Prozent festzustellen, die sich über Venture Capital finanziert
haben. Offensichtlich hat der „Hype“ in der New Economy sich auch
deutlich bei Venture Capital-Investitionen in der Nanotechnologie manifestiert. Dies ist besonders vor dem Hintergrund interessant, dass derzeit
weltweit kaum mehr Venture Capital-Investitionen in Unternehmen festzustellen sind, die sich in einer frühen Marktphase befinden. Die Aussage, dass der Zugang zum Kapitalmarkt für die jungen Nanotechnologieunternehmen heute sicherlich schwerer wäre, kann vor diesem Hintergrund wohl getroffen werden.
Die Beteiligung der Venture Capital Unternehmen an den jungen Nanotechnologieunternehmen liegt mehrheitlich in der Kategorie zwischen 25
und 50 Prozent. Auch hier zeigt sich, dass Venture Capital-Investitionen
so getätigt werden, dass ein strategischer Einfluss auf das Unternehmensmanagement möglich wird.
Gründung
Finanzierung
150
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
5.7.2
Unterschiede in den Unternehmensschwerpunkten und
den Anwendungsfel
Anwendungsfeldern heute
Betrachtet man die heutigen Unternehmensschwerpunkte der Unternehmen, so fällt auf, dass in der Stichprobe ausschließlich KMU bereits heute nanotechnologische Produkte und Verfahren in der Herstellung von
Mess-, Kontroll- und Navigationssystemen einsetzen. Dies kann entweder auf einen systematischen Bias bei der Stichprobenerhebung zurückgeführt werden oder als Indikator für das wachsende Verständnis von
Unternehmen in der Mikrosystemtechnik für nanotechnologische Chancen interpretiert werden (für eine ausführliche Diskussion siehe Kapitel 7).
5.7.3
Unterschiede beim Personal und bei der
Personalent
Personalentwicklung
Bei der Beschäftigung von Mitarbeitern in den Unternehmen lassen sich
die zu erwartenden Unterschiede zwischen den KMU und den Großunternehmen auch in der Stichprobe identifizieren.
100 %
80%
60%
40%
20%
0%
KMU
bis 5
6-25
Großunternehmen
26-100
101-250
mehr als 250
Abbildung 5.42: Mitarbeiter in den Unternehmen in der Stichprobe getrennt nach
Großunternehmen und KMU
KMU und Personalentwicklung
Nanotechnologie
hat hohes Potenzial
bei Schaffung neuer Arbeitsplätze
Die Grafik zeigt deutlich, dass die Großunternehmen, wenn sie sich in
der Nanotechnologie engagieren, mit deutlich höheren Mitarbeiterzahlen
in das Feld einsteigen.
Sowohl bei den KMU als auch bei den Großunternehmen zeigt sich, dass
der überwiegende Anteil der Unternehmen in der Stichprobe bis zum
Jahr 2006 seine Anzahl der Mitarbeiter in der Nanotechnologie ausbauen
will. 79,7 Prozent der KMU und 84,4 Prozent der Großunternehmen erwarten in der Stichprobe entsprechende Aufstockungen bei den Mitarbeitern. Hiermit kann der Nanotechnologie sicherlich ein hohes Potenzial
bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze zugebilligt werden. Dies wird auch
unterstützt durch die Angaben über den erwarteten Ausbau der Mitarbeiter, der in der folgenden Graphik festgehalten ist.
Kapitel 5
151
Erwartete Ausweitung der
Mitarbeiter im Jahr 2006
100
80
%
60
KMU
40
Groß
unternehmen
20
0
Ausweitung um bis zu
50%
Abbildung 5.43: Erwartete Ausweitung der Mitarbeiter im Jahr 2006
Hier liegen also deutliche Wachstumspotenziale für die Beschäftigung in
der Nanotechnologie.
5.7.4
Innovationshürden nach Unternehmens
Unternehmensgrößen
Signifikante Unterschiede zwischen den Innovationshürden für KMU
und Großunternehmen lassen sich lediglich in drei Bereichen identifizieren.
Ein deutlicher Unterschied besteht bei den Finanzierungsquellen. KMU
haben in ihrer Wahrnehmung deutlich schlechtere Zugangsbedingungen
zum Kapitalmarkt als Großunternehmen. Entsprechend bildet die Finanzierung ihrer Aktivitäten auch für 38,6 Prozent der KMU eine wichtige
Innovationshürde. Im Unterschied dazu bildet der Zugang zum Kapitalmarkt für Großunternehmen nur in 7,7 Prozent der Stichprobe eine wichtige Innovationshürde.
Ähnlich liegt der Unterschied bei dem Zugang zu Marktinformationen.
Auch hier sehen 21,3 Prozent der KMU - eine deutliche höhere Zahl als
die Großunternehmen mit 3,7 Prozent - eine wichtige Innovationshürde.
Schließlich bildet die mangelnde Verfügbarkeit von kompetenten regionalen Kooperationspartnern eine weitere Innovationshürde, bei der sich
die Einschätzung der KMU in der Stichprobe von der der Großunternehmen unterscheidet. 22,2 Prozent der KMU sehen diese Innovationshürde
als wichtig an, während bei den Großunternehmen lediglich 7,4 Prozent
dies als eine wichtige Innovationshürde angeben.
Die drei unterschiedlichen Wahrnehmungen von dem, was als Innovationshürde begriffen wird, spiegeln die unterschiedlichen Größenklassen
KMU: schlechtere
Zugangsbedingungen zum Kapitalmarkt
Innovationshürde
Marktinformationen
152
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
wider. Offensichtlich wächst mit der Unternehmensgröße auch der
Zugriff auf den Kapitalmarkt, die verfügbare Menge an marktlichen Informationen und die Attraktivität für regionale Partner. Für die Innovationspolitik, die sich zum Ziel setzt, KMU zu stärken, bieten die Unterschiede aber einen Ansatzpunkt für zielorientierte Interventionen.
5.8
Ergebnisse der Unternehmensbefragung
im Über
Überblick
Im Folgenden werden die zentralen Ergebnisse der schriftlichen Unternehmensbefragung nochmals zusammengefasst (für eine eingehende
Interpretation zentraler Ergebnisse siehe Kapitel 7).
•
Bei der Auswertung der Geschäftsfelder der befragten Unternehmen
zeigt sich, dass in der Nanotechnologie engagierte Unternehmen vor
allem in den Branchen Chemische Industrie und der Herstellung von
Mess-, Kontroll- und Navigationsinstrumenten tätig sind. Dies deckt
sich durchaus auch mit Ergebnissen anderer Studien.
Eigenständige
deutsche
Unternehmen
•
Die Untersuchung zeigt, dass 71 Prozent der befragten Unternehmen
wirtschaftlich eigenständig sind und somit auch am Standort
Deutschland die strategischen Weichenstellungen vornehmen können. Gleichzeitig zeigt sich, dass von den verbleibenden 29 Prozent
über 82 Prozent sich in den Händen deutscher und nur sieben Prozent
in den Händen außereuropäischer Anteilseigner befindet. Bei etwa 15
Prozent der Unternehmen sind Risikokapitalgeber vertreten.
Häufigster
Startpunkt
•
Nach den Ergebnissen der Unternehmensbefragung zeigt sich, dass
der häufigste Startpunkt für die Nanotechnologie im Zeitraum von
1996 bis 2000 zu sehen ist. In diesem Zeitraum haben sowohl die Beobachtung der nanotechnologischen Szene als auch eigene FuEArbeiten und die Nutzung der Nanotechnologie in Produkten ihren
stärksten Zuwachs erlebt. In diesen Zeitraum fallen z. B. auch die
vom BMBF initiierten Diskussionen über marktrelevante Bezüge
(1996) und die Einrichtung der Kompetenzzentren (1998) für den Bereich Nanotechnologie mit öffentlicher Förderung.
Zahl der aktiven
Marktteilnehmer
hat sich deutlich
erhöht
•
Es wird deutlich, dass die Zahl sowohl solcher Unternehmen, die
erste Umsätze mit Produkten mit Nanotechnologieanteilen erzielen
als auch der Unternehmen, die ihren gesamten Umsatz mit Produkten
mit Nanotechnologieanteilen machen, deutlich gestiegen ist. Hierbei
ist hervorzuheben, dass sich 66 Prozent der Unternehmen als Hersteller und etwa 29 Prozent als reine Anwender von nanotechnologischen
Produkten bezeichnen. Demnach spielt die Gruppe der reinen Anwender von nanotechnologischen Vorprodukten für die Nanotechnologie-Szene in Deutschland bisher eine geringere Rolle als die aktiven Hersteller solcher Komponenten. Dieses Muster ist für einen Diffusionsprozess typisch. Entsprechend ist es ein gutes Zeichen für eine
stattfindende Diffusion, dass sich die Zahl der Anwender, die reine
Chemische Industrie
sehr aktiv
Kapitel 5
153
Marktbeobachter sind und keinen Umsatz mit nanotechnologischen
Vorprodukten erzielen, von 71 Prozent im Jahr 1996 auf 25 Prozent
im Jahr 2001 reduziert hat. Die Zahl der aktiven Marktteilnehmer hat
sich demnach also deutlich erhöht.
•
Während die Auswertung des Bezugs der Vorprodukte darauf hindeutet, dass Deutschland in der Forschung einen guten Stand erreicht
hat, scheinen die Firmen in den USA in der Umsetzung der Forschungsergebnisse in Produkte schneller zu sein (z. B. im Bereich
IuK). Interessant ist aber auch, dass sowohl Japan als auch der Rest
Asiens in der Nanotechnologiediffusion derzeit kaum als Konkurrent
angesehen wird. Dieses Ergebnis wird zum Teil durch die Auswertung der Einschätzung über die Stärke potenzieller Konkurrenten und
FuE und marktlicher Umsetzung bestätigt. Hier zeigt sich gerade in
der FuE, dass Asien und Europa den USA und Deutschland hinterherhinken. Jedoch äußern die Befragten, dass in der Umsetzung der
Nanotechnologie in Produkte die USA und Japan besser agieren als
Deutschland.
•
Die Perspektiven der Nanotechnologie werden mehrheitlich von den
Unternehmen positiv bewertet. Ca. 90 Prozent der befragten Unternehmen wollen ihre Aktivitäten in der Nanotechnologie verstärken,
davon sogar fast 30 Prozent erheblich. Dies geht einher mit einem
Anstieg auch in der Beschäftigung. Nur 18 Prozent der befragten Unternehmen sehen keinen wachsenden Personalbedarf für ihre nanotechnologischen Aktivitäten. Die restlichen Unternehmen (72 Prozent) rechnen mit einem kräftig wachsenden Bedarf bei den Mitarbeitern.
•
Deutsche Nanotechnologieunternehmen sind derzeit überwiegend
noch auf Forschungsanstrengungen konzentriert, was sich aus der
Priorisierung der Bereitstellung des Forschungspersonals, der Kontaktaufnahme zu Kooperationspartnern und der Tätigung von Sachinvestitionen ableiten lässt.
•
Aus der Sicht der befragten Unternehmen korrespondiert Deutschlands Anteil am Weltmarkt im Jahr 2006 nicht mit den Forschungspotenzialen Deutschlands in der Nanotechnologie in der Gegenwart.
Während die Forschungsleistung heute als überzeugend angesehen
wird liegen die Marktanteile im Mittel zwischen 11 Prozent und 25
Prozent.
•
Sowohl die Investitionskosten wie auch die Finanzierung und Förderung entlang der Wertschöpfungskette bilden Hemmnisse, die alle
anderen Hürden übertreffen. Diese zentrale Problematik der Finanzierung der Innovationen hat erhebliche Auswirkungen auf den gesamten Innovationsprozess.
USA und Japan in
der Umsetzung
zurzeit besser
Positive Bewertung
der Nanotechnologie durch Unternehmen
Noch auf Forschung
konzentriert
Anteile am Weltmarkt im Mittel
Hürde Investitionskosten
154
Besonderheiten
KMU
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
•
Insgesamt fallen 34 Unternehmen der Stichprobe unter die Kategorie
Großunternehmen. Demgegenüber sind 72 Unternehmen der Kategorie KMU zu zuordnen. 35 Prozent dieser KMU sind zwischen 1998
und 2002 gegründet worden. Ein deutlicher Unterschied besteht bei
den Finanzierungsquellen. KMU haben in ihrer Wahrnehmung deutlich schlechtere Zugangsbedingungen zum Kapitalmarkt als Großunternehmen und einen erschwerten Zugang zu Marktinformationen.
155
6
MARKTPOTENZIALE DER NANOTECHNOLOGIE IN
LEAD--MÄRKTEN
LEAD
MÄRKTEN
6.1
Anmerkungen zur Vorgehensweise
Sämtliche aufbereiteten Ergebnisse der Literaturanalyse, der
Patentananlyse, der Experteninterviews und der Unternehmensbefragung
zum wirtschaftlichen Potenzial der Nanotechnologie wurden in
Thesenform als konstruktive Konfrontationsbasis in Expertenworkshops
eingespeist. Somit wurde gleichsam die Delphi-Methode angewandt. Mit
Anwendung der Delphi-Methode wurden die Experten aus dem
jeweiligen zu untersuchenden Lead-Markt (siehe dazu Kapitel 6.2) in
einem Workshop zu den Themen „Nanotechnologische Produkt-/
Marktpotenziale entlang der Wertschöpfungskette“, „Innovations-/
Umsetzungshemmnisse“, „Beschäftigungsentwicklung/Qualifizierung“
und „Patente“1 befragt. Es wurden ihnen Ergebnisse und Thesen
vorgelegt, die sie in Bezug auf eine realistische Einschätzung kritisch
hinterfragen und überprüfen sollten. Darüber hinaus wurden über eine
Kartenabfrage auf der Basis von Metaplan nanotechnologische
Produktoptionen überprüft und zum Teil ergänzt.
An den Workshops zu den Themen Chemie, Automobilbau und Optik
nahmen zwischen 15 und 25 Experten aus/von Banken, Wissenschaft,
Kompetenzzentren der Nanotechnologie, Produzenten, Zulieferern,
Systementwicklern und Venture Capital Unternehmen teil.2 Ein zentrales
Problem, das bei der Delphi-Methode auch bei Workshops auftreten
kann, hängt mit den ausgewählten Experten zusammen. Es besteht
durchaus die Gefahr, dass diese Experten versuchen, ihre speziellen
Themengebiete besonders zu platzieren (Heimer und Werner, 2004).
Dieses mögliche Problem wurde insofern berücksichtigt, als eine größere
Zahl von Experten aus den relevanten Arbeitsgebieten beteiligt war und
eine angemessene Ausgewogenheit hinsichtlich der Arbeitsgebiete
berücksichtigt wurde.
Um die Bedeutung der Nanotechnologie für die deutschen Lead-Markets
und Perspektiven für das Erschließen der Marktchancen aufzeigen zu
können, werden die Ergebnisse den entsprechenden Branchen zugeordnet
und dargestellt. Diese Ergebnisse finden sich in den entsprechenden
Unterkapiteln des Kapitels 6.
1
2
Die Ergebnisse zum Thema „Patente“ finden sich aus Gründen der Übersichtlichkeit
in Kapitel 4.
Mit den Experten des Europäischen Patentamtes wurden bilaterale Diskussionen über
Arbeitsergebnisse dieser Studie geführt.
Methode:
Expertenworkshops
Experten aus
relevanten
Arbeitsgebieten
156
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
6.2
Leadmärkte
besitzen eine hohe
volkswirtschaftliche und
strategische
Bedeutung
Erschließen der Marktchancen in den LeadLeadMärkten
In übergeordneten Studien zum wirtschaftlichen Potenzial der
Nanotechnologie werden - wie in Kapitel 1.1 erwähnt - in der Regel die
jeweiligen sogenannten Lead-Märkte3 einzelner Länder nicht hinreichend
berücksichtigt. Während beispielsweise die Bereiche Elektronik, IuK und
Biotechnologie in den USA betroffene Lead-Märkte darstellen, sind dies
in Deutschland unter anderem die Branchen Chemie/Verfahrenstechnik
und Automobilbau. Bezeichnend für diese Lead-Market-Branchen ist,
dass sie in einem besonders intensiven Partnerschaftsverhältnis zur
Wissenschaft stehen, woraus sie ihre technologische Stärke schöpfen,
und für ein Land in der Regel von besonderer volkswirtschaftlicher oder
strategischer Bedeutung sind.
Eine Nachfragestruktur, die dazu führt, dass sich eine Innovation auf
einem nationalen oder regionalen Markt schneller entwickelt und die
Trends setzt, so dass die Innovation wiederum von anderen Märkten
übernommen wird, wurde bereits zu Beginn der neunziger Jahre vom
Harvard-Ökonomen Michael Porter als Dynamik der sogenannten LeadMärkte bezeichnet. Unternehmen können in einem Lead-Markt
Marktforschung und FuE durchführen, um ihre Produkte in einem
anspruchsvollen Umfeld zu testen und zu entwickeln. Für Regierungen
und andere staatliche Institutionen ergibt sich die Möglichkeit, für ihr
Land zu werben und hochwertige Unternehmsbereiche und Arbeitsplätze
zu sichern und zu erweitern (Krück et al., 2002).
Um die Bedeutung der Nanotechnologie für die deutschen Lead-Märkte
und Perspektiven für das Erschließen der Marktchancen aufzeigen zu
können, wurde ein besonderes Augenmerk auf diejenigen Branchen
gerichtet, die die technologische Leistungsfähigkeit der deutschen
Industrie prägen (Chemie, Automobilbau, Optik, Life Sciences4 und
Elektronik5).6 Die durch ein solches Bündeln gewonnenen Daten wurden
3
4
5
Zur Definition von Lead-Märkten siehe Kapitel 1.1.
In einer Studie von AGIT, die im Herbst 2004 erscheinen soll, finden sich auch
Ergebnisse zu den Marktpotenzialen der Nanotechnologie im Bereich
Medizintechnik/Life Sciences. Um eine mögliche Doppelarbeit zu vermeiden, wurde
auf die Durchführung eines eigenen Workshops verzichtet.
Wie bereits in Kapitel 1.2 erwähnt gehört die Elektronik dank der International
Technology Roadmap for Semiconductors zu den Technologien, deren zukünftige
Entwicklung sehr gut beschrieben ist. Da die Halbleiterindustrie sehr
investitionsintensiv ist, sind Marktprognosen außerordentlich wichtig für
unternehmerische Entscheidungen. Dieser Bedarf wird durch eine ganze Reihe von
(kommerziellen) Marktforschungsinstituten bedient. Die Prognosen reichen derzeit
ca. bis zum Jahr 2008. Wie sich dabei der Anteil der Nanoelektronik zur
Mikroelektronik entwickeln wird und für welche Branchen sich daraus welche
Konsequenzen ergeben, ist bisher noch nicht hinreichend systematisch untersucht
worden, konnte jedoch mittels Sekundäranalyse ausgewählter kommerzieller
Marktstudien herausgefiltert werden. Die Durchführung eines gesonderten
Workshops war aus diesem Grund nicht notwendig.
Kapitel 6
157
durch das Projektteam nochmals aufbereitet und vor ihrer abschließenden
Dokumentation abermals in das jeweilige branchenspezifische
Expertennetzwerk zur Validierung eingespeist.
6.3
Chemie
Die Chemische Industrie gehört in Deutschland traditionell zu den
exportstärksten Branchen: Über die Hälfte des vom Standort Deutschland
erzielten Umsatzes wird direkt im Ausland erzielt. Das weltweite
Marktwachstum ist deutlich größer als im Inland. Die sehr starke
internationale Einbindung der Grundstoff- und Spezialchemie in den
wechselseitigen Warenaustausch zeigt sich an außerordentlich hohen
Import- sowie Exportquoten im Vergleich zu verarbeiteten
Industriewaren insgesamt. Diese erreichen bei Gütern der
Grundstoffchemie um die 70 Prozent, bei Spezialchemikalien Werte von
90 Prozent (VCI, 2003).
Innerhalb der Grundstoffchemie hat Deutschland Spezialisierungsvorteile
bei Farbstoffen, Anorganika und Kunststoffen. Mit einer deutlich über
dem Durchschnitt des Verarbeitenden Gewerbes liegenden lnnovationstätigkeit strahlt die Chemieindustrie weit in andere Branchen hinein,
liefert diesen Vorprodukte und Anregungen für Innovationen. Es gibt
keinen besseren Beleg für ihre Schlüsselfunktion als ihre enge
wirtschaftliche Verflechtung. Grundstoff- und Spezialchemie gehören
auch zu denjenigen Zweigen, die in Deutschland auf besonders günstige
Nachfragebedingungen treffen: Anspruchsvolle Nachfrager (Automobilund Maschinenbau, Medizin- und Analysetechnik) treiben zu einer hohen
Innovationsrate. Wichtige Abnehmer waren z. B. die Automobil-, die
Verpackungs- und die Bauindustrie. Auf der anderen Seite kommen
chemische Erzeugnisse in den Bereichen Gesundheit, Umwelt und
Ernährung zum Einsatz. Chemische Erzeugnisse tragen auf breiter Ebene
zu einer Steigerung der Lebensqualität bei. Den größten Anteil am
Produktionswert der deutschen chemischen Industrie hatten im Jahr 2002
die Fein- und Spezialchemikalien mit gut 25 Prozent. Auf den weiteren
Plätzen folgten die Polymere und die pharmazeutischen Erzeugnisse.
Die deutsche Chemische Industrie nimmt bei FuE im internationalen
Vergleich unvermindert eine Spitzenposition ein. Von den anderen
westlichen Industrieländern rangiert lediglich Japan vor Deutschland.
Selbst die Chemische Industrie in den USA produziert weniger FuEintensiv als die in Deutschland. Tendenziell wahrnehmbar wird, dass
chemische Forschung immer deutlicher zur Sache der Großunternehmen
zu werden scheint (BMBF, 2002).
Innerhalb der deutschen Wirtschaft nimmt die Chemische Industrie eine
hervorgehobene Stellung ein: Der Anteil der Chemiebetriebe am Umsatz
6
Siehe dazu unter anderem die Berichte des BMBF „Zur technologischen
Leistungsfähigkeit Deutschlands“ seit Ende der neunziger Jahre.
Starke
Internationalisierung im Bereich
der Chemischen
Industrie
158
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
des Verarbeitenden Gewerbes beträgt rund zehn Prozent. Damit liegt sie
unter den Branchen des Verarbeitenden Gewerbes auf dem vierten Rang.
Mit einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 1,8 Prozent
zwischen 1991 und 2002 wuchs die Chemieproduktion schneller als die
Produktion des Verarbeitenden Gewerbes insgesamt. Beachtlich ist der
Aufwand zur Erhaltung und Entwicklung der technologischen Basis: Mit
8,2 Mrd. EUR werden 18,2 Prozent der FuE-Aufwendungen der
deutschen Wirtschaft von der chemischen Industrie getätigt. Die
deutschen Chemieunternehmen beschäftigten im Jahr 2002 im
Durchschnitt 462.000 Mitarbeiter in Deutschland. Die Branche liegt
damit auf Platz sechs unter den Branchen des Verarbeitenden Gewerbes.
Die positive Beschäftigungswirkung der Chemieindustrie geht weit über
die eigene Branche hinaus. Durch die Nachfrage der Chemieunternehmen
werden bei inländischen Zulieferern mehr als 380.000 Arbeitsplätze
geschaffen.
Die Chemische Industrie produziert eine breite Palette an Produkten für
die verschiedensten Lebensbereiche. Auf der einen Seite stellt die
Chemieindustrie Vorprodukte für andere Industriezweige her. Zu dieser
Gruppe gehören anorganische Grundchemikalien, Petrochemikalien,
Polymere sowie Fein- und Spezialchemikalien. Im Jahr 2002 wurden
insgesamt rund 70 Prozent der Chemieproduktion an industrielle
Weiterverarbeiter geliefert.
Nanomaterialien
haben als Vor- und
Zwischenprodukte
eine wachsende
Bedeutung bei der
Erzeugung
hochwertiger
Spezialchemikalien
Die Nanotechnologie, insbesondere der Bereich Nanomaterialien, wird in
Zukunft eine wachsende Bedeutung in der chemischen Industrie bei der
Erzeugung hochwertiger Spezialchemikalien überwiegend auf der
Wertschöpfungsstufe von Vor- und Zwischenprodukten spielen. In
einigen Teilbereichen ist die Anwendung von Nanomaterialien schon
lange etabliert, z. B. bei Industrierußen, Pigmenten, Polymerdispersionen
und Kolloiden. In anderen Bereichen, insbesondere für Anwendungen im
Gesundheitswesen oder der Elektronik, befinden sich eine Reihe
neuartiger Nanomaterialien in der Forschungspipeline, die erst in den
kommenden Jahren ihr wirtschaftliches Potenzial entfalten werden. Da
Materialinnovationen einen der wesentlichen Treiber für den
technologischen Fortschritt darstellen, werden neue Nanomaterialien eine
Schrittmacherfunktion für innovative Produkte auch in anderen
Industriezweigen einnehmen.
6.3.1
Wertschöpfungsketten und Anwendungspotenziale
Nanomaterialien, Precursoren und Beschichtungstoffe bilden den
Ausgangspunkt der Wertschöpfungsketten der Nanotechnologie im
Bereich Chemie. Aus diesen Grundstoffen werden im nächsten Schritt
Vorprodukte und Halbzeuge hergestellt, die sowohl in der Chemie als
auch in anderen Industriezweigen weiterverarbeitet werden. Die
Endanwendungen und Produkte chemischer Erzeugnisse umfassen
Kapitel 6
nahezu sämtliche Industriezweige, von denen für die Nanotechnologie
insbesondere die Medizin, Kosmetik, Automobilbau, IuK-Technik sowie
die Energie- und Umwelttechnik von wirtschaftlicher Bedeutung sind
(vgl. Tabelle 6.1).
Grundstoffe
(Nanomaterialien/Precursoren)
Vorprodukte/
Halbzeuge
•
Katalysatoren
•
Membranen/Filter
•
Pigmente/Farben
•
Poliermittel
Organische Nanopartikel
Polymerdispersionen, Farbstoffe,
Wirkstoffe, Makromoleküle
(Dendrimere etc.)
•
Füllstoffe
•
Sensoren
•
Wirkstoffe/Träger
•
Folien/Verpackung
Nanoporöse Materialien
Aerogele, Zeolithe ...
•
Textilfasern
•
Markerstoffe
Nanokomposite
Glas/Keramik, Metalle/Legierungen, Polymere, Organische
Halbleiter, Ferrofluide, etc.
•
Supraleiter
•
Thermoelektrika
•
Beschichtete
Halbzeuge
Anorganische Nanopartikel
Metalloxide, Schichtsilikate
Metalle, Fullerene, CNT, Carbon
Black, Aerosil, Lanthanoide
Precursoren/
Beschichtungsstoffe
Metallorganika, div.
Chemikalien, PVD-Targets
Tabelle 6.1:
Anwendungen/
Produkte
(Bauteile/Systeme)
Medizin
Drug Delivery,
Biochips,
Implantate,
Antimikrobika
Kosmetik
Sonnencreme,
Zahnpasta,
Automobil
Reifen,
Karosseriewerkstoffe, Abgasreinigung,
Brennstoffzelle,
Scheiben und
Spiegel, LEDBeleuchtung
IuK
Datenspeicher,
Displays,
Laserdioden,
Glasfasern
Energie/Umwelt
Solarzellen,
Batterien, Brennstoffzellen,
Kondensatoren
Potenzielle Anwendungen von Nanomaterialien in verschiedenen Stufen
der Wertschöpfungskette
Von Vertretern deutscher Nanotechnologie-Unternehmen in der
chemischen Industrie ist im Rahmen eines Workshops eine Priorisierung
des wirtschaftlichen Potenzials verschiedener Nanotechnologieanwendungen für den Zeithorizont 2006 vorgenommen worden. Die Ergebnisse
sind in den folgenden Grafiken dargestellt.
Zwischenprodukte der chemischen Industrie, in denen die
Nanotechnologie Anwendung finden wird, lassen sich unter anderem in
folgende Kategorien einordnen:
•
Katalysatoren
(nanoporöse
keramische
Katalysatorträger,
nanopartikuläre Edelmetallkatalysatoren für eine Vielzahl chemischer
Reaktionen und Prozesse etc.)
159
160
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
•
Filtration und Separation (nanoporöse Membranen auf Basis
organischer,
anorganischer
oder
organisch-anorganischer
Hybridmaterialien
•
Komposit-Werkstoffe (nanopartikelverstärkte Polymere, Keramiken
oder Metalle)
•
Beschichtungsmaterialien (Sole und Dispersionen zur Beschichtung
von Metallen und Kunststoffen)
•
Additive/Füllstoffe (nanopartikuläre Füllstoffe wie Kieselsäure,
Carbon Black als Zusatz für eine Vielzahl chemischer Produkte wie
Gummi, Pharmaka, Farben etc.)
•
Mikronisierte Wirkstoffe (nanopartikuläre organische Wirkstoffe
z. B. Vitamine als Lebensmittelzuätze oder pharmazeutische
Wirkstoffe in Arzneimitteln, unter anderem für eine bessere
Bioverfügbarkeit)
•
Drug Carrier (nanopartikuläre Transportsysteme für pharmazeutische
Wirkstoffe zum selektiven Wirkstofftransport oder nanoporöse
Materialien für eine kontrollierte Wirkstoffabgabe, z. B. für
Düngemittel oder Pestizide in der Landwirtschaft, Duftstoffe in
Textilien etc.)
•
Farben/Lacke (kratzfeste Klarlacke auf Basis vernetzter Polymere,
Ormoceren, Dendrimeren etc., Effektfarben auf Basis monodisperser
Nanopartikel etc.)
•
Sensoren (Temperatur-, Druck- und chemische Sensoren auf Basis
von Nanomaterialien, z. B. Metalloxiden, Nanoröhren oder
nanostrukturiertem Graphit)
•
Klebstoffe (Polymerdispersionen, Klebstoffe auf Basis magnetischer,
nanopartikulärer Verbundstoffe für schaltbare Klebstoffe,
Metallnanopulverfür als Zusatz für leitfähige Klebstoffe etc.) Darüber
hinaus kommen noch eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten
in anderen Industriezweigen hinzu (vgl. Kapitel Nanomaterialien).
In einem Workshop mit Vertretern deutscher Nanotechnologieunternehmen aus dem Bereich Chemie/Schichttechnologie wurden
nanotechnologische Produkte auf ihre wirtschaftliche Relevanz hin bis
zum Jahr 2006 bewertet. Die Ergebnisse sind aufgeschlüsselt nach den
Bereichen Grundstoffe, Zwischenprodukte und Endanwendungen in
Abbildung 6.1, Abbildung 6.2 und Abbildung 6.3 dargestellt.
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M
Kapitel 6
7
6
4
1
Abbildung 6.1:
Zwischenprodukte auf Basis
von Nanomaterialien
Abbildung 6.2:
Priorisierung nanotechnologischer Zwischenprodukte hinsichtlich der
Marktrelevanz für die Chemische Industrie bis zum Jahr 2006
(angegeben ist die Anzahl der Nennungen durch die
Workshopteilnehmer)
161
9
8
Anorganische
Nanopartikel
5
Organische
Nanopartikel
Nanostrukturierte
Werkstoffe/Komposite
3
2
Materialien für
Nanobeschichtungen
Hybridmaterialien
0
Priorisierung nanotechnologischer Grundstoffe hinsichtlich der
Marktrelevanz für die Chemische Industrie bis zum Jahr 2006
(angegeben ist die Anzahl der Nennungen durch die
Workshopteilnehmer)
12
Zwischenprodukte auf Basis
nanoskaliger Funktionsschichten
10
8
6
4
2
0
162
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
9
Information/
Kommunikation
8
Medizin
7
Textil
6
Lebensmittel/
Getränke
5
Bautechnik
4
Automobil
3
Energieversorgung
2
Kosmetik
1
Abbildung 6.3:
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0
Priorisierung nanotechnologischer Produkte in verschiedenen
Anwendungsfeldern hinsichtlich der Marktrelevanz für die Chemische
Industrie bis zum Jahr 2006 (angegeben ist die Anzahl der Nennungen
durch die Workshopteilnehmer)
Am relevantesten für das wirtschaftliche Potenzial der chemischen
Industrie bis zum Jahr 2006 wurden bewertet:
Grundstoffe:
•
Metalloxid-Nanopartikel (z. B. Titandioxid)
•
Funktionalisierte Nanopartikel
•
Organische Halbleiter
Zwischenprodukte der chemischen Industrie
•
Nano-Komposite
•
Kratzfestbeschichtungen
Produkte in anderen Anwendungsfeldern
•
Information und Kommunikation (Elektronik auf Basis funktionaler
schichten)
•
Automobil (Lacke und funktionalisierte Oberflächen)
•
Kosmetik (Sonnenschutzmittel auf Basis von MetalloxidNanopartikel)
Im Folgenden werden die Wertschöpfungsketten in der chemischen
Nanotechnologie für die im Rahmen des Workshops als wirtschaftlich
relevant bewerteten Beispiele näher erläutert. Die tabellarische
Zusammenfassung
enthält
Angaben
über
die
eingesetzten
Kapitel 6
Nanomaterialien, Zwischenprodukte, Anwendungen, Technologien und
die durch Nanotechnologie verbesserten Produkteigenschaften.
Nanomaterial
Zwischenprodukte
Anwen
dungen
Metalloxide
Dispersionen
Sole, CMPSlurries
Funktionalisierte
Nanopartikel
(beschichtete
Nanopartikel
hochvernetzte Polymere)
Komposite,
Dispersionen
Schichten,
Lacke,
Folien,
Biomarker
Organische
Halbleiter
Opt. Schichten, elektron.
Schichten
Elektronik,
Sonnenschutz,
Diagnostik,
transparente
leitfähige
Schichten
Produkt-/
Plagiatschutz
(Dokumente,
Luxusgüter),
druckbare
Elektronik,
Displays,
Diagnostik,
Autolacke,
Verpackungen
Beleuchtung,
Displays, flexible Elektronik, Sensoren
Kohlenstoffnanoröhren
Tabelle 6.2:
6.3.2
Technolgien
Herstellung
aus Gas-/
Flüssigphase,
Fällung
Verbesserte
Produkteigenschaften
Transparenz,
Verarbeitbarkeit,
Homogenität
Herstellung
aus Gas-/
Flüssigphase
Fällung, Oberflächenmodifizierung,
Verarbeitung
durch Ink-Jet
Mech. Effekt
(Komposite),
Kratzfestigkeit,
Selbstreinigung,
hohe spez. Oberfläche (Additive),
Transparenz, Verarbeitbarkeit
Herstellung
aus Gas-/
Flüssigphase
Optoelektronische
und Halbleitereigenschaften,
Verarbeitbarkeit
PolymerElektronik,
Abscheidung
Leitfähigkeit, mekomposite,
Displays, Kon- aus der
chanische EigenMembranen, struktionsGasphase
schaften,
Fasern, Feld- werkstoffe,
(CVD)
FeldemisemissionsAntistatikversionseigenschaften
spitzen
packungen
Beschreibung der Wertschöpfungsketten für verschiedene priorisierte
nanotechnologische Anwendungen in der chemischen Industrie
Marktpotenziale
Marktpotenziale in der Nanotechnologie ergeben sich für die Chemische
Industrie in erster Linie durch die Herstellung Nanotechnologie-basierter
Grund- und Zwischenprodukte, die zum Teil in der chemischen Industrie
aber auch in anderen Industriezweigen weiterverarbeitet werden. In der
Tabelle 6.3 sind die Abschätzungen der Marktpotenziale für verschiedene
nanostrukturierte Grund- und Zwischenprodukte zusammengestellt. Auf
eine Darstellung der Marktpotenziale der Endprodukte wird in dieser
Darstellung verzichtet, da die Wertschöpfung zum Großteil außerhalb der
chemischen Industrie und auch außerhalb des Nanotechnologiesektors
anfällt.
163
164
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Grund-/Zwischenprodukte
Jährliches Weltmarktvolumen
(Bezugsjahr)
Rohstoffe
CVD-Precursoren
50-250 Mio. EUR (2006)12
Sol-Gel-Materialien
50-250 Mio. EUR (2006)12
PVD-Targets für Magnetoelektronik
300 Mio. USD (2006)13
Nanomaterialien
Metalloxid-/Metall-Nanopartikel
900 Mio. USD (2005)1
Nano-Kieselsäure
800 Mio. EUR (2003)2
Nano-Schichtsilikate
25 Mio. USD (2006)3
Kohlenstoffnanoröhren
145 Mio. USD (2005)4, 1,2 Mrd. USD
(2006)5
Carbon Black
3 Mrd. USD (2002)6, 5,7 Mrd. (2002)3,
8 Mrd. USD (2006)5
Polymerdispersionen
15 Mrd. EUR (2002)7
Organische Halbleiter
500 Mio. USD (2005)10
Dendrimere
5-15 Mio. EUR (2006)3
Mikronisierte Wirkstoffe (Vitamine,
Pharmaka)
1 Mrd. EUR (2002)7
Zeolithe
2,6 Mrd. USD (2006)5
Aerogele
10 Mrd. USD (2005)8
Polymere Nanokomposite
300 Mio. USD (2006)3, 1,1 Mrd. USD
(2006)5 1,5 Mrd. EUR (2009)9
Zwischenprodukte
Korrosionschutzpapier
10-50 Mio. EUR (2006)12
Lacke
50-250 Mio. EUR (2006)12
Folien für Displays
50-250 Mio. EUR (2006)12
Markerstoffe
250-500 Mio. EUR (2006)12
Nanosensoren
Temperatursensoren
4,6 Mio. USD (2004), 217 Mio. USD
(2011) 11
Drucksensoren
4,4 Mio. USD (2004), 87 Mio. USD
(2011) 11
Chemische Sensoren
Tabelle 6.3:
1
1,3 Mio. USD (2007), 36 Mio. USD
(2011) 11
Abschätzungen des Weltmarktes nanotechnologischer Produkte in der
chemischen Industrie
BCC, 2002, 2 Wacker Silicones, 2003, 3 SRI, 2002, 4 Mitsubishi Research Institute,
20025, Fecht et al., 2003, 6 Reuters, 2002, 7 BASF/Distler, 2002, 8 Aspen Systems,
2001, 9 Stevenson, 2003, 10 Frost&Sullivan, 2002, 11 Frost&Sullivan, 2003, 12 Unternehmensbefragung, 13 Platinum Association, 2003
Wie aus der Tabelle 6.3 hervorgeht, weisen derzeit insbesondere die
„klassischen“ Nanomaterialien wie Carbon Black, Polymerdispersionen
oder Zeolithe jährliche Umsätze im Mrd. USD Bereich auf. Für neuere
Nanomaterialien wie Nanopartikel, Kohlenstoffnanoröhren und polymere
Nanokomposite
wird
mittelfristig
jedoch
mit
jährlichen
Kapitel 6
Marktwachstumsraten von mehreren 100 Prozent gerechnet. Diese
Annahmen gehen allerdings von sehr optimistischen Voraussetzungen
aus, z. B. dass die Herstellungsprozesse für Nanomaterialien ohne
Schwierigkeiten auf industriellen Maßstab hochskaliert werden können
und dass durch Nanomaterialien deutliche Preis-Performance-Gewinne
ermöglicht werden.
Marktwachstum bis 2006
Aus Sicht deutscher Nanotechnologieunternehmen der chemischen
Industrie werden Wachstumspotenziale vor allem im Bereich
funktionaler Beschichtungen gesehen (z. B. Elektronik, kratzfeste
Schichten, Korrosionsschutz, Oberflächenfunktionalisierung von Automobilkomponenten), aber auch im Bereich Organische Halbleiter und
Nanokomposite. Deutsche Unternehmen haben insbesondere in den Bereichen Funktionalisierte Nanopartikel, Metalloxid-Nanopartikel und
Organische Halbleiter eine starke Position im Weltmarkt. Auffällig ist
der Bereich Kohlenstoffnanoröhren, in dem deutsche Unternehmen nur
schwach vertreten sind. Hier dominieren japanische (z. B. Mitsui) und
amerikanische Unternehmen (z. B. Carbon Nanotechnologies).
Kratzfeste
Organische
Elektronik auf Ba- Schichten
Halbleiter
sis Nano-Schichten
Funktional. Oberflächen im Auto Korrosionsschutzsch.
Tribologische
NanoSchichten
Komposite
Funkt.
Biochips/
Nanopartikel
Folien
CNT
-marker
Lacke
MetallSonnen
oxide
schutz
hoch
mittel
gering
schwach
Nanomaterialien
(Grundstoffe)
Abbildung 6.4:
6.4
mittel
Nanotechnologisch beeinflusste
Zwischen-Produkte
stark
Position D
Nanotechnologisch beeinflusste
Produkte in sonst. Anwendungsfeldern
Marktwachstum und Position Deutschlands im Bereich
nanotechnologischer Produkte der chemischen Industrie
Automobilbau
Deutschland hat eine weltweite Spitzenposition im Automobilbau, die in
erster Linie durch eine Fokussierung auf den Bereich der Spitzentechnik
erarbeitet werden konnte, um somit den gestiegenen Anforderungen der
Märkte gerecht zu werden und die Exportfähigkeit deutscher
Automobilbau zu erhalten. Die Automobilbranche, die eine volkswirtschaftliche Schlüsselgröße für Deutschland darstellt, erwirtschaftete 2001
einen Umsatz von 202 Mrd. Euro. Davon entfielen 69 Prozent auf die
165
166
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Hersteller von Kraftwagen und deren Motoren, gut drei Prozent auf die
Hersteller von Anhängern, Aufbauten und Containern sowie 28 Prozent
auf die Kfz-Teile- und die -Zubehörindustrie. Damit erzielte die
Automobilindustrie ein Sechstel des gesamten industriellen Umsatzes in
Deutschland. Mit 121 Mrd. Euro erbrachte die deutsche
Automobilindustrie 60 Prozent ihres Umsatz im Ausland. Die deutschen
Automobilhersteller und Zulieferer beschäftigen weltweit mehr als 1,5
Millionen Menschen, davon mehr als die Hälfte in Deutschland. Die
Beschäftigung im Inland konnte in den letzten Jahren ausgebaut werden:
Seit 1994 wurde die Zahl der Arbeitsplätze im Inland um 122.000 erhöht.
Trotz der konjunkturellen Schwäche im Jahr 2002 blieb die
Beschäftigung in der Automobilindustrie mit 763.500 Personen nahezu
konstant. Bei den Zulieferern wurde aufgrund der Übernahme
zusätzlicher Wertschöpfung von den Herstellern sogar zusätzliches
Personal eingestellt. Die deutsche Automobilindustrie beschäftigt mehr
als 12,8 Prozent aller Erwerbstätigen der gesamten deutschen Industrie.
Sie bringt gleichzeitig ein Drittel der FuE-Ausgaben der deutschen
Wirtschaft und ein Fünftel der Investitionen auf. In den letzten fünf
Jahren wurden in Deutschland 49 Mrd. Euro investiert; die FuEAusgaben lagen in diesem Zeitraum bei mehr als 65 Mrd. Euro. Das
FuE-Personal wurde in den letzten Jahren deutlich auf über 70.000
Personen erhöht (VDA, 2003).
Hoher
Innovationsdruck
wird den Einsatz
der Nanotechnologie in der
Automobiltechnik
begünstigen
Innovationen und Spitzentechnologie sind somit zwingende
Voraussetzungen, um die Wettbewerbsfähigkeit im Automobilbau zu
erhalten. Steigende staatliche Reglementierungen bei der Sicherheit und
der Umweltverträglichkeit sowie immer höhere Kundenerwartungen in
Bezug auf Leistung, Komfort und Design von Automobilen werden ein
ständiger Antrieb für die Einführung innovativer Technologien sein.
Diese Rahmenbedingungen werden die Verbreitung nanotechnologischer
Anwendungen im Automobilbau sicherlich forcieren. Aufgrund ihres
breiten Querschnittscharakter wird eine Vielzahl von Automobiltechnologien von der Nanotechnologie beeinflusst werden. Es ist abzusehen, dass eine nanotechnologische Kompetenz im Automobilbau der
Zukunft zu den Kernfähigkeiten gehören wird, die erforderlich sind, um
die internationale Wettbewerbsfähigkeit dieser für die deutsche
Volkswirtschaft wichtigen Branche zu erhalten (TAB, 2003).
6.4.1
Wertschöpfungsketten und Anwendungspotenziale
Die Nanotechnologie wird Fortschritte im Hinblick auf alle für die
weitere Entwicklung des Automobils relevanten Kriterien ermöglichen,
von der Ökologie (mit den Teilaspekten Energieeffiziente Antriebe,
Leichtbau, Schadstoffreduktion und Ressourcenschonung) über die
Sicherheit (passive und aktive Sicherheit) bis hin zum Komfort (mit den
Teilaspekten Passenger Wellness, Produktdesign und Infotainment).
Dieses wird allerdings nur vor dem Hintergrund ökonomisch
Kapitel 6
wettbewerbsfähiger Technologien mit konkurrenzfähigem
Performance-Verhältnis möglich sein (vgl. Abbildung 6.5)
Energieeffizienz
Betriebskosten
Preis-
Ressourcenschonung
Ökologie
Schadstoffreduktion
Ökonomie
Kaufpreis
Passive
Sicherheit
PassengerWellness
Sicherheit
Aktive
Sicherheit
Komfort
Produktdesign
Abbildung 6.5:
Unterhaltung/
Infotainment
Wettbewerbsrelevante Produktanforderungen im Automobilbau
(Quelle: Automobilhersteller Deutschlands, VDI TZ)
Der Reifegrad nanotechnologischer Entwicklungen im Automobilbau
reicht heute von bereits eingesetzten Komponenten oder Teilsystemen
(z. B. reflexionsfreie Instrumentenbeschichtung) über konkrete Entwicklungsbemühungen (z. B. beschlagfreie Scheiben) bis hin zum Stadium
von visionären Produktideen mit einer allenfalls langfristigen
Realisierbarkeit (z. B. schaltbare Lackfarben oder selbstgestaltende
Karosserien). Nanotechnologische Anwendungen werden für eine
Vielzahl von Produktgruppen und Komponenten diskutiert, wie aus der
Tabelle 6.4 hervorgeht.
167
168
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Grundstoffe/-verfahren
(Nanomaterialien/Tools )
Materialien, Werkstoffe
• Hochfeste Stähle
• Metall-MatrixKomposite
• Nanopartikel
verstärkte Polymere
• Katalytische
Nanopartikel
• Thermoelektrika
• Nano-Klebstoffe
• Nanofluide ...
Verfahren/Tools
• PVD-, CVDVerfahren
• Nanopartikelsynthese
• Ionenstrahl-/
Plasmaverfahren ...
Funktionale Schichten
• Ultra-hydrophob
• Elektrochrom
• Antireflex
• Verschleißschutz
• Kratzfestigkeit
Elektronik und Sensorik
• Magnetoelektronik
• WBG-Halbleiter (SiC,
GaN)
• LED, OLED ...
Tabelle 6.4:
Komponenten/
Systeme
Fahrwerk
• Reifen
• Stoßdämpfer
• Sensorik
Antriebssystem
• Zündanlage,
Einspritzung
• Kraftstofftank/zusätze
• Abgasanlage
• Brennstoffzelle
• Batterien
• Schmiermittel,
Kühlung
• Thermoelektrische
Abwärmenutzung
Karosserie/Außenhaut
• Tragende Struktur
• Scheiben
• Lackierung
• AußenhautFunktionalisierung
Innenraum/Ausstattung
• Konsolen/Armaturen
• Anzeigen/Displays
• Beleuchtungstechnik
• Elektronik, DV
Anwendungen
Sicherheit
• Aktive Sicherheit
(Bremsen
• Scheinwerfer, Sicht
(indirekte Sicht, Radar
etc.), Fahrverhalten)
• Passive Sicherheit
(Fahrzeugstruktur,
Airbag, Fußgängerschutz
Komfort/Design
• Klimatisierung
• Effektlackierung
• Selbstreinigende
Oberflächen
• Unterhaltung/
Infotainment (Internet,
Videodienste
• Navigations-/
Verkehrsleitsysteme
Umwelt/Nachhaltigkeit
• Kraftstoffverbrauch
• Schadstoffemissionen
• Geräuschemissionen
• Ressourcenschonende
Produktion
• Recycling
Potenzielle Nanotechnologie-Anwendungen im Automobilbau in
verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette
Einige wesentlichen Anwendungen der Nanotechnologie im
Automobilbau werden im Folgenden kurz erläutert (vgl. FHG-INT, 2003
bzw. TAB, 2003).
6.4.1.1 Nanomaterialien als Konstruktionswerkstoffe
Im Bereich der Konstruktionswerkstoffe richten sich nanotechnologische
Entwicklungsbemühungen hauptsächlich auf die Verringerung des
Fahrzeuggewichtes durch Leichtbaumaterialien, um damit Kraftstoffeinsparungen
zu
ermöglichen.
Dies
betrifft
beispielsweise
nanopartikelverstärkte bzw. mit Nanofüllstoffen versehene Polymere,
deren physikalische und chemische Eigenschaften mit den Füllstoffen
modifiziert und optimiert werden können. Insgesamt wird den
polymerbasierten Nanoverbunden gerade im Automobilbau eine große
Zukunft vorausgesagt, wenn neben der Lösung der immer noch
Kapitel 6
bestehenden technologischen Probleme auch eine Verringerung der
bisher noch sehr hohen Preise gelingt. Anwendungsmöglichkeiten gibt es
überall, wo bisher konventionelle Kunststoffe eingesetzt werden, also in
der gesamten Innenausstattung, aber z. B. auch in Gehäusen von
Elektrobauteilen (Hohenberger, 2000). Auch die Eigenschaften von
Metallen lassen sich durch das Einbringen weiterer Phasen im
Nanometerbereich stark verbessern. So werden vom japanischen
Stahlhersteller NKK nanopartikelverstärkte Stähle für den KarosserieLeichtbau entwickelt (Materials World, 2001). Auch andere Metalle wie
beispielsweise das für den Automobilbau relevante Aluminium lassen
sich beispielsweise durch nanostrukturierte keramische Fasern
(insbesondere Siliziumkarbid, aber auch Alumiumoxid oder
Aluminiumnitrid) in ihren mechanischen Eigenschaften gezielt
verbessern. Ebenfalls von hoher Bedeutung ist das Thema
Korrosionsschutz
für
die
Funktionserhaltung
der
für
Konstruktionszwecke eingesetzten Werkstoffe. Die Nanotechnologie
bietet hier Lösungen, beispielsweise durch Anwendung Sol-Gel-basierter
Korrosionsschutzschichten mit anorganisch-organischen Hybridmaterialien, die eine umweltverträglichere Alternative zu schwermetallhaltigen
Korrosionsschutzsystemen darstellen und auch aus wirtschaftlichen
Gesichtspunkten konkurrenzfähig sind. In Deutschland beschäftigt sich
z. B. die Firma Nano Tech Coatings (NTC) mit der Herstellung derartiger
Korrosionschutzsysteme (Aschenbrenner, 2003).
Der Verschleißschutz mechanisch hochbeanspruchter Bauteile wie z. B.
Dieseleinspritzpumpen
ist
ein
weiteres
Einsatzgebiet
der
Nanotechnologie im Automobilbau. Mittels Plasmaverfahren hergestellte
nanostrukturierte Hartschichten auf Kohlenstoff (DLC)-, Carbid- oder
Nitrid-Basis sind hier das Mittel der Wahl, um höhere Einspritz-Drucke
zu ermöglichen, die notwendig sind, um den wachsenden Anforderungen
an Kraftstoffeinsparungen und Schadstoffreduktion gerecht zu werden.
Derartige Systeme werden in Deutschland unter anderem von der Firma
Bosch hergestellt (Bosch, 2001). Bei den bisherigen DLC-Anwendungen
im Kfz-Bereich, wie der Beschichtung von hochbelasteten Komponenten
von Diesel-Einspritzsystemen oder reib- und verschleißminimierten
Ventilen, liegen die Schichtdicken noch im Bereich weniger µm mit der
Tendenz zu weiterer Reduzierung.
Gewichteinsparungen lassen sich weiterhin durch den Einsatz von
Kunststoff statt Glas in Automobilverscheibungen realisieren. Derartigen
Kunststoffscheiben, z. B. auf Polycarbonatbasis, lässt sich durch
transparente nanoskalige Schichten die Kratzfestigkeit von Mineralglas
verleihen, so dass ein Einsatz in hochbeanspruchten Automobilscheiben
möglich wird. In Deutschland werden diese Entwicklungen unter
anderem von der Exatec GmbH, einem Joint Venture der Bayer AG und
General Electric, vorangetrieben. Entsprechende Beschichtungen werden
bereits seit einiger Zeit bei Kunststoffbrillengläsern eingesetzt.
169
Nanomaterialien für
Leichtbau,
Korrosions- und
Verschleißschutz im
Automobilbau
170
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Langfristig wird die Entwicklung transparenter Leichtbauwerkstoffe mit
geringer Dichte und hoher Steifigkeit angestrebt, die eine transparente
Kuppel ermöglichen könnte und durch den Verzicht auf A-, B- und CSäule zu einer verbesserten Rundumsicht führen würde.
Von besonderer Bedeutung im Konstruktionsbereich sind auch
nanotechnologische Klebetechniken und Haftvermittler, mit denen sich
Energie bei den Fügeprozessen sparen (kleben statt schweißen),
umweltbelastende Klebemittel ersetzen und Recyclingprozesse
vereinfachen lassen. Eine interessante Anwendung könnte sich durch
Klebstoffe ergeben, die mit magnetischen Nanopartikeln modifiziert sind.
Die Hafteigenschaften dieser Klebstoffe können von außen durch
elektromagnetische Strahlung gesteuert werden, indem die auf diese
Weise eingekoppelte thermische Energie chemische Reaktionen oder ein
thermisches Aufschmelzen bewirkt. Derartige Anwendungen werden von
der Firma Sustech GmbH in Darmstadt entwickelt.
Die Nutzung nanostrukturierter Rußpartikel als Füllstoffe in Autoreifen
ist schon länger Stand der Technik. Fortschritte bei der Herstellung
neuartiger Nanostrukturruße unter anderem der Firma Degussa werden in
Zukunft weitere Optimierungen der Reifeneigenschaften, wie z. B. die
Reduzierung des Rollwiderstandes, ermöglichen.
6.4.1.2 Oberflächenfunktionalisierung
Breites
Anwendungsfeld für
nanostrukturierte
funktionale
Oberflächen im
Automobilbau
Ein wichtiges Anwendungsgebiet der Nanotechnologie im Automobilbau
ist die Funktionalisierung im Bereich der vom Nutzer direkt
wahrnehmbaren Oberflächen des Autos, wie z. B. die Lackierung,
Scheiben oder Instrumente im Cockpitbereich. Hier gibt es eine Vielzahl
von Ideen und zum Teil bereits verwirklichten Anwendungen (vgl. FhGINT; 2003, TAB, 2003).
Eine bereits seit längerem praktizierte Standardanwendung ist die
Herstellung von Scheinwerferreflektorbeschichtungen. Sowohl die
hauchdünne Barrieregrundierung des Reflektors als auch die
aufgedampfte Aluminium-Reflexionsschicht und die Korrosionsschutzoberfläche sind nur nanometerdünn. Die wesentlichen Vorteile
gegenüber konventionellen Beschichtungen liegen in einem höheren
Reflexionsgrad und damit einer höheren Lichtbrillanz sowie in einer
längeren Haltbarkeit aufgrund der besonders großen Dichte der
Korrosionsschutzschicht (Rügheimer und Schiller, 2002).
Eine ebenfalls bereits realisierte Anwendung ist der Einsatz von
Antireflexionsbeschichtungen auf Abdeckscheiben im Displaybereich.
Diese in der Industrie schon lange etablierte Anwendung nanoskaliger
Interferenzschichten soll künftig insbesondere im Hinblick auf
kostengünstigere Herstellverfahren sowie die Beschichtung großflächiger
auch gekrümmter Oberflächen weiterentwickelt werden. Einen
Lösungsansatz bieten hierbei unter anderem mittels Tauchverfahren
Kapitel 6
171
aufgebrachte interferenzoptische Sol-Gel-Schichten, die unter anderem
von der Firma Schott angeboten werden.
Ein weiteres Gebiet mit hohem Produktpotenzial im Automobilbau sind
Antibeschlagschichten und Easy-to-clean-Schichten durch hydrophile
bzw. hydrophobe Oberflächen. Antibeschlagschichten lassen sich durch
Aufbringen einer chemisch modifizierten hyydrophilen Nanoschicht
realisieren. Anwendungsmöglichkeiten werden in der Beschichtung der
Scheiben-Innenseiten, der Außenspiegel oder der ScheinwerferAbdeckscheiben gesehen. Hier gibt es eine Reihe von
Entwicklungsaktivitäten und prototypischen Anwendungen. Eine
Serienproduktion ist aber noch nicht in Sicht, wegen der hohen Kosten
einer zu geringen Abriebfestigkeit und der Härte der Schichten
(Langenfeld et al., 2001). Hydrophobe Oberflächen, die sich mit Hilfe
verschiedener Prozesstechnologien durch Aufbringen unpolarer
Nanoschichten (insbesondere durch Kohlenstoff-Fluor-Verbindungen)
herstellen lassen, werden für Easy-to-clean- bzw. selbstreinigende
Oberflächen (z. B. „Lotus-effect“) in einer Vielzahl von
Anwendungsfeldern diskutiert. Als Anwendung im Automobilbau wird
an eine entsprechende Ausrüstung von Außenspiegeln, Lackoberflächen
oder der Außenseite der Windschutzscheibe gedacht. Einer weiten
Verbreitung im Automobilbau stehen derzeit ähnlich wie bei den
hydrophilen Systemen hohe Kosten, mangelhafte mechanische
Eigenschaften sowie geringe Langzeitstabilität entgegen. Dennoch sind
bereits erste Produkte auf dem Markt z. B. von der Firma Nanogate.
Eine weitere marktrelevante Anwendung der Nanotechnologie im
Automobilbau sind Effektlacke auf Basis nanoskaliger Pigmente. Diese
basieren auf der Anwendung nanoskaliger Plättchen aus Silizium- oder
Aluminiumoxid, die mit nanoskaligen Interferenzschichten aus
Metalloxiden, beispielsweise aus Titan- oder Eisenoxid, beschichtet sind,
mit denen sich verschiedene optische Effekte realisieren lassen (SepeurZeitz, 2003).
6.4.1.3 Energieeffizientere Antriebe und Energieversorgung
Eine Vielzahl von Entwicklungsbemühungen und Konzeptvorschlägen
zur Nutzbarmachung von Nanotechnologien im Automobil betrifft den
Bereich Energieversorgung/Antrieb. Zu nennen sind unter anderem
folgende Bereiche:
•
Solarzellen: In die Automobilaußenhaut integrierte Solarzellenmodule könnten künftig beispielsweise den Betrieb von
Klimaanlagen auch bei ausgeschaltetem Motor ermöglichen, was
zum Teil mit erheblichen Krafstoffeinsparungen verbunden wäre.
Verschiedene nanotechnologische Ansätze verfolgen die Optimierung
photovoltaischer Systeme, die sich auch für den Einsatz in der
Automobilbau eignen, wie z. B. Dünnschicht-Solarzellen auf Basis
Selbstreinigende
Oberflächen finden
derzeit noch wenig
Anwendung im
Automobilbau
172
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
von Polymeren (z. B. Grätzeltyp) oder Silizium (z. B. Si-GeQuantenpunkte)
•
Batterien/Kondensatoren: Die Verwendung von Nanomaterialien als
Elektroden ermöglicht die Entwicklung leistungsfähigerer Batterien
und Kondensatoren für zukünftige Anwendungen, z. B. in
Automobilen mit Hybridantrieben.
•
Brennstoffzellen: Nanotechnologien spielen eine wesentliche Rolle
bei der Optimierung von Brennstoffzellen, in erster Linie bei der
Vergrößerung reaktiver Oberflächen von Elektroden, Membranen
und Katalysatoren. Auch für eine effiziente Wasserstoffspeicherung
werden Nanomaterialien in Betracht gezogen, z. B. nanokristalline
Leichtmetallverbindungen oder auch metallorganische Verbindungen
(vgl. Müller, 2002).
•
Thermoelektrika: Der Einsatz thermoelektrischer Wandler zur
Nutzung thermischer Energie an heißen Modulen wie Zylinder im
Motor im Auto könnte in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Der
Wirkungsgrad thermoelektrischer Wandler lässt sich durch
Verwendung nanokristalliner Materialien verbessern.
6.4.1.4 Elektronik und Sensorik
Auch im Bereich der Kfz-Elektronik und -Sensorik hat die
Nanotechnologie längst Einzug gehalten und weist für die Zukunft noch
ein erhebliches Potenzial unter anderem in folgenden Anwendungen auf
(vgl. Dreßen, 2003):
•
Abb. 6.6:
LED-Rücklichter im
Automobil sind
mittlerweile Stand der
Technik
LED
LED-Rückleuchten bzw. -Bremslichter sind mittlerweile Stand der
Technik. Diese verdanken ihre Lebensdauer und Lichtausbeute bei
minimalem Stromverbrauch und Volumen einem Schichtsystem aus
Halbleitermaterialien mit Nanometer-Präzision. Weitere Optimierungen
könnten innerhalb dieses Jahrzehnts auch den LED-Frontscheinwerfer
ermöglichen. Weil LEDs viel kleiner als herkömmliche Fahrzeuglampen
sind, ergibt sich damit ein größerer Designspielraum für die
Automobilhersteller, z. B. für die weitere Reduzierung des
Luftwiderstandes und damit des Kraftstoffverbrauchs. Auch der deutlich
geringere Stromverbrauch der LEDs kommt letztlich der Reduzierung
des Kraftstoffverbrauchs zu Gute.
•
Sensoren
Die stark steigende Zahl von Sensoren im Automobilbau, wie sie z. B.
für die Motorüberwachung, das Innenraumklima und für
Sicherheitssysteme wie Airbag, ABS und ESP benötigt werden, basieren
mittlerweile zum großen Teil auf funktionstragenden Strukturen und
Schichten im Nanometerbereich.
Kapitel 6
•
Elektronik
Die Elektronik hat in den letzten Jahren eine wahre „Innovationslawine“
in der Automobilbau hervorgerufen. Die stetige Zunahme elektronischer
Systeme im Automobil und deren zunehmende Vernetzung durch
Bussysteme erfordern in Zukunft elektronische Systeme, die dem Stand
der Technik entsprechen und somit Produkte der Nanotechnologie sind.
Aktuelle Prozessoren oder Speicherchips enthalten funktionstragende
Strukturen im Bereich von 90-130 Nanometern; in wenigen Jahren wird
diese Größe auf 65 und dann auf 45 Nanometer schrumpfen. Damit
einhergehen wird jeweils ein massiver Sprung nach oben in der
Leistungsfähigkeit der Elektronik und ein massiver Sprung nach unten in
den Kosten, wie er jeweils für die zukünftigen Kfz-Systeme benötigt
wird. Mit Hilfe leistungsfähiger Nanoelektronik werden sich
beispielsweise die heutigen passiven Sicherheitssysteme wie ABS und
ESP zu aktiven Sicherheitssystemen entwickeln, die Gefahrensituationen
frühzeitig erkennen und gegebenenfalls Hindernissen aktiv ausweichen
können.
In einem Workshop wurden Vertreter deutscher Unternehmen aus den
Bereichen Automobilhersteller und Zulieferer zu einer Priorisierung der
wirtschaftlichen Relevanz verschiedener Nanotechnologieentwicklungen
bis zum Jahr 2006 befragt. Die Ergebnisse sind in der Abbildung 6.7
zusammengefasst.
9
Komponenten/Systeme
Anwendungsfelder
8
7
6
5
4
3
2
1
Abbildung 6.7:
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0
Priorisierung nanotechnologischer Komponenten/Systemen und deren
Anwendungsfeldern im Bereich des Automobilbaus hinsichtlich der
wirtschaftlichen Relevanz bis zum Jahr 2006
173
174
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Am
relevantesten
für
das
wirtschaftliche
Potenzial
von
Nanotechnologieanwendungen im Automobilbau bis zum Jahr 2006
wurden bewertet:
Komponenten/Systeme:
•
Lacke (z. B. kratzfeste Lacke, Effektlacke)
•
Außenhaut-/Oberflächenfunktionalisierung (Antireflexschichten, Antifogschichten, Easy-to-Clean-Schichten etc.)
•
Reifen (nanoskalige Füllstoffe)
Anwendungsfelder
•
Leichtbau (Nano-Komposite, funktionale Schichten etc.)
•
Verschleißminderung (Tribologische Schichten, Nanomaterialien
etc.)
•
Schadstoffreduktion (Katalysatoren, Filter, Kraftstoffzusätze etc.)
Im Folgenden werden die Wertschöpfungsketten der Nanotechnologie im
Automobilbau für einige im Workshop als wirtschaftlich relevant bewerteten Beispiele näher erläutert. Die Zusammenfassung in Tabelle 6.5
enthält Angaben zu den eingesetzten Nanomaterialien, Zwischenprodukten, Anwendungen, Technologien und den durch Nanotechnologie verbesserten Produkteigenschaften (bzw. Nanotechnologie-Bezug).
Kapitel 6
Tools/ NanoMaterialien
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Stähle
Polymere
Nanokomposite
Leichtmetalle
Gradientenschichten
Keramik
Schmierstoffe
Nanopartikel
Nanoporöse
Katalysatorträger
Membrane
Lackzusatzstoffe (UVSchutz etc.)
Pigmente
Lackierprozess
Rohstoffe
Füllstoffe
Additive
Nanoanalytik
Tabelle 6.5:
6.4.2
Komponenten/
Systeme
Anwendungen
Nanotechnologiebezug
Karosserie
Tragende
Struktur
Antrieb
Polymerscheiben
Leichtbau für
verbesserte
Kraftstoffeffizienz
nanoskalige Gefüge,
Schichten verbessern
Materialeigenschaften:
• höhere Festigkeit
• Tribologie
• kratzfeste Polymer-Scheiben
•
•
•
•
Katalysatoren
Krafstoffadditive
Partikelfilter
Alternative
Antriebe
Verringerung
von
Schadstoffemissionen
Effizienzsteigerungen
durch höhere katalytische Reaktivität (Oberflächen-VolumenVerhältnis,
Selektivität etc.)
•
•
Effektlacke
Kratzfeste
Klarlacke
Fahrzeuglackie
rung, Farbeffekte, Kratzfestigkeit
Nanoskalige
Ausgangsstoffe führen
zu verbesserten
Produkteigenschaften
•
Automobilreifen
•
•
•
•
weniger Rollnanoskalige Gefüge,
widerstand,
Schichten verbessern
höhere HaltMaterialeigenschaften
barkeit und
Haftung
Beschreibung der Wertschöpfungsketten für verschiedene priorisierte
nanotechnologische Anwendungen im Automobilbau
Marktpotenziale
Die Bewertung des Marktpotenzials der Nanotechnologie im
Automobilbau lässt sich kaum durch quantitatives Zahlenmaterial
beschreiben.
Obwohl
bereits
nanotechnologisch
beeinflusste
Komponenten im Automobilbau serienmäßig zum Einsatz kommen, ist
der Anteil der Nanotechnologie an der Wertschöpfung in der Regel nicht
bestimmbar, da die Anwendung der Nanotechnologie häufig nur einen
Verfahrensschritt bei der Herstellung komplexer Bauteile umfasst, z. B.
die Beschichtung von Scheinwerferreflektoren, Diesel-Einspritzpumpen
etc. Auch auf der Ebene von Grund- und Werkstoffen gibt es allenfalls
für Teilbereiche konkrete Abschätzungen des Marktpotenzials der
Nanotechnologie im Automobilbau, da eine branchenspezifische
Segmentierung der Umsatzzahlen von Nanomaterialien in der Regel
nicht verfügbar ist. So wird beispielsweise nur ein Teilbereich des
Weltumsatzes von Nanomaterialien wie Carbon Black in Höhe von ca. 3
Mrd. EUR pro Jahr für Anwendungen in Automobilreifen erzielt.
Innerhalb der Unternehmensbefragung und der Experteninterviews
konnten nur wenige quantitative Markteinschätzungen für Anwendungen
der Nanotechnologie im Automobilbau erhoben werden, wobei der
175
176
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Wertschöpfungsanteil der Nanotechnologie an den
Komponenten nicht beziffert werden kann (vgl. Tabelle 6.6).
genannten
Nanotechnologiekomponenten/systeme
Magnetoelektronische Sensoren im
Automobil
Jährliches Weltmarktvolumen
(Bezugsjahr)
600 Mio. USD (2006)2
Antifog-Coatings von Scheinwerferabdeckungen
50-250 Mio. EUR (2003)1
Lacke
50-250 Mio. EUR (2006)1
Automobilreifen
7 Mrd. EUR (2006)1
0,5 -1 Mrd. EUR (2006)1
Komponenten mit nanoskaligen
Hartschichten
Tabelle 6.6: Abschätzungen des Weltmarktes nanotechnologischer Produkte im
Automobilbau, Quelle: 1 Unternehmensbefragung,
2
Experteninterviews
Im Rahmen eines Expertenworkshops schätzten Vertreter deutscher
Nanotechnologie- und Automobilunternehmen die kurzfristige
Marktrelvanz der Nanotechnologie im Automobilbau als relativ gering
ein. Ursache hierfür sind die relativ langen Vorlaufzeiten für
Technologieentwicklungen, die in der Regel an die Innovationszyklen
der verschiedenen Modellserien gekoppelt sind. Zudem erschweren hohe
Qualtitäts- und Sicherheitsstandards in der Automobilindustrie eine
kurzfristige Umsetzung technologischer Innovationen, da in der Regel
langwierige Testprozeduren durchlaufen werden müssen. Mit einem
moderaten Marktwachstum bis 2006 wird in den Bereichen PolymerNanokomposite, Nanolacke und Nanobeschichtete Automobilscheiben
gerechnet, bei denen deutsche Unternehmen auch eine gute
Ausgangsposition besitzen.
Kapitel 6
Marktwachstum bis 2006
hoch
Nano-Lack
(kratzfest, Farbeffekte)
mittel
Nanobeschicht.
Leichtmetalle
gering
PolycarbonatScheiben
Nanostruktur.
Keramik
Reifen
schwach
Polymer-NanoKomposite
Nanostruktur.
Stähle
mittel
stark
Position Deutschlands
Abbildung 6.8:
Bewertung priorisierter Nanotechnologieanwendungen im
Automobilbau, bezogen auf die Position Deutschlands und das
Marktwachstum bis 2006 (Quelle: Expertenworkshop)
Langfristig (ab 2010) wird allerdings mit einem erheblich gestiegenen
Einfluss der Nanotechnologie im Automobilbau gerechnet, mit
entsprechenden Auswirkungen auch auf Marktpotenziale speziell im
Bereich der Automobilzulieferindustrie. Ein dynamischer Bereich wird
hier die Automobilsensorik sein. Es wird erwartet, dass
magnetoelektronische Sensoren auf Basis von GMR- (Giantmagnetoresistive)
bzw.
TMR(Tunnel-magnetoresistive)
Sensorschichtsystemen im Bereich Druck-/Dehnungsmessungen, z. B.
für
Reifendrucküberwachung/Fahrdynamiksysteme,
signifikante
Marktanteile gewinnen werden. Das Weltmarktvolumen für
magnetoelektronische Sensoren im Automobilbau wird im Jahr 2006 auf
ca. 600 Mio. EUR geschätzt, wobei deutsche Automobilzulieferer eine
gute Ausgangsposition haben (Quelle: Experteninterviews).
6.5
Optik
Die optische Industrie wird in der Regel unter dem Branchencluster
„Feinmechanik und Optik“ subsumiert, der außer den Optischen
Technologien auch mechatronische und medizinische Technologien
umfasst.
Hierbei handelt es sich um wachstumsstarke Branchen, die mit ihren
Hightechprodukten in fast allen Wirtschaftszweigen wie der
Informations- und Kommunikationstechnologie, in Computern, im
Automobilbau, in der Photographie oder in der berührungslosen
Messtechnik Anwendung finden und als Schlüssel- und Querschnittstechnologien eine hohe Bedeutung für den Wirtschaftsstandort
Deutschland darstellen. Die Feinmechanik und Optik ist eine stark
mittelständisch geprägte Branche. Weit über die Hälfte aller deutschen
177
178
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Erfindungen entstehen in kleinen oder mittleren Unternehmen und gerade
spezielle Problemlösungen sind oftmals eine Stärke der Kleinen. Die
optische Industrie setzt in ihren Anwendungsbereichen Consumer Optics
(Augenoptik), Photonik und Präzisionstechnik (Imaging/Phototechnik,
Laser/optische Komponenten )sowie Messtechnik und Sensorik in
breitem Umfang modernste nanotechnologische Herstellungsverfahren
und Geräte ein. Das BMBF hat die Bedeutung der optischen
Technologien erkannt und setzt mit der deutschen Agenda „Optische
Technologien für das 21. Jahrhundert“ ein Signal für einen Aufbruch in
die zukünftige Ära des Photons. Bei der optischen Industrie handelt es
sich um eine sehr forschungsintensive Branche. Durchschnittlich gut
neun Prozent des Umsatzes - in Einzelfällen bis zu 25 Prozent - werden
für Forschung und Entwicklung (FuE) aufgewandt, mit steigender
Tendenz. Der Anteil an Facharbeitern liegt zudem außerordentlich hoch,
im Schnitt bei ca. 70 Prozent. Die optische und feinmechanische
Industrie beschäftigte im Jahr 2002 ca. 172.000 Personen, davon ca.
21.000 im Bereich Consumer Optics, ca. 14.000 im Bereich Imaging und
Phototechnik, ca. 64.000 im Bereich Messtechnik und Sensorik und ca.
40.000 im Bereich Laser und Optische Komponenten (Spectaris, 2003).
6.5.1
Wertschöpfungsketten und Anwendungspotenziale
Die Wertschöpfungsketten im Bereich der Nanooptik lassen sich grob in
die Bereiche:
•
Grundstoffe/Verfahren
•
Nanooptische Zwischenprodukte
•
Endprodukte in den verschiedenen Anwendungsfeldern
unterteilen. Die Abbildung 6.9 gibt einen groben Überblick über
Grundstoffe/Verfahren, Komponenten und Systeme, die im Bereich der
Nanooptik relevant sind.
Kapitel 6
Grundstoffe/Verfahren
Materialien,
Werkstoffe
• Transparente Polymere
• Organische Halbleiter
• Anorganische Halbleiter
• ...
Verfahren/Tools
• PVD-, CVD-Verfahren
• MBE
• Lithographie
• Ionenstrahl/Plasmaverf.
• ...
Prozesskontrolle/
-analyse
• SPM-Mikroskopie
• Nanoindentation
• Röntgendiffraktometrie
• Laserprofilometrie
• Interferometrie
• .....
Abbildung 6.9:
Nanooptische
Zwischenprodukte
179
Endprodukte in
Anwendungsfeldern
Strahlquellen
Information und Kommunikation
• VUV-, EUV-, Röntgenquellen
• Diodenlaser (VCSEL, HLDL, QD)
• LED (organisch, anorganisch) ...
• Datenspeicherung (CD, DVD, hologr.)
• Datenübertragung (Glasfaser, Satcom)
• Visualisierung (OLED, Laser-TV) ...
Optische Schichten
Gesundheit/Life Sciences
• Transparent + elektrisch leitfähig
• Antireflexschichten ...
• HTS für Pharmaforschung
• Gewebediagnostik, Molecular Imaging
• Laserchirugie ...
Sonst. Komponenten
• Linsen (sphärisch, asphärisch ...)
• Photonische Kristalle
• Spiegel (Röntgen, etc. )
• Lichtleiter, Optokoppler, Modulatoren
• Marker, Sensoren ...
Optische Systeme
• Ultrapräzisionsoptik
• EUV-Röntgenoptik
• Nahfeldoptiken
• Kunststoffoptiken
• Mikrooptik
• Binäre Optik ...
Beleuchtung
• Allgemeinbeleuchtung (LED ...)
• Adaptive, intelligente Lichtsysteme (Auto...)
Industrielle Fertigung
• Halbleiterfertigung (Lithografie ...)
• Mikromaterialbearbeitung ...
Messtechnik/Sensorik
• Opt. Sensoren (Auto, Verkehr, Sicherheit)
• Aerosolmesstechnik
Klassische Geräteoptik
• Kameras, Ferngläser, Brillen ...)
Grundstoffe/Verfahren, Komponenten und Systeme im Bereich der
Nanooptik
Wirtschaftlich relevante Anwendungsfelder und Produktgruppen der
Nanooptik sind im Folgenden noch einmal kurz zusammengefasst (vgl.
auch Kapitel 3).
•
Ultrapräzisionsoptik
Ultrapräzisionsoptiken kommen vor allem in der Lithographie zum
Einsatz, bei der für die Herstellung elektronischer Bauelemente mit
nanoskaligen Strukturgrößen atomar präzise Optiken zwingend
erforderlich sind, insbesondere beim Übergang zum EUV-Bereich.
•
Optoelektronische Lichtquellen - Laser und Leuchtdioden
Optoelektronische Bauelemente wie Laserdioden und LED basieren auf
extrem dünnen, nur nanometerdicken Halbleiterschichten. Derartige
Bauelemente haben schon seit langem Einsatz in hochvolumigen
Massenmärkten gefunden, insbesondere in den Bereichen IuKTechnologie (z. B. Diodenlaser für DVD und CD-Geräte),
Beleuchtungstechnik (LED) und anderen Anwendungsfeldern.
Weiterentwicklungen der nächsten Jahre zielen auf die Erschließung
neuer Wellenlängenbereiche, die Verbesserung von Lichtleistung,
Effizienz und Lebensdauer sowie die Entwicklung flexibler Lichtquellen
auf Polymerbasis. Hierdurch werden voraussichtlich in Zukunft weitere
aussichtsreiche Märkte erschlossen werden können, z. B. Laser-TV oder
auch weiße LED als Frontscheinwerfer im Automobil.
•
Flachdisplays
Flachbildschirme werden in Zukunft herkömmliche Kathodenstrahlröhrenbildschirme weitgehend verdrängen und im Jahr 2006
voraussichtlich ein Marktvolumen von 64 Mrd. USD erzielen (Becker,
2003). Der Hauptanteil fällt hierbei auf Flüssigkristalldisplays, aber auch
Abbildung 6.10: Weiße
LED haben Potenzial
als energieeffiziente
Lichtquellen in der
Beleuchtungstechnik
180
Abb. 6.11:
Mechanisch flexible
Displays aus
selbstleuchtenden
organischen
Leuchtdioden (OLED),
Quelle: Siemens
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
andere auf Nanotechnologie basierende Konzeptionen wie OLED oder
FED werden signifikante Marktanteile erzielen. Von OLED-Displays
erhofft man sich vor allem eine große Kostenersparnis und neue
Anwendungsmöglichkeiten, da diese großflächig prozessierbar, flexibel
und preisgünstig herstellbar sind. Die prinzipielle Funktionsweise einer
OLED (Organic LED) beruht ähnlich wie die der anorganischen LED auf
Injektionselektrolumineszenz, bei der nanoskalige Schichten aus
organischen Halbleitern eine funktionsbestimmende Rolle spielen. FED
sind selbstleuchtend und können farbige Bilder mit hoher Helligkeit und
ausreichendem Kontrast darstellen. Mit dieser Technologie können
höchste Auflösungen erreicht werden, aber auch die Herstellung
großflächiger Displays bereitet keine prinzipiellen Schwierigkeiten. Die
Herstellung kann mit Methoden der Dünnschichttechnologie erfolgen,
was eine kostengünstige Massenproduktion erlaubt. In modernen FED
werden als besonders effiziente Elektronenemitter Kohlenstoffnanoröhren verwendet (CNT-FED).
•
Optische Messtechnik und Sensorik
Optische Sensoren im visuellen, infraroten und ultravioletten
Spektralbereich finden zunehmend Verbreitung in verschiedenen
industriellen Anwendnungsfeldern. Auch in diesem Bereich lassen sich
durch anotechnologische Anwendungen Effizienz, Selektivität und
Lebensdauer der Sensorkomponenten verbessern.
In einem Workshop wurden Vertreter deutscher Unternehmen im Bereich
der Nanooptik zu einer Priorisierung der wirtschaftlichen Relevanz
verschiedener Nanotechnologieentwicklungen in den Bereichen
Zwischenprodukte (Komponenten/Systeme) und Anwendungsfelder bis
zum Jahr 2006 befragt. Die Ergebnisse sind in den Abbildungen
Abbildung 6.12 und Abbildung 6.13 zusammengefasst.
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Kapitel 6
6
12
10
8
6
4
2
0
Abbildung 6.13: Priorisierung von Anwendungsfeldern nanooptischer Komponenten/
Systeme hinsichtlich der wirtschaftlichen Relevanz bis zum Jahr 2006
181
Zwischenprodukte Komponenten/Systeme mit Bezug zur Nano-Optik
8
7
Strahlquellen
Sonstige
Komponenten
5
Systeme
4
3
2
1
0
Abbildung 6.12: Priorisierung von Komponenten/Systemen im Bereich der Nanooptik
hinsichtlich der wirtschaftlichen Relevanz bis zum Jahr 2006
Anwendungsfelder von Komponenten/Systemen mit Bezug zur Nano-Optik
Information und
Kommunikation
Gesundheit/
Life Sciences
Beleuchtung
Klassische Geräte-/
Konsumoptik
Messtechnik/
Sensorik
Industrielle Fertigung
182
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Als wirtschaftlich bedeutsam wurden aus Sicht deutscher NanooptikUnternehmen die Felder Leuchtdioden/Laserdioden, funktionelle
Schichten sowie Ultrapräzisonsoptik (insbesondere Lithografiesysteme
für die Halbleiterfertigung) bewertet. Die Wertschöpfungsketten für die
genannten Beispiele der Nanooptik wurden tabellarisch zusammengefasst
und entsprechend der eingesetzten Nanomaterialien, Zwischenprodukte,
Anwendungen, Technologien und der durch Nanotechnologie
verbesserten Produkteigenschaften (bzw. Nanotechnologie-Bezug)
charakterisiert.
Tools/
Materialien
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Design und
Simulation,
Ultrapräzisionsoptik
Nanostrukturierung
Beschichtung
Ionenstrahl-/
Sputterverfahren
SpinCoating
CVDVerfahren
Sol-Gel
MBE, CVD,
PVD
Optische
Lithografie
Thermische
Verfahren
Komponenten/
Systeme
•
•
•
Lichtquellen
Masken
Abbildungsoptik
Anwendungen
Halbleiterfertigung:
• Optische
LithografieSysteme
NanotechnologieBezug
•
•
•
Funktion. Schichten
• Mech. Schutz
• Kratzfestigkeit
• Phosphorschichten
• Opt. Kopplungsschichten
•
•
•
•
Leuchtdioden
Laserdioden
•
•
•
•
•
•
•
•
Medizin.
Endoskopie,
Biosensorik
Displays
Beleuchtung
Brillen
•
Opt. Datenübertragung
und -speicher
Beleuchtung,
Medizin
Messtechnik +
Analytik
Holografie
Spektroskopie
Mikrooptik
Optische Datennetze
Displays
•
•
•
•
Werkzeug für
Nanostrukturierung
Ultrapräzise
Oberflächen
Defektfreiheit
(Masken)
Optische Eigenschaft in Komb.
mit anderer
Funktionalität
InterfaceEngineering
Alleinstellungsmerkmal
Defektfreie
Schichten,
Nanostrukturen
(Quantum Dot)
Opt. Litho- • Diffraktive
• Geometrische
•
grafie
Anforderungen
Optik
•
• Beschich• Linsen/Spiegel •
tung
• Bragg-Gitter
•
• LaserMikro•
materialbearbeitung
Tabelle 6.7: Beschreibung der Wertschöpfungsketten für verschiedene priorisierte
nanotechnologische Anwendungen in der Optischen Industrie
6.5.2
Marktpotenziale
Marktpotenziale durch die Nanotechnologie ergeben sich für die
Optische Industrie in erster Linie im Bereich der Ultrapräzisionsoptiken
(speziell in der Halbleiterfertigung) sowie im Bereich optoelektronischer
Lichtquellen (Laserdioden und LED). In der Tabelle 6.8 sind die
Abschätzungen der Marktpotenziale für verschiedene nanotechnologische Komponenten und Systeme zusammengestellt. Hierbei ist zu
Kapitel 6
berücksichtigen, dass der Anteil der Nanotechnologie an der
Wertschöpfung der genannten Produkte in der Regel nicht quantifiziert
werden kann. Die Nanotechnologie steuert jedoch wesentliche
Funktionalitäten bei, die für die Wettbewerbsfähigkeit und den
Markterfolg der Produkte unerlässlich sind.
Nanotechnologische
Komponenten/Systeme
Ultrapräzisionsoptiken,
davon Lithografieoptiken
Jährliches Weltmarktvolumen
(Bezugsjahr)
1-5 Mrd. EUR (2006)1
0,5 – 1 Mrd. EUR (2006)1
7,7 Mrd. USD (2006)2
1-5 Mrd. EUR (2006)3
10-50 Mio. EUR (2006)3
1-5 Mrd. EUR (2006)3
50-250 Mio. EUR (2006)1
0,1 Mrd. USD (2002), 2,5 Mrd. USD
(2006)2
CNT-FED
0,01 Mrd. USD (2002), 0,05 Mrd. USD
(2006)2
Optische Sensorik
1-5 Mrd. EUR (2006)3
Laserinterferometer
10-50 Mio. EUR (2006)1
Optische Dünnfilm-Messtechnik
250-500 Mio. EUR (2006)1
Tabelle 6.8: Abschätzungen des Weltmarktes nanotechnologischer Produkte im
Bereich Optische Industrie; Quellen: 1 Unternehmensbefragung, 2 Fecht
et al. 2003, 3 Expertenworkshop
Lithografie-Stepper
LED,
davon weiße LED
Diodenlaser,
davon Hochleistungs-Diodenlaser
OLED-Displays
Was das Marktwachstum bis 2006 betrifft, wird die Produktgruppe
Diodenlaser und LED als dynamischster Bereich bewertet. Für den LEDBereich wird beispielsweise mit jährlichen Wachstumsraten von 80
Prozent
gerechnet.
Nach
Einschätzung
der
deutschen
Unternehmensvertreter ist Deutschland in diesen Bereichen sehr gut
positioniert und hat international eine führende Rolle inne. Bei der
kommerziellen Umsetzung, insbesondere für den Endanwendermarkt
(z. B. Displays) wird die Position Deutschlands gegenüber Japan und
Südostasien als deutlich schwächer bewertet (Quelle: Experteninterview).
Weiterhin eine starke Position wird Deutschland in den Bereichen
Optische Lithografie, Ultrapräzisionsoptik und Funktionelle Schichten
bescheinigt. Im dynamischen Markt des High-Throughput-Screenings,
für den nanooptische Detektionssysteme eine zunehmend wichtigere
Rolle spielen, ist Deutschland allerdings nur relativ schwach vertreten.
183
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Marktwachstum
184
Diodenlaser
hoch
Leuchtdioden
USA
HTS
Opt. Lithografie
mittel
Diffraktive
Optik
Opt. Sensoren
Funkt.
Schichten
„weiße“ LED
gering
schwach
Ultrapräzisionsoptik
mittel
stark
Position Deutschlands
Abbildung 6.14: Marktwachstum und Position Deutschlands im Bereich
nanotechnologischer Produkte in der Optischen Industrie
6.6
Life Sciences
werden
weitreichende
Auswirkungen auf
unser
gesellschaftliches
Leben haben
Life Sciences
Der Bereich Life Sciences umfasst eine Gruppe naturwissenschaftlicher
Forschungsrichtungen, die sich mit der gezielten marktwirtschaftlichen
Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse der modernen Biologie,
Biotechnologie, der Chemie und anderer Gebiete beschäftigen. Diese
Erkenntnisse tragen entscheidend zum Verständnis lebender Organismen
und ökologischer Systeme bei. Das eröffnet bislang ungeahnte
Möglichkeiten in der Aufklärung von genetisch oder durch äußere
Einflüsse ausgelösten Krankheiten und erschließt neue Therapien. Die
fundamentalen neuen Erkenntnisse in diesem Wissenschaftsbereich, die
Fortschritte in den dazugehörigen Technologien und ihre breite
Anwendung in der Gesundheits-, Umwelt- und Ernährungsforschung
werden weitreichende Auswirkungen auf die gesundheitliche
Versorgung, die Beherrschung von Umweltgefahren und unser gesamtes
gesellschaftliches
Leben
haben.
Gleichzeitig
bieten
die
Lebenswissenschaften ein großes Potenzial für die Schaffung und den
Erhalt von neuen und anspruchsvollen Arbeitsplätzen.7 Die Life Sciences
sind vor allem für folgende Wirtschaftszweige relevant:
•
Medizin/Pharmazie
•
Lebensmittelindustrie
•
Kosmetik
7
s. unter www.bmbf.de
Kapitel 6
6.6.1
185
Wertschöpfungsketten und Anwendungspotenziale
Anwendungspotenziale
6.6.1.1 Medizin/Pharmazie
Im Bereich der Nanotechnologieanwendungen für die Medizin und
Pharmazie hat es in den letzten Jahren intensive Forschungsaktivitäten
auf den Gebieten Wirkstofftransport (Drug Delivery) und neuartiger
Biochip-Systeme gegeben (vgl. Wagner und Wechsler, 2004). Außerdem
gibt es viele Ansätze, Nanopartikel in der molekularen Diagnostik
einzusetzen und nanostrukturierte Materialien für die Herstellung
bioaktiver Oberflächen zu verwenden. Da der Bereich Life Sciences den
Fokus einer parallel bearbeiteten Vertiefungsstudie zu Anwendungen der
Nanotechnologe bildete8, wird hier nur eine kurze Übersicht über die
wesentlichen Einsatzgebiete gegeben.
•
Intensive
Forschungsaktivitäten auf den
Gebieten Drug
Delivery und
Neuartige Biochips
Biomedizinische Grundlagenforschung
Die fortwährende Weiterentwicklung der instrumentellen Analytik wie
die Rastersondentechniken oder die optische Einzelmoleküldetektion
erlaubt es mittlerweile, biologische Objekte auf der Nanoskala zu
untersuchen. Dies liefert wichtige Beiträge zum Verständnis
biochemischer Prozesse und kann langfristig in neue Strategien für die
Bekämpfung von Krankheiten münden.
•
Drug Delivery
Nanoskalige Drug-Delivery-Systeme bieten das Potenzial, in wässrigen
Medien schwerlösliche oder chemisch labile Wirkstoffe zum kranken
Gewebe zu transportieren, biologische Barrieren, wie die Blut-HirnSchranke zu überwinden und Wirkstoffe gezielt im kranken Gewebe
anzureichern, um so die Gefahr von Nebenwirkungen zu verringern.
Mittlerweile befinden sich die ersten Medikamente, die solche DrugDelivery-Systeme nutzen, auf dem Markt.
•
Kontrastmittel in der Diagnostik
Nanopartikel können für die molekulare Bildgebung genutzt werden, um
Kontrastmittel mit Hilfe von molekularen Markern im kranken Gewebe
anzureichern. Da die molekularen Signaturen vieler Krankheiten bereits
vor Ausbruch der Symptome auftreten, können mit solchen Methoden
Krankheiten bereits im Frühstadium diagnostiziert werden.
•
Biochips
Ein weiterer Bereich, in dem Nanotechnologie an Bedeutung gewinnt, ist
die Biochip-Technologie. Solche kompakten Systeme sollen mittel- bis
langfristig einen Massenmarkt in der medizinischen Diagnostik
8
Die Aachener Gesellschaft für Innovation und Technologietransfer (AGIT) hat als
Konsortialführer im Auftrag des BMBF eine Studie zum Thema Nanotechnologie und
Gesundheit erstellt, die im Herbst 2004 erscheint.
Erste Nanoskalige
Drug-DeliverySysteme sind
bereits auf dem
Markt
186
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
erschließen, insbesondere, um teure und zeitaufwändige Laboruntersuchungen durch Schnelltests vor Ort beim praktizierenden Arzt
oder in der Klinik zu ersetzen. Solche Systeme werden auch für den
Einsatz in der personalisierten Medizin entwickelt. Nanotechnologie wird
in diesem Bereich weniger für die weitere Miniaturisierung eine Rolle
spielen, sondern vielmehr für die Verbesserung der Nachweisempfindlichkeit und der Zuverlässigkeit der Systeme. So finden
beispielsweise Nanopartikel-Fluoreszenzmarker oder nahfeldoptische
Detektionssysteme Einsatz, um die Nachweisempfindlichkeit von
Biochips zu erhöhen. Derzeit werden außerdem eine Reihe von
neuartigen elektrischen und magnetischen Biochip-Detektionssystemen
entwickelt, die auf Nanotechnologie basieren. Gerade in diesem Bereich
sind deutsche Forschungsinstitute und Unternehmen sehr aktiv und
international gut positioniert. Im Vergleich zu den konventionellen
optischen Verfahren sind die elektrischen und magnetischen Detektoren
robuster und einfacher in einem miniaturisierten Sensor zu integrieren.
•
Implantate
Durch nanostrukturierte Oberflächen von Implantaten läst sich deren
Bioverträglichkeit und das Einwachsverhalten verbessern. Eine große
Bedeutung kommt dabei einem verbesserten Verständnis der Vorgänge
an der Grenzfläche zwischen dem Gewebe und der Implantatoberfläche
zu.
6.6.1.2 Kosmetik
Nanopartikel als
UV-Absorber in
Sonnenschutzmitteln
Der Bereich der Kosmetik wird in erster Linie durch die Verwendung
von Nanomaterialien profitieren. Nanopartikel finden hier bereits unter
anderem in folgenden Bereichen Anwendung:
•
Sonnenschutzmittel
Nanoskalige Metalloxidpartikel wie Titandioxid oder Zinkoxid werden
bereits als hocheffiziente UV-Absorber in Sonnenschutzmitteln
eingesetzt. Aufgrund der geringen Partikelgröße sind die verwendeten
Dispersionen transparent und bieten somit einen auf der Haut
unsichtbaren Sonnenschutz. Ein weiterer Vorteil anorganischer im
Vergleich zu organischen UV-Absorbern ist ein geringeres
Allergiepotenzial. Allerdings ist noch nicht abschließend geklärt, ob die
Nanopartikel unter gewissen Umständen über die Haut in den
menschlichen Organismus gelangen und dort eventuell systemische
Effekte auslösen könnten. Der Weltmarkt für Nanopartikel, die im
Sonnenschutz eingesetzt werden, wird für das Jahr 2005 auf 87 Mio.
USD geschätzt (BCC, 2003).
•
Pigmente
Nanstrukturierte Pigmente werden in Kosmetikfarben eingesetzt, um
besondere Farbeffekte zu erzielen. Derartige Pigmente basieren unter
Kapitel 6
187
anderem auf nanoskalig beschichteten Silikatplättchen, die aufgrund von
Interferenzeffekten die Farbe abhängig vom Betrachtungswinkel ändern
•
Emulsionen
Nanoskalige Hohlkörper wie Liposome werden als Transportbehälter für
verschiedene Wirkstoffe in Hautcremes verwendet. Während Liposome
hauptsächlich wasserlösliche Wirkstoffe transportieren, werden als
Vehikel von fettlöslichen Wirkstoffen, wie zum Beispiel Vitamin A oder
E, eher so genannte Nanosomen verwendet. Nanosomen bestehen aus
einer Lecithinhülle, die einen ölhaltigen Kern umschließt.
•
Zahncreme
Nanopartikel werden derzeit als Zusatzstoffe in Zahncreme untersucht,
um defekten Zahnschmelz zu regenerieren. So entwickelt beispielsweise
die Firma SusTech einen Wirkstoff aus KalziumphosphatProteinteilchen, die leicht in Dentinkanälchen der Zähne eindringen
können. Dort dienen sie als Kristallisationskeime, an denen sich weitere
Mineralien anlagern und die Kanäle verschließen und somit das Problem
empfindlicher, freiliegender Zahnhälse entschärfen.
6.6.1.3 Lebensmitteltechnologie
Bereiche in der Lebensmitteltechnologie in denen die Nanotechnologie
Anwendungspotenziale besitzt sind z. B.:
•
Verpackungsmaterialien
Nanotechnologie findet bereits Einsatz im Bereich der LebensmittelVerpackungsmaterialien. Zu nennen sind hier beispielsweise
nanopartikelverstärkte Polymere, die eine geringere Gasdurchlässigkeit
besitzen und sich somit für den Einsatz als Lebensmittelfolien eignen.
Auch Beschichtungstechnologien werden eingesetzt, um die
Gasdichtigkeit beispielsweise von PET-Flaschen für Getränke zu
erhöhen. Hierbei werden sowohl nanoskalige Innenwand- als auch
Außenwandbeschichtungen angewendet, die z. B. im Plasmaverfahren
hergestellt werden.
•
Lebensmittelzusatzstoffe
Durch Nanostrukturierung von speziellen Wirkstoffen wie beispielsweise
Vitaminen, die als Lebensmittelzusatz verwendet werden, wird deren
Wirksamkeit im menschlichen Organismus erhöht. Mikronisierte
Wirkstoffe werden bereits in erheblichem Umfang eingesetzt und weisen
ein Weltmarktvolumen von ca. 1 Mrd. USD (BASF, 2002) auf. Auch um
Farbeffekte zu erzielen oder die Fließeigenschaften, beispielweise von
Ketchup, zu verbessern werden Nanopartikel bereits in Lebensmitteln
eingesetzt.
Nanopartikel als
Zusatzstoffe in
Zahncreme zur
Regeneration
defekten
Zahnschmelzes
werden entwickelt
188
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
•
Biosensorik
Im Bereich der Lebensmittelindustrie sind Biosensoren von Interesse, die
in der Lage sind den Frischegrad von Lebensmitteln zu überwachen. In
Entwicklung sind hier Dünnfilmsensoren zur Identifikation flüchtiger
Verbindungen, die sich zum Teil direkt in die Verpackung integrieren
ließen und dem Verbraucher das Verderben von Lebensmitteln
beispielsweise durch Farbumschlag anzeigen könnten.
6.6.2
Marktpotenziale
Bislang gibt es nur wenig Markteinschätzungen für Anwendungen der
Nanotechnologie im Life Science-Sektor. Eine Übersicht über
existierende Marktprognosen gibt die Tabelle 6.9.
Weltmarktvolumen (Jahr)
Quelle
181 Mio. USD
(2002)
745 Mio. USD
(2007)
BCC 2003
2 Mrd. USD (2010)
VDI-Nachrichten 2003
DNA Chips
1,9 Mrd. USD
(2006)
DB 2003
Protein Chips
0,4 Mrd. USD
(2006)
DB 2003
Medizin/Pharmazie
Biophysikalische Analytik (z. B.
Rastersondentechniken)
Gesamtmarkt Biochips/Schnelltests
Nanotechnologiebasierte Diagnostik und 80 Mio. USD (2002)
Analytik (z. B. Nanopartikel für
391 Mio. USD
Biochips, Biomagnetische Separation,
(2007)
Kontrastmittel)
BCC 2003
Wirkstoffe und Drug Delivery
8 Mio. USD (2002)
33 Mio. USD (2007)
BCC 2003
Tissue Engineering
0 Mio. USD (2002)
1,5 Mio. USD
(2007)
BCC 2003
Ag-Nanopartikel in antimikrobiellen
Anwendungen
1 Mio. USD (2005)
BCC 2001
86,50 Mio. USD
(2005)
BCC 2001
Kosmetik
Nanopartikel in Sonnenschutzmitteln
Tabelle 6.9:
Abschätzungen des Weltmarktes nanotechnologisch beeinflusster
Produkte im Life Sciences-Bereich
Kapitel 6
6.7
Elektronik
Sonstige
Medizin
Industrie
Öffentliche Hand
Automobilbau
Consumer
Kommunikation
Computer
Die Halbleiterelektronik hat eine wichtige Hebelwirkung für den
Elektronikmarkt. Die Elektronik wiederum ist selber eine
Schlüsseltechnologie für die verschiedensten Branchen. Für die
Produktion der Halbleiterelektronik ist die Zulieferung von Equipment
und Materialien notwendig. Abbildung 6.15 verdeutlicht die Wertschöpfungskette schematisch.
Elektronik
Elektronische Bauelemente
Halbleiterelektronik
Equipment
Materialien
Abbildung 6.15: Wertschöpfung in der Elektronik
100000000
10000000
1000000
[Mrd. US-$]
189
100000
10000
1000
globales BIP
Elektronik-Umsatz
Halbleiterelektronik-Umsatz
Equipment-Umsatz
100
10
1
1955
1965
1975
1985
1995
2005
Jahr
Abbildung 6.16: Historische Entwicklung des Halbleiterelektronik-Marktes und des
Equipmentmarktes im Vergleich zum Elektronikmarkt und dem
globalen Bruttoinlandsprodukt (Quelle: VLSI Research, 2004)
Abbildung 6.16 stellt die Entwicklung des Halbleiterelektronik-Marktes,
des
zugehörigen
Equipmentmarktes
der
Entwicklung
des
Elektronikmarktes und des globalen Bruttoinlandproduktes gegenüber.
Der Halbleiterelektronik-Markt weist seit 1965 ein mittleres, jährliches
Elektronik ist eine
Schlüsseltechnologie
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Wachstum von 14,7 Prozent auf. Er ist damit doppelt so schnell
gewachsen wie das globale Bruttoinlandsprodukt.
Nach einer Prognose der World Semiconductor Trade Statistics (WSTS)
werden in der Halbleiterelektronik-Produktion im Jahr 2006 weltweit 215
Mrd. USD umgesetzt (Abbildung 6.17). Die Unsicherheit solcher
Prognosen ist aufgrund der starken konjunkturellen Schwankungen9
relativ groß. So prognostiziert BCC für 2006 einen Umsatz von 246 Mrd.
USD, die Semiconductor Industry Association (SIA) geht von 205 Mrd.
USD aus. Allgemein wird ein überdurchschnittliches Wachstum im
Wirtschaftsraum Asien Pazifik erwartet.
Weltweiter Umsatz [Mrd.
US-$]
190
250
200
150
Asien Pazifik
Japan
Europa
Amerika
100
50
0
2002
2003
2004
Jahr
2005
2006
Abbildung 6.17: Entwicklung der weltweiten Halbleiterelektronik-Produktion. (Quelle:
WSTS)
Abbildung 6.18 zeigt, wie sich die Halbleiterelektronik-Produktion auf
die verschiedenen Komponenten aufteilt. Nach dieser Prognose der SIA
hat der Logik-Bereich den größten Anteil und wird in den nächsten
Jahren auch am stärksten wachsen.
9
Die jährlichen Wachstumsraten schwankten seit 1965 zwischen - 32,0 % und
+ 44,6 %.
Kapitel 6
Weltweiter Umsatz [Mrd. US-$]
120
Optoelektronik
Diskrete Bauelemente
Analog
MOS Speicher
MOS Logik
100
80
60
40
20
0
2003
2004
2005
2006
Jahr
Abbildung 6.18: Entwicklung des Halbleiterelektronik-Marktes, aufgeteilt nach den
verschiedenen Komponenten (Quelle: SIA, 2004)
Weltweiter Umsatz [Mrd.
US-$]
Der Markt mit Equipment zur Halbleiterelektronik-Produktion ist in den
letzten Jahrzehnten noch stärker gewachsen als der HalbleiterelektronikMarkt, unterliegt aber auch noch stärkeren konjunkturellen
Schwankungen. Abbildung 6.19 zeigt, wie sich der Markt nach einer
Prognose von VLSI Research bis 2008 entwickeln wird.
70
Assembling
Test-Systeme
Wafer-Fabrikation
60
50
40
30
20
10
0
1998
2000
2002
2004
Jahr
2006
2008
Abbildung 6.19: Entwicklung des weltweiten Umsatzes mit Equipment zur
Halbleiterelektronik-Produktion bis 2008 (Quelle: VLSI Research,
2004)
Nach Angaben des Marktforschungsunternehmens Gartner wurden 2002
21 Mrd. USD mit Materialien für die Halbleiterelektronik-Produktion
umgesetzt.
191
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektroindustrie (ZVEI) schätzte
den Markt für elektronische Bauelemente für 2003 weltweit auf 300,5
Mrd. USD. Davon entfielen 17,23 Mrd. USD auf den deutschen Markt
und davon wiederum 10,59 Mrd. USD in den HalbleiterelektronikBereich. Größter Abnehmer für elektronische Bauelemente ist in
Deutschland die Automobilindustrie mit einem Anteil von knapp 32
Prozent, gefolgt von der Datentechnik mit 24 Prozent, der
Telekommunikation mit 22 Prozent und der Industrieelektronik mit 17
Prozent. Schlusslicht ist mit einem Marktanteil von fünf Prozent die
Konsum-/Unterhaltungselektronik, die in Deutschland nur noch eine
untergeordnete Rolle spielt (Quelle: ZVEI, VDI nachrichten, 21.11.2003)
Der gesamte Elektronikmarkt weist seit 1965 ein mittleres, jährliches
Wachstum von 10,3 Prozent auf. Weltweit werden nach Angaben des
Marktforschungsinstitutes VLSI Research mit Elektronikprodukten im
Jahr 2004 1168 Mrd. USD umgesetzt. Für das Jahr 2006 wird ein Umsatz
von 1329 Mrd. USD prognostiziert. Abbildung 6.20 zeigt die Aufteilung
des Elektronik-Markts auf verschiedene Branchen. Es fällt auf, dass es
bis 2008 nur zu geringen Verschiebungen der Marktanteile kommen
wird.
Weltweiter Umsatz [Mrd. US-$]
192
1500
Sonstige
Medizin
Industrie
1250
Öffentl. Hand
Automobilbau
Consumer
1000
750
Kommunikation
500
Computer
250
0
1998
2000
2002
2004
Jahr
2006
2008
Abbildung 6.20: Entwicklung der weltweiten Elektronikproduktion bis 2008, aufgeteilt
nach Branchen (Quelle: VLSI Research, 2004)
Bei der Elektronikproduktion sind Deutschland, Frankreich und
Großbritannien in Europa führend. Dies ist in Abbildung 6.21 für das
Jahr 2001 dargestellt. Detailliertere und neuere Zahlen gibt es von der
European Information Technology Observatory (EITO) für den
Informations- und Kommunikationsmarkt (IuK-Markt). Der weltweite
IuK-Markt für 2004 wird auf ein Volumen von 2378 Mrd. EUR
geschätzt. Der Elektronikanteil verbirgt sich dabei in dem Bereich IuK-
Kapitel 6
Elektronikproduktion 2001
[Mrd. EUR]
Equipment10 mit einem Volumen von 696 Mrd. EUR. Auch hier ist
Deutschland in Europa führend (siehe Abbildung 6.21).
80
70
60
50
40
30
20
10
D
eu
ts
ch
la
nd
Fr
an
kr
ei
ch
G
ro
ßb
rit
an
ie
n
Be
lg
ie
n
Ita
lie
n
N
ie
de
rla
nd
e
Ö
st
er
ei
ch
Sp
an
ie
n
0
300
250
200
150
100
50
SA
U
Eu
Ja
pa
n
R
es
td
er
W
el
t
D
ro
pa
0
eu
ts
ch
la
nd
Fr
an
kr
ei
ch
G
ro
ßb
rit
an
ie
n
Umsatz mit IuK-Equipment 2004
[Mrd. EUR]
Abbildung 6.21: Elektronikproduktion in Europa. Die Angaben des Verbandes
European Electronic Components Industry sind für das Jahr 2001.
Abbildung 6.22: Umsatz mit IuK-Equipment im Jahr 2004 (Quelle: EITO, 2003)
Der Anteil der Halbleiterelektronik an der Elektronik ist in den letzten
Jahrzehnten von ca. 4,5 Prozent im Jahr 1960 auf derzeit ca. 17,5 Prozent
gewachsen und wird weiter anwachsen (siehe Abbildung 6.23). Nach
Angaben des pan-europäischen Programms MEDEA+ wird der
10
Hierunter fasst die EITO die Bereiche computer hardware, office equipment, end user
communications equipment und datacom and network equipment zusammen
193
194
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Anteil der Halbleiterelektronik am
gesamt. Elektronikmarkt
Halbleiterelektronik-Anteil bei Mobiltelefonen und anderen HightechAnwendungen 2007 bei ca. 50 Prozent liegen.
25%
20%
15%
10%
5%
0%
1955
1965
1975
1985
1995
2005
Jahr
Abbildung 6.23: Anteil des Halbleiterelektronik-Marktes am gesamten Elektronikmarkt
(Quelle: VLSI Research)
Wie bereits in Kapitel 3 erwähnt, wird der Markt der Halbleiterelektronik
auch weiterhin von der Silizium-basierten CMOS-Elektronik dominiert.
Getrieben durch die fortschreitende Miniaturisierung wird es, anders als
in anderen Technologien, zu einem durch die ITRS klar vorgezeichneten,
kontinuierlichen Übergang von der Mikroelektronik zur Nanoelektronik
kommen.
Bisher sind keine Zahlen erhältlich, die angeben, wie groß der Anteil der
100 nm-Generation oder folgender Generationen an der gesamten
Halbleiterelektronik-Produktion ist. Abbildung 6.24 zeigt, wie sich die
Wafer-Starts pro Woche auf die Produktionslinien größer 120 nm und
kleiner 120 nm aufteilen. Danach wird der Anteil der Generationen
kleiner 120 nm kontinuierlich wachsen und bis 2006 einen Anteil von
12,5 Prozent erzielen.
NanoelektronikMarkt 2006: über
20 Mrd. USD
Mit diesen Zahlen lässt sich abschätzen, dass die Nanoelektronik im Jahr
2006 ca. zehn Prozent des Halbleiterelektronik-Marktes ausmachen wird.
Dies entspricht den Prognosen zufolge einem Marktvolumen von über 20
Mrd. USD.
Anteil der Wafer-Starts pro Woche
Kapitel 6
100%
> 120 nm
< 120 nm
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
Jahr
Abbildung 6.24: Aufteilung Wafer-Starts pro Woche auf die CMOS-Generationen
größer 120 nm und kleiner 120 nm (Quelle: VLSI Research)
Im hier betrachteten Zeitraum werden allenfalls die alternativen
Speicherkonzepte MRAM in der Magnetoelektronik, FRAM in der
Ferroelektronik und der PC-RAM erste Marktanteile des Weltmarktes für
Speicherchips erobern, der im Jahr auf 2006 auf ca. 30 Mrd. USD
geschätzt wird (Small Times, 2003). Auf der anderen Seite werden diese
Konzepte weitgehend in das bestehende CMOS-Umfeld integriert
werden. Die Magnetoelektronik hat allerdings bereits seit längerem
wesentlichen Einfluss auf den Weltmarkt der Festplattenspeicher, die
GMR-Sensoren in den Leseköpfen verwenden. Der Weltmarkt für
Festplattenspeicher wird im Jahr 2006 auf 26,9 Mrd. USD geschätzt.
Auch wenn der Wertschöpfungsanteil der nanotechnologischen
Komponente, des GMR-Sensors, hierbei nicht quantifizierbar ist, wird
die große Hebelwirkung der Nanotechnologie auf den Volumenmarkt der
Festplattenspeicher deutlich.
195
196
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Abbildung 6.25: Standorte der Elektronik-Industrie in Deutschland (ohne Anspruch auf
Vollständigkeit) (Quelle: BMBF)
Abbildung 6.25 gibt einen Überblick über in Deutschland ansässige
Chiphersteller, Zulieferer und Systemhersteller. 1999 betrug nach
Angaben
des
Bundesverband
für
Informationswirtschaft,
Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) die Zahl der
Arbeitsplätze in der Produktion elektronischer Bauelemente 82.000. Für
die folgenden Jahre hat der Verband keine entsprechenden Zahlen mehr
veröffentlicht. Eine systematische Erhebung der Arbeitsplätze in den
Bereichen Halbleiterelektronik, Equipment und Elektronik ist bisher
nicht erfolgt. Nach Schätzungen des BMBF existieren in diesem Bereich
insgesamt ca. 215.000 Arbeitsplätze, davon 20.000 bei den
Chipherstellern, 45.000 bei Zulieferern von Equipment und 150.000 bei
den Systemherstellern.
6.8
Marktpotenziale
Marktpotenziale und Zeithorizonte im Überblick
Im Folgenden werden die Marktpotenziale nanotechnologischer
Anwendungen in den beschriebenen Lead-Märkten nochmals tabellarisch
zusammengefasst. Eine Ableitung des „Nanotechnologieweltmarktes“ ist
auf Basis der genannten Zahlen allerdings nicht möglich, da
•
nur für einen Teil nanotechnologischer Produkte Marktzahlen
verfügbar und die Auflistungen somit unvollständig sind,
Kapitel 6
•
die Marktprognosen sich zum Teil auf unterschiedliche Zeithorizonte
beziehen
•
Doppelungen bei der Nennung von Nanotechnologieprodukten in
zwei oder mehreren Teilbereichen vorkommen (z. B. Anwendung
von Nanogrundprodukten/-komponenten in Produkten aus anderen
Bereichen)
•
Produkte aus unterschiedlichen Stufen der Wertschöpfungskette in
die Betrachtung einfließen (Grundprodukte, Zwischenprodukte,
Endprodukte etc.)
Nanotechnologische Produkte
Chemie
Nanomaterialien
• Metalloxid-/Metall-Nanopartikel
• Nano-Kieselsäure
• Nano-Schichtsilikate
• Kohlenstoffnanoröhren
•
•
•
•
•
•
•
•
Carbon Black
Polymerdispersionen
Organische Halbleiter
Dendrimere
Mikronisierte Wirkstoffe
Zeolithe
Aerogele
Polymere Nanokomposite
Jährliches Weltmarktvolumen
(Bezugsjahr)
900 Mio. USD (2005)1
800 Mio. EUR (2003)2
25 Mio. USD (2006)3
145 Mio. USD (2005)4, 1,2 Mrd. USD
(2006)5
3 Mrd. USD (2002)6, 8 Mrd. USD (2006)5
15 Mrd. EUR (2002)7
500 Mio. USD (2005)10
5-15 Mio. EUR (2006)3
1 Mrd. EUR (2002)7
2,6 Mrd. USD (2006)5
10 Mrd. USD (2005)8
0,3 Mrd. USD (2006)3, 1,5 Mrd. EUR
(2009)9
Zwischenprodukte
•
•
•
•
Korrosionsschutzpapier
Lacke
Folien für Displays
Markerstoffe
Nanosensoren
• Temperatursensoren
•
Drucksensoren
•
Chemische Sensoren
10-50 Mio. EUR (2006)12
50-250 Mio. EUR (2006)12
50-250 Mio. EUR (2006)12
250-500 Mio. EUR (2006)12
4,6 Mio. USD (2004), 217 Mio. USD
(2011)11
4,4 Mio. USD (2004), 87 Mio. USD
(2011)11
1,3 Mio. USD (2007), 36 Mio. USD
(2011)11
197
198
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Nanotechnologische Produkte
Jährliches Weltmarktvolumen
(Bezugsjahr)
Automobilbau
•
•
•
•
•
Magnetoelektronische Sensoren
Antifog-Coatings für Scheinwerfer
Lacke
Automobilreifen
Komponenten mit Hartschichten
600 Mio. USD (2006)13
50-250 Mio. EUR (2003)12
50-250 Mio. EUR (2006)12
7 Mrd. EUR (2006)12
0,5 -1 Mrd. EUR (2006)12
Elektronik
•
•
•
CMOS-Elektronik <100 nm
GMR-HDD
MRAM
20 Mrd. USD (2006)18
26,6 Mrd. USD (2006)5
30-50 Mrd. USD (2010)19, (DRAMErsatz)
Optische Industrie
•
•
Ultrapräzisionsoptiken,
davon Lithografieoptiken
Lithografie-Stepper
LED,
davon weiße LED
Diodenlaser,
davon Hochleistungs-Diodenlaser
OLED-Displays
•
CNT-FED
•
•
•
Optische Sensorik
Laserinterferometer
Optische Dünnfilm-Messtechnik
•
•
•
1-5 Mrd. EUR (2006)12
0,5 – 1 Mrd. EUR (2006)12
7,7 Mrd. USD (2006)5
1-5 Mrd. EUR (2006)13
10-50 Mio. EUR (2006)13
1-5 Mrd. EUR (2006)13
50-250 Mio. EUR (2006)12
0,1 Mrd. USD (2002), 2,5 Mrd. USD
(2006)5
0,01 Mrd. USD (2002), 0,05 Mrd. USD
(2006)5
1-5 Mrd. EUR (2006)13
10-50 Mio. EUR (2006)12
250-500 Mio. EUR (2006)12
Life Sciences
Medizin/Pharmazie
•
Biophysikalische Analytik
•
•
•
•
Gesamtmarkt Biochips/Schnelltests
DNA-Chips
Protein-Chips
Nanobasierte Diagnostik und Analytik
•
Wirkstoffe und Drug Delivery
•
Tissue Engineering
•
Ag-Nanopartikel in Antimikrobika
181 Mio. USD (2002), 745 Mio. USD
(2007)14
2 Mrd. USD (2010)15
1,9 Mrd. USD (2006) 5
0,4 Mrd. USD (2006) 5
80 Mio. USD (2002), 391 Mio. USD
(2007)14
8 Mio. USD (2002), 33 Mio. USD
(2007)14
0 Mio. USD (2002), 1,5 Mio. USD
(2007)14
1 Mio. USD (2005)16
Kosmetik
• Nanopartikel in Sonnenschutzmitteln
86,5 Mio. USD (2005)16
Tabelle 6.10: Abschätzungen des jährlichen Weltmarktvolumens nanotechnologischer
Produkte in den jeweiligen Lead-Märkten
Kapitel 6
Quellen: 1 BCC, 2002, 2 Wacker Silicones, 2003, 3 SRI, 2002, 4 Mitsubishi Research
Institute, 2002, 5 Fecht et al., 2003, 6 Reuters, 2002, 7 BASF/Distler, 2002, 8 Aspen
Systems, 2001, 9 Stevenson, 2003, 10 Frost&Sullivan, 2002, 11 Frost&Sullivan, 2003 12
Unternehmensbefragung, 13 VDI TZ Experten-Workshops, 14 BCC 2003, 15VDINachrichten 200216 BCC 2001, 17 Small Times 2002, 18eigene Abschätzung, 19 Small
Times, 2003
Einen Überblick über den Entwicklungsstand verschiedener nanotechnologischer Produkte in den betrachteten Lead-Märkten bietet die
Abbildung 6.26.
NanotechnologischeProdukte
Produkte
Nanotechnologische
Chemie
Chemie
Chemische Sensoren
CNT-Verbundmaterialien
Automobilbau
Automobilbau
Carbon Black
Polymerdispersionen
Mikronisierte Wirkstoffe
Magnetoelektronische Sensoren
Brennstoffzelle
Nanokomposite
Kraftstoffzusatz
Antifog-Coatings
Kratzfeste Lacke
PolymerWindschutzscheiben
Ferrofluid-Stoßdämpfer
Thermoelektrische
Abwärmenutzung
Elektronik
Elektronik
PC-RAM
Molekularelektronik
RTD
DNA-Computing
Spintronik
Reifenfüllstoffe
Komponenten mit
Hartschichten
CMOS-Elektronik <100 nm
Polymerelektronik
FRAM
MRAM
CNT-FED
EUVL-Optiken
Quantenkryptografie
Quantenpunktlaser
Photonische Kristalle
OLED
OptischeIndustrie
Industrie
Optische
Life Sciences
Life Sciences
Anorganische Nanopartikel
Nano-Schichtsilikate
Organische Halbleiter
Dendrimere
Aerogele
Polymere Nanokomposite
Lacke
Nanopigmente
GMR-HDD
weiße LED
Antimikrobika
Biochips
Magnet. Hyperthermie
Sonnenschutz
Biosensoren
Tissue Engineering Lab-on-a-chip
Drug Delivery
Biomolekulare Motoren
Kontrastmittel
Konzept
Prototyp
Markteintritt
Verbreitung
am Markt
Abbildung 6.26: Entwicklungsstand und Zeithorizonte verschiedener Nanotechnologieprodukte in den betrachteten Lead-Märkten (ohne Anspruch auf
Vollständigkeit) (Quelle: VDI TZ)
199
201
7
MARKET ASSESSMENT - ABLEITUNGEN FÜR DEN
STANDORT DEUTSCHLAND
7.1
Anmerkungen zur Vorgehensweise
Im folgenden Kapitel 7 findet sich die Zusammenführung und Bewertung
der gesamten ermittelten Ergebnisse. Die Ergebnisse werden unter
anderem im Kontext mit Ergebnissen aus anderen verfügbaren
kommerziellen Quellen bewertet (Markus-Datenbank und der aktuellen
WMTech Marktstudie, (Fecht et al., 2003). Dies dient der
Plausibilisierung der gesamten Ergebnisse und dem Herausarbeiten der
spezifischen Perspektiven und Ableitungen für den Standort
Deutschland. Dabei wird unter anderem eine Stärken-SchwächenAnalyse der internationalen Wettbewerber in diesem Umfeld, ihre
momentane und zukünftige Orientierung im Forschungs- und
Applikationsbereich und auch eine vergleichende Positionsbestimmung
Deutschlands vorgenommen. Auf der Basis der zusammengestellten
Informationen mit strukturierten Methoden (swot analysis und white spot
analysis) wird zudem eine Analyse des Status in Deutschland sowie der
vorhandenen Chancen und Defizite durchgeführt.
Eine SWOT-Analyse umfasst eine Stärken-Schwächen-Analyse
(strength-weakness), also die Bewertung der Faktoren, die in
Deutschland selbst beeinflusst werden können, und eine Chancen-RisikoAnalyse (opportunities-threats), d. h. eine Bewertung von global
wirkenden Faktoren. Die white-spot analysis stellt ein qualitatives,
strukturiertes Verfahren dar, um in einer Matrix, die zum Beispiel
Märkte/Applikationen und Technologieplattformen beschreibt, nicht oder
nur schwach besetzte Positionen (so genannte weiße Flecken) zu
identifizieren (Deschamps, 2000). Für Aussagen zu den Beschäftigungswirkungen der Nanotechnologie ist man, wie dies bei Querschnittstechnologien grundsätzlich der Fall ist, auf Schätzungen
angewiesen. Weder der Anteil der Nanotechnologie am
Bruttosozialprodukt noch der Niederschlag förderpolitischer Maßnahmen
im Bereich der Nanotechnologie in Form von neu geschaffenen (oder
abgebauten) Arbeitsplätzen lässt sich statistisch exakt abbilden. Ursachen
dafür sind zum einen die breite Diffusion der Nanotechnologie in eine
Vielzahl industrieller Wirtschaftszweige in Deutschland, zum anderen
kommt die Problematik der Definition und Abgrenzung eines
Nanotechnologieproduktes hinzu, die eine eindeutige Zurechnung des
industriellen Outputs auf die Nanotechnologie nahezu unmöglich macht.
Im Rahmen der Beschäftigungsanalyse konnte deshalb nur eine
Abschätzung der direkten Beschäftigungswirkungen im Zusammenhang
mit der Nanotechnologie durchgeführt werden. Hierbei wurde auf die
Ergebnisse der schriftlichen Unternehmensbefragung sowie auf
verfügbare Sekundärquellen, wie die kommerzielle Markus-Datenbank,
Zusammenführung
und Bewertung der
gesamten
Ergebnisse
Positionsbestimmung
Deutschlands
SWOT-Analyse
Beschäftigungsanalyse
202
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Unternehmensberichte und -webseiten, zurückgegriffen. Eine
Betrachtung der indirekten Beschäftigungseffekte ist aufgrund der
gewählten Methodik unter Berücksichtigung der limitierten
Datenverfügbarkeit nicht möglich gewesen.
Nanotechnologie
hat hohe
Bedeutung in
Unternehmen
7.2
Die Märkte der Nanotechnologie für deutsche
Unternehmen
7.2.1
Situationsanalyse aus Sicht der beteiligten Unternehmen
Den Ergebnissen der schriftlichen Umfrage ist zu entnehmen (ausführlich
dazu Kapitel 5), dass die befragten Unternehmen der Nanotechnologie
eine hohe Bedeutung beimessen. Hierbei wird deutlich, dass die
Unternehmen in der Stichprobe der Nanotechnologie vor allem
wirtschaftliche Chancen einräumen und sie weniger als technologische
„Spielwiese“ betrachten. Über 75 Prozent der Unternehmen sehen die
Chance, dass die Nanotechnologie ihnen neue Märkte erschließen kann.
Über 60 Prozent der Unternehmen sehen in der Nanotechnologie einen
entscheidenden Wettbewerbsfaktor bzw. die Möglichkeit, ihre
technologische Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern.
Demgegenüber lehnen die befragten Unternehmen die Aussagen, die
Nanotechnologie bilde ein neues Experimentierfeld, ebenso ab wie in
abgeschwächter Form auch die Aussage, dass die Technologiekompetenz
abgerundet würde (siehe dazu die Abbildungen 5.21 bis 5.24 in Kapitel
5). Dieses Ergebnis widerlegt eindeutig die vielfach verbreitete Aussage,
dass Nanotechnologie lediglich einen „Hype“ darstellt. Derartige
Behauptungen werden zum Teil von Institutionen der Finanzwirtschaft
sowie der Presse aufgestellt, ohne dass diese in der Regel über fachlich
fundierte
Kenntnisse,
einen
qualifizierten
oder
gar
fachwissenschaftlichen Hintergrund verfügen. Da aber gerade die
Finanzierungsproblematik eine der wichtigsten Innovationsbarrieren für
die Nanotechnologie darstellt, ist die Zusammenarbeit dieser Bereiche
eine wichtige Herausforderung für die Zukunft, die insbesondere in
Deutschland ungelöst ist.
Unternehmen sehen
beachtliche
Umsatzpotenziale
für ihre
Nanotechnologieprodukte
Eine wesentliche Variable für die Einschätzung des zukünftigen Marktes
durch die Unternehmen bildet deren Umsatzeinschätzung. Hier zeigt
sich, dass die befragten Unternehmen durchaus positiv gegenüber den
Potenzialen ihres Kernproduktes (das in der Gesamtheit der Befragten ein
extrem breites Anwendungsspektrum darstellt) in der Nanotechnologie
eingestellt sind. Mehr als 50 Prozent der Unternehmen sehen für ihr
Produkt mit höchster Priorität für das Jahr 2006 ein globales
Umsatzvolumen von 250 Mio. EUR und mehr als realistisch an. Weitere
26,7 Prozent der Unternehmen erwarten immerhin noch ein weltweites
Marktvolumen von 50-250 Mio. EUR (s. dazu in Kapitel 5 Abbildung
5.37). Dies zeigt die durchaus beachtlichen Umsatzpotenziale, die die
Unternehmen für ihre Nanotechnologieprodukte sehen.
Kapitel 7
Interessant in diesem Zusammenhang ist auch die Erwartung an das
potentielle Marktvolumen Deutschlands am Gesamtweltmarkt. Eine
Marktprognose lässt sich hieraus allerdings nicht ableiten. Hier zeigt
sich, dass Deutschlands Anteil am Weltmarkt im Jahr 2006 nicht mit den
Forschungspotenzialen Deutschlands in der Nanotechnologie in der
Gegenwart korrespondiert. Während die Forschungsleistung heute als
überzeugend angesehen wird, liegen die Marktanteile vorwiegend im
Mittel zwischen elf Prozent und 25 Prozent (siehe dazu die Abbildung
5.38 in Kapitel 5). Hier zeigt sich ein geringes Vertrauen in die
Marktbildungsfähigkeit deutscher Unternehmen.
Die Ergebnisse der Unternehmensbefragung haben gezeigt, dass der
Bereich Chemie (einschließlich Materialien) das wichtigste
Anwendungsfeld der Nanotechnologiefirmen in Deutschland darstellt,
gefolgt vom Bereich Life Sciences (Medizintechnik/Gesundheit) und
IuK. Die Stärke des Bereiches Chemie in Deutschland wird noch dadurch
unterstrichen, dass die Mehrzahl der befragten Unternehmen in diesem
Bereich die zentralen Konkurrenten in Deutschland und den USA sehen.
203
Forschungsleistung
überzeugend
Starke Bereiche in
Deutschland
Im Bereich Chemie liegen die zentralen funktionalen Eigenschaften der
Nanotechnologie in den verbesserten Werkstoffeigenschaften und der
Oberflächenfunktionalisierung, gefolgt von der Schutzfunktion sowie den
optischen Effekten, also durchaus klassischen und anwendungsnahen
Anforderungen.
7.2.2
Segmentierung der Nanotechnologieunternehmen
Verknüpft mit der Frage nach Nanotechnologieprodukten ist die
Fragestellung nach der Definition eines Nanotechnologieunternehmens.
Auch hier gibt es bisher keine einheitliche Definition. Im Gegensatz zu
anderen Technologiefeldern mit relativ homogenen Anwendungsfeldern
– wie z. B. in der Biotechnologie – sind in der Nanotechnologie sehr
unterschiedliche Firmen aus verschiedensten Branchen und mit
unterschiedlich starkem Engagement in der Nanotechnologie aktiv.
Ebenso sind definitionsgemäß heterogene Anwendungsfelder und
Produkte vertreten. Die Anwendungsfelder reichen, wie bereits
ausgeführt, von der Herstellung von Nanomaterialien über den Life
Science-Bereich bis hin zur Elektronik. In Anlehnung an die Definition
von Ernst & Young, bei der drei Kategorien von Biotechnologieunternehmen definiert wurden, wird hier eine Segmentierung nach dem
Umsatzanteil der Nanotechnologie als Maß für dessen wirtschaftliche
Bedeutung in den Unternehmen herangezogen. Mangels einer objektiven
Messgröße wurden hierfür die Aussagen zum geschätzten
Nanotechnologieanteil am Unternehmensumsatz aus der schriftlichen
Unternehmensbefragung zugrunde gelegt. Dabei wurden von den 105
verwertbaren Fragebögen 103 Unternehmen aus den Ergebnissen der
schriftlichen
Befragung
klassifiziert.
Für
die
Daten
der
Was ist ein
Nanotechnologieunternehmen?
204
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Unternehmenskenngrößen wurden nur 103 Rückläufe ausgewertet, da
weitere zwei jeweils aus den selben Unternehmen kamen.
Im Folgenden werden die drei Kategorien (F1 bis F3) – die ein Maß für
die Wertschöpfung durch die Nanotechnologie und Fokussierung von
Unternehmen darstellen - bestimmt:
Nanotechnologieunternehmen F1:
Der Umsatzanteil durch Nanotechnologieprodukte am Gesamtumsatz des
Unternehmens beträgt mindestens 50 Prozent.
Nanotechnologieunternehmen F2:
Der Umsatzanteil durch Nanotechnologieprodukte am Gesamtumsatz des
Unternehmens liegt zwischen ein Prozent und 50 Prozent.
Unternehmen F3:
Der Umsatzanteil durch Nanotechnologieprodukte am Gesamtumsatz des
Unternehmens beträgt bis zu ein Prozent. Diese Unternehmen
beschäftigen sich zwar mit der Nanotechnologie, erzielen bislang aber
noch keine signifikanten Umsätze mit der Nanotechnologie. Hierbei
handelt es sich vor allem um Unternehmen, die in der Nanotechnologie
forschen, die Nanotechnologieprodukte nutzen oder um solche
Unternehmen, die sich im Beobachtungsstadium befinden und
möglicherweise beabsichtigen in der Zukunft Nanotechnologie
einzusetzen.
Die im Rahmen dieser Studie durchgeführte Erhebung unter 103
deutschen Nanotechnologieunternehmen (aus 105 verwertbaren
Fragebogen) ergab die in Abbildung 7.1 dargestellte Verteilung auf die
drei Kategorien F1 bis F3.
Kapitel 7
k.A.
20 (19%)
205
F1
38 (37%)
F3
12 (12%)
F2
33 (32%)
Abbildung 7.1:
Segmentierung der erfassten Nanotechnologieunternehmen nach
Umsatzanteil der Nanotechnologieprodukte am Gesamtumsatz
(Quelle: Schriftliche Unternehmensbefragung)
Die Einteilung von Unternehmen in drei Kategorien ermöglicht die
Entwicklung eines Nanotechnologieindikators, der es beispielsweise
erlaubt, die Mitarbeiterentwicklung zeitlich zu verfolgen. Wird eine
vergleichbare Grundgesamtheit in einem anderen Land, z. B. den USA
betrachtet, ist damit ein direktes „Benchmarking“ möglich. Aufgrund
fehlender
historischer
Daten
über
die
Umsatzund
Mitarbeiterentwicklung und die entsprechenden Umsatzanteile, die durch
Nanotechnologie entstanden sind, lässt sich die Entwicklung nur über
einen sehr begrenzten Zeitraum verfolgen. In Kapitel 7.5.2 wird auf den
Ansatz eines Nanotechnologieindikators näher eingegangen.
7.3
Einsatzvoraussetzungen
Einsatzvoraussetzungen
Deutschland kann als international wichtiger Technologiestandort auf
Schlüsseltechnologien wie die Nanotechnologie nicht verzichten. Der
Industriestandort Deutschland verfügt selbst über keine nennenswerten
Rohstoffe. Er kann sich im internationalen Wettbewerb folglich nur mit
Hilfe von Innovationen behaupten. Die Ausbildung von
hochqualifizierten Fachkräften ist eine wichtige Voraussetzung dafür.
Spitzentechnologien sind eine zentrale Bedingung für wirtschaftlichen
Fortschritt. Dafür braucht Deutschland eine kritische Masse an Knowhow-Potenzial, geeignete Fach- und Führungskräfte und ein starke
Entwicklungs-, Fertigungs-, Vermarktungs- und Dienstleistungsbasis.
In Bezug auf die Nanotechnologie treten folgende Fragen auf: Welches
ökonomische, wissenschaftliche und technologische Umfeld findet die
Nanotechnologie in Deutschland vor? Wie ist es in diesem Kontext um
die wirtschaftliche Umsetzung von Spitzentechnologien bestellt? Als ein
Deutschland kann
auf Nanotechnologie nicht
verzichten
206
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
relevanter Indikator wird zunächst die FuE-Intensität
Nanotechnologieunternehmen in Deutschland betrachtet.
der
40%
Durchschnittl. FuE-Anteil
35%
34,4%
30%
26,9%
25%
20%
15%
11,7%
10,9%
8,6%
10%
5%
0%
Bis 20
21 - 100
101 - 250
251 - 1000
über 1000
Anzahl Mitarbeiter
Abbildung 7.2:
Hohe FuE-Intensität
bei KMU
Hohe Abhängigkeit
von Kapitalgebern
Investitionsbereitschaft
gesunken
Gründungsdynamik
aufrechterhalten
FuE-Anteil (gemessen am Jahresumsatz) der
Nanotechnologieunternehmen nach Unternehmensgröße (Quelle:
Schriftliche Unternehmensbefragung)
Die Erhebungen der hier vorliegenden Studie zeigen einen in Relation
zur Mitarbeiterzahl außerordentlich hohen Anteil an FuE-Personal bei
kleinen und mittleren Unternehmen (Abbildung 7.2), was als ein Beleg
für die hohe FuE-Intensität kleiner Unternehmen in diesem Feld
angesehen werden kann. Diese Relation spiegelt nicht zuletzt den
Umstand wider, dass kleine Technologieunternehmen in der Regel auf
ein zentrales Produkt fokussiert sind, auf dessen Idee die Gründung
basiert und das im Verlauf der Seed- und Start-Phase zur Marktreife
gebracht wird. Damit einher geht erfahrungsgemäß eine nahezu 100prozentige Konzentration auf FuE-Aktivitäten in diesen jungen
Technologieunternehmen. In dieser Phase ist eine besondere
Abhängigkeit von Kapitalgebern gegeben. Die Beschaffung von VentureCapital gestaltet sich aber gerade nach dem Ende des „New EconomyHype“ für Start-up Unternehmen in Deutschland als ausgesprochen
schwierig. Die Investitionsbereitschaft in Start-up-Unternehmen mit einer
relativ langen „Time-to-market-Spanne“ ist, seitens der Venture-CapitalUnternehmen, drastisch gesunken.
Folglich besteht ein akuter Bedarf an alternativen Finanzierungsquellen
und -instrumenten, um die Gründungsdynamik der vergangen Jahre und
die damit geschaffenen Arbeitsplätze in der Nanotechnologie
aufrechtzuerhalten.
Kapitel 7
207
Index der Unternehmensgründungen
400
350
300
250
200
150
100
50
0
1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002
Abbildung 7.3:
Gründungsgeschehen in Deutschland 1991 – 2002 in der
Nanotechnologie (Quelle: Schriftliche Unternehmensbefragung; Fecht
et al., 2003). Die Gründungen im Jahr 1991 wurden auf 100 normiert.
Abbildung 7.3 gibt einen Überblick über das Gründungsgeschehen in der
Nanotechnologie über die letzten zehn Jahre. Dabei wurde die Zahl der
Unternehmensgründungen im Jahr 1991 auf 100 normiert und die
relative Veränderung der Folgejahre demgegenüber aufgetragen. Diese
Entwicklung, die eine vergleichbare Dynamik mit anderen
Hochtechnologiebereichen (wie z. B. Biotechnologie) aufweist, ist durch
ein starkes Anwachsen der Unternehmensgründungen seit Mitte der
neunziger Jahre mit einem deutlichen Höhepunkt im Jahr 2000 und
einem signifikanten Absinken im Jahr 2001 gekennzeichnet. Neben der
verschlechterten Situation an den Kapitalmärkten und dem deutlich
schlechteren Angebot an Start-up-Finanzierungen im Vergleich zum
Ende der neunziger Jahre sind sicherlich auch konjunkturelle Einflüsse
für die Negativentwicklung der Gründungsdynamik verantwortlich. Der
außerordentlich geringe Wert des Index der Unternehmensgründungen in
2002 ist zumindest teilweise auch auf die unvollständigere Erfassung erst
kürzlich gegründeter Unternehmen zurückzuführen und daher nur
bedingt aussagekräftig.
7.3.1
Anwachsen der
Unternehmensgründungen Mitte
der neunziger
Jahre
Technologische Voraussetzungen
Durch intensive staatliche Investitionen in den FuE-Bereich und die
Infrastruktur verfügt Deutschland über eine sehr gute technologische
Ausgangsbasis in der Nanotechnologie. Technologieindikatoren, wie die
Anzahl der wissenschaftlichen Publikationen in Fachzeitschriften oder
die Anzahl der Patente, weisen durchweg in Europa und weltweit eine
Spitzenposition Deutschlands auf (vgl. z. B. TAB, 2003; Compano und
Sehr gute
technologische
Ausgangsbasis in
Deutschland
208
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Hullman, 2002).1 Die deutsche Nanotechnologieszene ist in der Breite
sehr gut aufgestellt, was sich unter anderem in den unterschiedlichen
thematischen Schwerpunkten der Nanotechnologiekompetenzzentren und
den breit gefächerten Tätigkeitsschwerpunkten der im Rahmen dieser
Studie befragten Unternehmen widerspiegelt. Die Notwendigkeit einer
derart breiten technologischen Aufstellung wird transparent, wenn die
funktionalen Anforderungen von Nanotechnologieprodukten mit den
Anwendungsfeldern korreliert werden.
Für
Nanotechnologie
relevante Produkteigenschaften
Tabelle 7.1 fasst die Ergebnisse in einer inversen White-spot-Analyse der
für die Nanotechnologie relevanten Produkteigenschaften zusammen, die
aus der schriftlichen Unternehmensbefragung ermittelt wurden. Die
White-spot-Analyse stellt ein qualitatives, strukturiertes und gleichzeitig
plakatives Verfahren dar, um Abhängigkeiten zwischen beispielsweise
Märkten bzw. Applikationen und Funktionen oder Anwendungen und
Technologieplattformen in Form einer Matrix darzustellen. Nicht oder
nur schwach besetzte Positionen (sogenannte weiße Flecken) in der
Matrix können mit Hilfe dieser Methode identifiziert werden. Wird diese
Methode dazu verwendet, besonders starke Zusammenhänge zwischen
verschiedenen Sachverhalten aufzudecken, so spricht man von einer
inversen White-spot-Analyse (Deschamps, 2000). Dementsprechend
stellen die schwarzen Bereiche signifikante Kausalitäten zwischen
funktionalen Anforderungen an ein Nanotechnologieprodukt und einem
spezifischen Anwendungsbereich dar.
1
Ausführlich dazu Kapitel 4.
Weiße/braune
Lebensmittel
Baugewerbe
Messtechnik
Maschinenbau
Energie
Umwelt
Chemie
Transport
Funktionen
Kosmetik
IuK
Anwendungsbereiche /
Branchen
Medizintechnik
Kapitel 7
Analytik/Diagnose
Medizinische Therapie /
Diagnose
Oberflächenfunktionalisierung
Displays
Energiewandlung
Fertigungsequipment
Nutzung nano/biotechn.
Eigenschaften
Datenverarbeitung und speicherung
Datenübertragung
Materialseparation
Sensorik
Aktorik
Materialdosierung
Optische Effekte
Filtern von Fluiden / Gasen
Schutz
Verbesserte
Werkstoffeigenschaften
Strukturerzeugung
Design / Mode / Ästhetik
Schutz
Tabelle 7.1:
Inverse White-spot-Analyse der wichtigsten Funktionen und der
Anwendungsbereiche/Branchen (Quelle: Schriftliche
Unternehmensbefragung)
Das Ergebnis der Analyse lässt zum einen typische Funktionen von
Nanotechnologieprodukten über die verschiedenen Anwendungsbereiche
erkennen, zum anderen bilden sich relevante bzw. geforderte
Funktionalitäten und Kombinationen von Funktionen für ein bestimmtes
Anwendungsfeld heraus. So findet die Nanotechnologie insbesondere
dort in verschiedenen Bereichen Anwendung, wo Analytik und
Diagnose, Oberflächenfunktionalisierung, sensorische und optische
Effekte von Bedeutung sind. Daneben sind in den Anwendungsfeldern
IuK, Medizin/Gesundheit und Chemie verschiedenste Funktionalitäten
von
Nanotechnologieprodukten
gefragt,
während
in
den
209
210
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
verkehrstechnischen Anwendungen in erster Linie Oberflächenfunktionalitäten und Werkstoffeigenschaften der Nanotechnologie von
Bedeutung sind.
Bereiche mit
„weißen Flecken“
Grundlagen
schaffen für die
breite Nutzung der
Nanotechnologie
In den Bereichen Kosmetik, Umwelt, Energie, Maschinenbau,
Baugewerbe, Lebensmittel und weiße/braune Ware konnte der
festgelegte Schwellenwert bei keinem Anwendungsbereich überschritten
werden, so dass dort nur „weiße Flecken“ zu erkennen sind. Hieraus kann
geschlossen werden, dass die Ergebnisse und Methoden der
Nanotechnologie – in den genannten Feldern - weitgehend noch nicht
genutzt werden. Die Ergebnisse der inversen White-spot-Analyse zeigen
eine bemerkenswerte Übereinstimmung mit anderen Quellen (vgl. hierzu
z. B. Fecht et al., 2003). Dort stehen die Bereiche Transport, Energie und
Umwelt auf den letzten Plätzen, wenn der Einfluss der Nanotechnologie
auf die unterschiedlichen Anwendungsbereiche/Branchen betrachtet
wird. So weist auch die TAB-Studie (TAB, 2003) darauf hin, dass der
Entwicklungsstand von Produkten, Produktideen und Konzepten der
Nanotechnologie - in Abhängigkeit von der Branche – sehr
unterschiedlich weit fortgeschritten ist. Die Diffusion der
Nanotechnologie in Anwendungen steht in vielen Bereiche erst am
Anfang. Die amerikanische National Science Foundation (Roco, 2002)
geht davon aus, dass die Entwicklung der Nanotechnologie durch eine Sförmige Kurve beschrieben werden kann, bei deren Entwicklung ein
Zeitraum von etwa fünf Jahren benötigt wird, um vom Anfang der Kurve
in den stark ansteigenden Teil zu gelangen. Diesen Trend kann man auch
in den White-spot-Analysen in den Tabellen 7.1 und 7.2 erkennen. Für
die breite Nutzung der Nanotechnologie müssen zunächst die Grundlagen
geschaffen werden durch Entwicklungen im Material-, Equipment-,
Produktions- und Analysebereich. Wenn diese Voraussetzungen
geschaffen sind, kann die Diffusion der entwickelten Technologien in
andere Bereiche erfolgen.
Analog kann mit Hilfe der inversen White-spot-Analyse Aufschluss über
die Relevanz von Technologieplattformen der Nanotechnologie
gewonnen werden. In Tabelle 7.2 sind die typischen
Technologieplattformen sowie die dominanten Märkte für deren
Endprodukte dargestellt. Die weißen Bereiche stellen aus Sicht der
befragten Unternehmen keine signifikante Technologie- oder
Messtechnikplattform für einen spezifischen Anwendungsbereich dar,
während die schwarzen Felder wichtige Technologien bzw.
Messtechniken für einen speziellen Anwendungsbereich repräsentieren.
Die befragten Unternehmen gehen davon aus, dass die wichtigsten
Anwendungsfelder der Nanotechnologie (IuK, Chemie sowie
Medizintechnik) gleichzeitig die meisten Technologieplattformen bzw.
Messtechniken benötigen. Mit Ausnahme des self assembly und des
molecular engineering sind die anderen Technologien und Messtechniken
eher als klassische Verfahren einzustufen, die allerdings durch neuere
Kapitel 7
Weiße/braune
Ware
Lebensmittel
Baugewerbe
Messtechnik
Maschinenbau
Energie
Umwelt
Chemie
Transport
Kosmetik
Technologieplattform/
Messtechnik
IuK
Anwendungsbereiche/
Branchen
Medizintechnik
nanotechnologische Erkenntnisse weiterentwickelt und optimiert werden.
Wie auch in der Tabelle 7.1 ergibt sich in der inversen White-spotAnalyse (Tabelle 7.2) eine Übereinstimmung der schwarzen Flecken
bezogen auf die betroffenen Anwendungsbereiche/Branchen. Das sind
offenbar die Bereiche, in denen sich die Methoden der Nanotechnologie
bereits etabliert haben bzw. in der Einführung sind. Die größte
erforderliche Technologievielfalt ist in den Bereichen Medizintechnik,
IuK sowie der Chemie notwendig. Der Einsatz dieser
Technologieplattformen stellt eine notwendige Voraussetzung für die
Herstellung von Produkten dar. Eine gezielte staatliche Förderung der
Nanotechnologie in den genannten Anwendungsbereichen kann die
Diffusion der Nanotechnologie in Produkte beschleunigen und die
Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen kurz- und mittelfristig
stärken.
Separation/filtration methods
Biological engineering
Sol-gel processing
Powder processing
Particle beam lithography
Catalysis
Self assembly
Nanoprint/-imprint
Molecular engineering
Metrology
Microscopy
Modelling and simulation
Ultra-precision engineering
Optical lithography
Thin film deposition methods
Other
Tabelle 7.2:
Inverse White-spot-Analyse der wichtigsten Technologieplattformen und
Anwendungsbereiche/Branchen (Quelle: Schriftliche
Unternehmensbefragung)
211
212
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
7.3.2
Voraussetzungen für branchenspezifische Anwendungen
Mit Blick auf die von den deutschen Nanotechnologieunternehmen
bedienten Anwendungsfelder sind deutliche Schwerpunkte innerhalb des
breiten Einsatzbereiches von Nanotechnologieprodukten zu erkennen
(vgl. Abbildung 7.4).
Chemie / Werkstoffe / Verfahrenstechnik
Information und Kommunikation
Medizintechnik / Gesundheit
Messtechnik
Transport und Verkehr
Maschinenbau
Kosmetik
Energie(-versorgung)
Baugewerbe
gesamt
Umwelt (inkl. Recycling)
Lebensmittel / -verarbeitung
Großunternehmen
(mehr als 1000 MA)
Weiße und braune Ware
Sonstige
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
Prozent der Befragten Unternehmen
Abbildung 7.4:
„Chemie“ als
besonders wichtiges
Anwendungsfeld
gefolgt von „IuK“
Bedeutung der Nanotechnologie für einzelne Anwendungsfelder
(Quelle: Schriftliche Unternehmensbefragung)
Analog der starken Vertretung der chemischen Industrie unter den
Nanotechnologieunternehmen, die gemäß der Erhebung mit 27 Prozent
den größten Anteil der befragten Unternehmen stellen, wird der Bereich
„Chemie“ von über 50 Prozent der befragten Unternehmen als
Anwendungsfeld für ihre Nanotechnologieprodukte genannt. An zweiter
und dritter Stelle folgen die Anwendungsfelder „Information und
Kommunikation“ und „Medizin/Gesundheit“, die von knapp 40 Prozent
der Unternehmen bereits heute mit Produkten der Nanotechnologie
bedient werden. Gegenüber der Messtechnik, die als viertes bedeutendes
Anwendungsfeld zu sehen ist, sind die anderen Bereiche von geringerer
Bedeutung für die Mehrzahl der befragten Unternehmen. Dieses gilt auch
für den Bereich „Transport und Verkehr“, der jedoch aufgrund seiner
gesamtwirtschaftlichen Bedeutung für Deutschland als Lead-Market (in
dieser Studie bezeichnet als Automobilbau) für die Nanotechnologie
definiert wurde (vgl. Kapitel 6).
Eine separate Betrachtung der Großunternehmen mit mehr als 1000
Beschäftigten zur Verifizierung der wirtschaftlichen Bedeutung der
einzelnen Anwendungsfelder lässt einige Unterschiede zu Tage treten.
Weitgehende Übereinstimmung ergibt sich in den beiden führenden
Anwendungsbereichen Chemie und IuK. Erwartungsgemäß kommt
jedoch bei dieser Betrachtung dem Bereich „Transport und Verkehr“, in
dem der Automobilbau einen wichtigen Bereich darstellt, eine deutlich
Kapitel 7
213
höhere
Bedeutung
zu.
Auch
die
Anwendungsbereiche
„Energie(versorgung)“ und „Kosmetik“ spielen aus Sicht der
Großindustrie eine nicht unwesentliche Rolle.
Darüber hinaus stellt sich die Frage, welche technologische und
wirtschaftliche Bedeutung der Nanotechnologie innerhalb der
Unternehmen zukommt. Die Mehrzahl der befragten Unternehmen
betrachten
ihr
Nanotechnologie-Know-how
als
wichtigen
Wettbewerbsfaktor sowohl auf ihren angestammten Märkten als auch für
die Erschließung neuer Märkte (vgl. Abbildung 7.5). Für nur 36 Prozent
der Unternehmen rundet die Nanotechnologie lediglich die bestehende
Technologiekompetenz ab und wird mittelfristig nicht als
Kernkompetenz gesehen. Für weniger als ein Viertel der befragten
Unternehmen stellt die Nanotechnologie gegenwärtig nur ein neues
Experimentierfeld dar. Diese Aussagen unterstreichen die heutige
kommerzielle Bedeutung der Nanotechnologie für die deutsche Industrie.
Eine Korrelation zwischen den Aussagen zur Bedeutung der
Nanotechnologie und den fünf dominanten Anwendungsfeldern legt
keine wesentlichen Unterschiede zwischen den Anwendungsfeldern
offen (vgl. Abbildung 7.5).
NT-Know-how als
Wettbewerbsfaktor
Chemie / Werkstoffe /
Verfahrenstechnik
Wettbewerbsfähigkeit
auf angestammten
Märkten
Information und
Kommunikation
Erschließung neuer
Märkte
Medizintechnik /
Gesundheit
keine strategische
Kernkompetenz
Messtechnik
nur eine
technologische
Option
Transport und Verkehr
Experimentierfeld
5
4
trifft nicht zu
Abbildung 7.5:
3
2
1
trifft zu
Einschätzung der Bedeutung der Nanotechnologie für die befragten
Unternehmen nach bedienten Anwendungsfeldern (Quelle:
Schriftliche Unternehmensbefragung)
Ein weltweiter Vergleich der stärksten Wettbewerber deutscher
Nanotechnologieunternehmen nach Anwendungsfeldern zeigt die Stärken
der deutschen Unternehmen insbesondere in den Anwendungsbereichen
Chemie und Automobil (vgl. Abbildung 7.6). Während Deutschland aus
Sicht der deutschen Industrie in diesen Feldern gleichauf mit den USA
als Herkunftsland der stärksten Wettbewerber liegt, wird die Konkurrenz
aus
Übersee
in
den
Feldern
IuK,
Life
Sciences
(Medizintechnik/Gesundheit) und der Messtechnik stärker als in
NanotechnologieKnow-how wichtiger
Wettbewerbsfaktor
214
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
Abbildung 7.6:
7.3.3
Transport und
Verkehr
Messtechnik
Medizintechnik /
Gesundheit
Information und
Kommunikation
Asien (ohne J)
Japan
USA
Europa (ohne D)
Deutschland
Chemie /
Werkstoffe /
Verfahrenstechnik
Regionale Herkunft (in %)
Deutschland und anderswo in der Welt eingeschätzt. Allein im Feld IuK
überwiegen sowohl europäische als auch asiatische (einschließlich
japanische) Wettbewerber die Konkurrenz aus Deutschland.
Regionale Herkunft der stärksten Wettbewerber deutscher
Nanotechnologieunternehmen für die wichtigsten Anwendungsfelder
(Quelle: Schriftliche Unternehmensbefragung)
Finanzielle Voraussetzungen
Wie bereits ausgeführt, verfügt Deutschland über eine gute
Ausgangsbasis in der Nanotechnologie. Die wissenschaftlichen
Technologieindikatoren räumen Deutschland durchweg einen weltweiten
Spitzenplatz ein (vgl. Kapitel 7.6). Hierbei ist allerdings anzumerken,
dass die Technologieindikatoren durchgehend einen Zeitraum in der
Vergangenheit widerspiegeln, aber nicht den aktuellen Stand geschweige denn die wirtschaftliche Entwicklung - beschreiben können.
Die Anzahl der Patente mag einen Grundstein für die zukünftige
Entwicklung setzen, ist aber nicht allein ausschlaggebend für die
zukünftige wirtschaftliche Ausschöpfung der Nanotechnologie in
Deutschland. Auch wenn die Mehrzahl der befragten Unternehmen die
Nanotechnologie als wichtigen Wettbewerbsfaktor sieht, ist die
zukünftige Entwicklung stark abhängig von der gesamtwirtschaftlichen
Situation.
Klassische
Bankfinanzierung
schwierig
Insbesondere die Zurückhaltung von Investitionen der Venture-CapitalBranche in Start-up -Unternehmen wirkt sich derzeitig äußerst negativ
auf Unternehmensgründungen im deutschen Nanotechnologie-Umfeld
aus. Die klassische Bankfinanzierung von Unternehmensgründungen ist
in den letzen Jahren zunehmend schwieriger geworden, da sich die
deutsche Bankenlandschaft selbst in einer Krise befindet.
Kapitel 7
Aufgrund des „New-Economy-Hypes“ und der daraus resultierenden
negativen Folgen für die „Venture-Capital-Szene“ in Deutschland
werden Neuinvestitionen in risikoreiche Nanotechnologie Start-ups auch
aus diesem Bereich zunehmend unwahrscheinlicher. Hinzu kommt, dass
in Deutschland die wenigsten Venture-Captial-Gesellschaften über
qualifiziertes Personal verfügen, die über Investitionen in derart
komplexe Technologien qualifiziert entscheiden können. In diesem Punkt
sind einige „Venture-Capital-Gesellschaften“ in den USA deutlich besser
aufgestellt. Mangelnde Finanzierungsquellen wurden sowohl in der
schriftlichen Unternehmensbefragung als auch in allen durchgeführten
Workshops - unabhängig von der Unternehmensgröße - als die wichtigste
Innovationsbarriere identifiziert. Dabei muss die Finanzierung nicht
zwangsläufig durch „Venture Capital“ erfolgen, auch in
Großunternehmen ist die Finanzierung aus dem „Cashflow“ von
„risikoreichen Nanotechnologieprojekten“ zunehmend schwieriger
geworden. Insgesamt stellt die Finanzierungshürde eine erhebliche
Problematik für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung der
Nanotechnologie in Deutschland dar. Dabei sind nicht nur staatliche
Subventionen notwendig, sondern auch eine „Reanimation“ von „EquityInvestoren“.
7.3.4
215
Mangelnde
Finanzierungsquellen als
Barriere für
Innovation
Struktur der deutschen „Nanotechnologie„Nanotechnologie-Industrie“
Die Struktur der in der Nanotechnologie tätigen Unternehmen in
Deutschland weist eine hohe Zahl kleiner Unternehmen auf (vgl.
Abbildung 7.7). Dieses geht einher mit der Altersverteilung der in diesem
Technologiefeld aktiven Unternehmen, von denen etwa zwei Drittel ab
1990 gegründet wurden (vgl. Abbildung 7.8). Die Gründungen im
Bereich der Großunternehmen stellen im Wesentlichen ausgegliederte
Geschäftsbereiche bestehender Unternehmen dar, wie z. B. die
Ausgliederungen der Geschäftsbereiche Halbleiter von Siemens zu
Infineon oder der Sparte Spezialchemie der Hoechst AG zu Clariant. Aus
Abbildung 7.8 geht weiter hervor, dass zu den Unternehmen, die sich mit
Nanotechnologie beschäftigen, eine Reihe etablierter Unternehmen
gehören, die zum Teil schon vor 1900 gegründet worden sind, wie
beispielweise Merck oder BASF, während die eigentliche
Gründungswelle neuer Nanotechnologieunternehmen in den neunziger
Jahren einsetzte.
Auffällig ist zurzeit eine merkliche Unterrepräsentation von
Unternehmen mittlerer Größe, was eine schwache Vertretung des
klassischen Mittelstandes in diesem Technologiefeld zeigt. Das
Innovationspotenzial der Nanotechnologie gibt offensichtlich einer
beträchtlichen Zahl kleiner innovativer Unternehmen die Chance, sich
am Markt zu bewähren. Gleichfalls hat auch eine Zahl von
Großunternehmen die wirtschaftlichen Chancen der Nanotechnologie
Hohe Zahl kleiner
Unternehmen
Unternehmen
mittlerer Größe
unterrepräsentiert
Vertretene
Großunternehmen
sehr aktiv
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
erkannt und nutzt die Potenziale dieser Schlüsseltechnologie für
Produktinnovationen aus.
Anzahl Unternehmen
40
35
Schriftliche
Unternehmensbefragung
30
Fecht et al., 2003
25
20
15
10
5
0
Bis 20
Abbildung 7.7:
21 bis
100
101 bis 251 bis 501 bis
250
500
1000
Anzahl Mitarbeiter
1001 bis
5000
über
5000
Unternehmen der Nanotechnologie nach Unternehmensgrößenklassen
(Quelle: Schriftliche Unternehmensbefragung, Fecht et al., 2003). Die
unterschiedlichen Quellen zeigen eine tendenzielle Übereinstimmung
und bestätigen somit die Qualität der Stichprobe.
80
GU
70
KMU
60
Anzahl Unternehmen
216
50
40
30
20
10
0
vor 1900
1900 1949
1950 1959
1960 1969
1970 1979
1980 1989
1990 1999
2000 2002
Gründungsjahr
Abbildung 7.8:
Gründungsgeschehen in der Nanotechnologie nach
Unternehmensgrößenklassen (Quelle: Schriftliche
Unternehmensbefragung, Fecht et al., 2003); Die Werte für den
Zeitraum 2000 bis 2002 sind nur unvollständig erfasst und daher
schraffiert dargestellt (vgl. Kapitel 7.3)
Kapitel 7
In Abbildung 7.9 wird die Branchenzuordnung der an der Befragung
beteiligten Unternehmen zusammenfassend dargestellt. Als Branchen mit
dem höchsten Anteilen an Nanotechnologieunternehmen konnte die
Chemische Industrie und die Herstellung von Mess- Kontroll- und
Navigationsgeräten identifiziert werden. In letzterer Branche ist zudem
eine signifikante Verteilungshäufung kleiner und mittlerer Unternehmen
zu verzeichnen. Die sicher notwendige Interpretation der wenig
differenzierenden NACE-Kodierung (der National Accounts in Europe
ist die europäische Gliederung der Wirtschaft in statistische Sektoren
bzw. Produktionsbereiche) der Unternehmenszuordnung lässt den
Schluss zu, dass es sich hier um vornehmlich in speziellen Nischen tätige
KMU im Bereich der Entwicklung und Herstellung von
nanotechnologischem Equipment, d. h. von Fertigungs-, Analyse- und
Testkomponenten handelt.
35
bis 20 MA
Anzahl Unternehmen
30
über 5000 MA
25
20
15
10
5
la
s-
k.
A.
C
un hem
d
W
M
ie
K
er
es
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sm
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ri
m
. U cht te
nt ung
er
su e n
ch
u
So ng
ns
tig
e
0
G
Branche
Abbildung 7.9:
7.3.5
Branchenzuordnung der untersuchten Nanotechnologieunternehmen
(Quelle: Schriftliche Unternehmensbefragung)
Akzeptanz der Nanotechnologie
Neben den Hoffnungen auf bedeutende Umsatzpotenziale in fast allen
Branchen der Wirtschaft verbinden sich mit der Nanotechnologie weitere
weitreichende
Erwartungen
vor
allem
im
Bereich
des
Gesundheitswesens, der Krankheitsprävention, der Altersversorgung und
anderem.
217
218
Medizin: neue
Verfahren
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Zu den prognostizierten positiven Folgen nanotechnologischer
Entwicklungen für die Gesundheit und Umwelt gehören unter anderem
die
Entwicklung
neuer
Diagnoseund
Therapieverfahren,
Erkenntnisfortschritte in den Biowissenschaften und im Verständnis
biologischer Prozesse, die Entwicklung neuer oder die Optimierung
bekannter Medikamente und Agro-Chemikalien.
Nanotechnologiebasierte Diagnoseinstrumente können möglicherweise
Krankheiten oder Dispositionen für Krankheiten früher als bisher
erkennen, nanopartikuläre Dosiersysteme können zu Fortschritten bei der
medikamentösen Behandlung führen. Durch Verfahren der
Nanotechnologie kann die Biokompatibilität künstlicher Implantate
verbessert werden.
Umwelt:
Entlastungs
effekte?
Entlastungseffekte für die Umwelt können sich durch die Einsparung von
stofflichen Ressourcen, die Verringerung des Anfalls von
umweltbelastenden Nebenprodukten, die Verbesserung der Effizienz bei
der Energieumwandlung, die Verringerung des Energieverbrauchs und
die Entfernung Umwelt belastender Stoffe aus der Umwelt ergeben.
Diese Auswirkungen der Nanotechnologie auf die menschliche
Gesundheit oder die Entlastung der Umwelt stellen jedoch bisher
überwiegend Hypothesen dar, deren Bestätigung durch erfolgreiche FuEBemühungen erst am Beginn steht.2
Der mitunter fehlende oder von der Öffentlichkeit als unzureichend
angenommene praktische Nachweis dieser Vorhersagen führt zunehmend
häufiger zu einer breit geführten, nicht immer rein sachlich dem Gegenstand folgenden Diskussion um die Wirkungen und Folgen der
technologischen Breitennutzung der Nanotechnologie.
Umwelt:
unkontrollierte
Freisetzung?
Im Mittelpunkt dieser Diskussion stehen unter anderem Fragen nach den
Auswirkungen einer unkontrollierten Freisetzung von Nanopartikeln.
Vorliegende Forschungsergebnisse zu dieser Frage sind hinsichtlich ihrer
Belastbarkeit begrenzt. Die in die Diskussion eingebrachten
Vermutungen über mögliche negative Folgen der Inhalation oder
Zellgängigkeit von Nanopartikeln basieren bisher im Wesentlichen auf
Analogieschlüssen zu Ergebnissen vorliegender Untersuchungen über die
Wirkungen ultrafeiner Partikel (Asbest-Analogie). Der Einfluss von
Nanopartikeln auf Reaktionen im Körper, z. B. bei der Aufnahme durch
Einatmen oder über die Haut, ist noch weitgehend Gegenstand der
Forschung.
2
Das BMBF hat zu diesem Thema eine erste Studie in Auftrag gegeben
(„Nachhaltigkeitseffekte durch Herstellung und Anwendung nanotechnologischer
Produkte“), deren Ergebnisse im Herbst 2004 erscheinen sollen. Die Studie wurde
unter der Leitung des Instituts für Ökologische Wirtschaftsforschung, Berlin,
bearbeitet.
Kapitel 7
In der Vergangenheit wurde Nanotechnologie in praktischer Philosophie
und Ethik kaum thematisiert, mögliche gesellschaftliche Folgen ihres
verstärkten Einsatzes wurden eher selten erforscht. Fehlende Information,
fehlende Kommunikation und unzureichende Faktenkenntnis kann in
fehlende gesellschaftliche Akzeptanz für neue Technologien münden
und, nicht zuletzt für die Nanotechnologie, zu einer erheblichen
Innovationsbarriere werden. So werden bereits auf Grund existierender
Wissenslücken zu den Folgen der Nanotechnologie von verschiedenen
gesellschaftlichen Gruppen Forderungen nach einem Moratorium für
bestimmte Aspekte des Einsatzes der Nanotechnologie und der
Forschung in diesem Technologiefeld erhoben (ETC, 2003). Um
derartige „Show-Stopper“ und Fehlentwicklungen frühzeitig zu
vermeiden, wurden in jüngerer Vergangenheit zunehmend Aktivitäten im
Bereich der sozialwissenschaftlichen Begleitforschung speziell in den
USA, Großbritannien und Deutschland initiiert, unter anderem von der
NSF (USA), der Royal Society (GB), sowie dem BMBF und dem TAB
(D).
7.4
219
Nanotechnologie
und Ethik?
Sozialwissenschaftliche
Begleitforschung
wird durchgeführt
InnovationsInnovations- und Diffusionshemmnisse
Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Technologiedynamik in der
Form sich verkürzender Produkt- und Technologielebenszyklen,
Sättigungstendenzen auf den traditionellen Märkten und einer
Dynamisierung der technischen Entwicklungen, hat sich der globale
Wettbewerb
in
den
letzten
Jahren
erheblich
verschärft.
Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum werden mehr denn je davon
bestimmt, die Fähigkeit zu besitzen, neue Produkte und neue Verfahren
hervorzubringen und diese weltweit zu vermarkten, um dadurch neue
Märkte zu erschließen und den künftigen Innovations- und
Investitionsanforderungen gerecht zu werden. Innovation ist somit eine
zentrale Determinante für die Wettbewerbsfähigkeit und zukünftige
Erfolge und zwar nicht nur für die Großunternehmen, sondern gerade
auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), da sie bei
Marktumbrüchen einem existenzielleren Anpassungsdruck als
Großunternehmen unterliegen.
Für die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland
auf zukunftsträchtigen Gebieten wie der Nanotechnologie ist es daher
von elementarer Bedeutung, ein innovationsförderndes Umfeld für
Unternehmen zu gewährleisten und Innovationshürden zu beseitigen. Zu
diesem Zweck wurden in der zu dieser Studie durchgeführten
schriftlichen Befragung potenzielle Innovationsbarrieren im Hinblick auf
die
von
Industrieseite
adressierten
Anwendungsfelder
für
Nanotechnologie-Produkte erfasst.
An erster Stelle stehen aus Sicht der befragten Unternehmen
Innovationshürden
wie
Investitionskosten,
Finanzierung
und
Fördermittel, die auffälligerweise allesamt finanzieller Natur sind (siehe
Innovationsförderndes Umfeld
gewährleisten
220
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Abbildung 5.41 in Kapitel 5). Die Rangfolge der genannten Barrieren
lässt darauf schließen, dass die Entwicklung neuer Produkte oder
Verfahren im Bereich der Nanotechnologie erhebliche Investitionen
erfordert, die nicht allein aus dem Eigenkapital heraus finanziert werden
können.
Diese Einschätzung wurde auch in den durchgeführten Workshops zu
den ausgewählten Lead-Märkten bestätigt. Mit den Entwicklungen neuer
Produkte, insbesondere wenn diese auf neuartigen, bislang im
Unternehmen noch nicht eingesetzten Technologien beruhen, sind
erhebliche Risiken verbunden, die sowohl im Falle einer externen
Finanzierung (z. B. am Kapitalmarkt) als auch im Wettbewerb mit
anderen Produkten oder Unternehmenseinheiten um die Allokation der
internen finanziellen Ressourcen die Frage nach der jeweiligen
Kosten/Nutzen-Relation aufwerfen. In diesem Zusammenhang spiegelt
sich - zumindest teilweise - auch die allgemein schwierige finanzielle
Situation der Unternehmen in Deutschland wider sowie die zum Teil
damit einhergehende Tendenz zu zunehmend kurzfristig ausgerichteten
Unternehmensentscheidungen. Im Hinblick auf die staatliche
Unterstützung entlang der Wertschöpfungskette wurde von den
Unternehmen eine zu kurzfristig ausgerichtete Förderung beklagt.
7.4.1
KMU haben
schlechtere
Zugangsbedingungen zum
Kapitalmarkt
Unterschiede zwischen KMU und Großunternehmen
Signifikante Unterschiede zwischen den Innovationshürden für KMU
und Großunternehmen lassen sich in drei Bereichen identifizieren. Ein
deutlicher Unterschied besteht bei den Finanzierungsquellen. KMU
haben in ihrer Wahrnehmung deutlich schlechtere Zugangsbedingungen
zum Kapitalmarkt als Großunternehmen. Entsprechend bildet die
Finanzierung ihrer Aktivitäten auch für 38,6 Prozent der KMU eine
wichtige Innovationshürde. Im Unterschied dazu bildet der Zugang zum
Kapitalmarkt für Großunternehmen nur in 7,7 Prozent der Stichprobe
eine wichtige Innovationshürde.
Ähnlich liegt der Unterschied bei dem Zugang zu Marktinformationen.
Auch hier sieht mit 21,3 Prozent der KMU eine deutliche höhere Zahl als
bei den Großunternehmen mit 3,7 Prozent eine wichtige
Innovationshürde.
Mangelnde
Verfügbarkeit von
kompetenten
regionalen
Kooperationspartnern
Schließlich bildet die mangelnde Verfügbarkeit von kompetenten
regionalen Kooperationspartnern eine weitere Innovationshürde, bei der
sich die Einschätzung der KMU in der Stichprobe von der der
Großunternehmen unterscheidet. 22,2 Prozent der KMU sehen diese
Innovationshürde als wichtig an, während bei den Großunternehmen
lediglich 7,4 Prozent dies als eine wichtige Innovationshürde angeben.
Die drei unterschiedlichen Wahrnehmungen von dem, was als
Innovationshürde begriffen wird, spiegeln die unterschiedlichen
Größenklassen wider. Offensichtlich wächst mit der Unternehmensgröße
Kapitel 7
221
auch der Zugriff auf den Kapitalmarkt, die verfügbare Menge an
Marktinformationen und die Attraktivität für regionale Partner. Für die
Innovationspolitik, die sich zum Ziel setzt, KMU zu stärken, bieten die
Unterschiede aber einen Ansatzpunkt für zielorientierte Interventionen.
7.4.2
Diffusionshemmnisse
Diffusionshemmnisse für die Nanotechnologie sind meist dort am
größten, wo nanotechnologische Konzepte oder Vorprodukte bislang
keine Rolle spielten. Dies trifft insbesondere auf Industriebereiche oder
Branchen zu, die technologisch wenige Berührungspunkte zu den
wissenschaftlichen Grundlagen der Nanotechnologie haben. Beispiele
dafür sind der Maschinenbau oder die Automobiltechnik, die im
Wesentlichen eher durch ingenieurtechnische Entwicklungsansätze und
weniger durch wissenschaftliche Grundlagenforschung geprägt sind.
Insbesondere für den Einsatz der Nanotechnologie im Automobil stellt
mangelnde technische Reife aus Sicht der Automobilindustrie in vielen
potenziellen
Anwendungsbereichen
eine
entscheidende
Diffusionsbarriere dar. Das vergleichsweise frühe Entwicklungsstadium
vieler automobiler Nanotechnologie-Anwendungen und die noch wenig
etablierten Kooperationsbeziehungen zwischen Anbietern und
Abnehmern von Nanotechnologie-Erzeugnissen sind eine Erklärung
dafür, dass das Marktpotenzial für einen Einsatz im Automobil als
unsicher oder sogar unterdurchschnittlich betrachtet wird.
Auch die Chemieindustrie, als die gemäß der Erhebung am stärksten
vertretene Branche unter den Herstellern und Anwendern von
Nanotechnologie-Produkten in Deutschland, benennt das Fehlen von
Informationen über potenzielle Märkte als Barriere für die Diffusion des
eigenen Nanotechnologie-Know-hows in andere Anwendungsbereiche.
Auch hier wirkt sich die Position der Chemieindustrie, die tendenziell am
Anfang der Wertschöpfungskette steht, entsprechend hemmend auf die
Verbreitung
der
Nanotechnologie
in
endproduktorientierte
Anwendungsbereiche aus. Weitere Hemmnisse für eine erfolgreiche
Diffusion der Nanotechnologie in neue Märkte und Anwendungen aus
Sicht der chemischen Industrie sind unterschätzte Markteinführungszeiträume, fehlende „killer applications“3 und eine zumeist für KMU
unklare Patentsituation, die sich in der Regel nur durch Expertenwissen
und einen beträchtlichen Ressourceneinsatz erhellen lässt (siehe
ausführlich dazu Kapitel 4).
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass mit der Erschließung von
Märkten mit Hilfe der Nanotechnologie deutliche Investitionen
3
Unter einer „killer application“ wird ein Produkt verstanden, das in der Lage ist eine
starke Marktposition zu gewinnen und das damit die Existenz von (etablierten)
Konkurrenzprodukten gefährdet.
Frühes
Entwicklungsstadium der
Nanotechnologie
zurzeit noch
Problem in manchen
Branchen
Barriere für die
Diffusion: fehlende
Informationen über
potenzielle Märkte
222
Maßnahmen zur
Beseitigung von
Barrieren
verbessern
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
verbunden sind, die nicht ohne weiteres von der Industrie alleine
aufzubringen sind. Begrenzte Marktkenntnisse und noch unzureichende
Kooperationsverflechtungen, insbesondere in den bislang noch nicht so
stark von der Nanotechnologie durchdrungenen Branchen, stellen eine
Barriere für die Innovationsgeschwindigkeit und die Diffusion neuer
Anwendungsbereiche dar. Maßnahmen zur Beseitigung dieser Barrieren
sowie der Zugang zu externem Kapital und auch zu staatlichen
Fördermitteln entlang der Wertschöpfungskette sind eine wichtige
Voraussetzung, um die Kosten/Nutzen-Relation für Investitionen in neue
Produkte und Anwendungen der Nanotechnologie zu verbessern und die
Investitionstätigkeit in diesem Bereich zu erhöhen.
7.5
Beschäftigungseffekte und Qualifizierung
Bei der Zurechnung von Arbeitsplätzen auf bestimmte Produkte oder
Produktgruppen muss berücksichtigt werden, dass ein bestimmtes
Produkt im Allgemeinen nicht von einem Unternehmen in einem
Wirtschaftszweig vollständig autonom erzeugt wird, sondern dass dafür
eine vielfältige Verflechtung von Vorleistungen zwischen Unternehmen
aus verschiedenen Wirtschaftszweigen notwendig ist. Für eine
vollständige Untersuchung der Arbeitsplätze müssten deshalb sämtliche
direkten und die indirekten Beschäftigungseffekte berücksichtigt werden,
die wie folgt unterschieden werden:
Direkte und
indirekte
Beschäftigungseffekte
•
Direkte
Beschäftigungseffekte:
Sämtliche
produzierende
Tätigkeiten und Dienstleistungen, die mit der Entwicklung,
Herstellung, Vermarktung, dem Vertrieb und der Finanzierung
sowie dem Betrieb von Anlagen zur Herstellung von
nanotechnologischen Komponenten und Produkten verbunden
sind
•
Indirekte Beschäftigungseffekte in der Investitionsgüterindustrie
und im Dienstleistungssektor: Um Entwicklung, Herstellung,
Vermarktung, Vertrieb, Finanzierung und Betrieb durchführen zu
können, müssen Unternehmen, Behörden und sonstige damit
befasste Organisationen Investitionen tätigen und fremde
Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Die mit der Erzeugung
dieser Investitionsgüter und Dienstleistungen verbundenen
Arbeitsplätze sind nur indirekt von der Absatzentwicklung von
Produkten und Dienstleistungen der Nanotechnologie abhängig.
Durch die zugrunde liegende Definition der Nanotechnologie, die
technische Anlagen und Geräte für die Analytik sowie Anlagen zur
Herstellung von nanotechnologischen Komponenten (z. B.
Beschichtungssysteme) mit einbezieht, verschwimmt die Grenze
zwischen den direkten und den indirekten Effekten, so dass genau
genommen auch indirekte Effekte zu einem gewissen Anteil in Form
Kapitel 7
223
derartiger Investitionsgüter bei den nachfolgenden Betrachtungen
Berücksichtigung finden.
Ferner sollte bei der Betrachtung von Arbeitsplatzeffekten im Idealfall
zwischen dem Bruttoeffekt und dem Nettoeffekt unterschieden werden.
Der Bruttoeffekt beschreibt alle im Zusammenhang mit der Nutzung der
Nanotechnologie verbundenen Arbeitsplätze. Der Nettoeffekt
berücksichtigt dagegen, dass durch den Einsatz der Nanotechnologie
andere Technologien ersetzt werden, so dass gegebenenfalls
Arbeitsplätze an anderer Stelle entfallen. Aufgrund des Einflusses der
Nanotechnologie
auf
verschiedene
Stufen
entlang
der
Wertschöpfungskette und der damit verbundenen Komplexität von
Substitutionsprozessen war eine Berücksichtigung des Nettoeffektes im
Rahmen dieser Untersuchung nicht möglich.
Berücksichtigung
des Nettoeffekts
war nicht möglich
Für die Ermittlung der Beschäftigungseffekte wurde auf die Ergebnisse
der schriftlichen Unternehmensbefragung sowie auf verfügbare
Sekundärquellen wie die Markus-Datenbank4 und Unternehmensberichte
und -webseiten, zurückgegriffen.
Trotz der eingeschränkten Datenbasis wurde versucht, zu einer
Abschätzung der konsolidierten Umsätze und der Gesamtbeschäftigung
der deutschen „Nanotechnologie-Industrie“ zu gelangen. Für diese
Schätzungen wurden die vorhandenen Daten mit Hilfe statistischer
Methoden ausgewertet. Um die Schätzungen vorzunehmen, wurden
fehlende Daten zu den in der Gesamtstichprobe enthaltenen
Unternehmen, insbesondere für Umsätze, Mitarbeiterzahlen und
Nanotechnologieanteil am Umsatz auf Basis der statistischen Mittelwerte
angenommen. Dabei wurde grundsätzlich vorausgesetzt, dass für die
genannten Unternehmenskennzahlen innerhalb der jeweiligen
Betrachtungsmenge eine Normalverteilung vorherrscht. Um die
Gültigkeit dieser Annahme nach Möglichkeit zu gewährleisten und die
Homogenität innerhalb einer Betrachtungsgruppe zu erhöhen, wurde die
Gesamtstichprobe in sieben Unternehmensgrößenklassen (nach
Mitarbeiterzahl) aufgeteilt und statistisch innerhalb jeder dieser
Betrachtungsgruppen separat untersucht.
Diese Vorgehensweise führt zu einer Reduzierung des Stichprobenumfangs je Betrachtungsgruppe und geht damit zu Lasten der
statistischen Signifikanz der Ergebnisse. Die teilweise sehr geringen
Stichprobenumfänge je Betrachtungsgruppe lassen nur eine grobe
Abschätzung zu und sind aus statistischer Sicht mehr als Indikator
anzusehen. Auf der anderen Seite käme eine Analyse über die gesamte
Stichprobe aufgrund der Heterogenität der untersuchten Unternehmen
4
Die Markusdatenbank ist eine kommerziell angebotene Datenbank der Organisation
Creditreform mit ca. 800.000 Einträgen zu deutschen Unternehmen (u. a. mit
Geschäftszweck, Umsatz, Mitarbeiterzahl).
Eingeschränkte
Datenbasis
224
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
mit Variationen der untersuchten Größen (Umsatz und Beschäftigung)
über bis zu fünf Größenordnungen (Zehnerpotenzen) zu weit
unrealistischeren Schätzungen.
7.5.1
Grundlage:
durchgeführte
Unternehmensbefragung
Zusätzliche Quelle:
Markus-Datenbank
Zusätzliche Quelle:
Kommerzielle
Studie zur
Nanotechnologie
UmsatzUmsatz- und Beschäftigtenzahlen der deutschen
„Nanotechnologie--Industrie“
„Nanotechnologie
Als Ausgangspunkt für die Ermittlung der Beschäftigungswirkung der
Nanotechnologie für die deutsche Volkswirtschaft dient die schriftliche
Befragung unter den in Deutschland vertretenen Unternehmen, die sich
entweder als Hersteller oder Anwender mit der Nanotechnologie
befassen. Hierbei wurde zunächst nicht berücksichtigt, welcher Anteil
des Unternehmensumsatzes auf Nanotechnologieprodukte entfällt bzw.
welcher Anteil der Beschäftigten direkt oder indirekt mit
Nanotechnologie befasst ist.
In der Unternehmensbefragung wurde aus Gründen der Akzeptanz bei
den Befragten lediglich eine Kategorisierung der Unternehmen im
Hinblick auf Umsatz und Beschäftigte nach vorgegebenen Größenklassen
erfragt. Um konkretere Aussagen über die Zahl der Beschäftigten treffen
zu können, wurden absolute Mitarbeiterzahlen aus anderen verfügbaren
Quellen, unter anderem Markus-Datenbank, aus veröffentlichten Jahresberichten sowie vereinzelt aus unternehmenseigenen Internetseiten
herangezogen. Diese Zahlen dienten der Plausibilisierung der
Unternehmensangaben im Fragebogen und sind in die Modellrechnung
zur Schätzung der Gesamtbeschäftigtenzahlen eingeflossen (siehe
Anhang 4 „Erläuterung der Schätzung von Umsatz und Beschäftigung“).
Um die Grundgesamtheit für die Schätzung zu erhöhen und eine
repräsentativere
Aussage
zu
Beschäftigungswirkung
der
Nanotechnologie in Deutschland zu erhalten, wurde darüber hinaus eine
aktuelle, unabhängig von dieser Untersuchung erstellte, kommerzielle
Studie zur Nanotechnologie (Fecht et al., 2003) herangezogen. In diesem
Report sind auch insgesamt 99 deutsche „Nanotechnologieunternehmen“
zum großen Teil mit verifizierten Angaben zum Umsatz und zur
Mitarbeiterzahl vertreten. Ein Abgleich beider Datenbestände ergab, dass
für die nachfolgenden Betrachtungen auf eine erweiterte Stichprobe von
insgesamt 167 Unternehmen (Gesamtstichprobe) zurückgegriffen werden
konnte. Tabelle 7.3 fasst die für die nachfolgende Abschätzung als
Ausgangsbasis dienenden Unternehmensstichproben zusammen.
Kapitel 7
Unternehmen aus
Zusätzliche
Primärerhebung
Unternehmen aus
der
(Schriftliche
Sekundärquelle
Gesamtstichprobe
Unternehmensbe-
(Fecht et al., 2003)
225
Alle Unternehmen
fragung
Anzahl
103
64
167
Unternehmen
davon mit
Umsatzangaben
davon mit
Mitarbeiter-
73
48
121
(71 %)
(75 %)
(72 %)
82
64
146
(79 %)
(100 %)
(87 %)
zahlen
Tabelle 7.3:
Stichprobe für die Schätzung von Umsätzen und Beschäftigten
Die solide Datenbasis zu den Umsätzen und Beschäftigtenzahlen von 72
Prozent bzw. 87 Prozent erlaubt eine Hochrechnung auf die
Gesamtstichprobe von 167 Unternehmen. Dabei wurde eine
Differenzierung nach Unternehmensgrößenklassen vorgenommen, da bei
den Großunternehmen mit mehr als 5000 Beschäftigten die Umsatz- und
Mitarbeiterzahlen bei nahezu 100 Prozent der in der Stichprobe
enthaltenen Unternehmen vorlagen, während beispielsweise zu den KMU
mit bis zu 20 Mitarbeitern nur in gut 60 Prozent der Fälle
Umsatzangaben vorlagen. Für die Hochrechnung wurde der statistische
Mittelwert je Größenklasse herangezogen. Eine Zusammenfassung der
vorliegenden Daten sowie der Hochrechnung auf die Gesamtstichprobe
ist in Tabelle 7.4 wiedergegeben.
Stichprobe
226
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Größen-
1
2
3
4
5
6
7
101
251
501
1001
Über
bis
bis
bis
bis
5000
250
500
1000
5000
Gesamt
klasse
Mitarbei-
Bis 20 21 bis
terzahl
100
Anzahl der
Unterneh-
72
34
11
11
10
9
20
167
79
197
258
950
1.109
5.038
353.072
360.703
650
1.382
1.761
3.944
men
Schätzung
Gesamtumsatz
(in Mio.
EUR)
Schätzung
Gesamtbeschäf-
7.161 23.463 1.223.837 1.262.198
tigte
Tabelle 7.4:
Schätzung von Umsatz und Beschäftigten der 167
„Nanotechnologieunternehmen“ (zur Segmentierung der Unternehmen in
F1, F2 und F3 siehe Abschnitt 7.2.2) in 2002 (Gesamtstichprobe)
Die in der Stichprobe enthaltenen 167 in der Nanotechnologie aktiven
Unternehmen erwirtschafteten in 2002 einen geschätzten Gesamtumsatz
(weltweit) von knapp 360 Mrd. Euro mit einer Zahl von zusammen etwa
1,26 Mio. Mitarbeitern, wobei der Anteil des Umsatzes mit
Nanotechnologie noch nicht bestimmt ist.
Obwohl die dargestellten hochgerechneten Umsatz- und Beschäftigtenzahlen aufgrund der guten Abdeckung der Stichprobe durchaus als
repräsentativ betrachtet werden können, sind sie doch etwas mit Vorsicht
zu interpretieren. Wie bereits konstatiert beziehen sich diese Zahlen auf
das jeweilige Gesamtunternehmen, ohne zu berücksichtigen, welcher
Umsatzanteil davon auf die Nanotechnologie entfällt. Damit sind in
Tabelle 7.4 die Gesamtumsatz- und Beschäftigtenzahlen der in der
Stichprobe enthaltenen Großunternehmen wie DaimlerChrysler, Bayer
oder BASF in vollem Umfang mit enthalten.
Um weiter nach der Nanotechnologierelevanz zu differenzieren, wurde in
der Unternehmensbefragung der geschätzte Umsatzanteil der
Nanotechnologie am Gesamtumsatz des jeweiligen Unternehmens
abgefragt. 73 Prozent der befragten Unternehmen in der Primärerhebung
(n=103) haben diese Frage beantwortet. Die Ergebnisse, aufgegliedert
nach Unternehmensgröße, sind in Abbildung 7.10 dargestellt.
Beispielsweise geben 15 Prozent der Unternehmen mit mehr als 1000
Kapitel 7
Anteil Unternehmen je Größenklasse
Beschäftigten an, dass der Anteil der Nanotechnologie an ihrem
Gesamtumsatz unter 1 Prozent liegt.
100%
90%
80%
70%
100%
75-99%
50-74%
25-49%
2-24%
0-1%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
bis 20
21-100
101-250
251-1000
1000 und
mehr
Anzahl Mitarbeiter
Abbildung 7.10: Umsatzanteil der Nanotechnologie am Gesamtumsatz nach
Unternehmensgröße (Quelle: Schriftliche Unternehmensbefragung)
Es ist ein deutlicher Zusammenhang zwischen der Unternehmensgröße
und dem Anteil der Nanotechnologie im Unternehmen zu erkennen. Dies
ist nicht verwunderlich, da kleine Unternehmen ihre Ressourcen stärker
bündeln müssen und daher in der Regel eine enger definierte
Kernkompetenz aufweisen als Großunternehmen. Insbesondere junge
Nanotechnologieunternehmen zeichnen sich in aller Regel durch eine
ausgeprägte Kompetenz in einem speziellen Teilgebiet der
Nanotechnologie aus und nutzen dieses Know-how als Erfolgs- und
Wettbewerbsfaktor, um sich erfolgreich im Markt zu positionieren.
Es ist auffallend, dass unter den kleineren Unternehmen der
Nanotechnologieanteil wesentlich stärker variiert als bei den größeren
Unternehmen. Dies mag zum Teil damit zusammenhängen, dass KMU
zahlenmäßig die Stichprobe dominieren und demnach auch eine größere
Varianz aufweisen. Die klare Tendenz, dass mit zunehmender
Unternehmensgröße sich die Unternehmen a) entweder zum
überwiegenden Teil oder b) nur am Rande mit Nanotechnologie
befassen, verdeutlicht, dass es hierfür offenbar noch andere, substanzielle
Ursachen gibt.
Eine Begründung ist die Heterogenität der Märkte für NanotechnologieProdukte in ihrem Reifegrad und Umsatzvolumen. Die Nanotechnologie
bedient sowohl etablierte Massenmärkte als auch potenzielle
Wachstumsmärkte oder auch ausgewählte Nischenmärkte. Für die in der
Regel global tätigen Industrieunternehmen unter den NanotechnologieAkteuren kommen jedoch nur große etablierte Märkte oder entstehende
Märkte mit viel versprechenden Wachstumspotenzialen in Betracht. Im
227
228
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
ersten Fall kommt der Nanotechnologie ein hoher Umsatzanteil im
Unternehmen zu, während im zweiten Fall die Nanotechnologie
umsatzmäßig noch wenig bedeutend für die Unternehmen ist, was die
Diskrepanz bei der Gewichtung der Nanotechnologie zwischen kleinen
und großen Unternehmen erklärt.
Abbildung 7.11 spiegelt vor diesem Hintergrund die bestehenden bzw.
antizipierten Potenziale der Nanotechnologie mit Blick auf die deutsche
Industriestruktur wider. Hier zeigt sich deutlich, dass unter den größeren
Nanotechnologieunternehmen die Chemische Industrie dominiert, gefolgt
von der Optik sowie der Automobil- und Elektronik-Industrie.
Sonstige
14%
Elektronik
10%
Nachrichtentechn.
Geräte
3%
Kfz-Industrie
10%
Chemische
Industrie
32%
Glas- und Keramik
7%
Optische Geräte
18%
Maschinenbau
3%
Medizintechnik
3%
Abbildung 7.11: Branchenverteilung der Nanotechnologieunternehmen mit mehr als
1000 Mitarbeitern (n=29). (Quelle: Schriftliche
Unternehmensbefragung)
7.5.2
Abschätzung der
Beschäftigungseffekte
ansatzweise
möglich
Abschätzung der Beschäftigungswirkung der
Nanotechnologie in Deutschland
Eine Abschätzung der mit der Nanotechnologie verbundenen
Beschäftigungseffekte in Deutschland ist, bedingt durch die
Unvollständigkeit der verfügbaren Datenbasis und der Problematik einer
zuverlässigen Erhebung der dafür erforderlichen Zahlen, im Rahmen
dieser Studie lediglich ansatzweise möglich. Aufgrund des bereits
angeführten Querschnittscharakters der Nanotechnologie sowie der
fehlenden Verankerung dieses Technologiefeldes in den statistisch
erfassten Systematisierungsschemata kann die Einbeziehung der
gesamtwirtschaftlichen Produktionsstatistiken und die Verwendung
komplexer Input-Output-Modelle nicht zu einer exakten Ermittlung der
tatsächlichen Beschäftigungszahlen führen. Gleichwohl stützt sich die
Kapitel 7
229
hier vorgenommene Abschätzung auf ca. 37 Prozent5 der in Deutschland
tätigen Nanotechnologieunternehmen. Somit sind die Ergebnisse
durchaus als eine verlässliche Orientierungsgröße zu betrachten.
Vor der Darlegung der Ergebnisse der nachfolgenden Schätzung sollen
noch einige Anmerkungen zur Güte der Datenbasis, den getroffenen
Annahmen und der gewählten Methodik gemacht werden, um eine
weitgehende Transparenz der zugrunde liegenden Prämissen zu
gewährleisten (zur ausführlichen Erläuterung der Schätzung von Umsatz
und Beschäftigung siehe auch Anhang 4):
•
Für die Ermittlung der Beschäftigtenzahlen wurde der
Umsatzanteil der Nanotechnologie herangezogen und 1:1 auf den
Anteil der Beschäftigten im Zusammenhang mit der
Nanotechnologie übertragen; damit ergibt sich tendenziell eine
geringere Beschäftigtenzahl als die tatsächliche, da die
nanotechnologischen Produkte angabegemäß bei vielen
Unternehmen noch im Entwicklungsstadium sind und noch keine
Umsätze erwirtschaften.
•
Angaben zum Umsatzanteil der Nanotechnologie lagen nur für 44
Prozent der Unternehmen in der erweiterten Stichprobe (n=167)
vor; die Validität dieser Angaben konnte nicht geprüft werden.
•
Eine Unterscheidung zwischen Beschäftigten in Deutschland und
ausländischen Beschäftigten der betrachteten Unternehmen
konnte nur bei den 20 in der Stichprobe enthaltenen
Großunternehmen mit mehr als 5000 Mitarbeitern berücksichtigt
werden
•
Es wurde keine qualitative Differenzierung nach Art der
Beschäftigungsverhältnisse vorgenommen, z. B. nach hochqualifizierten Forschern und Entwicklungsingenieuren im
Vergleich zu einfachen Arbeitsplätzen im produktiven Bereich.
Für diese Schätzung wurden alle vorhandenen Unternehmensdaten und
relevanten Kenngrößen (Umsatz, Mitarbeiter und Nanotechnologieanteil)
der Unternehmen berücksichtigt, um somit die größtmögliche
Zuverlässigkeit der Schätzung auf Basis der vorhandenen Daten
sicherzustellen (vgl. Tabelle 7.5).
5
Die Anzahl der Unternehmen in Deutschland, bei denen derzeit im
Nanotechnologiebereich Aktivitäten feststehen oder zumindest stark vermutet
werden, liegt bei ca. 450.
Anmerkungen zur
Güte der
Datenbasis
230
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Größenklasse
1
Mitarbeiterzahl
Anzahl
Unternehmen
2
3
4
5
6
7
Gesamt
Bis
21
101
251
501 bis
1001
Über
20
bis
bis
bis
1000
bis
5000
100
250
500
72
34
11
11
10
9
20
167
46
93
92
263
246
1.211
28.353
30.304
302
511
407
746
1.209
4.313
61.603
69.091
5000
Geschätzter
Nanotechnologieumsatz (in Mio.
EUR)
Geschätzte
Nanotechnologiebeschäftigte
Tabelle 7.5:
Stichprobe keine
100-prozentige
Abdeckung
sämtlicher
Nanotechnologieunternehmen in D
Schätzung von Umsatz und Beschäftigung, verbunden mit der
Nanotechnologie, in Deutschland in 2002 für die Gesamtstichprobe
Auf Basis dieser Schätzung ergibt sich ein weltweiter GesamtNanotechnologieumsatz für alle 167 betrachteten Unternehmen von ca.
30 Mrd. Euro und eine Beschäftigtenzahl von 69.000 (direkte und
indirekte Beschäftigung errechnet über den Umsatz), wobei
Großunternehmen mit über 5.000 Mitarbeitern mit Abstand den größten
Einfluss (ca. 95 Prozent bzw. 89 Prozent) auf den Gesamtumsatz und die
Gesamtbeschäftigung der Stichprobe haben. Das ist darin begründet, dass
einige der Großunternehmen nach eigenen Angaben einen hohen
Nanotechnologieanteil aufweisen, und somit deren Mitarbeiterzahlen in
diesem Maße in die Schätzung einfließen. Dies gilt in erster Linie für
Großunternehmen der chemischen und der optischen Industrie, die mit
bereits etablierten Produktlinien wie beispielsweise nanostrukturierten
Materialien (z. B. Carbon Black oder Polymerdispersionen, vgl. Kapitel
6.2) oder nanooptischen Komponenten (Lithografieoptiken, LED etc.,
vgl. Kapitel 6.5) bereits Milliardenumsätze erzielen.
Um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass vor allem bei größeren
Unternehmen ein bedeutender Teil ihrer Leistungserbringung im Ausland
erfolgt, und sich dieses nicht auf die inländische Beschäftigung in
Deutschland auswirkt, sollte die inländische Beschäftigungsquote für die
Ermittlung der durch die Nanotechnologie induzierte inländische
Beschäftigungswirkung weitestgehend berücksichtigt werden. Aus
diesem Grund wurde zusätzlich für die 20 Unternehmen mit mehr als
5.000 Mitarbeitern in der Stichprobe der Mitarbeiteranteil in Deutschland
ermittelt und analog auf die potenziellen Beschäftigten in der
Nanotechnologie angewendet.
Die in Tabelle 7.5 dargestellten Ergebnisse der Schätzung lassen die
Vermutung zu, dass Nanotechnologie in den besonders innovativen
Kapitel 7
231
Wertschöpfungsprozessen der Unternehmen vorzufinden ist und diese
Prozesse aufgrund des hohen Qualifikationsstandes der hiesigen
Mitarbeiter und der Nähe zu den zentralen FuE-Standorten der deutschen
Unternehmen tendenziell eher in Deutschland angesiedelt sind.
Im Folgenden werden in drei Schritten die bisher geschätzten
Beschäftigtenzahlen auf 450 Unternehmen, die im Bereich
Nanotechnologie aktiv sind, hochgerechnet. Im ersten Schritt (siehe
Abbildung 7.12) wurden die Beschäftigtenzahlen der Unternehmen mit
bis zu 5000 Beschäftigten extrapoliert auf insgesamt 420 Unternehmen.
Daraus resultiert eine Beschäftigtenzahl von 21.400.
Anzahl der Nano-Beschäftigten
35.000
30.000
Hochrechnung
(n=420)
25.000
Schätzung
(n=147)
20.000
Trendextrapolation
21.400
15.000
10.000
7.488
5.000
0
0
100
200
300
400
Nanotechnologie-Unternehmen in Deutschland
mit bis zu 5000 Beschäftigten
500
Abbildung 7.12: Extrapolation 1 in Bezug auf Unternehmen mit bis zu 5000
Beschäftigten
Bei Unternehmen mit über 5000 Mitarbeitern wurde lediglich von 20 auf
30 Unternehmen konservativ extrapoliert (Abbildung 7.13). Daraus
resultiert eine Beschäftigtenzahl von 92.400. Dieses Vorgehen war für
die Autoren dieser Studie aufgrund des Vergleichs der Unternehmen, die
den Fragebogen beantwortet haben und der Adressliste mit Unternehmen
mit über 5000 Beschäftigten, plausibel.
Zusätzliche
Extrapolationen
232
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Anzahl der Nano-Beschäftigten
120.000
Hochrechnung
(n=30)
100.000
92.400
Schätzung
(n=20)
80.000
Trendextrapolation
61.603
60.000
40.000
20.000
0
0
10
20
30
Nanotechnologie-Unternehmen in Deutschland
mit mehr als 5000 Beschäftigten
40
Abbildung 7.13: Extrapolation 2 in Bezug auf Unternehmen mit mehr als 5000
Beschäftigten
In Abbildung 14 sind die Extrapolationen 1 und 2 zusammengefasst. In
Bezug auf die 450 Unternehmen in Deutschland, bei denen derzeit im
Nanotechnologiebereich Aktivitäten feststehen oder zumindest stark
vermutet werden, lässt sich festhalten, dass nach dieser Rechnung über
die Umsatzzahlen 114.000 Arbeitsplätze abgeschätzt werden können.
GK 1-6
125.000
gesamt
114.000
GK 7
Schätzung GK 1-6*
Anzahl der Nano-Beschäftigten
Schätzung GK 7**
100.000
Hochrechnung GK 1-6*
69.000
Hochrechnung GK 7**
75.000
* Unternehmen mit bis zu 5.000 Beschäftigten
** Unternehmen mit über 5.000 Beschäftigten
50.000
25.000
450
0
167
30
20
0
10
420
390
360
330
300
270
240
210
180
147
90
120
60
0
0
30
Optimistische
Schätzung: 114.000
Arbeitsplätze
derzeit
Anzahl Nanotechnologie-Unternehmen in Deutschland
Abbildung 7.14: Zusammenfassung der Extrapolationen 1 und 2 sowie Anzahl der
Beschäftigten in 450 „Nanotechnologieunternehmen“ in Deutschland
Kapitel 7
233
Zur Plausibilisierung der Schätzung der Beschäftigungseffekte der
Nanotechnologie
wurden
in
einem
weiteren
Schritt
die
Unternehmensangaben der im Rahmen dieser Studie durchgeführten
schriftlichen Befragung herangezogen, in der auch nach den direkt oder
indirekt von der Nanotechnologie abhängigen Beschäftigten gefragt
wurde (vgl. Frage 14 im Fragebogen und Abbildung 7.15). Die 92
Unternehmen, die zu dieser Frage Angaben machten, beschäftigen
demzufolge mindestens zwischen 4.000 bis 6.500 Mitarbeiter in diesem
Bereich. Die Spanne für die berechnete Mindestbeschäftigtenzahl
resultiert daraus, dass keine absoluten Zahlen sondern Größenbereiche
abgefragt wurden. Die Werte sind zudem als Untergrenze der von der
Nanotechnologie ausgehenden Beschäftigung zu betrachten, da
Unternehmen mit mehr als 250 von der Nanotechnologie abhängigen
Mitarbeitern bei dieser Berechnung nur bis zu diesem Wert
berücksichtigt werden können.
250 MA und
mehr
12
k.A.
11
bis 5 MA
35
101 bis 250 MA
5
26 bis 100 MA
14
6 bis 25 MA
26
Abbildung 7.15: Anzahl direkt oder indirekt von der Nanotechnologie anhängiger
Mitarbeiter im Unternehmen (Summe 103 Unternehmen, Quelle:
Schriftliche Unternehmensbefragung)
Für
die
Schätzung
des
Mindestbeschäftigungseffekts
der
Nanotechnologie in Deutschland auf Basis dieser Daten für die
schätzungsweise 450 „Nanotechnologiefirmen“ ergibt sich bei einer
linearen Interpolation eine Zahl von mindestens 20.000 bis 32.000
Arbeitsplätzen
in
Deutschland.
Die
ermittelten
Gesamtbeschäftigtenzahlen, die sich abhängig von dem jeweiligen
Ermittlungsansatz ergeben, sind in Abbildung 7.16 graphisch
gegenübergestellt.
Vorsichtige
Schätzung: 20.000
bis 32.000
Arbeitsplätze
derzeit
234
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Anzahl der Beschäftigten
120.000
114.000
Schätzung auf Basis
des Nanotechnologieanteils am Umsatz
(n=450)
100.000
Schätzung auf Basis
der NanotechnologieBeschäftigten
(Untergrenze 2)
80.000
(n=167)
60.000
Schätzung auf Basis
der NanotechnologieBeschäftigten
(Untergrenze 1)
40.000
32.000
Hochrechnung (linear)
20.000
20.000
(n=92)
(n=450)
0
0
100
200
300
400
500
Anzahl der Nanotechnologieunternehmen in D
Abbildung 7.16 Gegenüberstellung der hochgerechneten Beschäftigungswirkung der
Nanotechnologie für Deutschland in Jahr 2002 nach unterschiedlichen
Schätzungen (eigene Berechnungen)
Untergrenze:
20.000 bis 32.000
Arbeitsplätze
Obergrenze:
114.000
Arbeitsplätze
Je nach verwendeter Datenbasis und Methodik kommt man zu sehr
unterschiedlichen Schätzungen für die Gesamtbeschäftigung in
Verbindung mit der Nanotechnologie in Deutschland. Die Spanne der
niedrigeren Schätzung von 20.000 bis 32.000 Mitarbeitern ist, wie schon
erwähnt, als eine Untergrenze zu interpretieren. Folglich können die über
die Umsatzzahlen abgeschätzten 114.000 Arbeitsplätze als Obergrenze
angesehen werden. Hinsichtlich der Beschäftigungswirkung ist zu
berücksichtigen, dass diese angegebene Arbeitsplatzanzahl überwiegend
in der Großindustrie angesiedelt ist. In den Zahlen nicht enthalten sind
Arbeitsplätze in den nicht-industriellen Bereichen, die bei
wissenschaftlichen Einrichtungen und im Hochschulwesen vorzufinden
sind.
7.5.3
Beschäftigungsentwicklung
Beschäftigungsentwicklung
Neben der Abschätzung der absoluten Beschäftigungseffekte der
Nanotechnologie ist die Dynamik der Beschäftigungsentwicklung von
großem Interesse, um Aussagen über die Entwicklung der von der
Nanotechnologie abhängigen Arbeitsplätze treffen zu können. Dabei sind
sowohl die in der Vergangenheit bereits erfolgte Entwicklung als auch
die pozentiellen Aussichten für die Zukunft von Interesse.
Ebenso wie bei der statischen Betrachtung der Beschäftigung können
auch in diesem Fall nur Schätzungen auf Grundlage der verfügbaren
Datenbasis vorgenommen werden. Hierfür lagen belastbare Zahlen zur
Anzahl der Mitarbeiter im jeweiligen Gesamtunternehmen über die Jahre
2000 bis 2002 zum Stichtag des jeweiligen Geschäftsjahres von knapp 60
Unternehmen vor. Für das Jahr 2003 wurden verfügbare Angaben zu den
erwarteten Mitarbeiterzahlen von ca. 30 Unternehmen herangezogen, um
Kapitel 7
einen ungefähren Trend für das vergangene Jahr aufzeigen zu können.
Diese Zahlen wurden, wie bereits in den vorhergehenden Analysen, aus
der Markus-Datenbank und veröffentlichten Jahresberichten der
Unternehmen entnommen.
Abbildung 7.17 stellt die Entwicklung über die vergangenen drei Jahre
getrennt nach KMU (weniger als 250 Mitarbeiter) und Großunternehmen
(mehr als 250 Mitarbeiter) graphisch dar. Der kaum in der Stichprobe der
Unternehmensbefragung enthaltende Mittelbereich (siehe Kapital
Abbildung 5.8. in Kapitel 5) wird an dieser Stelle außer Acht gelassen.
Während die Unternehmen mit unter 250 Mitarbeitern durchweg
Beschäftigungszuwächse verzeichneten, nahmen bei den Unternehmen
mit mehr als 250 Mitarbeitern in Summe die Beschäftigten in den Jahren
2001 und 2002 jeweils im Vergleich zum Vorjahr ab. Die positive
Entwicklung im Jahr 2003 ist insbesondere bei den Großunternehmen
(GU) mit großer Vorsicht zu betrachten, da diese Angaben aus einer
deutlich kleineren Stichprobe gewonnen wurden.
20,0%
18,2%
KMU
15,0%
GU
10,0%
Veränderung
ggü Vorjahr
5,1%
4,0%
5,0%
0,4%
0,0%
-2,7%
-5,0%
-5,5%
-10,0%
2001
2002
2003e
Abbildung 7.17: Entwicklung der Gesamtbeschäftigtenzahlen von
Nanotechnologieunternehmen getrennt für KMU und
Großunternehmen 2000 bis 20036 in der Gesamtstichprobe
Bei den kleinen und mittleren Unternehmen ist ein signifikanter
Rückgang des Beschäftigungsanstiegs zu beobachten von ca. 18 Prozent
im Jahr 2001 zu vier bis fünf Prozent in den Jahren 2002 und 2003. Dies
ist in erster Linie auf das „Platzen der New Economy Blase“ im Jahr
2000 und dem damit einhergehenden Rückgang an Risikokapital für
junge High-tech-Unternehmen zurückzuführen. Die leichte zeitliche
Verzögerung zwischen dem Einbruch an den Kapitalmärkten und der
Mitarbeiterentwicklung bei den KMU lässt sich mit der zu diesem
6
Die Zahlen für 2003 basieren auf erwarteten Mitarbeiterzahlen der Unternehmen.
235
236
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Zeitpunkt noch guten Kapitalausstattung der Unternehmen nach einer
erfolgreichen Finanzierungsrunde erklären.
Große Mehrheit der
befragten
Unternehmen
erwartet
Beschäftigungszuwachs
Für die Einschätzung der mittelfristigen Beschäftigungsentwicklung in
der Industrie, die direkt oder indirekt durch die Nanotechnologie
beeinflusst wird, wurden die Unternehmen zu ihren Erwartungen befragt
(s. Frage 20 im Fragebogen). Nur 21,5 Prozent der KMU und 13,5
Prozent der Großunternehmen rechnen mit keiner Personalaufstockung in
diesem Bereich bis zum Jahr 2006. Dagegen erwarten insgesamt 81,4
Prozent der befragten Unternehmen einen mehr oder weniger großen
Mitarbeiterzuwachs durch die Nanotechnologie im eigenen
Unternehmen.
Demnach kann der Nanotechnologie sicherlich ein hohes Potenzial bei
der Schaffung neuer Arbeitsplätze zugebilligt werden. Von den kleinen
und mittleren Unternehmen rechnet knapp die Hälfte mit einem
Mitarbeiterzuwachs von mehr als 20 Prozent, ein Drittel mit mehr als 50
Prozent und fast 20 Prozent der KMU noch mit einem Wachstum von
sogar über 100 Prozent bis 2006 in diesem Bereich (siehe auch
Abbildung 5.26 in Kapitel 5). Bei den Großunternehmen fällt die
Prognose nicht ganz so optimistisch aus. Immerhin gehen hier mehr als
die Hälfte von einem Zuwachs von mehr als zehn Prozent aus. Auch hier
liegen also deutliche Wachstumspotenziale in der Nanotechnologie. Bei
den Großunternehmen ist allerdings davon auszugehen, dass die Anzahl
der Mitarbeiter in der Nanotechnologie eher durch unternehmensinterne
Umstrukturierungen oder Umwidmungen erhöht wird als durch die
Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze.
Zuwachs an neuen
Arbeitsplätzen von
10.000 bis 15.000 in
naher Zukunft
(2006)
Auf Basis der von den befragten Unternehmen erwarteten
Personalsteigerungen im Bereich der Nanotechnologie wurde eine
Abschätzung des absoluten Zuwachses an Beschäftigten vorgenommen.
Hierfür wurden die gleichen Annahmen wie für die konservative
Schätzung unter Abschnitt 7.5.2 für die Ermittlung der derzeitigen
Beschäftigung getroffen (Spanne von 20.000 bis 32.000 und 114.000).
Danach ergibt sich ein erwarteter absoluter Beschäftigungszuwachs von
mindestens 2.000 bis 10.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen bis 2006 allein
für die etwa 450 heute existierenden Nanotechnologieunternehmen in
Deutschland. Legt man die gleichen Annahmen zugrunde wie für die
betrachtete Schätzung unter 7.5.2, so ist mit einem Zuwachs an neu
geschaffenen Arbeitsplätzen durch die Nanotechnologie in der
Größenordnung von mindestens 10.000 bis 15.000 auszugehen.
7.5.4
Qualifizierung
Direkt mit dem Aspekt der Beschäftigung geht die Frage nach der
Qualifizierung einher. Mit wachsender Beschäftigung im Bereich der
Nanotechnologie ist in der Regel ein Bedarf an qualifiziertem
Fachpersonal verbunden. Viele Branchen haben deshalb heute Bedarf an
Kapitel 7
237
Naturwissenschaftlern, die fundierte Spezialkenntnisse im Bereich der
Nanotechnologie mitbringen.7
Nanotechnologie ist ein sehr interdisziplinäres Wissenschaftsfeld, in dem
Erkenntnisse
der
Physik,
Chemie,
Ingenieurwissenschaften,
Werkstoffwissenschaften,
Biologie
und
anderer
Disziplinen
zusammenfließen. Innovationen auf dem Gebiet der Nanotechnologie
bedürfen daher mehr als das Fachwissen nur einer Disziplin. Der Grund
dafür ist das Verschwimmen der traditionell zwischen den
Naturwissenschaften gezogenen Grenzen auf atomarer Ebene.
Unternehmen, die im Bereich der Nanotechnologie tätig sind, müssen
daher über Personal verfügen, das die jeweiligen Aspekte der
verschiedenen Disziplinen kennt und deren Methoden nutzen kann.
Bislang werden für die verschiedenen Bereiche der Nanotechnologie
Akademiker verschiedenster Fachrichtungen eingesetzt. Im Bereich
„Ultrapräzise Oberflächenbearbeitung“ sind dies vor allem Physiker und
Maschinenbau-Ingenieure, in der „Nanomaterialforschung“ in erster
Linie Chemiker. Für die Arbeit an „biologischen Detektionssystemen“
werden Biologen benötigt, für den Bau dieser Systeme ist man auf das
Spezialwissen der Physiker angewiesen. Im Bereich „Funktionelle
Schichtsysteme“ arbeiten in der Regel Physiker und Chemiker
zusammen, doch sind hier zunehmend auch Biologen gefragt.
Seit dem Studienjahr 2000/2001 werden die ersten Studiengänge im
Bereich der Nanotechnologie an deutschen Hochschulen angeboten. Zu
den Vorreitern zählten die Universität Würzburg mit dem Studiengang
„Nanostrukturtechnik“ und die Universität des Saarlandes mit dem
Studiengang „Mikro- und Nanostrukturen“. Weitere Beispiele sind seit
2003 an der Universität Kassel mit dem interdisziplinären DiplomStudiengang „Nanostrukturwissenschaft“ und der Master-Studiengang
„Mikro- und Nanotechnik“ an der Fachhochschule München, der
allerdings nicht für Studienanfänger angeboten wird. Entsprechend dem
Querschnittscharakter der Nanotechnologie sind diese Studiengänge
interdisziplinär ausgerichtet und beziehen mehrere Fachbereiche wie
Biologie, Physik, Chemie, Materialwissenschaften oder Elektrotechnik in
die Ausbildung ein. Ein Teil der Studiengänge legt besonderen Wert auf
den Praxisbezug und die Anwendungsnähe der Ausbildung und sieht
einen Abschluss als Diplom-Ingenieur vor. Daneben spielt das Thema
Nanotechnologie auch in zahlreichen konventionellen Maschinenbau-,
Elektrotechnik/Elektronik-, Physik-, Chemie- oder Biologiestudiengängen bereits eine zentrale Rolle.
7
Das BMBF fördert zurzeit ein Projekt zum Thema „Ermittlung von
Trendqualifikationen in den Bereichen Nanochemie/Material und Nanoanalytik“. Die
Bearbeitung erfolgt durch das Institut für Strukturpolitik und Wirtschaftsförderung
(ISW), Halle. Ergebnisse dieses Projektes sollen zum Ende des Jahres 2004
veröffentlicht werden.
Neue Studiengänge
238
Forschungsschwerpunkte an
Hochschulen und
weiteren Zentren
Bedarf an
qualifiziertem
Fachpersonal in der
Industrie
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Außerdem betreiben mittlerweile fast alle Universitäten und zunehmend
Fachhochschulen mit technisch-naturwissenschaftlichen Studiengängen
Forschung im Bereich der Nanotechnologie. Als Beispiele sind unter
anderem die Universitäten Karlsruhe, Aachen, München, Münster,
Saarland, Kaiserlautern, Berlin, Kassel, Würzburg und Marburg zu
nennen. Eigene dezentrale Netzwerke wie das Center for Nanoscience
(München), das Center for Interdisciplinary Nanostructure Science and
Technology (Kassel) und das Center für funktionelle Nanostrukturen
(Karlsruhe) leisten eigenständige Forschungsarbeit. Auch so genannte
Inkubatoren und Gründungszentren für Nanotechnologie entstehen im
Umfeld von Universitäten, wie das „Center for Nanotechnology“ in
Münster, sie unterstützen Ausgründungen speziell in diesem Bereich.
Bei der Unternehmensbefragung wurden auch verschiedene Aspekte zum
Thema Qualifizierung abgefragt, die Aufschluss über den aktuellen
Bedarf an qualifiziertem Fachpersonal in der Industrie geben.
Bei der Frage, welche Schritte bereits unternommen wurden, um mit
Hilfe der Nanotechnologie neue Anwendungen zu erschließen oder
bestehende Produkte zu substituieren, rangierte die Bereitstellung von
Forschungspersonal – neben der Kontaktaufnahme mit Kooperationspartnern – mit an vorderster Stelle (vgl. Abbildung 7.18)
Bereitstellung von
Forschungspersonal
Forschungs- und
Kooperationsprojekte
Erwerb von
Eigentumsrechte
Kotaktaufnahme zu
Kooperationspartnern
Tätigung von
Sachinvestitionen
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
Anzahl der Nennungen
Abbildung 7.18: Von den Unternehmen unternommene Schritte zur Realisierung der
nanotechnologischen Vorhaben für die Zukunft (Quelle: Schriftliche
Unternehmensbefragung)
Gleichzeitig bewerteten die befragten Unternehmen die Verfügbarkeit
von geeignetem Fachpersonal für ihre zukünftigen Vorhaben im Bereich
der Nanotechnologie jedoch nicht als eine der wesentlichen Hürden für
die Ausschöpfung des antizipierten Anwendungs- und Marktpotenzials.
Zwar wurde der Mangel an qualifiziertem Fachpersonal von den
Kapitel 7
239
Befragten an vierter Stelle genannt, jedoch von der Bedeutung nur
durchschnittlich bewertet.
Betrachtet man die Einschätzung dieser Innovationshürde differenziert
nach den angestrebten Anwendungsfeldern bzw. nach Branchenherkunft
der Befragten, so sind einige Auffälligkeiten festzustellen (vgl.
Abbildung 7.19 und Abbildung 7.20). Insbesondere in dem
Anwendungsfeld „Chemie“ kommt dem Mangel an geeignetem
Fachpersonal unterdurchschnittliche Bedeutung zu. Unter der nahe
liegenden
Annahme,
dass
die
Unternehmen
zukünftige
Nanotechnologieprodukte primär in bereits bekannten Anwendungsbereichen einsetzen möchten, lässt sich diese Beobachtung damit
erklären, dass insbesondere Werkstoffen eine zentrale Bedeutung in der
Nanotechnologie zukommt. Dem entsprechend ist anzunehmen, dass die
Mitarbeiter in diesen Unternehmen bereits über einen entsprechenden
Wissensstand mit Blick auf nanotechnologische Aspekte verfügen oder
die Unternehmen zumindest Zugang zu solchen Fachkräften haben.
Von dieser Prämisse ist in den Bereichen Maschinenbau und
Messtechnik nicht ohne weiteres auszugehen, da hier vorwiegend
Ingenieure tätig sind, die aufgrund ihrer praxisorientierteren Ausbildung
nicht so vertiefte Kenntnisse in den Grundlagendisziplinen Physik,
Chemie oder Biologie besitzen. Dem entsprechend wurde hier der
Mangel an geeignetem Fachpersonal höher bewertet.
Information und Kommunikation
(n=21)
Medizintechnik / Gesundheit
(n=16)
Mittelwert
(n=2)
Kosmetik
(n=9)
Transport und Verkehr
(n=20)
Chemie / Werkstoffe /Verfahrenstechnik
(n=1)
Energie (-versorgung)
(n=2)
Maschinenbau
Messtechnik
(n=12)
Andere
(n=9)
1
2
3
Bedeutung
4
5
Abbildung 7.19: Abweichung vom Durchschnitt bei der Bewertung der
Innovationshürde Fachpersonal nach Anwendungsfeldern (1 =
unwichtig, 5 = wichtig) (Quelle: Schriftliche Unternehmensbefragung)
Bereich Chemie:
Kaum Mangel an
geeignetem
Fachpersonal
240
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
(n=26)
Chemie
(n=3)
Glas- und Keramik
(n=2)
Metallindustrie
Mittelwert
(n=4)
Maschinenbau
(n=1)
Werkzeugmaschinenbau
(n=1)
Medizintechnik
(n=20)
Mess-, Kontroll-, Navigationsgeräte u.ä.
(n=1)
Prozesssteuer.anlagen
(n=9)
Optische Geräte
(n=5)
Kfz-Industrie
(n=1)
Nachrichtentechn. Geräte
(n=5)
Elektronik
(n=5)
F&E-Einrichtungen
(n=4)
Techn., physik., chem. Untersuchung
(n=4)
Sonstige
1
2
3
4
5
Bedeutung
Abbildung 7.20: Abweichung vom Durchschnitt bei der Bewertung der
Innovationshürde Fachpersonal nach Branchenzugehörigkeit (1 =
unwichtig, 5 = wichtig) (Quelle: Schriftliche Unternehmensbefragung)
Eine repräsentative Aussage für alle Anwendungsfelder lässt sich jedoch
aufgrund des begrenzten Datenumfangs und dem subjektiven
Bewertungsmaßstab nicht treffen. Gleiches gilt für die Betrachtung nach
Branchenherkunft der befragten Unternehmen. Eine zusätzliche
Bewertung der Qualifizierungssituation in den Lead-Märkten wurde im
Rahmen der durchgeführten Experten-Workshops gewonnen.
Bereich Optik:
Zusatzqualifikationen erwünscht
Bereich
Automobilabau:
Weiterbildungsmöglichkeiten und
NanotechnologieSpezialisierungen
sinnvoll
Im Bereich Optik wurde von den vertretenen Industrieunternehmen kein
Bedarf für neue Berufsbilder wie z. B. einen Diplom-Ingenieur für
Nanotechnologie gesehen. Lediglich spezielle Zusatzqualifikationen auf
Basis einer soliden Grundlagenausbildung wurden als sinnvoll erachtet.
Der Bereich Nano-Optik bildet einen fließenden Übergang zu
Mikrosystemtechnik, wofür in den letzten Jahren eine Vielzahl
qualifizierter Ausbildungs- und Studiengänge geschaffen wurden, so dass
keine zusätzliche Nano-Ausbildung als erforderlich angesehen wird. Die
Nano-Optik besitzt ferner eine bedeutende Schnittstelle zu den
Materialwissenschaften und der Präzisionsverarbeitung, so dass sich auch
hiermit verbundene Qualifikationen für den Bereich Optik eignen.
Im Bereich Automobilbau wird es ebenso wenig als problematisch
gesehen, qualifizierte Mitarbeiter zu rekrutieren. Ein Engpass an
qualifizierten Fachkräften ist allenfalls im Mittelstand zu beobachten.
Eine gute Grundlagenausbildung in den Bereichen Physik, Chemie und
Biologie wird als notwendige Voraussetzung für eine Tätigkeit an der
Schnittstelle von Nanotechnologie und Kfz-Technik gesehen.
Teambildung kann ein Lösungsansatz sein, um die notwendige
Interdisziplinarität zu gewährleisten und Kommunikationsbarrieren
zwischen den Disziplinen zu beseitigen. Da dieser Lösungsansatz in
kleinen oder mittleren Unternehmen aufgrund der begrenzten personellen
Kapitel 7
241
Ressourcen oftmals nicht praktizierbar ist, sollten Weiterbildungsmöglichkeiten sowie ausbildungsintegrierte Nanotechnologie-Spezialisierungen angeboten werden.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das Angebot an Studienund Ausbildungsgängen im Bereich der Nanotechnologie weitgehend
den Erfordernissen der Industrie entspricht. Dem steigenden Bedarf an
Interdisziplinarität der Ausbildung wird durch die Bildungsträger durch
das Angebot von integrierten Spezialisierungsrichtungen im Bereich der
Nanotechnologie Rechnung getragen. Dies sollte jedoch nicht zu Lasten
der Grundlagenausbildung in den klassischen Naturwissenschaften
gehen, die von allen Bereichen der Industrie als essenziell angesehen
wird. Neue Initiativen zu Förderung der Grundlagenausbildung in
Verbindung mit Nanotechnologie sind kürzlich vom BMBF auf den Weg
gebracht worden (BMBF, 2004).
7.6
Der Standort Deutschland im internationalen
Wettbewerb
7.6.1
Positionierung Deutschlands im internationalen Vergleich
Für die Ausschöpfung des wirtschaftlichen Potenzials der
Nanotechnologie und der Schaffung einer „Nanotechnologie-Industrie“,
von der deutliche Arbeitsplatzeffekte ausgehen können, ist es mit
entscheidend, sowohl technologisch als auch marktseitig an der Spitze
des globalen Wettbewerbs zu stehen.
Für die Einschätzung der Position Deutschlands im Bereich der
Nanotechnologie wurde auf eine Reihe bestehender Untersuchungen
bzw. Studien zurückgegriffen (unter anderem 3i, 2002; Compano und
Hullmann, 2002; Fecht et al., 2003; TAB 2003). Diese basieren zum Teil
auf messbaren Indikatoren, wie z. B. die Anzahl an Patenten oder
wissenschaftliche Publikationen (Compano und Hullmann, 2002) und
zum Teil auf Einschätzungen von einer größeren Zahl von Experten oder
Unternehmen, die zu der wissenschaftlichen oder wirtschaftlichen
Rangfolge der führenden Industrieländer einschließlich Deutschland auf
dem Gebiet der Nanotechnologie befragt wurden (z. B. Fecht et al.,
2003). Eine Übersicht über die Ergebnisse dieser Untersuchungen ist in
Tabelle 7.6 wiedergegeben.
Derzeitiges
Angebot an
Studien- und
Ausbildungsgängen
entspricht
weitgehend
Erfordernissen der
Industrie
242
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Technologie-Indikator
Entwicklungen in der
Nanotechnologie (Umfrage)
Medizin /Pharma
Entwicklungen in der
Nanotechnologie (Umfrage)
Materialien
Entwicklungen in der
Nanotechnologie (Umfrage)
Chemikalien
Entwicklungen in der
Nanotechnologie (Umfrage)
Elektronik
Entwicklungen in der
Nanotechnologie (Umfrage)
Fertigung
Anzahl der Publikationen
Zeitraum
oder
Zeitpunkt
2002
Position (Rang)
von D im
internationalen
Vergleich
4
Führendes
Führendes
Land weltweit Land in
Europa
Quelle
USA (West)
UK
3i, 2002
2002
4
USA (West)
D
3i, 2002
2002
1
D
D
3i, 2002
2002
5
Japan
D
3i, 2002
2002
4
USA (West)
D
3i, 2002
1997-1999
3
USA
D
Anzahl der Patente (EPO &
PCT)
1991-1999
2
USA
D
Anzahl der Publikationen
(SCI)
1996-2001
3
USA
D
Compano/
Hullmann,
2002
Compano/
Hullmann,
2002
TAB, 2003
Wachstumsrate der
Publikationen
1996-2000
13
Südkorea
Niederlande
TAB, 2003
Anzahl der Patente
(WPINDEX und PATDPA)
1996-2001
2
USA
D
TAB, 2003
Wachstumsrate der Patente
1996-2000
4
Kanada
D
TAB, 2003
Anzahl der Publikationen für
die Nanotechnologie im Life
Science-Bereich (SCI)
Anzahl der Patente für die
Nanotechnologie im Life
Science-Bereich (WPINDEX
und PATDPA)
Führende Länder der
Nanotechnologie (Umfrage)
Nanomaterialien
Führende Länder der
Nanotechnologie (Umfrage)
Nanotools
Führende Länder der
Nanotechnologie (Umfrage)
Nanodevices
Führende Länder der
Nanotechnologie (Umfrage)
Nanobiotech
1996-2000
2
USA
D
TAB, 2003
1996-2000
2
USA
D
TAB, 2003
2003
2
USA
D
Fecht et al.,
2003
2003
2
USA
D
Fecht et al.,
2003
2003
3
USA
D
Fecht et al.,
2003
2003
2
USA
D
Fecht et al.,
2003
Tabelle 7.6:
Deutschlands Position in der Nanotechnologie im internationalen
Vergleich
Kapitel 7
Ein Vergleich der verschiedenen Technologieindikatoren und subjektiven
Rankings über verschiedene Beobachtungszeiträume zeigt deutlich, dass
Deutschland die führende Position innerhalb Europas einnimmt.8
Lediglich bei den Wachstumsraten der Publikationen und Patente liegt
Deutschland auf dem 13. bzw. 4. Rang (vgl. TAB, 2003), was das bereits
hohe Niveau der Nanotechnologieaktivitäten in Deutschland
unterstreicht. Beispielsweise haben es Länder wie Südkorea, die von
einer deutlich schlechteren Position aus starten, relativ leicht, die
Wachstumsrate zu erhöhen. Auf der anderen Seite zeigt dies auch, dass
kleinere und wirtschaftlich unbedeutendere Länder die Nanotechnologie
als chancenreiches Feld für sich ansehen. Klammert man die Position
Wachstumsraten aus, so nimmt Deutschland im Mittel über die restlichen
Indikatoren den dritten Platz weltweit ein.
Dies wird auch durch die Einschätzung der für diese Studie befragten
Unternehmen zum internationalen Stand der Nanotechnologie
untermauert. Befragt zu ihrer Einschätzung in Bezug auf die Forschung
und kommerzielle Umsetzung der Nanotechnologie in dem eigenen
Tätigkeitsfeld zeigte sich jedoch eine Diskrepanz in der Position
Deutschlands (vgl. Abbildung 7.21). Während in der Forschung und
Entwicklung Asien, Japan und Europa (ohne Deutschland) den USA und
Deutschland hinterherhinken, bewerteten die befragten Unternehmen die
Umsetzung der Nanotechnologie in Produkte in den USA und Japan
besser als in Deutschland.
Deutschland
Europa (ohne D)
USA
Forschung
Japan
Kommerzielle
Umsetzung
Asien (ohne J)
5
4
3
Bewertung
2
1
Abbildung 7.21: Einschätzung des internationalen Stands in Bezug auf Forschung und
Umsetzung der Nanotechnologie im eigenen Tätigkeitsbereich (Die
Ergebnisse wurden der schriftlichen Unternehmensbefragung
entnommen.)
8
Wie in Kapitel 4 ausführlich dargestellt, liegt Deutschland weltweit bei den Patenten
in etwa gleich mit den USA an erster Stelle.
243
Deutschland nimmt
führende Position
in Europa ein
244
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
Dies lässt erste Schlüsse auf die Entwicklung der Diffusion der
Nanotechnologie in den Triadeländern zu. Hier scheint sich ein typisches
Muster wieder einzustellen. Während die Forschung in Deutschland in
der Rangfolge auf dem zweiten Platz gesehen wird, scheinen die
deutschen Unternehmen bei der kommerziellen Umsetzung der
Forschungsergebnisse in Produkte wiederum von den schneller
agierenden Unternehmen in den USA und Japan überholt zu werden.
Dieses Ergebnis ist jedoch nur eine subjektive Einschätzung der
Unternehmen in Deutschland. Für eine objektive Bewertung des Erfolgs
in der kommerziellen Umsetzung der Nanotechnologie müssten
objektivierbare Messgrößen herangezogen werden.
7.6.2
Entwicklung eines NanotechnologieNanotechnologie-IndikatorIndikator-Modells
Um Fortschritte in den Bereichen der Wirtschafts- und Sozialpolitik
messen zu können, haben sich die verschiedensten Indikatoren als
Grundlage für Kontroll- und Berichtssysteme bewährt. Bezogen auf die
Hochtechnologiefelder findet man in der Literatur lediglich
Wissenschafts- und Technologieindikatoren, die über die Anzahl der
wissenschaftlichen Publikationen oder der Patente eine Abschätzung der
Forschungsaktivität zulassen. Technologiebezogene Indikatoren, die
Aufschluss über die Leistungs- oder Innovationskraft von Unternehmen
in einem speziellen Technologiefeld geben, existieren nicht. Das Gleiche
gilt für die Entwicklung der Mitarbeiterzahlen, die als Gradmesser für die
wirtschaftliche Umsetzung einer Hochtechnologiesparte dienen können.
Für eine technologie- und innovationsbezogene Analyse von
Unternehmen in einem speziellen Applikationsfeld wie der
Nanotechnologie können, je nach Betrachtungsansatz, zahlreiche
Kenngrößen von Belang sein.
Bei vorrangiger Betrachtung der FuE-Tätigkeit und der dabei erreichten
Ergebnisse sind beispielsweise folgende Aspekte von Bedeutung:
•
Höhe des FuE-Aufwandes
•
Qualität der FuE-Ausstattung (Equipment, Facilities,…)
•
Kooperationen
•
Lizenz-Portfolio
Gleichermaßen lassen sich derartige Analysen auf dem Bestand, der
Veränderung und der Qualität des FuE-Personals aufbauen. Kenngrößen
können hierfür sein:
•
Anzahl der Mitarbeiter in FuE
•
Qualifikation
•
Fluktuation/Wechselquote (im Unternehmen)
Kapitel 7
245
Aufgrund der Vielschichtigkeit der zuvor genannten Einflussgrößen
besteht die Problematik der Quantifizierbarkeit der genannten Größen.
Um diese Unzulänglichkeit zu umgehen und statistisch valide Daten zu
erhalten, bedient man sich häufig des Indikatoransatzes. Unter einem
Indikator wird eine Ersatzgröße verstanden, die eine Aussagekraft für das
eigentlich betrachtete Phänomen besitzt. In der Regel geht mit der
Verwendung eines Indikators auch eine Komplexitätsreduktion dadurch
einher, dass für die Bewertung des Sachverhalts nur eine Größe
herangezogen wird.
Neben den Einzelbetrachtungen von unternehmensbezogenen Daten
lassen sich weitere Daten nutzen, um die Entwicklung von
Unternehmensgruppen, Technologiefeldern oder Branchen zu
untersuchen.
Diese
Daten
aggregieren
eine
Vielzahl
von
identischen
(Unternehmens)kennzahlen, die als Indikator für einen bestimmten
Sachverhalt dienen. Dabei ist eine zeitnahe Verfügbarkeit der Daten, ihre
Eindeutigkeit und ihre Vergleichbarkeit innerhalb und außerhalb des
Analyseraums von Belang. Für diese Daten kommen z. B. Aussagen zur
Entwicklung der Mitarbeiterzahlen von Unternehmen insgesamt oder
standortbezogen infrage, die Entwicklung ihres Umsatzes, des Gewinns
oder der Investitionstätigkeit.
Im Folgenden wird ein Vorschlag für einen Indikator für die zeitliche
Entwicklung der Mitarbeiterzahlen - unter Berücksichtigung der
Klassifizierung in F1, F2 oder F3 Unternehmen - im Bereich der
Nanotechnologie entwickelt. Mit einer vergleichbaren Stichprobe in
anderen Ländern (z. B. den USA) ist damit ein direktes „Benchmarking“
der Mitarbeiterentwicklung in verschiedenen Ländern möglich. Da hier
verhältnismäßig viele Unternehmen unterschiedlicher Größe zugrunde
gelegt werden, kann von einer repräsentativen Stichprobe ausgegangen
werden. Dieser Ansatz basiert auf der Ermittlung und Analyse von
aussagekräftigen Kennziffern (Indikatoren) für deutsche Nanounternehmen. Diese sind durch Auswertung vorhandener Datenbanken
(Markus-Datenbank etc.) oder durch regelmäßige Primärerhebungen
verfügbar. Die Nutzung allgemein zugänglicher Datenbanken birgt den
Vorteil, nicht von der Auskunftsfreudigkeit einzelner Unternehmen
abhängig zu sein.
Ein Beschäftigungsindikator lässt zwar eine Aussage über die
Beschäftigungswirkung
und
Beschäftigungsentwicklung
der
Nanotechnologie zu, nicht jedoch über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Deutschlands in der Nanotechnologie.
Insbesondere der Praktikabilität der Datenerhebung sowie der räumlichen
und thematischen Abgrenzung kommt bei der Entwicklung
aussagekräftiger Indikatoren maßgebliche Bedeutung zu. So lassen sich
beispielsweise die Beschäftigtenzahlen von Nanotechnologie-
Beschäftigungsindikator
246
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
unternehmen relativ einfach und objektiv erheben, die Zahl der in diesen
Unternehmen direkt oder indirekt von der Nanotechnologie abhängigen
Mitarbeiter sowie der Anteil der davon in Deutschland tätigen
Mitarbeiter ist nur mit erheblichen Aufwand zu ermitteln und basiert in
der Regel auf zum Teil subjektiven Unternehmensangaben. Indirekte
Beschäftigungswirkungen auf die Zulieferindustrie sowie eventuelle
Substitutionseffekte werden nicht berücksichtigt.
Trotzdem besitzt ein System gezielt ausgewählter NanotechnologieIndikatoren dann Aussagekraft, wenn eine Ermittlung in regelmäßigen
Zeitabständen über einen längerfristigen Zeitraum erfolgt und damit
Trends erkennbar werden. Ebenso nützlich kann neben einem
Zeitvergleich der Vergleich mit äquivalenten Indikatoren in anderen
Technologiefeldern wie der Biotechnologie sein oder etwa ein
„Benchmarking“ mit vergleichbaren Kennzahlen im internationalen
Umfeld.
In jedem Fall birgt eine isolierte Betrachtung einzelner Kennzahlen die
Gefahr,
dass
übergeordnete,
branchenspezifische
oder
gesamtwirtschaftliche Entwicklungen das Bild verfälschen und zu
Fehlinterpretationen führen. Daher ist es unabdingbar, entweder derartige
Kennzahlen mit in das System aufzunehmen oder zumindest derartige
Einflüsse bei der Beurteilung der Nanotechnologie-Indikatoren und deren
Entwicklung zu berücksichtigen.
Beschäftigungsindex
Beispielhaft ist in Abbildung 7.22 die Entwicklung eines
Beschäftigungsindexes für die Nanotechnologie über die vergangenen
drei Jahre auf Basis der verfügbaren Informationen aus der MarkusDatenbank dargestellt. (Zur Beschäftigungsentwicklung siehe auch das
Kapitel
7.5).
In
diesem
Index
sind
35
deutsche
Nanotechnologieunternehmen enthalten. Dabei wurde die Zahl der
Beschäftigten im Jahr 2000 auf 100 normiert und die relative
Veränderung der Folgejahre demgegenüber aufgetragen.9 Die
Zusammensetzung nach Unternehmensgröße geht aus Abbildung 7.23
hervor.
9
Für das Jahr 2003 wurde nur die Entwicklung gegenüber den Vorjahren (2000-2002)
für die jeweils in der verringerten Stichprobe enthaltenen Unternehmen zugrunde
gelegt.
Kapitel 7
140
Beschäftigungsindex
130
134
125
121
Index KMU (n=23)
120
Index gesamt (n=35)
112
108
110
105
* erwartete Mitarbeiterzahl
per 31.12.2003;
Index für 2003 auf Basis
verringerter Stichprobe
(ngesamt=19; nKMU=13)
100
90
2000
2001
2002
2003e*
Abbildung 7.22: Beschäftigungsindex für die Nanotechnologie getrennt nach KMU
und unternehmensgrößenübergreifend (auf 100 im Jahr 2000
normiert)
Bis 20 MA
(10)
21 - 100 MA
(7)
101 - 250 MA
501 - 1000 MA
(6)
(5)
1001 - 5000
251 - 500 MA
MA
(1)
(1)
über 5000 MA
(5)
Abbildung 7.23: Zusammensetzung der betrachteten Unternehmensgröße
Aus Abbildung 7.23 wird deutlich, dass nach einem Anstieg im Jahr
2002 ein deutliches Absinken des Beschäftigungsindikators zu erkennen
ist. Offenbar hat die gesamtwirtschaftliche Entwicklung einen
erheblichen Einfluss auf den Verlauf des Indikators. Die anschließende
Zunahme zeigt eine leichte Erholung im Bereich der Nanotechnologie.
Gesicherte Aussagen lassen sich allerdings erst über einen längeren
Zeitraum treffen.
247
248
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
7.7
Evolutionäre
Entwicklungen in
der Nanotechnologie bis 2006
Langfristig werden
deutliche
Veränderungen
erwartet
Ausblick
Die Zukunftsaussichten bis zum Jahr 2006 erstrecken sich über einen
kurzfristigen Zeitraum von zwei bis drei Jahren. Die Durchführung der
schriftlichen Unternehmsbefragung, der Workshops und der
Experteninterviews fanden vor allem im Jahr 2003 statt. Grundsätzlich
wurden von den befragten Experten keine radikalen Änderungen im
Marktumfeld vermutet, so dass eher von einer evolutionären Entwicklung
als von einer radikalen, sprunghaften Änderung ausgegangen werden
kann. Die Zeiträume bis zur Einführung radikaler Neuerungen sind bei
den Endanwendern der Nanotechnologie, beispielsweise in der
Automobilindustrie, deutlich länger als der Betrachtungszeitraum bis
2006. Trotzdem fallen die Prognosen für die Arbeitsplatz- und
Umsatzentwicklung der deutschen Industrie nach der Auswertung der
schriftlichen Umfrage und der Workshops für das Jahr 2006 durchaus
positiv aus, so dass hier von einer nachhaltigen Einführung der
Nanotechnologie als fester Bestandteil der Unternehmenskonzepte
ausgegangen werden kann.
Für einen langfristigen Zeitraum werden allerdings einschneidende
Änderungen durch die Nanotechnologie erwartet, die zum Teil auf
visionären Ansätzen basieren, wie sie beispielsweise in dem 1991 von
Eric Drexler veröffentlichten Buch „Unbounding The Future: The
Nanotechnology Revolution” dargestellt wurden. Drexler argumentierte,
dass „Engineering“ auf molekularem Niveau eine genaue und
kostengünstige Kontrolle über der grundlegenden Struktur der Materie
erlauben würde. Folglich könnten z. B. Bögen eines Materials mit der
Dicke weniger Moleküle hergestellt werden, die so hart seien wie
Diamant. Oder es könnten kleine Maschinen mit der Größe von
Mikroben konstruiert werden, um giftige Abfallprodukte aufzubrechen,
Plagen zu beseitigen oder Viruskrankheiten zu bekämpfen.
Programmierte „Nanodevices“ könnten möglicherweise in den
menschlichen Körper injiziert werden und zum Zweck der Wundheilung
zu verwundeten Hautzellen geführt werden, während andere wiederum
auf einer Wand aufgetragen Anzeigeeinheiten bilden könnten – als eine
Art Video-Tapete.
Im gegenwärtigen Stadium der Nanotechnologie liegen Wissenschaft und
Fiktion nah beieinander, was mitunter zu leeren Versprechungen ebenso
wie zu unrealistischen Hoffnungen geführt hat, teilweise gefördert durch
eine nicht immer fundierte Berichterstattung der Medien. Ein anderer
Faktor ist das noch teilweise begrenzte physikalische Verständnis über
die zugrunde liegenden Mechanismen und Effekte, das mitunter zu
technisch nicht umsetzbaren Versprechungen geführt hat.
Um zwischen Wissenschaft und Fiktion im Hinblick auf zukünftige
Produkte und Verfahren der Nanotechnologie zu unterscheiden, wurden
in einer Studie (Fecht et al., 2003) Experten zu Ihrer Einschätzung zum
Kapitel 7
249
zukünftigen Einfluss der Nanotechnologie auf ausgewählte industrielle
Anwendungsbereiche befragt. Die in Abbildung 7.24 wiedergegebenen
Ergebnisse basieren auf den Einschätzungen von knapp 50 führenden
Experten im In- und Ausland.
Für das Jahr 2015 wird von den Befragten erwartet, dass fast jeder
Industriebereich durch die Nanotechnologie beeinflusst wird. Bei den
erwartungsgemäß am stärksten von der Nanotechnologie beeinflussten
Bereichen handelt es sich um die Materialien, den Bereich Life Sciences
und die Elektronik. Danach folgen mit einigem Abstand die Bereiche
Umwelttechnik, Energietechnik und das Transportwesen. Diese
Zukunftseinschätzung weist eine ausgezeichnete Deckung mit der
heutigen Aufstellung der Nanotechnologieunternehmen in Deutschland
auf.
100%
Anteil der Befragten
80%
kein/kaum Einfluss
Schwacher Einfluss
60%
mittlerer Einfluss
40%
starker Einfluss
sehr starker Einfluss
20%
Transportwesen
Energietechnik
Umwelttechnik
Medizintechnik
Biotechnologie
Elektronik
Materialien
0%
Abbildung 7.24: Erwartete Bedeutung der Nanotechnologie für ausgewählte
industrielle Anwendungsbereiche im Jahr 2015 (Quelle: Fecht et al.,
2003)
Unter anderem wurde in der Befragung eine Einschätzung der zu
erwartenden Zeiträume für die kommerzielle Verfügbarkeit von
gesellschaftlich, wirtschaftlich und technologisch bedeutsamen
Anwendungen und Verfahren abgegeben. Dazu zählten
•
die Nutzung von Prinzipien der Selbstorganisation für die
Massenproduktion,
•
die Nutzung von Selbstreplikationstechniken für die Massenproduktion,
•
Produkte auf Basis der Nano(bio)technologie zur Heilung von
Krankheiten wie Krebs, Parkinson oder Aids
•
Produkte auf Basis der Nano(bio)technologie zur Behebung von
DNA-Defekten
Im Jahr 2015 fast
jeder Industriebereich durch
Nanotechnologie
beeinflusst?
250
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
•
miniaturisierte Maschinen in der Größe von Molekülen
(molecular-sized machines)
•
Nanoelektronik auf Basis neuer Materialien und Technologien
Die Mehrheit der befragten Experten hielt eine erfolgreiche Umsetzung
der genannen Produkte oder Technologien in kommerziellem Maßstab in
den nächsten zehn Jahren für unrealistisch. Lediglich mit Blick auf die
Nutzung von Selbstorganisationsprinzipien als Möglichkeit für die
Massenproduktion erwarteten knapp zwei Drittel der Befragten eine
kommerzielle Verfügbarkeit derartiger Verfahren vor 2015.
Während alle Experten ohne Ausnahme die Nutzung der
Nanotechnologie im Zusammengang mit den Themen Selbstorganisation,
DNA-Defekte und Nanoelektronik früher oder später als wahrscheinlich
ansehen, halten jeweils 13 Prozent die Selbstreplikation und den
zukünftigen
Einsatz
von
„Nano-Maschinen“
für
gänzlich
unwahrscheinlich. Lediglich sechs Prozent haben Zweifel an der
Möglichkeit, Krankheiten wie Krebs, Parkinson oder Aids mithilfe der
Nanotechnologie zu überwinden.
Für die Zukunft wird eine Diffusion der Nanotechnologie in nahezu
jeden Industriebereich erwartet. Es ist davon auszugehen, dass dieses
eine evolutionäre Entwicklung ist und die bedeutenden kommerziellen
Durchbrüche der Nanotechnologie, z. B. in der Medizin oder der
Elektronik, noch nicht unmittelbar bevorstehen sondern noch einige Zeit
in Anspruch nehmen werden. In den Bereichen, die aus internationaler
Sicht in der Zukunft am stärksten von der Nanotechnologie beeinflusst
werden, besitzt Deutschland mit seinen vorhandenen industriellen
Stärken eine hervorragende Ausgangsposition.
7.8
Market Assess
Assessment auf einen Blick
Deutschland verfügt in den verschiedensten Bereichen der
Nanotechnologie über eine gute wirtschaftliche Ausgangsposition. Die
einzelnen Einflussfaktoren für den augenblicklichen Stand der
Nanotechnologie in Deutschland sind gleichwohl sehr vielschichtig und
heterogen. Wesentliche Erkenntnisse aus dem Kapitel 7 werden daher
nochmals kurz zusammengefasst:
„Weltmarkt“
Nanotechnologie
•
Ein Vergleich verschiedener Marktprognosen für den
Nanotechnologieweltmarkt nach verschiedenen Quellen zeigt,
dass die Hebelwirkung durch die Nanotechnologie einen
Weltmarkt von ca. 100 Mrd. Euro beeinflusst. Hierbei ist zu
berücksichtigen, dass dabei die Marktvolumina unterschiedlicher
Wertschöpfungstiefen addiert wurden. Die Marktprognosen sagen
im Mittel eine exponentielle Steigerung in den nächsten zehn
Jahren voraus. Eine Betrachtung der einzelnen Marktanteile, die
auf Deutschland entfallen, ist nicht ohne weiteres möglich. Die
Perspektiven der Nanotechnologie für die zukünftige
Kapitel 7
251
Entwicklung deutscher Unternehmen werden durchweg als
positiv angesehen.
•
Die im Rahmen dieser Studie befragten Unternehmen lehnen die
Aussagen, dass Nanotechnologie ein neues Experimentierfeld
darstellt, ebenso ab wie in abgeschwächter Form auch die
Aussage,
dass
durch
die
Nanotechnologie
die
Technologiekompetenz abgerundet würde. Dieses Ergebnis
widerlegt eindeutig die vielfach verbreitete Aussage, dass
Nanotechnologie lediglich einen „Hype“ darstellt.
Nanotechnologie
kein „Hype“
•
Die Ergebnisse der Unternehmensbefragung haben gezeigt, dass
der Bereich Chemie (einschließlich Materialien) eindeutig an der
Spitze der Nanotechnologiefirmen und -anwendungen in
Deutschland steht (gemessen an der Anzahl der Unternehmen, der
Häufigkeit bereits existierender nanotechnologischer Produkte
und an deren Umsatzpotenzial bis zum Jahr 2006), gefolgt von
den Life Sciences (Medizintechnik/Gesundheit) und IuK. Die
Mehrzahl der Konkurrenten im Bereich Chemie wird in
Deutschland und den USA gesehen.
Bereich Chemie in
Deutschland vorn
•
Im internationalen Wettbewerb wird die Forschung in
Deutschland weltweit (nach den USA) auf dem zweiten Platz
gesehen.
Bei
der
kommerziellen
Umsetzung
der
Forschungsergebnisse in Produkte werden die deutschen
Unternehmen von den schneller agierenden Unternehmen in den
USA und Japan überholt, stehen aber dennoch mit an der
Weltspitze, wie die Ergebnisse der Unternehmensbefragung
gezeigt haben.
Kommerzielle
Umsetzung in D
noch zu verbessern
•
Die wichtigsten Innovationshürden in Deutschland sind
Investitionskosten, Fremd- und Eigenkapital und Fördermittel, die
ausschließlich finanzieller Natur sind. Die Rangfolge der
genannten Barrieren lässt darauf schließen, dass die Entwicklung
neuer Produkte oder Verfahren im Bereich der Nanotechnologie
erhebliche Investitionen erfordert, die nicht allein aus dem
Eigenkapital heraus finanziert werden können. Mit der
Erschließung von Märkten mit Hilfe der Nanotechnologie sind
ebenfalls deutliche Investitionen verbunden, die nicht ohne
weiteres von der Industrie alleine aufzubringen sind. Begrenzte
Marktkenntnisse und noch unzureichende Kooperationsverflechtungen, insbesondere in den bislang noch nicht so stark
von der Nanotechnologie durchdrungenen Branchen, stellen eine
Barriere für die Innovationsgeschwindigkeit und die Diffusion
neuer
Anwendungsbereiche
dar.
Ebenso
stellt
die
Zusammenarbeit
der
Finanzwirtschaft
und
der
Nanotechnologieunternehmen eine wichtige Herausforderung für
die Zukunft dar, die insbesondere in Deutschland ungelöst ist.
Innovationshürden
252
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
•
Die Zurückhaltung von Investitionen der Venture-CapitalBranche in Start-up-Unternehmen wirkt sich derzeit äußerst
negativ
auf
Unternehmensgründungen
im
deutschen
Nanotechnologie-Umfeld aus. Die klassische Bankfinanzierung
von Unternehmensgründungen ist in den letzen Jahren
zunehmend schwieriger geworden, da sich die deutsche
Bankenlandschaft selbst in einer Krise befindet.
•
Schätzungen des Beschäftigungszuwachses von Arbeitsplätzen in
der Nanotechnologie lassen in Deutschland eine Zunahme von
mindestens 10.000 bis 15.000 Arbeitsplätzen bis 2006 erwarten,
allein durch die etwa 450 in der Nanotechnologie aktiven
Unternehmen in Deutschland. Bereits heute finden sich
schätzungsweise 20.000 - 32.000 (konservative Schätzung) und
114.000 Arbeitsplätze (optimistische Schätzung) in einem
gegenwärtig nicht genauer quantifizierbaren Bereich in
Deutschland, die direkt oder indirekt von der Nanotechnologie
abhängig sind.
•
Für das Jahr 2015 wird erwartet, dass fast jeder Industriebereich
durch die Nanotechnologie beeinflusst wird. Bei den
erwartungsgemäß am stärksten von der Nanotechnologie
beeinflussten Bereichen handelt es aus internationaler Sicht sich
um die Bereiche Chemie, der Bereich Life Sciences und die
Elektronik. Danach folgen mit einigem Abstand die Bereiche
Umwelttechnik, Energietechnik und das Transportwesen (unter
anderem Automobilbau).
Klassische
Bankenfinanzierung
schwierig
Beschäftigungszuwachs von 10.000
bis 15.000 Stellen
In Zukunft starke
Beeinflussung der
Industriebereiche
durch Nanotechnologie
SWOT-Analyse
Für eine zusammenfassende Situationsbeschreibung komplexer
Sachverhalte hat sich die SWOT-Analyse bewährt. Die in Tabelle 7.7
dargestellte SWOT-Analyse greift exemplarisch dominante Stärken und
Schwächen der Nanotechnologie in Deutschland auf. Eine SWOTAnalyse umfasst eine Stärken-Schwächen-Analyse (strengths und
weaknesses), also die Bewertung der Faktoren, die in Deutschland selbst
beeinflusst werden können, und eine Chancen-Risiko-Analyse (im Sinne
von opportunities und threats), d. h. eine Bewertung von zum Teil global
wirkenden Faktoren.
Kapitel 7
➘
Strengths
➘
Weaknesses
➘
Anteilig sind viele deutsche
Kleinunternehmen in der
Nanotechnologie aktiv
➘
Die Anzahl der mittelständischen - in
der Nanotechnologie tätigen –
Unternehmen ist verhältnismäßig
gering
➘
Deutschland verfügt über eine
ausgeprägte Stärke im Bereich
Chemie/Werkstoffe im Bereich der
Nanotechnologie
➘
Teilweise schwaches Engagement
traditionell starker Branchen (z. B.
Maschinenbau) in der
Nanotechnologie
➘
Threats
➘
Deutschland weist erhebliche
Stärken in der NanotechnologieForschung im internationalen
Vergleich auf
➘
Opportunities
➘
Verstärkte kommerzielle Umsetzung ➘
der teilweise hervorragenden
Forschungsergebnisse ist erforderlich
Die Finanzierung von
Nanotechnologie-Aktivitäten wird als
die größte Herausforderung (und
Innovationsbarriere) gesehen
➘
Geeignetes Fachpersonal und
geeignete Kooperationspartner
werden ebenfalls als Herausforderung
angesehen.
Tabelle 7.7:
253
SWOT-Analyse der Nanotechnologie in Deutschland
Die SWOT-Analyse unterstreicht die markantesten Aussagen aus der
schriftlichen Unternehmensbefragung und den Workshopergebnissen.
Die
bei
den
„Threats“
aufgeführte
Finanzierung
von
Nanotechnologieunternehmen ist insbesondere im Zusammenhang mit
der Zurückhaltung von Investitionen von „Venture-CapitalGesellschaften“ in Start-up-Unternehmen problematisch.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Deutschland über eine sehr
gute Ausgangsbasis für die wirtschaftliche Umsetzung der
Nanotechnologie-Aktivitäten verfügt. Die Exzellenz in der Forschung
spiegelt allerdings nicht in vollem Umfang die wirtschaftliche
Umsetzung wider. Hier sind die USA und Japan Deutschland bisher
überlegen. Ebenso ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass weltweit
im Bereich der Nanotechnologie die Investitionen und staatlichen
Förderungen erheblich zugenommen haben, was zum Teil auch auf die
prognostizierten, sehr hohen Marktvolumina zurückzuführen ist. In
Zukunft ist ein stärkerer internationaler Wettbewerb in der
Nanotechnologie zu erwarten, bei dem zunehmend auch Akteure
außerhalb der Triade USA, Japan und Deutschland in Erscheinung treten
werden.
Deutschland
verfügt über sehr
gute Ausgangsbasis
Der internationale
Wettbewerb wird
stärker
255
8
FAZIT
Die vorliegende Studie hatte zum Ziel, eine realistische Einschätzung des
Marktvolumens und der Marktrelevanz der Nanotechnologie sowohl für
Deutschland selbst als auch im internationalen Kontext zu erarbeiten. Bei
der Erhebung und Auswertung des Datenmaterials hat sich ein
aufwändiger Methodenmix bewährt und hilft die Defizite der jeweiligen
eingesetzten qualitativen (Experteninterviews, Literaturanalyse, DelphiWorkshops) und quantitativen (schriftliche Unternehmensbefragung und
Patentanalyse) Methoden zur Ermittlung des wirtschaftlichen Potenzials
der Nanotechnologie zu umgehen. Auf diesem Wege gelingt es, dass die
Einzelergebnisse im Rahmen der eingesetzten speziellen Methode nicht
nur ausschließlich oder gar isoliert voneinander betrachtet, sondern im
Kontext der gesamten Ergebnisse behandelt werden. Für die Bewertung
der Ergebnisse war es äußerst hilfreich, dass (vorläufige) Ergebnisse in
branchenspezifisch ausgerichteten Delphi-Workshops von ausgewiesenen Experten aus Industrie, Wissenschaft, Finanzwirtschaft unter
anderem (siehe die Teilnehmerlisten im Anhang 4) kritisch beleuchtet
und bewertet werden konnten. Damit wurden in diese Studie auch
Elemente einer partizipativen Innovations- und Technikanalyse als
Anstoß für einen stetigen und konstruktiven Diskurs mit den
Stakeholdern eingebracht.
Methodenmix hat
sich bewährt
Es kann in diesem abschließenden Kapitel nicht Sinn sein, sämtliche
zentralen Ergebnisse zu wiederholen. Ein solcher Überblick der
Ergebnisse findet sich zum einen bereits auf den vorangestellten ersten
Seiten dieser Studie und zum anderen in den Zusammenfassungen am
Ende der einzelnen Kapitel. Wir möchten an dieser Stelle nur kurz darauf
verweisen, dass
•
die Nanotechnologie eine der Schlüsseltechnologien des 21.
Jahrhunderts ist. Bereits heute werden mit Produkten, die sich nur mit
Hilfe der Nanotechnologie realisieren lassen, beträchtliche Umsätze
erzielt. Diese Umsätze dürften mit dem wirtschaftlichen Durchbruch
der Nanotechnologie zukünftig enorm steigen.
•
Deutschland hinsichtlich der Patentsituation in der Nanotechnologie
sehr gut aufgestellt ist - sowohl in der Nanotechnologie insgesamt als
auch in dem zahlenmäßig wichtigsten Teilbereich der Chemie. Die
Position Deutschlands stellt sich gerade hinsichtlich der besonders
werthaltigen Patente als sehr gut dar. In keinem der in der
Patentanalyse betrachteten Lead-Märkte (Chemie, Automobilbau,
Optik) ist ein gravierender Rückstand gegenüber den USA oder Japan
zu verzeichnen.
•
eine exakte Ableitung des „Nanotechnologieweltmarktes“ auf Basis
der genannten Zahlen in öffentlich zugänglichen Studien gegenwärtig
kaum möglich ist, da nur für einen Teil nanotechnologischer
Produkte Marktzahlen verfügbar und die Auflistungen somit
Bereits heute
„Nanoprodukte“
Deutschland bei
Patenten sehr gut
aufgestellt
Vorsicht bei der
Ableitung des
„Nanotechnologieweltmarktes“
256
Nanotechnologie als wirtschaftlicher Wachstumsmarkt
unvollständig sind, die Marktprognosen sich zum Teil auf
unterschiedliche Zeithorizonte beziehen, Doppelungen von
Nanotechnologieprodukten in zwei oder mehreren Teilbereichen
vorkommen (z. B. Anwendung von Nanogrundprodukten/-komponenten in Endprodukten verschiedener Branchen) und Produkte aus
unterschiedlichen Stufen der Wertschöpfungskette in die Betrachtung
einfließen (Grundprodukte, Zwischenprodukte, Endprodukte etc.).
•
die Zurückhaltung von Investitionen der Venture-Capital-Branche
in Start-up-Unternehmen sich derzeitig äußerst negativ auf
Unternehmensgründungen im deutschen Nanotechnologie-Umfeld
auswirkt. Die klassische Bankfinanzierung von Unternehmensgründungen ist in den letzen Jahren zunehmend schwieriger
geworden, da sich die deutsche Bankenlandschaft selbst in einer
Krise befindet.
Deutschland hat
sehr gute
Ausgangsbasis
•
Deutschland zur Zeit über eine sehr gute Ausgangsbasis für die
wirtschaftliche Umsetzung der Nanotechnologie-Aktivitäten verfügt. Die Exzellenz in der Forschung spiegelt allerdings nicht in
vollem Umfang die wirtschaftliche Umsetzung wider. Hier sind die
USA und Japan dem Standort Deutschland bisher überlegen.
Der Wettbewerb
wird schwieriger
•
weltweit die Investitionen und staatlichen Förderungen im Bereich
der Nanotechnologie erheblich zugenommen haben. Das ist auch auf
die prognostizierten, sehr hohen Marktvolumina zurückzuführen.
Daher ist in Zukunft ein noch stärkerer internationaler Wettbewerb
in Bezug auf die Nanotechnologie zu erwarten.
VC und klassische
Bankenfinanzierung
derzeit schwierig
Zukunftsmärkte
nutzbar machen
Neben den überaus notwendigen und regelmäßigen Erhebungen zum
Marktpotenzial der Nanotechnologie wären folgende Arbeiten im
Rahmen der Innovations- und Technikanalyse sehr empfehlenswert,
damit ein möglichst großer Anteil des prognostizierten enormen
Marktpotenzials der Nanotechnologie in Zukunftsmärkten vom Standort
Deutschland nutzbar gemacht werden kann:
•
Die Etablierung eines Nanotechnologie-Indikators, z. B. für die
Beschäftigungsentwicklung in der Nanotechnologie, um eine
messbare Bezugsgröße unter anderem für die Effektivität
förderpolitischer Maßnahmen zu erhalten sowie ein „Benchmarking“
mit äquivalenten Indikatoren anderer Technologiefelder, wie der
Biotechnologie, oder mit vergleichbaren Kennzahlen im
internationalen Umfeld (vgl. Kapitel 7.5.2 der Studie). Auf diese
Weise kann die zeitliche Entwicklung der wirtschaftlichen Bedeutung
der Nanotechnologie verfolgt werden. Für weitere zukünftige
Untersuchungen
könnte
auch
eine
Differenzierung
der
Nanotechnologieunternehmen in Produzenten, Anwender etc.
sinnvoll sein.
•
Der Aufbau einer internetbasierten Präsentationsplattform für
deutsche Nanotechnologieunternehmen, um die Vermarktung von
Kapitel 8
Nanotechnologieprodukten im Ausland und den Ausbau der
Geschäftstätigkeit
in
internationalen
Wachstumsmärkten
insbesondere in Asien zu erleichtern.
•
Frühzeitige Untersuchungen möglicher Showstopper, wie z. B. die
Toxizität bestimmter Nanomaterialien, um das Risiko von Fehlinvestitionen bzw. Marktbarrieren durch mangelnde Verbraucherakzeptanz zu minimieren.
257
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Anhang
BMBF-Projekt "Das wirtschaftliche Potenzial der Nanotechnologie"
- Gesprächsleitfaden für die Experteninterviews -
•
Wie würden Sie Ihre Organisationseinheit einordnen (z.B. Gesamtkonzern, Tochterunternehmen, Start Up, Großunternehmen, KMU, Ausgründung, Abteilung/Bereich, Arbeitsgruppe etc.)?
•
Wann wurde diese Organisationseinheit gegründet? Wieviele Mitarbeiter hat Sie zur Zeit?
Wieviele Mitarbeiter hat das Unternehmen insgesamt?
•
Wie viele Arbeitsplätze sind vom Einsatz der Nanotechnologie abhängig?
•
Geben Sie bitte an, wie sich die folgenden Betriebskennzahlen in den vergangenen fünf
Jahren entwickelt haben: Umsatz, Export, F&E-Ausgaben.
•
Seit wann befassen Sie sich mit Fragen der Nanotechnologie – Beobachtung, Entwicklung,
Nutzung, sonstiges?
•
Für welche der folgenden Anwendungsfelder ist die Nanotechnologie heute für Ihr Unternehmen von Bedeutung? (Anwendungsfelder nennen bzw. Liste vorlegen)
•
Wo liegt der Schwerpunkt Ihrer Geschäftstätigkeit? (Anpassung der Antwortmöglichkeiten
nach der vorliegenden Brancheneinteilung)?
•
In welchem Umfang betreibt Ihr Unternehmen F&E im Bereich der Nanotechnologie?
•
Auf welchen Anwendungsfeldern liegen Ihre Forschungsanstrengungen?
•
Auf welcher Stufe der Wertschöpfungskette sind Ihre Erzeugnisse angesiedelt? – Grundstoffe, Vorprodukt, Endprodukt, (Dienstleistung)?
•
Wie verteilen sich Ihre Kunden geographisch?
•
Welchen Umsatz erwirtschaftete Ihr Unternehmen im vergangen Jahr (2001) a) insgesamt,
b) mit von Nanotechnologie abhängigen selbst hergestellten Produkten (Erklärung notwendig)?
•
Welche Einsparungspotenziale (erläutern: z.B. Produktion, Transport, Energie etc.) sind
für Ihr Unternehmen zu erwarten?
•
Welchen Anteil am Gesamtumsatz haben zugekaufte Produkte der Nanotechnologie?
1996/2001?
•
Welche Anwendungsgebiete von Nanotechnologie betreffen Ihre selbst hergestellten Produkte? (Anpassung der Antwortmöglichkeiten nach der vorliegenden Brancheneinteilung.)
•
Welche Anwendungsgebiete von Nanotechnologie betreffen Ihre zugekauften Produkte?
(Anpassung der Antwortmöglichkeiten nach der vorliegenden Brancheneinteilung.)
•
Bestehen Hürden, die die erwünschte Produktion von nanotechnologischen Produkten behindern? Wenn ja, welche wesentlichen Hürden wirkten und wirken sich hemmend auf die
Realisierung des erwünschten Einsatzes von Nanotechnologie aus?
•
Wie beurteilen Sie den Stand Ihres Unternehmens in Bezug auf die Forschung und Umsetzung von Nanotechnologie im internationalen Vergleich?
•
Planen Sie, Ihre Aktivitäten in den nächsten fünf Jahren im Bereich Nanotechnologie zu
verstärken, zu reduzieren oder im gleichen Ausmaß wie bisher zu betreiben?
•
Welche Anwendungsfelder werden in den nächsten fünf Jahren an Bedeutung zunehmen in
a) Forschung und b) Umsetzung?
•
Welchen Gesamtumsatz erwarten Sie aus Umsätzen mit Produkten, in denen Nanotechnologie integriert ist 2002 ....Deutschland/international?
•
Welchen Marktanteil erwarten Sie für 2006 auf dem Markt, auf dem Sie mit Ihren Produkten vertreten sind Deutschland/international?
•
Mit welcher Personalentwicklung rechnen Sie aufgrund der nanotechnologisch abhängigen
Produkte bis 2006?
•
Welche Berufsbilder / Qualifikationen sind für die Tätigkeit im Kontext von Nanotechnologie in Ihrem Bereich relevant? Sind hier Änderungen notwendig? Wenn ja, welche?
•
Welche Erwartungen haben Sie an die öffentliche Innovationsförderung?
•
Welche Erwartungen haben Sie an die private Innovationsförderung (z.B. Venture Capital)?
•
Wenn Sie an Ihre Erwartungen an den Einsatz von Nanotechnologie vor ca. 5 Jahren denken, haben sich die Erwartungen aus heutiger Sicht bestätigt? (Liste)
Befragung zum
„Wirtschaftlichen Potenzial der
Nanotechnologie“
Der Fragebogen wurde
ausgefüllt von
_____________________________________________________________________
Abteilung
_____________________________________________________________
Funktion
_____________________________________________________________
Anschrift
_____________________________________________________________
Telefon
___________________________________
E-Mail
___________________________________
Firmenstempel
Bitte senden Sie den Fragebogen bis spätestens 21. Februar 2003 zurück an:
Hochschule für Bankwirtschaft, Dr. H. Sanders, Sonnemannstrasse 9-11,
60314 Frankfurt/Main, Tel: 069-154008 703; FAX: 069-154008 728
Für das Ausfüllen des Fragebogens benötigen Sie nach unserer Schätzung je nach dem
Engagement Ihres Unternehmens in der Nanotechnologie ca. 20 Minuten. Dieser Aufwand soll sich
für Sie lohnen! Deshalb bieten wir an, Ihnen die Ergebnisse unserer Untersuchung kostenfrei
zuzusenden.
Sollen wir Ihnen die Ergebnisse dieser Erhebung zusenden?
‰ Ja
‰ Nein
Für diese Befragung wurde folgende Definition der Nanotechnologie zugrunde gelegt:
Als Nanotechnologie verstehen wir hier:
a) Alle Produkte, die mindestens eine funktionelle Komponente mit einer kontrollierten
geometrischen Abmessung unterhalb von 100 Nanometern in mindestens einer
Richtungsdimension besitzen, wodurch physikalische / chemische oder biologische Effekte
nutzbar werden, die oberhalb dieser kritischen Abmessung nicht auftreten.
Und
b) Analytisches und/oder verfahrenstechnisches Equipment, das für die kontrollierte Herstellung,
Positionierung oder Vermessung von unter a) genannten funktionellen Komponenten erforderlich
ist.
Die Daten werden vertraulich gemäß Bundesdatenschutzgesetz behandelt. Eine Weitergabe
der individuellen Daten an Dritte erfolgt nicht.
Fragebogen Nummer 151
1/8
I. Fragen zum gesamten Unternehmen
1. Wann wurde Ihr Unternehmen gegründet?
Gründungsjahr:
_________
‰ Ja
2. Ist Ihr Unternehmen wirtschaftlich eigenständig ?
‰ Nein
Falls nein, wie groß ist der Anteil des größten verbundenen Unternehmens (Konzern,
Holding etc.) an Ihrem Unternehmen?
‰ kleiner 25 %
‰ 25 – 50 %
‰ 51 – 99%
‰ 100 %
3. Wo hat der größte Anteilseigner seinen Sitz?
‰ D
‰ EU
‰ Ausland (ohne EU)
‰ Ja
4. Sind Risikokapitalgeber an Ihrem Unternehmen beteiligt?
‰ Nein
Falls ja, wie groß ist der Anteil?
‰ unter 25 %
‰ 25 – 50 %
‰ 51 – 75%
‰ 76 - 100 %
5. Branche: Wo liegt der Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit Ihres Unternehmens?
(Einfachnennung)
Textil- und Bekleidungsgewerbe
‰
Herstellung von industriellen
Prozesssteuerungsanlagen
Chemische Industrie
‰
‰
‰
‰
Herstellung von optischen Geräten
Gummi- und Kunststoffgewerbe, Herstellung
Glas- und Keramikgewerbe
Metallerzeugung, -bearbeitung
Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen
Schienenfahrzeugbau
Luft- und Raumfahrzeugbau
‰
‰
‰
‰
‰
Maschinenbau ohne Werkzeugmaschinen und
Haushaltsgeräte
‰
Werkzeugmaschinenbau
‰
Herstellung von Elektrizitätsverteilungs- und
Schalteinrichtungen
Herstellung von nachrichtentechnischen Geräten
und Einrichtungen
Haushaltsgeräte
‰
Herstellung elektronischer Bauelemente
‰
‰
Softwarehäuser, DV-Dienste
‰
Fernmeldedienste
‰
Wissenschaftliche Forschungseinrichtungen
und Institute
Technische, physikalische und chemische
Untersuchung
‰
Herstellung von Büromaschinen, DV-Geräten
und –einrichtungen (ohne Medizin-, Mess-,
Steuer- und Regelungstechnik, Optik)
Herstellung von medizintechnischen Geräten
‰
‰
Herstellung von Mess-, Kontroll-, Navigationsu.ä. Instrumenten und Vorrichtungen
‰
Sonstige _____________________________
‰
6. Wie verteilen sich Ihre Kunden? (in Prozent des Umsatzes)
_____ % Deutschland
______ % Europa (ohne D)
_____ % USA
_____ % Japan
______ % Asien (ohne J)
_____ % Sonstige
Fragebogen Nummer 151
2/8
‰
‰
7. Welchen Umsatz erwirtschaftete Ihr Unternehmen im Geschäftsjahr 2001?
‰ bis 2 Mio. €
‰ 2 bis 10 Mio. €
‰ 10 bis 50 Mio. €
‰ über 50 Mio. €
Ihr Aufwand für Forschung und Entwicklung betrug ______ % des letzten Jahresumsatzes.
8. Wieviele Mitarbeiter hat Ihr Unternehmen?
‰ bis 20
‰ 21 bis 100
‰ 101 bis 250
‰ 501 bis 1000
‰ 1001 bis 5000
‰ 5000 und mehr
‰ 251 bis 500
II. Die Bedeutung von Nanotechnologie für Ihr(e) Unternehmen/
Unternehmenseinheit/ Stabsstelle (z.B. F+E)
9. Für wen beantworten Sie im folgenden den Fragebogen
‰ gesamtes Unternehmen
‰ Unternehmenseinheit
‰ Stabsstelle (Strategie-/F+E)
10. Seit wann befassen Sie sich mit Fragen der Nanotechnologie?
Vor 1990
1990 bis 1995
1995 bis 2000
Seit 2001
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
Beobachten der Szene
Eigene F+E-Arbeiten
Nutzung in Produkten
Andere
____________________
11. Welcher Umsatzanteil (in % des Umsatzes Ihres gesamten Unternehmens) entfällt auf
Produkte, in denen Nanotechnologie eine funktionale Rolle spielt oder die mit Hilfe der
Nanotechnologie hergestellt wurden?
Umsatz
1996
2001
________ %
________ %
12. In welcher Form beschäftigen Sie sich mit Nanotechnologie?
‰ als Hersteller
‰ als Anwender von Nanotechnologie
Wenn als Anwender, welcher Anteil (in % des Umsatzes Ihres gesamten Unternehmens) entfällt
auf von Ihnen bezogene Vorprodukte anderer Hersteller (Einkaufsvolumen), in denen
Nanotechnologie eine funktionale Rolle spielt oder die mit Hilfe der Nanotechnologie hergestellt
wurden?
1996 _________ %
Fragebogen Nummer 151
2001 _________ %
3/8
13. Woher beziehen Sie Ihre zugekauften Nanotechnologieprodukte? (in % Einkaufsvolumen)
_____ % Deutschland
______ % Europa (ohne D)
_____ % USA
_____ % Japan
______ % Asien (ohne J)
_____ % Sonstige
14. Wieviele Mitarbeiter Ihres gesamten Unternehmens sind (direkt oder indirekt) von
Nanotechnologie abhängig?
‰ bis 5
‰ 6 bis 25
‰ 26 bis 100
‰ 101 bis 250
‰ 250 und mehr
15. Für welche der folgenden Anwendungsfelder sind Ihre nanotechnologischen Produkte
heute von Bedeutung? (Mehrfachnennungen möglich)
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
Information und Kommunikation
Medizintechnik / Gesundheit
Kosmetik
Transport und Verkehr
Chemie / Werkstoffe und Verfahrenstechnik
Umwelt (incl. Recycling)
Energie (-versorgung)
Maschinenbau
Messtechnik
Baugewerbe
Lebensmittel / -verarbeitung
Weiße und braune Ware
andere, welche: _____________________________
16. Wie schätzen Sie insgesamt die Bedeutung der Nanotechnologie (NT) für Ihr Unternehmen
ein?
trifft zu
trifft nicht zu
1
2
3
4
5
Unser NT-Know-how ist heute ein entscheidender
Wettbewerbsfaktor
‰
‰
‰
‰
‰
NT verbessert unsere technologische Wettbewerbsfähigkeit auf unseren angestammten Märkten
‰
‰
‰
‰
‰
NT kann uns völlig neue Märkte erschließen
‰
‰
‰
‰
‰
NT rundet unsere Technologiekompetenz ab, wird aber
nicht zur Kernkompetenz ausgebaut werden
‰
‰
‰
‰
‰
Die NT ist eine neben mehreren technologischen
Optionen, die wir verfolgen
‰
‰
‰
‰
‰
Die NT ist für uns ein neues Experimentierfeld
‰
‰
‰
‰
‰
Fragebogen Nummer 151
4/8
17. Wie beurteilen Sie den internationalen Stand in Bezug auf die Forschung und Umsetzung
der Nanotechnologie in Ihrem Tätigkeitsbereich?
Bewerten Sie bitte die Regionen von 1 bis 5 nach dem Schulnotenprinzip hinsichtlich ihres
aktuellen Entwicklungsstands.
Stand der Forschung
Stand der kommerziellen Umsetzung
Deutschland
Europa (ohne D)
USA
Japan
Asien (ohne J)
Andere ______________________
18. Wo ist der Firmensitz Ihres stärksten Wettbewerbers hinsichtlich Ihrer
nanotechnologischen Produkte / Anwendungsfelder?
‰ Deutschland
‰ Europa (ohne D)
‰ USA
‰ Japan
‰ Asien (ohne J)
‰ Sonstige
III. Ausblick auf die Zukunft
19. Planen Sie Ihre Aktivitäten bis 2006 im Bereich Nanotechnologie zu verstärken?
Erheblich
verstärken
Verstärken
gleichbleibend
‰
‰
‰
Erheblich
einschränken
‰
Vollkommen
aufgeben
Weiß nicht
‰
‰
20. Rechnen Sie mit einer Steigerung Ihres Personaleinsatzes im Bereich Nanotechnologie bis
2006?
‰ Ja
‰ Nein
Wenn ja, mit welcher
‰ unter 10 %
‰ 10 – 20 %
‰ 21 – 50 %
‰ 51 – 75 %
‰ 76 – 100 %
‰ 101 – 200 %
‰ über 200 %
Fragebogen Nummer 151
5/8
21. Kreuzen Sie bitte die 3 für Ihre nanotechnologischen Produkte zukünftig wichtigsten
Anwendungsfelder (in 2006) aus der nachfolgenden Liste an (linkes Kästchen) und
benennen Sie für diese Felder eine Reihenfolge nach Wichtigkeit von 1 bis 3 (rechte Box).
Als wichtig verstehen wir hier jene Anwendungsfelder, in denen Sie unter Nutzung der
Nanotechnologie große wirtschaftliche Chancen für Ihr Unternehmen sehen.
Anwendungsfelder (analog Frage 15, hier
jedoch in 2006)
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
Reihenfolge
[bitte Zahl (1 – 3) eintragen]
Information und Kommunikation
Medizintechnik / Gesundheit
Kosmetik
Transport und Verkehr
Auswahl der drei
wichtigsten
Anwendungsfelder
Chemie/Werkstoffe und Verfahrenstechnik
Umwelt (inkl. Recycling)
Energie (-versorgung)
Maschinenbau
Messtechnik
Baugewerbe
Lebensmittel / -verarbeitung
Weiße und braune Ware
andere, welche: _________________________
22. Welche Funktionen sind bei diesen 3 Anwendungfeldern (gemäß vergebener Reihenfolge in
Frage 21) für Ihre nanotechnologischen Produkte von Bedeutung? (Mehrfachnennungen für
jedes Feld möglich)
Feld 1
Feld 2
Feld 3
Analytik / Diagnose
Medizinische Therapie / Diagnose
Oberflächenfunktionalisierung
Displays
Energiewandlung
Fertigungsequipment
Nano-biologische Funktionen
Datenverarbeitung und –speicherung
Datenübertragung (Telematik)
Materialseparation
Sensorik
Aktorik
Materialdosierung
Optische Effekte
Filterung von Fluiden oder Gasen
Schutz (gg. Korrosion, Schmutz etc.)
Verbesserte Werkstoffeigenschaften
Strukturerzeugung
Design / Mode / Ästhetik
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
Andere, welche: ___________________
‰
‰
‰
___________________
‰
‰
‰
___________________
‰
‰
‰
Möglich Funktionen
Fragebogen Nummer 151
6/8
23. Welche Technologien nutzen Sie zur Realisierung Ihrer nanotechnologischen Produkte in
den von Ihnen unter Frage 21 angegebenen 3 Anwendungsfeldern? (Mehrfachnennungen für
jedes Feld möglich)
Feld 1
Feld 2
Feld 3
Molecular engineering
Biological engineering
Ultra-precision engineering
Separation / filtration methods
Sol-gel processing
Powder processing
Catalysis
Thin film deposition methods
Optical lithography
Particle beam lithography
Nanoprint/-imprint
Microscopy
Metrology
Other Analytical Methods
Modelling and Simulation
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
Andere, welche: _____________________
‰
‰
‰
_____________________
‰
‰
‰
Mögliche Technologien
Self assembly
24. Welche auf Nanotechnologie basierenden Produkte / Prozesse sind in den von Ihnen in
Frage 21 benannten Anwendungsfeldern bereits heute oder zukünftig von großer
wirtschaftlicher Bedeutung? (Mehrfachnennungen möglich)
Produkt/Prozess:
in Anwendungsfeld 1
_________________________
_________________________
_________________________
in Anwendungsfeld 2
_________________________
_________________________
_________________________
in Anwendungsfeld 3
_________________________
_________________________
_________________________
von wirtschaftlicher Bedeutung
Heute
bis 2006
ab 2006
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
Produkt/Prozess:
Produkt/Prozess:
IV. Die folgenden Fragen (25-29) beziehen sich ausschließlich auf das von
Ihnen mit Rangfolge 1 ausgewählte Anwendungsfeld aus Frage 21
25. Welche Schritte haben Sie bereits unternommen, um das Anwendungsfeld 1 mit Hilfe der
Nanotechnologie nutzen zu können?
Tätigung von Sachinvestitionen
‰
Kontaktaufnahme zu Kooperationspartnern
‰
Know-how-Erwerb durch Kauf von Eigentumsrechten
‰
Know-how-Erwerb durch Forschungs- und Kooperationsprojekte
‰
Bereitstellung von Forschungspersonal
‰
Aufbau eines internationalen Vertriebsnetzes
‰
Fragebogen Nummer 151
7/8
26. In welcher Phase befinden sich Ihre Arbeiten an dem Anwendungsfeld 1 zur Zeit?
‰ Forschung
‰ Entwicklung
‰ Prototyp
‰ Produkt
‰ Patent
27. Wie schätzen Sie den weltweiten Absatzmarkt für das von Ihnen angegebene
chancenreichste Produkt in 2006 ein?
Bitte benennen Sie dieses Produkt nochmals (vgl. Frage 24): _______________________
Die Größe des Weltmarktes schätze ich auf
‰ weniger als 50 Mio. €
‰ 50 – 250 Mio. €
‰ 250 - 500 Mio. €
‰ 500 – 1000 Mio. €
‰ mehr als 1000 Mio. € und zwar ___________ Mio. €
Den Anteil Deutschlands am Weltmarkt für dieses Produkt schätze ich 2006 auf
‰ weniger als 1 %
‰ 1 – 10 %
‰ 11 – 25 %
‰ über 25 %
Den Anteil unseres Unternehmens am Weltmarkt für dieses Produkt schätze ich
2006 auf
‰ weniger als 1 %
‰ 1 – 10 %
‰ 11 – 25 %
‰ über 25 %
28. Worauf basieren Ihre Markteinschätzungen? (Mehrfachnennungen möglich)
Eigene Marktrecherche
Kundenbefragungen
Marktstudien
Presseinformationen
Aussagen der Konkurrenz
‰
‰
‰
‰
‰
Sonstige ____________________________
‰
29. Welche wesentlichen Hürden sehen Sie bezüglich der Entwicklung des Anwendungsfeldes 1 und der Ausschöpfung des Marktpotentials? (Mehrfachnennung möglich)
unwichtig
wichtig
1
2
3
4
5
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
Fehlende Marktinformation
(Erkennung kommerzieller Anwendungsfelder)
‰
‰
‰
‰
‰
Hohe Investitionskosten
Mangel an Finanzierungsquellen
Mangel an geeignetem Fachpersonal
Gesetzgebung / Regulierung
Fehlende technologische Informationen
‰
‰
‰
‰
‰
Fehlende Fördermittel entlang der gesamten
Wertschöpfungskette
Mangelnde Verfügbarkeit kompetenter
regionaler Kooperationspartner
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
Unterdurchschnittliches Markpotential in Deutschland
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
‰
Sonstiges _________________________________
Bisher sind keine ernsthaften Probleme aufgetreten
Vielen Dank für Ihre Mitwirkung!
Fragebogen Nummer 151
8/8
Teilnehmer am Workshop "Wirtschaftliches Potenzial der Nanotechnologie im Bereich Chemie",
27.06.2003, Berlin
Jürgen
Ilgner
Deutsche Bank AG
Innovationsteam Mikrotechn.
Innovationsteam Mikrotechn.
Dr.
Matthias Werner
Deutsche Bank AG
Georg L. Zerbach
WGZ-Bank-Gruppe
Nanotechnologieprojekte
Dr.
Stephan Altmann
BASF AG
Innovation Chemicals&Polymers
Dr.
Martin
Vollmer
Bayer AG
Neue Technologien
Dr.
Werner
Grünwald
Robert Bosch GmbH
Semiconductor GmbH
Dr.
Hermann Schenk
Covion Organic
Dr.
Norbert Kern
Degussa AG
Creavis Technologies & Innov.
CTO
Joachim Kloeser
EKRA GmbH
Röntgen-EUV-Optik
Dr.
Andreas Leson
Fraunhofer IWS
Leiter Forschung Festkörper-u.
Oberflächenchemie
Dr.
Peter
Christophliemk Henkel KGaA
Prof. Dr. Thomas Heimer
Hochschule für Bankwirtschaft
Speichersysteme GmbH, Materiallabor
Dr.
Heinz
Hilgers
IBM Deutschland
Dr.
M.
Mennig
Institut für Neue Materialien GmbH
Dr.
Matthias Ramm
Mitsui & Co. Deutschland GmbH
Dr.
Stephan Haubold
Nanosolutions GmbH
Dr.
Thomas Engelhardt
Süd-Chemie AG, FuE
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Prof. Dr.
Bernd
Matthias
Norbert
Carsten
Thomas
Volkmar
Petra
Wolfgang
Johann
Rüdiger
Klaus-Friedrich
Carsten
Meyer
Werner
Kaiser
Marheine
Heimer
Boerner
Hennig
Vollrath
Zänkert
Klam
Beckstette
Mitze
NSC-Nanosemiconductor GmbH
Deutsche Bank AG
Fraunhofer-Institut f. Angewandte Optik u. Feinmechanik
Harting Elektrooptische Bauelemente GmbH
Hochschule für Bankwirtschaft
holotools GmbH
Jenoptik Laserdiode GmbH
Leica Microsystems Semiconductor GmbH
LINOS AG
OSRAM GmbH
Carl Zeiss
Carl Zeiss Semiconductor Manufacturing Technologies AG
Teilnehmer am Workshop Wirtschaftliches Potenzial der Nanotechnologie im Bereich Optik,
27.10.2003, Frankfurt
Leiter F & E
Leiter Technologiezentrum
Entwicklung
Entwicklung MEL
Innovationsteam Mikrotechn.
Optische Schichten
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Andreas
Matthias
Rolf
Ulf
Bernhard
Axel
Peter
Markus
Peter
Werner
Wolfgang
Gerd
Dirk
Leson
Werner
Ostertag
König
Sepeur-Zeitz
Ebenau
Hutmann
Pridöhl
Dahlmann
Grünwald
Luther
Bachmann
Holtmannspötter
Fraunhofer-IWS
Deutsche Bank AG
DaimlerChrysler
DaimlerChrysler
Volkswagen AG
BASF AG
BMW AG
Degussa
ThyssenKrupp AG
Robert Bosch GmbH
VDI Technologiezentrum
VDI Technologiezentrum
VDI Technologiezentrum
Teilnehmer am Workshop "Wirtschaftliches Potenzial der Nanotechnologie im Bereich Automobil
19.11.2003, Dresden
Neue Technologien
Zukünftige Technologien Consulting
Zukünftige Technologien Consulting
Zukünftige Technologien Consulting
Röntgen-EUV-Optik
Innovationsteam Mikrotechnologie
Research Funktionswerkstoffe
Forschung und Technik
Konzernforschung, Umwelt und Verkehr
Future Business GmbH
Leiter Metalle und Wärmebehandlung
Prozessentw. Pyrogene Oxide
BMBF-Studie: „Das wirtschaftliche Potential der Nanotechnologie“
Erläuterung der Schätzung von Umsatz und Beschäftigung
(5)
GK 3
(5)
GK 4
(5)
GK 5
(n=11)
(n=11)
(n=10)
(n=9)
Gesamtumsatz der Nanotechnologie für die Gesamtstichprobe (n=167)
(n=34)
(5)
GK 6
Direkt und indirekt abgeleitete Umsätze der Nanotechnologie
(5)
GK 2
(5)
(6)
(n=9)
GK 7
Schätzung = Gesamtumsatz der Nanotechnologie korrigiert um Mehrfacherfassungen (n=167)
(n=72)
(5)
GK 1
(4)
Direkt abgeleitete Umsätze der Nanotechnologie (n=58)
(3)
Erhobene und ergänzte Umsätze für 2002 (n=121)
(2)
Direkt erhobene Umsätze für 2002 (n=66)
(1)
Nanotechnologieunternehmen der Gesamtstichprobe (n=167)
Ermittlung des Nanotechnologie-Umsatzes für die
Gesamtstichprobe (Tab. 7.5)
GK 3
GK 4
GK 5
GK 6
(n=11)
(n=11)
(n=10)
(n=9)
Beschäftigte in der Nanotechnologie in D für die Gesamtstichprobe (n=167)
(n=34)
(5)
(5)
(5)
(5)
(5)
Direkt und indirekt abgeleitete Beschäftigte in der Nanotechnologie
GK 2
(6)
(5)
(7)
Beschäftigte in der
Nanotechnologie in
Deutschland (n=20)
GK 7
Schätzung = Beschäftigte in der Nanotechnologie in D korrigiert um Mehrfacherfassungen (n=167)
(n=72)
(5)
GK 1
(4)
Direkt abgeleitete Beschäftigte in der Nanotechnologie (n=66)
(3)
(2)
Erhobene und ergänzte Mitarbeiterzahlen für 2002 (n=146)
Direkt erhobene Mitarbeiterzahlen für 2002 (n=138)
(1)
Nanotechnologieunternehmen der Gesamtstichprobe (n=167)
Ermittlung der durch Nanotechnologie Beschäftigten in der
Gesamtstichprobe (Tab. 7.5)
(4)
=
x
Umsatzanteil
der Nanotechnologie
im eigenen Unternehmen*
* gemäß eigener Einschätzung im Fragebogen (V 11)
Umsätze 2002 (Ges.)
Für die Abschätzung des MA-Anteil der Nanotechnologie wurde die Umsatzeinschätzung der befragten
Unternehmen für das Jahr 2001 zugrundegelegt und direkt mit der Mitarbeiterzahl (zum Teil basierend auf
den Angaben der befragten Unternehmen) korreliert.
Umsätze 2002 (NT)
Umsätze in der Nanotechnologie (NT) für 2002 wurden wie folgt ermittelt:
(3)
Markus-Datenbank der Creditreform (für nicht-börsennotierte Unternehmen)
–
Nicht verfügbare Umsätze und MA-Zahlen für 2002 wurden auf Basis vorhandener Daten für 2001 (in
unveränderter Höhe) ergänzt.
Geschäftsberichte (für börsennotierte Unternehmen)
–
Umsatz und Mitarbeiterzahlen wurden für die Jahre 2000, 2001 und 2002 aus folgenden Quellen erhoben:
(2)
(1)
Prämissen der Modellrechnung (I)
+
MA 2002 (GK 7)
x
Beschäftigungsanteil in D
Für Unternehmen der Größenklassen bis 5.000 Mitarbeitern wurde davon ausgegangen, dass sämtliche
Nanotechnologieaktivitäten in diesen Unternehmen in Deutschland stattfinden.
(7)
MA 2002 (GK 1-6)
Für Unternehmen mit mehr als 5.000 Mitarbeitern (GK 7) wurde zusätzlich der Anteil der Mitarbeiter in
Deutschland berücksichtigt und auf die im Unternehmen geschätzten Beschäftigten in der
Nanotechnologie übertragen. Die Zahl der in Deutschland beschäftigten Mitarbeiter konnte bei diesen
Unternehmen aus Geschäftsberichten und anderen Veröffentlichungen entnommen werden.
(6)
=
Bei fehlenden Umsatz- bzw. Beschäftigtenzahlen wurden Umsatz und Beschäftigten- bzw.
Nanotechnologieanteil auf Basis der Mittelwerte innerhalb der jeweiligen Größenklassen geschätzt.
(5)
MA 2002 (NT in D)
Zur Senkung des statistischen Fehlers wurde für die Schätzung fehlender Umsatz- und Mitarbeiterzahlen
die Stichprobe in 7 Größenklassen (GK) aufgeteilt.
(4)
Prämissen der Modellrechnung (II)