20160508_Bolivia_Der Schatz im Salzsee
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70 Reisen Der Internaut Nie mehr Karacho 8. Mai 2016 | sonntagszeitung.ch Einer der grössten Salzseen der Welt: Salar de Uyuni Foto: Getty Images Edi hatte definitiv eine soziale Ader. Als ich bei ihm mein erstes Mountainbike erstand, lud er mich spontan ein. Auf eine Ausfahrt mit seinen Jungs. Ich ging mit. Und erlebte – im nur schwach alpinen Zürcher Unterland – ein doppeltes Stahlbad. Schon der hurtige Aufstieg brachte mich zum Japsen. Das hatte ich erwartet. Nicht aber, dass die Abfahrt noch schlimmer werden würde: «Karacho!», riefen die Jungs und rasten in einer Art talwärts, die mich um Leib, Leben und Handgelenke fürchten liess. Wo ich vor Wurzeln und Bäumen bremste, drehten Edi und seine Downhill-Berserker erst richtig auf. Nach Edis Höllentrip kurvte ich zum nächsten Landgasthof und feierte mein Überleben mit Vivi Kola, Bassersdorfer Schüblig, Kartoffelsalat und Zürcher Landwein. Heute ist mir klar, dass das bedeutend mehr war als ein Kalorien-Festival. Es war ein sportliches Statement. Wie schreiben doch die Bike-Einordner zur dritten Gattungsart des «Tour»Typen: «Du suchst das einzigartige MTB-Erlebnis. Dazu gehört für dich aber auch das Kennenlernen der lokalen Kultur und das Geniessen regionaler Spezialitäten.» Passt perfekt. Am hübsch gedeckten Tisch gebe ich alleweil Karacho. Andreas Güntert, der Reise-Autor lotet das Internet aus internaut@sonntagszeitung.ch Weekend in der Bäderstadt Baden AG lanciert attraktives Arrangement City-Ticket: Casino-Besuch inklusive Römische Badekultur, eine Führung durchs Städtchen, ein romantisches Abendessen oder ein sommerliches Picknick im Park: Rechtzeitig auf den Muttertag hin stellt die Tourismusbranche von Baden AG ein attraktives Weekend-Package vor. Im Arrangement, das ab 109 Franken pro Person kostet, sind die Übernachtung mit Frühstück in einem Badener Hotel, ein Programm-Modul aus den Bereichen Kultur, Wellness oder Genuss sowie die Leistungen des Badener Citytickets inbegriffen. Unter Letzteres fallen die Benutzung des ÖV auf dem Stadtnetz, eine Stadtführung und der Eintritt ins Casino oder in ein Museum. Das Package ist für Familien oder Kleingruppen bis zu sechs Personen ab sofort buchbar auf der Plattform, www.weekend.baden.ch. Je nach Verfügbarkeit ist auch ein Aufenthalt unter der Woche möglich. Hinter der Initiative, die das Aargauer Städtchen als Nahziel lancieren soll, stehen die Destination Baden und die IG Badener Hotels. In die Module integriert werden jeweils die aktuellen Kulturanlässe und Events in der malerischen Bäderstadt. Das Package kann auch als Gutschein gekauft und zu Hause ausgedruckt werden. Christoph Ammann Der Schatz im Salzsee Im bolivianischen Hochland inszeniert die Natur ein farbenprächtiges Spektakel. Protagonisten sind Flamingos und ein Nationalheld Samuel Reber Mit breitem Grinsen deutet der chilenische Fahrer auf einen rostigen Schlagbaum und ein grob verputztes Häuschen. «Now Africa», sagt er. Lädt uns aus und donnert in seinem Mercedes-Bus zurück nach San Pedro de Atacama. Ein lustiger Kerl, der in einem irren Sprachmix von seiner jungen Ehefrau schwärmte, Witze riss und Lieder sang. Die Nachbarn, die Bolivianer, sind für ihn rückständig, Afrikaner eben. Vergnügt schilderte er, wie Chile im Salpeterkrieg 1879 nicht nur die Atacama-Wüste erobert, sondern Bolivien auch den einzigen Zugang zum Meer geraubt hatte. Auf der anderen Seite des Schlagbaums findet man das weniger lustig. Die alte Wunde schwärt bei den Verlierern immer noch. Doch es kommt Hoffnung auf: Am Internationalen Gerichtshof von Den Haag hat Bolivien vor drei Jahren Klage eingereicht und von Chile einen Zugang zum Pazifischen Ozean gefordert. «2016 kommt es zu den entscheidenden Verhandlungen», sagt Reiseleiter Rogelio, nachdem wir auf 4000 Meter über Meer den Grenzübergang Hito Cajon passiert haben. Sein Land müsse Milliarden Dollar Exportsteuern an die Nachbarn bezahlen, um Güter verschiffen zu können. Farbige Lagunen, ein aktiver Vulkan und heisse Quellen Gleich hinter dem Grenzhäuschen biegen wir in den Anden-Nationalpark Eduardo Abaroa ein. Am Steuer des Jeeps sitzt ein sehr schweigsamer Fahrer. Abaroa ist ein Held aus dem Salpeterkrieg, der mit einem Häufchen Bolivianer auf einer Brücke gegen die überlegenen Chilenen kämpfte. Am Schluss stand nur noch er, war umzingelt und wurde aufgefordert, sich zu ergeben. Er antwortete: «Ich, mich ergeben? Soll sich doch, verdammt noch mal, Ihre Grossmutter ergeben!» So jedenfalls erzählt es Rogelio. Und schmunzelt. Am Schlagbaum endeten Asphaltstrasse und Handynetz. Es beginnen 7000 Quadratkilometer Nationalpark mit Wüsten, farbigen Lagunen, einem aktiven Vulkan, Geysiren und heissen Quellen. Man ist in Höhenlagen von fast 5000 Meter über Meer unterwegs. Es empfiehlt sich, bedächtig zu laufen, sonst rast das Herz und schmerzt der Kopf. Dutzende von Jeeps flitzen durch den Park, ohne kundige Fahrer kommt man erst gar nicht rein. Die Pisten sind stellenweise sehr holprig, die Autos werden zu wahren Schüttelkisten. An den wenigen und sehr einfachen Verpflegungsstationen stellen wir fest: Hier tummeln sich vor allem jüngere Rucksacktouristen. Einige liegen in den Thermalquellen und pflegen ihr Sitzfleisch. Im Nationalpark zu Ehren des unverfrorenen Kriegshelden faszinieren die 60 Quadratkilometer grosse Laguna Colorada, die dank eines Gemischs von Algen und Mineralien in verschiedenen Rottönen leuchtet. Da das Sonnenlicht im wüstenähnlichen Reservat hell und intensiv ist, schillert das Wasser in beeindruckenden Farbkombinationen. Hunderte von Flamingos bereichern das Bild. Nach einer Stunde Fahrt zeigt Rogelio als weiteres Highlight die Salvador-Dalí-Wüste. Auf Dünen liegen in gleissendem Sonnenlicht schwarze Monolithen, arrangiert und gemalt wie von der Hand des spanischen Meisters. Ähnlich surreal wirkt später in der Siloli-Wüste der Árbol de Piedra, eine sieben Meter hohe, vom Wüstenwind geschliffene Gesteinsformation, die an einen Baum erinnert. Eines der grössten Lithium-Vorkommen der Welt Die Nacht verbringen wir im Hotel Tayka del Desierto. Dank der breiten Glasfront wirkt das einstöckige Gebäude futuristisch. Hinter den riesigen Fenstern gibt es im Speisesaal einen Coca-Tee: Anlass, um mit Rogelio über diese vermaledeite Pflanze zu diskutieren, die für Bolivien ein wichtiges Kulturerbe ist, aber auch viele Probleme bringt – mit den Drogenlabors im Dschungel und dem Bann des Produktes, selbst des Tees, durch das Ausland. Hier ticken die Uhren anders. Bolivien, so erfahren wir, kämpft mit der Etablierung von Errungenschaften, die für uns selbstverständlich sind, etwa Mehrwertsteuer oder Arbeitsverträge. Nur 15 Prozent der werktätigen Bevölkerung haben einen Vertrag. Weniger als die Hälfte der Bevölkerung ist versichert. Kein Spital in Bolivien verfügt über einen Helikopter. Die Reise in den Nationalpark Flüge Ab Zürich nach La Paz mit Iberia über Madrid oder KLM über Amsterdam und jeweils einem weiteren Stopp nach La Paz. Inlandflug Von La Paz nach Uyuni Reiseveranstalter Latino Travel führt ein grosses Südamerika-Programm, darunter auch Chile und Bolivien, Tel 062 834 71 21, www.latinotravel.ch Arrangement Der 3-tägige Ausflug zum Salar de Uyuni kostet bei Latino Travel ab 2360 Franken p. P. im DZ, inkl. Inlandflüge, Transfers, Guide, je eine Übernachtung im Salzhotel und Zelt, VP. Nationalpark Eduardo Abaroa Lagunen, Wüstenlandschaften, heisse Quellen und bizarre Gipfel in Höhenlagen über 4000 m. Anfahrt auch über die chilenische Atacama-Wüste möglich. Beste Reisezeit April–November. Allg. Infos www.bolivia.travel 50 km SoZ mav Salzsee von Uyuni BOLIVIEN Árbol de Piedra Laguna Colorada CHILE Nationalpark Eduardo Abaroa San Pedro de Atacama Hito Cajon ARGENTINIEN Was ich seither weiss: Nie mehr Karacho! Was ich mich frage: In welche MTB-Kreisliga gehöre ich? Man sollte sich selber richtig einschätzen können, wenn man eine neue Tour befährt oder sich in eine Gruppe einordnet. In dieser Hinsicht gefällt mir, wie Schweizer Ferienwerber vermehrt auf Details bei MTB-Touren hinweisen. Die Bündner etwa zeigen unter www.herbert.bike/touren, welches Mass an Fahrtechnik und Kondition pro Ausritt abverlangt wird. Wer sich grundsätzlich in eine Typologie einordnen möchte, wird neuerdings unter soz.li/a8H3 gut bedient. Hier werden drei Typen gezeigt und danach passende Touren empfohlen. So hat der Menschenschlag «Enduro» vor allem Spass an der Abfahrt – was für mich nach zu viel Karacho tönt. Biker vom Typ «All Mountain» treten kräftigst in die Pedale – klingt mir nach zu viel Hatz beim Aufstieg. Immerhin, Bolivien verfügt über einen immensen Schatz, auf dem wir am nächsten Tag stehen: der meist trockene Salzsee von Uyuni, mit 12 000 Quadratkilometern einer der grössten der Welt. In gleissendem Sonnenlicht rollt unser Jeep auf die riesige weisse Fläche. Wir steigen aus, laufen über die knirschenden Kristalle und staunen. Die zweite Nacht auf dem Salar de Uyuni werden wir nie vergessen. Wir schlafen in einem silberfarbenen Airstream-Camper, der aus den USA importiert worden ist. Heidi, Isaac und Casimiro empfangen die Gäste. Sie bescheren uns einen luxuriösen Aufenthalt mit fürstlicher Bewirtung. Beim Sonnenuntergang radeln wir per Mountainbike einen Kilometer auf der knirschenden Kruste ins Zentrum des Salzsees zu den besten Positionen für Foto- und Filmaufnahmen. Das Naturschauspiel, welches das Rot der sinkenden Sonne und das Weiss des Salars kombiniert, ist beeindruckend. In der Nacht regnet es leicht, am Morgen bedecken drei Zentimeter Wasser die Oberfläche. Der nasse Film löst am Horizont die Grenze zwischen Himmel und Erde auf, es kommt zu einem Spiegeleffekt, dem «Mirador». Der Salar de Uyuni ist aber nicht nur ein touristischer Schatz. Er könnte Bolivien auch von einem der ärmsten Länder Südamerikas zu einem der reichsten machen. Denn hier liegt eines der grössten Lithium-Vorkommen der Welt. Lithium wird in Batterien von Elektroautos eingesetzt. Es ist ein wahrer Lithiumrausch ausgebrochen. Gesandte von Konzernen stehen bei der Regierung Morales in La Paz Schlange, um bei diesem Geschäft der Zukunft dabei zu sein. Bolivien selber verfügt nicht über das nötige Know-how für die Förderung. Gleichzeitig herrscht die Angst vor, einmal mehr ausgebeutet zu werden. Es bleibt die Hoffnung auf eine faire Allianz und ewige Schönheit des Salars auch im Lithiumrausch. Und die Bolivianer hoffen, dass die Chilenen beim Grenzübertritt künftig nicht mehr naserümpfend über Afrika lästern. Die Reise wurde unterstützt von Latino Travel