Bohrlochabweichung und Bohrlochvermessung

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Bohrlochabweichung und Bohrlochvermessung
Bohrlochabweichung und
Bohrlochvermessung
Dipl.-Ing. Henry Knitsch
GeTec Ingenieurgesellschaft mbH,
Offenbach
Dipl.-Ing. Paul Pandrea
GeTec Ingenieurgesellschaft mbH,
Offenbach
Überreicht durch
GeTec Ingenieurgesellschaft
für Informations- und
Planungstechnologie mbH
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Vortrag anlässlich 15. Darmstädter
Geotechnik-Kolloquium am 13. März 2008
www.getec-ac.de
Fachaufsatz GT 08-19 D
Bohrlochabweichung und
Bohrlochvermessung
Dipl.-Ing. Henry Knitsch
GeTec Ingenieurgesellschaft mbH, Rhein-Main
Dipl.-Ing. Paul Pandrea
GeTec Ingenieurgesellschaft mbH, Rhein-Main
1
Warum müssen Bohrungen vermessen werden?
Die überwiegende Mehrheit aller Verfahren in der Geotechnik setzt voraus, dass Bohrungen
in den Untergrund abgeteuft werden. Mit der stetigen Ausweitung der Anwendungsgrenzen
der Verfahren steigt auch die Länge der Bohrungen an. Ankerlängen von über 40 m, Injektionsbohrungen von über 70 m und Dichtsohlen in über 30 m Tiefe werden heute bereits ausgeführt. Projektplanungen, die noch größere Bohrlängen erforderlich machen, liegen vor. Für
den Erfolg und die Qualität der in und aus diesen Bohrungen heraus hergestellten Produkte
spielt die Lagegenauigkeit der Bohrungen dabei eine nicht zu unterschätzende Rolle. Die zugesicherte Qualität des Produktes lässt sich bei zu großen Abweichungen nicht realisieren
oder es können Schäden auftreten.
Keine reale Bohrung folgt exakt ihrem vorgegebenen Verlauf. Folgende Gründe können zu
der Abweichung führen:
• Der Bohransatzpunkt wurde in den x-y-Koordinaten nicht exakt angefahren
• Die Ausrichtung der Lafette entspricht nicht dem vorgesehenen Bohrvektor
• Hindernisse im Baugrund
• Verformungen im Bohrgestänge
• Unsymmetrisch gewordene Bohrkronen (z.B. durch Abnutzung)
• Bei geneigten Bohrungen das ungünstige Zusammenspiel aus Biegesteifigkeit
des Gestänges, Ringraum um das Gestänge, Schwerkraft, Bohrandruck und
Bohrspülung.
Größenordnungen von 1 % bis 2 % sind dabei auch unter günstigen Bedingungen und bei
sorgfältiger Ausführung realistische Werte und führen bei einer Bohrstrecke von z.B. 100 m
zu Abweichungen von 1 bis 2 m.
Bild 1
Bohrlochabweichungen von 1%, 1,5% und 2% in Abhängigkeit der
Bohrtiefe
Im Folgenden soll an Hand einiger Verfahren erläutert werden, wie kritisch Abweichungen
sein können.
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Auswirkungen der Bohrlochabweichung für einzelne Verfahren
2.1
Hebungsinjektion
Die Hebungsinjektion (auch als Kompensations-Injektion, Compensation Grouting, Soilfrac®,
etc. bezeichnet) hat sich unter anderem zur Sicherung von Bauwerken im Bereich der Setzungsmulde von Tunnelvortriebsstrecken zu einem Standartverfahren entwickelt. Dazu wird
zunächst ein Fächer von Stahlmanschettenrohren, in der Regel von einem Schacht aus, unter
das zu sichernde Bauwerk eingebaut. Über diese Manschettenrohre wird dann mit einer
mehrstufigen Injektion zunächst der Kraftschluss zum Bauwerk hergestellt, so dass dann im
Folgenden während des Tunnelvortriebes durch weitere Injektionen die auftretenden Setzungen kompensiert und ggf. im Nachgang die Verformungen auf ein vorgegebenes Maß eingestellt werden können.
2
Um den beabsichtigten Effekt überhaupt erzielen zu können, müssen die Manschettenrohre
eine bestimmte Lage relativ zum zu sichernden Bauteil bzw. Bauwerk haben. Diese Lage muss
bekannt sein, um die Injektion zielgerichtet steuern zu können.
Bild 2
Wirkungsweise der Hebungsinjektion
Die Beschädigung von Bauteilen oder Bauwerken durch abweichende Bohrungen muss verhindert werden ebenso wie der Verbleib von Manschettenrohren im vorgesehen Ausbruchsquerschnitt der Tunnelbohrmaschine, wo dadurch regelmäßig ein Stillstand des Vortriebs mit
einer aufwändigen und mit Risiken verbundenen Bergung dieses Hindernisses aus dem Vortrieb heraus verursacht werden. Eine lückenlose Bohrlochvermessung ist daher für die Ausführung einer Hebungsinjektion unerlässlich.
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Bild 3
2.2
Abgewichenes Bohrgestänge im Keller eines zu sichernden Wohnhauses
Anker und Nägel
Anker und Nägel sind bereits seit langem ein Massenprodukt mit klaren Regelungen für Zulassungs-, Eignungs- und Abnahmeprüfungen. Da Bohrabweichungen die Funktionsfähigkeit im
Normalfall nicht beeinträchtigen, wird die Bohrlochvermessung als Anforderung dabei in der
Regel nicht gestellt.
In den Sonderfällen etwa der Sicherung einer einspringenden Baugrubenecke, der Verankerung eines Fangedammes oder der Rückverankerung im Bereich von anderen Bauteilen ergeben sich aus sich kreuzenden Ankerachsen oder Schnitten mit vorhandenen Objekten mögliche Kollisionspunkte, die bei Berücksichtigung der zu erwartenden Bohrlochabweichungen
nicht allein durch eine eingehende Kollisionsprüfung im Stadium der Ausführungsplanung beherrscht werden können. Eine sichere Ausführung, d.h. ohne Ausfall von zerstörten Ankern
oder Beschädigung von vorhandenen Bauteilen, kann nur unter Einsatz einer zuverlässigen
3D-Bohrlochvermessung als Grundlage einer adaptiven Planung erreicht werden.
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Bild 4
2.3
Einspringende Ecke in einer Baugrube mit sich kreuzenden Ankern
Bodenvereisung
Vereisungskörper im Baugrund erfüllen zwei Funktionen gleichzeitig. Sie sichern aufzufahrende Hohlräume im Untergrund wie Vortriebsstollen oder Querverbindungsstollen zwischen
Tunnelröhren sowohl statisch gegen die auftretenden Beanspruchungen aus Erddruck und
Belastung als auch hydraulisch als Dichtung gegen anstehendes Grundwasser. Für die statische
Funktion sind selbst größere sichtbare Fehlstellten auf Grund der eingeplanten Reserven
meist nicht von Bedeutung. Die Dichtigkeit jedoch kann bereits durch eine einzige kleinere
Fehlstelle zunichte gemacht werden.
Auf Grund der steilen Temperaturgradienten um die Injektionslanzen herum ist es für die
Beurteilung der Dichtigkeit unerlässlich, ihre exakte Ist-Lage zu kennen.
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Bild 5
Temperaturen im Bereich von Gefrierlanzen
Das gleiche gilt für die zur Überwachung des Eiskörpers vorgesehenen Messbohrungen; ohne
deren genaue Lage lassen sich die gewonnenen Temperaturmesswerte nicht zuverlässig interpretieren.
2.4
Düsenstrahlverfahren
Düsenstrahlkörper erfüllen in vielen Fällen sowohl statische als auch abdichtende Funktionen
und bezüglich der Auswirkung von Fehlstellen gelten die gleichen Aussagen wie bei der Vereisung.
Die ungünstige Auswirkung von Bohrlochabweichungen erschließt sich bei einer graphischen
Auswertung der Säulenlage unter Ansatz einer Bohrabweichung von 1,5 % bei einer Sohle in
30 m Tiefe. Wie man erkennen kann, besteht das Risiko der Bildung von Lücken in der Sohle
zum einen durch nicht mehr vom Düsenstrahl erreichten Boden und zum anderen durch
Verschattungen bei Einstich des Düsenträgers in bereits hergestellte und erhärtete Säulen.
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Bild 6
Auswirkungen von Bohrlochabweichungen bei Düsenstrahlarbeiten
Bild 7
Ist-Aufnahme einer Düsenstrahlsohle
Die Bohrlochvermessung ist ein wesentlicher Bestandteil für die Abschätzung der zu erwartenden Bohrlochabweichung, die dann wieder in den Entwurf des Rasters und des Säulendurchmessers eingeht. Mit einer lückenlosen Bohrlochvermessung als Teil der Qualitätssicherung kann sogar die Ausführung optimiert und der Nachweis der Dichtigkeit geführt werden.
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Anforderungen an Bohrlochvermessungssysteme
Aus den oben angestellten exemplarischen Überlegungen zu einzelnen Verfahren des Spezialtiefbaus ergibt sich, dass für viele Produkte die genaue Kenntnis des Bohrlochverlaufs als
Grundlage einer adaptiven Ausführungsplanung unerlässlich ist, um die angestrebten Produkteigenschaften zu erreichen. Die Bohrlochvermessung muss als eigenständiger Arbeitsgang
integraler Bestandteil des Produktionsprozesses sein. Zur Beurteilung dieses Arbeitsgangs
und für die Auswahl des geeigneten Messgerätes sind folgende Kriterien heranzuziehen:
Genauigkeit
Messgeschwindigkeit
Handhabung
Verfügbarkeit der
Messwerte
Datenkommunikation
Graphische Visualisierung
Tabelle 1
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Um Messwerte zuverlässig interpretieren zu können, müssen diese
eine ausreichende Genauigkeit haben. Diese sollte mindestens eine
Größenordnung besser sein, als die geforderte Toleranz bei den Bohrabweichen. D.h. bei einer zulässigen Abweichung von ±1 % muss mit
einer Genauigkeit von mindestens ±1 ‰ gemessen werden.
Eine hohe Messgeschwindigkeit ist nicht nur aus wirtschaftlichen
Gründen anzustreben. Bei vielen Verfahren gibt es auch aus technischen Gründen nur ein begrenztes Zeitfenster, um Messungen durchzuführen.
Eine einfache und fehlertolerante Handhabung des Messgerätes beugt
Fehlern bei der Durchführung der Messungen vor.
In vielen Fällen müssen die Messwerte schnell verfügbar sein. Es sind
daher Messsystem vorzuziehen, die bereits am Bohrloch z.B. über einen PDA eine Auswertung der Rohdaten, am Besten sogar graphisch,
ermöglichen.
Die Messwerte müssen zur Archivierung und weiteren Auswertung
über übliche Schnittstellen (Infrarot, Bluetooth, USB, etc.) auf PC und
Server-Systeme übertragbar sein. Dabei ist einer automatisierten Datenübertragung zur Vorbeugung von Fehlern der Vorzug zu geben.
Es müssen leistungsfähige Software-Tools vorhanden sein, um neben
einer reinen tabellarischen Auswertung eine Visualisierung der Ergebnisse (am besten ebenfalls automatisiert) zu ermöglichen. In die Visualisierung müssen darüber hinaus mit z.B. Ampelsteuerungen oder Farbcodes bereits Aussagen über die gemessenen Abweichungen enthalten
sein.
Kriterien zur Beurteilung von Bohrlochvermessungsverfahren
Messprinzipien
Alle Messungen dienen der Darstellung des Bohrlochverlaufs in einem globalen oder lokalen
Koordinatensystem, ohne das unterschiedliche Messungen nicht zugeordnet werden können.
Dabei können mit bestimmten Messprinzipien nur bestimmte Richtungen erfasst werden, so
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dass ggf. für eine vollständige räumliche Vermessung mehrere Messprinzipien in Form mehrerer Messgeräte eingesetzt werden müssen.
Bild 8
4.1
Koordinatensystem für die Angabe von Bohrlochkoordinaten
Neigungssensoren
Der Einsatz von Neigungssensoren ist die älteste Methode zur Bestimmung des Bohrlochverlaufs. Dafür werden in heutigen Sensoren meist kapazitive Flüssigkeits-Neigungs-Sensoren
verbaut. Das Messprinzip beruht darauf, dass eine dielektrische Flüssigkeit als Teilfüllung zwischen den Elektroden eines Kondensators je nach ihrer relativen Neigung die Kapazität des
Kondensators ändert. Die sich ändernde Kapazität lässt sich zu einer Information über die
Neigung des Sensors zur Vertikalen umrechnen.
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Bild 9
Funktionsprinzip eines kapazitiven Flüssigkeits-Neigungssensors
Zunehmend werden auch so genannte MEMS (Micro Electro Mechanical Sensor) verwendet,
eine Kombination aus mechanischen Elementen, Sensoren, Aktoren und elektronischen
Schaltungen auf einem Substrat bzw. Chip. Der Vorteil von MEMS ist vor allem ihre kleine
Bauweise und ihr geringer Energieverbrauch.
Bild 10
Nahaufnahme eines MEMS
Vertikal- und Horizontalinklinometer unterscheiden sich dabei lediglich in der Einbaurichtung
des bzw. der Sensoren.
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Bild 11
Digitales Inklinometer mit PDA zur Steuerung
Daneben wurden für kritische Anwendungen, bei denen eine Unterbrechung für die Messung
auch technische Risiken birgt (z.B. Einsturz des Ringraums mit möglichem Gestängeverlust)
Inklinometer entwickelt, die sich in den Bohrstrang integrieren lassen.
Bild 12
Bohrinklinometer eingesetzt beim Düsenstrahlverfahren
Mit Neigungssensoren allein kann der Azimut weder absolut noch relativ gemessen werden,
es wird dazu eine Zusatzinformation über den Drehwinkel des Gerätes entweder aus einer
Zwangsführung oder weiteren Messung (z.B. Drehwinkelgeber oder Magnetometer) benötigt.
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4.2
Magnetismus
Zur Ermittlung der Lage eines Vektors im Raum lässt sich auch die Messung des (bekannten)
Erdmagnetfeldes heranziehen. Am häufigsten werden dafür auf Grund ihrer kompakten Bauweise Fluxgate-Magnetometer (auch Förster-Sonde oder Saturationskern-Magnetometer)
eingesetzt.
Bild 13
Prinzipskizze eines Fluxgate-Magnetometers und reale Umsetzung
Bei Fluxgate-Sonden werden periodisch weichmagnetische Kerne alternierend in die Sättigung
getrieben. Die Kerne sind dabei von zwei gegensinnigen Empfängerspulen umwickelt, so dass
in beiden Spulen in Abwesenheit eines Feldes sich die induzierten Spannungen aufheben. Liegt
nun ein äußeres Magnetfeld an, so erzeugt die vektorielle Komponente in Richtung der Kerne
ein resultierendes Signal in den Empfängerspulen, das proportional zum angelegten Feld ist.
Mit Fluxgate-Sonden lassen sich Magnetfelder von 0,1 nT bis 1 mT sehr genau messen.
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Bild 14
Intensität des Erdmagnetfeldes (2005)
Mit Magnetometern lassen sich relativ und absolut Neigung und Azimut bestimmen, so dass
eine 3D-Aufnahme der Bohrung möglich ist, jedoch haben geologische und künstliche magnetische Störungen (zu denen auch das Bohrgestänge gehört) erheblichen Einfluss auf die Messgenauigkeit.
4.3
Gyroskope (Kreiselsysteme)
Kreiselsysteme lassen sich als ein geschlossenes System ansehen, dessen Drehimpuls konstant
bleibt. Versucht eine äußere Kraft, die Drehachse des Kreisels zu kippen, resultiert daher ein
Drehmoment. Um den Gesamtimpuls zu bewahren, kippt die Kreiselachse senkrecht zur angreifenden Kraft. Der Effekt ist u.a. vom Spielzeugkreisel bekannt, dessen Achse durch die ihn
kippende Schwerkraft entlang eines Kegelmantels präzediert.
Daher sind am Kreisel folgende Messprinzipien möglich:
1. Die Stabilität der Kreiselachse: ein frei laufender, symmetrischer Kreisel hat das
Bestreben, die Richtung seiner Drehachse im Inertialraum beizubehalten. – Ein Bezug
der Lage ist gegeben.
2. Die Präzession: versucht eine äußere Kraft, die Achsenrichtung eines laufenden Kreisels zu ändern, so folgt die Kreiselachse nicht der Angriffsrichtung dieser Kraft, sondern weicht rechtwinklig zu ihr im Sinne der Kreiseldrehung aus. – Äußere Kraft und
Präzession stehen in direktem Zusammenhang, eine Lageänderung wird messbar.
Die zwei Gesetzmäßigkeiten sind die Grundlage aller Kreiselinstrumente: Der 1. Satz ist eine
Folge der Massenträgheit, der 2. Satz eine Folge des Drallsatzes (Satz vom Drehimpuls).
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Mit einem Gyroskop lassen sich relativ zu einer lokalen Ausgangsrichtung Neigung, und Azimut messen, so dass eine echte lokale 3D-Aufnahme der Bohrung möglich ist. Zur Realisierung dieses Messprinzips sind jedoch vergleichsweise große Mindestabmessungen erforderlich, die einen Einsatz lediglich in größeren Bohrungen erlauben.
Bild 15
4.4
Kreiselkompass für den Einsatz in der Luftfahrt
Optische Systeme
Sehr kurze Bohrungen werden auch heute noch teilweise mit Hilfe einer Totalstation und
eines beleuchteten Prismas, das in die Bohrung eingeführt wird, vermessen. Dieses Prinzip
funktioniert jedoch dann nicht mehr, wenn die Bohrabweichung die Sichtverbindung zwischen
Totalstation und Prisma unterbricht, was meist schon nach wenigen Metern der Fall ist.
Ein besonders leistungsfähiges optisches Messprinzip, mit dem auch sehr lange Bohrungen
vermessen werden können, wurde 1952 in Schweden entwickelt und zunächst unter dem
Namen Fotobor vermarktet. Heute ist dieses Prinzip in Geräten unter dem Produktnamen
MAXIBOR® realisiert. Dabei wird mit einer Digitalkamera die Verschiebung zweier in definierten Abständen dazu positionierten reflektierenden Ringen aus der Mittelachse gemessen,
die bei einer Krümmung des Messgerätes auftritt, die durch eine Bohrlochabweichung aufgeprägt wird. Zusammen mit einer Neigungsmessungen und der Messung des Rollwinkels des
Gerätes sind alle Informationen für eine in Bezug auf die horizontale absolute und auf den
Azimut relative Vermessung der Bohrung vorhanden. Der Bohrlochverlauf ergibt sich dabei
durch Integration bzw. Aufsummierung der aus den Einzelmessungen gewonnenen Inkremente.
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Bild 16
Optisches Messprinzip zur Bohrlochvermessung
Mit diesem Messprinzip lassen sich hohe Messgeschwindigkeiten und gleichzeitig sehr hohe
Messgenauigkeiten (besser als 1 ‰) erzielen. Magnetische Störungen spielen keine Rolle und
da der Rollwinkel und die Neigung des Gerätes über Neigungssensoren parallel erfasst und
für die Auswertung herangezogen werden, kann eine 3D-Vermessung in einem einzigen
Durchgang ohne Fixierung des Rollwinkels des Messgerätes erfolgen.
Bild 17
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PDA zur Steuerung der Messung und Auswertung der Messergebnisse im Einsatz bei der Messung
Auswertung, Archivierung und Visualisierung
Beim Einsatz moderner Messsysteme fallen schon bei der Vermessung einzelner Bohrungen
sehr große Datenmengen an, die manuell z.B. mit Hilfe von Tabellenkalkulationen, nicht mehr
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sinnvoll ausgewertet werden können. Abgesehen davon ist jede manuelle Bearbeitung von
Daten extrem fehleranfällig. Daher sind Systeme und Lösungen erforderlich, die komfortable
Schnittstellen für eine automatisierte Datenübernahme bereitstellen, die Daten der Bohrlochvermessung archivieren und den verantwortlichen Entscheidungsträgern bei Bedarf in
Form von Tabellen und graphischen Visualisierungen aufbereitet zur Verfügung stellen.
Bild 18
Auf Basis einer Datenbank automatisiert erstellte 3D-Visualisierung
von Bohrungen (QMControl® für DSV) und zugehöriges Datenflussdiagramm
Für die Realisierung solcher System müssen die Funktionalität von Datenbanken und von
CAD-Systemen miteinander gekoppelt werden.
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Zusammenfassung
Je weiter die Anwendungsgrenzen von Bauverfahren in der Geotechnik ausgedehnt werden,
desto größer wird der Einfluss der Bohrlochabweichung auf die Qualität und Funktionalität
des hergestellten Produktes. Eine zuverlässige Überwachung der Bohrlochabweichung ist für
eine sichere und wirtschaftliche Ausführung daher unerlässlich und entspricht für komplexe
Verfahren des Spezialtiefbaus als integraler Teil der Produktion dem Stand der Technik.
Dafür stehen heute leistungsfähige und ausgereifte Bohrlochvermessungssysteme zur Verfügung, mit deren Hilfe eine genaue, schnelle und einfache 3-dimensionale Bohrlochvermessung
durchgeführt werden kann. Mit Hilfe von geeigneten Software-Lösungen können die Daten
der Einzelmessungen automatisiert in Form von aussagekräftigen Planunterlagen für das Gesamtprojekt ausgewertet werden.
Die Wirtschaftlichkeit eines Systems ergibt sich dabei nur zu einem geringen Teil aus dem
Anschaffungspreis des Systems. Wesentlich entscheidender ist die Messgeschwindigkeit und
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Verfügbarkeit der Messwerte, da Messzeit produktionsfreie Zeit ist. Der größte wirtschaftliche Gewinn liegt jedoch in der mit Kenntnis des Bohrlochverlaufs möglichen Vermeidung von
Schäden und der Nutzung von Optimierungspotential durch eine adaptive Planung und Ausführung.
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Literatur
Knitsch, H., Tisiolakis, A.(2006)
Messtechnische Überwachung von Düsenstrahlarbeiten, TU Braunschweig, Tagung
Messen in der Geotechnik 2006
Knitsch, H., Otterbein R., Paßlick, T., (2007)
Visualisierung relevanter Daten beim Compensation Grouting, Bergakademie Freiberg,
BHT 2007 (Vortrag)
Sondermann, W., Pandrea, P., Dörendahl K. (2005)
Düsenstrahlarbeiten in extremen Tiefen in marinen Tonen bei hohen Festigkeitsanforderungen und Einpassung an bestehende Bauelemente, TU Berlin, 1. Hans-LorenzSymposium
Jochen Plessmann, Münster (1988)
Bohrlochvermessungssysteme, Kalibrierung und Fehlerbetrachtung, Diplomarbeit im
Fach Geophysik, Universität Münster
Unold Florian, (2006)
Der Gefriersog bei der Bodenfrostung und das Kompressionsverhalten des wieder aufgetauten Bodens, Dissertation, Universität der Bundeswehr, München
RST Instruments
RST Digital inclinometer manual
REFLEX Instrument AB, Sweden (2007)
Manual REFLEX EZ-TracTM with Recon
REFLEX Instrument AB, Sweden (2007)
Manual REFLEX MAXIBOR® II
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