Testbericht
Transcription
Testbericht
FMo_2016_05_u1_u1 30.03.16 08:38 Seite 1 Workshop Kunstflug: Einmessen, Einfliegen, Trainieren 05 Mai 2016 4,90 Euro A: 5,70 Euro, CH: 9,80 sFr, BeNeLux 5,80 Euro, I: 6,60 Euro, N: 69 NOK DIE ZEITSCHRIFT FÜR DEN RC-MODELLFLUG 28.11.13 18:26 Seite 1 VEREINIGT MIT n Scho n! oge gefl RED COUGARuer Hotliner Staufenbiels ne P3 Revolution Noch mehr Spaß dank Elektroantrieb Brandneu und exklusiv: Die Kunstflug-Revolution von Hangar 9 GENIALER ANTRIEB MEGATREND Stemme S10 Selbst konstruiert, selbst gebaut MADE IN GERMANY Multiplex Cockpit SX Das ist der neue MittelklasseSender So geht FPV-Race Und so fliegt der F210 von XCiteRC PRAXISTIPP Das kann jeder EWD messen mit der Rotorblattwaage GAS REIN UND WEG Leistung satt Joy2fly von Lindinger Modellflug am PC Neue Features beim RealFlight-Simulator FMo_2016_05_092_097 25.03.16 09:35 Seite 92 MULTICOPTER Walkera F210 von XciteRC WALKERA F210 Renncopter: Der neue Trend Auf der Spielwarenmesse in Nürnberg 2016 zeichnete sich ein neuer Trend ab. Nein, gemeint sind nicht die Drohnen mit Kameras, oft mit minderwertiger Technik. Auf viel größeres Interesse stießen die sogenannten Renncopter. Woher kommt die Faszination für diese minimalistischen Luftgefährte? R enncopter sind anders – ganz anders. Das sieht man schon an der Form, denn ein Renncopter unterscheidet sich optisch deutlich von den Kameradrohnen. Renncopter sind klein und kompakt. Ein Landegestell oder gar ein Kamera-Gimbal wird man bei diesen Geräten nicht finden. Der Rahmen, auch Frame genannt, besteht aus nur wenigen Teilen. Das Chassis, welches die Motoren trägt, besteht aus einer einzigen Kohlefaserplatte. Diese Platte ist bis zu 5 mm dick und nahezu unzerstörbar. In der Mitte des Chassis sitzt ein Käfig, auch dieser aus gefrästen Kohlefaserplatten zusammengesetzt. Alle technischen Komponenten sind so extrem 92 gut geschützt. Auch heftige Abstürze eines Renncopters, Kollisionen mit Bäumen oder gar Zusammenstöße mit anderen Coptern haben keine oder nur sehr geringe Auswirkungen. Einzig die Propeller sind gefährdet. Mit dem Einbau einer Mini-Kamera und einer Funkübertragung des Live-Videobildes wird der Renncopter zum FPV-Racer. Das Videobild empfängt der Pilot dann auf einer Videobrille, die ihm das Gefühl vermittelt, die Drohne aus Pilotensicht zu steuern. Speed pur – Spaß pur Durch die kompakte Bauform und den immensen Leistungsüberschuss ist diese Untergattung der Quadrocopter extrem agil. Wie bei den Kamera-Coptern auch, gibt es bei der Renndrohne mindestens zwei Flugmodi. Im Stabilisierungsmodus, oft auch Einsteigermodus genannt, geht der Copter beim Loslassen der Steuerknüppel von selbst in den stabilen Schwebeflug. In diesem Modus schwebt die Drohne von alleine. Da es allerdings keine GPS-Unterstützung gibt, kann der Copter vom Wind abgetrieben werden. Die Stabilisierung sorgt dafür, dass unser Renner nicht mehr um etwa 45 Grad geneigt werden kann. Zum Vorwärtsfliegen wird der Nick-Knüppel nach vorne geschoben. Je stärker dabei der Knüppel gedrückt wird, umso schneller fliegt der Copter. Sollte der Pilot aus irgendeinem Grund die Kontrolle über sein FMo_2016_05_092_097 25.03.16 09:35 Seite 93 Der F 210 im stabilen Schwebeflug: Gleich geht der Pitchknüppel nach vorne und der Copter schießt in den Himmel Das Komplettset (rechts) enthält alles, was man zum Fliegen braucht: den Copter, eine Fernsteuerung, Akku und Ladegerät Fluggerät verlieren, lässt er die Knüppel los und der Copter schwebt von alleine. Im Rennmodus ist die Begrenzung auf 45 Grad Neigung aufgehoben. Außerdem geht der Copter beim Loslassen der Knüppel nicht mehr in den Schwebeflug über. Stattdessen behält er die vorgegebene Fluglage bei. Zum Vorwärtsfliegen wird nun nicht mehr der Nick-Knüppel konstant gedrückt, vielmehr wird durch einen kurzen Steuerbefehl der Copter nach vorne geneigt und mit dem Pitchknüppel die Leistung kontrolliert. Je weiter der Copter nach vorne gekippt wird, umso schneller fliegt er. Zum Bremsen des Copters reicht es nicht, den Nickknüppel einfach loszulassen. Vielmehr muss der KnüpFlugModell 05/2016 Einschlag mit full power – nichts passiert! Beim Modellheli wäre nun ein kleines Loch in der Modellbaukasse 93 FMo_2016_05_092_097 25.03.16 09:35 Seite 94 MULTICOPTER Walkera F210 von XciteRC pel nun aktiv nach hinten gezogen werden, damit der Copter wieder in eine neutrale Lage kommt. Im Rennmodus kann eine Drohne mit einem vierzelligen Akku Geschwindigkeiten von über 100 km/h erreichen. Mit ein wenig Übung kann der Pilot Rollen und Überschläge, so genannte „Flips“, fliegen. Im Rennfieber packt sie alle Die größte Verbreitung haben die Renncopter bei den FPV-Racern. Hier hat sich in kürzester Zeit eine quirlige Rennszene entwickelt. Die Copter müssen bei einem solchen Rennen einen abgesteckten Parcours abfliegen, dazu müssen Hindernisse umflogen und Tore durchquert werden. Während eines FPV-Fluges kontrolliert der Pilot seinen Copter ausschließlich nach dem Kamerabild mit einer Videobrille. So kann er nicht nur den vorgegebenen Kurs abfliegen, sondern auch anderen Coptern ausweichen, Hindernisse umfliegen und durch Tore jagen. FPV-Rennen finden sowohl in großen Hallen als auch im Freien statt. Oft werden vom Veranstalter die Regeln selbst erstellt. Inzwischen hat aber auch der Weltluftsportverband FAI, die Fédération Aéronautique Internationale, eine eigene Klasse für die Renncopter geschaffen. Ein ganz anderes Gewicht hat der World Drone Prix. Dieses FPV-Rennen findet 2016 in Dubai statt. Dort wird ein Kurs von sechs Kilometern geflogen, Boxenstopps zum Akkuwechseln sind eingeplant. Dotiert ist dieses Copterrennen mit Preisgeldern bis zu einer Million US-Dollar. Die Qualifizierung der maximal 56 Teilnehmer erfolgt ausschließlich über eingesandte Videos. Bauen und fliegen Einen Renncopter kann man sowohl selbst bauen als auch als fertig aufgebaute Drohne kaufen. Wir haben uns ein fertig aufgebautes Modell, den Walkera F210 im Vertrieb von XCiteRC, angeschaut. Geliefert wird der Copter fertig zusammengebaut in einem gepolsterten Karton. Dieser dient gleichzeitig als Transportkoffer. Enthalten sind neben dem Renncoper ein passender Computersender, ein einfaches Ladegerät, Ersatzpro- Die Renner werden nicht nur draußen geflogen, längst treffen sich die Piloten auch in leeren Parkgaragen und Sporthallen (Bild: Graupner) Im „Fahrerlager“ eines Drone Race wird geschraubt und optimiert, denn ein gut gewarteter Copter erhöht die Chance aufs Siegertreppchen Startaufstellung zu einem Qualifikationsflug zum World Drone Prix in Dubai. Solche Qualifizierungen finden weltweit statt – wie hier in Göppingen Die Piloten steuern ihre Race Copter via Videobrille. Auf dem Rennkurs befinden sich mehrere Tore, die durchflogen werden müssen 94 FMo_2016_05_092_097 25.03.16 09:35 Seite 95 peller und ein 4S-LiPo mit 1.300 mAh. Die Grundplatte des gerade mal 15 ∑ 15 cm großen Renners, gemessen ohne Propeller, besteht aus 3-mm-Kohlefaser. Weitere Aufbauten sind aus 1,5-mm-Kohlefaserplatten gebaut. Ein gefrästes Aluteil schützt alle wichtigen Komponenten wie Empfänger und Controller. Der Copter hat eine FPV-Kamera samt Videosender bereits eingebaut. Kompatibel ist das Videosystem mit dem Fatshark- und dem Walkera-Gogglesystem. Der beigelegte Sender DEVO 7 ist ein einfacher Computersender großem Display, er verfügt über sieben Kanäle und 15 Modellspeicher. Der Sender kann in Mode 1 bis 4 betrieben werden. Ungewöhnlich ist das Binden von Sender und Modell: Dieser Vorgang wird vor jedem Start erneut durchgeführt. Hierzu wird der Sender eingeschaltet, dieser begibt sich sodann in den Bindemodus. Innerhalb von 30 Sekunden muss nun die Stromversorgung des Copters hergestellt werden. Ein kurzes Piepen signalisiert, dass sich Sender und Copter gefunden haben. Stabiler Schwebeflug Nach dem Laden des 4S-Akkus und dem Einlegen von acht Mignon-Batterien in den Sender ist der Copter startklar. Wir wählen für den ersten Start den Modus 1. Dabei stabilisiert sich der Copter von selbst, für eine Vorwärts- oder Seitwärtsbewegung muss der Knüppel aktiv gedrückt werden. Vor dem Start wird der Gierknüppel dann kurz nach links geschoben – jetzt sind die Motoren scharf. Der F210 besitzt einen ausgesprochen stabilen Schwebeflug. Wer schon mal einen Copter geflogen hat, wird mit dem kleinen Gerät gut zurechtkommen. Aus reiner Neugierde schieben wir den Pitchknüppel schlagartig nach oben. Holla, die Waldfee! Mit der Geschwindigkeit einer Feuerwerksrakete zischt der F210 in den Himmel, solch eine Steiggeschwindigkeit schaffen die wenigsten Modellhelis. Auch im Rundflug in etwas größerer Höhe lässt sich der kleine Copter wunderbar kontrollieren und die hellen LEDs an Front und Heck sorgen dafür, dass alle Zweifel an der Sichtbarkeit ausgeräumt sind. Schnell sind fünf Minuten herum, der Die Copter müssen beim Rennen einen abgesteckten Parcours abfliegen Blick in die Video-Brille: Beim Anflug auf ein Tor mit bis zu 100 km/h muss jetzt alles passen – volle Konzentration ist beim Piloten nötig FlugModell 05/2016 95 FMo_2016_05_092_097 25.03.16 09:36 Seite 96 MULTICOPTER Walkera F210 von XciteRC Der F210 von XCiteRC ist ein kompakter Renncopter mit 210 mm Achsabstand. Die Kamera samt Sender ist bereits fertig eingebaut Der Rahmen des FPV-Racers besteht aus einer starken Kohlefaserplatte Die FPV-Brille ist nicht im Set enthalten. Zum Fliegen reicht eine SD-Brille wie die Fatshark Teleporter DATEN Walkera F210 von XCiteRC 540 g mit originalem 1.300 mAh 4S-Akku Fernbedienung: 2,4 GHz, 7-Kanal-DEVO RC Funktionen: Gieren, Motordrehzahl, nicken, rollen, 3 Flugmodi Länge/ Breite: 182 mm mit Propellern Höhe: 103 mm Flugzeit: Zwischen 4 min (Speed) und 9 min Wichtig im Koffer: genügend Ersatzpropeller und jede Menge Akkus mit mindestens 30C. Die Tattu-Serie von GensAce hat sich im Copter bestens bewährt Gewicht: erste Flug ist schon ein toller Erfolg. Durch ein lautes Piepen signalisiert der Copter, dass der Akku leer ist. Eine letzte Kurve, Abfangen, dann hat die Erde den Renner wieder. Und das ist auch gut so! Die Messung mit dem Lipochecker ergibt eine Restkapazität von gerade mal 3 Prozent. Auf die Art und 96 Weise werden die Akkus wohl nicht allzu lang halten. Mit neuem Akku probieren wir den Modus 3. Mit dem Roll- und Nickknüppel stelle ich die Fluglage des Copters ein. Der Controller hält nun diese Fluglage bis zum nächsten Steuerbefehl. Und so haben wir gleich die Crashfestigkeit des Copters getestet: Der Start soll mit Vollgas leicht nach vorne geneigt erfolgen. Da ich den Nickknüppel ein wenig zu lang gedrückt lasse, hebt der F210 ab, fliegt einen schnellen Salto vorwärts und bohrt sich in die Erde. Die aktive Motorabschaltung sorgt dafür, dass die Motoren sofort stehen. Bei einem Modellheli stünden nun neue Rotorblätter, eine neue Rotorwelle und etliche Kleinteile auf dem Bestellzettel – anders bei dem Renncopter. Nach dem Prinzessinnen-Prinzip: „Aufstehen, Krönchen gerade rücken, weitertanzen“ haben wir den Copter umgedreht, den Dreck abgewischt und sind erneut, diesmal etwas vorsichtiger, gestartet. Und das ist der große Vorteil dieser kleinen Spaßgeräte: Sie sind extrem crashresistent. Und vor allem das Fliegen im Modus 2 macht großen Spaß. Der Copter kann dabei fast 90 Grad nach vorne geneigt werden, die erreichte Geschwindigkeit ist unglaublich. FMo_2016_05_092_097 25.03.16 09:36 Seite 97 Wie beim Auto: Die Rücklichter sind rot, vorne leuchtet es weiß Links und unten: Im Modus 3 ist der F 210 voll kunstflugtauglich. Der Überschlag nach hinten wird auch Backflip genannt (Flugfotos: Stefan Kaufmann) Dabei liegt der F210 immer sicher am Knüppel. Und wenn man die Lage gar nicht mehr erkennt, schaltet man in den Modus 1. Sofort bleibt der Copter stehen und man kann sich neu orientieren. Falscher Horizont Zum Schluss wagen wir einen Testflug mit FPV-Brille. Die Fatshark-Teleporter-Videobrille findet sofort das Bild des Copters. In dieses Bild werden neben der aktuellen Akkuspannung der Race-Drone auch der Neigungswinkel und ein künstlicher Horizont eingeblendet. Allerdings zeigt dieser HoriFlugModell 05/2016 Die Sony HD-Kamera ist in der Spitze des Copters eingebaut. Sie kann in der Neigung verstellt werden. Bei Dunkelheit schaltet die Kamera auf ein SchwarzweißBild um Der Videosender ist fertig eingebaut. Die Stromversorgung erfolgt aus dem Antriebsakku. Am Heck der Renndrohne befindet sich die Sendeantenne Rechts: Stephan zu Hohenlohe geht der Faszination von Renncoptern auf den Grund zont genau falschrum an. Das macht aber nichts, man benötigt ihn sowieso nicht. Das Fliegen mit Brille ist gewöhnungsbedürftig, aber es geht. Sicherlich wird man nicht gleich um Bäume herumfliegen können, da muss noch viel geübt werden. Ein kleiner Wermutstropfen: Diese Art von FPV-Fliegen ist leider so in Deutschland nicht erlaubt. Nach Aussage des DMFV muss auch hier mit Lehrer-Schüler-System und Spotter geflogen werden. Wie das im Rennen, in drei Metern Höhe und mit gut 100 km/h gehen soll, wird allerdings nicht verraten … Stephan zu Hohenlohe Fazit Wir haben es ausprobiert: Renncopter machen wirklich Spaß. Trotz modernster Technik ist das Modellfliegen pur. Dabei muss nicht mal mit Videobrille geflogen werden. Die Dinger verlangen volle Konzentration am Knüppel, sehen aus wie aus einem Star-WarsFilm und gehen fast nie kaputt. Wer mehr über das Thema FPV-Rennen wissen möchte oder Gleichgesinnte sucht, sollte nach den regionalen Gruppen auf Facebook schauen. Neue Piloten sind dort immer willkommen. 97