Die "Kinderwunschpraxis"
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Die "Kinderwunschpraxis"
Die „Kinderwunschpraxis“ – eine angemessene Antwort auf ungewollte Kinderlosigkeit? Ethische Überlegungen zur reproduktionsmedizinischen Praxis Eine Arbeit von: Katja Fischer Schülerin des Sankt Meinrad-Gymnasiums Rottenburg Religionslehrer: Dr. Stefan Meißner Inhaltsverzeichnis: I. Einleitung S. 4 II. Vorstellung der Kinderwunschpraxis Dr. Ulrich Göhring S. 6 III. Ursachen für nicht erfüllten Kinderwunsch S. 6 III.1 Ursachenverteilung Mann – Frau S. 7 III.2 Ursache: Alter S. 7 III.3 Ursache: Rauchen S. 7 III.4 Ursache: Gewicht S. 8 III.5 Verbindung mit der heutigen Lebensweise S. 8 III 6 Ursache: (Unbewusste) Zweifel S. 8 • III.6.1 Speziell bei der Frau S. 9 • III.6.2 Fehlende Kommunikation S. 9 • III.6.3 Richtiger Zeitpunkt S. 9 • III.6.4 Vorstellung von Partnerschaft S. 10 III.7 Folge der Zweifel S. 10 III.8 Vermeidungsverhalten S. 11 III.9 Stress (heutige Gesellschaft) S. 11 • III.9.1 Reaktion: Männer S. 11 • III.9.2 Reaktion: Frauen S. 11 III.10 Zusammenhang von Sexualität und Fruchtbarkeit S. 12 III.11 Physische Ursachen S. 13 III.12 Teufelskreis S. 13 IV. Vorstellung der Arbeit einer reproduktionsmedizinischen Praxis am Beispiel der Kinderwunschpraxis Dr. Ulrich Göhring S. 14 IV.1 Diagnostik S. 14 • IV.1.1 Spermauntersuchung S. 14 • IV.1.2 Zyklusmonitoring S. 14 • IV.1.3 Eileiterdurchgängigkeit S. 15 • IV.1.4 Gebärmutterspiegelung S. 16 • IV.1.5 Spezialdiagnostik bei wiederholten Fehlgeburten S. 16 IV.2 Therapie S. 16 • IV.2.1 Zyklusoptimierung/ Gezielter Geschlechtsverkehr S. 17 • IV.2.2 Hormonstimulation S. 17 • IV.2.3 Insemination S. 17 • IV.2.4 Fremdsperma-Insemination/ Donogene Insemination S. 18 • IV.2.5 Hodenbiopsie S. 18 • IV.2.6 IVF S. 18 • IV.2.7 ICSI S. 20 • IV.2.8 Behandlungszyklus mit kryokonservierten Vorkernstadien (sog. Kryozyklus) • IV.2.9 Therapie/Blastozystenkultur S. 20 S. 21 IV.3 Erfolg und Risiko S. 21 IV.4 Für wen?/Kosten S. 23 V. Inwiefern ist die Hilfestellung der Kinderwunschpraxis (ethisch gesehen) eine gute Sache? S. 25 V.1 Hinführung S. 25 V.2 Rahmenbedingungen S. 25 • V.2.1 Freiheit in der Forschung - mit Grenzen verbunden S. 25 • V.2.2 Der Mensch in der Bibel- Ebenbild Gottes S. 26 V.3 Unfruchtbarkeit in der Realität S. 26 V.4 Die Kinderwunschpaare im Mittelpunkt S. 27 V.5 Die heutige Einstellung: Recht auf ein Kind S. 28 V.6 PID - notwendige Weiterführung der Evolution oder krankhafter Perfektionismus? V.7 Die Wunschkinder im Mittelpunkt S. 29 S. 30 • V.7.1 Das Ideal: Offenheit von Anfang an S. 30 • V.7.2 Die Realität: Die Eltern schweigen häufig zu lange S. 30 • V.7.3 Die Bekanntgabe - Sowohl Bestätigung unbestimmter Kindheitsahnungen, als auch Schock S. 31 • V.7.4 Der Blick in den Spiegel S. 32 • V.7.5 Die rechtliche Situation: Das fehlende Gesetz S. 32 V.7.6 Die Antwort der Betroffenen: Organisationen S. 33 V.8 Mögliche Alternativen zur reproduktionsmedizinischen Praxis S. 33 • • V.8.1 Der Weg des bewussten Nichtstuns S. 34 • V.8.2 Die Adoption S. 34 V.9 Der Moment der Entscheidung S. 37 VI. Schluss S. 38 VII. Quellenverzeichnis S. 40 VIII. Erklärung S. 44 IX. Arbeitsprozessbericht S. 45 Die „Kinderwunschpraxis“ - eine angemessene Antwort auf ungewollte Kinderlosigkeit? Ethische Überlegungen zur reproduktionsmedizinischen Praxis I. Einleitung Wir leben in einer klar durchstrukturierten Gesellschaft. Alles verläuft nach festen Mustern. Ein Tagesablauf muss perfekt organisiert sein, denn Zeit ist knapp. Egal ob als gut bezahlter Manager, der von einem Meeting zum nächsten eilt, der von einer Großstadt in die andere „jettet“ und der selbst im Flugzeug über den Laptop immer erreichbar sein muss. Oder als berufstätige Eltern: Noch bevor sie zur Arbeit fahren müssen sie das Pausenbrot für die Kinder hinrichten und das Mittagessen vorbereiten. Dann, Punkt 13 Uhr wieder aus dem Büro zurück sein, denn die Kinder kommen hungrig aus der Schule. Essen machen, Haustiere versorgen, mit den Kindern zum Arzt oder zum Frisör hetzen, Vokabeln abfragen, Mathe erklären, einkaufen und auch der Haushalt macht sich nicht von alleine. An solchen Tagen ist die Zeit genau berechnet und alles ist top organisiert. Doch lässt sich wirklich alles im Leben organisieren, berechnen, durchstrukturieren und planen? Es scheint so, als wäre selbst die körperliche Fruchtbarkeit mithilfe modernster Verhütungsmittel steuerbar. Und wenn man sich für ein Kind entscheidet, hört man einfach mit der Verhütung auf. Alles durchdacht und planbar. Doch der Schein trügt: Fruchtbarkeit lässt sich zwar beeinflussen, jedoch weder komplett ausschalten, noch auf Kommando herbeirufen, denn sowohl Verhütung, als auch Zeugung haben hinsichtlich ihrer Planbarkeit ihre Grenzen. Da wird so manch ein Paar mit Kinderwunsch schmerzlich in die Realität zurückgeholt, denn oftmals genügt es nicht, einfach nur nicht zu verhüten.1 Bei 85 % aller Paare wird nach einem Jahr regelmäßigem Geschlechtsverkehr ohne Verhütung die Frau schwanger.2 Das bedeutet, dass bei 15 % keine Schwangerschaft eintritt. Diese 15 % gelten dann als ungewollt kinderlos. 15 %, das heißt, dass fast jeder jemanden kennt, sei es aus der Verwandtschaft, aus dem Kollegen-, Bekannten- oder 1 2 Vgl. zu diesem Abschnitt HOFFMANN 2007, S. 9-10. Vgl. hierzu http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/beratung.htm. Freundeskreis, der betroffen ist. Deshalb ist es ein Thema, das uns alle angeht. Und deshalb ist es wichtig sich damit auseinanderzusetzen. Für viele Paare beginnt mit der Feststellung ungewollter Kinderlosigkeit ein langer, schmerzlicher Weg, gekennzeichnet von Hoffnungen, Enttäuschungen und Verzweiflung. Das für andere Paare so selbstverständliche Glück von einer eigenen Familie, bleibt für sie sehnlicher Wunsch. Ein Wunsch, den sie sich häufig nicht selbst erfüllen können. Ein Wunsch, bei dem sie auf die Hilfe anderer angewiesen sind. Reproduktionsmedizinische3 Praxen bieten genau an diesem Punkt Hilfestellung an. Für die am Kinderwunsch verzweifelnden Paare werden die Reproduktionsmediziner zu Rettern in der Not. Sie werden zu Göttern in weißen Kitteln. Und genau hier beginnt die Problematik: Im Horizont christlichen Glaubens betrachtet ist jeder Mensch und somit auch jedes Neugeborene Ebenbild Gottes und von Gott, dem Schöpfer geschaffen. Was also gibt dem Menschen das Recht in diesen Prozess einzugreifen? Wenn man annimmt, der eine, der allwissende Gott entscheide über Leben und über Tod, entscheide über gezeugt oder nicht gezeugt werden, über geboren oder nicht geboren werden, stellen sich diese reproduktionsmedizinischen Forscher und Ärzte dann nicht über Gott? Indem sie sich selbst all dieses Recht zusprechen, sprechen sie es dann nicht im selben Moment Gott ab? Es ist schwer auf derartige Fragen sinnvolle Antworten zu finden, geschweige denn die allgemeingültige Antwort. Dennoch soll meine Arbeit einen Einblick in diese komplizierte Thematik geben. Ausgehend von der Vorstellung der Tübinger Kinderwunschpraxis Dr. Ulrich Göhring möchte ich nach einer Einführung in die Ursachen für eine ausbleibende Schwangerschaft, an diesem Beispiel die Arbeit einer reproduktionsmedizinischen Praxis im Allgemeinen beleuchten. Anschließend erörtere ich aus verschiedenen Blickwinkeln, inwiefern die Hilfestellung einer reproduktionsmedizinischen Praxis ethisch gesehen eine sinnvolle und unterstützenswerte Sache ist und welche Folgen die Entscheidung für oder gegen Hilfestellung beim Kinderwunsch mit sich bringen kann. Dieses Kapitel beinhaltet ebenfalls mögliche Alternativen zur reproduktionsmedizinischen Behandlung und bringt abschließend die Erörterung der Problematik ergebnishaft zusammenfassend zum Abschluss. 3 Reproduktionsmedizin= Teilgebiet der Medizin, welches sich auf Fortpflanzung und Fortpflanzungsprobleme bezieht. Vgl. hierzu http://de.wikipedia.org/wiki/Reproduktionsmedizin. II. Vorstellung der Kinderwunschpraxis Dr. Ulrich Göhring In Baden-Württemberg allein gibt es mittlerweile 21 Kliniken und Praxen, die sich schwerpunktmäßig mit dem unerfüllten Kinderwunsch beschäftigen.4 Ein typisches Beispiel für eine solche reproduktionsmedizinische Einrichtung ist die Kinderwunschpraxis Dr. Ulrich Göhring in Tübingen. Gegründet im April 2002, hat sich die Praxis schnell einen Namen gemacht und gehört mittlerweile zu den größten Reproduktionszentren Baden-Württembergs.5 Den Kern der Praxis bildet ein dreiköpfiges Ärzteteam: Zum einen Dr. Ulrich Göhring. Er ist Facharzt für Frauenheilkunde und arbeitet seit 1995 in der Kinderwunschtherapie. Ausgebildet in Bielefeld, wechselte er 1999 nach Tübingen und leitete dort bis März 2002 den Bereich Endokrinologie6 im Fachbereich Reproduktionsmedizin an der Universitätsfrauenklinik. Zum anderen Dr. Inés Göhring. Sie ist Fachärztin für Frauenheilkunde und vervollständigte an der Universitätsfrauenklinik Tübingen ihre, in Berlin begonnene Ausbildung. Seit 2004 arbeitet sie unter der Leitung ihrer Mannes Dr. Ulrich Göhring in der Kinderwunschpraxis auf dem Gebiet der Endokrinologie und Reproduktionsmedizin. Des Weiteren arbeitet Dr. Saskia Möckel seit 2006 in der Praxis. Sie erhielt im Jahr 2005 die Anerkennung zur Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Seit dieser Zeit widmet sie sich der Reproduktionsmedizin und begann im Centrum für In-vitroFertilisation7 Gießen (CIF) ihre Weiterbildung für gynäkologische8 Endokrinologie und Reproduktionsmedizin.9 III. Ursachen für nicht erfüllten Kinderwunsch Gerade weil heutzutage so viele Paare von Unfruchtbarkeit betroffen sind, wurde die Kinderwunschpraxis im Laufe der letzten Jahre zu einer immer häufiger frequentierten Einrichtung. 4 Vgl. hierzu http://www.wunschkinder.net/zentren/baden-wuerttemberg/. Vgl. hierzu http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/gualitaetsmanagement.htm. 6 „Lehre von den Hormonen“. Vgl. hierzu http://de.wikipedia.org/wiki/Endokrinologie. 7 Methode der künstlichen Befruchtung (lateinisch für „Befruchtung im Glas“), wird im Kapitel IV. 2 „Therapie“ näher erklärt. Vgl. hierzu http://de.wikipedia.org/wiki/In-vitroFertilisation. 8 Spezialgebiet der Medizin, welches sich mit der Behandlung der Erkrankungen des weiblichen Sexualund Fortpflanzungstraktes beschäftigt. Vgl. hierzu http://de.wikipedia.org/wiki/Gyn%C3%A4kologie. 9 Vgl. hierzu http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/teamaerzte.htm. 5 Die Ursachen für eine ausbleibende Schwangerschaft auf natürlichem Weg sind vielfältig und sowohl physischen, als auch psychischen Ursprungs. III.1 Ursachenverteilung Mann - Frau Wenn nach Ursachen für eine ausbleibende Schwangerschaft gesucht wird, stoßen Beziehungen häufig an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. Nicht selten wird sich gegenseitig die Schuld dafür gegeben, dass es einfach „nicht klappt“. Vor allem bei Männern ist die Zeugungs(un)fähigkeit eng mit dem Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl verknüpft und gerade sie suchen die Gründe, vielleicht aus Angst sich eingestehen zu müssen, dass manche Dinge in ihrem Körper nicht nach Plan laufen, häufig bei der Partnerin. Wissenschaftler und Ärzte vermuten jedoch, dass die Ursachen nicht häufiger bei der Frau, als beim Mann liegen: In 40% der Fälle kann beim Mann der Grund gefunden werden, in ebenfalls 40% bei der Frau. Bei den verbleibenden 20% liegen die Ursachen bei beiden oder es können überhaupt keine Ursachen gefunden werden.10 III.2 Ursache: Alter Beginnt man nun mit der Suche, ist der häufigste Grund für das Ausbleiben einer Schwangerschaft das Alter. Auch hier sind beide Partner betroffen, die Frau jedoch stärker. Bei Frauen sinkt die Wahrscheinlichkeit schwanger zu werden schon ab dem 25. Lebensjahr, demnach haben Frauen zwischen 19 und 24 Jahren die höchste Fruchtbarkeit. Wobei hingegen bei Männern die Zeugungsfähigkeit erst zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr sinkt. Selbstverständlich lassen sich solche Durchschnittswerte nicht auf jeden Fall übertragen, jedoch zeigen sie, dass Männer im Allgemeinen viel länger, oftmals bis ins hohe Alter zeugungsfähig sein können.11 III.3 Ursache: Rauchen Auch das Rauchen kann ein Grund für das Nicht-Schwanger-Werden sein. Bei rauchenden Männern sinkt die Qualität der Samenflüssigkeit und der Spermien um etwa 15 bis 20%. Bei Frauen spiegelt sich der Nikotingenuss in einer Reduzierung der Schwangerschaftschancen um die Hälfte wieder. Rauchen wird bei der Ursachensuche 10 11 Vgl. hierzu HOFFMANN 2007, S. 201-202. Vgl. hierzu HOFFMANN 2007, S. 202. oftmals unterschätzt, hat jedoch einen enorm langfristigen Einfluss auf die Fruchtbarkeit. Erst nach fünf Jahren Nikotinentzug ist ein Raucher bzw. eine Raucherin, was seine bzw. ihre Fruchtbarkeit betrifft, wieder dort angekommen, wo er bzw. sie vor dem Griff zum Glimmstängel ursprünglich einmal war. Deshalb ist es wichtig, bei einer ausbleibenden Schwangerschaft sofort mit dem Rauchen aufzuhören, denn auch wenn bis zur vollständigen Wiederherstellung der individuellen Fruchtbarkeit fünf Jahre vergehen, steigt die Wahrscheinlichkeit für eine Schwangerschaft schon nach einigen Wochen Nikotinentzug langsam wieder an.12 III.4 Ursache: Gewicht Ein weiterer Faktor für körperliche Fruchtbarkeit ist das ideale Gewicht. Die Eierstöcke der Frau können bei Übergewicht große Mengen Fett speichern. Dadurch reduziert sich ihre Funktion, es kommt zu keinem Eisprung und eine Schwangerschaft ist somit ausgeschlossen. Aber auch Untergewicht, z.B. aufgrund von Magersucht oder Bulimie lässt die Regelblutung ausbleiben. Der Körper versucht dann Energie zu sparen, eine Schwangerschaft zu verhindern und die Hormondrüsen stellen die Produktion von Hormonen fast vollständig ein. Eine Normalisierung des Gewichts ist deshalb für das Eintreten einer Schwangerschaft von enormer Bedeutung und reduziert auch die Gefahr einer Fehlgeburt.13 III.5 Verbindung mit der heutigen Lebensweise Viele der eben genannten Gründe sind untrennbar mit der heutigen Lebensweise verknüpft. Rauchen und Über- sowie Untergewicht sind häufig Folgen von ständigem Terminstress und dem steigenden Leistungsdruck. III.6 Ursache: (Unbewusste) Zweifel Oftmals bleibt eine Schwangerschaft auch aus, weil sich ein Partner, vielleicht ohne es zu wissen, einfach nicht sicher ist, ob genau diese Beziehung für ihn die richtige ist. Oder das Paar ist sich, ebenfalls häufig unbewusst, eigentlich gar nicht im Klaren darüber, ob es wirklich ein Kind haben möchte. Diese Frage nach dem Kinderwunsch wird sich auch nie ganz eindeutig und sicher beantworten lassen. Dazu bringt sie viel zu 12 13 Vgl. hierzu HOFFMANN 2007, S. 203. Vgl. hierzu HOFFMANN 2007, S. 203-204. viele Widersprüche, Ängste, Vorstellungen, Wünsche und Sehnsüchte mit sich. Auch wenn man sich für ein Kind entschieden hat, werden trotzdem immer Zweifel bleiben. Doch trotz dieser widersprüchlichen Gefühle werden die meisten Menschen trotzdem problemlos Mutter oder Vater. Jedoch nur die meisten und nicht alle: Jedes siebte Paar in Deutschland bleibt ungewollt kinderlos. Früher kam die Frage „Kind ja oder nein?“ gar nicht erst auf. Zu jeder Ehe gehörten Kinder, man wünschte sich Erben und speziell für Frauen war es die wichtigste Aufgabe, Kinder zu bekommen, zu versorgen und zu erziehen.14 III.6.1 Speziell bei der Frau Heute finden etwa 80% der deutschen Frauen im gebärfähigen Alter es wichtig, eigene Kinder zu haben, wie eine Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung belegt.15 Doch unsere heutige Gesellschaft macht es, vor allem den Frauen, nicht immer leicht, dies auch zu verwirklichen. Oftmals müssen sie sich entscheiden, Kind oder Karriere. Beides miteinander zu vereinbaren gleicht einem Drahtseilakt. Denn bei einem Leben zwischen PC und Windelwechseln ist perfektes Zeitmanagement und unglaubliche Kraft und Ausdauer gefragt - und das gelingt nur den Wenigsten. III.6.2 Fehlende Kommunikation Außerdem ist die fehlende Kommunikation ein entscheidender Grund für das lange Zögern bei der Beantwortung der Kinderwunschfrage. Selbst in einer Partnerschaft tauscht man sich immer weniger über seine Wünsche, Vorstellungen und Bedürfnisse aus. Teilweise weiß der eine Partner gar nichts vom sehnlichen Kinderwunsch des anderen. Oder umgekehrt: Spricht sich der Eine für ein Kind aus, traut sich der Andere nicht, offen und ehrlich seine möglichen Zweifel am Kinderwunsch zu äußern und ist deshalb psychisch nicht in der Lage ein Kind zu zeugen bzw. zu empfangen. III.6.3 Richtiger Zeitpunkt Auch über den richtigen Zeitpunkt Eltern zu werden, sind sich Partner häufig nicht einig. Für den Einen steht der Hausbau, der Beruf oder die finanzielle Absicherung an 14 15 Vgl. hierzu HOFFMANN 2007, S. 179-180. Vgl. hierzu HOFFMANN 2007, S. 179. erster Stelle, während für den Anderen das Bedürfnis nach einem eigenen Kind ins Unermessliche wächst. III.6.4 Vorstellung von Partnerschaft Für die meisten gehören eigene Kinder nach wie vor zu der Vorstellung von einer glücklichen Partnerschaft. Für manche wiederum bedeuten z.B. lange Reisen in ferne Länder und möglichst viel Zeit für sich als Paar die Erfüllung ihrer Vorstellung von Partnerschaft. Alles Dinge, die mit Kindern teilweise zu kurz kommen und ohne wesentlich leichter zu verwirklichen sind. Viele Paare merken erst an diesem Punkt, wie verschieden doch ihre Vorstellungen, Wünsche und Träume von der Zukunft sind. Eine Trennung ist dann zwar sehr schmerzlich, jedoch besser, als wenn die eigenen Bedürfnisse in der Beziehung vollkommen untergehen. III.7 Folge der Zweifel Ein Kind zu bekommen verändert das komplette Leben eines Paares: Es bereichert es ungemein, fordert aber auch Kompromisse und oftmals müssen die eigenen Bedürfnisse an verschiedenen Stellen zurückstehen. Kein Wunder also, dass die Entscheidung für oder gegen ein eigenes Kind so schwer ist. Ist die Welt, in der wir heute leben, was Zukunftschancen angeht für ein Kind überhaupt lebenswert? Kann ich persönlich dem Kind den nötigen Luxus bieten? Bin ich mir bei meinem Partner bzw. meiner Partnerin auch wirklich sicher, ob es der oder die richtige ist? Wird mein Berufsleben nicht zu sehr unter dem Kind leiden? Und wenn doch, verkraftet das unsere finanzielle Lage und ist es mir das überhaupt wert? Die Folge der Ungeklärtheit solcher wichtigen Fragen ist, dass die Entscheidung für Kinder immer länger vor sich hergeschoben wird und sich die meisten Paare immer später für Kinder entscheiden. Das Durchschnittsalter von Müttern bei der Geburt ihres ersten Kindes stieg in Deutschland von 25 Jahren im Jahr 1977 auf 31 Jahre im Jahr 2005.16 Das erklärt, warum der Hauptgrund für einen nicht erfüllten Kinderwunsch mittlerweile das zu hohe Alter der beiden Partner ist. Haben sie sich endlich für ein Kind entschieden, ist es manchmal leider zu spät. 16 Vgl. hierzu HOFFMANN 2007, S. 181. III.8 Vermeidungsverhalten Neben -nicht selten von Stress bedingten- sexuellen Problemen wie sexueller Lustlosigkeit, Erektionsstörungen und Orgasmusschwierigkeiten, handelt es sich bei psychisch bedingter Unfruchtbarkeit teilweise ganz einfach um ein klassisches Vermeidungsverhalten: Manche Paare haben unbewusst trotz Kinderwunsch eigentlich nie Geschlechtsverkehr während der fruchtbaren Phase und es besteht somit keine Chance für eine Schwangerschaft. Viele Paare bemerken dies erst nach einiger Zeit und teilweise liegt auch hier der Grund in der fehlenden Entschlossenheit.17 III.9 Stress (heutige Gesellschaft) Unsere heutige Gesellschaft ist geprägt von Stress, vollen Terminkalendern und bis ins kleinste Detail durchstrukturierten Tagesabläufen, wie sie schon in der Einleitung angesprochen wurden. Diese allgemeine „Gestresstheit“ kann so weit gehen, dass man sich nicht einmal mehr beim Geschlechtsverkehr entspannen und abschalten kann. III.9.1 Reaktion: Männer Vor allem bei Männern kann sich Stress negativ auf die Fortpflanzungsfähigkeit auswirken, denn die Spermien von Männern, die sich gestresst fühlen, zeigen häufig Einschränkungen, sowohl in ihrer Anzahl, als auch in ihrer Beweglichkeit.18 III.9.2 Reaktion: Frauen Auch bei Frauen kann Stress oder besondere Anspannung den Zyklus verändern. Nicht nur in körperlichen Extremsituationen wie z.B. in Krieg und Hungersnöten reagieren Frauen mit verzögerten oder ausbleibenden Regelblutungen oder Eisprüngen. Schon Urlaub, Prüfungen, übermäßige Hektik oder eine für die Frau unbefriedigende Allgemeinsituation sind nicht selten Grund genug für das Ausbleiben der Regelblutung. Das ist auf jeden Fall ein ernst zu nehmendes Alarmzeichen: Der Zyklus antwortet auf das, was die Frau momentan in Kopf und Herz bewegt, und zeigt an, wenn sie etwas „aus dem Rhythmus“ bringt. Das ist durchaus als positiv zu bewerten, denn es macht 17 18 Vgl. hierzu HOFFMANN 2007, S. 209. Vgl. hierzu HOFFMANN 2007, S. 208. die Frau auf etwas aufmerksam, was sie oftmals unbewusst belastet und zwingt sie etwas daran zu ändern.19 III.10 Zusammenhang von Sexualität und Fruchtbarkeit Neben dem eben genannten Stress ist der Zusammenhang von Sexualität und Fruchtbarkeit eine weitere Ursache für ungewollte Kinderlosigkeit. Früher waren diese beiden Bereiche untrennbar miteinander verknüpft. Es bestand aufgrund fehlender Verhütungsmöglichkeiten im Gegensatz zu heute keine Möglichkeit den Faktor Fruchtbarkeit beim Geschlechtsverkehr auszuschalten und deshalb bedeutete sexuelle Verantwortung immer das Bewusstsein, die Folgen einer eventuellen Schwangerschaft tragen zu müssen. Heute sind dank effektiver Verhütungsmethoden Sexualität und Fruchtbarkeit im Bewusstsein der Menschen, vor allem in den industrialisierten Erdteilen, weit voneinander entfernt. Sexualität ist ein selbstständiger Lebensinhalt geworden, mit all ihren Freiheiten, Spielen, Erfüllungen und Vorlieben. Die Sexualität und ihr Ausleben werden ganz von den eigenen Phantasien und Bedürfnissen geprägt. Dies zeigt sich nicht zuletzt in den „One-Night-Stands“, bei denen Menschen ausschließlich der Sexualität und ihrer damit verbundenen Lust wegen, unabhängig von Sympathien, Gemeinsamkeiten und erst recht der Tatsache, dass beim Geschlechtsverkehr ein Kind entstehen kann, miteinander schlafen. Die Fruchtbarkeit wird da, abgesehen von der Verhütung, erst mal außer Acht gelassen. Doch die Fruchtbarkeit fordert sich ihre Aufmerksamkeit erbarmungslos ein. Nämlich genau dann, wenn sie nicht mehr so funktioniert, wie es gewünscht wird. Entweder, wenn trotz Verhütung eine Schwangerschaft eintritt, bei sogenannten „Verhütungspannen“. Oder eben, wenn sich der Kinderwunsch, obwohl schon lange nicht mehr verhütet wird, nicht so einfach ohne weiteres verwirklichen lässt. Dann wird das Paar vor die Herausforderung gestellt, Sexualität und Fruchtbarkeit miteinander zu verbinden - bestenfalls ohne dass die Sexualität dabei nur „Mittel zum Zweck“ wird.20 19 20 Vgl. hierzu HOFFMANN 2007, S. 37-39. Vgl. hierzu HOFFMANN 2007, S. 10-12. III.11 Physische Ursachen Habe ich bisher die grundlegenden Voraussetzungen wie Alter, Gewicht etc., sowie die psychischen Ursachen für ungewollte Kinderlosigkeit aufgezeigt, werde ich nun zu den physischen Gründen kommen. Denn gynäkologische und urologische Ursachen sind keineswegs selten. Zu den häufigsten gynäkologischen Ursachen bei der Frau, die die Erfüllung des Kinderwunsches verhindern, gehören Zyklen ohne Eisprung, bei denen keine befruchtungsfähige Eizelle vorhanden ist. Bei einer eingeschränkten Zervixflüssigkeit oder einer gestörten Funktion der Gebärmutterschleimhaut können die Spermien nicht in die Gebärmutter vordringen oder die befruchtete Eizelle kann sich nicht in der Gebärmutter niederlassen. Ist die Funktion der Eileiter gestört, können die Spermien gar nicht erst mit der Eizelle in Kontakt treten oder die befruchtete Eizelle kann sich nicht auf den Weg zur Gebärmutterhöhle machen. Wenn der Gelbkörper in seiner Funktion oder Lebensdauer eingeschränkt ist, fehlen für eine Schwangerschaft unverzichtbare Hormone. Urologische Erkrankungen können ein Grund für die Fortpflanzungsunfähigkeit des Mannes sein. Wenn nicht genügend Spermien vorhanden oder die Spermien in ihrer Bewegungsfähigkeit stark eingeschränkt sind, kann keine Befruchtung der Eizelle stattfinden.21 III.12 Teufelskreis Ist es erst einmal soweit und eine Schwangerschaft bleibt trotz wiederholten Versuchen über einen längeren Zeitraum hinweg aus, befindet sich das Paar in einem „Teufelskreis“, aus dem es ohne professionelle Hilfe nur sehr schwer wieder herauskommt. Der eigene, innere, sowie der äußere Druck, ausgeübt von einer Gesellschaft, in der alles nach Plan laufen muss und Abweichungen von der Norm als inakzeptabel gelten, führt zu weiteren und immer größeren psychischen Blockaden, welche die Fruchtbarkeit immer stärker einschränken. 21 Vgl. hierzu HOFFMANN 2007, S. 206. IV. Vorstellung der Arbeit einer reproduktionsmedizinischen Praxis am Beispiel der Kinderwunschpraxis Dr. Ulrich Göhring In diesem Kapitel werden nun nacheinander die verschiedenen Formen der Diagnostik und der Therapie, die in reproduktionsmedizinischen Praxen zum Einsatz kommen, besprochen. Anschließend geht es um eine Abwägung von Erfolg und Risiko der einzelnen Behandlungsformen. Am Schluss dieses Kapitels kläre ich die Frage, für wen derartige Leistungen, auch finanziell gesehen, in Frage kommen. IV.1 Diagnostik In einem ersten Gespräch, am besten mit dem Partner, wird die „Vorgeschichte“ der Frau bzw. des Paares mit Hilfe eines Fragebogens erhoben. In diesem Gespräch wird den eben genannten, Kinderwunsches möglicherweise nachgespürt. psychischen Anschließend steht Gründen eine des große unerfüllten Auswahl an Untersuchungen zur Verfügung, um physische Ursachen für die ausbleibende Schwangerschaft zu ergründen.22 IV.1.1 Spermauntersuchung Nach einer Vielzahl von Laboruntersuchungen kommt es zur Spermauntersuchung beim Mann. Das Team der Kinderwunschpraxis versucht den Männern diese, für viele unangenehme Situation, durch einen separaten Spenderaum, in dem einschlägige Zeitungen ausliegen, zu erleichtern. Es besteht ebenfalls die Möglichkeit, dass die Partnerin ihren Mann bei der Spermagewinnung begleitet. Anschließend findet im Labor die Spermauntersuchung statt, bei der unter dem Mikroskop die Anzahl, Beweglichkeit und Form der Spermien beurteilt wird. Dieser Spermiogrammbefund ist die Grundlage für die Therapieempfehlung.23 IV.1.2 Zyklusmonitoring Wenn es notwendig erscheint, das Follikelwachstum bei der Frau zu überprüfen, wird bei einem Zyklusmonitoring beobachtet, ob es zum Heranreifen eines Eibläschens (Follikel), zum Eisprung und zur Gelbkörperbildung kommt. 22 23 Vgl. hierzu http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/beratung.htm. Vgl. hierzu http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/spermauntersuchung.htm. Bei einer Ultraschalluntersuchung (durch die Scheide) wird die Dicke der Gebärmutterschleimhaut und der Follikel an den Eierstöcken rechts und links gemessen. Wenn ein größerer Follikel sichtbar ist (ein sprungreifer Follikel misst etwa 20mm), findet eine Blutentnahme zur Bestimmung der Gehalte von E2 (Estadiol)24 und LH (Luteinsierendes Hormon)25 statt. Der Estadiolgehalt stimmt mit der Reife der Eizelle überein und der LH-Anstieg löst den Eisprung aus. Wächst wiederholt kein Eibläschen, wird eine Hormonstimulation empfohlen.26 IV.1.3 Eileiterdurchgängigkeit Die Eileiterdurchgängigkeit (Spermauntersuchung) (Zyklusmonitoring) und eine ist dem neben der Wachstum wichtige Spermaqualität des Eibläschens Voraussetzung für den des bei Mannes der Eintritt Frau einer Schwangerschaft. Heutzutage gibt es zwei gängige Methoden diese zu prüfen: 1.Chromopertubation: Bei einer Bauchspiegelung wird farbige Flüssigkeit durch die Gebärmutter in die Eileiter gespritzt. Auf dem Monitor wird verfolgt, wie sie anschließend in die freie Bauchhöhle gelangt. Diese Methode wird meist ambulant in Vollnarkose durchgeführt und bringt das sicherste Ergebnis über die Durchgängigkeit der Eileiter. 2.Sonographie: Durch einen kleinen Plastikkatheter wird harmlose Zuckerlösung (im Ultraschall gut erkennbar) in die Gebärmutter gespritzt. Über Ultraschall kann dann das Abfließen dieser Flüssigkeit über die Eileiter verfolgt werden. Da diese Methode ohne jegliche Narkose durchgeführt wird, ist sie am geringsten körperlich belastend.27 24 natürliches Estrogen. Estrogene (oder Östrogene) sind wichtige weibliche Sexualhormone, die hauptsächlich in den Eierstöcken, in Follikel und Gelbkörper produziert werden. Vgl. hierzu http://de.wikipedia.org/wiki/Estrogen. 25 Geschlechtshormon, welches den Eisprung und die Gelbkörperbildung fördert. Vgl. hierzu http://de.wikipedia.widearea.org/wiki/Luteinisierendes_Hormon. 26 Vgl. hierzu http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/zyklusmonitoring.htm. 27 Vgl. hierzu http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/eileiter.htm. IV.1.4 Gebärmutterspiegelung Um beurteilen zu können, ob Gebärmutterveränderungen vorliegen, findet eine Gebärmutterspiegelung (Hysteroskopie) statt, bei der man mit einem dünnen Kamerainstrument in die Gebärmutterhöhle geht. Damit sich die Gebärmutterhöhle entfaltet, wird eine Kochsalzlösung hineingespült. Auf dem Monitor können dann eventuell vorliegende Auffälligkeiten erkannt werden, die möglicherweise das Eintreten einer Schwangerschaft verhindern und operativ entfernt werden können. Die Untersuchung, die mit und ohne Narkose angeboten wird, dauert wenige Minuten und wird in der ersten Hälfte des Menstruationszyklus durchgeführt.28 IV.1.5 Spezialdiagnostik bei wiederholten Fehlgeburten In 11-15 % aller Schwangerschaften treten Fehlgeburten auf. Das Risiko für diese sogenannten Frühaborte steigt mit dem Alter der Frau und erreicht im Alter von 45 Jahren etwa 50%. Bei 1% aller Schwangerschaften kommt es zu drei Fehlgeburten in Folge, man spricht dann von wiederholten Aborten. Teilweise können auch bei diesen Patientinnen Störungen gefunden werden, die auf eine Behandlung ansprechen. In solchen Fällen sind weitere Untersuchungen, wie z.B. eine Blutentnahme für eine Chromosomen29bzw. Hormonanalyse zum Ausschluss angeborener genetischer Ursachen bei den Partnern bzw. zum Ausschluss hormoneller Ursachen, notwendig. Jedoch kann nicht bei allen Patientinnen eine Ursache für wiederholte Aborte gefunden werden und auch im Falle der Behandlung einer gefundenen Störung besteht weiterhin das Risiko einer erneuten Fehlgeburt. Erfahrungen zu Folge, kann aber auch vielen dieser Patientinnen bei ihrem Wunsch zum eigenen Kind geholfen werden.30 IV.2 Therapie Ist man sich nun über die Gründe und Ursachen im Klaren, kann eine erste individuelle Therapieempfehlung gegeben werden. Es liegt dann am Paar, ob und gegebenenfalls wann es einer bestimmten Therapie zustimmt. 28 Vgl. hierzu http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/gebaermutter.htm. Strukturen, die Gene und damit Erbinformationen enthalten. Vgl. hierzu http://de.wikipedia.org/wiki/Chromosomen. 30 Vgl. hierzu http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/spezialdiagnostik.htm. 29 IV.2.1 Zyklusoptimierung/ Gezielter Geschlechtsverkehr Bei den meisten Paaren bringt schon eine Zyklusbeobachtung (Zyklusmonitoring) den gewünschten Erfolg. Der optimale Zeitpunkt für den Geschlechtsverkehr wird festgelegt und zur Unterstützung der Eizellreifung werden Clomifentabletten gegeben. Wenn am 10. Zyklustag beim Ultraschall ein Eibläschen mit der Größe 18-22 mm zu sehen ist, wird durch die Gabe von Medikamenten der Eisprung ausgelöst und in der zweiten Zyklushälfte die Gelbkörperfunktion unterstützt.31 IV.2.2 Hormonstimulation Hat das Zyklusmonitoring gezeigt, dass die Follikelbildung ausbleibt, kann bei einer Hormonstimulation durch die Gabe von Medikamenten (Hormonen) diese Störung ausgeglichen werden. Die einfachste und meist schon ausreichende Methode der Hormonstimulation ist die Einnahme von Clomifentabletten. Eine Spritzentherapie mit FSH (follikelstimulierendes Hormon) ist die zweite Möglichkeit. FSH ist im natürlichen Zyklus für das Follikelwachstum verantwortlich und ein Hormon der Hirnanhangsdrüse. Auch bei der Hormonstimulation wird ab dem 10. Zyklustag mit dem Ultraschall das Follikelwachstum kontrolliert. So besteht die Möglichkeit, den günstigsten Termin für den Geschlechtsverkehr oder für Inseminationen32 festzulegen.33 IV.2.3 Insemination Wenn bei der Spermauntersuchung leichte Einschränkungen (z.B. eine verminderte Spermienanzahl bzw. –beweglichkeit) festgestellt wurden, ist eine Inseminationsbehandlung sinnvoll. Die nur wenige Minuten dauernde Behandlung ist für die Patientin kaum spürbar. Das speziell aufbereitete Ejakulat34 wird mit einem Plastikschlauch in die Gebärmutterhöhle gespritzt, so dass die Spermien nicht den schleimgefüllten Gebärmutterhalskanal überwinden müssen.35 31 Vgl. hierzu http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/zyklusoptimierung.htm. jede Übertragung des männlichen Samens in den Genitaltrakt der Frau, ohne stattfindenden Geschlechtsverkehr; gängigste Methode der künstlichen Befruchtung. Vgl. hierzu http://de.wikipedia.org/wiki/Insemination. 33 Vgl. hierzu http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/hormonstimulation.htm. 34 Samen des Mannes. Vgl. hierzu http://de.wikipedia.org/wiki/Sperma. 35 Vgl. hierzu http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/inseminationen.htm. 32 IV.2.4 Fremdsperma-Insemination/ Donogene Insemination Eine weitere Möglichkeit ist tiefgefrorenes Sperma aus speziellen Samenbanken für Inseminationen zu verwenden. In der Samenbank wird ein geeigneter Spender gesucht. Er darf keinerlei Infektionskrankheiten haben und sollte mit dem Partner in gewissen Merkmalen wie Nationalität, Blutgruppe, Größe, Statur, sowie Haar- und Augenfarbe übereinstimmen. Das tiefgefrorene Spendersperma wird in der Praxis aufgetaut und aufbereitet. Anschließend findet die Insemination statt.36 IV.2.5 Hodenbiopsie Für Männer, bei denen sich im Ejakulat keine Spermien befinden, besteht die Möglichkeit aus dem Hodengewebe Samenzellen zu gewinnen (Hodenbiopsie). Unter Narkose wird in einem kurzen operativen Eingriff eine Gewebeprobe aus dem Hoden entnommen. Lassen sich dort Spermien nachweisen, kann eine ICSI-Behandlung37 folgen. Diese Methode ist auch für Männer geeignet, die nach einer Sterilisation nun doch einen Kinderwunsch haben. Findet man jedoch auch bei der Hodenbiopsie keine Spermien, kann dem Paar nur eine Insemination mit Spendersperma empfohlen werden.38 IV.2.6 IVF Wenn alle anderen Therapiemethoden fehlschlagen, besteht die Möglichkeit der Invitro-Fertilisation (IVF). Es ist eine Befruchtung außerhalb des Körpers und diese besteht aus mehreren Schritten. 1.Stimulation Vor der Therapie wird zur Zyklusregulation die Anti-Baby-Pille eingenommen. Es gibt verschiedene Stimulationsprotokolle, bei denen die Frauen z.B. eine Spritze zum Unterdrücken der körpereigenen Hormone erhalten und anschließend mit der 36 Vgl. hierzu http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/donogen.htm. Methode der künstlichen Befruchtung, bei der das Spermium des Mannes direkt in eine Eizelle der Frau eingespritzt wird. Vgl. hierzu http://www.fertility-center-hh.de/weg_zum_kind/therapien/ivf_icsi.php. 38 Vgl. hierzu http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/hodenbiopsie.htm. 37 Hormonstimulation begonnen wird. Das andere Mal wird ein zweites Spritzenmedikament gegeben, das den vorzeitigen Eisprung verhindern soll. Die Hormonstimulation durch eine hohe Dosis FSH oder HMG soll bewirken, dass der Eierstock mehrere (ca. 6-10) Eibläschen bildet. HMG ist ein aus dem Urin gewonnenes Hormonpräparat, das eine definierte Menge von FSH enthält.39 Ultraschallkontrollen und Hormonwerte aus einer Blutprobe geben Aufschluss über das Stimulationsergebnis. Die Hormonstimulation wird 8-16 Tage fortgesetzt, bis die Eizellen bei einer Follikelgröße von ca. 20 mm reif sind. Noch vor dem medikamentös ausgelösten Eisprung finden die Eizellentnahme (Follikelpunktion) und die Spermaabgabe statt. 2.Follikelpunktion Bei der ultraschallgesteuerten Follikelpunktion wird durch die Scheide mit einer dünnen Hohlnadel in die Follikel eingestochen und die gesamte Follikelflüssigkeit abgesaugt. 3.IVF-Labor Im Labor werden die sich in der abgesaugten Follikelflüssigkeit befindlichen Eizellen herausgesucht, gezählt und mit den aufbereiteten Spermien des Partners in einer Nährlösung zusammengebracht, sodass anschließend automatisch die Befruchtung stattfindet. Unter dem Mikroskop kann man feststellen, wie viele der Eizellen befruchtet wurden (ca. 50-70%). Ein Anzeichen für eine Befruchtung ist das Vorhandensein von zwei Zellkernen (Vorkernstadien), die später miteinander zu einem Embryo verschmelzen. Bei den für den Embryotransfer ausgewählten befruchteten Eizellen (Vorkernstadien) erfolgt im Brutschrank die Zellteilung, bis sie sich im 4- bis 8-Zellstadium befinden, was zwei bis drei Tage nach der Follikelpunktion der Fall ist. Dann kommt es zum Embryotransfer. 4.Embryotransfer Unter Ultraschallsicht werden die 4- bis 8-zelligen Embryonen mit einem weichen Plastikschlauch in die Gebärmutterhöhle eingesetzt. 39 Vgl. hierzu http://www.ivf-nuernberg.de/index.php?id=34. 5.Schwangerschaftstest Nun müssen sich die Embryonen weiterentwickeln und in der Gebärmutterschleimhaut festsetzen. 14 Tage nach dem Embryotransfer wird mit einer Blutprobe beim Frauenarzt oder in der Kinderwunschpraxis der Schwangerschaftstest durchgeführt.40 IV.2.7 ICSI Eine spezielle Methode der künstlichen Befruchtung ist die ICSI (Intracytoplasmatische Spermieninjektion). Sie wird angewendet, wenn die Spermien des Mannes (Spermauntersuchung) nicht von selbst in die Eizelle der Frau eindringen können und bei der herkömmlichen IVF-Behandlung somit keine Chance auf eine Befruchtung bestehen würde. Bei der ICSI-Methode wird deshalb im Labor direkt ein Spermium in jede Eizelle eingebracht. Vor der Therapie wird beiden Partnern eine Chromosomenanalyse empfohlen. Die ICSI-Methode unterscheidet sich nur durch einen zusätzlichen Arbeitsgang im Labor von der IVF-Methode, für das Paar gibt es keinen Unterschied. Nach der Follikelpunktion bei der Frau und der Spermaabgabe des Mannes, wird in jede speziell vorbereitete Eizelle der Frau ein einzelnes Spermium des Partners eingespritzt. Unter dem Mikroskop wird die Eizelle mit einer Glaskapillare41 angesaugt und festgehalten. Ein gut bewegliches Spermium wird in eine weitere Glaskapillare aufgezogen und direkt in die Eizelle eingebracht.42 IV.2.8 Behandlungszyklus mit kryokonservierten Vorkernstadien43 (sog. Kryozyklus) Es besteht die Möglichkeit bei der IVF-Therapie sowie bei der ICSI-Therapie überzählige entwicklungsfähige Vorkernstadien einzufrieren, um sie dann vor dem geplanten Embryotransfer im IVF-Labor wieder aufzutauen. Jedoch überleben etwa ein Drittel der Zellen nicht. Dann wird zunächst die Weiterentwicklung der befruchteten Eizellen beobachtet und anschließend erfolgt der Embryotransfer, der dann genau wie bei der IVF- oder ICSI-Therapie abläuft. 40 Vgl. hierzu http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/ivf.htm. dünnes Röhrchen aus Glas mit einem Innendurchmesser von ca. 0,1 bis 1 mm. Vgl. hierzu http://flexikon.doccheck.com/Glaskapillare. entnommen am 25.5.08). 42 Vgl. hierzu http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/icsi.htm. 43 in flüssigem Stickstoff eingefrorene und auf diese Weise haltbar gemachte Vorkernstadien. Vgl. hierzu http://de.wikipedia.org/wiki/Kryokonservierung. 41 Da für den Kryozyklus der Aufbau der Gebärmutterschleimhaut sehr wichtig ist, werden, bis die Gebärmutterschleimhaut den richtigen Durchmesser hat, Östrogentabletten eingenommen. Das Wachstum der Gebärmutterschleimhaut wird mit Ultraschallkontrollen beobachtet und drei Tage vor dem Embryotransfer wird mit dem Einführen von Utrogest-Tabletten in die Scheide begonnen, damit sich die Gebärmutterschleimhaut umwandelt.44 IV.2.9 Therapie/Blastozystenkultur Aufgrund modernster Forschungsergebnisse besteht heutzutage die Möglichkeit Embryonen in vitro (außerhalb des Körpers) fünf bis sechs Tage zu kultivieren. Der Embryo teilt sich unter optimalen Bedingungen immer weiter, bis er am Tag 5 in ein 64- bis 128-Zellstadium gelangt, was als Blastozyste bezeichnet wird. Durch das spätere Zurücksetzen kann man die Entwicklung der Embryonen länger beobachten. Man stellt fest, dass nur etwa jede dritte befruchtete Eizelle das Blastozystenstadium erreicht und auch diese Unterschiede zeigen. Durch die Kultur mehrerer Embryonen, kann man nun die mit dem besten Entwicklungspotenzial erkennen. Das ist jedoch nur im Ausland möglich, denn Vorkernstadien werden in Deutschland nicht geschützt, Embryonen allerdings durch das Embryonenschutzgesetz schon. Es dürfen maximal drei Embryonen im Labor entstehen, nur so viele wie auch eingesetzt werden. Die übrigen Vorkernstadien, die nicht weiter zu Embryonen kultiviert werden sollen, müssen deshalb in Deutschland nach Absprache mit dem Paar eingefroren (für weitere Kryotransfers) oder verworfen werden.45 IV.3 Erfolg und Risiko Es ist eindeutig ersichtlich, dass die Palette an Therapiemöglichkeiten groß ist. Doch sie ist nicht endlos und auch die vielen Methoden der Kinderwunschmedizin führen nicht immer zum langersehnten Erfolg. Inwiefern ist die Hilfestellung der Kinderwunschpraxis also auch wirklich reelle Chance und nicht nur leeres Versprechen? 44 45 Vgl. hierzu http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/kryozyklus.htm. Vgl. hierzu http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/blasto.htm. Von allen Paaren, die wegen unerfülltem Kinderwunsch ein IVF-Zentrum aufsuchen, kann 70 bis 80 % zu einem eigenen Kind verholfen werden.46 Genaue Angaben zur Wahrscheinlichkeit durch eine Behandlung ein Kind zu bekommen, können jedoch nicht gemacht werden, da der Erfolg von der individuellen Ursache der Kinderlosigkeit, sowie den angewendeten Behandlungsmethoden abhängig ist.47 Außerdem können Erfolgschancen durchaus unterschiedlich interpretiert werden. Bei Inseminationen mit Spendersperma wird zum Beispiel von „sehr guten Erfolgschancen“48 gesprochen. Tatsächlich liegen die Schwangerschaftschancen pro Behandlungszyklus bei 20%.49 Und ob man 20% als „sehr gute“ Chance bezeichnet, bleibt in der Bewertung jedem selbst überlassen und ist sicherlich auch von der Situation abhängig, in der man sich gerade befindet. Bei der IVF-Therapie wird empfohlen beim Embryotransfer zwei Embryonen zurücksetzen zu lassen. In Zahlen ausgedrückt liegt die durchschnittliche Schwangerschaftswahrscheinlichkeit dann bei ca. 25 bis 30%. Allerdings bekommen von den schwanger gewordenen Frauen ca. 15% Zwillinge und die Schwangerschaftsrate sinkt ab dem 40. Lebensjahr der Frau. Von der rechtlichen Situation aus gesehen, dürfen bis zu drei Embryonen transferiert werden. Dadurch werden die Schwangerschaftschancen jedoch nicht wesentlich verbessert, sondern man geht viel mehr das Risiko einer Drillingsschwangerschaft ein.50 Für die ICSI-Therapie gilt das Gleiche. Diese Methode wird laut der Kinderwunschpraxis von Dr. Ulrich Göhring seit über 10 Jahren „erfolgreich“ angewendet und Untersuchungen zeigen, dass die Methode selbst nicht zu einer erhöhten Fehlbildungsrate der geborenen Kinder führt.51 Jedoch dürfen auch die gesundheitlichen Risiken, die eine Kinderwunschbehandlung für die Frau mit sich bringt, nicht außer Acht gelassen werden. So ist zum Beispiel ein Kryozyklus mit kryokonservierten Vorkernstadien weitaus weniger belastend als eine IVF- bzw. ICSI-Therapie mit Embryotransfer mit „frischen Embryonen“, da die Embryonen ohne vorherige hochdosierte Hormonstimulation mit 46 Vgl. hierzu http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/start.htm. Vgl. hierzu http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/start.htm. 48 http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/hodenbiopsie.htm. 49 Vgl. hierzu http://www.kinderwunschpraxis.com/DE/inhalte/leistungen/fragen-insem.htm. 50 Vgl. hierzu http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/ivf.htm. 51 Vgl. hierzu http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/icsi.htm. 47 Follikelpunktion zurückgesetzt werden. Allerdings stehen hier auch die Chancen, schwanger zu werden, schlechter.52 Bei der Blastozystenkultur, bei der die Embryonen bis zu fünf Tage außerhalb des Körpers kultiviert werden und dann als Blastozyste zurückgesetzt werden, konnten wissenschaftliche Studien in Deutschland keinen Vorteil der verlängerten Kultur zeigen. Solch ein Vorteil wäre nämlich nur vorhanden, wenn die Möglichkeit bestünde aus mehreren Embryonen die entwicklungsfähigsten auszusuchen. Da in Deutschland aber maximal drei Embryonen über das Vorkernstadium hinaus weiterkultiviert werden dürfen, zeigte eine in Deutschland durchgeführte Studie sogar etwas schlechtere Schwangerschaftsraten nach Blastozystentransfer im Vergleich zum Embryotransfer am Tag 2 bis 3.53 Zahlen, Studien und Statistiken hin oder her: Alle Ergebnisse sind Durchschnittswerte, somit relativ und alles andere als sicher. Nur eins ist sicher: Garantie für eine Schwangerschaft gibt es keine. Deshalb sollte sich ein Paar gründlich überlegen, ob es die hohen Kosten und die zweifellos bestehenden Risiken auf sich nimmt, um dann am Ende vielleicht doch wieder enttäuscht zu werden. IV.4 Für wen?/Kosten Bleibt noch die Frage zu klären, für wen solch eine Behandlung möglich ist. In der Kinderwunschpraxis Dr. Ulrich Göhring stehen auch unverheirateten Paaren alle Behandlungsmöglichkeiten offen, auch Spendersamen.54 Jedoch muss das Paar vor Therapiebeginn einen Notar aufsuchen und die gemeinsame Elternschaft des zukünftigen Kindes anerkennen und damit den Samenspender von eventuellen späteren Unterhaltsansprüchen entlasten.55 Doch wer kann sich diese Therapie überhaupt leisten? Bei allen Therapien muss vor Beginn zunächst ein Antrag auf Kostenübernahme bei der jeweiligen Krankenkasse gestellt werden.56 Fremdsperma-Inseminationen gehören zum Beispiel nicht zu den Leistungen der Krankenkassen57 und man muss mit Kosten in 52 Vgl. hierzu http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/kryozyklus.htm. Vgl. hierzu http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/blasto.htm. 54 Vgl. hierzu http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/leistungen.htm. 55 Vgl. hierzu http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/donogen.htm. 56 Vgl. hierzu http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/ivf.htm. 57 Vgl. hierzu http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/donogen.htm. 53 Höhe von ca. 2800 Euro rechnen.58 Die Kryokonservierung von Samenzellen, imprägnierten Eizellen oder Embryonen gehört ebenfalls nicht in den Leistungskatalog der Krankenkassen. Das Einfrieren inklusive sechsmonatiger Lagerung kostet 480 Euro, jeder Auftauzyklus mit Zyklusmonitoring in der Praxis von Dr. Ulrich Göhring 535 Euro, zuzüglich Medikamente.59 Die Kosten für das Erstgespräch, sowie für die Diagnostik bis zur Festlegung einer Therapie werden von den Krankenkassen übernommen. Bei reproduktionsmedizinischen Leistungen wie Inseminationen, IVF und ICSI übernimmt bei gesetzlich Versicherten die Krankenkasse 50% der Kosten. Jedoch ist die Anzahl der Versuche eingeschränkt. Außerdem müssen für eine Kassenerstattung einige Voraussetzungen erfüllt sein, zum Beispiel muss das Paar verheiratet sein, das Alter der Frau zwischen 25 und 39 Jahren und das Alter des Ehemannes zwischen 25 und 49 Jahren liegen. Zusätzlich müssen beide Ehepartner HIV-negativ sein und nach einer Sterilisation besteht kein Anspruch auf Leistungen zur künstlichen Befruchtung, nach Geburt eines Kindes hat das Ehepaar jedoch erneuten Anspruch auf eine Kassenerstattung. Auf ein gesetzlich versichertes Paar kommen so Kosten von ca. 100 Euro bei einer spontan Insemination bis zu ca. 1700 Euro bei einer ICSI-Therapie zu, wobei die Kosten für Medikamente sehr unterschiedlich sein können. Bei privaten Krankenversicherungen können die vertraglichen Regelungen stark variieren. Auf jeden Fall sollte vor Behandlungsbeginn geklärt werden, ob und welche Maßnahmen der künstlichen Befruchtung bezahlt werden, vor allem wenn ein Partner gesetzlich und der andere privat versichert ist. Bei sogenannten Selbstzahlern, Patienten ohne Kostenübernahmemöglichkeit durch eine Krankenkasse, betragen die Gesamtkosten für ein Paar zwischen ca. 300 Euro für eine spontan Insemination und ca. 4200 Euro für eine ICSI-Therapie.60 58 Vgl. hierzu http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/fragen-insem.htm. Vgl. hierzu http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/fragen-kryo.htm. 60 Vgl. hierzu http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/kosten.htm. 59 V. Inwiefern ist die Hilfestellung der Kinderwunschpraxis (ethisch gesehen) eine gute Sache? V.1 Hinführung Wenn man sich die Frage stellt, ob die Hilfeleistung der Kinderwunschpraxis (ethisch) als sinnvoll anzusehen ist oder nicht, muss erst geklärt werden, ob man generelle Hilfestellung beim Kinderwunsch befürwortet oder nicht. Wissenschaft und Forschung sind nicht „wertfrei“, vor allem nicht in diesem speziellen Fall. Im Horizont christlichen Glaubens wird Gott als Schöpfer, als Herr der Welt und damit als Herr des Lebens gesehen. Er hat alles Leben erschaffen, auch und vor allem das menschliche Leben. Ein menschliches Eingreifen in diesen Prozess der „Lebensschaffung“, in diesen „Schöpfungsprozess“, stellt sittliche Werte wie „menschliches Leben“, „Würde der Person“ und „persönliche Identität“ in Frage.61 Wenn man nicht davon ausgeht, dass menschliches Leben mit der ersten Zellteilung nach der Vereinigung von Eizelle und Samenzelle beginnt, sondern man annimmt, menschliches Leben beginne schon beim „Zusammenkommen“, beim „SichVereinigen“ der Ei- und Samenzelle und dieses „Sich-Vereinigen“ künstlich herbeigeführt wird, stellt dieser Prozess dann nicht einen Eingriff in das menschliche Leben dar? Vielleicht ist „Eingriff in das menschliche Leben“ der falsche Ausdruck. Vielmehr wird die wichtigste Voraussetzung, die Grundvoraussetzung für die Entstehung eines Menschen, das Zusammenfinden von Ei- und Samenzelle manipuliert. Was gibt dem Menschen das Recht aus der Entstehung eines Menschen, aus diesem Wunder der Natur, ein Wunder der Wissenschaft, der Forschung und der Medizin zu machen? V.2 Rahmenbedingungen V.2.1 Freiheit in der Forschung - mit Grenzen verbunden „GG Art. 5, Abs. 3 garantiert die Freiheit von Wissenschaft und Forschung.“62 Doch auch Freiheit ist mit Grenzen verbunden. Es gibt in der Realität keine grenzenlose Freiheit. Im Horizont christlichen Glaubens stellen Werte und Normen wie Verantwortung für das eigene Leben, das eigene Handeln, die Mitmenschen, den Lebensraum oder das Leben überhaupt solche Grenzen dar. Freiheit eines Forschers 61 62 Vgl. hierzu FREUDENBERG/GOßMANN 1988, S. 211. FREUDENBERG/GOßMANN 1988, S. 212. bedeutet auch Selbstbeschränkung. Selbstbeschränkung dort, wo die Gefahr droht ethische Grenzen zu überschreiten, dort wo die Würde des (werdenden) menschlichen Lebens in Gefahr ist.63 V.2.2 Der Mensch in der Bibel- Ebenbild Gottes Nach der Überlieferung von Gen 1, 26 ff. erschuf Gott die Menschen als sein Ebenbild, als Mann und Frau. Er gab ihnen die Herrschaft über die Welt, sie sollten sich vermehren, die Erde füllen und sie sich untertan machen.64 Doch hat Gott den Menschen damit jegliches Recht des Gestaltens und Umgestaltens „übertragen“? Welche Ziele, welche gemeinsamen Ziele der gesamten Menschheit sollen dann verfolgt werden und welche Wertmaßstäbe gelten? Wo liegen Grenzen dieser Herrschaft? Oder sind diese Grenzen schlichtweg nicht vorhanden? Im Horizont christlichen Glaubens betrachtet, darf diese Herrschaft auf keinen Fall ausgenutzt werden. Man muss mit dem von Gott Geschaffenen verantwortungsbewusst umgehen, es ehren und respektieren. Gott erschuf den Menschen als sein Ebenbild. Bedeutet das, dass alles „natürlich Gegebene“ einer menschlichen Person eine göttliche Gabe darstellt? Bedeutet das, dass man die Unfruchtbarkeit akzeptieren sollte, vielleicht sogar ehren anstatt zu manipulieren?65 V.3 Unfruchtbarkeit in der Realität Die Realität sieht anders aus. Unfruchtbarkeit bedeutet Andersartigkeit. Und Andersartigkeit wird nicht akzeptiert. Meistens weder von den Betroffenen, noch von ihrem Umfeld. Seit 50 Jahren zeugen Wissenschaftler und Ärzte Kinder mit Spendersamen. Bis heute sind in Deutschland rund 100 000 Kinder mit Spendersamen, auf diese Art und Weise gezeugt worden. Seit 30 Jahren besteht die Möglichkeit einer Schwangerschaft mit fremden Eizellen. Es ist ein komplizierter Weg der Reagenzglasbefruchtung, doch modernste Technik und Methoden machen ihn möglich.66 63 Vgl. hierzu FREUDENBERG /GOßMANN 1988, S. 212-213. Vgl. hierzu http://www.die-bibel.de/nc/online-bibeln/luther-bibel-1984/lesen-im-bibeltext. 65 Vgl. hierzu FREUDENBERG/GOßMANN 1988, S. 212-213. 66 Vgl. hierzu „Ich suche meinen Samenspender“. In: Brigitte, S. 112-114. 64 Aus Sicht der betroffenen Paare, die sich für die Hilfestellung durch die Kinderwunschpraxis entschieden haben, ist klar: Kinderwunschbehandlungen sind eine gute Sache, sonst hätten sie sich nicht bewusst dafür entschieden. Für sie ist die moderne Medizin die letzte Hoffnung, ihre Vorteile überwiegen die Nachteile bei weitem. Doch nimmt man den Blickwinkel der so entstandenen Kinder ein, erscheint die Kinderwunschpraxis in einem ganz anderen Licht. Aus dem rosaroten Traum der Paare wird ein schwarzer Albtraum der Kinder, die mit ihrer Entstehung nicht zurechtkommen. In den folgenden Kapiteln meiner Arbeit möchte ich mich deshalb mit diesen beiden Perspektiven getrennt voneinander beschäftigen, um so eine Antwort auf die Frage zu finden, ob die Einrichtung von reproduktionsmedizinischen Praxen sinnvoll ist oder nicht. Die bei „Rahmenbedingungen“ bereits kurz angesprochene Perspektive der Forscher und Mediziner möchte ich bewusst nicht weiter vertiefen, da deren Sichtweise neue Maßstäbe ins Spiel bringen würde. Nicht mehr nur das Wohl des Paares und des Wunschkindes stünde im Mittelpunkt, sondern vielmehr ginge es um Themen wie Geld, Ruhm, Erfolg und Ansehen. V.4 Die Kinderwunschpaare im Mittelpunkt Für Paare mit unerfülltem Kinderwunsch mögen Aussagen wie „Vielleicht ist es Schicksal“, „Gott will es nicht“ oder „Es soll halt einfach nicht sein“ wie purer Hohn klingen. Nach langen Überlegungen begeben sie sich oftmals auf den komplizierten Weg, entscheiden sich für eine Kinderwunschbehandlung. Wurde dieser Weg erfolgreich beschritten, liegen in den meisten Fällen eine Zeit des Schmerzes und Momente voller Verzweiflung hinter dem Paar. Doch sie konnten sich ihren sehnlichsten Herzenswunsch, ein eigenes Kind, erfüllen. Wenn man dann die glücklichen Eltern sieht, wie sie ihr so sehnlich erwartetes Kind im Arm halten, das perfekte Familienglück nach einem so harten „Kampf“ endlich vollständig ist, ist es schwierig, Argumente gegen die Hilfestellung beim Kinderwunsch zu finden. Auch viele Christen, die prinzipiell gegen Kinderwunschbehandlungen sind, sind dann der Meinung, das muss doch der Wille Gottes sein, dass Menschen glücklich auf der Welt leben. Und er gab ihnen die Aufgabe sich zu vermehren, wenn es ohne Hilfe eben nicht klappt, warum soll man sich dann nicht die moderne Medizin zu nutze machen? Zumal diese Kinder wahre Wunschkinder sind. Sie sind der extreme Gegensatz zu ungewollten Kindern, im Volksmund als sogenannte „Unfälle“ bezeichnet, die schlimmstenfalls in verdreckten Kinderzimmern verwahrlosen. Nein, diese Kinder sind gewollt. Diese Eltern sind reiflich überlegte und überzeugte Eltern. Sie ließen sich von keinen Kosten und Mühen abschrecken und diesen „Wunschkindern“ steht meistens eine glückliche Kindheit mit liebevollen Eltern bevor. V.5 Die heutige Einstellung: Recht auf ein Kind Doch auf der anderen Seite unterstützen solche reproduktionsmedizinischen Praxen die heutige, durchaus als negativ zu betrachtende Einstellung in der Gesellschaft, alles sei planbar und durch Geld käuflich. Selbst Kinder, Geschenke Gottes, Geschenke der Natur werden zu Geschenken der Medizin und mit Geld käuflich. 1990 formulierte die World Health Organisation (WHO) die heutige Sichtweise von Fruchtbarkeit: „Jedes Paar hat das Recht auf ein Kind.“ Nicht das Schicksal bestimmt das Kinderkriegen, es ist längst eine Frage der fortschrittlichen Medizin geworden. Jeder darf mit Hilfe moderner Kinderwunschzentren dieses ihm zugesprochene „Recht“ in Anspruch nehmen, egal ob sich Körper oder Geist -vielleicht auch unbewusstdagegen wehren. Doch dieser Slogan enthält nichts weiter als leere Versprechen, aufgeblasen wie große Seifenblasen. Er gibt unzähligen Paaren die Hoffnung, ihr Wunsch vom eigenen Kind sei realisierbar. Doch nicht selten platzen diese Seifenblasen und der Schmerz und die Enttäuschung darüber sind umso größer, sind die Paare doch überzeugt davon, ihr vermeintliches „Recht“ stehe ihnen eindeutig zu. Denn selbst die hoffnungsvollsten und vielversprechendsten Methoden der Kinderwunschpraxen können längst nicht jedem Paar zu einem Kind verhelfen. Und das ist aus diesem Blickwinkel betrachtet vielleicht auch ganz gut. Natürlich wünscht man niemandem diese unglaubliche Enttäuschung, wie sie die Paare, die trotz Kinderwunschbehandlung kinderlos bleiben, spüren. Doch das zeigt, dass selbst heute im 21. Jahrhundert eben nicht alles planbar und käuflich ist.67 67 Vgl. hierzu HOFFMANN 2007, S. 186-187. V.6 PID - notwendige Weiterführung der Evolution oder krankhafter Perfektionismus? Ein weiterer zu prüfender Sachverhalt ist, dass dem durch eine in-vitro-Fertilisation (IVF) gezeugten Embryo Zellen entnommen werden können, deren DNA (Erbgut) auf genetische Schäden untersucht werden kann. Die entnommenen Zellen werden dabei, aufgrund des Untersuchungsverfahrens, zerstört. Liegt eine schwere genetische Schädigung vor, wird der Embryo unter Umständen nicht in die Gebärmutter übertragen. Man nennt dieses Verfahren Präimplantationsdiagnostik (PID). Die schwerwiegende grundsätzliche ethische Entscheidung, den Embryo in den mütterlichen Organismus zu übertragen, liegt zunächst in der Verantwortung des betroffenen Paares und dann, bedingt durch das durchzuführende medizinische Verfahren, ebenfalls beim Arzt. Dieser wird in diesem Falle vom „Schöpfer“ (neuen menschlichen Lebens) zum „Henker“ (wenn das „neue Leben“ nicht den Erwartungen entspricht). In Deutschland ist dieses Verfahren, im Gegensatz zu anderen Ländern, nicht zugelassen. Die Befürworter der PID sind der Meinung, dass für Familien mit Erbkrankheiten dies die einzige Hoffnung sei, ein gesundes Kind mit künstlicher Hilfe in die Welt zu setzen. Der Konflikt der Ärzte besteht darin, dass PID nach geltendem Gesetz zwar zulässig ist, nach geltendem Berufsrecht jedoch nicht. Die Gegner der PID argumentieren, dass es kein absolutes Recht auf ein gesundes Kind gibt und das Lebensrecht des Embryos Vorrang hat. Außerdem besteht die Gefahr, dass PID Gesundheit und Fitness zur gesellschaftlichen Norm macht. Behinderten und chronisch Kranken wird dadurch die Menschenwürde abgesprochen und es wäre ein entscheidender Schritt in Richtung „Züchtung von Wunschmenschen“ bis hin zum „hochleistungsfähigen, hochintelligenten Arbeitsmenschen“. Bislang dient PID der Ausschließung von Erbkrankheiten, doch Kritiker befürchten, dass irgendwann auch die Intelligenz, die Funktionsfähigkeit, die sportliche Leistungsfähigkeit und das Aussehen nach Wunsch „gezüchtet“ werden. Man kann solch ein Verfahren als „notwendige Weiterführung der Evolution“ sehen. Der Mensch nützt seine, im Verlauf der bisherigen Evolution gewonnenen und erworbenen Fähigkeiten aus, die „Weiterführung der Evolution“ jetzt selbst in die Hand zu nehmen. Doch andererseits stellt sich die Frage, ob nicht genau hier die Menschheit ein Recht auf „Ungewissheit“ und „Unsicherheit“ hat.68 Das macht das Leben doch aus, macht es lebenswert, macht es spannend und unterscheidet es von einem programmierbarem Computerspiel: die Ungewissheit, die unvorhersehbaren Höhen und Tiefen eines jeden Einzelnen. Und jeder, der einmal mit Behinderten oder chronisch Kranken gearbeitet oder (zusammen)gelebt hat, wird von deren unglaublicher Kraft, ihrem Lebensmut, ihrer Ausgelassenheit und ihrer Offenheit gegenüber anderen begeistert sein. Und er wird merken, dass gerade diese Menschen, wenn man offen und unvoreingenommen auf sie zugeht, einem unglaublich viele unvergessliche Erlebnisse und Erfahrungen schenken und das menschliche Zusammenleben enorm bereichern können. Was gibt uns also das Recht, diesen Menschen ihr „Lebensrecht“ abzusprechen? V.7 Die Wunschkinder im Mittelpunkt V.7.1 Das Ideal: Offenheit von Anfang an Viel wissenschaftlicher Aufwand wurde betrieben, was die künstliche Befruchtung angeht. Doch kaum ein Gedanke wurde an den Umgang mit den auf diese Weise entstandenen Kindern „verschwendet“. Psychologen warnen immer wieder: Beziehungen kann man nicht auf einer Lüge aufbauen und es ist bewiesen, dass Familiengeheimnisse der Persönlichkeitsentwicklung schaden. Die Eltern sollten von Anfang an offen und ehrlich gegenüber ihren Kindern sein und es sollte so früh wie möglich mit der spielerischen Aufklärung der Kinder über ihre Entstehung (z.B. über bereits erschienene Bilderbücher) begonnen werden. Doch diese Ratschläge nehmen sich bislang leider nur die wenigsten Eltern zu Herzen- sehr zu Lasten des Kindes.69 V.7.2 Die Realität: Die Eltern schweigen häufig zu lange Thomas Katzorke ist Leiter der größten deutschen Samenbank in Essen und er schätzt, dass von den 100 000 Spenderkindern mindestens 90 000 nicht wissen, wie sie gezeugt wurden. Die Eltern schweigen aus verschiedenen Gründen: Manchen ist es einfach peinlich vor dem Kind die Zeugungsunfähigkeit eingestehen zu müssen. Andere wollen das Kind 68 69 Vgl. hierzu http://www.gyn.de/kinderwunsch/pid.php3. Vgl. hierzu „Ich suche meinen Samenspender“. In: Brigitte, S. 114-116. nicht „unnötig“ belasten, wollen vermeiden, dass es zum Außenseiter wird. Die Befürchtung, der soziale Vater werde nicht anerkannt, ist ein weiterer Grund für das Schweigen und teilweise bangen die Eltern um ihre makellose Familiengeschichte. Oftmals ist es aber einfach nur Hilflosigkeit, die richtigen Worte zu finden. Wenn die Spenderkinder dann doch von ihrer „Entstehung“ erfahren, zieht die Information ihnen oftmals den Boden unter den Füßen weg. Die britische Psychologin Amanda Turner erfuhr im Alter von 19 Jahren, dass ihr biologischer Vater ein Samenspender war. Sie startete eine Unfrage unter „Spenderkindern“ zwischen 25 und 55 Jahren. Das Ergebnis ist erschütternd: Fast allen wurde ihre „Entstehungsgeschichte“ jahrelang verschwiegen und sie erfuhren von ihrer künstlichen Zeugung unter widrigen Umständen, wie bei einem Familienstreit, der Trennung, dem Tod der Eltern oder als sie selber erkrankten. Erfährt das Kind erst spät, meist im jungen Erwachsenenalter von seiner künstlichen Zeugung, führt dies häufig zu schwerwiegenden Identitätsproblemen bis hin zur Lebenskrise.70 V.7.3 Die Bekanntgabe - Sowohl Bestätigung unbestimmter Kindheitsahnungen, als auch Schock Nicht selten finden „Spenderkinder“ in der Information über ihre „Entstehung“ die Antwort auf unbestimmte Kindheitsahnungen, wie den Zweifel an der Ähnlichkeit mit den restlichen Familienmitgliedern, dem Gefühl, dass sich der Vater ihnen gegenüber im Vergleich zu den Geschwistern distanzierter verhält oder sie haben nun den Grund für ausweichende Antworten und irritierte Blicke der Eltern auf existenzielle Fragen. Auf jeden Fall ist für die betroffenen Kinder die Information ein Schock und oftmals kommt ihnen ihr bisheriges Leben wie eine einzige große Lüge vor. Jeder Mensch hat das Bedürfnis zu wissen, woher er kommt, von wem er abstammt und wo seine Wurzeln liegen und will dieses Wissen auch an seine eigenen Kinder weitergeben. Bei einem Großteil der „Spenderkinder“ befindet sich an der Stelle dieses Wissens eine große Leerstelle, es klafft eine dunkle Lücke, ein schwarzes Loch.71 70 71 Vgl. hierzu „Ich suche meinen Samenspender“. In: Brigitte, S. 114-116. Vgl. hierzu „Ich suche meinen Samenspender“. In: Brigitte, S. 114-117. V.7.4 Der Blick in den Spiegel Beim Blick in den Spiegel kommen bei den „Spenderkindern“ Fragen auf, wie „Wer bin ich wirklich?“, „Wo komme ich eigentlich her?“ oder „Was habe ich von dem Unbekannten?“. Auf der einen Seite erscheinen in ihren Köpfen Wunschbilder, z.B. dass sich der Unbekannte über ihre Bekanntschaft sicherlich freuen würde, er vielleicht sogar selber auf der Suche nach ihnen wäre und er bestimmt einen guten Charakter und ähnliche Interessen wie sie selbst hätte. Auf der anderen Seite herrscht in ihnen ein einziges Gefühlschaos, oftmals zuerst pure Verzweiflung, später dann blinde Wut. Wut auf die Eltern, von denen sie so lange betrogen und belogen wurden. Wut auf die Kinderwunschklinik, die häufig alle Daten über den Spender vernichtet hat und Wut auf den Gesetzgeber, der das Recht der Kinder auf Kenntnis ihrer Abstammung nicht unterstützt.72 V.7.5 Die rechtliche Situation: Das fehlende Gesetz 1989 legte das Bundesverfassungsgericht fest, dass Kinder ein Recht auf Information über ihre eigene Abstammung haben, ein Gesetz dafür fehlt jedoch in Deutschland. Die Richtlinie der Bundesärztekammer zur „Durchführung der assistierten Reproduktion“ regelt in Deutschland seit 2006 die Samenspende. Sie empfiehlt, die persönlichen Spenderdaten zu dokumentieren und aufzubewahren. Doch nach wie vor ist ungeklärt unter welchen Voraussetzungen Kinder Zugang zu diesen Informationen bekommen sollen. Für Eltern, die auf Offenheit bestehen, ist das Aufsuchen einer reproduktionsmedizinischen Praxis, die den Wunsch nach Offenheit respektiert und die anschließende vertragliche Festlegung beim Notar die bislang einzige Möglichkeit. Reproduktionsmediziner und Samenbankbetreiber sind gegenüber solchen Regelungen eher skeptisch eingestellt. Sie bangen um ihr Geschäft, befürchten, dass sich nicht mehr genug Spendenwillige finden ließen. Deshalb ist in den meisten Ländern die anonyme Samen- und Eizellspende vorgeschrieben.73 72 73 Vgl. hierzu „Ich suche meinen Samenspender“. In: Brigitte, S. 114-117. Vgl. hierzu „Ich suche meinen Samenspender“. In: Brigitte, S. 114-117. V.7.6 Die Antwort der Betroffenen: Organisationen Doch die Wunschkinder fordern ihr Recht ein, zu wissen von wem sie abstammen und vereinigen sich in Organisationen wie den „Donor Kids“ (= „Spenderkinder“). Das britische „Donor Conception Network“, eine Elternorganisation mit über 1 000 Mitgliedern, die meisten Eltern von „Spenderkindern“, unterstützt die „Donor Kids“. Das Netzwerk brachte das Thema an die Öffentlichkeit und enttabuisierte es damit. Mit Erfolg: Seit 2005 gibt es in England keine anonyme Keimzellspende mehr. Die persönlichen Daten jedes Samenspenders und jeder Eizellspenderin werden in einem nationalen Register dokumentiert und Kinder ab 18 Jahren können, wenn sie es wollen, ihre genetische Abstammung erfahren. Jedoch müssen auch hier die Eltern die Kinder zunächst einmal über ihre „Entstehung“ aufklären. Doch Großbritannien bildet mit seinem „Prinzip der Offenheit“ bislang eine Ausnahme. „Spenderkinder“ in anderen Ländern wie Deutschland haben kaum eine Möglichkeit ihren genetischen Vater oder eventuelle Halbgeschwister zu finden. Meistens können sie nur im Internet ihr Glück versuchen. Zum Beispiel hat sich der britische „Donor Link“ die Zusammenführung von „Spenderkindern“ untereinander, sowie mit ihren genetischen Eltern zum Ziel gesetzt. Voraussetzung für die Zusammenführung ist eine DNA-Probe, damit das Erbgut im Labor miteinander verglichen werden kann. Im amerikanischen „Donor Sibling Registry“ sind 15 500 Menschen registriert, die mit Hilfe von SpenderIdentifikationsnummern, dem Namen der Samenbank oder der Eizell-Agentur ihre genetischen Verwandten finden wollen.74 V.8 Mögliche Alternativen zur reproduktionsmedizinischen Praxis Macht man sich solche Gedanken über die Probleme dieser Kinder, erscheint einem die reproduktionsmedizinische Praxis in einem ganz anderen Licht. Es mag sein, dass sie die Eltern wunschlos glücklich macht, doch andererseits die so entstandenen Kinder vielleicht todunglücklich. Sicher nicht immer, einige trösten sich mit dem Gedanken, dass man ja auch Menschen mit einem anderen Erbgut, wie zum Beispiel den Partner oder die Partnerin lieben kann.75 Doch für viele stellt dies, zumindest zunächst, keinen Trost dar. 74 75 Vgl. hierzu „Ich suche meinen Samenspender“. In: Brigitte, S. 116-117. Vgl. hierzu „Ich suche meinen Samenspender“. In: Brigitte, S. 114. Angesichts dieser Tatsache sollten sich Paare mit einem, auf natürlichem Wege unerfüllten Kinderwunsch nach möglichen Alternativen umsehen und vielleicht eine andere Lebensaufgabe, einen anderen Bereich, in dem sie ihre Erfüllung finden, suchen. Doch sicherlich prägt und bereichert einen nichts so sehr wie die Geburt, die Erziehung und das Aufwachsen der eigenen Kinder. V.8.1 Der Weg des bewussten Nichtstuns Wenn sich Paare mit bisher unerfülltem Kinderwunsch gegen eine Kinderwunschbehandlung entscheiden, heißt das nicht, dass sie somit keine Hoffnung auf ein eigenes Kind haben. Denn auch der Weg des bewussten Abwartens und Nichtstuns ist ein Weg. Viele Paare würden an dieser Stelle sicherlich behaupten, sie hätten doch schon ewig gewartet, jeden Monat von neuem das bange Warten, ob die Regelblutung der Frau endlich ausbleibt oder nicht. Und jedes Mal von neuem die unbeschreibliche Enttäuschung, verbunden mit tiefer Verzweiflung. Gerade diese Paare sollten versuchen Abstand zu gewinnen. Abstand von allem Hoffen und Bangen, Abstand von allen negativen Schwangerschaftstests. Sie sollten, so schwer das auch klingen mag, zumindest versuchen, sich neue Perspektiven, neue Ziele zu eröffnen. Und vielleicht tritt gerade dann, wenn man sich von dem ständigen „Daraufwarten“ verabschiedet hat, doch noch eine Schwangerschaft ein. Ganz ohne Forschung und Medizin, einfach durch „Loslassen“ und Abstand gewinnen. Denn dieses „Daraufwarten“ ist mit enormem Stress und Druck verbunden, was sich wiederum negativ auf die Schwangerschaftschancen auswirken kann. Und einerseits tut es zwar gut, jede medizinische Chance zu nutzen und die Verantwortung in die Hände der Fortpflanzungsmediziner zu legen. Doch andererseits steigt die Hoffnung auf ein Kind enorm- und damit auch die Enttäuschung, wenn es, wie in vielen Fällen, trotzdem nicht klappt.76 V.8.2 Die Adoption Eine weitere mögliche Alternative für die Kinderwunschbehandlung ist die Adoption. Gerade in Anbetracht dessen, dass so viele Kinder in überfüllten Kinderheimen auf 76 Vgl. hierzu HOFFMANN 2007, S. 212-214. liebevolle Adoptiveltern warten, erscheint die Adoption als eine ausgesprochen sinnvolle Alternative. 1. Verschiedene Adoptionsformen mit ihren Vor- und Nachteilen - Inkognito-Adoption Man unterscheidet zwischen drei Adoptionsformen. Zum einen die Inkognito-Adoption. Die Daten der Adoptivfamilie bleiben anonym, es besteht jedoch über die Adoptionsstelle oder das Jugendamt eine Kontaktmöglichkeit. Ab dem vollendeten 16. Lebensjahr dürfen die Jugendlichen auch ohne die Zustimmung ihrer Adoptiveltern die Vermittlungsakte lesen.77 Die Adoptiveltern haben hier den Vorteil sich nicht mit der Herkunftsfamilie des Kindes auseinandersetzen zu müssen und das Kind gerät in keinen Loyalitätskonflikt.78 - Halboffene-Adoption Bei der halboffenen Adoption besteht die Möglichkeit, den Kontakt zwischen den leiblichen Eltern und dem Kind über die jeweilige Adoptionsvermittlungsstelle aufrechtzuerhalten.79 - Offene Adoption Eine andere Form der Adoption ist die offene Adoption. Hier treten die leiblichen Eltern, die Adoptiveltern und das Kind von Anfang an in privaten Kontakt und treffen sich regelmäßig. Die leiblichen Eltern können so den Werdegang des Kindes verfolgen und die Adoptiveltern erhalten ein realistisches Bild von der Persönlichkeit der leiblichen Eltern. Das Kind lernt seine „ursprüngliche Herkunft“ kennen, was sich positiv auf die Identitätsfindung auswirken kann.80 77 Vgl. hierzu http://de.wikipedia.org/wiki/Adoption. Vgl. hierzu http://www.uni-bielefeld.de/psychologie/ae/AE09/HOMEPAGE/Wild/Adoption.ppt. 79 Vgl. hierzu http://de.wikipedia.org/wiki/Adoption. 80 Vgl. hierzu http://de.wikipedia.org/wiki/Adoption. 78 2. Vergleich: Adoption und Kinderwunschbehandlung In Deutschland ist die Zahl der Adoptionen in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken,81 denn eine Adoption kann neben dem häufig sehr langen und nervenaufreibenden Weg der Bürokratie für beide Seiten noch weitere Probleme mit sich bringen. Lernen sich die Eltern nicht kennen, ist die Verarbeitung der Adoption für die leiblichen Eltern häufig sehr schwer und die Adoptiveltern haben Angst, dass die leiblichen Eltern vielleicht irgendwann einfach vor der Tür stehen. Und dem Kind fehlen in gewissem Maße seine „Wurzeln“. Doch bei der offenen Adoption kommen die Kinder nicht selten in Loyalitätsprobleme und wissen nicht, wen sie als „wirkliche“ Eltern ansehen sollen.82 Wenn die Kinder erst spät von ihrer Adoption erfahren, kommen dieselben Identitätsprobleme, dieselbe Wut und Verzweiflung wie bei „Spenderkindern“ auf. Deshalb ist auch hier, genau wie bei künstlich gezeugten Kindern, der offene Umgang mit der Tatsache der Adoption gegenüber dem Kind für dessen Selbstvertrauensentwicklung und Identitätsfindung sehr wichtig. Ebenfalls identisch ist die Tatsache, dass sowohl bei einem durch Spendersamen gezeugten Kind, als auch bei einem adoptierten Kind, das Bedürfnis des männlichen Partners, sich fortzupflanzen, nicht erfüllt wurde.83 Da dies bei der Adoption auch für die Frau gilt, ist dies ein Argument, das für ein „Spenderkind“ und gegen ein Adoptivkind spricht. Denn zumindest ein Elternteil hat im Falle einer künstlichen Befruchtung eine biologische und genetische Verbindung zu dem Kind. Und das Erlebnis einer Schwangerschaft und einer Geburt ist für beide Partner, jedoch natürlich vor allem für die Frau, ein unvergleichbares und unvergessliches Erlebnis, die wahrscheinlich eindrücklichste Erfahrung ihres gesamten Lebens. Wenn man als Frau nicht darauf verzichten will, im eigenen Körper zu spüren wie ein Kind heranwächst, es mit eigener Anstrengung und Kraft auf die Welt zu bringen und als Partner sowohl Schwangerschaft, als auch Geburt „hautnah“ zu verfolgen und mitzuerleben, stellt die Adoption keine Alternative zur Kinderwunschbehandlung dar. 81 Vgl. hierzu http://de.wikipedia.org/wiki/Adoption. Vgl. hierzu http://www.uni-bielefeld.de/psychologie/ae/AE09/HOMEPAGE/Wild/Adoption.ppt. 83 Vgl. hierzu http://www.kiwu-wuki.de/2005/10/hi_vor_und_nachteile.html. 82 V.9 Der Moment der Entscheidung Die Auseinandersetzung mit den Vor- und Nachteilen reproduktionsmedizinischer Praxen, sowie mit den möglichen Alternativen ist unerlässlich für Paare mit unerfülltem Kinderwunsch. Doch auch das gründlichste und sorgfältigste Informieren erspart einem die eigentliche Entscheidung nicht. Irgendwann ist die Zeit dafür gekommen. Die Zeit für eine Entscheidung, die so viele Konsequenzen mit sich bringt. Dann helfen auch die gutgemeintesten Ratschlägen von den besten Freunden oder von anderen Paaren mit ähnlichen Schicksalen nichts. Denn dies ist eine Entscheidung, die auf den verschiedensten Ebenen, seien es religiöse, finanzielle, physische oder psychische, stattfinden muss. Diese Entscheidung muss jedes Paar für sich selbst treffen. Nach Abwägen all dieser Argumente liegt der Schluss nahe, dass man auf dem Weg zur Entscheidung die Formen der Kinderwunschbehandlung klar unterscheiden muss. Zum einen Therapien, bei denen sowohl die Eizelle, als auch der Samen vom Paar stammt. In diesem Fall ist das Kind das „eigen Fleisch und Blut“ des Paares. Zwar wäre ohne die medizinische Hilfe unter Umständen keine Schwangerschaft eingetreten, sprich das Kind ist künstlich gezeugt. Jedoch wird es, wenn es von seiner Entstehungsgeschichte erfährt, weitaus weniger Probleme damit haben, denn seine Eltern sind eindeutig und ohne jegliche Zweifel seine leiblichen Eltern und es gibt keinen „großen Unbekannten“. In Gegensatz dazu stürzt ein „Spenderkind“ die Information über seine „Entstehung“, wie bereits beschrieben, oft in eine tiefe Lebenskrise. Man sollte sich deshalb bei der Frage nach dem Sinn oder Unsinn einer Kinderwunschbehandlung nicht nur mit den, sicherlich nicht außer Acht zu lassenden psychischen und physischen Problemen des Paares, sowie den religiösen Hintergründen und der hohen finanziellen Belastung befassen. Das Paar sollte sich vor allem auch über die eventuellen späteren Probleme des so entstandenen Kindes im Klaren sein, speziell im Falle einer Samen- bzw. Eizellspende. Egal wie und wann das „Spenderkind“ von seiner „Herkunft“ erfährt, es wird ein Schock sein. Doch ihm diese existenzielle Information vorzuenthalten ist aus psychologischer Sicht noch schlimmer, denn wie bereits erwähnt, eine funktionierende Beziehung auf einer Lüge aufzubauen ist unmöglich. Das Kind wird es bewusst oder unbewusst immer spüren - und enorm darunter leiden. Das Paar muss sich also überlegen, ob es die Kraft und den Mut aufbringen kann und will, vor sich selbst, in der Öffentlichkeit und vor allem aber vor dem Kind zu seiner Entscheidung, in diesem Fall für eine Kinderwunschbehandlung zu stehen - egal welche Konsequenzen dies haben kann, möge es ihr öffentliches Ansehen betreffen, oder aber noch viel wichtiger, das Verhältnis zwischen ihnen und dem Kind. VI. Schluss Eltern, bei denen der Wunsch nach einem eigenen Kind immer ein Wunsch bleiben wird, sei es, weil sie sich gegen eine Kinderwunschbehandlung entschieden haben, bestehende Alternativen für sie nicht in Frage kommen oder aber weil auch eine Kinderwunschbehandlung ihnen nicht zu ihrem erhofften Kind verholfen hat, müssen irgendwann beginnen, sich dieser Tatsache zu stellen. Sie müssen sich mit dem Verlust innerlich auseinandersetzen und dürfen die Trauer um das Kind, das es nie geben wird, nicht länger hinter Hoffnungen verstecken. Und sie werden merken, dass auch ein Leben ohne Kinder lebenswert sein kann.84 Nicht nur wenn sich eine andere, erfüllende Lebensaufgabe finden lässt, kann ein Kinderwunsch, der unerfüllt bleibt, auch eine positive Seite haben, sondern auch, wenn zum Beispiel der Partner zeugungsunfähig ist, eine Kinderwunschbehandlung mit Spendersamen für das Paar aber nicht in Frage kommt. Dann steht die Frau häufig vor einer Entscheidung. Verlässt sie ihren bisherigen Partner um sich mit einem neuen Mann den Kinderwunsch zu erfüllen? Oder spürt sie, dass die Liebe zu ihrem Partner stärker als der Kinderwunsch ist? Und wenn sich die Frau dann bewusst gegen den Kinderwunsch und für den Partner entscheidet, kann man ohne zu übertreiben von wahrer Liebe sprechen und einer glücklichen Zukunft steht nichts im Wege. Und die Liebe ist schließlich die christliche Grundnorm, die dem Menschen als Wertmaßstab zur Betrachtung allen menschlichen Handelns aufgegeben ist. Hat man sich als Christ die Grundnorm „Du sollst deinen Nächsten lieben!“ zu eigen gemacht, ist das zunächst freilich zu allgemein, zu abstrakt, um es als wirklich handlungsleitend und wegweisend anzusehen. Doch man kann versuchen, das Liebesgebot auf die konkrete Problematik zu übertragen. 84 Vgl. hierzu HOFFMANN 2007, S. 221. Im speziellen Fall der Kinderwunschbehandlung muss sich ein Christ also fragen, ob die Kinderwunschbehandlung mit Forderungen wie „Beachtung der Geschöpflichkeit des Menschen“ in Konflikt gerät. Und er muss individuell nach bestem Wissen und Gewissen für sich entscheiden, ob sein Tun und Lassen mit dem christlich verstandenen Liebesgebot verträglich ist. Ob sich sein Handeln mit seinen eigenen „Normen“, für die er sich entschieden hat, sie zu beachten und sich ihnen gemäß zu verhalten, vereinbaren lässt.85 Denn unser Gewissen ist ein Gefühl - geprägt von der eigenen Erziehung, den verschiedensten persönlichen Erfahrungen sowie der Kultur und Gesellschaft, in der wir leben-, das uns den Eindruck vermittelt, dass ein bestimmtes Handeln richtig oder falsch ist. Es vermittelt zwischen uns und der Welt, denn es erinnert uns ständig daran, dass wir keine unabhängigen Individuen sind, sondern in einem unauflösbaren Beziehungsgeflecht mit anderen Menschen stehen. Nur die Beziehungen zu unseren Mitmenschen machen das Leben lebenswert. Deshalb ist es von so großer Bedeutung, nach bestem Gewissen zu handeln, denn nur dann kann man das, was man tut, vor den Menschen verantworten und vertreten, die einem wichtig sind, die einem etwas bedeuten. Vor denen, die für einen Autoritäten sind und vor den Menschen mit denen man zusammen leben möchte - und vor allem, vor sich selbst.86 85 86 Vgl. hierzu FREUDENBERG/GOßMANN 1988, S. 213. Vgl. hierzu http://www.antjeschrupp.de/gewissen.htm. VII. Quellenverzeichnis Bücher: - FREUDENBERG, Hans/GOßMANN, Klaus (Hrsg.): Schritte auf dem Weg zu einer ethischen Urteilsbildung. Sachwissen Religion. Ein Begleit- und Arbeitsbuch für den Religionsunterricht in der Sekundarstufe II und für die Erwachsenenbildung. Göttingen 1988, S. 211-214. - HOFFMANN, Simone: Verhütung Zyklus Kinderwunsch. München 2007, S. 912, S. 37-39, S. 179-181, S. 186-187, S. 201-204, S. 206, S. 208-209, S. 212214, S. 221. Internet: - Adoption. 25.07.2008, entnommen am 01.08.2008 http://de.wikipedia.org/wiki/Adoption. - Chromosom. 31.07.2008, entnommen am 02.08.2008 http://de.wikipedia.org/wiki/Chromosomen. - Endokrinologie. 18.07.2008, entnommen am 02.08.2008 http://de.wikipedia.org/wiki/Endokrinologie. - Estrogene. 16.07.2008, entnommen am 02.08.2008 http://de.wikipedia.org/wiki/Estrogen. - Gynäkologie. 25.07.2008, entnommen am 02.08.2008 http://de.wikipedia.org/wiki/Gyn%C3%A4kologie. - Insemination. 02.07.2008, entnommen am 02.08.2008 http://de.wikipedia.org/wiki/Insemination. - In-vitro-Fertilisation. 07.07.2008, entnommen am 02.08.2008 http://de.wikipedia.org/wiki/In-vitro-Fertilisation. - Kryokonservierung. 05.05.2008, entnommen am 02.8.2008 http://de.wikipedia.org/wiki/Kryokonservierung. - Reproduktionsmedizin. 19.06.2008, entnommen am 02.08.2008 http://de.wikipedia.org/wiki/Reproduktionsmedizin. - Sperma. 25.06.2008, entnommen am 02.08.2008 http://de.wikipedia.org/wiki/Sperma. - Luteinisierendes Hormon. 01.07.2008, entnommen am 02.08.2008 http://de.wikipedia.widearea.org/wiki/Luteinisierendes_Hormon. - Glaskapillare. Entnommen am 25.05.2008 http://flexikon.doccheck.com/Glaskapillare. - Interview im „Liechtensteiner Vaterland“. 04.12.2002, entnommen am 01.08.2008 - http://www.antjeschrupp.de/gewissen.htm. - Genesis/1. Mose, Kapitel 1. Entnommen am 18.03.2008 - http://www.diebibel.de/nc/online-bibeln/luther-bibel-1984/lesen-im-bibeltext. - Künstliche Befruchtung durch IVF / ICSI. Entnommen am 30.07.2008 http://www.fertility-center-hh.de/weg_zum_kind/therapien/ivf_icsi.php. - Entnommen am 18.03.2008 - http://www.gyn.de/kinderwunsch/pid.php3. - Kontrollierte ovarielle Stimulationstherapie mit Gonadotropinen. Entnommen am 02.08.2008 - http://www.ivf-nuernberg.de/index.php?id=34. - Qualitätsmanagement. Entnommen am 10.10.2007 http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/gualitaetsmanagement.htm. - Kosten. Entnommen am 10.10.2007 http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/kosten.htm. - Diagnostik. Entnommen am 10.10.2007 http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/beratung.htm. - Therapie. Entnommen am 10.10.2007 http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/blasto.htm. i - Therapie. Entnommen am 10.10.2007 http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/donogen.htm. - Diagnostik. Entnommen am 10.10.2007 http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/eileiter.htm. - Häufige Fragen. Entnommen am 10.10.2007 http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/fragen-insem.htm. - Häufige Fragen. Entnommen am 10.10.2007 http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/fragen-kryo.htm. - Diagnostik. Entnommen am 10.10.2007 http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/gebaermutter.htm. - Therapie. Entnommen am 10.10.2007 http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/hodenbiopsie.htm. - Therapie. Entnommen am 10.10.2007 http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/hormonstimulation. htm. - Therapie. Entnommen am 10.10.2007 http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/icsi.htm. - Therapie. Entnommen am 10.10.2007 http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/inseminationen.htm. - Therapie. Entnommen am 10.10.2007 http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/ivf.htm. - Therapie. Entnommen am 10.10.2007 http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/kryozyklus.htm. - Unsere Leistungen. Entnommen am 10.10.2007 http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/leistungen.htm. - Diagnostik. Entnommen am 10.10.2007 http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/spermauntersuchung. htm. - Diagnostik. Entnommen am 10.10.2007 http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/spezialdiagnostik. htm. - Diagnostik. Entnommen am 10.10.2007 http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/zyklusmonitoring. htm. - Therapie. Entnommen am 10.10.2007 http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/leistungen/zyklusoptimierung. htm. - Herzlich Willkommen! Entnommen am 10.10.2007 http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/start.htm. - Unser Team. Entnommen am 10.10.2007 http://www.kinderwunschpraxis.com/de/inhalte/teamaezte.htm. - KONNY: HI – Vor- und Nachteile. 16.10.2005, entnommen am 19.03.2008 http://www.kiwu-wuki.de/2005/10/hi_vor_und_nachteile.html. - GRAPENTHIN, Hella/HENKE, Bettina/RITTSCHER, Marion: Adoptivfamilien. Entnommen am 02.08.2008 - http://www.unibielefeld.de/psychologie/ae/AE09/HOMEPAGE/Wild/Adoption.ppt. - Baden-Württemberg. 25.11.2007, entnommen am 02.08.2008 http://www.wunschkinder.net/zentren/baden-wuerttemberg/. Zeitschriftenartikel: - SCHINDELE, Eva/ZIMMERMANN, Imke: „Ich suche meinen SAMENSPENDER“. In: Brigitte, Nr. 1/2008, S. 112-117. VIII. Erklärung Hiermit versichere ich, dass ich die Arbeit selbstständig angefertigt, keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel benutzt und die Stellen der Arbeit, die im Wortlaut oder im wesentlichen Inhalt aus anderen Werken entnommen wurden, mit genauer Quellenangabe kenntlich gemacht habe. Tübingen, den 26.08.2008 (Katja Fischer) Arbeitsprozessbericht: Zu Beginn der 11. Klasse informierte mein Religionslehrer Herr Dr. Meißner unsere Klasse über den Wettbewerb „Christentum und Kultur“. Mein Interesse war sofort geweckt, denn ich empfand es als Chance, ohne vorgegebene Zeiteinteilung, mich über einen längeren Zeitraum mit einem konkreten Thema zu beschäftigen. Das Themenfeld „Christliches Handeln in der Wissenschaft“ reizte mich. Außerdem sah ich in dem Wettbewerb eine sinnvolle Alternative zum einjährigen Seminarkurs, während der ohnehin schon ziemlich anspruchsvollen zwölften Klasse. Diese Gründe waren letztendlich ausschlaggebend für meine Entscheidung, an dem Wettbewerb teilzunehmen. Zum Abschluss meiner Arbeit möchte ich nun meinen gesamten Arbeitsprozess noch einmal rückblickend betrachten und reflektieren. Wie sind die einzelnen Arbeitsschritte verlaufen? Entspricht das inhaltliche Ergebnis meinen Vorstellungen? Mit was bin ich besonders zufrieden und wo lagen Schwierigkeiten? Zunächst stand die Themenfindung an. Durch mein Themenfeld war ein gewisser Bereich abgesteckt, dennoch war es nicht ganz einfach ein konkretes Thema zu finden. Doch sowohl Herr Meißner, als auch meine Mitschüler/-innen waren mir bei diesem ersten Arbeitsschritt behilflich. Ich hatte mich zuvor noch nie mit reproduktionsmedizinischen Praxen beschäftigt, doch genau das war es, was mich neugierig machte. Nach ersten Recherchen im Internet blieben zwar noch meine Zweifel, ob sich ausreichend geeignetes Material für eine Arbeit von solchem Umfang finden lassen würde, doch ich hatte genug positive Eindrücke gesammelt und mich bereits mit dem Thema angefreundet. Nach der Erstellung einer ersten (es sollte nicht die einzige bleiben) Gliederung machte ich mich an die eigentliche Arbeit. Ich sammelte weitere Informationen, zunächst im Internet. Dort stieß ich auf die Homepage der Tübinger „Kinderwunschpraxis“, der ich wichtige Details zur Arbeit einer reproduktionsmedizinischen Praxis entnehmen konnte. Doch es zeigte sich schnell, dass mir noch einiges Hintergrundwissen, z.B. zu den Ursachen für eine ausbleibende Schwangerschaft fehlte. In der Buchhandlung fand ich glücklicherweise ein passendes Buch. Mit Hilfe von weiteren Quellen konnte ich so meine ersten Kapitel schreiben. Nach dem Verfassen von diesem Teil, dem Lesen weiterer Texte und durch Fernsehreportagen hatte ich einen Einblick in die Thematik bekommen und ich wagte mich an die Frage nach dem Sinn bzw. Unsinn reproduktionsmedizinischer Praxen. Dabei halfen mir nicht nur theologische Quellen, sondern auch ein Zeitschriftenartikel, der die Perspektive der künstlich gezeugten Kinder gut veranschaulichte. Wie schon in meiner Einleitung erwähnt, war es nicht einfach eine allgemeingültige Meinung zu reproduktionsmedizinischen Praxen zu finden, denn je nachdem welche Perspektive man einnimmt, erscheinen diese Einrichtungen in vollkommen unterschiedlichem Licht. Doch ich bin nun nach Abschluss meiner Arbeit optimistisch, dass sich der Zeitaufwand gelohnt hat. Für mich persönlich war das Anfertigen dieser Arbeit auf alle Fälle eine positive und sicherlich auch für weitere Arbeiten sehr nützliche Erfahrung. Ich konnte anders als üblicherweise in der Schule, ohne genauen Zeitplan von Seiten der Lehrer, mich einem, von mir selbst gewählten Thema widmen. Je mehr ich mich eingearbeitet hatte, desto mehr fesselte mich mein Thema und das Schreiben ging mir trotz großem Umfang leicht und auch mit Freude von der Hand. Es gelang mir recht gut, meinen Zeitplan für die Recherche und das eigentliche Schreiben einzuhalten. Dafür stellte sich heraus, dass die letzten „Kleinigkeiten“ größer als erwartet waren. Ich hatte mir zwar während des Schreibens Notizen zu den Quellen gemacht, doch die genauen Angaben korrekt in den Text einzufügen erwies sich als sehr zeitaufwändig. Ich hatte mir zu Beginn des Schuljahres vorgenommen meine Arbeit vor den Sommerferien fertig zu stellen, was mir jedoch nicht gelang. Doch Mitte der Ferien ist meine Arbeit nun abgeschlossen und ich bin sehr froh, diese Chance genutzt zu haben. Abschließend möchte ich an dieser Stelle noch meinem Religionslehrer Herrn Meißner danken, der mich während des gesamten Arbeitsprozesses unterstützte und mir nicht nur während der Schulzeit, sondern selbst in den Ferien jederzeit mit sehr hilfreichen und motivierenden Tipps und Ratschlägen zur Seite stand.