Häftlingsverbände in Belgien, den Niederlanden
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Häftlingsverbände in Belgien, den Niederlanden
Häftlingsverbände in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg Während in Belgien bereits 1945 ein Verband ehemaliger Häftlinge des KZ Neuengamme gegründet wurde, entstanden entsprechende Zusammenschlüsse in den Niederlanden und Luxemburg erst sehr viel später. Dieses Klappbuch enthält kurze Verbandsdarstellungen, Fotos, Artikel und kurze Porträts einiger prominenter Mitglieder. Associations of Former Prisoners in Belgium, the Netherlands and Luxembourg In Belgium, an organisation of former prisoners of Neuengamme concentration camp was founded as early as 1945, while the foundation of corresponding associations in the Netherlands and Luxembourg did not take place until much later. This folder contains short introductions to the respective associations, photographs, articles, and short portraits of some prominent members. Associations d’anciens détenus en Belgique, aux Pays-Bas et au Luxembourg Tandis que dès 1945, une amicale d’anciens détenus du camp de concentration de Neuengamme était fondée en Belgique, des associations semblables se constituèrent beaucoup plus tard aux PaysBas et au Luxembourg. Ce livre renferme de courtes présentations d’associations, des photos, des articles et de brefs portraits de leurs personnalités les plus marquantes. Союзы бывших узников концлагеря Нойенгамме в Бельгии, Голландии и Люксембурге В то время, как в Бельгии еще в 1945 г. был образован союз бывших узников концлагеря Нойенгамме, такие же объединения в Голландии и Люксембурге возникли значительно позже. Представленная здесь папка содержит общую информацию о союзах бывших узников, фотографии, газетные статьи и краткие биографические сведения о некоторых видных членах этих союзов. 2 Häftlingsverbände in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg Häftlingsverbände in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg Der belgische Häftlingsverband Versammlung der belgischen Amicale de Neuengamme in Oostende am 6. Oktober 1957 anlässlich des 12. Jahrestages ihrer Gründung. Aus: Der Widerstandskämpfer, 1957, Heft 11, S. 18. 3 4 Häftlingsverbände in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg Häftlingsverbände in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg Die belgische „Amicale Nationale des Prisonniers Politiques et Ayant-Droit du Camp de Concentration de Neuengamme et ses Camps Extérieurs“ Die belgische Amicale de Neuengamme wurde als eine der ersten Organisationen Überlebender des KZ Neuengamme am 12. Oktober 1945 in Brüssel gegründet. Erster Präsident war der ehemalige Häftling François de Keghel. Von Anfang an organisierte sich die belgische Amicale zweisprachig, da sie sowohl flämische als auch wallonische Mitglieder hatte. Wie in anderen nationalen Verbänden auch war das primäre Anliegen der Gründerinnen und Gründer die Vereinigung aller ehemaligen politischen belgischen Gefangenen und ihrer Angehörigen. Aber auch das Ziel, den Namen „Neuengamme“ in Belgien bekannt zu machen, spielte eine wesentliche Rolle. Thérèse de Tollenaere, die Witwe des 1944 auf dem Appellplatz im KZ Neuengamme erhängten belgischen Widerstandskämpfers Pierre de Tollenaere, wurde Nachfolgerin François de Keghels als Präsidentin der belgischen Amicale. Auch die nächste Präsidentin, Lucienne Bouffioux, war die Witwe eines ehemaligen Häftlings. Ihr Mann, René Blieck, war auf der „Cap Arcona“ umgekommen. Lucienne Bouffioux übte jahrelang das Amt der Präsidentin aus; heute ist sie Ehrenpräsidentin. Die belgische Amicale widmete den Angehörigen der Deportierten von Anfang an genauso viel Aufmerksamkeit wie den Überlebenden. 5 6 Häftlingsverbände in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg Während des ersten Jahrzehnts ihres Bestehens hatte die belgische Amicale mit Spannungen in den eigenen Reihen zu kämpfen. Zwischen den aufgrund ihrer sozialistischen Überzeugungen recht früh inhaftierten und schon 1941 deportierten Belgiern und den aufgrund ihres eher national motivierten Widerstandes gegen die deutsche Besatzung erst später Deportierten herrschte Uneinigkeit. Dennoch zog Lucienne Bouffioux zum 12. Jahrestag der Gründung der belgischen Amicale auf der Gedenkfeier am 6. Oktober 1957 in Oostende eine positive Bilanz: „Unsere Lagergemeinschaft, entstanden aus unseren Tränen, unseren Hoffnungen, Freundschaften, selbstloser Tätigkeit, wenn es auch – sagen wir es offen – Streitigkeiten gab, besteht seit 12 Jahren. Sie hat schwere Zeiten mitgemacht; sie hat unter den Rückschlägen der Spaltung zwischen den Widerstandskämpfern und politischen Gefangenen gelitten; doch heute, anläßlich dieses Treffens, kann unsere Lagergemeinschaft mit Stolz eine positive Bilanz ziehen. Alle unsere Freunde sind zu diesem Jahrestag gekommen. Es hat nie zwei Lagergemeinschaften gegeben, und wenn einem der Unseren eine Ungerechtigkeit widerfuhr, so boten ihm alle anderen ihre Freundschaft an.“ (Aus: Der Widerstandskämpfer, 1957, Heft 4.) In den ersten Jahren nach ihrer Gründung gab die belgische Amicale eine Verbandszeitschrift heraus, von der jedoch nur einige Ausgaben erschienen. Seit 1976 gab der Verband wieder regelmäßig ein Blatt zur Information der Mitglieder heraus. Der ehemalige Neuengamme-Häftling Victor Baeyens verfasste in Eigeninitiative eine Reihe von Berichtsheften, die allerdings nur in flämischer Sprache erschienen. Im Februar 1984 bildete sich ein Redaktionskomitee, das ein neues, nunmehr zweisprachiges Bulletin mit dem Titel „Neuengamme B 6249“ herausgab. „B 6249“ war die Häftlings- Häftlingsverbände in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg nummer von André Mandrycxs, der am 3. Mai 1945 bei der Bombardierung der „Cap Arcona“ ums Leben gekommen ist. Aufgrund seines solidarischen Verhaltens im KZ Neuengamme hat sich der junge belgische Rechtsanwalt unter den Häftlingen vieler Länder große Achtung erworben. Die belgische Amicale war eine der ersten Lagergemeinschaften von Neuengamme-Häftlingen, die sich international engagierte und schon früh Fahrten nach Neuengamme durchführte. Der in dieser Ausstellung gezeigte Film „Commémorative des Anciens de Neuengamme“ ist 1949 auf einer solchen Pèlerinage (Pilgerfahrt) entstanden. Der im Oktober 1993 gewählte heutige Präsident der belgischen Amicale, Victor Malbecq, betont die Bedeutung dieser Fahrten, um den Nachkommen der Deportierten zu vermitteln, dass die Erinnerungsarbeit ihrer Eltern und Großeltern weitergeführt werden müsse. 7 8 Häftlingsverbände in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg Jan Everaert * 26.3.1920 (Oostende/Belgien), † 22.8.1990 (Gent/Belgien) Medizinstudent; 31.7.1941 Verhaftung; ab August 1941 KZ Breendonck (Belgien); 24.9.1941–13./14. April 1945 KZ Neuengamme; überlebte Bombardierung der „Cap Arcona“ am 3.5.1945. Jan Everaert in den 1980erJahren. Foto: Karl Siebig. (SGS) „Jan war es, der mit seinen deutschen Freunden [...] die Fundamente der Amicale Internationale de Neuengamme geschaffen hat“, heißt es im Nachruf, den Lucienne Bouffioux auf Jan Everaert verfasst hat. Jan Everaert, verheiratet mit der KZ-Überlebenden Pierette Everaert-Coulinaere, gehörte schon 1945 zu den Gründern der belgischen Amicale de Neuengamme. Bereits unmittelbar nach Kriegsende engagierte er sich bei die Aufklärung der Verbrechen im KZ Neuengamme. Zusammen mit seinem Kameraden Pierre Beauprez kehrte er nach Hamburg zurück, um nach Dokumenten der Lagerverwaltung zu suchen. Dort sagte er auch im März 1946 im Prozess gegen die SS-Lagerführung aus. Seine sprachlichen Fähigkeiten – er sprach fließend Flämisch, Französisch, Englisch und Deutsch – machten ihn zu einem unentbehrlichen Verbindungsglied zwischen den flämischen und wallonischen Mitgliedern der belgischen Amicale und auch zur internationalen Lagergemeinschaft, der Amicale Internationale de Neuengamme (AIN). Jan Everaert, der beruflich im kaufmännischen Bereich tätig war, engagierte sich als langjähriger Vizepräsident der AIN für die Interessen der Überlebenden und der Angehörigen. Häftlingsverbände in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg Michel Van Ausloos * 13.2.1916 (Ixelles bei Brüssel) Polizist; 20.2.1942 Verhaftung wegen Widerstandstätigkeit gegen die deutsche Besatzungsmacht; ohne Verurteilung in Einzelhaft; fünf Monate im Gefängnis Saint-Gilles in Brüssel, vier Monate im Polizeigefängnis in Leuven; Deportation nach Deutschland, zunächst in ein Gefängnis in Aachen, später in Bremen; 5.12.1942–5.3.1944 KZ Neuengamme, anschließend Überstellung in ein Außenlager des KZ Buchenwald in Köln; 8.4.1945 „Evakuierung“ ins KZ Dachau; 29.4.1945 Befreiung im KZ Dachau durch US-amerikanische Truppen. Michel Van Ausloos 1945, fünf Wochen nach seiner Rückkehr aus dem KZ Neuengamme. Foto: unbekannt. (ANg) Michel Van Ausloos war seit ihrer Gründung Mitglied der belgischen Amicale de Neuengamme. Seit 1946 arbeitete er wieder in seinem Beruf als Polizist. Er kehrte erstmals anlässlich der Einweihung des internationalen Mahnmals im November 1965 nach Neuengamme zurück und wurde als belgischer Delegierter im Hamburger Rathaus empfangen. Seitdem setzte sich Michel Van Ausloos verstärkt für die Vermittlung der NS-Geschichte an die jüngere Generation ein. Dieses Engagement führte ihn in zahlreiche Schulklassen Belgiens. Im Frühjahr 2003 besuchte Michel Van Ausloos mit einer großen Gruppe Gymnasialschüler Neuengamme, um ihnen vor Ort von seinen Erinnerungen zu erzählen. Es war bereits seine vierte Reise nach Neuengamme. Ähnliche Fahrten hat er auch zu anderen KZ-Gedenkstätten in Deutschland und Polen organisiert. Michel Van Ausloos lebt noch heute in seinem Geburtsort Ixelles. 9 10 Häftlingsverbände in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg Titelseite der ersten Ausgabe der Verbandszeitschrift der belgischen Amicale vom Januar 1952. Das zweisprachig verfasste Editorial berichtet u. a. über den belgischen Dachverband „Confédération nationale des prisonniers politiques et ayant droit“ (CNPPA). „Ayant droit“ sind wörtlich übersetzt die „Rechtsanspruch Habenden“, die Familienangehörigen, deren materielle Versorgung ein zentrales Anliegen des Verbandes war. „PP“ steht für „Prisonniers Politiques“ und meint alle aus politischen Gründen Verfolgten. 12 Häftlingsverbände in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg Victor Malbecq, Präsident der belgischen Amicale de Neuengamme, und Jean Le Bris von der französischen Amicale de Neuengamme im Gespräch mit Heide Simonis, Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein, während einer Schifffahrt zum Gedenken an die Toten der Schiffskatastrophe in der Lübecker Bucht am 3. Mai 1995. Foto: Joop van Vonderen. (ANg) Häftlingsverbände in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg Häftlingsverbände in den Niederlanden Mitglieder der „Stichting Vriendenkring Neuengamme“ in Buren (Niederlande) am 14. Juli 1999. 4. von rechts: Joop van Vonderen. Foto: Dr. Leen Vermij. (Privatbesitz) 13 14 Häftlingsverbände in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg Die „Stichting Vriendenkring Neuengamme“ (VN) Bereits in den ersten Nachkriegsjahren haben Überlebende und Angehörige aus den Niederlanden Pèlerinagen (Pilgerfahrten) nach Neuengamme unternommen. Ein eigener Verband ehemaliger Neuengamme-Häftlinge ist in den ersten Nachkriegsjahrzehnten in den Niederlanden jedoch nicht entstanden. Ehemalige Häftlinge waren entweder in der 1945 gegründeten niederländischen „Expogé“ (Vereinigung ehemaliger politischer Gefangener) organisiert oder in dem kommunistisch orientierten Verband „Verenigd Verzet“ (Vereinigter Widerstand). Lagerkomitees hatten es in den Niederlanden schwer, weil sie als kommunistische Tarnorganisationen angesehen wurden. Das 1961 gegründete niederländische Dachau-Komitee war deshalb stets um das Wohlwollen der Regierung bemüht. Häftlingsverbände in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg Die niederländischen Mitglieder der Amicale Internationale de Neuengamme (AIN) waren daher lange Zeit keine Delegierten einer niederländischen Lagergemeinschaft, sondern in der AIN als Einzelpersonen organisiert wie beispielsweise Jan van Bork, der nichtständiger Vizepräsident für die Niederlande war: „Bei uns in Holland kann man überhaupt kein Komitee machen. Das ist schwierig“, erläuterte Jan van Bork während eines Kongresses der AIN am 5. und 6. April 1978 in Berlin (DDR). In den 1970er-Jahren bildete die niederländische Regierung eine „Arbeitsgruppe Post-Konzentrationslager-Syndrom“, die sich der Überlebenden annahm. In dieser Zeit milderte sich das Klima des Kalten Krieges und eine neue Phase der öffentlichen Auseinandersetzung mit der deutschen Besetzung begann. Unter ehemaligen KZ-Häftlingen entstanden lockere Zusammenschlüsse mit dem Ziel, den Kontakt untereinander und gegenseitige Hilfe zu fördern. Der von Joop van Vonderen gegründete „Vriendenkring Neuengamme“ (Freundeskreis Neuengamme), der seit 1999 existiert, wurde inzwischen in eine Stiftung umgewandelt. Sie gibt das „Neuengamme Bulletin“ heraus und ist auch im Internet präsent. Der „Vriendenkring Neuengamme“ ist eine Lagergemeinschaft, in der sich neben ehemaligen Häftlingen vor allem Angehörige der zweiten und dritten Generation engagieren. Der Verband, der heute mehr als 400 Mitglieder zählt, ehrt das Andenken der Toten und gewährt Überlebenden und Angehörigen Hilfe und Beistand. Das historische Interesse wächst. In vielen niederländischen Gemeinden sind inzwischen Straßen nach NeuengammeHäftlingen benannt worden. 15 16 Häftlingsverbände in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg Gedenken in Putten In dem calvinistisch geprägten niederländischen Ort Putten hatte die Wehrmacht in der Nacht zum 1. Oktober 1944 eine Razzia durchgeführt: Die gesamte männliche Bevölkerung des Ortes wurde in das Außenlager Ladelund des KZ Neuengamme nahe der dänischen Grenze bzw. in das Hauptlager Neuengamme deportiert. 110 Häuser wurden niedergebrannt. 1949 weihte Königin Juliana ein Denkmal der Bildhauerin Mari S. Anderiessen in Putten ein, das eine trauernde Witwe in Landestracht darstellt: „Het Vrouwtje van Putten“ ist dem Gedenken all derer gewidmet, die nicht zurückkehrten: „En God zal alle tranen van Hunne oogen afwisschen“ (Und Gott wird alle Tränen abwischen von ihren Augen, Offenbarung 21, 4a) lautet die Widmung. Das Denkmal ist umgeben von 552 Buchsbaumquadraten, symbolischen Grabstätten für die toten Deportierten. Aufgrund der Initiative des Ladelunder Pastors Johannes Meyer entstanden schon bald nach der Befreiung Kontakte zwischen Putten und der Gemeinde Ladelund. Wechselseitige Besuche zu den Gedenkfeiern und ein Jugendaustausch geben seit vielen Jahren ein wichtiges Beispiel für die deutsch-niederländische Verständigung. Häftlingsverbände in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg Die niederländische Königin Juliana 1949 in Putten bei der Einweihung des Denkmals „Het Vrouwtje van Putten“ der Bildhauerin Mari S. Anderiessen. Fotos: unbekannt. (ANg) 17 18 Häftlingsverbände in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg „Neuengamme: Zugang verboten“. Der Zeitungsausriss vom 14. Oktober 1950 schildert eine „vergebliche Pilgerfahrt“ ehemaliger Häftlinge aus den Niederlanden und Frankreich. Häftlingsverbände in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg Joop van Vonderen * 8.9.1921 (Leiden/Niederlande), † 11.12.2004 (Amsterdam) 1940 gescheiterter Versuch, bei Haarlem mit einem Schnellboot nach Großbritannien überzusetzen, um sich dort dem militärischen Widerstand gegen die deutsche Besetzung anzuschließen; lebte im Untergrund; 1940 auf dem Weg nach Rotterdam verhaftet und nach längerer Untersuchungshaft ohne Gerichtsverfahren Anfang 1943 über Vught ins KZ Neuengamme deportiert; Arbeitseinsatz im Industriehof und im Klinkerwerk; Mitte 1944 in das KZ Natzweiler-Struthof verlegt, anschließend in das KZ Dachau, wo er an Typhus erkrankte. Joop van Vonderen während einer Schiffsfahrt zum Gedenken an die Toten der „Cap Arcona“-Schiffskatastrophe am 3. Mai 2000. Ausschnitt. Foto: Detlef Garbe. (ANg) Nach der Befreiung in Dachau wurde Joop van Vonderen von seinen Kameraden zum Vertrauensmann gewählt und organisierte gemeinsam mit der US-Armee den Rücktransport mit Lastwagen des Niederländischen Roten Kreuzes. Zunächst studierte er Jura und Indologie in Leiden, da er eine Tätigkeit in der Zivilverwaltung von NiederländischIndien anstrebte. Durch die Unabhängigkeit Indonesiens entfiel diese Möglichkeit und Joop van Vonderen brach sein Studium ab. Er fand eine Anstellung im medizinischen Dienst der Firma Philips und war dort bis zu seiner Pensionierung beim Arbeitsschutz tätig. 1957 heiratete er, zwei Söhne wurden geboren. Lange Jahre arbeitete er aktiv in den niederländischen Häftlingskomitees Dachau und NatzweilerStruthof. Im „Vriendenkring Neuengamme“ war er Gründungsvorsitzender, später übernahm er den Ehrenvorsitz. Joop van Vonderen starb nach kurzer Krankheit im Dezember 2004. 21 22 Häftlingsverbände in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg Häftlingsverbände in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg Der Häftlingsverband in Luxemburg Emile Peters (in der zweiten Reihe links), Präsident der luxemburgischen Amicale de Neuengamme und zugleich Mitglied des „Conseil National de la Résistance“, im Februar 2001 in der Villa Pauly, dem ehemaligen Sitz der Gestapo in Luxemburg, dem heutigen Sitz des „Conseil“. Foto: unbekannt. (Privatbesitz Marie-Jeanne Krier-Peters) 23 24 Häftlingsverbände in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg Die „Amicale des Anciens de Neuengamme“, Luxemburg Die Luxemburger Häftlinge im KZ Neuengamme waren vermutlich alle Angehörige der „Compagnie des Volontaires“, einer Elitetruppe, die nach der deutschen Besetzung Luxemburgs zum Dienst in deutschen Verbänden gezwungen und später wegen Befehlsverweigerung und Sabotage ins KZ verschleppt wurden. Nach dem Krieg war für die ehemaligen Häftlinge keine staatliche Hilfe vorgesehen. Die luxemburgischen Behörden traten ihnen mit Unwissenheit und Misstrauen entgegen und befürchteten Ansprüche seitens der Deportierten. Gleichwohl bestanden bereits zu dieser Zeit Vereinigungen, die zum Teil aus dem Widerstand der Kriegsjahre hervorgegangen waren. Andere bildeten sich neu, so auf Initiative von Dominique Paulus, der auch ihr langjähriger Präsident wurde, die „Amicale des Anciens de Neuengamme“. Vorsitzender des Verbandes, dessen vollständiger Name „Amicale des Anciens Détenus luxembourgeois du camp de concentration de Neuengamme, détenus NN“ (NN: „Nacht-undNebel-Häftlinge“) lautet, war in den folgenden Jahren Emile Peters. Die luxemburgische Amicale führte regelmäßige Treffen, auch mit anderen Lagergemeinschaften, durch, suchte den Kontakt mit internationalen Vereinigungen und nahm an großen nationalen Gedenkfeiern teil. Per Gesetz wurde am 25. Februar 1967 der „Conseil National de la Résistance“ geschaffen, um die Interessen der verschiedenen Widerstandsvereinigungen besser vertreten zu können. Häftlingsverbände in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg Emile Peters * 1.10 1920 (Bettemburg/Luxemburg) Emile Peters, 1997. Foto: Immo de Vries. (ANg) Beim deutschen Einmarsch in Luxemburg Eintritt in die „Compagnie des Volontaires“; 4.12.1940 Überstellung der Einheit durch die deutsche Besatzungsmacht zur Umschulung nach Weimar und Eingliederung in ein deutsches Polizeibataillon; Oktober 1941 Einsatz in Slowenien, mehrfach widersetzten sich die Luxemburger und sabotierten die polizeilichen Befehle; 27.1.1942 Verhaftung; Haft in verschiedenen Gefängnissen; Juli 1942 Deportation als „Nacht-undNebel-Häftling“ ins KZ Neuengamme; Strafkompanie; 16.6.1944 KZ Natzweiler-Struthof; 21.9.1944 Transport ins KZ Dachau; 20.12.1944 mit elf Kameraden Zwangseingliederung in eine deutsche Polizeieinheit mit Marschbefehl in Richtung Ostfront; 17.3.1945 Desertion zur Roten Armee; Kriegsgefangener in einem sowjetischen Lager unter deutscher Selbstverwaltung. Am 1. Oktober 1945, seinem 25. Geburtstag, kehrte Emile Peters nach Luxemburg zurück. Er musste zunächst seine Krankheiten auskurieren, die aus Misshandlungen, Unterernährung und der schweren Arbeit resultierten. Emile Peters litt darüber hinaus an Schlafstörungen und konnte noch lange Zeit nicht in einem Bett, sondern nur auf hartem Boden schlafen. 1946 heiratete er und trat der neu geschaffenen Luxemburger Armee bei. 1967 wurde die Wehrpflicht in Luxemburg abgeschafft und die Armee verkleinert. Emile Peters beendete seinen Militärdienst als Oberhauptmann und ging in den Ruhestand. Bis 1975 leitete er das Sekretariat des „Conseil National de la Résistance“. Später wurde er Präsident der luxemburgischen „Amicale des Anciens de Neuengamme“. 1993 starb seine Frau. Auch sein Gesundheitszustand verschlechterte sich. Seit 2001 lebt Emile Peters im Pflegeheim „Fondation Pescatore“ in Luxemburg (Stadt). 25