Angehörige in der Sterbebegleitung

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Angehörige in der Sterbebegleitung
Bernhard KEMPF
Angehörige in der Sterbebegleitung
Abschlussarbeit
Karl-Franzens-Universität Graz
Mario WÖLBITSCH
2013
1
Ehrenwörtliche Erklärung
Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde
Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Die Arbeit
wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen inländischen oder ausländischen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht. Die vorliegende Fassung entspricht der eingereichten elektronischen Version.
24.09.2013
2
Abbildungsverzeichnis ........................................................................................................ 5
1
Einleitung: ..................................................................................................................... 6
1.1
Motivation: ............................................................................................................ 6
1.2
Forschungsfrage .................................................................................................... 7
1.3
Methodik ............................................................................................................... 7
2
Wie möchten wir sterben: ............................................................................................ 7
3
„Beginn des Sterbens: ................................................................................................ 10
3.1
Nach Dr. Husebø „Die letzten Tage und Stunden“ ............................................. 11
Höre auf den alten Menschen! ............................................................................ 12
4
3.2
Für die Medizin: .................................................................................................. 12
3.3
Aus Biologischer Sicht ....................................................................................... 12
3.4
Die Psychologische Sicht .................................................................................... 13
3.5
Stationären Langzeitpflege: ................................................................................ 13
Bedeutung von Bezugspersonen für sterbende ........................................................ 13
4.1
5
Bedeutung Angehöriger auf den Gesundheitszustand ........................................ 14
Bedeutung des Sterbeprozesses einer Person für dessen Angehörige ................... 15
5.1
Mögliche Ängste Angehöriger: ........................................................................... 16
5.1.1 Angst vor der Ungewissheit .................................................................... 16
5.1.2 Angst vor dem Leiden ............................................................................. 16
5.1.3 Angst vor Verlust .................................................................................... 16
5.1.4 Angst vor dem Versagen oder davor, etwas Wesentliches versäumt zu
haben 16
5.1.5 Sorgen um den Sterbenden und die Fragen die sich Angehörige stellen. 17
6
5.2
Psychische und soziale Probleme ....................................................................... 17
5.3
Deutung und Glaube ........................................................................................... 17
5.4
Bedeutung für die Pflegepersonen ...................................................................... 18
Notwendige Informationen für Angehörige (Bedürfnisse für begleitende
Angehörige) ........................................................................................................................ 18
6.1
Bedürfnispyramide .............................................................................................. 18
6.1.1 Physiologische Bedürfnisse .................................................................... 19
3
6.1.2 Bedürfnis nach Sicherheit ....................................................................... 20
6.1.3 Bedürfnis nach Zuwendung und Liebe ................................................... 20
6.1.4 Bedürfnis nach Anerkennung und Wertschätzung .................................. 21
6.1.5 Bedürfnis nach Selbstverwirklichung ..................................................... 22
7
Information über Veränderung am Ende des Lebens ............................................ 22
7.1
Appetitlosigkeit / Vermindertes verlangen nach Essen Trinken ......................... 23
7.2
Veränderte Atmung (Todesrasseln) .................................................................... 24
7.3
Asthenie - Chronische Müdigkeit ...................................................................... 24
7.4
Verwirrtheit – Unruhe ......................................................................................... 25
8
Bedeutung der Pflegedokumentation ....................................................................... 25
9
Hängt alles nur an den Pflegenden? ......................................................................... 26
9.1
Erfahrungsbericht ................................................................................................ 27
10 Begleitung von Angehörigen...................................................................................... 28
10.1 Die Kunst des Helfens ........................................................................................ 28
10.2 Unterstützung ...................................................................................................... 29
10.2.1 Den Angehörigen eine Umgebung und Infrastruktur anbieten die die
Sterbebegleitung ermöglicht. ............................................................................. 30
10.2.2 Einbeziehung in die Pflege ...................................................................... 30
10.2.3 Gut und laufend über die Situation informieren .................................... 30
10.2.4 Platz für Riten lassen und seelsorgerische Betreuung anbieten .............. 31
11 Umgang des Pflegepersonals mit Abschied und Trauer ......................................... 31
11.1 Mögliche Reaktionen der Begleiter auf „so viel Tod“ ........................................ 31
11.2 Merke .................................................................................................................. 32
12 Raum für den Abschied ............................................................................................. 34
13 Zusammenfassung und Diskussion ........................................................................... 35
Literaturverzeichnis .......................................................................................................... 37
4
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Sterbeort Österreich gesamt ............................................................................ 8
Abbildung 2: Sterbeort in Vorarlberg.................................................................................. 11
Abbildung 3: Sterbealter in Österreich 2012………………………………………………12
Abbildung 4: Bedürfnispyramide nach Maslow…………………………………………..20
5
1 Einleitung:
1.1 Motivation:
Der Autor hat in seiner pflegerischen Tätigkeit folgende Beobachtung gemacht, die sich
wie folgt abgespielt hat.
Eine Bewohnerin, die bis zum Heimeintritt größtenteils selbstständig und mit der Unterstützung von einem Nachbarn und der Hauskrankenpflege zu Hause lebte, wurde aufgrund
einer akuten Verschlechterung erst ins KH und in Folge ohne Aussicht auf Genesung ins
Pflegeheim Übersiedelt.
Die Angehörigen, drei Töchter der Bewohner hatten untereinander nicht den engsten Kontakt und waren mit der neuen Situation der “sterbenden Mutter“ an die Grenze ihrer Belastbarkeit gestoßen. Dies wurde von der Pflegekraft, vor allem durch ein sehr forderndes,
mit starken Emotionen behaftetes Auftreten wahrgenommen. In der die Hilflosigkeit, Verzweiflung, Ängste sowie auch Unausgesprochenes mit der Unsicherheit des nicht Wissens
was jetzt auf sie zukommt von den Angehörigen gespiegelt wurde. Durch diese unbefriedigende Situation wuchs die Belastung für das Pflegepersonal, welches sich den Angehörigen gegenüber sehr unterschiedlich verhielt. Durch diese sehr unterschiedlichen Ansätze
wuchs die Unsicherheit der Angehörigen. Dadurch wurde ein positives Gestalten und Erleben des Sterbeprozesses spürbar erschwert. Für die Pflegenden stellt die Angehörigenbetreuung eine herausfordernde, zeitintensive, und zu dem anspruchsvolle Aufgabe dar. Eine
gemeinsames Handeln und das theoretische Wissen über die Situation der Angehörigen
wäre für alle Beteiligten eine große Bereicherung. Damit wäre der Abschied besser erlebbar. Für die Angehörigen bedeutet dies im optimalen Fall eine Verbesserung der belastenden Situation, sowie das Gefühl wahrgenommen und verstanden zu werden. Der Autor
wird sich in seiner Arbeit mit dem Notwendigen für die Angehörigen sowie mit dem Istund dem Sollzustand der Einrichtung auseinandersetzen. Ziel dieser Arbeit ist das Mitarbeiter für dieses Thema sensibilisiert werden, auf Probleme und Bedürfnisse von Angehörigen aufmerksam werden sowie an einer Verbesserung der Situation für die Angehörigen
aktiv mitarbeiten.
6
1.2 Forschungsfrage
Die Fragestellungen der ich in dieser Arbeit nachgehen möchte ist:
- Welche Aspekte müssen erfüllt werden, damit Angehörige von sterbenden Bewohnerinnen des Bürgerheimes besser betreut werden können?
- In welchen Bereichen besteht zukünftig Handlungsbedarf?
1.3 Methodik
Die Arbeit baut im Wesentlichen auf eine Literaturrecherche zu den Themen Palliativpflege und Angehörigenarbeit auf. Die Literaturrecherche wird mit Fallbeispielen aus der beruflichen Erfahrungen des Autors ergänzt.
Zusätzlich wurde unter den Suchbegriffen Angehörige und Betreuung und Sterben auf
Google gesucht sowie nach bisherigen Arbeiten in FIT Nursing Care gesucht.
2 Wie möchten wir sterben:
Was würden wir auf die Frage wie wir sterben möchten antworten, für die meisten wäre es
wohl eine sehr seltsame Erfahrung sich mit dieser Frage zu beschäftigen. Doch nach einer
Zeit würden die Antworten ähnlich klingen:
Im eigenen zu Hause, ohne Schmerzen, mit den vertrauten Menschen an der Seite, eigene
Entscheidungen treffen zu können……usw.
Leider werden Wünsche mit dem eigenen zu Hause als Sterbeort nur wenigen Menschen in
unserem Land zu teil. Laut einer österreichischen Statistik von 2012 sterben 54,6% in
Krankenhäusern, 27% an der eigenen Wohnadresse, 13% in Pflegeheimen und 5,4% an
sonstigen Orten (siehe Abbildung 1).
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Abbildung 1: Sterbeort Österreich gesamt
Quelle: Statistik Austria 2012
Die Entwicklung der letzten 20 Jahren zeigt österreichweit eine Steigerung der Sterbefälle
in den Pflegeheimen. Österreichweit in den letzten 10 Jahren um beinahe 50%.
Noch deutlicher ist dieser Anstieg im Land Vorarlberg zu erkennen, wo innerhalb der letzten 10 Jahre eine massive Steigerung der Sterbefälle in den Langzeitpflegeeinrichtungen zu
beobachten ist.
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Abbildung 2: Sterbeort in Vorarlberg
Quelle: Statistik Austria 2012
So starben 1992 noch 40 Bewohner, im Jahre 2002 schon 88 Bewohner und im Jahre 2012
immerhin 510 Bewohner in Pflegeheimen in Vorarlberg. Das ist eine Steigerung um nahezu 480%. Dies bedeutet, dass im Jahre 2002 in Vorarlberg 3,6% und im Jahre 2012 schon
18,5% aller Sterbefälle sich in Pflegeheimen ereigneten. Es ist in Zukunft davon auszugehen das dieser Trend fortgesetzt wird.
Pflegeheime sind in den letzten Jahren zu Sterbehäusern geworden. Der Umgang mit Sterben, Tod und Trauer ist eine zentrale Herausforderung der Versorgungseinrichtungen. Infolgedessen haben sich die Bemühungen intensiviert, in Organisationen der stationären
Altenhilfe eine palliative Kultur zu entwickeln (Cornelia Knipping 2007, S.73).
Die Gründe für diese Veränderung sind vielschichtig. Gründe dafür sind zum Beispiel:
- Änderung der Familienstrukturen (viele Single-Haushalte)
- eine kürzere Verweildauer in den Krankenhäusern
- die demographische Veränderung im Hinblick auf die Alterspyramide
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Außerdem ereigneten sich rund 50% der Sterbefälle im Alter zwischen 80 – 95 Jahren
(Österreich, 2012). Diese Altersgruppe ist die größte Gruppe der Menschen im Pflegeheim.
Durch diese Entwicklung kommt der Sterbebegleitung für die Betroffenen, für die Angehörigen und für das Pflegepersonal eine zentrale Bedeutung zu.
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Abbildung 3: Sterbealter in Österreich 2012
Quelle: Statistik Austria 2012
3 Beginn des Sterbens:
Die Frage: „Ab wann beginnt das Sterben?“ ist für die Pflegenden von zentraler Bedeutung.
Der Pflegende informiert die Angehörigen darüber, dass die ihnen nahestehende Person
sterbend ist. Dadurch verändert sich das Verhalten der Angehörigen gegenüber der sterbenden Person sehr. Die Besuche der Angehörigen werden häufiger, ihre Mimik und Ges-
10
tik verändert sich, sie wirken unsicher. Entweder ihnen fehlen die Worte oder sie suchen
ständig das Gespräch.
Ab dem Zeitpunkt wo die Angehörigen darüber informiert werden das die ihnen nahestehende Person sterbend ist sich das Verhalten gegenüber dieser Person sehr stark ändert. So
beobachten Pflegende oft dass ab diesem Zeitpunkt Angehörige öfters zu Besuch kommen,
sich auch ihre Mimik und Gestik verändern, unsicher wirken, ihnen die Worte fehlen oder
sie ständig das Gespräch suchen.
Doch wann ist ein Mensch sterbend? Wann sollte der Pflegende die Angehörigen mit dem
in naher Zukunft zu erlebenden Verlust konfrontieren?
Diese Fragen stellen sich die Pflegenden oft. Doch sie sie nicht oder nur sehr schwer zu
beantworten. Es bestehen sehr vage Formulierungen. Zu dem liegt sehr wenig Grundlagenforschung diesbezüglich vor. In den Abschnitt 3.1 bis Abschnitt 3.5 sind einige Ergebnisse aus der Grundlagenforschung dargestellt.
3.1 Nach Dr. Husebø „Die letzten Tage und Stunden“
Ein Mensch kann als sterbend bezeichnet werden, wenn er:
 an einer fortgeschrittenen, progressiven Krankheit
mit schlechter Prognose leidet.
 mehr bettlägerig und extrem geschwächt ist.
 mehr verwirrt oder bewusstlos ist.
 immer weniger Interesse für Essen und Trinken aufbringt.
 immer weniger Interesse für seine Umgebung und sein
Leben zeigt.
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 eine oder mehrere lebensbedrohende Komplikationen hat.
Oder wenn ein Arzt, der den Patienten und seinen Zustand genau kennt, gemeinsam mit
dem Pflegepersonal der Meinung ist, dass der Tod nahe bevorsteht.
Höre auf den alten Menschen!
„Alte Menschen sind oft auf ihren bevorstehenden Tod vorbereitet. Gedanken über ein
bevorstehendes Ende des Lebens sind ihnen nicht fremd. Wenn Angehörige, der Arzt oder
das Pflegepersonal sich Zeit nehmen, ihren Gedankengängen zu folgen, werden sie oft über
das sprechen, was ihnen wichtig erscheint, bevor das Leben zu Ende geht. Sehr viele dieser
Menschen fürchten den Tod nicht. Sie haben das Empfinden, dass sie zu jemandem „nach
Hause kommen können“ (Husebø, Die letzten Tage und Stunden).
Der Beginn der Sterbephase wird damit oft von dem betroffenen Menschen signalisiert.
3.2 Für die Medizin
Für die Medizin beginnt das Sterben dann wenn die elementaren Körperfunktionen unaufhaltsam versagen und Medizinische Maßnahmen keinen Erfolg mehr versprechen (Nagele
und Feichtner 2005, S.36).
3.3 Aus Biologischer Sicht
Aus Biologischer Sicht beginnt das Sterben durch das stete Absterben von Zellen bereits
mit der Geburt (Nagele und Feichtner 2005, S.37).
12
3.4 Die Psychologische Sicht
Psychologisch ist ein Mensch dann als Sterbender zu bezeichnen, wenn er objektiv vom
Tod bedroht ist und wenn er sich dessen soweit bewusst ist, dass sie sein Erleben und Verhalten bestimmt (Nagele und Feichtner 2005, S.37).
3.5 Stationäre Langzeitpflege:
In der Stationären Langzeitpflege wird der Pflegeheim-Bewohner von den Pflegenden oder
dem Arzt als sterbend eingeschätzt. Diese Einschätzung wird meist aufgrund des verschlechterten Allgemeinzustandes, der Erfahrung und des Gefühls getroffen (Nagele und
Feichtner 2005, S.37).
Abschließend kann gesagt werden, dass Pflegende sich nicht auf messbare Werte oder „sichere Zeichen“ verlassen können, sondern vielmehr auf ihre Beobachtungsgabe und Erfahrung. Nur wenn die Pflegenden die Situation rechtzeitig und richtig einschätzen, können
die Angehörigen ihre Lieben angemessen begleiten. Die Pflegenden handeln in dem Bewusstsein, dass es keine zweite Möglichkeit gibt, sollten die Angehörigen zu spät informiert werden.
4 Bedeutung von Bezugspersonen für Sterbende
Immer wieder sprechen Pflegende über schwierige Patienten oder schwierige Angehörige.
Damit meinen sie Patienten und Angehörige, die die angebotene Hilfe oder Therapievorschläge ablehnen oder medizinisch sinnlose Behandlungen fordern. Wir vergessen häufig,
dass die Patienten oder die Angehörigen von der Information abhängig sind, die sie erhalten.
Pflegende können durch die Art und Weise, wie sie Informationen weiter geben, Entscheidungen beeinflussen. Ziel ist es die Aufklärung und Informationen verständlich zu vermitteln, so dass der Patient oder die Angehörigen eine adäquate Wahl treffen können (Husebø
und Klaschik 2000, S. 352).
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Auf der Grundlage meiner Beobachtungen und der Kenntnisse aus der Theorie sehe ich die
Bedeutung der Bezugspersonen für den Betroffenen wie folgt.
Wir müssen lernen zu akzeptieren, dass Angehörige die direkten Bezugspersonen der Patientinnen sind. Unsere Aufgabe ist es, diese Angehörigen zu stützen und zu begleiten, damit
sie ihre Sterbenden betreuen können (Nagele und Feichtner 2005, S.148).
Die intensive Beschäftigung mit der eigenen Endlichkeit und der eines nahen Menschen
führt oft zu einer bedeutenden Erfahrung im Leben der Angehörigen, die sie als sehr wertvoll erleben können.
So ist das Pflegepersonal nicht nur im Umgang mit den Bewohnern, sondern auch mit den
Angehörigen und Freunden des Sterbenden in einem professionellen Miteinander gefordert. Dies bedingt eine ganzheitliche Betrachtung der Situation, aufgebaut auf der Grundlage, dass sowohl von der Pflege als auch von ärztlicher Seite eine behutsame Heranführung an die Situation ermöglicht wird.
Angehörige aus der eigenen Familie sowie Freunde und Bekannte sind auch schon bevor
der Bewohner sterbend war, einen Teil seines Weges mit ihm gegangen. Diese Gemeinsamen Zeiten und die daraus gewachsene Vertrautheit ermöglichen nahen Mitmenschen oft
auf eine Art zu kommunizieren, die mehr beinhaltet als durch Worte und Gesten weitergegeben werden kann und sehr wertvoll für alle Beteiligten ist. Sie kennen den Patienten
bzw. Patientin sehr genau und können individuelle Signale schneller deuten. (Nagele und
Feichtner 2005, S.147).
4.1 Bedeutung Angehöriger auf den Gesundheitszustand
Das Angehörige auch in der täglichen Pflege für den Gesundheits- und Allgemeinzustand
der Bewohner eine bedeutende Rolle spielen beobachten die Pflegenden sehr oft. Auch
sind es die nahen Angehörigen, die den Bewohnern helfen eine für ihn schwierige Situation zu bewältigen und so den Bewohner zu begleiten und Sicherheit zu geben.
Bewohnern fällt es zudem leichter eigene Bedürfnisse und Sorgen mit einer ihm vertrauten
Person zu besprechen. Diese Interessen können von den Angehörigen nach außen kommu-
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niziert werden. Dadurch können Angehörige zu einer notwendigen Entscheidung ihre
Meinung äußern und somit den Bewohner unterstützen.
Auf der anderen Seite ist es für den Bewohner sehr häufig mit Angst verbunden dem Angehörigen zur Last zu fallen oder nicht sagen zu dürfen was für den Angehörigen kränkend
sein könnte.
Nahe Bezugspersonen sind die wichtigsten Personen die dem Bewohner Sicherheit, Vertrauen und Halt in seiner Situation geben. Diese fördern seine psychische Stabilität und
hilft bei Entscheidungen. Er vertritt die Bedürfnisse des Bewohners gegenüber dem Pflegepersonal und nach außen. Der Bewohner und die Bezugspersonen bilden so eine Einheit mit dem Ziel die Defizite gemeinsam kompensieren zu können. Wenn diese nahen
Personen fehlen bedeutet dies für die Betroffenen, dass sie alleine mit ihrer Krankheit sind
und diese Last auch alleine ertragen müssen.
Es wird kaum gelingen, einen Patienten bzw. eine Patientin umfassend zu betreuen, wenn
wir sein soziales Umfeld nicht mit einbeziehen (Nagele und Feichtner 2005, S.148)
5 Bedeutung des Sterbeprozesses einer Person für
dessen Angehörige
Die Erkrankung betrifft den Patienten, die Krankheit alle beteiligten Personen (Davy und
Ellis 2010, S.74).
Das Begleiten dürfen und in dieser Zeit des Abschieds an der Seite des Sterbenden zu stehen, kann für den Angehörigen eine sehr wichtige und bereichernde Lebenserfahrung sein.
Es besteht die Möglichkeit eines Lernprozesses, welcher für die Angehörigen eine andere
Sicht auf den Tod und eine andere Lebenseinstellung nach dieser Erfahrung bedeuten
kann.
Die Angehörigen können so in dieser Phase des Abschieds einen Teil der Trauerarbeit zu
Lebzeiten des Betroffenen bewältigen. Wichtige erscheinende Angelegenheiten können
geklärt werden, bevor der Sterbende geht.
15
Auf der anderen Seite ist dieses Begleiten oft mit vielen Ängsten von der Seite der Angehörigen behaftet.
5.1 Mögliche Ängste Angehöriger:
5.1.1 Angst vor der Ungewissheit
Da das Sterben heute großteils in den Institutionen stattfindet, fehlen vielen Angehörigen
Alltagskenntnisse und Verhaltensmuster für die Betreuung von Sterbenden.
5.1.2 Angst vor dem Leiden
Es ist äußerst belastend, einen geliebten Menschen leiden zu sehen und nichts zur Entlastung beitragen zu können.
5.1.3 Angst vor Verlust
Einen nahe stehenden Menschen zu verlieren bedeutet in der Regel immer auch einen
schmerzlichen Verlust zu erleben.
5.1.4 Angst vor dem Versagen oder davor, etwas Wesentliches versäumt zu
haben
Viele Angehörige werden von dem Subjektiven Gefühl gequält, wichtiges versäumt zu
haben, und nicht alle medizinischen Möglichkeiten ausgeschöpft zu haben (Nagele und
Feichtner 2005, S.148).
16
5.1.5 Sorgen um den Sterbenden und die Fragen die sich Angehörige stellen.
Beispiele:

Warum jetzt?

Warum so?

Habe ich alles richtig gemacht?

Hätte ich nicht dieses oder jenes tun sollen?

Habe ich die Kraft es durchzuhalten?

Wie soll ich ohne meinen Vater, meine Mutter, meine Geschwister weiterleben?

Wie kann ich dafür sorgen dass es ihm an nichts fehlt?
5.2 Psychische und soziale Probleme
Außerdem spielen oft erschwerende psychische und soziale Probleme eine Rolle.
Auch können unerledigte Fakten, wie die ungeregelte Erbsituation, mangelnde Gespräche
über den Tod und das Sterben, schwierige Beziehungssituationen und so weiter eine große
Belastung für den Angehörigen bedeuten.
Angehörige finden sich oft in einem Wechsel von Hoffen und Bangen, von Ängsten und
Zweifeln und der Unsicherheit was jetzt alles noch weiter geschieht wieder.
5.3 Deutung und Glaube
Die Frage nach dem Glauben und nach der eigenen Deutung des Todes gewinnt an Bedeutung. Auch die Fragen nach dem Warum und Wohin sowie die Frage nach der Kraft die
benötigt wird, um diesen Abschied bewältigen zu können stehen für den Angehörigen
vermehrt im Zentrum seines Denkens und Handelns.
Dort wo es den Pflegenden sowie allen anderen Beteiligten gelingt, dass Angehörige und
Betroffene ihre Gefühle benennen und ausdrücken können, und darin wahrgenommen,
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verstanden und ernstgenommen werden, da passiert auch ein wertvolles Stück Sterbebegleitung.
5.4 Bedeutung für die Pflegepersonen
Die Pflegepersonen sehen sich mit den Ängsten der Angehörigen konfrontiert und bewerten diese oft von angemessen bis hin zu völlig unverständlich und nicht nachvollziehbar.
Pflegende müssen sich der Ausnahmesituation der Angehörigen bewusst werden. Nur so
ist eine professionelle Reaktion und eine positive Betreuung der Angehörigen möglich.
6 Notwendige
Informationen
für
Angehörige
(Bedürfnisse für begleitende Angehörige)
Ein sehr wichtiger Ansatz bei der Betreuung von Angehörigen ist das man sich bewusst
macht welche Bedürfnisse Angehörige in dieser Situation haben können.
In Abschnitt 6.1 möchte ich mit Hilfe der Bedürfnispyramide nach Maslow (Urban, Fischer 2010, S. 12) diese Bedürfnisse verdeutlichen.
6.1 Bedürfnispyramide
1. Physiologische Bedürfnisse
2. Bedürfnis nach Sicherheit
3. Bedürfnis nach Zuwendung und Liebe
4. Bedürfnis nach Anerkennung und Wertschätzung
5. Bedürfnis nach Selbstverwirklichung
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Abbildung 4: Bedürfnispyramide nach Maslow
Quelle: Altenpflege Heute 2010, S. 12
6.1.1 Physiologische Bedürfnisse
Im Vordergrund stehen für die Angehörigen, dass sie die Möglichkeit bekommen sich ausruhen zu können. Speziell in der Zeit in der für den Sterbenden eine Sitzwache notwendig
ist sind Angehörige oft für viele Stunden an der Seite ihrer Lieben und haben ein großes
Defizit an Schlaf und Ruhe.
Auch ist es für Angehörige, die ihren Sterbenden begleiten und nicht von seiner Seite weichen wollen, in dieser Zeit auch notwendig, dass sie Zugang zu Essen und Trinken haben.
Maslow benennt zu dem als eines der Physiologischen Grundbedürfnisse die Schmerzfreiheit.
In diesem Zusammenhang der Sterbebegleitung ist dies aber auch auf den Sterbenden zu
übertragen da die Angehörigen mitleiden und mitfühlen und diesen Schmerz auch zum Teil
selbst ertragen. Es ist deshalb sowohl für den Sterbenden als auch für die Angehörigen von
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größter Bedeutung, dass ein optimales Schmerzmanagement stattfindet und auf die Äußerungen der Angehörigen schnell und professionell reagiert wird.
6.1.2 Bedürfnis nach Sicherheit
Pflegende können sich nicht darauf verlassen, dass die Angehörigen bei Unsicherheit die
Rufanlage betätigen. Grund: Sie wollen nicht stören. Es ist deshalb notwendig, dass die
Pflegenden immer wieder einen Blick ins Zimmer werfen und sich kurz bei dem Angehörigen bemerkbar machen.
Angehörige müssen informiert sein, dass sie jederzeit Fragen stellen und Beobachtungen
mit den Pflegenden erläutern können.
Auch ist es sehr hilfreich die Angehörigen über den Tagesablauf zu informieren, und ihnen
anzubieten wo immer sie sich bei der Pflege des Sterbenden Bewohners einbinden möchten dies auch möglich ist.
Sicherheit entsteht aber vor allem dort wo Gespräche über Ängste, Sorgen und Gefühle
stattfinden können. Diese Gespräche sollten in einem geeigneten Ort und mit der Notwendigen Zeitressource stattfinden. Die Gespräche ermöglichen Nähe und verschaffen den
Angehörigen die Möglichkeit sich mit der Situation besser Auseinander setzen zu können
und sich auf dieser Grundlage sicherer zu fühlen.
6.1.3 Bedürfnis nach Zuwendung und Liebe
Angehörige müssen unbedingt darauf hingewiesen werden, dass das Hörvermögen von
Sterbenden deutlich länger bestehen bleibt, als es ihnen gelingt sich selbst zu äußern.
Dadurch sind die Sterbenden noch lange „ansprechbar“. Oft möchten Angehörige noch
sehr wesentliche Dinge aussprechen, die von dem oder der Sterbenden gehört werden
sollen (Nagele und Feichtner 2005, S.40).
Angehörige haben zuweilen Berührungsängste mit dem Sterbenden. Hier kann es sehr hilfreich sein die Angehörigen zu ermutigen dem Sterbenden die Hand zu halten, mit ihm zu
sprechen und ihm nahe zu sein.
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Pflegende müssen darauf achten, dass dieser Kontakt auch nicht durch die Bettgitter und
durch ein zu tiefes oder zu hohes Bett beeinträchtigt wird. Diese stellen im schlechtesten
Fall eine Barriere zwischen Bewohner und Angehörigem dar.
Es ist ausserdem wichtig, den Angehörigen Zeit mit dem Sterbenden alleine zu ermöglichen und dies anzubieten.
6.1.4 Bedürfnis nach Anerkennung und Wertschätzung
Anerkennung und Wertschätzung sind Eckpfeiler in der gemeinsamen Begleitung des
Sterbenden durch Pflegende und Angehörige.
Angehörige leisten oft Schwerstarbeit in dieser für sie sehr gefühlsbetonten und emotionalen sowie herausfordernden Begleitung eines Sterbenden. Diese Zeit ist für viele Angehörige eine Ausnahmesituation die mit vielen Unsicherheiten, Ängsten, Sorgen aber auch mit
dem Zauber des einzigartigen Momentes einhergeht.
Die Pflegenden müssen den Angehörigen dort begegnen wo sie sich im Moment befinden
und ihnen in seiner jetzigen Lage annehmen.
Doch gerade in dieser Situation sind Angehörige oft überfordert und werden dadurch von
den Pflegenden als „schwierig“ wahrgenommen.
Dies zeigt sich in dem über den Bewohner gesprochen wird, ohne die Angehörigen einzubeziehen.
Angehörige können in dieser Zeit sehr feinfühlig sein und nehmen auch unachtsame Bemerkungen der Pflegenden wahr.
Nur durch eine ehrliche Zusammenarbeit und mit Respekt für das was die Angehörigen in
dieser Situation leisten und was sie auch die Jahre bevor der Bewohner in unser Heim gekommen ist geleistet haben erfährt der Angehörige die Anerkennung und Wertschätzung
die er verdient.
Nur auf dieser Grundlage ist für alle Beteiligten eine gute Begleitung des Sterbenden gewährleistet.
21
6.1.5 Bedürfnis nach Selbstverwirklichung
Gerade in diesen wertvollen letzten Tagen und Stunden haben Angehörige den Wunsch,
alles was noch möglich ist für den Sterbenden zu tun.
Hier ist die Pflicht der Pflegenden, Angehörige deren Wunsch es ist, in die Betreuung und
Pflege des Sterbenden mit einzubeziehen.
Auch der Glaube und Riten finden hier ihren Platz und können für Angehörige und
sterbende Bewohner eine große Stütze sein. Diese Riten sind nach den Wünschen der
Angehörigen und Bewohner nach Möglichkeit zu organisieren.
Die Selbstbestimmung und Mitbestimmung der Angehörigen bedeutet für diese die
Möglichkeit der Selbstverwirklichung. Ich bestimme selbst so kann ich mich selbst
verwirklichen.
Maslow hat in seiner Bedürfnispyramide die Grundlegenden Bedürfnisse von uns allen
beschrieben. Manche dieser Bedürfnisse können wir eigenständig befriedigen, bei anderen
benötigen wir die Hilfe und Unterstützung von unseren Mitmenschen. Hier sind gerade die
Angehörigen auf uns angewiesen. Sie können Ängste, Sorgen, Unsicherheiten und
Bedenken äußern. Diese müssen aber auch von der Pflege gehört werden. Doch sind nicht
alle Angehörigen so offen und suchen das Gespräch. Bei Angehörigen die sehr
schweigsam sind, muss die Pflege oft auf Grundlage ihres Gefühls handeln., Hier ist es
wichtig, sich immer wieder die eigenen Bedürfnisse in Erinnerung zu rufen und aufgrund
dieser das Gespräch zu suchen oder Entscheidungen zu treffen.
7 Information über Veränderung am Ende des Lebens
Für die Angehörigen die den Sterbenden begleiten sind die Veränderungen am Ende des
Lebens meist sehr fremd und nicht nachvollziehbar. Hier kommt den Pflegenden eine große Bedeutung zu. Er muss dem Angehörigen mögliche Probleme und Symptome des Sterbenden zu erklären. Teil dieses Gespräches sind auch Hilfen anzubieten und wenn die Angehörigen dies auch wollen Begleitung und Anleitung der Angehörigen in unterstützenden
Maßnahmen. In einem persönlichen Gespräch bietet der Pflegende dem Angehörigen Hilfe
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zur Begleitung und unterstützenden Massnahmen an. Die möglichen Veränderungen sollten schon bevor sie von den Angehörigen beobachtet werden besprochen sein.
Zum ersten können sich die Angehörigen so besser auf das kommende einstellen und
Ängste abbauen sowie im Vorfeld Fragen stellen.
Zum zweiten werden Situationen in denen ein Angehöriger „ Sturm läutet“ und sich für ihn
jede Minute in der sich noch keine Pflegeperson im Zimmer meldet wie eine Ewigkeit anfühlt vermieden oder zumindest verringert. Diese Informationen zu einem frühen Zeitpunkt
bedeuten für den Angehörigen mehr Sicherheit und die Möglichkeit eines besseren Umganges mit den Symptomen bei deren Auftreten.
7.1 Appetitlosigkeit / Vermindertes verlangen nach Essen Trinken
Oft haben Sterbende weder Durst noch Hunger. Dies ist für die Angehörigen nicht immer
leicht zu ertragen. Bis zu diesem Zeitpunkt war es immer wichtig, wie viel eine Person isst
oder trinkt. Wie sagt ein Sprichwort: Du bist was du isst.
Angehörige müssen informiert werden, dass es für den Sterbenden normal ist und er nicht
darunter leidet. Er stirbt nicht weil er nichts isst, sondern isst nichts weil er stirbt.
Es muss ihnen gezeigt werden was sie tun können, zum Beispiel den Mund zu befeuchten,
etwas zum Lutschen anbieten und ähnliches.
Grundsätzlich soll der Betroffene bekommen, worauf er Lust hat: appetitlich zubereitet und
liebevoll verabreicht; nicht mehr und nicht weniger. Dies bedeutete unter anderem, dass
das Glas erreichbar, tragbar, haltbar sein soll und nicht unerreichbar auf dem Tisch steht
oder so voll ist, dass der Patient es nicht heben kann ohne sich dabei anzuschütten.
Angehörige und Pflegende müssen den Willen (Selbstbestimmungsrecht) und das Empfinden des Patienten beachten. Während bei einer akuten Dehydration ein unstillbares Durstgefühl als Folge einer ausgeprägten Natriämie auftritt, bewirkt die langsame Dehydration
in erster Linie Mundtrockenheit. Die biologisch-physiologische Dehydration ist Teil des
Sterbeprozesses. Eine Rehydratation würde dem Patienten mehr schaden als nützen (vgl.
Weissenberger 2008, S.117-194).
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7.2 Veränderte Atmung (Todesrasseln)
60-90% der Patienten sind in der Sterbephase nicht mehr in der Lage Speichel reflektorisch
zu schlucken oder Schleim auszuhusten.
Das Problem des Todesrasselns ist ein Problem der Angehörigen und des Betreuungspersonals. Nach derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnissen dürfte der Patient selbst nicht
vom Todesrasseln beeinträchtigt werden.
Absaugen des Sekretes erweist sich nicht als zielführend und ist zudem eine große Belastung für den Sterbenden (vgl. Weissenberger 2008, S.117-194).
7.3 Asthenie - Chronische Müdigkeit
„Einschlafen dürfen, wenn man müde ist, und eine Last fallen lassen dürfen, die man sehr
lange getragen hat, das ist eine tröstliche, eine wunderbare Sache." - Hermann Hesse
Der Bewohner beschreibt sie mit verschiedenen Worten wie Schwäche, Energiemangel,
Kraftlosigkeit, Konzentrationsmangel, Schläfrigkeit, Erschöpfung. Alles ist so anstrengend, sogar das sprechen, lesen, sitzen. Das Erleben der Asthenie wird durch genügend
Schlaf und Ruhe nicht verändert.
Für die Angehörigen ist dieser Zustand oft sehr belastend da sich der Patient ihnen gegenüber kaum noch äußert. Fragen werden nicht beantwortet. Der Sterbende schläft und der
Angehörige ist sich nicht sicher, ob seine Anwesenheit erwünscht ist. Die Angehörigen
denken, dass der Sterbende ihnen damit zu bedeuten gibt, dass sie bitte gehen sollen.
Pflegende sollten Angehörige ermutigen mit ihrem lieben Menschen weiterhin zu sprechen
oder ihm eine Hand zu reichen, wie sie es sonst auch getan haben. Sie sollten die Angehörigen bitten ihre Beobachtungen, die auf Schmerz, Durst oder sonstiges Unwohlsein hinweisen, den Pflegefachkräften zu melden (vgl. Weissenberger 2008, S.117-194).
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7.4 Verwirrtheit – Unruhe
Verwirrtheit, Agitation, akuter Erregungszustand gehören zu einem verbreiteten und beängstigenden Geisteszustand, der mit Trübung der Gedanken, Desorientiertheit, Verständnis und Gedächtnisstörungen einhergeht. Dieses Symptom kann sowohl akut als auch
chronisch vorkommen.
Diese Phänomene sind für Angehörige oft sehr belastend. Angehörige berichten dann, dass
sie Sterbende sie nicht mehr bei ihrem Namen nennen können, oder dass Äußerungen von
dem Sterbenden kommen, die diese Person sein ganzes Leben nicht gemacht hatte. Es
können Dinge erzählt werden, die unbekannt für die Angehörigen sind oder der Betroffene
spricht mit Menschen die schon verstorben sind. Es kann auch sein, dass er Dinge sieht
und hört, die wir mit unseren eigenen Augen und Ohren nicht wahrnehmen können.
Es ist sehr wichtig für den Angehörigen zu verstehen, dass es sich nicht um ein Zeichen
der Ablehnung seiner Person handelt, sondern dass dem Sterbenden der Bezug zur Realität
immer mehr abhandenkommt. Der Sterbende befindet sich gewissermaßen in seiner eigenen Realität und Welt. Alle Personen, die den Sterbenden begleiten, sollten an der Realität
des? Sterbenden teilnehmen. Sie sollten Bedeutungen nachfragen und ihm seine Wirklichkeit nicht ausreden oder es nur als Halluzinationen abtun. Dies birgt vor allem für die Angehörigen die Chance, ihre eigene Realität zu erweitern (vgl. Weissenberger 2008, S.117194).
8 Bedeutung der Pflegedokumentation
In der letzten Lebensphase wird von den Angehörigen erwartet, dass alle Pflegepersonen
auf dem gleichen Wissenstand sind und die gegebenen Erklärungen nicht voneinander abweichen.
Damit rückt die Qualität der Pflegedokumentation in den Fokus: Nur wenn Assessment,
Biographiearbeit, Planung und Durchführungsdokumentation konsequent gemacht worden
sind, wird die Pflegedokumentation in den letzten Tagen und Stunden nützlich sein.
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Da unter den Angehörigen oft Uneinigkeit über das weitere Vorgehen besteht, müssen Patientenverfügungen allen Pflegepersonen bekannt und zugänglich sein. Die von den alten
Menschen selber, aber auch von Angehörigen oder Besuchern während des Heimaufenthaltes gemachten Bemerkungen über die Wünsche in der Sterbephase müssen deshalb als
zu beachtende Patientenverfügungen wahrgenommen und dokumentiert werden.
9 Hängt alles nur an den Pflegenden?
Bisher wurde vorwiegend auf die zur Verfügung stehende Literatur zurückgegriffen. Die
Erkenntnisse bis hierher verweisen darauf, dass die Pflegenden die Bedürfnisse der Betroffenen und die der Angehörigen erkennen und verstehen müssen. Wenn dann auf Basis dieses Wissens über die Bedürfnisse, sowie Probleme, Ängste, Sorgen usw. seitens der Pflege
professionell reagiert wird, dann können die Angehörigen sowie der Sterbende den Sterbeprozess positiv oder zumindest gut erträglich durchleben.
Dies bedeutet aber das, wenn Angehörige und der / die im Sterben liegende diesen Prozess
nicht in einer guten Weise durchleben können, die Verantwortung bei den Pflegenden zu
suchen ist, oder in der Struktur oder eben beim Träger der das notwendige Umfeld nicht
zur Verfügung stellt.
Da sich diese Erkenntnisse nicht überwiegend mit der vom Autor erlebten Erfahrung decken ist eine etwas andere Betrachtung hier von großer Bedeutung.
In wie weit ist auch der/die Angehörige Verantwortlich für diese sehr prägende und sensible Zeit in der dieser Abschied stattfinden muss.
In den letzten Seiten war oft von den Bedürfnissen der Angehörigen und deren Bedeutung
für das richtige Handeln der Pflegenden die Rede.
Auch in der Bedürfnispyramide nach Maslow geht es um grundlegende Bedürfnisse der
Menschen. Was sind aber Bedürfnisse eines Menschen also auch die eines Angehörigen?
Hansruedi Stoll, hat im Connexia Kurs „Basales Pflegemanagement“ zum Thema
Entlassungsmanagement die Bedürfnisse eher als Wünsche eines Menschen erklärt, so
habe ein Mann der an einem Fortgerittenen Krebsleiden erkrankt war das starke Bedürfnis
ausgedehnte Ausfahrten mit seinem Motorrad zu unternehmen. Dieses Bedürfnis liegt aber
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außerhalb des möglichen, und doch ist es ein ganz legitimes Bedürfnis dieses Menschen.
Der Entscheidende Unterschied zwischen Bedarf und Bedürfnis ist das der Bedarf das
Notwendige und die Bedürfnisse das Gewünschte darstellt.
Die Pflegenden müssen aber in erster Instanz dafür Sorge tragen, dass der Bedarf
gewährleistet ist, denn dieser steht im Gegensatz der Bedürfnisse für das Notwendige und
ist als solches auch von zentraler Bedeutung für den Betroffenen. Pflegende müssen also
viel mehr als nach den Bedürfnissen nach dem wirklichen Bedarf suchen und diesen für
den Menschen befriedigen.
Bezugnehmend auf die Frage wie Angehörige besser begleitet werden können ist es für die
Pflegenden wichtig auch den Angehörigen zu akzeptieren der eben diese Begleitung
verweigert. Auch wenn dies aus der Sicht der Pflegenden notwendig ist und allen
Betroffenen helfen würde. Angehörige haben das Recht unsere Hilfe abzulehnen dies
bedeutet nicht dass die Pflegenden dafür verantwortlich sind, sondern nur, das es ebenso
ist.
9.1 Erfahrungsbericht
Eine 83 jährige Bewohnerin die nach einer raschen Verschlechterung im Sterben lag,
wurde von ihrer Tochter in ihrem Zimmer besucht. Die Tochter war informiert, dass es
sich um die letzten Tage und Stunden ihrer Mutter handeln dürfte. Schon die Tage zuvor
waren längere Gespräche notwendig da sich die Tochter recht überfordert fühlte. So hatte
eine Pflegeperson ein 20 Minuten dauerndes Gespräch, weil die Tochter nicht wahrhaben
wollte, dass es nicht möglich sei zu sagen, wie lange ihre Mutter noch leben werde. Die
Tochter sagte dass sie beim Sterben dabei sein wolle, aber dass es ihr jetzt zu lange dauert.
Sie müsse wissen wenn die Mutter stirbt, da sie nur noch ein paar Tage Pflegeurlaub habe.
So oft sie von der Pflege gesagt bekam, dass es nicht möglich ist dies genau zu sagen,
fragte sie: „Wie lange dauert es noch?“
Als die Pflegeperson nach einiger Zeit das Zimmer betrat, hatte die Tochter die Vorhänge
zugezogen und unzählige Räucherstäbchen angezündet. Im Raum war die Luft mit dem
Duft und dem Rauch der Stäbchen kaum mehr zum Atmen. Auf die Frage was sie damit
erreichen wolle antwortete die Tochter am Bett der Mutter: „Ich kann den Geruch des
27
Todes nicht ertragen.“ Die Tochter redete weiter und fragte wie lange das noch dauern
würde und ob es schon Totenflecken zu sehen gäbe.
Ein solches Verhalten ist für die Pflegenden oft nicht nachvollziehbar und verletzt zu dem
die eigenen Werte und Vorstellungen. Ausserdem ist es nicht möglich diese Situation für
den Betroffenen nachträglich zu klären. Die Frage, was die Sterbende davon gehört hat,
bleibt unbeantwortet. Die Tochter war eine gebildete Frau, die gut aufgeklärt in das
Zimmer der Sterbenden ging. Die folgenden Besuche stellten immer wieder eine große
Herausforderung für das Pflegeteam dar.
So hatte eine andere Tochter die Nacht bei ihrer sterbenden Mutter in einem Zustellbett
verbracht. Die Nacht verlief sehr ruhig und sie legte sich etwas hin. Als gegen 5:30 die zu
Beginn erwähnte Tochter die Türe ins Zimmer öffnete, vernahm der Nachtdienst ein
plötzlich lautes Geschrei, gefolgt von Beschimpfungen. Die Nachtschwester eilte in das
Zimmer und sah, dass die Tochter ihre Schwester anschrie, dass die Mutter gestorben sei
während sie geschlafen habe. Die Nachtschwester ging zu dem Bett und stellte fest dass
sich der Zustand der Mutter nicht verändert hatte, nur schwer ließ sich die Tochter wieder
beruhigen.
Diese Erfahrungsberichte zeigen dass Angehörige nicht immer nachvollziehbar reagieren
und
deshalb
die
Pflegenden
oft
vor
große
Aufgaben
stellt.
10 Begleitung von Angehörigen
10.1 Die Kunst des Helfens
Der dänische Philosoph Soeren Kierkegaard schrieb 1859 über die Kunst des Helfens:
„Wenn wir beabsichtigen, einem Menschen zu einer bestimmten Stelle hinzuführen, müssen
wir uns zunächst bemühen, ihn dort anzutreffen, wo er sich befindet und dort anfangen.
Jeder der dies nicht kann, unterliegt einer Selbsttäuschung, wenn er meint, anderen helfen
zu können.
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Wenn ich wirklich einem anderen helfen will´, muss ich mehr verstehen als er, aber zu allererst muss ich begreifen, was er verstanden hat.
Falls mir dies nicht gelingt, wird mein Mehr-Verständnis für ihn keine Hilfe sein.
Würde ich als Pflegender trotzdem mein Mehr–Verständnis durchsetzen, dürfte dies wohl
in meiner Eitelkeit begründet sein.
Ich möchte meine Unterstützung durch seine Bewunderung ersetzen.
Aber jede wahre Kunst der Hilfe muss mit einer Erniedrigung anfangen.
Der Helfer muss zuerst knien vor dem, der helfen möchte.
Er muss begreifen, dass zu helfen nicht heisst zu herrschen, sondern zu dienen;
Dass das Helfen nicht eine Macht, sondern eine Geduldsausübung ist.
Dass die Absicht zu helfen einem Willen gleichkommt, bis auf weiteres zu akzeptieren, im
Unrecht zu bleiben und nicht zu begreifen, was der andere verstanden hat“ (Husebø und
Klaschik 2000, S. 46).
In diesen Worten findet sich sehr treffend, was für alle Helfenden (Pflegepersonal, Ärzte,
usw.….) als Ansatz bei der Begleitung von Angehörigen dienen sollte.
„Solange uns eine gesellschaftliche Übereinkunft über den Begriff des Alterns und
Sterbens in Würde fehlt, und solange die finanziellen und organisatorischen Mittel für die
Sicherung dieses Ziels nicht bereitstehen, bleibt es die Sache des einzelnen Mitarbeiters,
durch Mehrarbeit und verstärkte Anstrengung in persönlicher Verantwortung die Anteile
an der Begleitung Sterbender zu übernehmen“ (Kostrzewa, Kutzner 2009, S.27).
10.2 Unterstützung
Angehörige sind all jene, die der Betroffene als solche nennt, meist aber die engsten Familienmitglieder.
Bei der Begleitung von Angehörigen die einen geliebten Menschen verabschieden müssen,
können wir Pflegenden durch folgende Punkte unterstützen (siehe Abschnitt 10.2.1 bis
10.2.4).
29
10.2.1 Den Angehörigen eine Umgebung und Infrastruktur anbieten die die
Sterbebegleitung ermöglicht.

Angehörige können nach Bedarf jederzeit auch über 24h bei dem sterbenden
Bewohner verweilen.

Bei Bedarf ist eine Schlafmöglichkeit im Zimmer des Bewohners einzurichten.

Es werden Getränke im Zimmer bereitgestellt.

Frühzeitige Gespräche und Abklärung folgender Punkte.

Wen sollen die Pflegenden benachrichtigen bei einer Verschlechterung des
Allgemeinzustandes, und zu welchen Zeiten ist dies erwünscht.

Haben die Angehörigen besondere Wünsche bezugnehmend auf das Sterberitual, der Kleidung des Verstobenen usw..
10.2.2 Einbeziehung in die Pflege
Angehörige möchten von uns nicht wissen was sie alles falsch machen oder was sie anders
manchen sollten. Sie benötigen keine Ratschläge. Sie brauchen viel mehr geduldige GesprächspartnerInnen und ZuhörerInnen. Dabei müssen wir uns auch bewusst sein, dass der
drohende Verlust eines geliebten Menschen für die Angehörigen einen enormen Stress
darstellt (Nagele und Feichtner 2005, S.151).
10.2.3 Gut und laufend über die Situation informieren
Angehörige werden beraten, unterstützt, und ermutigt sich ihre Kräfte einzuteilen und
wenn möglich sich mit anderen Bezugspersonen bei dem Sterbenden abzuwechseln. Es
steht jederzeit eine kompetente Ansprechperson für Gespräche zur Verfügung.
Alle Beteiligten wissen um den nahen Tod des betroffenen Menschen. Es herrscht eine
offene Gesprächssituation mit umfassender Aufklärung. Für die betroffenen Bewohner und
ihre Bezugspersonen kann diese offene Gesprächssituation wesentlich zu einer erhöhten
30
Lebensqualität Aller beitragen, da sie intensive und sehr bewusste Momente von Nähe und
Liebe zueinander möglich manchen kann (Nagele und Feichtner 2005, S.84).
10.2.4 Platz für Riten lassen und seelsorgerische Betreuung anbieten
Es ist wichtig, dass Pflegepersonen die Bedeutung erkennen, die die spirituellen Bedürfnisse für die Patientinnen und ihre Angehörigen haben. Der individuellen Haltung der Betroffenen soll prinzipiell mit Achtung begegnet werden (Nagele und Feichtner 2005, S.51).
11 Umgang des Pflegepersonals mit Abschied und Trauer
Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt, dass sich mit einer zunehmenden Verlagerung des
Sterbeortes in die Pflegeheime das tägliche Arbeiten der Pflegepersonen in der Stationären
Langzeitpflege nachhaltig verändert hat. Pflegende sind heute weitaus häufiger mit der
Pflege Sterbender und dem damit verbundenen Abschied sowie der Trauer konfrontiert.
Das Pflegepersonal ist vor allem in der Stationären Langzeitpflege in einem sehr engen
Kontakt mit den Bewohnern. Diese gemeinsame Zeit, geprägt von intensiven Gesprächen,
Pflegehandlungen, Betreuungszeiten, gemeinsamen Unternehmungen sowie die Begleitung
der Bewohner, führt zu einem engen Bezug zu der betreuten Person.
11.1 Mögliche Reaktionen der Begleiter auf „so viel Tod“

Abwehrstrategien in Form kühl- professioneller Zugewandtheit, das heißt
sich nicht auf eine Beziehung einzulassen, aber das Notwendige an Pflege,
Behandlung und Beratung zu leisten

Schuldgefühle wegen emotionaler Distanz

Verbrüderung und Verschwisterung mit Patienten (alles für ihn tun)
31

Ideologiesierung der Hospiz- und Palliativarbeit

Liebäugeln mit Euthanasiegedanken

Spiritualisierung der Erlebnisse

Extremes Sich-Versichern der eigenen Lebendigkeit als Gegenbewegung

Ohnmacht und Überforderung

Schwärzester Humor

Verlassen des Arbeitsplatzes (Knipping 2007, S 421)
11.2 Merke
Verlusterfahrungen im beruflichen Kontext der Pflegenden sind ernst zu nehmen und als
Belastung anzuerkennen. Trotz ähnlicher Symptomatik entsprechen sie nicht dem Trauererleben Zugehöriger und Hinterbliebener. Ein vertieftes Wissen über eine umfassende palliative Versorgung und entsprechende Fertigkeiten lassen die Mitgestaltung und Verbesserung von Sterbeumständen deutlich werden und erleichtern die Arbeit auf diesem Gebiet.
Die regelmäßige Besinnung auf die eigenen Werte und Haltung dient der Prophylaxe des
Burnout (vgl. Knipping 2007, S 424).
Abschließend kann gesagt werden, dass Pflegende ebenfalls trauern „dürfen“. Dieser Prozess des Abschiedsnehmen und des sich klar werden, dass eine zu betreuende Person aus
dem Kreis der Bewohner ausscheidet und sich dadurch auch das gesamte Gefüge verändert, benötigt sowohl den Raum als auch die notwendige Zeit. Auch für Pflegende ist es
wichtig sehr zeitnah über das Versterben eines Bewohners informiert zu werden, um so mit
der Situation umgehen zu können und nicht erst beim nächsten Dienstantritt mit dieser
Tatsache konfrontiert zu werden.
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Erfahrungsbericht von einer Altenfachbetreuerin:
„In der Einrichtung haben die Dienste in der Früh zu verschiedenen Zeiten begonnen. Dadurch war bis zur ersten Pause keine Übergabe möglich. Als ich an diesem Morgen meine
Schicht begonnen habe ging ich in Das Zimmer von Fr. A.. Zu meiner Überraschung war
das Zimmer leer. Da Fr. A. eine sehr rüstige Bewohnerin war wusste ich nicht wohin sie
verlegt worden ist. Ich machte mich auf die Suche nach einer Kollegin. Ich trag sie auf
dem Flur. Als ich mich nach Fr. A. erkundigte, bekam ich von ihr die Auskunft dass Fr. A.
vor vier Tagen verstorben sei.
Ich stand da und war erschüttert, sauer und betroffen, da mir Fr. A. sehr am Herzen lag.
„Ich muss mich auch verabschieden können.
Es war mir auch nicht möglich, mich an ihrem Grab zu verabschieden, da ihre Angehörigen ihre Urne mit in die Schweiz genommen haben“.
Dieses Beispiel zeigt sehr gut, dass es auch in einem professionellen Umgang mit Nähe
und Distanz von großer Bedeutung für den einzelnen sein kann, die Möglichkeit zu haben
sich zu verabschieden. Dabei ist es wichtig, dass die Pflegenden die Möglichkeit des Abschieds haben und diesen selbst gestalten können.
Es sollte als selbstverständlich angesehen werden, dass neben den Angehörigen auch die
Pflegenden über den Tod verständigt werden, die sich nicht in der Einrichtung befinden.
Zu bedenken ist auch, dass nur wenige wirklich 100% arbeiten und das viele der Teilzeitbeschäftigten oft für mehrere Tage keinen Dienst verrichten, und deshalb sehr abhängig
von einer guten Information sind.
Der Autor hat in seiner Einrichtung beobachtet, wie wertvoll das letzte Abschied nehmen
am Bett des Verstorbenen auch für die Pflegenden ist. Gerade für Pflegende, die sich entscheiden auch in ihrer Freizeit ins Haus zu kommen um dem Sterbenden einen letzten
Dienst erweisen. Aussage einer Pflegefachkraft: „Nach der Verabschiedung in unserer Kapelle muss ich nicht mehr unbedingt auf die Beerdigung. Der Abschied in der Kapelle ist
für mich ein Abschluss.“
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12 Raum für den Abschied
Der Autor wird in diesem Abschnitt von der gelebten Praxis im Bürgerheim Schwarzenberg berichten sowie über seine Erfahrungen und seine Beobachtungen.
Der Umgang mit dem Tod hat sich in den letzten Jahren sehr verändert, vor ca. 28 Jahren
hatte der Autor diesbezüglich ein Erlebnis, welches ein gutes Beispiel bildet.
Im Kindergarten im Alter von 5 Jahren verstarb die Mutter unserer „Kindergarten Tante“
(heute Kindergartenpädagogin). Wir (die Kinder aus ihrer Gruppe) gingen mit unserer anderen „Kindergarten Tante“ geschlossen in das Haus und in die Stube, in der die für uns
fremde alte Frau offen aufgebahrt war. Wir gaben das Weihwasser und verblieben noch
eine kurze Zeit. Nach dem verlassen des Hauses wurden alle noch zum Eis essen in ein
nahegelegenes Gasthaus eingeladen.
Der Autor kann sich an kaum einem Tag im Kindergarten so detailliert erinnern, wie an
diesen. Doch diese Erinnerungen sind durchaus positiv.
Nun 28 Jahre später: Man stelle sich vor, dass eine Pädagogin mit ihrer Kindergartengruppe dasselbe unternimmt.
- Wie würden die Eltern der Kinder reagieren?
- Wie würde das Umfeld reagieren?
Viele Jahre war es in unserer Region ganz normal, dass der Verstorbene zu Hause aufgebahrt wurde. Wer wollte, konnte so dem Verstorbenen das Weihwasser geben und seine
Anteilnahme bekunden.
Unsere Bewohner haben dieses Brauchtum gelebt - es war üblich, dass die Verstorbenen
nicht im geschlossenen Sarg, sondern offen, also sichtbar aufgebahrt wurden.
Im Bürgerheim Schwarzenberg haben wir das große Glück, dass wir eine schöne Kapelle
besitzen. In dieser Kapelle ist das Leben dieses Brauches sehr gut möglich und wird von
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Bewohnern und Angehörigen, aber auch von allen Bediensteten als sehr wertvoll und bereichernd erlebt.
Es bei uns üblich, dass der Verstorbene in der Kapelle aufgebahrt wird und wir eine Verabschiedung Organisieren, nach dem die Angehörigen sich im Zimmer von ihrem geliebten
Menschen verabschiedet haben.
Die Verabschiedung wird von unserer Heimseelsorgerin gestaltet und findet nach Möglichkeit noch am Sterbetag statt. Der Verstorbene wird in der Kapelle aufgebahrt und die
Bewohner können das Weihwasser geben und mit den Angehörigen, Bediensteten, und
Mitbewohnern an der Verabschiedung teilzunehmen.
Immer wieder sind wir sehr berührt, wie sich auch die an einer Demenz erkrankten Bewohner nach altem Brauchtum verhalten. Auch dies ist wohl ein Indiz dafür, wie tief verwurzelt diese Verhalten im Beisein eines Verstorbenen ist.
Die Tochter, deren Vater bei uns verstarb, sagte nach der kirchlichen Beisetzung, dass für
sie der Abschied mit ihrem verstorbenen Vater in der Kapelle die wertvollste Erfahrung
gewesen sei und sie sehr dankbar für diese ist.
13 Zusammenfassung und Diskussion
Viele Pflegepersonen meinen, dass der Zeitpunkt der Heimaufnahme zunehmend an das
Lebensende rückt. Dies lässt sich durch das vorliegende statistische Material belegen.
Dadurch sinkt die Zeitspanne, in der das Personal Angehörige in den Heimalltag
einbeziehen können.
Da viele Heimbewohner und Heimbewohnerinnen in der letzten Lebensphase zunehmend
schwächer und kränker werden, sind Prognosen über einen bald eintretenden Sterbeprozess
schwer zu erstellen – Angehörige zeigen aber oft die Erwartungshaltung, solche zu
erhalten.
In der Sterbephase kommen mehr Besucher - auch zu bisher ungewohnten Zeiten. Die
Pflegepersonen müssen bereit sein, sich auf diese einzulassen.
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Pflegende müssen sich über den Stellenwert der Bedürfnisse und des Bedarfs der Angehörigen bewusst sein, um auf Diese individuell reagieren zu können.
Wenn
Pflegepersonen
selber
Unsicherheiten
und
Ängste
haben,
sind
die
Erwartungshaltungen der Angehörigen schwerer zu erfüllen.
Oftmals sind Pflegepersonen Zeugen familiärer Konflikte. In diesen Fällen ist nicht nur
strikte Neutralität zu wahren, sondern in manchen Fällen auch die Eigenverantwortung der
Angehörigen einzumahnen.
Angehörige fordern viele Erklärungen, (z.B. zu Veränderungen der Atmung oder der
Nahrungs-/Flüssigkeitsaufnahme). Die Angehörigen können diese Hinweise annehmen,
wenn sie Vertrauen in fachliche und menschliche Kompetenzen der Pflegepersonen haben.
Allen Begleitern des Sterbeprozesses sollte aber bewusst sein, dass kein Optimum möglich
ist, weil dieser bei jedem Menschen anders abläuft.
In Pflegeheimen ist sicherlich noch an einem strukturierten Vorgehen zu arbeiten. Es wäre
für alle Pflegepersonen hilfreich, wenn die Informationen über die vergangenen Tage und
an die Angehörigen allen bekannt wäre. Deshalb sollte die Pflegedokumentation bis zuletzt
eine nachvollziehbare Anleitung für alle darstellen.
Es ist aber nicht in jedem Fall möglich, die sensiblen Bereiche:
 Zeitpunkt der Angehörigeninfo,
 Betreuung der Angehörigen und
 Abgrenzung zu Erwartungen von Angehörigen, spez. bei familieninternen
Konflikten
vorab zu planen und damit klare Handlungsanweisungen zu erstellen.
Hilfreich in diesen Grenzfällen werden sicherlich die ständig gelebte Heimkultur und
Kommunikation mit allen Besuchern des Heimes, und, die Schulung und Beratung des
Pflegepersonals durch externe Experten sowie Kollegengespräche sein.
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Literaturverzeichnis
Davy, J. / Ellis, S.(2010) Palliativ pflegen.Bern: Verlag Hans Huber
Husebø, S. / Klaschnik,E. (2000) Palliativmedizin. Berlin: Springer Verlag
Knipping, C. (2007) Lehrbuch Palliativ Care. Bern: Verlag Hans Huber
Kostrzewa, S. / Kutzner, M.(2009) Was wir noch tun können!. Bern: Verlag Hans Huber
Nagele, S. / Feichtner, A.(2005) Lehrbuch der Palliativpflege. Wien: Facultas-Verlags und
Buchhandels AG
Weissenberger-Leduc, M. (2008) Handbuch der Palliativpflege. Wien: Springer Verlag
Internet
Husebø, S. Die letzten Tage und Stunden. Broschüre. Abgerufen unter www.hospizhorn.de/pdf broschueren/sterben_eines_menschen.pdf, Download am 16.5.2013
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_ext, Download am 12.05.2013
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