Gemeinsam stark - DFS Deutsche Flugsicherung GmbH

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Gemeinsam stark - DFS Deutsche Flugsicherung GmbH
Ausgabe 1 – 2014
Gemeinsam stark
Ihre schwierige Aufgabe bewältigt die
DFS nicht im Alleingang. Ein Heft über
die Zusammenarbeit mit Partnern und
Kunden.
Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
in diesem Heft dreht sich alles um die Zusammenarbeit der DFS mit unseren Partnern und Kunden.
Als moderner und privatwirtschaftlich organisierter
Dienstleister ist uns Kundenorientierung ein zentrales Anliegen. Wir sorgen mit hoch motivierten Mitarbeitern und führender Technologie Tag für Tag
für einen sicheren und pünktlichen Luftverkehr,
der kosteneffizient und umweltverträglich abgewickelt wird. Und all das im verkehrsreichsten Land
Europas. Diese schwierige Aufgabe kann und will
die DFS nicht im Alleingang bewältigen. Wir sind in
einem ständigen und engen Dialog mit Partnern und
Kunden und berücksichtigen bei unseren Entscheidungen deren Anforderungen und Bedürfnisse und
suchen gemeinsam nach den besten Lösungen für
Luftverkehr, Umwelt und Unternehmen. Doch Flugsicherung ist eben nicht nur eine wichtige wirtschaftliche Dienstleistung, sondern auch
eine hoheitliche Aufgabe. Das darf nicht vergessen
werden, wenn von der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH gesprochen wird. Die DFS nimmt als ein
Unternehmen, das zu 100 Prozent der Bundesrepublik Deutschland gehört, in der Luftfahrtbranche
eine Sonderstellung ein. Wir sind keine bloßen Liefe­
ranten einer Dienstleistung, sondern haben an erster Stelle unseren gesetzlichen Auftrag zu erfüllen.
In unserem Unternehmen gibt es in fast allen Bereichen Schnittstellen zu unseren Partnern und Kunden. Auch zu unserer Aufsichtsbehörde, dem Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF), pflegen
wir einen professionellen und kooperativen Kontakt.
Diese enge Vernetzung macht es möglich, dass alle
vom Know-how der anderen profitieren und gemeinsame Lösungen erarbeiten können. In den vergangenen Jahren war diese Zusammenarbeit in vielen
Bereichen bereits sehr erfolgreich, etwa bei innovativen lärmmindernden Anflugverfahren oder der
Einführung der Präzisionsanflüge mit GBAS am Flughafen Bremen und bald auch in Frankfurt.
Eine besondere Art der Zusammenarbeit besteht
zum drittgrößten Kunden der DFS – der Bundeswehr. Seit zwanzig Jahren gibt es in Deutschland
die zivil-militärische Integration. Das bedeutet, dass
die DFS in Friedenszeiten auch militärischen Verkehr kontrolliert. Die Konkurrenz zwischen zivilen
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und militärischen Nutzern um das in Deutschland
so knappe Gut Luftraum ist groß. Es gehört zu den
besonderen Herausforderungen unseres Unternehmens, beide Kundengruppen zufriedenzustellen. Die
DFS hat schon vor Jahren die flexible Nutzung militärischer Lufträume verwirklicht. Auch in der europäischen Zusammenarbeit gibt es viele Neuerungen, die den zivilen und militärischen Interessen
noch besser gerecht werden.
In einer Situation, in der es um die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Luftfahrtbranche in
Deutschland nicht zum Besten bestellt ist, kommt
der Zusammenarbeit mit unseren Partnern und Kunden eine weitere wichtige Bedeutung zu. Gemeinsam arbeiten wir daran, dass den Luftverkehrsunternehmen besseres Gehör in Politik und Gesellschaft
geschenkt wird. Deshalb engagiert sich die DFS im
Bundesverband der Luftverkehrswirtschaft. Denn
nur, wenn alle in der Branche an einem Strang ziehen, können wir etwas bewegen. Wie stark die
Arbeit der DFS mit Partnern und Kunden verwoben
ist, zeigen Verkehrsentwicklung und Sicherheitszahlen. Deshalb liegt auch dieser transmission wieder
unser jährlicher Mobilitätsbericht bei.
Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen
Prof. Klaus-Dieter Scheurle
Vorsitzender der
­DFS-Geschäftsführung
Inhalt
Beziehungen
4
Das Ohr direkt am ­Kunden
7
Bestwerte beim Kundenkontakt
8
Kompetenz hoch vier mit Insiderwissen
11 Gemeinsam stark
Das Ohr direkt am
Kunden
S. 4
Partner im Porträt
12 Der Hüter der Zeiten
14 „Gleiche Regeln für alle Wettbewerber“
17 Alles nach Plan
20 Ohne Wissenschaft geht es nicht
22­Strippenzieher hinter den K
­ ulissen
24 Forschen für Flug­sicherung von morgen
Kollaboration
„Gleiche Regeln für alle
Wettbewerber“
S. 14
26 Partnerschaftliche ­Kontrolle
28 Sprit sparen im Anflug
30 Die Roll-­Revolution
32 „Die Sicherheitskultur ist entscheidend“
DFS intern
34DFS-Nachrichten
Forschen für Flug­
sicherung von morgen
S. 24
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Beziehungen
Das Ohr direkt am
­Kunden
Der Bereich Kundenbeziehungen ist die Schnittstelle zwischen den operativen Bereichen der
DFS und den Airlines. Sein professionelles Customer Relations Management hilft, das gegenseitige Verständnis zwischen der DFS und ihren Kunden zu verbessern.
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on außen betrachtet scheint
das tägliche Geschäft des
DFS-Bereichs Kundenbeziehungen ein ziemlich undankbarer Job
zu sein. Die Mitarbeiter des Bereichs
müssen gegenüber den Kunden der
DFS die Arbeit einer Firma vertreten,
deren Wirken in der Öffentlichkeit
kaum wahrgenommen wird. Die öffentlichen Gesichter der Luftfahrt gehören anderen, den Piloten im Cockpit,
den Stewardessen in der Kabine oder
auch den Mitarbeitern am Check-inSchalter auf dem Flughafen. Die Flugsicherung rückt nur ins Bewusstsein
der Öffentlichkeit, wenn wieder mal
die Aschewolke eines isländischen
Vulkans durch den europäischen Luftraum zieht und sie den Flugverkehr
aus Sicherheitsgründen einschränken muss. Oder wenn neue Flugrouten für den Ausbau eines Flughafens
vorgestellt werden. Dann hagelt es oft
Unverständnis, Ärger, Kritik von vielen
Seiten.
Dann sind die Experten für Kundenbeziehungen mit ihrem Fachwissen,
ihren internen und externen Kontakten und ihren Qualitäten als Moderator
gefragt. „Die Bedürfnisse der Kunden,
gleich welcher Art, werden von uns
generell ernst genommen und seriös
bearbeitet, wenn sie bei uns landen“,
sagt Ralf Diedrich, Leiter des Bereichs
Kundenbeziehungen. „Wir jagen nicht
jeder Kleinigkeit hinterher, aber wenn
es Dinge sind, die für den Kunden
wichtig sind, dann sehen wir uns das
gemeinsam an und versuchen, die
Dinge zu optimieren.“ Der gelernte
Verkehrsflugzeugführer und ehemalige
Pilot in der Ambulanz-, Geschäfts- und
Frachtluftfahrt sieht bei diesen Worten nicht so aus, als ob seine Arbeit
eine undankbare wäre. Sein Bereich
ist die offizielle Beschwerdestelle
der DFS für alle Airline-Themen. Das
kleine dreiköpfige Team sorgt mit seiner Arbeit nicht nur für einen Interes-
senausgleich, sondern auch für die
richtige Balance zwischen den Belangen der Kunden und den Anforderungen an die Sicherheit. Mit seinen Branchenkenntnissen hat es sich über die
Jahre bei den Kunden hohe Akzeptanz
erworben. „Unsere luftfahrtspezifischen Erfahrungen kommen bei den
Kunden sehr gut an“, betont Diedrich.
So verfügt neben dem Leiter auch
Dirk Pulver über einschlägige Erfahrungen als Flugzeugführer: Der 52-Jährige absolvierte eine Pilotenausbildung
bei der Deutschen Lufthansa, für die
er knapp zwei Jahrzehnte lang auf
Boeing- und Airbus-Flugzeugen geflogen ist. Er bildet im Team die Schnittstelle zwischen den flugbetrieblichen
Belangen der DFS und den Airlines.
Tobias Kapitzke, der dritte Mann im
Team, ist gelernter Fachinformatiker
und studierter Ökonom für Marketingkommunikation. „Mit seinem beruflichen Profil und seinen analytischen
Fähigkeiten ist er unser Spezialist für
die Auswertung von Daten und Kundenbefragungen“, sagt Diedrich.
Jede Beschwerde wird im
Regelfall innerhalb von
vier Wochen bearbeitet.
Für die zentrale Aufgabe des
Beschwerdemanagements hat der
Bereich Kundenbeziehungen vor einigen Jahren einen eigenen Prozess entwickelt und etabliert, der heute im ganzen Unternehmen fest verankert und
für alle Niederlassungen und Bereiche bindend ist. Jede Beschwerde,
welche Airlines und Allgemeine Luftfahrt an die DFS adressieren, wird von
den Spezialisten erfasst und in eine
Datenbank eingespeist. Dann schauen
sie, welcher Bereich im Unternehmen
für die inhaltliche Bearbeitung zuständig ist und informieren die betreffen-
den Fachbereiche. In jedem Bereich
gibt es dafür namentlich festgelegte
Ansprechpartner, die auch Zugriff auf
die Beschwerde-Datenbank haben und
die weitere Bearbeitung übernehmen.
Jede Antwort auf eine Beschwerde
wird, bevor sie nach draußen geht,
mit den Geschäfts- und Fachbereichen abgestimmt, wobei es nicht nur
um inhaltliche Aspekte geht, sondern
auch auf eine korrekte Form geachtet
wird. „Jede Beschwerde soll innerhalb
von vier Wochen beantwortet sein“,
sagt Ralf Diedrich. Eine Ausnahme
bilden komplexere Beschwerden, bei
denen in Luftraumverfahren eingegriffen werden muss und eine Bearbeitung in vier Wochen nicht machbar ist.
Seit vier Jahren kann das Beschwerdemanagement der DFS auch von den
fliegenden Verbänden der Bundeswehr
genutzt werden. Geregelt wird dies
durch eine besondere Vereinbarung
zwischen der DFS und dem Amt für
Flugsicherung der Bundeswehr. Diese
ermöglicht es militärischen Luftraumnutzern, sich mit Beschwerden direkt
an die DFS zu wenden, ohne dabei
erst den offiziellen militärischen
Beschwerdeweg gehen zu müssen.
Der DFS-Bereich Militärisches Kompetenzzentrum (siehe Seite 8) prüft
die Beschwerden auf Sicherheitsrelevanz und leitet sie an den Bereich
Kundenbeziehungen weiter, der sie
gemeinsam mit den Militär-Fachleuten bearbeitet. Ralf Diedrich hält vor
allem den direkten Weg für das große
Plus des Verfahrens: „Der Beschwerdeführer kann sich direkt artikulieren
und erhält auch direkt von der DFS
eine Antwort“, sagt der Abteilungsleiter, für den die Bearbeitung von
Beschwerden beiden Seiten Vorteile
bringt: „Beschwerdemanagement ist
kostenloses Consulting.“
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Neben dem Beschwerdemanagement gehören die Organisation von
gemeinsamen Veranstaltungen mit
den Kunden und regelmäßige Kundenbefragungen zu den Hauptaufgaben
des Bereichs. Veranstaltungen wie
das Verkehrsleitertreffen, der Chief
Pilot Round Table und das Safety
Meeting haben sich als Foren für den
Erfahrungsaustausch mit Airlines seit
vielen Jahren bewährt und werden von
Kundenseite stark frequentiert.
Das Verkehrsleitertreffen findet
zwei Mal im Jahr statt, im Frühjahr
und im Herbst. Teilnehmer sind die
Verkehrsleiter der großen deutschsprachigen Airlines aus der Bundesrepublik, der Schweiz und Österreich,
besprochen werden vor allem operative Themen. Die DFS stellt dabei ihre
aktuellen Programme und Projekte vor
und informiert die Verkehrsleiter über
die Einführung neuer Systeme. „Größere Projekte erfordern immer einen
intensiven Austausch“, erklärt Diedrich
und nennt als Beispiele die Verlagerung des Frankfurter Towers vom heutigen Tower Süd in den Neubau nördlich der beiden Parallelbahnen im Juni
2011. „Wir informieren in so einem Fall
darüber, wann und wo während einer
Einführungsphase mit Kapazitätsbeschränkungen und Verspätungssituationen gerechnet werden muss.“
Zum Chief Pilot Round Table, der
einmal jährlich stattfindet, werden die
Chefpiloten der großen Airlines eingeladen, die den Flughafen Frankfurt/
Main anfliegen, der Verteiler umfasst
rund 50 Airlines. Ins Leben gerufen
wurde die Veranstaltung einst von
Supervisor Stefan Frenz vom Tower
Frankfurt, heute ist sie ein gemeinsames Projekt der Bereiche Tower Frankfurt und Kundenbeziehungen. Bei dem
internationalen Meeting geht es nicht
nur um Themen wie das Nachtflugverbot am Flughafen oder die Änderung
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des Anflugwinkels, der direkte Kontakt zwischen den Chef-Piloten und
den DFS-Spezialisten hilft auch beim
Ausräumen von Missverständnissen.
Ebenfalls einmal im Jahr findet das
operationelle Safety Meeting statt,
bei dem das Team die Safety-Piloten der größten deutschen Airlines
mit den Safety-Spezialisten der DFSGeschäftsbereiche Center und Tower
zusammenbringt. Im Vordergrund stehen operative Sicherheitsthemen wie
Safety-Standards im Flugbetrieb, das
Meldewesen oder das Vermeiden von
Sprechfunk-Missverständnissen.
Das jüngste Kind der Kundenspezialisten ist der Pilotentag, der 2011
zum ersten Mal stattfand – ein Forum
für die Allgemeine Luftfahrt, das sich
seitdem zu einem echten Renner entwickelt hat und jedes Jahr mit 600
Besuchern ausgebucht ist. „Die Privatflieger sind zwar keine direkt zahlenden Kunden, aber sie benutzen
auch Lufträume, in denen kontrollierter Verkehr stattfindet“, sagt Ralf
Diedrich. Anspruch der Veranstaltung
ist es, Berührungsängste der Privatflieger gegenüber der Flugsicherung
abzubauen und sie mit den Dienstleistungen der DFS vertraut zu machen.
„Viele wissen oft gar nicht: Wie funktioniert der Flight Information Service
FIS? Welche unterstützenden Leistungen bietet die DFS auch für Privatflieger an?“ erklärt Dirk Pulver.
Übergreifendes Ziel aller Aktionen
ist es, das gegenseitige Verständnis füreinander zu verbessern. Diesem Ziel dienen auch die verschiedenen Arten der Kundenbefragungen,
mit denen die Kundenspezialisten
die Zufriedenheit der Nutzer mit den
Flugsicherungsdienstleistungen der
DFS messen (siehe Seite 7). Dass die
Arbeit des Bereichs Früchte trägt,
zeigt sich an der rückläufigen Zahl der
Beschwerden. Für Ralf Diedrich hat
sich das Verhältnis zwischen der DFS
und ihren Kunden in den vergangenen
Jahren kontinuierlich verbessert: „Die
Polemik ist weniger, der Umgang miteinander professioneller geworden.“
Holger Matthies
Ralf Diedrich, Leiter des Bereichs Kundenbeziehungen (rechts) mit seinem Kollegen
Tobias Kapitzke am zentralen Info-Stand beim DFS-Pilotentag 2012. Foto: H. Matthies
Bestwerte beim
Kundenkontakt
Mit Hilfe von Kundenbefragungen messen die Kundenspezialisten, wie zufrieden die Airlines mit den Leistungen der
­Flugsicherung sind.
J
edes Unternehmen wünscht
sich zufriedene Kunden. Auch
die DFS möchte wissen, wie
die Kunden die Qualität ihrer Leistungen bewerten. Um hierüber aussagekräftige Daten zu erhalten, nutzen die
Spezialisten des Bereichs Kundenbeziehungen das Instrument der Kundenbefragung, das sie seit zehn Jahren
fest im Unternehmen etabliert haben.
Für die Kunden haben sie verschiedene Arten der Befragung entwickelt:
eine allgemeine Befragung für die
Zivilluftfahrt mit den nationalen und
internationalen Airlines und der Business Aviation, eine Befragung für die
militärischen Luftraumnutzer mit den
Verbänden der Bundeswehr und der
NATO sowie eine Befragung gemeinsam mit den Tower-Niederlassungen
für Kunden, die an den Flugplätzen der
betreffenden Tower eine besondere
Bedeutung haben. Dazu zählen Flugschulen, Polizeihubschrauberstaffeln
und Ambulanzflieger. Jede Befragung
hat zwei wesentliche Ziele: die Analyse
der Kundenzufriedenheit und mögliche
Maßnahmen zur Prozessverbesserung.
den, wenn er etwas schlecht bewertet“, sagt Abteilungsleiter Ralf Diedrich. „Wir sehen uns genau an, was der
Kunde bemängelt hat und ob wir Maßnahmen ergreifen müssen.“ Ist dies
der Fall, zum Beispiel wenn mehrere
Airlines die Anflugverfahren an einem
Platz bemängeln, setzen sich die Kundenspezialisten mit dem Qualitätsmanagement und dem betreffenden
Bereich in Verbindung und besprechen
mögliche Verbesserungsmaßnahmen.
„Wir liefern die Infos, umsetzen müssen die Bereiche die Maßnahmen selber“, sagt Diedrich.
Die DFS-Kundenbefragung für die
Zivilluftfahrt ist mittlerweile in einer
Befragung aufgegangen, welche die
DFS gemeinsam mit ihren Partnern
im internationalen Luftraumblock
FABEC durchführt. Im vergangenen
Jahr wurden die Ergebnisse der ersten
Umfrage veröffentlicht. Dafür wurden
102 Airlines befragt, 40 davon sandten die an sie verschickten Fragebögen ausgefüllt zurück. Der mögliche
CSI-Bestwert betrug 5, der niedrigste
mögliche Wert lag bei 1. Gemessen
wurde auf den Gebieten Sicherheit,
Pünktlichkeit, Wirtschaftlichkeit, Flexibilität, Planungssicherheit, Freizügigkeit und Kundenorientierung.
Die generelle Kundenzufriedenheit für die FABEC-ANSPs lag bei
einem CSI von 3,7, der von der DFS
erreichte Wert entsprach genau diesem Durchschnitt. Die Kontrollzentrale von EUROCONTROL in Maastricht erreichte in jedem Teilbereich
den besten Wert. Erfreulich für die
DFS war die gute Bewertung auf dem
Gebiet Safety, hier erreichte sie mit
4,1 den zweitbesten CSI-Wert hinter
Maastricht (4,3). „Generell lässt sich
sagen, dass die Kunden mit unserer
Safety-Qualität sehr zufrieden sind,
mit der Kosteneffizienz aber noch
nicht“, sagt Diedrich, dessen Team
sich besonders über die Bewertung
der Kundenorientierung freuen durfte:
Hier erreichte die DFS gemeinsam mit
Maastricht mit 3,6 den besten Wert
(siehe Grafik), der FABEC-Durchschnitt
lag bei 3,4. Ein Beweis dafür, dass die
DFS einen intensiven Kontakt mit ihren
Kunden pflegt.
Holger Matthies
Die Kundenzufriedenheit lässt sich
durch den Customer Satisfaction
Index (CSI) darstellen, der mit speziellen Algorithmen aus den erhobenen
Daten errechnet wird. Maßnahmen
zur Prozessverbesserung sind angewandtes Qualitätsmanagement. „Wir
fordern den Kunden auf, zu begrün-
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Kompetenz hoch vier mit
Insiderwissen
Das Militärische Kompetenzzentrum der DFS betreut den drittgrößten Kunden des Unternehmens –
die Bundeswehr. Die vier Mitarbeiter dort kennen die Bedürfnisse des Militärs sehr genau: Sie sind
beurlaubte oder ehemalige Soldaten.
„B
ei einem Kampfflugzeug
geht es nicht darum, von
A nach B zu fliegen. Das
sind fliegende Waffensysteme“, sagt
Volker Görldt. Und deshalb sind die
Anforderungen an die Flugsicherung
auch ganz andere als bei der zivilen
Luftfahrt. Görldt muss es wissen,
denn der Oberstleutnant der Reserve
war selbst viele Jahre lang TornadoPilot. Als er 2008 den aktiven Dienst
bei der Luftwaffe quittierte, fing er
als Zivilist bei der deutschen Flug­
sicherung an. „Das war natürlich ein
Glücksfall für uns“, sagt sein Vorgesetzter, Thomas Klein, Leiter des
DFS-Bereichs Militärisches Kompetenzzentrum und selbst beurlaubter
Oberstleutnant mit rund drei Jahrzehnten Flugsicherungserfahrung. „Ein
ehemaliger Kampfpilot kann die Sichtweise aus dem Cockpit hervorragend
in die Arbeit unseres Bereichs einbringen“, sagt Klein.
So gesehen, sind alle Mitarbeiter
des Bereichs Glücksfälle: Alle Kollegen blicken auf eine langjährige und
vielschichtige Erfahrung bei der Bundeswehr zurück. Dass die intensive
Betreuung der militärischen Kunden
überhaupt nötig und möglich ist, liegt
an einer Besonderheit der Flugsicherung in Deutschland: der zivil-militärischen Integration. Sie ist beispielgebend für Europa und findet weltweit
Anerkennung. Seit 1993 ist die DFS
Das Team vom Kompetenzzentrum: Sven Lorenz, Thomas Klein, Volker Görldt und Bachelor-Absolvent Helge Fünderich ­(von rechts).
Foto: H.-J. Koch
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Das Team:
Leiter Thomas Klein, beurlaubter
Oberstleutnant, war unter anderem
militärischer Fluglotse in Memmingen und Spangdahlem und bei der
DFS Leiter Betriebsdurchführung
des Geschäftsbereichs ­Center. ­
Besondere Anforderungen an die Flugsicherung: Eurofighter im Formationsflug.
Foto: Luftwaffe/Ingo Bicker
nicht nur für die Kontrolle des zivilen
Flugverkehrs zuständig, sondern auch
für die des überörtlichen militärischen
Luftverkehrs in Friedenszeiten. Dazu
gehört, dass es keine unflexible Einteilung in militärische und zivile Lufträume mehr gibt, sondern Lufträume
je nach Bedarf genutzt werden. „Die
DFS hat gemeinsam mit den Streitkräften bei der Umsetzung und Weiterentwicklung des Konzepts Flexible
Use of Airspace innovative Impulse in
und für Europa setzen können“, sagt
Klein.
Zur zivil-militärischen Integration
gehört auch, dass zivile Fluglotsen
entsprechend geschult sind, um Einsätze des Militärs zu unterstützen.
Die technische Infrastruktur der unterschiedlichen Air-Traffic-ManagementSysteme sowie die Kommunikations-,
Navigations- und Überwachungstechnik ist weitestgehend aufeinander
abgestimmt. Die Umsetzung von europäischen Anforderungen im ­
Single
European Sky erfordert eine weitere
Verzahnung.
deshalb wichtige Themen für das Militärische Kompetenzzentrum der DFS.
So liefert der ehemalige Strahlluftfahrzeugführer Görldt regelmäßig Unterrichtsbeiträge für die Aus- und Weiterbildung der zivilen Lotsen. Beim
Thema Formationsflug konnte er beispielsweise ein Missverständnis aufklären. Es ging um die Frage, welches
Flugzeug der Formation den Transpondercode abstrahlt und damit als einziges auf der Radardarstellung des
Lotsen mit den entsprechenden Informationen erscheint. „Offensichtlich
herrschte bislang die Meinung vor,
dass immer das Führungsflugzeug
den Transponder an hat“, sagt Görldt.
Er stellte dann klar, dass sich die Position des „Transponderflugzeugs“ innerhalb einer Formation durchaus ändern
kann. „Die Luftfahrzeugbesatzungen
und DFS-Lotsen hatten dadurch unterschiedliche Definitionspunkte für die
Einhaltung der Kriterien einer Standard-Formation und für die Einhaltung
der Staffelungswerte ist das natürlich eine wichtige Information“, sagt
Görldt.
Luftraumnutzung, Schulung, ATMInfrastruktur und Datenaustausch sind
Das Team um Leiter Thomas Klein
veranstaltet regelmäßig Kundenforen,
Volker Görldt, Oberstleutnant
der Reserve, flog als Tornado-Pilot
am Luftwaffenstützpunkt Büchel
und tat auch für mehrere Jahre als
­Fluglehrer in den USA Dienst, bevor
er sich im Amt für Flug­sicherung
der Bundeswehr (AFSBw) intensiv mit ATM-Themen auseinandersetzte.
Sein Kollege Sven Lorenz, ebenfalls beurlaubter Oberstleutnant,
war jahrelang als Jägerleitoffizier für die taktische Kontrolle von
Luftfahrzeugen verantwortlich. Als
Austauschoffizier bei der Royal Air
Force lebte er mehrere Jahre in
Großbritannien. Außerdem war er
AWACS-Besatzungsmitglied. ­
Berthold Taffner, beurlaubter
Oberstabsfeldwebel, war Flugdatenbearbeiter in Maastricht und
im Center Langen und bei der DFS
auch als Verfahrensplaner tätig.
Regelmäßig bekommt das Team
Unterstützung von Studenten der Bundeswehr-Universitäten. Im vergangenen Jahr half
Helge ­Fünderich, Student der
Bundeswehruniversität in München,
im Bereich aus und schrieb dort
seine Bachelor-Arbeit.
bei denen sie sich mit den Militärs austauschen. Dabei kann es auch schon
mal zu kritischen Diskussionen kommen. Denn im viel beflogenen Luftraum über Deutschland sehen die
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Piloten der Teilstreitkräfte ihre Interessen nicht immer gebührend berücksichtigt. Das Militärische Kompetenzzentrum muss dann vermitteln und
mit anderen Bereichen der DFS nach
Lösungen suchen.
Zugute kommt den DFS-Experten
dabei, dass es inzwischen staatenübergreifende Regelungen gibt. Im
Functional Airspace Block Europe
Central (FABEC), in dem sechs Staaten zusammenarbeiten, wurde schon
einiges in der Luftraumnutzung verbessert. So richten zum Beispiel
Deutschland und die Niederlande
Berthold Taffner. Foto: H.-J. Koch
einen grenzüberschreitenden, militärischen Übungsluftraum zur gemeinsamen Nutzung ein, sodass der zivile
Verkehr profitiert und der militärische
Verkehr ebenfalls genügend Luftraum
zur Verfügung hat.
Zur Aufgabe von Kleins Bereich
gehören auch regelmäßige Befragungen der militärischen Kunden und ein
Beschwerdemanagement. Seit kurzem gibt es sogar ein Beschwerdetelefon. „Wenn ein Pilot ein Problem hat,
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kann er sich darüber direkt mit uns in
Verbindung setzen“, sagt Klein.
Sein Team sieht sich allerdings
nicht nur in einer Kunden-­DienstleisterRolle. „Wichtig ist auch unsere Beziehung zu den Partnern des militärischen Taktischen Kontrolldienstes“,
sagt Sven Lorenz. Es gehe beispielsweise darum, in Bereichen wie Luftraumnutzung oder Ortung, Funk und
Navigation Synergien zu schaffen und
die Systeme zu harmonisieren. Entscheidend sei auch, eine gemeinsame
Haltung zu definieren. „Wenn wir als
Deutsche mit einer gemeinsam abgestimmten Meinung auftreten, stärken
wir auch unsere Position in der internationalen Zusammenarbeit, etwa im
Single European Sky“, sagt Lorenz.
Das Team vom Militärischen Kompetenzzentrum arbeitet in verschiedenen nationalen und internationalen
Gruppen mit, beispielsweise bei der
Arbeitsgruppe „Interop“, die sich mit
den technischen Schnittstellen zwischen DFS und Einsatzführungsdienst
der Luftwaffe befasst, oder im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums
beim NATO ATM Committee. Da alle
im Team das System Bundeswehr von
innen kennen, verfügen sie neben hervorragendem Wissen über Aufgaben
und Organisation der Dienststellen
auch über persönliche Kontakte auf
allen Ebenen, die das Zusammenarbeiten erleichtern. „Wir handeln effektiv und schnell, bei uns läuft vieles
nicht so bürokratisch ab“, sagt Klein.
„Da wir eine längere Verwendung in
der jeweiligen Funktion haben als die
meisten unserer militärischen Counterparts, sind wir eine wichtige Konstante in der zivil-militärischen Zusammenarbeit.“
Eine entscheidende Aufgabe der
kommenden Jahre wird es sein, die
zivil-militärische Integration weiter-
Einsatzführungsdienst der
Luftwaffe:
Der Einsatzführungsdienst der
Luftwaffe hat unter anderem den
Auftrag, den Luftraum über der
Bundesrepublik Deutschland im
Dauerbetrieb, das heißt 24 Stunden täglich und 365 Tage im Jahr,
zu überwachen, Flugziele zu identifizieren, an vorgesetzte NATO- und
nationale Dienststellen zu melden
und die Integrität des Luftraumes
sowie die Sicherheit im Luftraum zu
gewährleisten.
zuentwickeln und, wo nötig, neu zu
beschreiben. „Alle Regelungen in
diesem Zusammenhang stammen
von Anfang der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts“, sagt Klein.
Damals, vor den Anschlägen des 11.
September 2001, sei die Welt noch
eine andere gewesen. Kleins Anspruch
ist es, die Regelungen der Gegenwart
anzupassen. Das wird ihn noch einige
Zeit beschäftigen.
Sandra Ciupka
Gemeinsam stark
Die DFS steht als Flugsicherungsdienstleister in einem engen
­Dialog mit Kunden und Partnern. Dieser Austausch hat Rück­
wirkungen auf viele Entscheidungen des Unternehmens.
D
ie DFS kontrolliert rund drei
Millionen Flüge im Jahr. An
den großen deutschen HubFlughäfen starten und landen stündlich um die 100 Flugzeuge. Diese hohe
Kapazität wird nur erreicht, wenn alle
beteiligten Partner an einem Strang
ziehen. Beispiele für eine effektive
Zusammenarbeit zwischen Flughäfen, Airlines und Flugsicherung gibt
es viele. Mit dem Projekt Airport Collaborative Decision-Making (Airport
CDM) etwa werden alle Abläufe zwischen Landung und nächstem Start
des Flugzeugs so optimiert, dass
kaum noch Staus und Wartezeiten am
Boden vorkommen. Auch im Bereich
Lärmreduzierung arbeiten Flugsicherung, Airlines und Flughäfen intensiv
zusammen. Flugrouten beispielsweise
kann die DFS nicht einfach festlegen
– es bedarf eines intensiven Austausches mit allen Beteiligten und Betroffenen. Wie etwa im Forum Flughafen
und Region Frankfurt: In dem Forum
sind nicht nur Repräsentanten der
Flugsicherung, der Airlines und des
Flughafens vertreten, sondern auch
Politiker, Gewerkschafter und Repräsentanten von Kirchen und Verbänden.
Die DFS ist Mitglied im Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft. Dort setzt sie sich mit ihren
Partnern dafür ein, dass die Interessen der Luftfahrtbranche gewahrt
werden. Eine Branche, in der rund
325.000 Menschen in Deutschland
beschäftigt sind. Und die für den Wirtschaftsstandort Deutschland bedeutend ist. Sie gewährleistet die Mobilität von Personen und Waren und damit
auch einen Komfort, auf den die meisten Bürger nicht verzichten möchten.
Als Unternehmen, das zu 100 Prozent der Bundesrepublik Deutschland
gehört, nimmt die DFS eine Sonderstellung im Kreis der Partner ein. Zwar
ist die deutsche Flugsicherung seit
21 Jahren organisationsprivatisiert,
doch sie nimmt im Auftrag des Bundes hoheitliche Aufgaben war. Mit den
Single-European-Sky-Verordnungen
hat die Europäische Union die regulative und die operative Flugsicherung
getrennt. Das heißt, eine übergeordnete Aufsichtsbehörde muss kontrol-
lieren, ob das operative Geschäft allen
Regularien und Ansprüchen gerecht
wird. Deshalb wurde das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF)
geschaffen. Die Zusammenarbeit mit
dem BAF nimmt seither eine wichtige
Stellung im Unternehmen ein.
Ein besonderes Augenmerk der
DFS liegt in der Beziehung zu den
Kunden – den Airlines. Die Deutsche
Flugsicherung bieten ihnen Kapazität,
Pünktlichkeit und vor allem Sicherheit – und dies so umweltverträglich
wie möglich. Die Herausforderung
dabei ist, dass sich die Ziele wechselweise beeinflussen und zum Teil
im Widerspruch zueinander stehen.
Was umweltschonend wäre, ist nicht
immer sicher. Was Kapazität schaffen könnte, muss nicht kosteneffi­zient
sein. Um Kapazität, Umweltfreundlichkeit, Pünktlichkeit und Sicherheit
ständig zu verbessern, muss die DFS
gemeinsam mit den Kunden und Partnern nach neuen Lösungen suchen.
Ein aktuelles Beispiel dafür ist die
Initiative Flight Efficiency. Mit ihr soll
die vertikale Streckeneffizienz weiter
optimiert werden, was zu einer Treibstoffeinsparung von mehr als 50 Kilogramm pro Flug führen kann.
Sandra Ciupka
„Die DFS hat mit ihren Unternehmensentscheidungen einen nicht zu
unterschätzenden Einfluss auf die Luftverkehrswirtschaft in Deutschland und
Entscheidungen ihrer Partner beeinflussen wiederum das Handeln der
Flugsicherung“, sagt DFS-Chef Prof.
Klaus-Dieter Scheurle. „Deshalb ist für
uns ein partnerschaftliches, von intensivem Dialog geprägtes ­Verhältnis zu
Kunden und Partnern unab­dingbar.“
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Partner im Porträt
Der Hüter der Zeiten
Start- und Landezeiten an den großen Flughäfen sind rar – und deshalb heiß begehrt. Ob und wann
eine Fluggesellschaft starten und landen darf, darüber entscheidet die Flughafen­koordination.
Dabei gelten für alle Airlines dieselben Regeln.
A
rmin Obert ist von Flugzeugen umgeben. Lufthansa
und Condor, Emirates und
Etihad, Air France und Alitalia, Delta
Airlines und FedEx: In seinem Büro am
Frankfurter Flughafen drängen sich
viele hundert Modelle – im Regal, auf
Schränken, auf Fensterbrettern, sogar
auf dem Schreibtisch. Das passt zu
Oberts Job: Als Flughafenkoordinator der Bundesrepublik Deutschland
ist der 47-Jährige dafür verantwortlich, das Gedränge an den Flughäfen in geordnete Bahnen zu lenken.
Unterstützt von elf Mitarbeitern verteilt er die heiß umkämpften Start-
und Landeslots. Besonders groß ist
die Nachfrage an den Flughäfen Frankfurt, München, Düsseldorf, Stuttgart,
Berlin-Tegel und Berlin-Schönefeld,
sie sind deshalb voll koordiniert. „Das
bedeutet: Ohne Slot, also ohne ein
bestätigtes Zeitfenster für Start oder
Landung, darf dort kein Flug stattfinden“, sagt Obert. An den übrigen
Flughäfen greift die Flughafenkoordination nur ein, wenn Engpässe absehbar sind.
Die Vergabe der Slots erfolgt nach
einem festen Schema. Airlines, die
an den koordinierten Flughäfen star-
ten oder landen wollen, müssen bis
zu einem von der IATA festgelegten
Stichtag – im Mai für den Winterflugplan und im Oktober für den Sommerflugplan – ihre Flugplanwünsche
anmelden. Dabei gilt ein Prinzip: Wer
einmal einen Slot hat, der darf ihn in
der nächsten Flugplanperiode behalten – vorausgesetzt, er macht davon
Gebrauch. Sobald eine Airline ihren
Slot zu mindestens 80 Prozent so
nutzt wie koordiniert, genießt sie in
der Folgesaison historische Priorität.
„Neu vergeben werden nur diejenigen Slots, die frei werden oder die
Armin Obert arbeitet seit 1990 bei der Flughafenkoordination. Seit 2011 ist er Flughafenkoordinator der Bundesrepublik Deutschland.
Foto: M. Bauer
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Herausforderung
­Nachtflugverbot
Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum Nachtflugverbot am Frankfurter Flughafen war
für die Flugplankoordination eine
besondere Herausforderung. Zum
einen fiel die Entscheidung der Airlines, gegen das Urteil nicht in Revision zu gehen, erst kurz vor Beginn
des Winterflugplans im Oktober
– die Flughafenkoordination hatte
also nur zwei Wochen Zeit, um die
Flüge neu zu koordinieren. Zum
anderen gibt es – anders als bei
anderen Flughäfen – in Frankfurt
zwar eine Verspätungsregelung für
Anflüge, nicht aber für Abflüge. Ein
Flugzeug, dass nicht um kurz vor
23 Uhr in der Luft ist oder eine Ausnahmegenehmigung der Luftaufsicht hat, muss am Boden bleiben.
Im Schnitt bleiben pro Monat zwischen fünf und zehn Maschinen stehen, Crew und Passagiere müssen
in Frankfurt übernachten. Dadurch
verschieben sich alle Umläufe dieses Flugzeugs, und die Start- und
Landeslots müssen komplett neu
koordiniert werden.
neu hinzukommen – zum Beispiel,
wenn wie in Frankfurt eine neue Landebahn gebaut wird und deshalb die
Kapazität steigt“, erklärt Obert. Auch
für sie gelten feste Regeln. So geht
die Hälfte dieser Slots an so genannte
„New Entrants“. Das sind Airlines, die
weniger als vier Slots an einem Flughafen haben beziehungsweise weniger als fünf Prozent des Verkehrs stellen, aber eine neue Strecke anbieten.
Damit will die EU für mehr Wettbewerb
sorgen. Doch nicht mit allen Vorhaben
der EU-Kommission ist Obert einverstanden. Ihre Pläne, in Europa den
Handel mit Slots einzuführen, lehnt er
ab – denn das hätte nicht mehr, son-
dern eher weniger Wettbewerb zur
Folge. „Davon würden vor allem große,
finanzstarke Airlines profitieren“, sagt
er. „Dadurch, dass die Slots nach festgelegten Regeln vergeben werden,
sind alle Airlines gleichberechtigt.“
Nach dem Stichtag für die Flugplanwünsche haben die Flughafenkoordinatoren weltweit dann drei Wochen
Zeit, um die Slots zu koordinieren und
zuzuteilen. Dabei sind nicht nur Regularien wie beispielsweise Nachtflugbeschränkungen, sondern auch die vorhandenen Kapazitäten zu beachten.
Weitere zwei Wochen später kommen
dann rund 100 Koordinatoren und Vertreter von etwa 300 Fluggesellschaften sowie 250 Flughäfen zu einer internationalen Konferenz zusammen. Hier
stimmen sie die Slotvergabe untereinander ab und passen die Start- und
Landezeiten bei Bedarf an. Zum Beispiel, wenn eine Fluggesellschaft
von Frankfurt nach Singapur fliegen
möchte, zu ihrem Startslot in Frankfurt aber keinen passenden Landeslot
in Singapur bekommen hat.
Die Flughafenkoordination ist aber
nicht nur dann aktiv, wenn ein neuer
Flugplan erstellt werden soll. Die Mitarbeiter der Flughafenkoordination
haben das ganze Jahr über alle Hände
voll zu tun. Die Gründe sind vielfältig:
Mal tauscht eine Airline Flugzeuge
auf Routen aus und benötigt wegen
der unterschiedlichen Leistungsdaten neue Start- und Landezeiten, mal
werfen Krisen wie der Bürgerkrieg in
Syrien, Bombenanschläge in Ägypten
oder der Aufstand in der Ukraine die
Flugpläne über den Haufen. „Pro Tag
gibt es zwischen 500 und 800 Änderungen an bestehenden Flugplänen“,
sagt Obert.
Darüber hinaus überwacht die Flughafenkoordination, dass sich die Airlines auch tatsächlich an die zugeteil-
ten Slots halten. Dazu erhält sie von
der DFS und den Flughäfen die tatsächlichen Flugdaten und vergleicht
diese mit den vergebenen Zeitfenstern. Stellt sich heraus, dass eine
Fluggesellschaft ihre Slots systematisch falsch nutzt, meldet die Flughafenkoordination dies an das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung. Das
kann dann ein Ordnungswidrigkeitsverfahren einleiten. Theoretisch sind
pro falsch durchgeführtem Flug bis
zu 50.000 Euro Strafe möglich, die
höchste bislang verhängte Strafe lag
bei 25.000 Euro. Das wirkt. „Bei so
einer Strafe ist der Flug für die Airline
nicht mehr wirtschaftlich“, sagt Obert.
Christopher Belz
Flughafenkoordination
Flughafenkoordinatoren gibt es
auf der ganzen Welt. Sie sind für
die Vergabe der Start- und Landerechte an den koordinierten Flughäfen ihres Landes verantwortlich. In
Deutschland sind das Berlin-Tegel
und Berlin-Schönefeld, Frankfurt,
München, Düsseldorf und Stuttgart.
Die Position eines zentralen Flugplankoordinators in Deutschland
wurde nach dem Fluglotsenstreik
1971 geschaffen. Sie war bei der
damals noch staatlichen Lufthansa
angesiedelt. Inzwischen handelt es
sich um eine eigenständige Institution, die dem Bundesministerium
für Verkehr und digitale Infrastruktur untersteht.
Sitz der Flughafenkoordination ist
der Flughafen Frankfurt. Elf Mitarbeiter sind für die 16 internationalen Airports und rund 300 Airlines
zuständig. Pro Jahr vergeben sie
2,1 Millionen Slots.
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Partner im Porträt
„Gleiche Regeln für alle
Wettbewerber“
Klaus-Peter Siegloch ist seit Juni 2011 Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Luft­
verkehrswirtschaft (BDL). Sein Ziel ist, dass die deutsche Luftverkehrsbranche nach außen
geschlossener in Erscheinung tritt als bisher.
Herr Siegloch, Sie waren mehr als
drei Jahrzehnte lang Reporter, Moderator und Auslandskorrespondent bei
ZDF und ARD. Jetzt sind Sie Präsident
des Bundesverbandes der Deutschen
Luftverkehrswirtschaft. Wie wird man
vom Journalisten zum Lobbyisten?
KLAUS-PETER SIEGLOCH: Ich bin
beim ZDF pensioniert worden. Kurz
vor meinem Abschied aus New York
rief mich ein Headhunter an. Dass es
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für mich keine Erfüllung ist, den ganzen Tag Golf zu spielen oder um die
Alster zu radeln, war mir immer klar.
Zumal ich gar nicht Golf spielen kann.
Luftverkehr konnte ich mir gut vorstellen, denn in meinem Beruf als Korrespondent bin ich gerne und viel in alle
Welt geflogen.
Wie haben Ihre ehemaligen Journalistenkollegen reagiert?
SIEGLOCH: Unterschiedlich. Ich
glaube aber, dass meine neue Aufgabe manches mit dem Journalismus
gemeinsam hat. Es geht darum, Kommunikation zu ermöglichen. Und zwar
in zwei Richtungen. Wir als Verband
wollen Themen der Luftfahrt in die
Gesellschaft kommunizieren, gleichzeitig aber auch gesellschaftliche
Entwicklungen in die Luftverkehrswirtschaft hineintragen.
Wozu braucht es in Deutschland
einen Verband der Luftverkehrswirtschaft?
SIEGLOCH: Ich glaube, es war ein
Fehler, dass es einen solchen Verband nicht früher gab. Vorher haben
die Beteiligten im Luftverkehr jeder für
sich in der Öffentlichkeit kommuniziert
– Airports, Airlines, Flugsicherung.
Und dort oft unterschiedliche Positionen vertreten. Das Bild des Luftverkehrs war das einer Branche, die sich
in wichtigen Dingen nicht einig ist.
Die Mitglieder im BDL haben teilweise gegensätzliche Interessen. Wo
sehen Sie da Ihre Aufgabe als Präsident?
SIEGLOCH: Natürlich gibt es Themen, bei denen unsere Mitglieder
unterschiedliche Interessen vertreten. Doch Auseinandersetzungen in
der Öffentlichkeit helfen keinem weiter. Wir wollen nach außen die Themen
kommunizieren, bei denen wir uns
einig sind, das sind sehr viele Themen.
Bei Themen hingegen, wo wir verschiedene Ansichten vertreten, setzen
wir uns hinter verschlossenen Türen
zusammen, um gemeinsam zu diskutieren, wie wir uns einigen k­ önnen.
Ein Ziel des Verbandes ist ein einheitliches Luftverkehrskonzept für
Deutschland. Warum gibt es bis heute
kein solches Konzept?
SIEGLOCH: Das habe ich mich auch
gefragt, als ich zum Verband kam. Es
gibt in Deutschland vom Bund mit
den Ländern erstellte Verkehrspläne
für den Straßen- und den Schienenverkehr. Nur für den Luftverkehr gibt
es weder eine zentrale Planung noch
eine Planung für die Vernetzung mit
Schiene und Straße. Unser Vorschlag
ist es, dass Bund und Länder gemeinsam ein Konzept für den Luftverkehr
erarbeiten, das zugleich mit dem
­Verkehr auf Straße und Schiene vernetzt ist.
Was sollen die inhaltlichen Schwerpunkte dieses Konzeptes sein?
SIEGLOCH: Man muss zunächst wissen, wie sich der Luftverkehr in den
nächsten zehn Jahren entwickeln wird.
Ein Unternehmen, das ein Produkt auf
den Markt bringt, macht dafür eine
Marktanalyse. Für den Luftverkehr
in Deutschland gibt es eine solche
Marktanalyse nicht. Ebensowenig gibt
es eine Analyse, wie sich der Wettbewerb entwickeln wird.
Das Luftverkehrskonzept soll diese
Markt- und Wettbewerbsanalyse enthalten?
SIEGLOCH: Ja, das ist etwas, was
die Politik ohne viele Umstände auf
den Weg bringen kann. Wir selbst
machen das Konzept ja nicht, wir
geben lediglich Empfehlungen, wie
die Politik unserer Meinung nach vorgehen sollte. Das Konzept erarbeiten
Bund und Länder gemeinsam, so steht
es im Koalitionsvertrag.
Wann soll dieses Konzept ­vorliegen?
SIEGLOCH: Das sollte bis Mitte
der Legislaturperiode geschehen. Die
Markt und Wettbewerbsanalyse brauchen wir auch, um zu entscheiden,
wie sich die Flughafenlandschaft entwickeln soll. Das Wettbewerbsumfeld
hat sich enorm verändert, die Bedingungen für die deutschen und europäischen Carrier sind schwieriger
geworden. So lange alle nach gleichen
Regeln spielen, ist daran auch nichts
auszusetzen.
Tun sie das nicht?
SIEGLOCH: Nicht mehr, denn der
deutsche Luftverkehr wird durch
staatliche Eingriffe gegenüber ausländischen Wettbewerbern benachteiligt.
Sie meinen die Luftverkehrsteuer,
die Sie heftig kritisieren. Die Steuer
ist doch eine Ticketabgabe, sie wird
de facto von den Passagieren bezahlt.
SIEGLOCH: Früher hätten Sie damit
Recht gehabt. Aber heute haben wir
im Luftverkehr Marktwirtschaft. Jeder
Carrier mit einer Zulassung für Europa
kann jede Strecke in Europa fliegen.
Ein irischer Low-Cost-Carrier wie Ryan­
air kann innerdeutschen Verkehr fliegen. Das ist ein sehr harter Wettbewerb. Für die Passagiere ist beim
Buchen eines Fluges der Preis der
entscheidende Faktor. Bei deutschen
Airlines starten die meisten Abflüge
in Deutschland. Und dort muss für
jeden Passagier die Luftverkehrsteuer
gezahlt werden. Die zahlt jedoch nicht
der Passagier, sondern die Airline. Ob
diese die Abgabe im Ticketpreis realisieren kann, entscheidet der Markt.
Aber Ryanair muss diese Abgabe
in Deutschland doch auch zahlen …
SIEGLOCH: Das stimmt, nur schlägt
die Steuer bei Ryanair für das Gesamtgeschäft weit weniger zu Buche als
für eine deutsche Airline. Denn Ryanair macht nur etwa zehn Prozent ihres
Verkehrs in Deutschland, den Rest
machen sie in Ländern, in denen es
keine Luftverkehrsteuer gibt.
Gibt es Anzeichen, dass deutsche
Flughäfen wegen der Luftverkehr­
steuer Passagiere verloren haben?
SIEGLOCH: Ja, die gibt es. Seit Einführung der Luftverkehrsteuer können wir das besonders bei grenznahen Flughäfen beobachten. Von 2010
bis 2013 haben die grenznahen ausländischen Flughäfen einen Verkehrszuwachs von 35,9 Prozent verzeichnet, während die deutschen Flughäfen
in Grenznähe 0,4 Prozent Passagiere
verloren haben. Die Luftverkehrsteuer
wirkt als Konjunkturprogramm für ausländische Flughäfen. Wie sieht es an den großen Hubs aus?
SIEGLOCH: Selbst dort beobachten wir Verlagerungen. Wenn Sie heute
einen Transatlantik-Flug nach New
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Partner im Porträt
York buchen, können Sie über München und Frankfurt oder über Amsterdam und Paris fliegen. Wenn Sie
über Paris-Charles-de-Gaulle fliegen,
dann können Sie das Ticket splitten.
Dann zahlen Sie die Steuer nur von
Berlin nach Paris, das sind 7,50 Euro
statt der 42,18 Euro Ticketsteuer pro
Person, die für den Flug von Frankfurt
nach New York anfallen würden.
Schwer vorstellbar, dass der deutsche Staat eine Steuer, die er einmal
erhoben hat, wieder abschafft …
SIEGLOCH: Bei den Koalitionsverhandlungen stand bis zur letzten Runde in den Papieren der Wirtschafts- und Verkehrspolitiker, dass
die Steuer weg soll. Der Bundesrat
hat mit Mehrheit ihre Abschaffung
beschlossen, die Verkehrs- und die
Wirtschaftsminister der Länder fordern das Gleiche. Es gibt auf vielen
Ebenen einen politischen Willen, die
Steuer abzuschaffen.
Die Politik darf den
Fluggesellschaften
keine Ketten ­a nlegen.
Ernsthafte Konkurrenz erwächst
dem europäischen Luftverkehr im
Nahen Osten, wo die Golfstaaten riesige Airports aus dem Wüstensand
stampfen. Auf Umweltschutz und
Arbeitnehmerrechte muss man dort
kaum Rücksicht nehmen. Was kann
Deutschland diesen ungleichen Bedingungen entgegensetzen?
SIEGLOCH: Wir wollen nicht, dass
die sozialen Standards in Europa
abgebaut werden. Andererseits werden wir keinen Scheich davon überzeugen, dass er Streiks zulässt und seine
Arbeiter vernünftig krankenversichert.
Was wir tun können ist, der Politik die
unterschiedlichen Rahmenbedingun-
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gen bewusst machen und darauf hinwirken, dass sie uns in diesem Wettbewerb keine Ketten anlegt, während
andere gedopt antreten.
Was gehört dabei aus Ihrer Sicht zu
den Aufgaben der Politik?
SIEGLOCH: Dazu gehört die
Abschaffung der Luftverkehrsteuer.
Dazu gehört, dass der Emissionshandel nicht nur die Europäer belastet. Dazu gehört ein fairer Ausgleich
bei Passagierrechten zwischen den
Airlines und den Interessen der Passagiere. Zudem sollten die Betriebszeiten an deutschen Flughäfen so
gestaltet werden, dass bei Bedarf an
ausgewählten Standorten auch nachts
geflogen werden kann. All diese Dinge
kann die Politik regeln.
Von anderen Branchen gibt es an
den Luftverkehr oft den Vorwurf der
Subventionierung, weil es in Deutschland keine Mehrwertsteuer für internationale Flüge gibt ...
SIEGLOCH: Die Staaten haben früh
erkannt, dass die Finanzierung des
Luftverkehrs über Steuern zu einem
Dumpingwettbewerb führt. Dann würden einzelne Länder versuchen, mit
geringen Steuersätzen Flugverkehr
anzuziehen und ihre Fluggesellschaften zu fördern. Deshalb haben die
Luftfahrtnationen im Jahre 1944 das
Chikagoer Abkommen unterzeichnet
und darin vereinbart, dass der internationale Luftverkehr von einer Kerosin­
steuer und anderen Steuerbelastungen ausgenommen wird.
Die EU erlaubt für zehn Jahre finanzielle Beihilfen für Regionalflughäfen.
Müsste man angesichts der wachsenden Konkurrenz in Nahost nicht eher
die großen Hub-Flughäfen stärken?
SIEGLOCH: Wir wollen starke Hubs,
die im Weltmaßstab konkurrieren
können. Aber die regionalen Flughä-
fen haben große Bedeutung für die
einheimische Wirtschaft. Das sind
starke Exportindustrien, die brauchen
Zugang zum Weltmarkt und sind auf
die regionalen Flughäfen als Zubringer zu den großen Drehkreuzen angewiesen. Manche regionale Flughäfen
haben jedoch die Zuschüsse genutzt,
um die Gebühren für Fluggesellschaften zu reduzieren. Jetzt hat die EU auf
diese Praktiken einen Deckel gesetzt.
Beihilfen für den Betrieb gibt es nur
noch für eine Anlaufzeit von zehn Jahren, danach ist Schluss. Das ist in meinen Augen ein vernünftiger Ansatz.
Stichwort Single European Sky: Die
EU verlangt von den Flugsicherungsanbietern, mehr Kapazität zu bewältigen,
bessere Systeme zu entwickeln – und
das alles für weniger Geld. Wie positioniert sich der BDL in dieser Frage?
SIEGLOCH: Das Ideal wäre eine einheitliche Flugsicherung für ein gemeinsames Europa. Wir meinen, dass man
bei den Flugsicherungen zu größeren
Einheiten kommen muss, dies ist wirtschaftlich am vernünftigsten. Die Länder mit kleineren Flugsicherungen leisten dort Widerstand, deshalb sollten
ANSPs, die Aufgaben verlieren, Kompensationen erhalten. Es ist aber nicht
nur eine wirtschaftliche, sondern auch
eine politische Entscheidung.
Was kann die DFS als Mitglied vom
BDL erwarten?
SIEGLOCH: Wie die anderen Mitglieder auch: Der BDL vertritt die gemeinsamen Interessen der deutschen Luftfahrt in der Öffentlichkeit und bietet
sich bei unterschiedlichen Interessen
als Plattform für interne Gespräche an
– egal ob es um die Verwirklichung
des Single European Sky geht oder
um Grundlagen für Gebühren.
Die Fragen stellte Holger Matthies.
Alles nach Plan
Eng verknüpft sind die Abläufe an einem Flughafen: vom Checkin bis zum Boarding, von der Gepäckabfertigung bis zum Start.
Flughafenbetrieb und Flugbetrieb halten dieses Räderwerk am
Laufen – im Zusammenspiel mit der DFS. In Hannover begegnet
man sich auf gleicher Höhe.
D
ie Welt der Luftfahrt, sie
ist dort zu Hause, wo man
sie nicht unbedingt vermuten würde. Rapsfelder säumen den
Weg dahin, ebenso Pferdekoppeln,
auf denen Hannoveraner in der warmen Frühlingssonne grasen. Unweit
davon erhebt sich die kühle, funktionsbetonte
50er-Jahre-Fassade
des Flughafens Hannover – der „die
Welt der Luftfahrt“ seit nunmehr fünf
Jahren beherbergt. Die interaktive
Erlebnisausstellung macht Luftfahrtgeschichte lebendig: an Flugsimulatoren und Spielstationen, mit Ausstellungsstücken wie dem imposanten
Fahrwerk einer Boeing 747 oder dem
originalen Nachbau eines „Jatho-­
Drachens“. Letzteres Exponat macht
deutlich, weshalb es durchaus seine
Berechtigung hat, der Welt der Luftfahrt ausgerechnet hier ein Zuhause
zu geben. Denn der hannoversche
Bürger Karl Jatho war es, der am 18.
August 1903, noch wenige Monate
vor den Gebrüdern Wright, den ersten
­Motorflug unternommen haben soll.
Zwischen damals und heute liegen
Welten. Allein von der 780-Meter-Piste
aus entschweben jährlich mehr als
11.000 Sport-, Privat- und Geschäftsflieger. Hinter Stuttgart und Münster/
Osnabrück ist der Flughafen Hannover in der vergangenen Dekade zum
drittgrößten Flughafen für die General
Aviation aufgestiegen. „Das war nicht
immer so“, berichtet Michael Büsing,
Verkehrsleiter des Betreibers Flugha-
fen ­
Hannover-Langenhagen GmbH.
Einige Jahre lang hatte man diese Klientel vernachlässigt, bis im Jahr 2000
ein Umdenken einsetzte. Schritt für
Schritt konnten die luftfahrttechnischen Betriebe, die Flugschulen und
Fliegerclubs zu einer Rückkehr bewogen werden. Ihre Fluggeräte füllen
inzwischen wieder sechs Hallen.
Büsings Job ist es, den reibungslosen Betrieb im und am Flughafen
sicherzustellen. In den Terminals wie
auf dem Vorfeld, für die Passagiere
wie für die fliegende Kundschaft. 2013
waren das auf der einen Seite rund 5,2
Millionen Fluggäste und auf der ande-
ren 64.000 Flüge nach Instrumentenflugregeln und rund 11.200 VFR-Flüge
– mit Berlin-Schönefeld, Leipzig/Halle
und Nürnberg bildet Hannover damit
die Gruppe der mittelgroßen internationalen Verkehrsflughäfen. „Grundlage
für jede neue ab HAJ angebotene Verbindung sind umfangreiche Streckenanalysen, die wir für potenzielle Airlines erheben“, schildert Büsing den
Beginn einer Akquisition. Zahlen können dabei zu überzeugenden Argumenten werden – wie im Falle von Aer
Lingus. „Wir konnten darlegen, wie
viele Reisende von Hannover aus über
Frankfurt, Amsterdam oder andere
Hubs nach Dublin fliegen – dass also
eine Direktverbindung auf entsprechende Nachfrage stoßen würde.“
Die Argumente fielen auf fruchtbaren
Boden: Seit Ende März heben die Flugzeuge mit dem Kleeblatt in Hannover
viermal wöchentlich ab und Irland-Fans
erreichen Dublin ganz ohne Umwege.
Mehr Wachstum versprechen auch die
neu in den Flugplan aufgenommenen
Ziele von SunExpress, der russischen
Orenair und TAP Portugal. „Für diesen
Alles im Blick: Mathias Roskos (stehend), Leiter Flugbetriebsflächen. Fotos: Norbert Knoll
transmission
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Partner im Porträt
Sommer haben wir ganz gut Verkehr
akquiriert“, fasst Büsing die Erfolge
der Vertriebsmannschaft in den vergangenen Monaten zusammen.
Diese Erfolge werden für ihn und
seine Kollegen unmittelbar sichtbar:
bei der Aufbereitung der Flugplandaten. Im Gegensatz zu vollkoordinierten Flughäfen wie Frankfurt oder
München ist der Flughafen Hannover flugplanvermittelt. Das bedeutet:
Hier ist noch Platz und Airlines müssen nicht fürchten, bei der Bewerbung um heiß umkämpfte Start- und
Landeslots leer auszugehen. Ganz im
Gegenteil: Auch wenn sie ihre Flugplanwünsche zunächst beim Flughafenkoordinator für Deutschland (siehe
Seite 12) einreichen müssen, können
sie davon ausgehen, dass sie erfüllt
werden. Von ihm beziehen Büsing und
Kollegen die für Hannover relevanten
Flugplandaten, auf denen sie ihre Verkehrsplanung aufbauen. Mit den Systemen einzelner Fluggesellschaften
wie der Deutschen Lufthansa existieren zwar Datenschnittstellen, für die
meisten anderen Airlines müssen die
Änderungen aber manuell vorgenommen werden. Drei Mitarbeiter sorgen
dafür, den geplanten Flügen die Standplätze und die Gates zuzuteilen. Daraus leitet sich dann ab, an welchen
Schaltern die Passagiere einzuchecken haben, in welchen Wartehallen
sie Platz nehmen, über welche Wege
sowohl Passagiere als auch Gepäck in
die Flieger finden. All diese Informationen müssen dann auch den Bodenverkehrsdiensten zur Verfügung gestellt
werden. Der Bundespolizei. Oder der
Luftsicherheit. Ergebnis dieser Vorplanung: ein zweimal wöchentlich veröffentlichter „Arbeitsflugplan“, der für
alle Flughafenpartner Grundlage ihrer
Ablauf- und Personalplanung ist.
Wie auch für den Partner DFS,
mit dem man in Hannover auf glei-
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cher Höhe zusammenarbeit. In keinem anderen Tower Deutschlands ist
die räumliche Schnittstelle zur Flugsicherung so unmittelbar gegeben wie
hier. An vielen Flughäfen sind üblicherweise zwei Tower zu sehen, die Außenstehende auch gern einmal verwechseln. In dem einen überwachen die
Fluglotsen der DFS den Flugverkehr
am Flughafen; in dem anderen, meist
Stellt den reibungslosen Betrieb im und
am Flughafen Hannover sicher: Verkehrsleiter Michael Büsing.
kleineren, koordinieren die Vorfeldlotsen des Flughafens den Roll- und
Fahrzeugverkehr. Nicht so in Hannover: Dort wurde aus zweien einer. Im
Herbst 1999 riefen Flughafen und DFS
das Projekt „APCON 2000“ ins Leben
mit dem Ziel, die Kommunikation zwischen Vorfeld- und Flugverkehrskontrolle zu verbessern. Der gerade neu
gebaute DFS-Turm bot die Möglichkeit, dass sowohl Towerlotsen wie
auch Vorfeldlotsen den Flughafen aus
derselben Höhe im Blick haben. Seite
an Seite. Nach der EXPO 2000 wurde
das dann umgesetzt. „Zu Beginn
erwies sich das ungewohnte ‚Miteinander‘ als sehr schwierig. Später jedoch
gestanden selbst Kritiker ein, dass der
gemeinsame Ort für die Arbeit optimal
ist“, blickt DFS-Supervisor Frank Hergesell zurück. Zu viert regeln sie von
dort oben den startenden, landenden
und rollenden Verkehr, koordinieren
bis zu 60 Bewegungen pro Stunde:
ein Towerlotse, ein Ground-Lotse,
zeitweise ein Flugdatenbearbeiter
und zwei Mitarbeiter der Vorfeldkontrolle des Flughafens. Formal regelt die
„Betriebs­absprache zwischen DFS und
Flughafen“ die Zuständigkeiten, praktisch umgesetzt wird sie per Ellbogenkoordination. „Das Unschätzbare
daran ist: Wir wissen voneinander“,
bringt Mathias Roskos, Leiter Flugbetriebsflächen der Flughafen-GmbH, die
Vorteile auf den Punkt. Wo andernorts
die Koordination per Telefon geschieht
oder Eingaben per Monitor erfolgen,
ist hier jeder Lotse allein durchs Mithören über die Tätigkeiten der anderen
im Bilde. Nach der DFS-Freigabe zum
Triebwerk-Anlassen kann per Zuruf die
Push-Back-Freigabe koordiniert werden. Eine Ellbogengesellschaft in 74
Meter Höhe – mit hohem praktischen
Nutzen für die tägliche Arbeit.
Roskos ist seit 2009 für die Verkehrsleitung, die Vorfeldkontrolle und
-aufsicht verantwortlich. Beruf und
Privates vermag er nur schwerlich zu
trennen – dafür sind Hobby und berufliche Tätigkeit zu eng miteinander verknüpft. Seit dem Erwerb der PPL (A)Lizenz wird jede freie Stunde genutzt,
in einer Cessna oder Piper die (vermeintliche) Freiheit über den Wolken
zu genießen. Vom Cockpit aus kann
er dann selbst in Augenschein nehmen, was er beruflich verantwortet:
die funktionsfähige Vorfeldbeleuchtung, das eindeutige Leitsystem, den
ordnungsgemäßen Zustand der Rollwege, die intakte Befeuerung des Bahnensystems – also das Vorhalten einer
zuverlässigen, störungsfreien Infrastruktur, die nötig ist, um ein Flugzeug sicher vom Gate bis zur Startbahn zu leiten. Und umgekehrt von
der Landebahn zum Gate. Den großen
Vorteil eines mittelgroßen Flughafens
sieht er vor allem darin, dass er sein
Team generalistisch aufstellen kann.
„Wir leisten hier alles in Personalunion“, erläutert er. „Statt Aufgabenmonotonie steht bei uns die Vielfalt
im Vordergrund.“ So sitzt der Mitarbeiter, der heute seinen Dienst in der
Verkehrszentrale versieht und tagesaktuelle Änderungen in den Flugplan
eingibt, nächste Woche im Tower und
gibt dort die Anweisungen zum PushBack. Und am Tag drauf pflegt er die
neuesten Flugplandaten in die Datenbank ein und teilt den zu erwartenden
Flügen Abstellpositionen und Checkin-Schalter zu. Im Winter kann er darüber hinaus bei der Flugzeugenteisung
eingesetzt werden, die der Flughafen
über sein Tochterunternehmen Hannover Aviation Ground Services GmbH
übernommen hat.
Der Tower Hannover – gemeinsamer
Arbeitsort von Fluglotsen und Vorfeldkontrolle.
Neben dem täglichen operativen
Geschäft treiben Büsing und Roskos
auch europäische Entwicklungen um.
Annex 14 der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation ICAO beispielsweise
gibt die international bindenden Richtlinien zur Gestaltung von Flugplätzen
vor – auf dieser Basis fordert nun die
Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) von allen Flughäfen einen
entsprechenden Nachweis ein. Bis
zum 31. Dezember 2017 haben sie
Zeit, ihre Infrastruktur und Betriebsprozesse zertifizieren zu lassen. Seit
einem Jahr arbeiten sie außerdem an
der Umsetzung eines der Ziele, welche
die Europäische Kommission in ihrer
Single-European-Sky-Initiative ausgegeben hat: die Prognosegenauigkeit
von Flugbewegungen und Kapazitätsausnutzung zu erhöhen und Verspätungen zu minimieren. Für die großen
Flughäfen wie Frankfurt, München
und Düsseldorf wurde bereits „Airport CDM“ eingeführt, um mit einem
automatisierten Datenaustausch mit
dem ATM-Netzwerk die Datengenauigkeit zu verbessern. Allerdings lohnt
der Aufwand für verkehrsschwächere
Flughäfen nicht.
In Hannover haben nun Airlines,
Flughäfen und DFS die Kräfte gebündelt, um über Datentransparenz
ihren Beitrag für höhere Prozesseffizienz und mehr Pünktlichkeit zu
leisten. „Es klingt wie ein Relikt aus
elektronischer Vorzeit, aber Landezeiten beispielsweise bekommen wir
nicht automatisch übermittelt“, sagt
Büsing. „Wann ein Flugzeug landen
wird, erfahren wir bislang nur in Form
einer geschätzten Ankunftszeit über
die Radardatenschnittstelle des Centers Bremen.“ HEAD heißt das Projekt,
in dem alle Partner nunmehr zusammengefunden haben: Hannover Enhanced Airport Data. Der automatisierte
Datenaustausch soll aber weit mehr
als Abfertigungs- und Landezeiten
Hannover Airport – Zahlen
und Daten 2013
- Passagiere: 5.234.909
(Quelle: ADV)
- IFR-Flugbewegungen: 64.157
(Quelle: DFS)
- VFR-Flugbewegungen: 11.222
(Quelle: Betreiber)
- Betreiber: FHG Flughafen ­HannoverLangenhagen GmbH (35% Land
Niedersachsen, 35% Landeshauptstadt Hannover, 30% Fraport AG)
- 3 Terminals, 20 Fluggast­brücken
- 3 Bahnen: Nordbahn 3.800 m,
Südbahn 2.340 m, Mittelbahn für
VFR-Flüge 780 m
- Betriebsgenehmigung: 24 Stunden
- Mitarbeiter: FHG 720, Konzern
inkl. FHG 1.280, am Flughafen
­insgesamt 8.800
umfassen und bereits dann beginnen, wenn der Passagier das Terminal betritt. „Eine pünktliche Abflugzeit
wird heute in Hannover nicht nur vom
Bodenverkehrsdienst, also der Abfertigung des Flugzeugs und der Passagiere auf dem Vorfeld, beeinflusst,
sondern auch von der zeitgerechten
und effizienten Passagier- und Gepäckabfertigung im Terminal. Also müssen
auch diese Prozesse transparenter
und Zeitstempel bereits dort erfasst
werden“, formuliert Büsing das Ziel.
Läuft alles nach Plan, könnte mit
dem vollautomatisierten Datenaustausch eines Tages ein weiteres Kapitel der Ausstellung hinzugefügt werden.
Rüdiger Mandry
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Partner im Porträt
Ohne Wissenschaft
geht es nicht
Seit den 1970er Jahren arbeitet die DFS mit dem Institut für Arbeitswissenschaft (IAD) der Technischen
Universität Darmstadt zusammen. Die Forschungseinrichtung beschäftigt sich mit der Gestaltung
menschlicher Arbeit. Inzwischen gibt es sogar eine gemeinsame Lehrveranstaltung von DFS und IAD.
W
er sich der Arbeitswissenschaft widmet, muss
vielseitig sein. So wie Dr.
Christina König. Zu Beginn ihrer Laufbahn forschte sie an Fahrzeugen. In
ihrer Promotion beschäftigte sie sich
mit der Mensch-Maschine-Schnittstelle von Flugsicherungssystemen.
Im Moment untersucht die junge Wissenschaftlerin den Umgang mit Kettensägen. Mit ihrer Vielseitigkeit spiegelt die Leiterin der Forschungsgruppe
Arbeitsgestaltung und Arbeitsorganisation des Instituts für Arbeitswissenschaft das Spektrum der Disziplin gut wider. So unterschiedlich die
Forschungsobjekte auch sein mögen,
am Ende geht es doch immer um das
Eine: „Wir erforschen, wie mensch­
liche Arbeit optimal gestaltet werden
kann“, sagt Dr. König.
Arbeitswissenschaft oder Human
Factors & Ergonomics, wie das Forschungsgebiet international bezeichnet wird, ist eine relativ junge Disziplin. Vor rund 100 Jahren fing die
Forschung dazu an. In Deutschland
ist diese Wissenschaft eng mit dem
Ingenieurwesen verbunden, doch der
Ansatz ist multidisziplinär. Am Institut
für Arbeitswissenschaft der TU Darmstadt, das zur Fakultät Maschinenbau
gehört, forschen nicht nur Ingenieure,
sondern auch Psychologen, Mediziner,
Ökonomen und Pädagogen. Gegründet wurde es in den 1960er Jahren.
Rund 500 Studenten pro Semester
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transmission
1 – 2014
hören die Lehrveranstaltungen des
IAD, pro Jahr schließen drei bis vier
Doktoranden ihre Promotion unter
der Betreuung von Professor Dr.-Ing.
Ralph Bruder ab.
Leitet das Institut für Arbeitswissenschaft: Professor Dr.-Ing. Ralph Bruder.
Fotos: Melanie Bauer
Auch die DFS-Mitarbeiter André
Perott und Nils Schader promovieren
bei Professor Bruder. Die beiden wurden auf die Flugsicherung aufmerksam, als der Bereich Human Factors
der DFS eine Zusammenarbeit mit
dem IAD bei der Entwicklung eines
Design Process Guide initiierte. Das
Job-Angebot der Flugsicherung nahmen Perott und Schader gerne an.
Sie können ihr Fachwissen bei der DFS
einbringen, und die Arbeitspraxis hilft
ihnen wiederum bei ihren Doktorarbeiten, die sich beide mit dem Thema
Ergonomie befassen. „In meiner Arbeit
beschäftige ich mich damit, wie die
künftigen Nutzer systematisch in die
Entwicklung neuer Systeme eingebunden werden“, sagt Perott. Ein systematisches Vorgehen sei deshalb so
wichtig, weil jede Entscheidung, die
getroffen wird, andere Entscheidungen beeinflusst. Es ist also wichtig,
in welcher Reihenfolge man sich auf
welche Faktoren festlegt.
„Wissenschaftliches Vorgehen wird
in der DFS geschätzt“, sagt Professor
Bruder. „Es hat eine lange Tradition,
dass die Flugsicherung ihre Arbeitsweise auch mithilfe von Forschung hinterfragt und nach Optimierung strebt.“
Letztlich gehe es darum, immer noch
sicherer zu werden. Für das Institut wiederum ist der Bezug zur realen Arbeitswelt sehr wichtig. Seit der
Professor im Jahr 2006 die Institutsleitung übernommen hat, hat sich die
Kooperation zwischen Flugsicherung
und IAD weiter intensiviert. Auch deshalb, weil in der DFS die Bedeutung
des Fachgebiets Human Factors zugenommen hat. Vorläufiger Höhepunkt
der Zusammenarbeit ist die Lehrveranstaltung „Human Factors in Air Traffic
Management“.
Auch Dr. Christina König hat
sich intensiv mit der Flugsicherung
beschäftigt. Die Psychologin promovierte bei Professor Bruder darüber,
wie man Fluglotsen bei der Entwicklung neuer Human-Machine-Interfaces
Die Doktoranden Benjamin Franz und Ilka Zöller bei Versuchen am Fahrsimulator des Instituts.
am besten einbindet. „Bei unserer
Forschung arbeiten wir viel mit Versuchen und Fragebögen“, sagt sie.
Dafür sucht das Institut ständig Probanden. Die Wissenschaftlerin schätzt
Fluglotsen als sehr kritische Versuchsteilnehmer, die sich Innovationen zwar
nur sehr behutsam nähern, dafür aber
besonders engagiert mitarbeiten,
wenn sie einmal von den Vorteilen der
Neuerungen überzeugt sind. „Fluglotsen wissen sehr genau, was sie wollen,
und können das auch sehr gut artikulieren und begründen“, sagt Dr. König.
Im Keller des Gebäudes L1|01 an
der TU Lichtwiese hat das IAD seine
Forschungslabors. Dort stehen ein
Fahrsimulator mit einem 180-GradSichtsystem, ein Körperscanner
sowie ein einfacher Flugsimulator.
„Wir bekommen Forschungsgelder,
mit denen wir uns so teure Anschaffungen wie den Fahrsimulator leisten können“, sagt Dr. König. „Vieles
schaffen wir aber auch mit einfachen
Mitteln und dem Engagement unser
Studenten, Doktoranden und Mitarbeiter.“ Den Flugsimulator beispielsweise
haben Studenten und Doktoranden für
rund 3.000 Euro selbst gebaut.
Mit dem Fahrsimulator arbeiten
die Wissenschaftler am Projekt Conduct-by-Wire: Mit Hilfe eines Head-upDisplays kann der Fahrer beispielsweise ein Auto per Touch-Screen
lenken. Besonders konzentrieren
muss er sich dabei nicht mehr. Eine
grobe Richtungsangabe reicht aus,
die Software des Fahrzeugs reguliert
alles Weitere selbständig, einschließlich der Geschwindigkeit. „Der Vorteil
dabei ist, dass während der ganzen
Bedienung der Fahrer den Blick nicht
vom Head-up-Display und der Straße
abwenden muss“, sagt Benjamin
Franz, Doktorand am IAD. Das Fahren
wird einfacher und sicherer.
Mit dem Körperscanner können
die Wissenschaftler in wenigen Minuten Menschen vermessen. „Das Gerät
könnte zum Beispiel für Autovermieter
interessant sein“, sagt Michael Schultheis, wissenschaftlicher Mitarbeiter
am IAD. Die Idee: Mithilfe eines BodyScans und einer App könnte man die
Sitzposition eines Mietwagens automatisch einstellen. Auch bei der Konfektionierung von Kleidung ist der
­Körperscanner hilfreich.
Am Flugsimulator sucht der Doktorand Marius Oberle nach einer mathematischen Formel, welche den Einfluss
des Menschen auf die Un­sicherheit in
technischen Systemen wiedergeben
kann. „Wir machen eben auch Grundlagenforschung“, sagt Dr. König. Die
dürfe trotz der vielen Projekte für
Unternehmen und Industrie nicht zu
kurz kommen.
Mit zunehmender Automatisierung
in der Arbeitswelt wird das Aufgabengebiet der Arbeitswissenschaftler eher größer statt kleiner. „Eine
Optimierung allein durch technische
Neuerungen wird es nicht geben. Entscheidend wird immer sein, wie die
Schnittstelle zwischen Mensch und
Technik optimiert werden kann“, sagt
Professor Dr. Bruder. Das gelte auch
für die Flugsicherung.
Sandra Ciupka
transmission
1 – 2014
21
Partner im Porträt
­ trippenzieher hinter
S
den ­Kulissen
Die Lufthansa-Tochter Germanwings ist eine junge Airline. Das betriebliche Herz des Low-CostCarriers, seit 2002 zuverlässiger Partner der DFS, schlägt im Integrated Operations Control Center
am Flughafen Köln/Bonn. Dort sorgt man für einen reibungslosen Flugbetrieb – auch bei unvorhergesehenen Ereignissen.
A
n den richtigen Schrauben
zu drehen, damit ein Motor
störungsfrei läuft, hat Kai
Wessollek von der Pike auf gelernt.
Der Verkehrsleiter von Germanwings
hat nach der Schule eine Ausbildung
zum Kfz-Mechaniker gemacht. Später
erwarb er die Lizenz als Privatpilot,
wechselte in die Luftfahrtbranche und
leitete anderthalb Jahre die Luftsicherheit am Flughafen Dortmund, eher er
Verkehrsleiter wurde. „Es macht mir
Spaß, die Dinge jeden Tag so zu managen, dass der Betrieb läuft und auftretende Unregelmäßigkeiten für unsere
Kunden möglichst nicht zu spüren
sind“, sagt der 44-Jährige, der seit
21 Jahren in den Verkehrszentralen
von RFG, Eurowings Flug GmbH und
Germanwings tätig ist. Als Leiter des
Integrated Operations Control Center
(IOCC) sorgt er für einen reibungslosen Flugbetrieb und arbeitet gemeinsam mit seinen Mitarbeitern daran,
dass der Germanwings-Motor auch
bei unvorhergesehenen Ereignissen
nicht ins Stottern gerät. Sein Arbeitsplatz ist im Hauptgebäude der Airline
am Flughafen Köln/Bonn.
In dem hellen, freundlichen Großraumbüro schlägt das betriebliche
Herz der Airline. Hier herrscht eine
geschäftige Atmosphäre, nahezu
pausenlos klingeln Telefone, Computer-Tastaturen klackern und etwa
zwei Dutzend Mitarbeiter sitzen kon-
22
transmission
1 – 2014
Kai Wessollek leitet das Integrated Operations Control Center von Germanwings.
Foto: M. Bauer
zentriert vor ihren Monitoren, wo sie
aufmerksam Tabellen, Diagramme,
Zahlenkolonnen und Einsatzpläne
bearbeiten oder das Geschehen auf
Wetterdarstellungen und verschiedenen Luftlagekarten verfolgen. „Wir
sind gefragt bei Störungen durch das
Wetter und Verkehrsflussregelungen
seitens der Flugsicherung“, sagt der
Verkehrsleiter. „Wir unterstützen die
Crews bei Bedarf während des Fluges und organisieren Hilfe, wenn ein
Flugzeug im Ausland technischen Support benötigt.“
Gerade hat Wessollek erfahren,
dass der Nachmittags-Flug Nummer
4U886 von Köln nach Rom-Fiumicino
neu geplant werden muss. Bei dem
dafür vorgesehenen Airbus A319 ist
ein technisches Problem aufgetreten, deshalb bleibt das Flugzeug am
Boden. Sicherheit ist für den Verkehrsleiter und seine Mannschaft oberstes
Gebot. Jetzt muss bis zum Nachmittag ein neues Flugzeug her. Eine Aufgabe für Wessollek und sein Team.
Die Fluggesellschaft Germanwings
ist eine hundertprozentige Tochter der
Deutschen Lufthansa, sie ging 2002
aus der 1997 gegründeten Eurowings
Flug GmbH hervor. Der Low-Cost-Carrier fliegt über 100 Destinationen in
Deutschland, Europa und Nord­afrika
an. Zur Flotte der Airline mit dem
magentafarbenen Schriftzug gehören derzeit, Stand Anfang April 2014,
insgesamt 48 Flugzeuge der A320erFamilie von Airbus, davon 41 Maschinen vom Typ A319 und sieben vom
Typ A320. Seit Juli 2013 sind die Flugzeuge in einem neuen, einheitlichen
Design unterwegs. Bis Jahresende
soll die Flotte auf 66 Flugzeuge wachsen, um den geplanten Ausbau des
Streckennetzes zu bewältigen: Künftig
soll Germanwings nach und nach alle
dezentralen Strecken der Lufthansa
in Deutschland und Europa übernehmen, die nicht über die b
­ eiden großen
Drehkreuze Frankfurt/Main und München führen.
Im Operations Control Center
(OCC) kümmern sich Stefan Grüning
und Teamleiterin Diana Pares-Selders
währenddessen um ein Flugzeug, das
für den Flug nach Rom und zurück
eingesetzt werden kann. Sie nutzen
dafür das System Netline Ops, das
ihnen auf ihren Monitoren einen Überblick über alle Maschinen der Germanwings-Flottte verschafft und anzeigt,
welche Ersatzkapazitäten zur Verfügung stehen. Am Flughafen KölnBonn findet sich ein Airbus A320, der
zurzeit keinen Umlauf hat. Noch ist
der Sommerflugplan nicht in Kraft,
ansonsten wäre es etwas schwieriger geworden – w
­ ährend der Urlaubssaison sind die Flugzeuge meist alle
durchgehend im Einsatz. Doch auch
dann hätten sich die OCC-Spezialisten
zu helfen gewusst: „Durch Tauschen
der Umläufe zwischen den Flugzeugen können wir geplante Standzeiten
kombinieren und so neue Kapazitäten
schaffen“, sagt Teamleiterin ParesSelders.
Nebenan, im Flight Dispatch, geben
die Kollegen Patrick Allert und Radu
Safta die korrigierten Daten für den
Flugplan ins System ein. Statt des
A 319 mit der Registrierung D-AGWK
wird für Flug Nummer 4U886 nach
Rom nun der A320 mit der Registrie-
rung D-AIQK vermerkt. „Delta – Alpha
– India – Quebec – Kilo“, bestätigt
Radu Safta am Telefon die neue Registrierung. Durch das Programm LIDOFlight wird der korrigierte Flugplan an
den Network Manager von EURO­
CONTROL in Brüssel übermittelt.
Schräg gegenüber, im Crew Control Center, komplettieren Teamleiter
Sven Schröder und seine Mitarbeiter
die Crew für den Flug. Die bleibt zwar
die gleiche, doch beim A320 benötigt man für die Betreuung der Kabine
einen Flugbegleiter mehr als beim
A319. Deshalb durchforstet Schröder
an seinem Rechner den Personalbestand nach einem Flugbegleiter, der
als „Standby“ zur Verfügung steht.
Alles läuft zügig, aber ohne Hektik
ab – wie ein eingespielter Mechanismus, bei dem ein Rädchen ins andere
greift.
Verkehrsleiter Wessollek beschreibt
Germanwings als moderne, junge
Airline, deren Stärke darin besteht,
schnell und unkonventionell auf sich
ändernde Bedingungen und Anforderungen zu reagieren. Die Zusammenarbeit mit der Flugsicherung funktioniert gut: Die Fluggesellschaft ist nicht
nur Kunde, sondern auch ein zuverlässiger Partner der DFS. Ihre Vertreter nehmen regelmäßig an Veranstaltungen wie dem Verkehrsleitertreffen,
dem Chief Pilot Round Table und dem
Safety Pilot Meeting teil, die der
Bereich Kundenbeziehungen der DFS
organisiert. Von
diesem Erfahrungsaustausch
profitieren beide S
­ eiten
– Flugsicherung wie Airline.
hafen Köln/Bonn. „Dort wurden früher
unsere Anflüge aus ­Südost-Richtung
von den Lotsen immer sehr zeitig auf
eine niedrige Höhe geschickt, damit
sie nicht mit Abflügen aus Frankfurt
und Anflügen auf Düsseldorf in Konflikt gerieten“, sagt ­Wessollek. Die
Flugzeuge verbrauchten dadurch
mehr Treibstoff, was die Umwelt
belastete und die Kosten für Germanwings spürbar erhöhte. Auf einem
Verkehrsleitertreffen bei der DFS
sprachen ­Wessollek und seine Kollegen das Problem an und präsentierten eine mögliche Lösung. Die DFS
testete daraufhin gemeinsam mit
­Germanwings und EUROCONTROL die
neuen Verfahren erst im Flugsimulator
und dann bei einem dreitägigen Live
Trial. ­
Dieser ließ sich jedoch nicht
umsetzen, weil er an anderer Stelle
zu Konflikten führte. „Die Verfahrensplaner der DFS haben dann einen Mittelweg gefunden, der sowohl ökologischen und ökonomischen als auch
den erforderlichen Safety-Aspekten
Rechnung trägt“, sagt Wessollek.
Als der Verkehrsleiter an diesem
Tag seinen Dienst beendet, ist der
Flug 4U886 längst sicher in Rom
gelandet – pünktlich, mit vollständiger
Besatzung und zufriedenen Passagieren, für die alles wie immer war. Von
der Geschäftigkeit hinter den Kulissen
haben sie nichts mitbekommen.
Holger Matthies
Ein Beispiel dafür ist die
­Zusammenarbeit bei der Entwicklung
neuer A
­ nflugverfahren für den Flug­
transmission
1 – 2014
23
Partner im Porträt
Forschen für
Flug­sicherung
von morgen
Wie kann Spracherkennung die Lotsen am besten unterstützen? Können Kameras am Tower das menschliche
Auge ersetzen? Braucht man in Zukunft noch Sektoren?
Gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und
Raumfahrt entwickelt die DFS Ideen für heute, morgen
– und sogar schon für übermorgen.
E
in Computer, der die Anweisungen der Fluglotsen versteht? Das ist keine Zukunftsmusik, sondern bereits Realität. Im
Training wird das Potential von Spracherkennung von der DFS bereits
genutzt – das Simulatorzentrum hat
den Trainingssimulator NEWSIM fit
für Spracherkennung gemacht. In der
Niederlassung München finden bereits
regelmäßig pilotenlose Simulationen
zum On-the-Job-Training mit „Voice
recognition and response“ statt. Dabei
übernimmt der Computer zum Teil den
Part der Simulationspiloten: Er ant-
24
transmission
1 – 2014
wortet den Lotsen und führt die entsprechenden Anweisungen zur Steuerung der Flugzeuge aus. Nun folgt die
nächste Stufe: die Untersuchung der
Spracherkennung für die Nutzung im
echten Betrieb. Gemeinsam mit der
Universität des Saarlandes und der
DFS untersucht das Institut für Flugführung des Deutschen Zentrums für
Luft- und Raumfahrt (DLR) derzeit, wie
Spracherkennung die Lotsen bei ihrer
täglichen Arbeit unterstützen kann.
AcListant ® – die Abkürzung steht
für „Active Listening Assistent“ – ist
der Name des Projekts, in dem der
Nutzen von Spracherkennung bei
einem Arrival-Management-System
(AMAN) evaluiert wird. „Bislang konnte
der AMAN nur aus den Radarsignalen
schließen, welche Anweisungen der
Lotse gegeben hat“, sagt Jörg Buxbaum, der im DFS-Bereich „Planung
und Innovation“ arbeitet und Projektpate von AcListant ist. Ein System
dagegen, das unmittelbar „hört“, welche Anweisungen der Lotse dem Piloten gibt, kann sehr viel schneller seine
Planung anpassen – auch in Sondersituationen. „Erhält ein Pilot bei einem
Notfall eine direkte Freigabe auf den
Endanflug, kann das System alle anderen Anflüge schnell und automatisch
umsortieren – und den Lotsen damit
entlasten“, sagt Buxbaum.
Im März haben dazu beim DLR in
Braunschweig umfangreiche Echtzeitsimulationen stattgefunden, an
denen Fluglotsen der DFS sowie der
tschechischen Flugsicherung beteiligt waren. Nachgestellt wurde ein
Verkehrsszenario vom Anflug in Düsseldorf. Mit den Ergebnissen waren
alle Beteiligten äußerst zufrieden.
Besonders gelobt wurde die hohe
Erkennungsrate. „Von 100 Anweisungen versteht das System 99 richtig“,
sagt Buxbaum – das ist mehr als ausreichend für ein taktisches Planungssystem. Hinzu kommt ein zusätzlicher
Sicherheitsaspekt: Spracherkennung
kann Lotsen dazu motivieren, sich
an die vorgegebene Phraseologie zu
halten. Man könnte es sogar nutzen,
um die Plausibilität der Anweisungen
zu prüfen, die der Lotse erteilt – und
rechtzeitig auf etwaige Widersprüche
oder Konflikte hinzuweisen.
Auch im Towerbereich ist Spracherkennung auf dem Vormarsch. Angeregt durch das DFS-Innovationsboard
entwickelt das DFS-Systemhaus derzeit ein Zusatzfeature für das TowerFlugplandatenverarbeitungssystem,
das Anweisungen des Lotsen per
Spracherkennung versteht und dafür
relevante Informationen auf dem Bildschirm prominent darstellt. Auch hier
ist die Entlastung von Lotsen das Ziel;
reduziert werden soll die Zeit, die der
Lotse auf den Bildschirm schaut.
AcListant ist nur ein Beispiel für die
intensive Zusammenarbeit zwischen
DFS und DLR. Im Bereich Forschung
und Entwicklung gab es bereits eine
Vielzahl von Kooperationen – beispielsweise im Rahmen internationa-
ler Projekte. So untersuchten DFS und
DLR 2012 gemeinsam am Flughafen
Hamburg die Möglichkeit, mit zusätzlichen Informationen den Lotsen sehr
frühzeitig vor möglichen Konflikten
am Boden zu warnen. Auch zum DFSProjekt „Remote Tower“ leistete das
DLR Vorarbeit. Die Idee, den Flugverkehr kleiner Airports von einem anderen Standort aus zu überwachen, wird
dort bereits seit 2002 verfolgt. Nun
wird aus der Grundlagenforschung
Realität: Bis 2018 will die DFS nach
erfolgreicher Validierung den Verkehr
an den Flughäfen Saarbrücken, Erfurt
und Dresden zentral von ihrem Leipziger Tower aus kontrollieren.
Bei einem anderen Zukunftsprojekt
ist der Staffelstab ebenfalls auf dem
Weg zwischen Forschung und Entwicklung. Seit 2009 arbeiten DLR und DFS
an einem Konzept, wie in Teilen des
oberen Luftraums auf die althergebrachte Einteilung des Luftraums in
Sektoren verzichtet werden könnte.
Der Fluglotse wäre dann nicht mehr
für einen eng begrenzten Bereich verantwortlich, sondern würde mehrere
Flugzeuge über die gesamte Flugzeit beispielsweise in einem kompletten Fluginformationsgebiet durch den
oberen Luftraum begleiten und währenddessen für Konfliktfreiheit sorgen.
Auf diese Weise könnte man die Zahl
der notwendigen Koordinationen verringern, Luftraumstrukturen vereinfachen und für eine konstante, geregelte
Arbeitslast der Fluglotsen sorgen.
Nachdem 2010 und 2011 im Rahmen des Forschungsprojekts HETEREX Echtzeitsimulationen im Simulationssystem des DLR vielversprechend
verliefen, hat 2014 die nächste Stufe
begonnen: Im Förderprojekt „TeFiS“
(„Technologie für Flugverkehrsmanagement in großen Strukturen“) wird
unter Leitung der DFS in Zusammenarbeit unter anderem mit dem DLR
Stichwort: DLR
Das DLR ist das nationale Forschungszentrum für Luft- und
Raumfahrt. Mehr als 7.000 Mitarbeiter an 16 Standorten forschen
und entwickeln rund um die Themen Luftfahrt, Raumfahrt, Energie,
Verkehr und Sicherheit. Ein wichtiger Partner für die DFS ist das zum
DLR gehörende Institut für Flugführung mit Sitz in Braunschweig.
Mit insgesamt sieben Abteilungen
arbeitet das Institut an neuen Unterstützungsfunktionen für Bord und
Boden, erforscht Ansätze zur Optimierung übergreifender Prozesse
an Flughäfen, entwickelt neue ATMVerfahren und -konzepte und bewertet deren Auswirkungen. Dafür
nutzt das Institut verschiedene
Simulatoren sowie Systeme am
Forschungsflughafen Braunschweig.
Das Institut für Flugführung wird
von Prof. Dr. Dirk Kügler geleitet,
der bis zu seinem Wechsel zum
DLR Leiter Gesamtplanung Technik
bei der DFS war.
noch realitätsnäher untersucht, was
entwickelt werden muss, um das
Konzept einer sektorlosen Flugverkehrskontrolle zum Fliegen zu bringen. „Das Projekt zeigt, dass sich die
Arbeit des DLR und der DFS sehr passend ergänzt“, sagt Dr. Jens Konopka,
Projektleiter von TeFiS: „In der ersten
Phase spielte die gemeinsame Kreativität und die flexible Simulationsumgebung des DLR eine große Rolle. Nun
sind wir näher an der Wirklichkeit und
müssen das Prinzip in einem nahezu
‚echten‘ Flugsicherungs-Umfeld testen
– das geht nur in der DFS.“
Christopher Belz
transmission
1 – 2014
25
Kollaboration
Partnerschaftliche
­Kontrolle
Aufsichtsamt – das klingt nach Obrigkeit und Strenge. Das im Jahr 2009 gegründete Bundes­
aufsichtsamt für Flugsicherung sieht sich aber in einer anderen Rolle: Es will nicht nur Kontrolleur,
sondern auch Partner der deutschen Flugsicherung sein.
D
as Bundesaufsichtsamt für
Flugsicherung (BAF) wächst.
Die Handwerker waren in
der Robert-Bosch-Straße 28 in Langen: In dem Hochhaus gleich um die
Ecke vom DFS-Campus haben sie
neue Büroräume für neue BAF-Mitarbeiter eingerichtet. Rund 70 Beamte
und Angestellte des Öffentlichen
Dienstes arbeiten zurzeit im BAF.
Doch noch immer sind Stellen unbesetzt. Viele Mitarbeiter waren früher
in anderen Behörden oder ehemaligen Staats­unternehmen tätig – etwa
als ­Ingenieure der Post oder der Telekom. Und natürlich sind auch ehemalige Beamte der DFS darunter.
Das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung versteht sich als etwas
andere Bundesbehörde – da sind sich
alle Referatsleiter einig. Wenn sie ihre
Dienststelle beschreiben, fallen Attribute wie jung, locker, liberal, flexibel und „klein, aber fein“. Eine junge
Behörde ist das BAF auf jeden Fall,
geschaffen im Zuge des Single European Sky. Die EU-Kommission hatte
verordnet, dass die regulativen und
operativen Flugsicherungsdienstleistungen getrennt erbracht werden müssen. Bis dahin war die DFS quasi ihre
eigene Aufsicht gewesen. Das BAF
untersteht der Dienst- und Fachaufsicht des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur. Gegliedert ist es in fünf Referate und zwei
Stabsstellen. Außerdem gibt es das
26
transmission
1 – 2014
Verbindungsbüro Militärische Flug­
sicherung. Die Leitung der Behörde
hat der Jurist Professor Dr. Nikolaus
Herrmann.
Gegründet wurde das BAF 2009.
Da war Bodo Heinzl schon drei Jahre
dabei. Der ehemalige DFS-Mitarbeiter, der auch nach der Organisations­
privatisierung der Flugsicherung
Beamter geblieben war, gehörte von
2006 an zur ersten Abordnung des
LBA, die als Aufbaustab des BAF vorbereitende Arbeiten erledigte. 2007
wurde eine Vorstufe der Behörde eingerichtet, die Nationale Aufsichts­
behörde für Flugsicherung (NSA) hieß
und zum Referat Flugsicherung (LR 23)
des Verkehrsministeriums gehörte.
Heute leitet Bodo Heinzl das Referat Sicherheitsaufsicht Technik (ST).
Es gliedert sich in fünf Bereiche:
Interoperabilität, Flugvermessung,
Musterzulassungen für Sende- und
­Peileranlagen, Frequenzmanagement
sowie Anlagenschutz. Heinzls Referat entscheidet beispielsweise darüber, ob Windkraftanlagen in der Nähe
von Bodennavigationseinrichtungen
gebaut werden dürfen oder nicht.
Grundlage für diese Entscheidungen
sind Empfehlungen des zuständigen
DFS-Bereichs.
Das Frequenzmanagement ist ein
gutes Beispiel dafür, welcher Wandel sich in den vergangenen Jahren
vollzogen hat und wie sich BAF und
DFS ergänzen. Bis zur Trennung von
operativen und regulativen Aufgaben
war das Frequenzmanagement in der
Hand der DFS. Jetzt ist das BAF allein
dafür verantwortlich. „Wir haben dazu
den gesamten Aktenbestand der DFS
übernommen“, sagt Bodo Heinzl.
Eine DFS-Vergangenheit hat auch
Karsten Tilenda. Von 1993 bis 2003
war der Diplom-Kaufmann bei der
deutschen Flugsicherung angestellt.
Nach Zwischenstationen unter anderem im Management der österreichischen Flugsicherung Austro Control kam er zum BAF. Dort leitet der
50-Jährige seit Januar 2012 das BAFReferat Sicherheitsaufsicht Flugsicherungsorganisationen und Flugsicherungspersonal.
Eine der beiden Hauptaufgaben des
Referats Sicherheitsaufsicht ist es,
Flugsicherungsorganisationen zu zertifizieren. „Wir erteilen Flugsicherungszeugnisse“, sagt Tilenda. In Deutschland haben neben der DFS auch die
Tower Company, Austro Control, die
Firma Airbus, der Flughafen Mannheim, BAN2000 sowie das DLR Gesellschaft für Raumfahrtanwendungen
das Recht, Flugsicherungsdienstleistungen zu erbringen. Die DFS erhält
vom BAF eine Art Bündelzeugnis für
mehrere Services – etwa ATS, CNS
und AIS. Das Zeugnis erhält nur, wer
dem BAF nachweisen kann, dass alle
Anforderungen erfüllt sind. Dazu gehören ein Qualitätsmanagementsystem
und ein Risikomanagement. Die Mitarbeiter des Referats überprüfen beispielsweise die Betriebshandbücher,
das Sicherheitsmanagement (Safety
und Security) sowie haftungsrechtliche Verpflichtungen. „Es ist wichtig,
dass wir uns ständig ein Bild von der
Organisation machen“, sagt Tilenda.
Seine Mitarbeiter sind deshalb regelmäßig für Audits und Inspektionen vor
Ort.
Die zweite Hauptaufgabe des
Teams: Es vergibt Lizenzen für Flugsicherungspersonal. „Wir begleiten
unter anderem alle Phasen der Lotsenausbildung, von der Student-Lizenz
bis zum Erlaubnis- und Berechtigungs­
erwerb“, sagt der Referatsleiter. Nach
der Ausbildung überprüft das BAF den
Proficiency-Erhalt der Fluglotsen und
überwacht, ob die Medical Checks
eingehalten werden. Zu den Sonderaufgaben des Referats gehört unter
anderem die Aufsicht über die Aircraft
Proximity Evaluation Group (APEG).
Das Referat Wirtschaftsaufsicht
leitet der Jurist Holger Kowoll. Der
41-Jährige kommt aus der Luftfahrtbranche, war, bevor er vor knapp drei
Jahren zum BAF stieß, Abteilungsleiter
bei der Fluggesellschaft Condor. Bei
der Airline verantwortete er sämtliche
Flughafenverträge sowie Flughafenund Flugsicherungsgebühren. Diese
sind auch jetzt eines seiner Hauptbetätigungsfelder beim BAF.
Das Referat hat die Wirtschaftsaufsicht über die DFS und damit auch
über die Gebühren, die die deutsche
Flugsicherung erhebt. In der Praxis
läuft das so ab: Die DFS teilt dem BAF
mit, welche Kosten sie für die Bereiche An- und Abflug und Strecke ermittelt hat. Das BAF prüft dann, ob diese
Berechnungen plausibel und berechtigt sind. Die DFS ist verpflichtet, die
aktuelle wirtschaftliche Lage vierteljährlich ans BAF zu berichten. Auch
Kowoll betont das kollegiale Verhältnis
zur DFS. „Das BAF mischt sich nicht
grundsätzlich in die Kostenstrukturen
ein; so wollen wir beispielsweise nicht
das Gehaltsgefüge beeinflussen. Wir
treten nur in Aktion, wenn das Kostengefüge insgesamt nicht mehr stimmt.“
Sein Kollege Wolfgang Ruths war
bereits vor seiner Zeit beim BAF mit
dem Arbeiten in einer Behörde vertraut. Der Jurist leitet das Referat
Luftraum, Flugverfahren, Recht. Nach
seinem zweiten Staatsexamen war er
zunächst als Anwalt tätig, dann kam er
als Referent im Bereich Luftverkehrsrecht zum Hessischen Verkehrsministerium. Seit knapp drei Jahren ist der
36-Jährige beim BAF. Das Referat Luftraum, Flugverfahren, Recht verfolgt
alle, die verbotenerweise in Lufträume
eindringen oder von Flugverfahren
abweichen. Außerdem ahnden Ruths
und seine Mitarbeiter Slotverstöße
und unterstützen Staatsanwaltschaften, wenn diese wegen Missachtungen von Flugbeschränkungsgebieten ermitteln. Das Referat erarbeitet
Rechtsverordnungen und genehmigt
die Flugverfahren und Flugrouten.
Der Referatsleiter fasst die Philosophie, die der Behördenleiter Professor Herrmann und seine Beamten vertreten, so zusammen: Nicht ständig
Anweisungen erteilen, sondern behutsam durch Fragen steuern, wenn das
BAF eine andere Sichtweise als die
DFS hat. Aber eines stellt Ruths auch
klar: „Wenn es hart auf hart kommt,
ist das BAF auch in der Lage, Zähne
zu zeigen.“
Sandra Ciupka
Der Leiter des Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung, Professor Dr. Nikolaus
­Herrmann (Bildmitte), mit
den Referatsleitern Bodo
Heinzl, Wolfgang Ruths,
Holger Kowoll und ­Karsten
Tilenda (von links).
Foto: ­Melanie Bauer
transmission
1 – 2014
27
Kollaboration
Sprit sparen im Anflug
Wie können die Airlines ihre Kosten senken? Gemeinsam mit ihren Kunden hat die DFS in der
Arbeitsgruppe „Optimiertes Fliegen“ zahlreiche Maßnahmen erarbeitet. In einem ersten Schritt
wurden nun besonders spritsparende Anflüge erprobt. Mit erstaunlichem Erfolg.
W
ie viel Treibstoff verbraucht
ein Luftfahrzeug? Das
hängt nicht nur vom Flugzeugtyp und den Triebwerken, von der
Beladung oder von den Wetterverhältnissen ab – sondern auch von den Entscheidungen, die jeder Lotse trifft. Sie
haben direkten Einfluss auf die Flugeffizienz: In der Horizontalen helfen
direkte Routen, Umwege zu vermeiden
und Sprit zu sparen. Aber auch das
vertikale Flugprofil ist wichtig: Wenn
es gelingt, das Flugzeug möglichst
lang in der Reiseflughöhe zu halten
und dann nicht mit einem gestuften
Sinkflug, sondern mit einer optimalen Rate kontinuierlich sinken zu lassen, ist der Spritverbrauch besonders
gering. „Continuous Descent Operations“ (CDO) senken den Spritverbrauch und bringen damit auch eine
erhebliche finanzielle Entlastung für
die Airlines.
Das ist die Theorie. Wie groß das
Einsparpotenzial in der Praxis tatsächlich ist, hat die DFS in Kooperation
mit den großen Airlines untersucht. In
den Kontrollzentralen München, Bremen und Langen und Karlsruhe waren
die Lotsen aufgefordert, immer dann,
wenn es die Verkehrslage zulässt,
CDO-Verfahren anzuwenden beziehungsweise den Piloten die Freiheit
zu geben, das Sinkprofil weitestgehend selbst zu bestimmen. Zusätzlich
wurde durch die Niederlassung Karlsruhe mit den Nachbarkontrollzentralen
erreicht, dass die Flüge auch dort länger im Reiseflug bleiben dürfen.
28
transmission
1 – 2014
Der Probebetrieb für drei Flughäfen hat zwischen Mitte Oktober und
Anfang November begonnen. Für den
Flughafen Hannover ist er bereits
abgeschlossen, hier wurde das Verfahren Anfang Februar in den Regelbetrieb übernommen. Für den Frankfurter Flughafen läuft der Test noch,
in München wurde er sukzessive
erweitert. Hier war zu Beginn nur die
A-320-Familie der Deutschen Lufthansa einbezogen, inzwischen wurden
die CDO-Anflüge auf die LufthansaLangstrecke, die Lufthansa-CityLine
sowie Mitte Februar auch auf die
Flotte von Air Berlin ausgedehnt.
Eine erste Auswertung zeigt: Bei
allen drei Flughäfen konnte der Anteil
der CDO-Anflüge auf ausgewählten Routen innerhalb des Probebetriebs deutlich gesteigert werden.
Am Flughafen München machten sie
bei Betriebsrichtung West Ende Februar mehr als 40 Prozent aller Anflüge
aus, bei Betriebsrichtung Ost lag der
CDO-Anteil bei knapp 17 Prozent. Am
Flughafen Hannover wurden zu Spitzenzeiten mehr als 40 Prozent CDOAnflüge gezählt. Am Frankfurter Flughafen wurde bei Anflügen über den bei
Stuttgart gelegenen Wegpunkt NELLI
der CDO-Anteil auf über 20 Prozent
Flugprofile am Flughafen München, Betriebsrichtung West: Beim herkömmlichen
Anflug (Linienbündel rechts) sinkt das Flugzeug in Stufen. Das Linienbündel links
zeigt CDO-Anflüge. Sie sinken erst spät, dann aber kontinuierlich – und damit
­besonders spritsparend.
gesteigert. Auf zwei weiteren Anflugrouten konnten die Lotsen aufgrund
der Luftraumstruktur bereits vor
Beginn des Probebetriebs viele CDOAnflüge ermöglichen: Hier weisen im
Schnitt 43 Prozent aller Anflüge ein
optimiertes Sinkprofil auf.
CDO ist keine neue Erfindung. Zu
verkehrsarmen Zeiten sind die Verfahren bereits etabliert und werden von
den Lotsen nach Möglichkeit angeboten. Bei steigendem Verkehr stoßen
sie jedoch an ihre Grenzen: Müssen
anfliegende Flugzeuge dicht hintereinander gestaffelt oder An- und Abflüge
auf sich kreuzenden Routen koordiniert werden, ist ein kontinuierliches
Sinken in der Regel nicht möglich. Eine
entscheidende Rolle spielt das Wetter, zudem haben die verschiedenen
Flugzeugtypen ganz unterschiedliche
Sinkeigenschaften. Bei einer Freigabe
der Sinkrate wäre nicht mehr gewährleistet, dass an- und abfliegende Flugzeuge ausreichenden Sicherheitsabstand zueinander haben.
Um CDO häufiger anbieten zu
können, wurde daher an der Niederlassung München ein neuer Ansatz
erprobt. Entlang der Anflugrouten
wurden Höhenfenster eingerichtet,
zwischen denen das anfliegende Flugzeug seine Höhe frei wählen kann.
Dem Piloten wird damit nicht nur eine
horizontale, sondern auch eine flexible
vertikale Führung vorgegeben. Will er
aufgrund des Windes, der Beladung
oder des Flugzeugtyps früh mit dem
Sinkflug beginnen, fliegt er eher an
der unteren Begrenzung. Will er dagegen möglichst spät mit dem Sinken
beginnen, fliegt er entlang der oberen
Begrenzung.
Diese laterale Führung macht den
CDO für den Lotsen planbar. Im Probebetrieb zeigte sich: CDOs können auf
diese Weise nicht mehr nur bei niedri-
gem, sondern auch bei mittlerem Verkehrsaufkommen angeboten werden.
Nach den positiven Erfahrungen aus
München hat man die Idee auch für
den Frankfurter Flughafen übernommen: In der Niederlassung Mitte wurden für bestimmte Anflugrouten auf
den Frankfurter Flughafen ebenfalls
Höhenfenster erarbeitet, die nun in
Simulationen erprobt werden.
Ziel des Probebetriebs ist es aber
nicht nur, den Anteil der CDO-Anflüge
zu erhöhen. Gemeinsam mit den Airlines will die DFS zudem untersuchen,
welche konkreten wirtschaftlichen
Vorteile spätes und dann kontinuierliches Sinken bringt. Dazu wertet sie in
Zusammenarbeit mit der TU Dresden
die CDO-Anflüge im Probebetrieb aus
und vergleicht die auf Basis von Flugprofil, Wind, Flugzeugtyp und Konfiguration ermittelten Verbrauchswerte
mit dem Spritverbrauch bei herkömmlichen Anflügen. Ein Abschlussbericht
mit den Ergebnissen soll im Sommer
vorliegen.
Erste Abschätzungen gibt es aber
jetzt schon. Gemeinsam mit der Deutschen Lufthansa wurden mit verschiedenen Flugzeugtypen Anflüge auf den
Flughafen München simuliert. Im Flugsimulator zeigte sich, dass ein A320
durch CDO etwa 40 Kilogramm weniger Sprit verbraucht als bei herkömmlichem Sinkprofil. Bei einer Embraer
190/195 beträgt die Einsparung etwa
50 Kilogramm, auf der Langstrecke
sind es rund 95 Kilogramm. Das
erscheint auf den ersten Blick wenig
– durch die Vielzahl der Flüge kommen
aber stattliche Mengen zusammen.
Lufthansa rechnet damit, allein durch
die Erhöhung des CDO-Anteils in München mit ihrer Flotte knapp 400.000
Euro pro Jahr einsparen zu können.
Christopher Belz
AG „Optimiertes Fliegen“
Wie kann die deutsche Flugsicherung den Fluggesellschaften helfen,
operative Abläufe zu optimieren und
Kosten zu senken? Um diese Fragen
zu diskutieren, hat die DFS im Jahr
2013 die Arbeitsgruppe „Optimiertes Fliegen“ gegründet. Gemeinsam
mit den Fluggesellschaften Air Berlin, Condor, Lufthansa, TUIfly und
Germania und unter Beteiligung des
Bundesverbands der Luftverkehrswirtschaft (BDL) hat die DFS ein
umfangreiches Maßnahmenpaket
zusammengestellt.
Zu den Vorschlägen zählen zahlreiche operative Maßnahmen, mit
deren Umsetzung bereits begonnen wurde – zum Beispiel eine vermehrte zivile Nutzung des militärischen Luftraums westlich von
Frankfurt. Daneben gibt es Verbesserungsvorschläge hinsichtlich
der politisch-regulatorischen Rahmenbedingungen im europäischen
Luftraum, die eher langfristig ausgerichtet sind – zum Beispiel die
Anregung, künftig europaweit die
Satellitennavigation als primäres
Navigationsmittel zu nutzen und terrestrische Navigationsinfrastruktur
auf ein Minimum zu reduzieren.
Am Ende einigten sich die Beteiligten darauf, sich im ersten Schritt
auf eine operative Maßnahme zu
konzentrieren, die für die Kunden
die größten Vorteile verspricht: die
Optimierung der vertikalen Anflugprofile. Ausgangspunkt war dabei
ein Probebetrieb, den Deutsche
Lufthansa und DFS bereits am Flughafen München vereinbart hatten.
In der Arbeitsgruppe „Optimiertes
Fliegen“ wurde daraufhin beschlossen, diesen Probebetrieb auf die
Flughäfen Hannover und Frankfurt
auszudehnen.
transmission
1 – 2014
29
Kollaboration
Die Roll- ­Revolution
Der Bodendienstleister Lufthansa LEOS testet am Flughafen Frankfurt den Prototyp eines Schlepp­
roboters. Der Taxibot zieht die Flugzeuge bis zur Startbahn – und verbraucht dabei viel weniger
Treibstoff als ein Großraumflugzeug. Auch die DFS ist in die Erprobung eingebunden.
N
achts, wenn am Rhein-MainAirport nicht mehr viel los
ist, setzt sich die „Heilige
Kuh“ in Bewegung. Ein hochtechnologisches Schleppfahrzeug fährt dann
von vorne auf sie zu, hebt ihr Bugrad
sanft an und stellt es auf eine drehbare Plattform. Und dann beginnt
die Fahrt über den Rollweg zur Startbahn West und zurück, immer wieder,
bis Piloten, Ingenieure und Techniker
zufrieden sind. Und die „Heilige Kuh“
zurück auf ihren Platz auf dem Werftgelände der Lufthansa kann.
„Heilige Kuh“ ist der Spitzname
einer ausgedienten Boeing 737, die
der Lufthansa Technical Training
GmbH gehört. An ihr werden angehende Fluggerätemechaniker ausgebildet. Sie fliegt längst nicht mehr,
obwohl sie es noch könnte. Und
„Heilige Kuh“ nennen die Mitarbei­
ter sie deshalb, weil sie so funktions­
fähig bleiben soll. Damit die Azubis
von Lufthansa Technik die Boeing als
­bestmögliches Trainingsgerät nutzen
können.
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transmission
1 – 2014
Für das Taxibot-Projekt-Team kam
das Schulungsflugzeug gerade recht.
Projektleiter Bernhard Weiß und Gerhard Baumgarten, Director Marketing
und Sales bei der Lufthansa-TechnikTochter LEOS, brauchen die Boeing für
Testfahrten mit dem neuen Schleppfahrzeug. Drei Taxibots hat Lufthansa
LEOS inzwischen. Die 800-PS-starken
Fahrzeuge mit den vier Zwillingsrädern
sehen herkömmlichen stangenlosen
Flugzeugschleppern ähnlich. Doch in
ihnen steckt viel mehr. „Eigentlich sind
das Roboter“, sagt Baumgarten. Und
daher auch der Name Taxibot – eine
Mischung aus to taxi (Englisch für rollen) und robot, also Roboter.
Die Firma Israel Aerospace Industry
(IAI) liefert die Software und die Technologie der Aufnahmeplattform für
das Taxibot. Die französische Firma
TLD baut die Fahrzeuge. Lufthansa
LEOS ist in dieser Konstellation mehr
als Kunde. „Wir testen die Taxibots
zusammen mit IAI“, sagt Baumgarten.
Wenn Lufthansa LEOS und seine
Partner damit erfolgreich sind, wird
dies das Rollen an den großen Flughäfen mit ihren weiten Rollwegen revolutionieren. Das Taxibot zieht die Flugzeuge bis zur Startbahn. Der große
Vorteil dabei: Der Roboterschlepper
verbraucht für die gleiche Strecke nur
einen Bruchteil des Treibstoffs eines
Großraumflugzeugs.
Weil der Kerosinverbrauch damit
deutlich reduziert werden könnte, liebäugelte die Branche schon seit vielen
Jahren damit, Schlepper auf den Weg
zur Piste zu nutzen. Doch das scheiterte bisher unter anderem daran,
dass die Piloten für das Rollen verantwortlich sind. Und diese Verantwortung kann nicht an einen Schlepper­
fahrer abgegeben werden. Mit dem
Taxibot wird sie das auch nicht. „Die
Piloten akzeptieren den Schlepp­
ro­boter nur, wenn die Handhabung
beim Rollen mit dem Gerät und beim
Rollen mit eigenem Antrieb des Flugzeugs absolut identisch ist“, sagt Projektleiter Bernhard Weiß. Zwar sitzt
aus Sicherheitsgründen auch im Taxibot ein Fahrer, doch der greift nur im
Notfall ein. Seine Aufgabe ist, wie bisher auch, das Aufheben des Bugrads
und der Push-Back des Flugzeugs.
Gesteuert wird das Taxibot vom Piloten, sobald nach dem Andocken vom
Fahrer-Control-Modus auf den PilotControl-Modus umgeschaltet wird.
Das Ganze funktioniert mit Hilfe
einer frei drehbaren Plattform, auf
der das Bugrad des zu schleppenden
Flugzeugs steht. Der Pilot lenkt das
Bugrad wie bisher auch. Lenkimpulse
werden mittels Sensoren von der
Plattform auf den Taxibot übertragen.
Löst der Pilot die Bremse, fährt der
Schlepproboter automatisch an und
beschleunigt bis auf eine Geschwindigkeit von maximal 42 Kilometern
pro Stunde. Wenn der Pilot bremst,
wird dies übertragen. Viele nächtliche
Testfahrten mit der „Heiligen Kuh“
waren nötig, bis die Handhabung so
war, dass die Piloten damit zufrieden
waren. „Die Flugzeugführer tragen die
Verantwortung. Deshalb ist es unabdingbar, dass sie auch mit dem Taxibot das Gefühl haben, sie sind jederzeit Herr der Lage“, sagt Baumgarten.
Sieht aus wie ein Schleppfahrzeug, ist aber viel mehr: der Taxibot bei Testfahrten.
Foto: LEOS
cherweise als das Bremsen des Piloten verstanden würde. Wo genau der
Taxibot sich befindet, ermittelt die
Software per Differential GPS.
Bei der Zulassung des neuen
Geräts spielte nicht nur das „Touch
and Feel“ eine entscheidende Rolle,
sondern auch die Auswirkungen dieser Art des Schleppens auf das Flugzeug. Denn im Gegensatz zum kurzen
Push-Back, wie er sonst praktiziert
wird, oder dem Schleppen eines leeren Flugzeugs wirken bei der Fahrt mit
dem Taxibot über einen längeren Zeitraum höhere Kräfte auf das Bugrad
ein. „Für die Zulassung durch die EuroIm Sommer soll am Rhein-Main-­ päische Agentur für Flugsicherheit
Airport der Probebetrieb mit der EASA mussten wir nachweisen, dass
­Boeing-737-Flotte beginnen. Zunächst wir innerhalb der von den Flugzeug­
ist der Einsatz des Taxibots auf den herstellern definierten BelastungsRollweg vom Lufthansa-Terminal bis limits für das Bugrad liegen“, sagt
zur Startbahn West beschränkt. Damit Weiß.
die Software des Schlepp­
roboters
richtig funktionieren kann, wurde die
In die Vorbereitung für den ProbeHöhe dieses Weges exakt vermes- betrieb des Taxibots ist auch die DFSsen und die Daten in den Computer Niederlassung Tower Frankfurt eingedes Geräts eingespielt. „Das war ein bunden. Die beiden Fluglotsen und
Riesenaufwand“, sagt Projekteiter Referenten im Bereich Operational
­
Weiß. Nötig ist dies, weil jede Ver- Support FRA Jörg Biermann und Frank
änderung im Fahrverhalten von der Jeschke tauschen sich regelmäßig mit
Software richtig interpretiert werden dem Taxibot-Projektteam aus. Wobei
muss. Sonst könnte es beispielsweise die DFS dem Probebetrieb gelassen
sein, dass eine leichte Steigung auf entgegensieht. „Weil der normale Zeitder Rollbahn vom Roboter fälschli- ablauf durch das Taxibot nicht beein-
trächtigt wird, ändert sich durch den
Probebetrieb nicht viel“, sagt Frank
Jeschke. Die Stellen, an denen die
Boeings ihre Triebwerke in der Nähe
der Startbahn anlassen können, wurden so festgelegt, dass sie andere
Flugzeuge nicht behindern. Sie liegen
außerhalb der Zuständigkeit der DFS.
Die Rollgeschwindigkeit des Taxibots
sei zwar niedriger als die eines Flugzeugs, doch dafür sei die Beschleunigung höher, sagt Baumgarten. Die
Durchschnittsgeschwindigkeit bleibe
also annähernd gleich. Fraport hat den
Einsatz einer Taxibot-Flotte in einer
Simulation untersucht. Auch deshalb
gehen alle Beteiligten davon aus, dass
der Probebetrieb reibungslos verlaufen wird.
Der Einsatz eines Taxibots lohnt
sich an den Hub-Flughäfen. Wenn sich
der Schlepproboter bewährt, will Lufthansa LEOS neun Taxibots für Kurzund Mittelstrecken-Jets und vier für
Großraumflugzeuge anschaffen. An
den Flugzeugen sind je nach Muster
keine oder nur geringfügige Modifikationen nötig. Statt bisher nur die
­„Heilige Kuh“ wird also vielleicht bald
auch das Lufthansa-Flaggschiff per
Taxibot rollen: der Airbus A380.
Sandra Ciupka
transmission
1 – 2014
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Kollaboration
„Die Sicherheitskultur ist
entscheidend“
Fluglotsen und Piloten müssen sich aufeinander verlassen können. Doch wie klappt die Zusammenarbeit? transmission hat den Fluglotsen Roman Glöckner und den Verkehrsflugzeugführer
Bernd Wendt befragt.
Herr Glöckner, wann haben Sie sich
zum letzen Mal über einen Piloten so
richtig geärgert?
ROMAN GLÖCKNER: Ich schätze,
das war vor einer Woche. Es kommt
häufiger vor, dass ich mich ärgere,
aber das muss man professionell
wegstecken. Wenn ich einem deutschen Piloten sage, er soll sich ein
bisschen beeilen, setzt er dies auch
meist schnell um. Bei manch anderen internationalen Airlines muss man
öfter und mit mehr Nachdruck darauf hinweisen. Wenn ein Pilot nicht
rasch reagiert, kann es sein, dass
der Plan des Fluglotsen nicht so aufgeht, wie er sich das vorgestellt hat.
Beispielsweise wenn die Piste nicht
schnell genug frei wird. Das ist dann
ärgerlich, aber glück­licherweise gibt
es auch immer Alternativen, die man
dann wählen kann.
Herr Wendt, wie zufrieden sind die
deutschen Piloten denn mit der Arbeit
der deutschen Fluglotsen?
BERND WENDT: Sehr zufrieden.
Wir haben ja eine gute Vergleichsmöglichkeit, weil wir ständig auch im
Ausland fliegen. Wir hier in Deutschland haben einen riesigen Standortvorteil, weil deutsche Fluglotsen konsequent Englisch sprechen. In Ländern
wie Spanien oder Frankreich wird der
Funkverkehr in Englisch und der jeweiligen Landessprache geführt. Das
führt dazu, dass jene, die die Landes­
sprache nicht beherrschen, sich kein
32
transmission
1 – 2014
Wichtige Kooperation: Piloten der Lufthansa beim Notfalltraining JOINT, das zusammen mit DFS-Fluglotsen stattfindet. Foto: Melanie Bauer.
Bild von der Verkehrssituation machen
können.
Unter Sicherheitsaspekten ist das
aber problematisch.
WENDT: Ja. Selbst die französische
Flugunfalluntersuchungsbehörde hat
festgestellt, dass der zweisprachige
Funkverkehr riskant ist. Es hat wegen
dieser Mischung aus Englisch und
Französisch sogar schon eine ­Runway
Collision auf dem Flughafen Paris
Charles De Gaulle gegeben. Damals,
im Jahr 2000, gab es einen Toten.
Eine gute Zusammenarbeit zwischen Cockpit und ATC kann zu mehr
Sicherheit führen?
WENDT: Ja. Mir ist das erst durch
meine Mitarbeit bei Flugunfallunter­
suchungen so richtig bewusst gewor-
den. Nach dem Unfall eines Lufthansa-­
Airbus im Jahr 1993 in Warschau fing
ich an, mich auf diesem Gebiet zu
engagieren. Der tödlich verunglückte
Pilot war ein guter Bekannter von mir.
Bei den Unfalluntersuchungen damals
fiel mir auf: Fluglotsen und Piloten wissen gar nicht so viel über die Arbeit
der anderen.
Aus diesem Grund haben Sie vor
zwölf Jahren zusammen mit dem
damaligen Direktor der Bundesstelle
für Flugunfallunfalluntersuchungen
das Deutsche Flight Safety Forum
­gegründet?
WENDT: Ich fand es einfach ganz
wichtig, dass DFS-Mitarbeiter und
Piloten mehr voneinander erfahren.
Es gab auf beiden Seiten einen Riesenbedarf, sich auszutauschen. Trotz-
dem hat es zehn Jahre gebraucht, bis
wir alle Beteiligten davon überzeugen konnten, dass ein solches Forum
unbedingt notwendig ist. Im Flight
Safety Forum kommen jetzt unter
anderem die Safety-Manager der DFS
und die Safety-Manager der Airlines
zusammen. Auch Vertreter der Bundeswehr, der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchungen, der Bundespolizei und des DLR nehmen daran teil.
Dadurch ist in den vergangenen zehn
Jahren das Verständnis füreinander
deutlich gewachsen.
Fluglotse Roman Glöckner. Foto: H.-J. Koch
Sie, Herr Wendt, halten es für einen
wertvollen Austausch, wenn Piloten
Lotsen in den Kontrollcentern besuchen. Ein offizielles, institutionalisiertes Besuchsprogramm existiert allerdings nicht. Ohne private Initiative
geht es auf beiden Seiten nicht, oder?
GLÖCKNER: Wir in Berlin haben
ein sehr enges Verhältnis zu Piloten
der Bundeswehr. Die Luftwaffe hat in
Schönefeld einen Airbus-A310-Flug­
simulator stehen und lädt die Berliner
Lotsen ebenfalls regelmäßig ein, sich
das Training dort anzusehen.
etwas eingeschlafen. Es mangelt am
Willen und am Geld. Bei den Airlines
ist es so, dass sich alles auf die Reduzierung von Kosten konzentriert. Solche Trainingsmaßnahmen werden da
erst einmal hinten angestellt. Die erste
Frage ist immer: Was kostet das?
Inwiefern ist es für Fluglotsen von
Bedeutung mitzuerleben, wie Piloten
mit Notfällen oder besonderen Situationen umgehen?
Könnte man sagen: Der Sparzwang
gefährdet die Sicherheit?
GLÖCKNER: Fluglotsen, die Notfälle im Flugsimulator noch nie erlebt
haben, haben unter Umständen ­völlig
falsche Vorstellungen davon, wie
sie Piloten unterstützen können. Bei
solchen Trainingseinheiten lernt ein
Lotse zum Beispiel, dass es in Notfällen nicht sinnvoll ist, die Piloten mit
vielen Informationen und Fragen zu
bombardieren. Zurückhaltung ist oft
viel sinnvoller. Die Piloten sind so mit
der Lösung des Problems beschäftigt,
dass häufige Funksprüche eher stören
als nützen.
In Frankfurt gibt es mit dem Projekt
JOINT die Möglichkeit, dass ­Lotsen
und Piloten gemeinsam Notfälle trainieren.
WENDT: Ja. Allerdings ist diese
Kooperation zwischen DFS und Lufthansa in den vergangenen Jahren
WENDT: So weit würde ich nicht
gehen. Die Sicherheit ist dadurch
nicht gefährdet. Aber wir müssen aufpassen, dass es nicht irgendwann mal
soweit kommt.
Wen meinen Sie mit „wir“?
WENDT: Ich meine uns alle. Jeden,
der diesen Beruf mit einem gewissen
Ehrgefühl ausübt. Jeder sollte ständig
überprüfen, ob er noch sicher arbeitet.
Muss man unbedingt mehr Geld ausgeben, um die Sicherheit zu erhöhen?
WENDT: Nein, so einfach ist das
natürlich nicht. Es gibt ja auch keine
Formel im Sinne von, wenn wir eine
bestimmte Summe x ausgeben, verhindern wir dadurch einen Unfall.
Entscheidend ist die Sicherheitskultur, die in einem Unternehmen vorherrscht. Und da vollzieht sich gerade
ein ­Wandel.
Inwiefern?
WENDT: Modernes Sicherheits­
management bedeutet, dass man das
Thema proaktiv statt reaktiv angeht.
Das heißt, man untersucht nicht nur
Unfälle und Vorfälle, sondern versucht sicherheitsrelevante Trends zu
erkennen, bevor überhaupt ein negatives Ereignis passiert ist. Dazu ist es
nötig, so viele sicherheitsrelevante
Daten wie möglich zu sammeln und
auszuwerten.
WENDT: Private Initiative gehört
auf jeden Fall auch dazu. Ich habe
zum Beispiel jetzt eine Zusammenarbeit mit dem Tower München angestoßen. Ich arbeite auch als Trainings­
pilot im Simulator und lade Münchner
Towerlotsen dazu ein, an solchen
Trainingseinheiten als Beobachter
­teilzunehmen.
Die Fragen stellten Christopher
Belz und Sandra Ciupka.
Flugkapitän Bernd Wendt. Foto: H.-J. Koch
transmission
1 – 2014
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DFS intern
DFS beim World ATM Congress
Beim Messeauftritt auf dem World ATM Congress Anfang März in Madrid hat der DFS-Bereich Aeronautical Solutions vielversprechende Geschäftskontakte geknüpft. Unter dem Motto „Consulting.
Training. Systems.“ informierten die DFS-Experten zu Beratungsprojekten, technischen Lösungen
sowie dem DFS-Trainingsportfolio.
Der Messestand der DFS auf dem
World ATM Congress in Madrid, der
Fachmesse der Flugsicherungsbranche, zeigte sich an allen drei Tagen
gut besucht. Blickfang war eine Konsole, die fünf verschiedene Systeme
integriert darstellt. Besucher konnten
sich anhand aufgezeichneter Daten
aus dem Luftraum München die
Luft- und Bodenlage des Multi-Sensor-Data-Fusion-Systems PHOENIX
für Anflug- und Towerkontrolle sowie
die Funktionen des Advanced Arrival
Management System ansehen.
Zur Towerkontrolle passend war
auch das streifenlose Flugplandatenverarbeitungssystem der DFS aufgebaut. Auf der anderen Seite der
Konsole zeigte die DFS zwei Entwick-
lungen aus Kooperationsprojekten:
das mit SITA und Skysoft entwickelte
ATM-System SkyManager und das brasilianische Verkehrsflusssteuerungssystem SkyFlow, das die DFS mit der
Partnerfirma Atech vertreibt.
Vielversprechende neue Kontakte
der DFS kamen aus der wichtigen
Wachstumsregion des Luftverkehrs,
dem Mittleren und Nahen Osten. Zu
den Trainingsangeboten führten die
DFS-Consultants intensive Gespräche
unter anderem mit Delegationen aus
China und der Mongolei. Auch auf dem
afrikanischen Kontinent hat die DFS
eventuell einen neuen Kooperationspartner für Trainings gewonnen. Die
marokkanische Flugsicherung DGAC
signalisierte Interesse, die DFS bei der
Erschließung des afrikanischen Marktes zu unterstützen.
red
Der Messe-Auftritt der DFS in Madrid.
Erfolgreiches Jahr 2013
„Sicherheit, Pünktlichkeit und Wirtschaftlichkeit sind für unser Unternehmen das Pflichtprogramm“,
sagte der Vorsitzende der DFS-Geschäftsführung, Professor Klaus-Dieter Scheurle, im April bei der
Jahrespressekonferenz. Die Kür sei es, die DFS als nationalen und internationalen Technologie­
führer zu positionieren.
Die Kosten der DFS wurden 2013
um 4,6 Prozent gesenkt. Dies sowie
ein gutes Finanzergebnis ermöglichten
einen positiven Jahresüberschuss von
56,8 Millionen Euro (2012: 6,4 Millionen Euro).
Der DFS-Chef stellte die Verkehrs-,
Sicherheits- und Pünktlichkeitszahlen des Jahres 2013 vor. Mit 2,953
34
transmission
1 – 2014
Millionen kontrollierten Flugbewegungen, die einen Rückgang um 1,4 Prozent zum Vorjahr bedeuten, hält die
Stagnation der Verkehrsentwicklung
schon das fünfte Jahr an. Und obwohl
der vergangene Winter sehr mild war,
verzeichnet die DFS für die ersten 13
Wochen dieses Jahres nur ein sehr
geringes Plus von 0,6 Prozent, ver­
glichen mit dem Vorjahreszeitraum.
Bei ihrer Hauptaufgabe, S
­ icherheit
im Luftverkehr zu gewährleisten, kann
die DFS erfreulicherweise das gleiche
hohe Niveau verzeichnen wie bereits
in den vergangenen Jahren: Die unabhängige Expertenkommission APEG
(Aircraft Proximity Evaluation Group)
identifizierte nur zwei Vorfälle der
Kategorie A (unmittelbare Gefährdung), beide ohne Beteiligung der
DFS intern
DFS, sowie drei Vorfälle der Kategorie B (Sicherheit nicht gewährleistet),
davon einer mit Flugsicherungsbeteiligung.
Prof. Klaus-Dieter Scheurle lobte
ausdrücklich die hervorragende
Arbeit seiner Mitarbeiter. Diese zeige
sich auch an einer Verbesserung der
Pünktlichkeitswerte: Fast 98 Prozent
aller durch die DFS überwachten Flüge
im deutschen Luftraum hatten im letzten Jahr keine flugsicherungsbedingten Verspätungen. Dies bedeute eine
zweiprozentige Verbesserung gegenüber dem Vorjahr. Verantwortlich für
diese Verbesserung seien vor allem
Managementmaßnahmen wie beispielsweise die Verbesserung der
Personalsituation in den operativen
Bereichen, in denen es in der Vergangenheit zu Verspätungen kam. Insgesamt verzeichnete die DFS einen leichten Personalrückgang (Ende 2012:
6.103 Mitarbeiter, Ende 2013: 6.046,
aktuell: 5.990).
red
Alter Tower steht als
­Ausweichquartier bereit
transmission
Das Magazin der DFS
Herausgeber:
DFS Deutsche Flugsicherung GmbH
Michael Kraft, Leiter
Unternehmenskommunikation
Redaktion:
Sandra Ciupka (verantwortlich)
Tel.: +49 (0)6103 707-4122
E-Mail: sandra.ciupka@dfs.de
Christopher Belz
Tel.: +49 (0)6103 707-4121
E-Mail: christopher.belz@dfs.de
Der Tower Süd am Flughafen Frankfurt, der seit der Inbetriebnahme der Nord-West-Landebahn nicht mehr genutzt wird, steht
jetzt als Notfall- und Ersatztower zur Verfügung. Die DFS hat ihn
in Zusammenarbeit mit Fraport und dem Deutschen Wetterdienst
entsprechend umgerüstet.
Die DFS hat den alten Tower Süd in
­Frankfurt zum Notfall- und Ersatztower
umgerüstet.
Impressum
Der alte Tower des Rhein-Main-­
Airports ist damit Contingency- und
Continuity-Tower der DFS. Das heißt, in
einem Notfall – beispielsweise einem
Brand – kann von dort aus der Verkehr weiter kontrolliert werden. Contingency bedeutet, dass er innerhalb
einer Stunde in Betrieb genommen
werden kann bei einem Kurzzeitausfall des eigentlichen Towers von bis zu
48 Stunden. Die Towerlotsen würden
von dort aus 20 bis 40 Flugbewegungen pro Stunde abwickeln. Continuity
steht dafür, dass der alte Tower auch
bei einem Langzeitausfall des neuen
Towers zur Verfügung stünde. In diesem Fall könnten von dort stündlich
bis zu 85 Flugbewegungen kontrolliert
werden.
Holger Matthies
Tel.: +49 (0)6103 707-4124
E-Mail: holger.matthies@dfs.de
Rüdiger Mandry (­Schlussredaktion)
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E-Mail: ruediger.mandry@dfs.de
Layout und Umsetzung:
bsmediengestaltung, Egelsbach
www.bsmediengestaltung.de
Titelbild
Idee und Umsetzung –
bsmediengestaltung
Bildnachweis
bsmediengestaltung S. 11
Shutterstock.com S. 24
Anschrift der Redaktion:
DFS Deutsche Flugsicherung GmbH
Redaktion ­transmission
Am DFS-Campus 10
63225 Langen
E-Mail: transmission@dfs.de
Nachdruck nur mit Genehmigung.
red
transmission
1 – 2014
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Ready for departure:
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Von nord nach Süd, oSt nach WeSt oder
in die nachbarländer.
Motorflugkarten im Überblick:
- ICAO-Karte 1:500.000 Deutschland
- ICAO-Karte 1:250.000 Rhein-Ruhr
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Poland NW + W und Czech Republic
Segelflugkarten im Überblick:
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- ICAO-Segelflugkarte 1:250.000 Rhein-Ruhr
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www.eisenschmidt.aero
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