Fjodor, Hund und Kater - Theater an der Parkaue
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Fjodor, Hund und Kater - Theater an der Parkaue
Deutschsprachige Erstaufführung Fjodor, Hund und Kater Eduard Uspenski in einer Fassung von Thomas Fiedler aus dem Russischen von Irina Abelmann und Jeanette Poche 6 + B E G L E I T M AT E R I A L Z U M S T Ü C K Fjodor, Hund und Kater Es spielen: Anton Berman Dohle / Kalb Jakob Kraze Vater Caroline Erdmann Mutter / Kuh Helmut Geffke Postbote Öfchen Konstantin Bez Fjodor Denis Pöpping Hund Andrej von Sallwitz Kater Elvira Schuster Friseurin / Einheimische Regie: Thomas Fiedler Bühne + Kostüme: José Luna Zankoff Komposition + Musik: Anton Berman Dramaturgie: Eva-Maria Reimer Theaterpädagogik: Irina-Simona Barca / Frank Röpke Licht: Christian Rösler Ton + Video: Sebastian Köster / Jörg Wartenberg Regieassistenz: Laura Kallenbach, Sarah Wagner Inspizienz: Anne Richter Soufflage: Jutta Rutz Technischer Direktor: Eddi Damer Bühnenmeister: Ralf Hinz Maske: Karla Steudel Requisite: Wolfgang Jentsch Ankleiderei: Sabine Hannemann, Ute Seyer Bühnenbildassistenz: Alberto Franco Flores Kostümassistenz: Nora Ludwig Regiehospitanz: Anita Vlad, Daniel Wiggers Herstellung der Dekoration Silke Oleinik, Onika Lemke Herstellung der Kostüme durch die Firma Gewänder / Maren Fink-Wegner Foto- und Videoaufnahmen während der Vorstellung sind nicht gestattet. Premiere: 14. Oktober 2012 Bühne 1 ca. 75 Minuten Premierenklassen: FLEX-Klasse der Grundschule an der Marie sowie JÜL-Klasse der Wilhelm-von-HumboldtGemeinschaftsschule, beide Berlin-Prenzlauer Berg 2 Fjodor, Hund und Kater Inhalt Einleitung 4 Eduard Uspenski 5 Leben 5 Literarisches Schaffen 7 Aus einem Kinderbuch wird ein Bühnenstück Kinder und Erziehung 8 12 Fjodor und die Kinder aus Bullerbü 13 Kinder lenken Eltern 14 Streben nach Autonomie und Freundschaft 15 Ausreißer-Kinder und verlassene Eltern 16 Wohngemeinschaft und Musik-Band 19 Partizipation in einer Gemeinschaft 19 Anarchie als Ordnungsbegriff 20 Musik-Band 20 Anregungen für Ihren Unterricht 22 Vorbereitung auf den Inszenierungsbesuch 22 Nachbereitung 25 Anhang 27 Textauszug 27 Literaturverzeichnis 31 Hinweise für den Theaterbesuch 32 Impressum 33 3 Fjodor, Hund und Kater Einleitung Eduard Uspenski ist ein russischer Janosch. Die Kinderbücher des Kultautors sind in mehr als 25 Sprachen übersetzt, und das Kinderbuch „Onkel Fjodor, der Hund und der Kater“ kennt in Russland jedes Kind. Fjodor ist ein aufgeweckter Junge und er liebt Tiere – im Gegensatz zu seiner Mutter. Als er eines Tages den sprechenden Kater Matrose mit nach Hause bringt, stellt ihn seine Mutter vor die Wahl: „Entweder der Kater oder ich!“ Da packt Fjodor kurzerhand seine Sachen und zieht mit dem Kater aufs Land. Dort treffen sie Hund Scharik und Dohle Schnäppchen und gründen zusammen eine selbstständige Wohngemeinschaft. Sie finden einen echten Schatz, erwerben die gefräßige Kuh Murka, überlisten den misstrauischen Postboten Öfchen, testen den mit neuartigem Bio-Antrieb laufenden Traktor „Tratra Mischla“, formieren sich zu einer MusikBand und erleben viele spannende Abenteuer. Trotz des gelegentlichen Durcheinanders, lernt die ungewöhnliche Gemeinschaft ganz nebenbei, zu teilen, sich zu helfen und füreinander da zu sein. Für die Inszenierung und den Probenprozess waren folgende Themen spannend: Autonomie von Kindern, Erziehung von Kindern, Kinder, die ausreißen und verlassene Eltern sowie Anarchie, Chaos und das Zusammenwirken von Musikern in einer Band. Das vorliegende Begleitmaterial zur Inszenierung „Fjodor Hund und Kater“ richtet sich an Lehrerinnen und Lehrer, die mit ihren Schülerinnen und Schülern eine Vorstellung besuchen und diese vor- oder nachbereiten möchten. In den folgenden Kapiteln werden zunächst Eduard Uspenski, sein Leben und sein literarisches Schaffen vorgestellt. Anschließend wird aufgezeigt, wie aus dem Kinderbuch „Onkel Fjodor, der Hund und der Kater“ das Bühnenstück wurde. Zudem finden Sie in diesem Begleitmaterial eine Einführung in den kollektiven Produktionsabläufe bei Musikbands. In dem gesonderten Kapitel „Anregungen für den Unterricht“, werden Übungen zur Vor- und Nachbereitung des Theaterbesuchs vorgestellt, und im Anhang finden Sie einen Auszug aus dem Kinderbuch. Bei Fragen zum theaterpädagogischen Begleitmaterial oder zur Inszenierung wie auch bei Kritik und Anregungen, können Sie sich gerne telefonisch oder per E-Mail mit mir in Verbindung setzen. Wir wünschen Ihnen und Ihren Schülerinnen und Schülern ein wunderbares Theatererlebnis. Kontakt Theaterpädagogik: Irina-Simona Barca und Frank Röpke tp@parkaue.de 030 – 55 77 52 -60 4 Fjodor, Hund und Kater Eduard Uspenski Eduard Uspenski (2006) bei der Präsentation der Figur Tscheburaschka Leben Eduard Uspenski wurde am 22. Dezember 1937 in der Nähe von Moskau geboren. Mit 10 Jahren verstarb sein Vater und er wuchs nun in ärmlichen Verhältnissen auf. So wie seine Figur Onkel Fjodor, musste Eduard Uspenski schon früh Verantwortung übernehmen. Während seiner Schulzeit war er ein guter Schüler, bester Mathematiker seines Stadtbezirks und Gewinner von einigen Mathematik-Olympiaden. Daher beschloss er, nach seinem Abitur ein Ingenieurstudium am Staatlichen Luftfahrtinstitut von Moskau aufzunehmen. Nach dem Studium, arbeitete Eduard Uspenski zunächst drei Jahre in einem Gerätebaubetrieb, bevor er sich ganz dem literarischen Schaffen widmete. 1966 erreichte Eduard Uspenski internationale Bekanntheit mit seinem Kinderbuch „Krokodil Gena und seine Freunde“. Einer dieser Freunde ist Tscheburaschka, das künftige Maskottchen der olympischen Winterspiele 2014 im russischen Sotschi. Vielleicht kennen Sie, das Geburtstagslied von Tscheburaschka, das von Wladimir Schainksi komponiert wurde? Unter diesem Link kann man reinhören: www. youtube.com/watch?v=g9Luro0MOoA. 5 Fjodor, Hund und Kater Auf den Erfolg von „Krokodil Gena“ folgten vier weitere Kinderbücher und Zeichentrickverfilmungen von dem Krokodil und seinen Freunden, die in 25 Sprachen übersetzt wurden. In Schweden entstand ein Comic-Magazin mit dem Titel „Ghena and Drutten“. In den 1980er Jahren folgte auf die Tscheburaschka-Zeichentrickfilme eine neue Reihe für Kinder mit dem Titel „Prostokwaschino-Trilogie“. Prostokwaschino bedeutet Kleinsauermilch. Kleinsauermilch ist das Dorf, in dem Fjodor zusammen mit Kater Matrose und Hund Scharik wohnt. Diese Trilogie beinhaltet auch die Geschichte von „Onkel Fjodor, der Hund und der Kater“ und ist neben „Krokodil Gena“ eines der bekanntesten Werke von Uspenski. Seine Arbeiten sind in Russland jedem bekannt und in Finnland, Schweden oder auch Bulgarien ist in fast jedem Kinderbuchregal die Geschichte von „Onkel Fjodor, der Hund und der Kater“ zu finden. In der DDR wurde die Geschichte 1989 im Kinderbuchverlag Berlin verlegt, seit 2004 ist sie in neuer Übersetzung im Leipziger Kinderbuchverlag leiv zu erhalten. Eduard Uspenski lebt in Moskau und ist zum dritten Mal verheiratet. Aus seinen Ehen sind zahlreiche Kinder und Enkelkinder hervorgegangen, die er auch noch heute mit seinen Geschichten begeistert. Er ist Vorstandmitglied der putinkritischen Partei Gerechte Sache (bis 2008: Bürgerkraft) und betreibt seinen eigenen Buchverlag. Bild aus dem Zeichentrickfilm „Трое из Простоквашино“ (Die drei aus Prostokwaschino), 1978, Regie: Wladimir Popow, Buch: Eduard Uspenski 6 Fjodor, Hund und Kater Literarisches Schaffen Eigentlich wollte Eduard Uspenski nie Autor werden. Doch während seiner Urlaube auf der Krim oder am Wolga-Ufer waren, wie er in einem Interview berichtete, immer viele Kinder um ihn herum, denen er zahlreiche Geschichten erzählte (Radio „Stimme Russlands“). Ausgehend von diesen Erfahrungen und Impulsen hat Uspenski bis heute eine Vielzahl von Kinderbüchern, Hörspielen, Kindergedichte und Kindertheaterstücke geschrieben. Seine schriftstellerischen Anfänge realisierte er jedoch mit Glossen und satirischen Aufsätzen, die in Zeitungen und Magazinen erschienen. Diese wurden durch die russischen Zensurbehörden jedoch schnell unterbunden. Mit dem Verfassen von Kinderbüchern konnte er die Zensur nicht gänzlich umgehen, aber er fand immer wieder Wege und Mittel, um weiter arbeiten zu können: „Wollte man meine Bücher nicht verlegen, dann schrieb ich Stücke fürs Puppentheater, wurden die Aufführungen verboten, dann arbeitete ich beim Rundfunk, konzipierte Sendungen für Kinder. Wurde ich von dem Rundfunk ausgeschlossen, dann schrieb ich für Kinderzeitschriften. Ich trat viel in Schulen und Bibliotheken auf (ich mußte doch überleben!) und reiste im Lande herum“ (Radio „Stimme Russlands“). (Fjodor 1 1231) Szenenfoto mit Florian Pabst, Denis Pöpping und Elvira Schuster 7 Fjodor, Hund und Kater Aus einem Kinderbuch wird ein Bühnenstück Wenn ein Kinderbuch zu einem Bühnenstück wird, finden verschiedene Übersetzungsprozesse statt: Das Bühnenbild überträgt die Schauplätze der Geschichte in einen Spielort, Bilder und Worte werden von Kostümbildnern in Material und Stoff übersetzt, welche die Schauspieler auf der Bühne kleiden, der Text des Buches wird in Dialoge oder Erzählpassagen, Musik und Bewegungen umgewandelt und das Lichtkonzept bestimmt, wie das Stück auf der Bühne in ein bestimmtes Licht „getaucht“ wird. Die Fragen, die sich bei diesen Übersetzungsprozessen stellen, sind: Was ist wichtig für die Geschichte? Welche Themen und Kontexte werden angeschnitten und müssen näher beleuchtet werden? Was treibt die Handlung voran und muss unbedingt erzählt werden? Wie muss was erzählt werden? Und wie muss es auf der Bühne in ein Bühnenbild, in den Kostüme und in eine Spiel- und Sprechweise umgesetzt werden? Diese und viele weitere Fragen sind während des Prozesses wichtig und bilden das heraus, was Lesart bzw. Interpretation genannt wird. Daraus wird in Kombination der verschiedenen Theatermittel – Bühne und Raum, Kostüm, Sprache, Bewegung, Musik, Requisiten und Licht – und durch das Arrangieren (in Szene setzen) dieser Mittel das Bühnenstück. Nach ersten Gesprächen mit dem Regisseur Thomas Fiedler und dem Kostüm- und Bühnenbildner José Luna Zankoff, stellte sich für Inszenierung von „Fjodor Hund und Kater“ heraus, dass die Kostüme durch eine assoziative Arbeitsweise mit direkt und indirekt genutzten Tiereigenschaften entstehen werden. Es wurden russische, folkloristische Elemente aufgegriffen, wie sie auch in den Trickfilmen der „Prostokwaschino Trilogie“ zu finden sind. Die folgenden Skizzen zeigen erste Kostümentwürfe, wie sie zu Beginn der Arbeit entstanden sind. Fjodor Hund Scharik als Pudel Kater Matrose Dohle Schnäppchen 8 Fjodor, Hund und Kater Postbote Öfchen Einheimische aus dem Dorf Kuh Murka Die Bühne besteht aus vielen Versatzstücken, die variabel zusammengesetzt und verschoben werden können. Es gibt einen ornamentalen Wald, der vom russischen Konstruktivismus inspiriert ist und dadurch z.B. unterschiedliche Jahreszeiten widerspiegeln kann. Das Bühnenbild ist unter anderem durch eine Ausstellung auf dem Tempelhofer Flughafengelände angeregt worden, bei der Stadtmüll gekonnt installiert neue Räume eröffnete. Daher besteht das Bühnenbild hauptsächlich aus gefundenem Material von Berliner Flohmärkten und gefundenen Objekten, die eine eigene Welt schaffen, die an Baumhäuser und Höhlen erinnert. Dieses Bühnenbild wurde so entworfen und konstruiert, dass die Drehscheibe der Bühne 1 genutzt und unterschiedlichste Situationen und Spielorte geschaffenen werden können, wie man auf den Bildern des Bühnenbildentwurfes sehen kann: 9 Fjodor, Hund und Kater Um die Wohnung der Eltern und Fjodor zu zeigen, wurde eine Klappe, die in den Orchestergraben und unter die Bühne führt, so gestaltet, dass das Zimmer je nach Szene auf- oder zugeklappt werden kann. 10 Fjodor, Hund und Kater Fjodor führt als Erzähler durch die gesamte Geschichte. Anhand seiner Erzählungen werden Szenen eingeleitet oder abgeschlossen, er führt in Innen- oder Außenräume der Handlung ein z.B.: die Begegnung mit dem Kater im Treppenhaus zu Beginn der Geschichte, die Reise im Bus, die Ankunft im Dorf, das Haus, der Besuch beim Frisör oder die Wohnung der Eltern. Auch beim Konflikt mit seinen Eltern, steht Fjodor als Kind mit eigenen Bedürfnissen und Wünschen im Mittelpunkt, die er direkt an das Publikum richtet. In diesem Zusammenhang können Erziehung und Erziehungsvorstellungen noch einmal aus einer ganz anderen Sichtweise, nämlich aus Sicht von Kindern betrachtet werden. In folgenden Kapiteln soll daher ein Blick auf Erziehung und Selbstbestimmung von Kindern gerichtet werden. Doch auch Eltern, die von ihren Kindern verlassen wurden und eine, erstmals 2006 in Deutschland durchgeführte, Studie sollen näher betrachtet werden, um neben der Anerkennung der Autonomie von Kindern auch Eltern und ihre Bedürfnisse, Ängste und Wünsche vorzustellen. 11 Fjodor, Hund und Kater Kinder und Erziehung Dieser Abschnitt beschäftigt sich mit dem Themenbereich des Kindesalters, mit Aspekten der Kindererziehung und vor allem mit der Suche nach Selbstbestimmung. Diese Themen waren wichtig für die Auseinandersetzung mit der Literaturvorlage und ihrer Übersetzung für die Bühne. Die Hauptfigur des Theaterstücks Onkel Fjodor konnte mit vier Jahren schon lesen und mit sechs Jahren alleine Suppe kochen. Er wurde von seinen Eltern schon früh zur Selbstständigkeit erzogen. Mama Rimma und Papa Dima schätzen diese Fähigkeit hoch ein. Doch seine Selbstständigkeit spiegelt sich auch im Sinne seiner Vorstellung von einem harmonischen Zusammenleben wider. Dies wird erkennbar, wenn er sich entschiedet, fortzugehen. Auch im Zusammenleben mit dem Kater Matrose und dem Hund Scharik im Dorf Kleinsauermilch lässt sich diese Selbstständigkeit wiederfinden. Szenenfoto mit Denis Pöpping, Andrej von Sallwitz, Florian Pabst und Anton Berman 12 Fjodor, Hund und Kater Fjodor und die Kinder aus Bullerbü Fjodor ist eine von vielen Figuren in der Kinderbuchliteratur, die selbstständig Entscheidungen trifft und in einer Gemeinschaft „auf Augenhöhe“ lebt. Auch in den bekannten Büchern „Die Kinder von Bullerbü“ von Astrid Lindgren sind die Kinder eigenverantwortlich und selbstständig. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesen eigenständigen Kindern von Bullerbü von Isabel Köller in „Bullerbü ist überall. Das Geheimnis von Kinderglück und stressfreiem Familienleben“ lieferte spannende Impulse für unsere Arbeit mit Fjodor. So schreibt Isabel Köller z.B.: „Egal, ob in der Krachmacherstraße oder auf Saltkrokan, überall gibt es selbstständige und freie Kinder auf der einen und verständnisvolle Eltern auf der anderen Seite. […] Doch wenn man genau hinschaut, zeichnet die Eltern von Bullerbü wohl am allermeisten aus, dass sie so wenig Einfluss auf das Leben der Kinder nehmen. Eltern-Sein in Bullerbü bedeutet, so gut wie gar nicht in Erscheinung zu treten und eine Nebenrolle einzunehmen. Die Hauptrollen in diesem schwedischen Dorfleben sind mit den Kindern besetzt. Doch nicht nur aus Astrid Lindgrens Büchern kennen wir die glücklichen Kinder.“ (Köller, 2008) Diese Aussage von Isabel Köller trifft auch auf „Onkel Fjodor, der Hund und der Kater“ zu. Im Mittelpunkt der Handlung steht das Zusammenwohnen der drei Protagonisten im Dorf Kleinsauermilch und wie sie sich dieses gemeinsame WG-Leben gestalten. Im Gegensatz zu den Eltern aus Bullerbü, lässt Uspenski Mama Rimma und Papa Dima aktiv werden. Ihr Eltern-Sein und ihre Sorgen bestimmen die Handlung mit. Fjodors Eltern sind auf den ersten Blick keine Ideal-Eltern. Vor allem wird die Mutter negativ gezeichnet, wenn sie am Anfang von Fjodor verlangt, dass er sich entweder für den Kater oder für die Eltern entscheidet: „Und du, Onkel Fjodor, für wen entscheidest du dich?“ fragte die Mutter. „Für keinen“, antwortete der Junge. „Wenn ihr allerdings den Kater wegjagt, gehe ich auch.“ „Ganz wie du willst, Hauptsache, der Kater ist morgen verschwunden.“ (Uspenski, 1989) Dieser Konflikt ist Anlass für Fjodors Weggang. Den Lernprozess, den Fjodor durch sein Ausreißen erfährt, erleben auch seine Eltern. Sie sehen ein, dass ein Kind nicht nur ruhig in der Ecke sitzen und spielen kann, sondern auch Freunde braucht und eigenständige Entscheidungen fällt, mit denen sogar ein Auszug aus der Elternwohnung verbunden ist. Fjodor kann in diesem Zusammenhang gewissermaßen als ein Bullerbü-Kind beschrieben werden, „mit hohem Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl. Es hat gelernt, seine Bedürfnisse und die der anderen zu achten. Es ist frei von Angst, frei von Schuldgefühlen und lässt sich nicht in Stresssituationen drängen. Es steht Unbekanntem aufgeschlossen gegenüber, und es gelingt ihm, aus Niederlagen zu lernen. Es vermag Entscheidungen aktiv zu treffen, da es selbstbestimmt lebt. Es ist konfliktfähig und besitzt eine Disziplin, die tief aus seinem Inneren kommt. Ein Bullerbü-Kind weiß, warum es lebt, welchen Sinn das Leben hat und welche Ziele es für sich verfolgt. Dennoch lebt ein solches Kind im Hier und Jetzt und kann das Leben in seiner Ganzheit genießen. Es hat gelernt, seine Fähigkeiten voll auszuschöpfen. Einem Bullerbü-Kind ist klar, dass Leben nicht Schicksal bedeutet, sondern dass es selbst für sein Glück verantwortlich ist.“ (Köller, 2008) Fjodor wird mit seiner Entscheidung selbstständig und macht sich auf eine Entwicklungsreise, die als eine Heldenreise beschrieben werden kann. Fjodor ist verantwortungsbewusst und achtet nicht nur auf seine Bedürfnisse, indem er fortzieht um mit dem Kater Matrose 13 Fjodor, Hund und Kater zu leben, sondern auch auf die der Eltern. Als er geht, hinterlegt er seinen Eltern einen Abschiedsbrief und nach seiner Ankunft im Dorf, sendet er seinen Eltern ein Lebenszeichen. Ohne Angst ziehen er, Kater Matrose und Hund Scharik in ein verlassenes Haus ein. Fjodor beweist Mut, indem er sich dem Briefträger Öfchen entgegen stellt. Er regelt entstehende Konflikte innerhalb der Wohngemeinschaft und genießt das Leben im Dorf Kleinsauermilch in vollen Zügen. Er nimmt sein Glück selbst in die Hand und startet ein gemeinsames Leben mit Tieren. Dennoch ist Fjodor ein kleiner Junge von wahrscheinlich nicht einmal sechs Jahren, der bald in die Schule kommt und trotz seines selbstständigen, durchdachten Handelns Mutter und Vater braucht. Wie sehr er sie braucht, wird ihm und seinen Eltern zum Ende des Stückes gänzlich bewusst, als er erkrankt. Genauso wie er erkennt, dass er wie jedes Kind seine Eltern braucht und ihre Pflege, um wieder gesund zu werden, genauso erkennen die Eltern, dass ihr Kind sie, aber auch seine Freunde und Tiere zum Glücklichsein braucht. Szenenfoto mit Denis Pöpping, Lutz Dechant, Andrej von Sallwitz, Danielle Schneider und Florian Pabst Kinder lenken Eltern Fjodor zeigt seinen Eltern mit seinem Weggehen, dass er eigene Bedürfnisse hat, Verantwortung übernehmen und selbstständig handeln kann. Der Entwicklungspsychologe Urs Fuhrer schreibt dazu: „Kinder gelten längst nicht mehr als passive Adressaten von Erziehung. Sie lenken auch ihre Eltern. [...] Versuchen Eltern, den Machtkampf zu gewinnen, um das Kind wieder zu beherrschen, kann der Konflikt eskalieren oder aber die hilflosen Eltern geben dem 14 Fjodor, Hund und Kater Kind in allem nach, um es nicht weiter zu provozieren.“ (Fuhrer, 2007) Mama Rimma stellt Fjodor vor die Wahl, entweder die Eltern oder der Kater. In diesem Moment gibt die Mutter unbedacht ihre Erziehungsverantwortung aus der Hand, da Fjodor die Entscheidung zu treffen hat. Er übernimmt das Kommando und entscheidet sich zu gehen. Nach einer kurzen Phase der Hilflosigkeit und Schuldzuweisung der Eltern untereinander, ergreifen sie wieder die Verantwortung und entwerfen gezielte, strukturelle Pläne, um ihren Sohn wiederzufinden. Als sie Fjodor aus dem Dorf Kleinsauermilch abholen, erlangen sie ihre Verantwortung für die Erziehung zurück. Streben nach Autonomie und Freundschaft „Eine behütete Kindheit ist zwar etwas Wunderbares. Doch Eltern, die ängstlich und übervorsichtig sind und ihre Kinder in Watte packen, stecken die Grenzen so eng, dass ihr Nachwuchs bewusst klein, abhängig und unselbstständig gehalten wird. Mütter und Väter, die in der Weise ihre Kinder wie eifrige Glucken ständig überwachen, verhindern, dass Kinder ihre persönlichen Grenzen austesten, ihre ganz eigenen Erfahrungen machen und aus ihnen lernen können. [...] Die Zukunft verlangt jedoch von Kindern, dass sie in der Lage sind, ihren Lebensweg in einer neuartigen, sich permanent verändernden und unvorhersehbaren Lebenswelt zu finden. [...] Selbstvertrauen, Selbstsicherheit, Selbstverantwortlichkeit und Selbstachtung bilden das Rückgrat eines jeden Menschen.“ (Fuhrer, 2007) Fjodors Mutter wird von dem Vater als überbehütend bezeichnet, die mit ihrem Kind lieber Kastanienmännchen bastelt und ein Zierpüppchen aus ihm macht, als ihn z. B. toben zu lassen. Beide Erziehungsstile der Eltern scheinen Fjodors Entwicklung adäquat zu stützen und seine Selbstermächtigung positiv zu verstärken. Dem Streben nach Autonomie schließt sich unweigerlich der Prozess der Ablösung eines Kindes von den Eltern an. Dieser Prozess erfolgt in einzelnen Entwicklungsschritten. Für Eltern und Kinder stellt jeder der Entwicklungsschritte immer wieder ein Auspendeln und Austarieren dar, inwieweit sie sich aufeinander einspielen und in der „Erziehung die richtige Mitte finden zwischen einem übertriebenen Festhalten und einem abrupten Ausstoßen.“ (Fuhrer, 2007) Fjodor soll nicht zu früh sich selbst überlassen sein, Mama Rimma und Papa Dima wissen aber auch, dass sie ihren Sohn nicht übertrieben festhalten und einschränken dürfen. Aus diesem Grund gibt Mama Rimma zum Ende der Geschichte dem Wunsch Fjodors nach und bietet den Tieren einen Aufenthalt bei ihnen zu Hause an. Da Hund Scharik und Kater Matrose lieber im Dorf bleiben wollen, wird Fjodor in Zukunft seine Freunde in den Ferien besuchen. Freunde und soziale Kontakte sind für jeden von uns wichtig. Das erfahren auch Mama Rimma, Papa Dimma und Fjodor in ihrer Geschichte. Hund Scharik und Kater Matrose sind für Fjodor die Freunde, die er sich wünscht und braucht, weil Freunde und soziale Kontakte wichtig für das soziale Leben, die Gemeinschaft und die Gesellschaft sind. (Fuhrer, 2007) 15 Fjodor, Hund und Kater Szenenfoto mit Anton Berman, Denis Pöpping, Florian Pabst und Andrej von Sallwitz Ausreißer-Kinder und verlassene Eltern Onkel Fjodor zieht in die Ferne und verabschiedet sich von seinen Eltern mit einem Brief. Die folgenschweren Vorgänge, wenn ein Kind die Taschen packt und hinaus in die Welt zieht, haben über Generationen hinweg nicht an Aktualität verloren. Schon im Lukas-Evangelium wird von einem Sohn berichtet, der seinen Vater mit Forderungen konfrontiert, um dann für längere Zeit in die Fremde zu gehen. Die Autobiographie „Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ und auch das Kinderbuch „Onkel Fjodor, der Hund und der Kater“, behandeln die Thematik des weggelaufenen Kindes. Es gibt zahlreiche Berichte, Statistiken, Fachliteratur zu diesem Themenbereich, allerdings nur wenig Material über die Situation der verlassenen Eltern. Im Folgenden wird versucht, einen Einblick in beide Kontexte, der Ausreißer-Kinder und der verlassenen Eltern, zu geben. Warum reißen Kinder aus? Uta Bäse, Kinder- und Jugendpsychotherapeutin und selbst eine verlassene Mutter, hat in ihrer Pilotstudie, „Verlassene Eltern – Wenn das Kind zum Trebegänger geworden ist“ (2006) folgende Ursachen ermittelt: „Kinder, die ihr Zuhause verlassen, kommen überwiegend aus einem schwierigen familiären Umfeld. Das hat aber nicht generell etwas mit der Zuordnung zu einer der sozialen Schichten 16 Fjodor, Hund und Kater zu tun. […] Es wird davon ausgegangen, dass es im Wesentlichen ein auslösendes Ereignis gegeben hat, das anschließend beim Kind den Entschluss reifen ließ, die eigene Familie zu verlassen.“ (Bäse, 2006) Auch Onkel Fjodor entscheidet sich für eine „Familienflucht, [die als] Druckmittel benutzt wird, um Veränderungen herbeizuführen.“ (Bäse, 2006) Die Tierliebe von Fjodor und sein Wunsch, ein Haustier zu haben sind so stark, dass er die tiefgreifende Entscheidung trifft, das Elternhaus mit dem Kater zu verlassen. Er sehnt sich nach einem Spielkameraden und wünscht sich Verantwortung und Autonomie. Wie reagieren Eltern auf so eine Veränderung in ihrem Leben, wenn die eigenen Kinder das Elternhaus verlassen? Die Uta Bäse schreibt in der bundesweit erstmalig durchgeführten Befragung von betroffenen Eltern aus dem Jahr 2006, dass Eltern zu allererst bei sich die Schuld und Ursache suchen und sich die Frage stellen, was sie falsch gemacht haben könnten. Ob sie darauf eine Antwort finden, bzw. sich ihre Fehler eingestehen, ist oftmals fraglich. Zudem reagieren viele Eltern hilflos und sind überfordert. Auch Fjodors Eltern verhandeln die Schuldfrage durch die Diskussion um ihre Erziehungsmethoden. Sie wirken in dieser Szene sehr hilflos. Doch sie resignieren nicht, sondern beginnen zu handeln. Sie suchen Unterstützung bei der Zeitung und schreiben alle Postboten aus den 22 Dörfern mit dem Namen Kleinsauermilch an, da sie im Laufe der Geschichte erfahren, dass ihr Sohn Fjodor sich in einem dieser Dörfer aufhält. Die Inszenierung der Geschichte von Fjodor, Hund und Kater, Mama Rimma und Papa Dima, kann in diesem Zusammenhang als ein möglicher Weg betrachtet werden, wie Eltern und Kinder einander loslassen und wieder zueinander finden können. 17 Fjodor, Hund und Kater Szenenfoto mit Lutz Dechant und Danielle Schneider 18 Fjodor, Hund und Kater Wohngemeinschaft und Musik-Band Partizipation in einer Gemeinschaft Onkel Fjodor, Hund Scharik und Kater Matrose haben eine Wohngemeinschaft mit quasi urdemokratischen Werten gegründet. Auch in heutigen Zeiten fordern Kinder und Jugendliche vermehrt Partizipation an gesellschaftlichen Vorgängen. Sie haben ein Anrecht, so wie ein jeder von uns auf die grundlegenden Menschenrechte, auf gesellschaftliche Mitgestaltung und Einbeziehung. Der Wunsch, ein Haustier zu haben symbolisiert Fjodors Interesse an Mitbestimmung im familiären Rahmen und sein Bedürfnis, Verantwortung zu übernehmen. Er verbindet mit diesem Wunsch die unerfüllte Sehnsucht nach Teilhabe innerhalb der Familie und nach der Freiheit, Dinge zu unternehmen, die einen Jungen seines Alters typisch sind. Fjodor reklamiert dieses Recht auf Partizipation, indem er von zu Hause weggeht und ein eigenständiges Leben beginnt. Doch genauso wie die jüngste Generation ein Recht auf Teilhabe hat, so sehr ist sie auch auf ältere Generationen und ihre Erfahrungen, Ratschläge und ihren Schutz angewiesen. Eine Generation braucht die andere – das erfahren auch Fjodor, Mama Rimma und Papa Dima. Szenenfoto mit Denis Pöpping, Andrej von Sallwitz und Florian Pabst 19 Fjodor, Hund und Kater Anarchie als Ordnungsbegriff Als WG-Oberhaupt trifft Fjodor wichtige Entscheidungen, doch er befiehlt nichts, sondern bezieht seine Mitbewohner in alle Fragen aktiv mit ein. In Folge der Beteiligung aller Mitglieder der WG, findet keine Hierarchiebildung statt, obwohl Fjodor in einigen Momenten zum Oberhaupt der Gemeinschaft wird und Entscheidungen trifft. Fjodor, Hund und Kater bilden eine Art Kommune. Diese Kommune weist anarchische Züge auf, da sie selbstorganisiert handelt. Der Aufsatz von Gerold Flock „Anarchie als Ordnungsprinzip“ bietet einen spannenden Vergleich für das Zusammenleben von Fjodor, Hund Scharik und Kater Matrose und ihre eigene Ordnung an: „Wenn ich den Begriff Anarchie nur schon erwähne, denken die meisten Leute an das totale Chaos. Ich möchte Ihnen [...] aufzeigen, dass die Anarchie mit dem Durcheinander nichts zu tun hat. Im Gegenteil: Sie ist die höchste Form der Organisation. [...] Dies trifft zu, weil sie die natürlichste Form der Ordnung ist, da jegliche Form der Autorität und der Unterdrückung abgeschafft ist.“ (Internet: Gerald Flock) Musik-Band Anja Rosenbrock von der Universität Bremen hat in ihrer Studie „Von der Idee bis zur Bühne – Der Entstehungsprozess eines Songs in einer Amateurpunkband“ untersucht, wie das soziale Klima einer Musik-Band den kreativen Prozess fördert: Kompositionen von Pop- und Rockbands entstehen häufig unter Verwendung einer für diese Form des Musizierens fast spezifische Methode: Sie werden von den Bandmitgliedern in einem (interaktiven) Verfahren gemeinsam komponiert und sind dann das Werk der Gruppe, nicht einer einzelnen Person. Bands, die auf diese Art und Weise ihre Stücke schreiben, verwenden dabei verschiedene, im unterschiedlichen Grade kooperative Kompositionsverfahren. Besonders häufig kommt es vor, dass eine Band gemeinsam die musikalische Idee eines einzelnen Bandmitglieds ausarbeitet, durch weitere Ideen ergänzt und für die Band arrangiert. Zum Teil komponieren die Musiker und Musikerinnen Musikstücke auch aus der kollektiven, interaktiven Improvisation heraus. In Pop- und Rock-Bands, die ihre Stücke gemeinsam komponieren, muss man hier nicht nur nach individuellen Fähigkeiten und Voraussetzungen fragen, sondern auch nach den Gegebenheiten innerhalb der Gruppe. Für weitere Informationen aus der Studie und für die Analyse der Beispielband, die Anja Rosenbrock gewählt hat, kann diesem Link gefolgt werden: http://aspm.ni.lo-net2.de/samplesarchiv/Samples1/rosen.htm. 20 Fjodor, Hund und Kater Szenenfoto mit Andrej von Sallwitz, Denis Pöpping, Anton Berman und Florian Pabst 21 Fjodor, Hund und Kater Anregungen für Ihren Unterricht Vorbereitung auf den Inszenierungsbesuch 1. Aufwärmen und Einstimmung auf die Themenfelder „gemeinschaftliches Handeln“ und „Eltern-Kind-Beziehung“ Spiel: „Reise nach Prostokwaschino“ Ablauf: Die Kinder bauen zusammen eine zweireihige Stuhlreihe auf. Wenn Sie im Klassenraum arbeiten: Stellen Sie vorher die Tische an den Rand. Alle Kinder bewegen sich um diese Stuhlreihe. Dazu kann Musik eingespielt werden und / oder es werden verschiedene Fortbewegungsarten (siehe: Erweiterung der Übung) genannt. Sobald die Musik ausgeht oder laut geklatscht wird, muss jeder Schüler auf einem Stuhl Platz finden und darf mit den Füßen den Boden nicht berühren. Alle stellen sich auf die Stühle und versuchen, einander festzuhalten, so dass keiner herunterfällt. Stapelkünste sind erlaubt und erwünscht. Nach jeder Runde werden ein oder zwei Stühle (je nach Größe der Gruppe und eigenem Ermessen) entfernt. Das Spiel wird beendet, wenn es nicht mehr möglich ist, dass sich alle Kinder auf den Stühlen halten können, ohne mit den Füßen den Boden zu berühren. Mit dieser einstimmenden und aufwärmenden Übung, wird ein starkes Gruppengefühl motiviert, Berührungsängste werden abgebaut und es entsteht eine tolle Gruppendynamik. Erweiterung der Übung: Tierbewegungen (Katze, Hund, Dohle, Kuh, Kalb) beim Tanzen um die Stühle hinzunehmen. Spiel: „Mama / Papa sagt ...“ Ablauf: Die Stühle werden zur Seite gestellt. Die Gruppe bewegt sich im Raum, der von jeglichen Gefahren befreit wurde. Die zuvor ernannte „Mama“ (oder der „Papa“) gibt nun Anweisungen, z.B. „Mama sagt hinlegen.“ Diese Anweisungen werden immer ausgeführt, wenn „Mama / Papa“ die Aufgabe zuvor mit „Mama / Papa sagt...“ eingeleitet hat. Ohne diesen Satz wird auf die Anweisung nicht reagiert. Falls eines der Kinder dennoch auf die Aufgabe reagiert, scheidet es aus, setzt sich an den Spielrand und beobachtet nun den weiteren Spielverlauf. Gespielt wird bis nur noch ein Kind übrig bleibt. Dieses kann dann in der nächsten Runde die „Mama- / Papa-Rolle“ übernehmen. Beispiele: „Mama sagt laufen.“ – Alle laufen. „Stopp.“ – Alle laufen weiter, wer stoppt, scheidet aus. „Mama sagt stopp.“ – Alle stoppen, wer nicht stoppt, scheidet aus. 22 Fjodor, Hund und Kater 2. Arbeit mit der Literaturvorlage Übung: „Gemeinsames Lesen“ Diese Übung dient der Einstimmung auf den Inszenierungsbesuch und einer ersten Vorstellung, wie die Hauptfiguren und -orte aussehen könnten. Ablauf: Alle kommen in einem Stuhlkreis zusammen. Sie können entweder den Anhang zum Lesen (für alle) ausdrucken oder das Buch „Onkel Fjodor, der Hund und der Kater“ zur Hand nehmen. Nun können Sie im Kreis Kapitel 1 und 2 vorlesen oder abwechselnd die Kinder vorlesen lassen. Anschließend an die Lesung erfolgt ein gemeinsamer Austausch über das Gelesene anhand folgender Fragen (Protokollieren für die Nachbesprechung): • • • • • • • • • Wie wird Fjodor beschrieben? Wie lernen sich der Kater und Fjodor kennen? Warum nimmt Fjodor den Kater mit nach Hause? Wie reagieren die Eltern auf den Kater? Warum wollen die Eltern keinen Kater? Wohin gehen Fjodor und Kater? Welchen Namen gibt Fjodor dem Kater? Warum? Wen treffen Fjodor und Kater? Wo kommen Fjodor, Hund und Kater unter? 3. Wunschort und Lieblingsgegenstand Ausgehend von dem gemeinsamen Austausch erster Eindrücke durch die Literaturvorlage, stehen bei den nächsten Übungen die Wunschorte und Lieblingsgegenstände der Kinder im Mittelpunkt. Diese Übung dient der Vorbereitung auf die Inszenierung mit den Schwerpunkten: Wunschorte, Wunschvorstellungen, Fantasie, Bühnenbildideen. Ablauf: Die Kinder werden nacheinander folgendes gefragt und sollen sich das Genannte gut merken: An welchem Ort möchtest Du gerne leben und eine Gemeinschaft gründen? Warum? • Nacheinander erzählt jedes Kind von seinem Wunschort. Die anderen Kinder hören zu. Was würdest Du unbedingt an diesen Ort mitnehmen? Warum? • Nacheinander erzählt jedes Kind von seinem Lieblingsgegenstand. Die anderen Kinder hören zu. Spiel: „Ich packe meinen Koffer“ Ablauf: Im Stuhlkreis sitzend, wird das Spiel „Ich packe meinen Koffer“ mit den Lieblingsgegenständen gespielt. Erweiterung der Übung: Mit dem Lieblingsgegenstand wird auch der Ort genannt: „Ich fahre nach ... und nehme mit ...“ 23 Fjodor, Hund und Kater Übung: „Vier-Ecken-Malen mit den Orten und dem Lieblingsgegenstand“ Ablauf: Die Kinder finden sich in Gruppen von jeweils 3 – 4 Kindern zusammen und haben 15 – 20 Minuten Zeit. Jede Gruppe bekommt ein A2-Blatt und Stifte (sofern keine eigenen zur Hand sind). Auf diesem Blatt malen sie jeweils von einer Ecke aus bis zum Mittelpunkt des Blattes ihren Lieblingsort und ihren Lieblingsgegenstand. In der Mitte des Blattes treffen die Kinder zusammen, wo sie gemeinsam an einem Wohnhaus malen. Übung: „Präsentation des gemeinsamen Bildes“ Ablauf: Gemeinsam wird (mit Kreppband oder mit Kreide) eine „Bühne“ auf den Boden gezeichnet. Auf dieser „Bühne“ wird das gemeinsame Bild präsentiert. Jeder sagt etwas zu seinem Ort, dem Lieblingsgegenstand und dem gemeinsamen Haus. Wenn die Gruppe fertig ist, applaudieren die Zuschauer. Anschließend suchen sie einen Ort im Raum, wo sie ihr Bild aufhängen. Diese Bilder können für die Nachbereitung herangezogen werden, wenn die Inszenierung mit den eigenen Vorstellungen verglichen wird, im Sinne von: Was waren die eigenen Vorstellungen? Was wurde beobachtet? Wie kann das beschrieben werden? 4. Abschluss Übung: „Schulterklopfer“ Ablauf: Zusammen im Kreis aufstellen, die rechte Hand wird dem rechten Nachbarn auf die Schulter gelegt. Der rechte Nachbar wird angeschaut und ihm wird anerkennend die Schulter mit den Worten: „Es war toll mit Dir. Das hat Spaß gemacht.“ geklopft. Auf ein Zeichen wird die Hand runter genommen und das Gleiche wird mit dem linken Nachbarn gemacht. 24 Fjodor, Hund und Kater Szenenfoto mit Anton Berman, Andrej von Sallwitz, Denis Pöpping, Florian Pabst und Elvira Schuster Nachbereitung Übung: „Offener Gesprächskreis“ Ablauf: Die Gruppe kommt in einem Kreis zusammen und jedes Kind schildert seine Eindrücke: • • • • • • Was hat gefallen? Was war spannend? Wie waren die Figuren dargestellt? Welche Figuren waren besonders interessant? Warum? Was war unklar? Wie wurde die Musik erlebt? 25 Fjodor, Hund und Kater Übung: „Erzählstein“ Ablauf: Jedes Kind erzählt ein Stück der Geschichte von „Fjodor, Hund und Kater“. Dafür wird einem Kind ein „Erzählstein“ (Stein, Ball oder Ähnliches) in die Hand gegeben. Wenn es maximal 3 Sätze gesagt hat, reicht es den Stein weiter. Der Nachfolger muss an seine Erzählung ansetzen. Vergleich der Beschreibung der Anfangssituation im Buch (Kapitel 1 und 2) und im Theater anhand folgender Fragen: (dies kann mit Hilfe des Protokolls vom Stückvorbereitenden Workshop gemacht werden) • Erzählung: Wie wird Fjodor im Buch beschrieben? Theater: Wie sieht Fjodor im Theaterstück aus? Was hat er für Besonderheiten? • Erzählung: Warum wollen die Eltern keinen Kater? Theater: Wie wird das auf der Bühne gezeigt? • Erzählung: Wie lernen sich der Kater und Fjodor kennen? Theater: Wie wird das auf der Bühne gezeigt? Wie sieht der Kater aus? Was hat er für Besonderheiten? • Erzählung: Wie reagieren die Eltern auf den Kater? Theater: Wie wird das auf der Bühne gezeigt? • Erzählung: Wohin gehen Fjodor und Kater? Theater: Wie wird das auf der Bühne gezeigt? Was wird wahrgenommen? • Erzählung: Welchen Namen gibt Fjodor dem Kater? Warum? Theater: Wie sieht Kater Matrose aus? Was ist das Besondere an Kater Matrose? • Erzählung: Wen treffen Fjodor und Kater? Theater: Wie sieht Scharik aus? Was hat Scharik für Besonderheiten? • Erzählung: Wo kommen Fjodor, Hund und Kater unter? Theater: Wie wird das auf der Bühne gezeigt? Vergleich der eigenen Vorstellungen von den Orten auf der Bühne und der eigenen gemalten Orte anhand folgender Fragen: • Was war auf der Bühne zu sehen? • Was wurde gemalt? • Welche Gemeinsamkeiten kann man erkennen und welche Unterschiede stellen sich heraus? (Es soll nicht gewertet werden.) Die Musik im Theaterstück • • • • Welche Instrumente wurden benutzt? Welche Figur hat welches Instrument gespielt? Wann wurde Musik gespielt? Welche Musik aus dem Stück wünscht ihr Euch für Euer gemaltes Bild? Gibt es einen Song, der auf Euer Bild passt? Warum? Ansprechpartnerin für Theaterpädagogik: Eva-Maria Reimer: 030 – 55 77 52 -67 oder eva-maria.reimer@parkaue.de 26 Fjodor, Hund und Kater Anhang Textauszug Eduard Uspenski: Onkel Fjodor, der Hund und der Kater. Kinderbuch Verlag Berlin. Berlin, 1989. Onkel Fjodor Es waren einmal ein Vater und eine Mutter. Sie hatten einen sehr ernsthaften und selbständigen Sohn. Deshalb nannte man ihn Onkel Fjodor. Mit vier Jahren lernte er lesen, und mit sechs kochte er sich schon allein seine Suppe. Ein sehr guter Junge also, und seine Eltern waren brave Leute. Alles war in Ordnung bis auf eins: Seine Mutter mochte keine Tiere. Besonders Katzen konnte sie nicht leiden. Onkel Fjodor dagegen liebte Tiere, und deshalb hatte er oft allerhand Ärger mit der Mutter. Eines Tages passierte folgendes: Onkel Fjodor ging im Treppenhaus so vor sich hin und aß eine Stulle. Da sah er auf dem Fensterbrett einen großen gestreiften Kater sitzen. Der Kater sprach Onkel Fjodor an: „Onkel Fjodor, du ißt die Stulle nicht richtig. Du hältst das Brot mit der Wurst nach oben. Umgekehrt mußt du es machen, damit die Wurst auf der Zunge liegt. Dann schmeckt es besser.“ Onkel Fjodor probierte und wirklich, es schmeckte viel besser. Er gab dem Kater von der Stulle und fragte: „Woher weißt du, daß man mich Onkel Fjodor nennt?“ „In unserem Haus kenne ich jeden“, antwortete der Kater. „Ich lebe auf dem Dachboden, und mir entgeht nichts. Ich weiß, wer schlecht und wer gut ist. Im Augenblick wird auf meinem Dachboden gebaut, und ich habe nirgends Platz zum Wohnen. Vielleicht schließt man den Boden nachher überhaupt ab.“ „Wer hat dir Sprechen beigebracht?“ fragte Onkel Fjodor. „Ganz einfach“, sagte der Kater, „man merkt sich mal hier, mal da ein Wort, und früher lebte ich bei einem Professor, der sich mit Tiersprachen beschäftigte. So habe ich es eben gelernt. Heutzutage geht ohne Sprache nichts mehr. Zu schnell kann einem etwas zustoßen, entweder macht man eine Pelzmütze aus dir, einen Kragen oder auch nur einen Bettvorleger.“ „Du kannst bei mir wohnen“, sagte Onkel Fjodor. „Deine Mutter wird mich fortjagen“, gab der Kater zu bedenken. „Wird sie schon nicht, vielleicht setzt sich Vater für uns ein.“ Sie gingen zu Onkel Fjodor. Der Kater hatte gespeist, schlief den ganzen Tag unter dem Sofa und fühlte sich dabei wie ein Fürst. Am Abend kamen Vater und Mutter nach Hause. Gleich nachdem die Mutter eingetreten war, sagte sie: „Ich weiß nicht, irgendwie riecht es nach Katze. Sicher hat Onkel Fjodor einen Kater angeschleppt.“ Doch der Vater antwortete: „Na und, was ist schon dabei. Ein Kater stört uns nicht.“ „Dich nicht, aber mich!“ rief die Mutter. „Warum stört er dich?“ „Darum“, antwortete die Mutter. 27 Fjodor, Hund und Kater „Überleg mal selbst, wozu ist solch ein Kater nütze?“ „Muß er unbedingt einen Nutzen haben?“ fragte der Vater. „Welchen Nutzen hat denn das Bild dort an der Wand?“ „Dieses Bild da an der Wand ist sehr nützlich: Es verdeckt das Loch in der Tapete.“„Na und?“ Der Vater war nicht zu überzeugen. „Der Kater wird schon nützlich sein. Wir bringen ihm bei, was ein Hund zu tun hat, und wir haben einen Wachkater. Er wird das Haus hüten, weder bellen noch beißen, doch niemanden ins Haus lassen.“ Jetzt wurde die Mutter richtig böse: „Du immer mit deinen Träumereien, hast mir den Jungen völlig verdorben. Hör zu, wenn dir der Kater so gefällt, entscheide: entweder er oder ich.“ Der Vater sah erst die Mutter an, dann den Kater, und noch einmal. „Ich entscheide mich für dich. Dich kenne ich schon länger, diesen Kater aber sehe ich heute zum erstenmal“, sagte er schließlich. „Und du, Onkel Fjodor, für wen entscheidest du dich?“ fragte die Mutter. „Für keinen“, antwortete der Junge. „Wenn ihr allerdings den Kater wegjagt, gehe ich auch.“ „Ganz wie du willst, Hauptsache, der Kater ist morgen verschwunden.“ Sie glaubten natürlich nicht, daß Onkel Fjodor fortgehen würde. Auch der Vater nicht. Sie dachten beide, er hätte es nur so dahingesagt. Aber es war ihm Ernst. Am Abend packte Onkel Fjodor alles Notwendige in den Rucksack: ein Taschenmesser, einen warmen Anorak und seine Taschenlampe. Steckte alles Geld ein, das er fürs Aquarium gespart hatte, und fand auch eine Tasche, in die der Kater paßte, nur die Barthaare schauten heraus. Dann legte er sich schlafen. Am nächsten Morgen gingen Vater und Mutter zur Arbeit. Onkel Fjodor stand auf, kochte Brei, frühstückte mit dem Kater und schrieb einen Brief. Meine lieben Eltern! Papa und Mama! Ich habe Euch sehr gern. Tiere mag ich aber auch sehr gern, wie zum Beispiel meinen Kater. Aber Ihr erlaubt mir nicht, ihn zu behalten, und verlangt von mir, ihn aus dem Haus zu jagen. Das finde ich nicht richtig. Ich fahre in ein Dorf und werde dort leben. Seid unbesorgt, mir wird nichts passieren. Ich kann alles und werde Euch schreiben. Zur Schule muß ich erst nächstes Jahr. Auf Wiedersehen! Euer Sohn – Onkel Fjodor Er steckte den Brief in den Hausbriefkasten, nahm den Rucksack und die Tasche mit dem Kater und ging zur Bushaltestelle. Das Dorf Onkel Fjodor setzte sich in den Bus und fuhr los. Die Fahrt war angenehm. Die Busse, die um diese Zeit aufs Land fuhren, waren ganz leer. Keiner störte sie bei ihrem Gespräch. Onkel Fjodor fragte, und der Kater antwortete ihm aus der Tasche. „Wie heißt du?“, fragte Onkel Fjodor. „Das weiß ich nicht. Man nannte mich Leopard, Flaumbart und Trantüte, sogar Katerchen hieß ich. Aber mir gefallen diese Namen nicht. Ich möchte gern einen Familiennamen haben.“ „Welchen?“ 28 Fjodor, Hund und Kater „Einen seriösen. Einen, der ans Meer erinnert. Ich stamme von Meer- und Schiffskatzen ab. Meine Großeltern fuhren mit Matrosen zur See. Mich zieht es auch aufs Meer. Ich sehne mich nach den Ozeanen. Nur bin ich sehr wasserscheu.“ „Dann nennen wir dich doch einfach Matrose“, sagte Onkel Fjodor. „Ein Matrose hat sowohl mit Katzen als auch mit dem Meer zu tun.“ „Ja, mit dem Meer hat er zu tun“, stimmte der Kater zu. „Aber weshalb mit Katzen?“ „Das weiß ich nicht“, sagte Onkel Fjodor, „vielleicht, weil Katzen gestreift sind und Matrosen auch. Sie haben solche Matrosenhemden an.“ Der Kater war einverstanden. „Mir gefällt der Name Matrose. Erinnert ans Meer und ist seriös.“ Er freute sich riesig, jetzt einen eigenen Familiennamen zu haben, und lächelte sogar. Er kroch tiefer in die Tasche und probierte seinen Namen aus: „Rufen Sie, bitte, Kater Matrose ans Telefon. Kater Matrose kann nicht kommen, er ist sehr beschäftigt. Er liegt auf dem Ofen.“ Je länger er probierte, desto besser gefiel er ihm. Der Bus hielt. Sie waren im Dorf angekommen. Wunderschön war es hier, ringsum Wälder, Felder und nicht weit entfernt ein Fluß. Ein warmer Wind wehte, und es gab keine Mücken. Im Dorf wohnten sehr wenig Leute. Onkel Fjodor sah ein altes Väterchen und fragte ihn: „Gibt es hier bei euch ein Haus, das leer steht? Wo wir wohnen können?“ „Ja, so viele du willst“, sagte der Alte. „Hinter dem Fluß hat man ein neues Haus gebaut, ein fünfstöckiges, wie in der Stadt. Dort ist das halbe Dorf eingezogen. Ihre eigenen Häuser haben sie verlassen, auch die Gärten und sogar die Hühner. Such dir eins aus.“ Onkel Fjodor und Matrose wollten losziehen. Da lief ein zottiger, zerzauster Hund auf sie zu, das Fell voll Kletten. „Nehmt mich bei euch auf! Ich bewache euer Haus“, sagte er. Der Kater war nicht einverstanden. „Wir haben nichts zu bewachen, nicht mal ein Haus. Komme im nächsten Jahr wieder, wenn wir reicher geworden sind. Dann nehmen wir dich auf.“ „Kater, sei doch mal still“, sagte Onkel Fjodor. „Ein guter Hund hat noch keinem geschadet. Viel lieber wollen wir wissen, wo er sprechen gelernt hat.“ „Ich habe die Datsche eines Professors bewacht“, antwortete der Hund. „der Tiersprachen erforschte. Ja, so habe ich es gelernt.“ „Das ist bestimmt mein Professor!“ schrie der Kater. „Semjon, Iwan Trofimowitsch. Er hatte noch eine Frau, zwei Kinder und eine Großmutter mit Handfeger. Er arbeitete an einem Wörterbuch Russisch-Katzensprache.“ „Von einem Wörterbuch Russisch-Katzensprache ist mir nichts bekannt. Ich weiß, daß er an einem Jäger-Hund-Wörterbuch arbeitete und an einem Kuh-Hirte-Buch. Die Oma saust jetzt übrigens nicht mehr mit dem Handfeger umher. Man hat ihr einen Staubsauger gekauft.“ „Das ist mein Professor“, sagte der Kater. „Wo ist er jetzt?“ fragte der Junge. „Er mußte dienstlich nach Afrika, um dort die Elefantensprache zu erlernen. Ich blieb bei der Oma. Aber unsere Charaktere stimmten nicht überein. Ich mag fröhliche Menschen, die gern von ihrer Wurst abgeben. Sie ist genau das Gegenteil – ein schwieriger Charakter. Ein richtiger Besen.“ „Das stimmt“, unterstützte ihn der Kater. „Was ist, nehmt ihr mich auf?“ fragte der Hund. „Oder soll ich in einem Jahr wiederkommen?“ „Wir nehmen dich“, antwortete Onkel Fjodor. „Zu dritt ist es viel lustiger. Wie heißt du?“ „Scharik. Ich stamme von einfachen Hunden ab, nicht von Rassehunden.“ „Ich bin Onkel Fjodor, das ist Kater Matrose – so sein Familienname.“ „Sehr angenehm“, sagte Scharik und verbeugte sich. Man merkte gleich, daß er aus einer guten Familie kam und wohlerzogen war. Nur ein wenig ungepflegt sah er aus. Der Kater war 29 Fjodor, Hund und Kater noch nicht ganz zufrieden. Er fragte Scharik: „Was kannst du noch? Ein Haus vor Einbrechern schützen, das kann auch ein Vorhängeschloß.“ „Ich kann zum Beispiel Kartoffeln mit den Hinterpfoten ausbuddeln oder Geschirr spülen, indem ich es mit der Zunge ablecke. Außerdem brauche ich keinen Platz, sondern kann draußen schlafen.“ Er hatte große Angst, daß sie ihn nicht nehmen würden. Onkel Fjodor sagte: „Jetzt suchen wir uns erst mal ein Haus. Jeder geht für sich durchs Dorf und sieht sich um. Anschließend entscheiden wir, welches Haus das Beste ist.“ Sie zogen los, und jeder wählte das aus, was ihm am besten gefiel. Als sie sich wieder trafen, sagte der Kater: „Ich habe soo ein Haus entdeckt! Überall gut abgedichtet! Ein schöner warmer Ofen steht dort, halb so groß wie die Küche. Da werden wir wohnen.“ Scharik lachte nur. „Du mit deinem Ofen, dummes Zeug! Ist das vielleicht das wichtigste an einem Haus? Ich habe ein Haus gefunden! Dort gibt es eine Hundehütte – eine Augenweide! Da braucht man gar kein Haus mehr. Wir haben alle in der Hundehütte Platz.“ „Was ihr denkt, ist völlig falsch“, sagte Onkel Fjodor. „Das wichtigste in einem Haus ist der Fernseher, und große Fenster muß es haben. Genau so ein Haus habe ich gefunden. Mit einem roten Dach und einem Gemüsegarten. Das sehen wir uns jetzt an!“ Sie gingen los. Kaum näherten sie sich dem Haus, als Scharik aufschrie: „Das ist mein Haus, ich habe euch von der Hütte erzählt.“ „Da steht ja auch mein Ofen“, sagte der Kater. „Von solch einem Ofen habe ich mein Leben lang geträumt, wenn es kalt war.“ „Dann ist alles in Ordnung“, sagte Onkel Fjodor. „Wir haben uns tatsächlich das beste Haus ausgesucht.“ Sie besichtigten es und waren sehr froh. Alles war vorhanden: Ofen, Betten und Gardinen an den Fenstern. In der Ecke standen Radio und Fernseher, wenn auch ziemlich alt, aber immerhin. In der Küche gab es mehrere gußeiserne Töpfe, und im Garten wuchsen Kartoffeln und Salat. Allerdings war er recht verkommen, das Unkraut schoß aus dem Boden. Onkel Fjodor fand im Schuppen eine Angel und ging fischen. Inzwischen heizten der Kater und Scharik den Ofen und holten Wasser. Später aßen sie und hörten Radio. Dann legten sie sich schlafen. Es gefiel ihnen sehr in diesem Haus. 30 Fjodor, Hund und Kater Literaturverzeichnis Bäse, Uta: Verlassene Eltern: wenn das eigene Kind zum Trebegänger geworden ist. Frankfurt a.M. 2006. Fuhrer, Urs: Erziehungskompetenz: Was Eltern und Familien stark macht. Bern 2007. Köller, Isabel: Bullerbü ist überall: Das Geheimnis von Kinderglück und stressfreiem Familienleben. Frankfurt a. M. 2008. Liegle, Ludwig; Bergmann, Theodor: Krise und Zukunft des Kibbutz. Vom Wandel einer genossenschaftlichen Wirtschafts- und Lebensform. Weinheim und München 1994. Uspenski, Eduard: Onkel Fjodor, der Hund und der Kater. Berlin 1989. Internetlinks Anja Rosenbrock: http://aspm.ni.lo-net2.de/samples-archiv/Samples1/rosen.htm Radio Stimme Russland: http://german.ruvr.ru/2009/08/08/357832.html Bild Eduard Uspenski: www.docsachcungcon.com/download/100605_Eduard.jpg Gerold Flock: http://www.geroldflock.de/index.php/anarchie Tscheburaschka-Lied: www.youtube.com/watch?v=g9Luro0MOoA Bildverzeichnis S. 5 Bild mit Eduard Uspenski: www.docsachcungcon.com/download/100605_Eduard.jpg S. 6 Trickfilmbild der „Prostokwaschino Trilogie“: http://s5.afisha.net/Afisha7files/Image/ kino/1978/190359/baza_Troe.jpg S. 7 Inszenierungsfoto von Christian Brachwitz S. 8 – 9 Kostümzeichnungen: José Luna Zankoff S. 9 – 11 Fotos der Bühnenbildentwürfe von José Luna Zankoff: Thomas Fiedler S. 12 – 33 Bild: Inszenierungsfotos von Christian Brachwitz 31 Fjodor, Hund und Kater Hinweise für den Theaterbesuch Liebe Lehrerin, lieber Lehrer, viele Kinder und Jugendliche besuchen zum ersten Mal ein Theater oder haben wenig Erfahrung damit. Wir bitten Sie, im Vorfeld eines Besuches sich mit Ihrer Klasse die besondere Situation zu vergegenwärtigen und die nachfolgenden Regeln zu besprechen. Damit eine Vorstellung gelingt, müssen sich Darsteller und Zuschauer konzentrieren können. Dafür braucht es Aufmerksamkeit. Alle Beteiligten müssen dafür Sorge tragen. Wer die Regeln nicht einhält, beraubt sich selbst dessen, wofür er Eintritt gezahlt hat – und natürlich auch alle anderen Besucher. Folgende Regeln tragen zum Gelingen eines Theaterbesuchs bei: 1. Wir bitten, rechtzeitig im Theater einzutreffen, so dass jeder in Ruhe den Mantel und seine Tasche an der Garderobe abgeben und ohne Eile seinen Platz aufsuchen kann. Unsere Garderobe wird beaufsichtigt und ist im Eintrittspreis enthalten. 2. Während der Vorstellung auf die Toilette zu gehen, stört sowohl die Darsteller als auch die übrigen Zuschauer. Wir bitten darum, sich entsprechend zu organisieren. In unseren Programmzetteln lässt sich auch nachlesen, ob es eine Pause in der Vorstellung gibt. 3. Es ist nicht gestattet, während der Vorstellung zu essen und zu trinken, Musik zu hören und Gespräche zu führen. Mobilfunktelefone und mp3-Player müssen vollständig ausgeschaltet sein. Während der Vorstellung darf weder telefoniert noch gesimst oder fotografiert werden. 4. Der Applaus am Ende einer Vorstellung bezeugt den Respekt vor der Arbeit der Schauspieler und des gesamten Teams unabhängig vom Urteil über die Inszenierung. Wem es gut gefallen hat, der gibt mehr Beifall – wem nicht, entsprechend weniger. Wichtig ist, erst nach dem Ende des Applauses den Saal zu verlassen. Unser Einlasspersonal der ARTService GmbH steht den Zuschauern als organisatorischer Ansprechpartner am Tag der Vorstellung zur Verfügung. Wir sind an den Erfahrungen des Publikums mit den Inszenierungen interessiert. Für Gespräche stehen wir zur Verfügung. Bitte wenden Sie sich direkt an die stückbetreuende Dramaturgin / Theaterpädagogin, an den stückbetreuenden Dramaturgen / Theaterpädagogen. Wir freuen uns auf Ihren Besuch. Ihr THEATER AN DER PARKAUE 32 Fjodor, Hund und Kater Impressum Spielzeit 2012/2013 THEATER AN DER PARKAUE Junges Staatstheater Berlin Parkaue 29 10367 Berlin Tel. 030 – 55 77 52 -0 www.parkaue.de Intendant: Kay Wuschek Redaktion: Susann Apelt, Eva-Maria Reimer Gestaltung: pp030 – Produktionsbüro Heike Praetor Fotos: Christian Brachwitz Titelfoto mit Andrej von Sallwitz, Danielle Schneider, Lutz Dechant, Denis Pöpping, Elvira Schuster, Anton Berman, Helmut Geffke, Florian Pabst Abschlussfoto mit Denis Pöpping, Andrej von Sallwitz, Florian Papst, Helmut Geffke Kontakt Theaterpädagogik: Irina-Simona Barca / Frank Röpke Telefon: 030 – 55 77 52 -60 tp@parkaue.de 33