Sozialreferat
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Telefסּn: 0 233-48373 Telefax: 0 233-48378 Seite 1 von 6 Sozialreferat Amt für Soziale Sicherung S-I-AB 4 Zur Situation der Pflegeberufe/Altenpflegeberufe und der Möglichkeit Hartz IV-Empfänger in der Pflege einzusetzen Antrag Nr. 08-14 / A 01820 von Frau StRin Eva Maria Caim vom 15.09.2010 Sitzungsvorlage Nr. 08-14 / V 06526 1 Anlage Beschluss des Sozialausschusses vom 19.05.2011 (SB) Öffentliche Sitzung I. Vortrag der Referentin Frau Stadträtin Eva Maria Caim hat am 15.09.2010 den als Anlage beigefügten Antrag (Nr. 08-14 / A 01820) “Zur Situation der Pflegeberufe/Altenpflegeberufe und der Möglichkeit Hartz-IV-Empfänger in der Pflege einzusetzen” gestellt und gebeten, diesen gegebenenfalls im Zusammenwirken mit den in Frage kommenden weiteren Referaten und Ämtern zu behandeln. Dem termingerecht gestellten Antrag auf Fristverlängerung wurde zugestimmt. 1. Einschätzung der Ist-Situation Die Überlegung, den Fachkräftemangel in der Pflege mit Menschen, die sich in der Langzeitarbeitslosigkeit befinden und/oder Hartz IV-Empfängerinnen und Hartz IVEmpfänger sind, zu lösen, ist nicht neu. Das Sozialreferat hat hier eine sehr klare Haltung und spricht sich deutlich gegen diese Form der Lösungsfindung aus. Es schließt sich damit auch den Berufsstandsvertretungen der Pflege wie z.B. dem Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) und dem Deutschen Pflegerat e.V. (DPR) an. Mit der Idee, die Personalprobleme in der Pflege durch den Einsatz von Hartz IVEmpfängerinnen bzw. Hartz IV-Empfängern bewältigen zu können, wird nicht ausreichend anerkannt, welche Anforderungen eine fundierte professionelle Versorgung pflegebedürftiger Menschen mit sich bringt. Der Beruf der Pflege ist fachlich und menschlich sehr anspruchsvoll und eine differenzierte Auswahl der für den Beruf geeigneten Menschen ist deshalb nicht nur notwendig, sondern für die Qualität auch entscheidend. Es werden Ausbildungswillige gebraucht, die sich für die Arbeit mit den Menschen interessieren, gerne in Seite 2 von 6 einem sozialen Beruf arbeiten, Fachlichkeit erwerben möchten und sich mit dieser anspruchsvollen Aufgabe identifizieren. Die immer noch weit verbreitete Haltung „Pflegen kann jeder“ konterkariert nicht nur die Leistung und Professionalität der beruflich Pflegenden, sondern zeigt auch, dass der professionellen Versorgung Pflegebedürftiger ein untergeordneter Stellenwert zukommt. Für den Bereich der Qualifizierung in der Pflege gibt es in München verschiedene Projekte, z.B. das Projekt „KultIQ - Kultursensible Integration und Qualifizierung“1, in dem langzeitarbeitslose Menschen mit Migrationshintergrund die Möglichkeit haben, sich zu einer/einem interkulturellen Pflege- und Betreuungsassistentin/Pflege- und Betreuungsassistenten für den ersten Arbeitsmarkt zu qualifizieren. Zur Möglichkeit bzw. zu den Erfahrungswerten, Hartz IV-Empfängerinnen und Hartz IV-Empfänger in der Pflege in München einzusetzen ist festzustellen, dass es Fördermöglichkeiten im Rahmen der Förderung der beruflichen Weiterbildung (FbW) für den Bereich Pflegeberufe/Altenpflegeberufe gibt. Dazu gehört der sog. Bildungsgutschein, mit dem bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine Förderung die Übernahme der Weiterbildungskosten und ggf. die Weiterzahlung des Arbeitslosengeldes II zugesichert wird. Eine Förderung über BAföG kann als aufzuzahlendes Arbeitslosengeld II nur als Darlehen gewährt werden, wenn eine Ausnahmeregelung nach Sozialgesetzbuch zweites Buch, Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) nachgewiesen ist. Während einerseits die Diskussion um die Finanzierbarkeit der Pflege sowie deren Ausbildung geführt wird, wird andererseits vor dem Hintergrund der bekannten Nachwuchsproblematik seitens der Bundesregierung noch zu wenig unternommen, dass die Ausgebildeten anschließend nicht innerhalb weniger Jahre danach aus dem Beruf aussteigen. Wiedereingliederungsmaßnahmen in Pflegeberufe führten dazu, dass vier Jahre nach Abschluss der Maßnahme noch 60 % der Altenpflegerinnen/Altenpfleger in der Altenpflege tätig waren2. Dies ist weder fachlich nachvollziehbar noch volkswirtschaftlich vertretbar. Zudem werden zeitgleich Zugangsvoraussetzungen für die Pflegeausbildung wieder herabgesetzt (Hauptschulabschluss) und Qualitätsanforderungen für die Praxis der Pflege kontinuierlich erhöht (z.B. Rahmenvereinbarungen zur Pflegeversicherung). Das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus hat zuletzt die Förderung der Berufsfachschulen für Altenpflege vor dem Hintergrund begrenzter Haushaltsmittel neu geregelt. Es besteht aktuell insbesondere in Ballungsräumen mit hohen Kosten eine Unterfinanzierung dieser Berufsfachschulen. In der Folge 1 2 http://www.biwaq.de/cln_016/nn_343982/DE/Projekte/Projekte/303__KultIQ.html KLEINERT/DIETRICH (2005): Aus-und Weiterbildungen im Pflegebereich. Eine Analyse des Eingliederungsprozesses in Erwerbstätigkeit. IAB Forschungsbericht Nr. 11/2005 Seite 3 von 6 müssen laut Berufsfachschulen ggf. Auszubildende von ihrer Ausbildungsvergütung (brutto: 1. Ausbildungsjahr: 820,- Euro, 2. Ausbildungsjahr: 882,- Euro, 3. Ausbildungsjahr: 982,- Euro ) bis zu 100,- Euro monatlich Schulgeld an die Berufsfachschulen zahlen. Gleichzeitig wirbt das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen im Rahmen der Kampagne “Herzwerker” 3 um junge Menschen, die unter anderem für die Altenpflege gewonnen werden sollen. 2010 wurde dieses Bündnis für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs in der Altenpflege in Bayern durch Sozialministerin Christine Haderthauer und die Verantwortlichen der Verbände, der Kostenträger und der Arbeitsagentur ins Leben gerufen. Es sollen mithilfe dieser Kampagne speziell die Schulabgängerinnen und Schulabgänger aus den Haupt- und Realschulen für die Ausbildung in der Altenpflege gewonnen werden. 2. Darstellung des Jobcenters München zur Einsatzmöglichkeit von Hartz IV-Empfängerinnen und Hartz IV-Empfängern in der Pflege Das Jobcenter München legt für die Jahre 2008 - 2010 folgende Zahlen der erfolgten Qualifizierungen im Bereich Pflegeberufe/Altenpflegeberufe von Leistungsempfängerinnen und -empfängern für den Bezirk München vor (Quelle: CoSach): 2008 2009 2010 Altenpflegerinnen und Altenpfleger, Altenhelferinnen und Altenhelfer Demenzbetreuung 18 85 82 Kinderpflegerinnen und Kinderpfleger, Vorbereitung auf Externenprüfung 21 17 71 Krankenpflegerinnen und Krankenpfleger, Krankenhelferinnen und Krankenhelfer 0 1 53 Gesamt 39 103 206 Nach aktuellen Angaben des Jobcenters verfügen 63,2 % der arbeitslos gemeldeten Leistungsberechtigten im SGB II über keinen Berufsabschluss. 7.613 bzw. 23,8 % der Leistungsberechtigten, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, haben kein Förderprofil. Demografische Entwicklungen führen zu einem steigenden Fachkräftebedarf in bestimmten Branchen und Regionen. Gleichzeitig tragen Geringqualifizierte ein erhöhtes Risiko, auch nach erfolgter Integration wieder 3 http://www.herzwerker.de/dachmarke.php Seite 4 von 6 arbeitslos zu werden. Bereits in den Jahren 2008 - 2010 hat aus diesem Grund eine verstärkte Förderung/Qualifizierung im Pflegebereich stattgefunden. Als Fazit ist festzustellen, dass die Beurteilung, ob Auszubildende durch ergänzende Leistungen aus dem SGB II unterstützt werden können immer eine individuelle Entscheidung ist. Die Prüfung muss in jedem Einzelfall vorgenommen werden und kann deshalb nicht generell für eine Ausbildungsrichtung wie z. B. Pflegeberufe/Altenpflegeberufe zugesichert werden. Das Thema Zweitausbildung kann sich bei der im Stadtratsantrag vom 15.09.2010 angesprochenen Möglichkeit durchaus zu einem Problem entwickeln, sofern nicht eine andere Möglichkeit besteht, Leistungsempfängerinnen und -empfänger die geplante Ausbildung über einen Bildungsgutschein oder eine andere Finanzierungsart der Arbeitsagentur zu ermöglichen. Die Anfrage bei der Arbeitsagentur München hat ergeben, dass hinsichtlich der beruflich Pflegenden aus Polen keine Zahlen ermittelt werden. Ab diesem Frühjahr haben auch examinierte polnische Pflegekräfte die Möglichkeit der entsprechenden Berufsausübung in der Europäischen Union. 3. Anmerkung und Zusammenfassung Abschließend ist anzumerken, dass sich die Landeshauptstadt München im Rahmen ihrer Möglichkeiten bereits für den Zugang der Interessentinnen und Interessenten zum Altenpflegeberuf aktiv einbringt und die ihr zur Verfügung stehenden Handlungsspielräume nutzt. Ebenso wird deutlich, dass der Einfluss begrenzt ist, wenn auf Bundes- oder Landesebene Entscheidungen getroffen werden, die den Anreiz, diesen Beruf zu erlernen, negativ beeinflussen bzw. auf Landesebene sogar mit widersprüchlichen Entscheidungen agiert wird. Zuletzt hat sich die Münchner Pflegekonferenz unter der Federführung des Sozialreferats gemeinsam mit den Berufsfachschulen für Altenpflege, Trägervertretungen und Berufsstandsvertretungen zum Thema Altenpflegeausbildung und Nachwuchsmangel in der Altenpflege befasst und eine entsprechende Empfehlung veröffentlicht, die 2010 auch im Landespflegeausschuss entsprechend eingebracht wurde (http://www.muenchen.de/Rathaus/soz/sozialesicherung/pflegekonferenz/402965/in dex.html). In einer Vorlage zu einem weiteren Stadtratsantrag zum Thema „Was braucht die Altenpflege um die Versorgung der alten Menschen in der Zukunft zu sichern?“ (Antrag Nr. 08-14 / A 01941 vom 02.11.2010) wird umfassender zu weiteren Aktionen und Projekten, die durch das Sozialreferat/Amt für Soziale Sicherung organisiert werden, berichtet werden. Seite 5 von 6 Anhörung des Bezirksausschusses In dieser Beratungsangelegenheit ist die Anhörung eines Bezirksausschusses nicht vorgesehen (vgl. Anlage 1 der BA-Satzung). Dem Korreferenten, Herrn Stadtrat Benker, dem Verwaltungsbeirat, Herrn Stadtrat Dr. Babor, der Stadtkämmerei, dem Referat für Gesundheit und Umwelt, dem Kreisverwaltungsreferat-FQA/Heimaufsicht, der Beschwerdestelle für Probleme in der Altenpflege, der Gleichstellungsstelle für Frauen, dem Seniorenbeirat und dem Sozialreferat/Stelle für interkulturelle Arbeit ist ein Abdruck der Sitzungsvorlage zugeleitet worden. II. Antrag der Referentin 1. Das Sozialreferat wird beauftragt, sich weiterhin gemeinsam mit den entsprechenden Referaten für die Weiterentwicklung des Berufes Pflege aktiv einzubringen. 2. Der Antrag Nr. 08-14 / A 01820 von Frau Stadträtin Eva Maria Caim vom 15.09.2010 ist geschäftsordnungsgemäß behandelt. 3. Dieser Beschluss unterliegt nicht der Beschlussvollzugskontrolle. III. Beschluss nach Antrag. Der Stadtrat der Landeshauptstadt München Die Vorsitzende Die Referentin Christine Strobl Bürgermeisterin Brigitte Meier Berufsm. Stadträtin Seite 6 von 6 IV. Abdruck von I. mit III. über den Stenographischen Sitzungsdienst an das Direktorium – Dokumentationsstelle an die Stadtkämmerei an das Revisionsamt z.K. V. Wv. Sozialreferat 1. Die Übereinstimmung vorstehenden Abdrucks mit der beglaubigten Zweitschrift wird bestätigt. 2. An das Sozialreferat, S-III-M An das Sozialreferat, S-I-WH/B An das Referat für Gesundheit und Umwelt/ RGU-GVP-KVP An das Kreisverwaltungsreferat, KVR I/24 An den Seniorenbeirat An die Gleichstellungsstelle für Frauen An die Beschwerdestelle für Probleme in der Altenpflege z.K. Am I.A.