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> TEST Northshore – check! Drop – check! Steinfeld – check! Anlieger – check! Worldcupper Johannes Fischbach testet die günstigen Big Bikes. 98 | FREERIDE 2|14 Big Bikes um 2000 Euro im Test Einstiegs- Droge Was kostet der Einstieg ins Gravity-Biken? Die Hersteller drehen fleißig an der Preisschraube und pressen Big Bikes um die 2000 Euro auf den Markt. Sind das ernstzu nehmende Sportgeräte oder Billigschrott? Wir haben die günstigsten Angebote unter die Lupe genommen, inklusive Race-Check von DH-Worldcupper Johannes Fischbach. Text: Dimitri Lehner, Fotos: Lars Scharl D er Typ ist ein Blitz. Kaum gibt man das „Go!“ für die Abfahrt schon entschwindet Johannes Fischbach aus dem Sichtfeld, während man selbst mit dem ersten Wurzelfeld kämpft und viel zu langsam den folgenden Turn nimmt. Fischi, wie Johannes Fischbach in der Szene genannt wird, mag’s gerne schnell. Kürzlich bewies er das eindrücklich, als er beim Downhill-Worldcup in Australien in die Top-12 fuhr. Das macht Fischi zum perfekten Big-Bike-Checker! Wir engagierten den schnellen Oberpfälzer als Promi-Tester, um seine Profi-Eindrücke von den Einstiegs-Big-Bikes zu schildern. Kaufen oder Finger weg? Big Bikes um die 2000 Euro – das ist der günstigste Einstieg ins Gravity biken und besonders für all diejenigen interessant, die sich ein Big Bike als Zweitrad für gelegentliche Park-Besuche zulegen wollen. Oder für Schüler und Studenten, die schlichtweg nicht die Kohle haben, für ein Trek Carbon-„Session“ einen Betrag hinzublättern, für den man vor Jahren noch einen Mord in Auftrag geben konnte. Big Bikes für 2000 Euro – was kriegt man für diesen Kampfpreis? Manche Hightech-Gabel kostet mehr als hier das ganze Bike (siehe Seite 114). Da liegt die Frage nahe: Billigschrott oder sind diese Bikes wirklich seriöse Sportgeräte? Kurz: Landet man mit diesen Angeboten tatsächlich ein Schnäppchen, über das man sich auch nach ein paar Bike-Saisons noch freut, oder ist das wie mit den Bohrmaschinen für 19,95 € im Baumarkt? Auf den ersten Blick ein wertiges Tool, doch nach kurzem Einsatz bereits Sondermüll. Die Big-Bike-Seele: das Fahrwerk Das gab es noch nie: ein Testfeld, in dem ausschließlich identische Federelemente verbaut wurden – in jedem Bike steckten RockShoxs „Boxxer RC“-Gabel und „Kage RC“-Dämpfer. Mittlerweile sind die Federelemente so gut geworden, dass selbst diese günstigen Modelle eine erstaunliche Performance abliefern. Das musste auch Racer Fischbach anerkennen, der sonst nur mit absoluter Hightech unterwegs ist. „Die Federelemente sind völlig ausreichend, wenn man nicht um jede Abfahrtssekunde feilscht. Hey, vor nicht allzu langer Zeit sind wir damit im Worldcup gefahren!“ Auch RockShox-Mann Elmar Keineke versichert: „Da steckt bewährte Technik drin. Mit diesen Fahrwerken werden 90 Prozent der Biker zufrieden sein und sie nicht so schnell ausreizen können.“ Vorteil dieser Federungen: Sie funktionieren nach dem „Plug & Play“-Prinzip. Es fällt leicht, die richtige Einstellung zu finden. Wenn die Feder passt: Zugstufe, Druckstufe – fertig and go! Keine Knöpfe-Flut wie im Airbus-Cockpit mit dem ständig einhergehenden schlechten Gewissen, etwas nicht optimal abgestimmt zu haben. Auch sonst waren alle Bikes sinnig ausgestattet. Bis auf das Votec rollten alle auf hochwertigen Downhill-Reifen, so dass wir diesmal sogar auf die Einheitsbereifung verzichten konnten. FREERIDE 2|14 | 99 Fotograf: Tobias Woggon Persönlichkeitstest Bike & Sleep Bike-Hotel-Package 3 Nächte ab CHF 231.90 inkl. Halbpension, Lunchpaket, Bergbahnticket, Bikekarte & Wäscheservice. FREEride-Package 1 Nacht ab CHF 45.80 inkl. Bergbahnticket, Frühstück & Wäscheservice. Information und Buchung Jugendherberge Valbella +41 (0)81 384 12 08 valbella@youthhostel.ch youthhostel.ch/valbella SJH_Freerider_88x118_2014.indd 1 Für eine Charakteranalyse scheuchten wir die Bikes die Teststrecken runter und schnell wurde klar, wie sie ticken. Zwei Bikes stachen heraus: Radons „Swoop“ und das Votec „VF 195“ hoben sich vom Trio Canyon, Rose, YT ab. Das Radon wollte schnell gefahren werden und bestach mit viel Laufruhe, dafür fehlte etwas die Verspieltheit – mehr Racer als Spielgefärte für den Park. Ganz das Gegenteil: das kurze Votec mit seiner etwas angestaubten Geometrie. Es konnte mit dem Rest des Testfelds nicht mithalten. Canyon, Rose und YT traten wie Drillingsgeschwister auf. Könnten wir mit verbundenen Augen downhillen, es wäre schwer geworden, auf das richtige Bike zu tippen. Alle drei überzeugten mit einem breiten Einsatzbereich, solider Downhill-Leistung und verspieltem Handling. „Freerider, die ihr Bike überall einsetzen wollen, werden mit den dreien happy“, ist sich Johannes Fischbach sicher. Der unfaire Vergleich Zufällig hatten wir noch zwei Canyon „Torque DHX Rockzone“ beim Testen dabei. Beide mit CaneCreeks „Double Barrel“-Dämpfer ausgestattet. In einem steckte die neue DVO „Emerald“, im anderen eine „Boxxer Worldcup“. Ideal, um nicht nur innerhalb des Testfelds zu vergleichen, sondern die günstigen Fahrwerke mal gegen High-End-Federungen ins Rennen zu schicken. Der Umstieg auf die Luxus-Fahrwerke offenbarte ein Aha-Erlebnis – das Komfort-Plus war deutlich zu spüren. Man fuhr schneller, sicherer, leiser und angenehmer. Naja, wäre ja auch komisch gewesen, wenn nicht. Doch dieses Leistungs-Plus kostet. Es ist vermutlich wie mit allem: Der VW Golf bringt mich von A nach B, der Maserati ebenso. Zwar schneller, sportlicher und stylischer – doch dafür muss ich richtig viel Geld investieren. 23.04.2014 13:14:14 Die Teststrecken: Wir haben die Bikes auf der Downhill-Strecke EN DIE N E U E-MOU NTAIN B IKES Jetzt fü r nur 2,69 E über die Gra tis-B IK EApp erh ältlich! am Geißkopf im Bayerischen Wald getestet (www.bikepark.net) und im Bikepark Osternohe (www.bikepark-osternohe.de). Steinfelder, Stufen, Sprünge, Kurvenwechsel, Drops – am Geißkopf gibt es alles, was Big Bikes fordert. In Osternohe sind die Strecken sanfter, dafür schneller – hier checkte Downhill-Worldcupper Fischbach, was die Teile drauf haben. Fischis Tipp: „Ich fahre bei meinem Speed vorne 2,1 Bar Luftdruck im Reifen, hinten 2,0. Anfangs hatten mir die deutschen Racer geraten: vorne 1,6 und hinten 1,7. Damit habe ich viele Platten gefahren. Das Plus an Grip erkaufst du dir zudem mit einem höheren Rollwiderstand.“ Fischis Top 3 1. Radon (wegen der Race-Gene!) 2. YT (verspielt und geile Optik) 3. Canyon und Rose STAND UP PADDLING 1/2014 Gewichte im Vergleich Laufräder Gesamtgewicht* mit Serienreifen in Gramm ohne Pedale, in Kilo 16,8 Canyon 5291 Votec 16,9 Radon 5531 Radon 17,3 Votec 5680 Canyon 17,4 Rose 5671 YT 17,5 YT 5791 Rose Uniformiert: Alle Testbikes setzen auf die FahrwerksKombi RockShox „Boxxer RC“-Gabel und RockShox „Kage RC“-Federbein. Fischis Kommentar: „Beeindruckend, wie gut die Federelemente funktionieren. Das ist Technik, mit der wir vor Kurzem noch im Worldcup gefahren sind.“ Johannes Fischbach (26): „ „Die Bikes sind ernstzunehmende Sportgeräte. Ausgereift. Wenn’s nicht um den letzten Sekundenbruchteil geht, sind die Dinger auch race-ready und komplett ausreichend für Einsteiger, Hobby-Biker bis zum Amateur-Racer. Die Federelemente sind mittlerweile echt gut. Klar, die teuren Modelle haben viel mehr Einflussmöglichkeiten. Da kann ich einstellen, dass die ersten zwei Drittel des Federwegs schneller ausfedern und das letzte Drittel mehr gedämpft wird. Mit den einfachen Elementen geht das nicht. Hier kann ich die Dämpfung nur über die ganze Länge einstellen. Mit dem Ergebnis, dass der Dämpfer in der Hälfte des Federwegs zu langsam ist und zu springen beginnt. Doch um das zu spüren, brauchst du wirklich Erfahrung. In meinem ersten Worldcup-Jahr wäre mir das gar nicht aufgefallen.“ *: gewogen mit Serienbereifung Jetzt im Hande oder d l irekt beste llen! TOP-THEMEN IN SUP 1/14 Große Kaufberatung: 34 Modelle im Test iSUP´s: Was können die aufblasbaren Bretter wirklich? Nah-Reviere: Dänemark – Alpen – Chiemsee SUP-Fitness-Tipps für den Sommer FREERIDE 2|13 | 101 Direkt bestellen: 0521-559 911 | www.delius-klasing.de/zeitschriften > TEST Sc hw ere ric Fall. los: s ä h t i B i g Da g t s Ihr ze m e W Bike Can e s it D ahl s s yo he atte rop für ind n im nF n g B s ah Fah und ikep ena freie r fe rw Sp ark u di n h e ma ler rk rün -Ei e s si un e v ge ng R d erz n. e s biet eier v en en . 102 | FREERIDE 2|14 Lustobjekt Mal ehrlich: So sieht doch kein Einstiegsbike aus. Dieses „Moped“ ist durchgestylt wie ein Supermodel. Da passt alles: 90-60-90! Die knackigen, modernen Farben sind selbst über Gabel und Laufräder gezogen. Da wirkt so manches andere Bike wie eine graue Maus. Und wie es aussieht, so fährt das neue „DHX“ auch. Das Bike wurde nicht nur aufgehübscht, sondern komplett überarbeitet. Aus einem in die Jahre gekommenen Doppelbrücken-Freerider wurde ein modernes Big Bike. Das Fahrwerk harmoniert – auf dem Canyon fühlten wir uns sofort wohl und sicher und erfreuten uns an seiner Verspieltheit. Man will förmlich an jeder Felskante abziehen. Durch die kurze Kettenstrebe lässt sich das „DHX“ spielerisch aufs Hinterrad ziehen, flacher Lenkwinkel und tiefer Schwerpunkt erzeugen aber auch genügend Laufruhe, um kontrolliert durch Steinfelder zu walzen. Zuerst fuhren wir den langen Federweg (210 Millimeter). Besser gefiel uns jedoch das direktere Fahrgefühl in der kürzeren Position. Pfiffig: Auch Lenkwinkel und Tretlager höhe können durch schnell zu tauschende Metall-Chips in der Wippe verändert werden. Schwach: Die „Elixir 7“-Bremse zeigte wie auch am YT leichte Schwächen. Überhaupt verblüfft, wie dicht Canyon und YT beieinander liegen. Könnten wir mit verbundenen Augen downhillen, wäre es schwer, auf das richtige Bike zu tippen. Fazit: Alles drin, alles dran – das Canyon ist ein klasse Rundum-Paket für alle Gravity-Fans. Eine Spaßmaschine mit breitem Einsatzbereich und sexy Look. Noch Fragen? YT besitzt kein Monopol auf den Rampage-Einsatz. Auch das Canyon bewies BigMountain-Qualitäten beim Superwettkampf – unter Pilot Thomas Genon. Johannes Fischbach (26): „ Das Canyon besitzt ein ausgewogenes Fahrwerk. Es fährt gut in Kurven und beschleunigt sauber raus. Erst bei Highspeed fängt der Hinterbau an zu springen, weil der Dämpfer nicht ganz mitkommt. Die Lackierung mit den knalligen Farben gefällt mir.“ Canyon Torque DHX herstellerangaben Vertrieb Material/Größen Preis/Gewicht ohne Pedale messdaten Federweg vo./hi. Hinterbausystem Canyon Bicycles GmbH www.canyon.com Alu/S,M,L 2 099 Euro/16,8 kg 200 mm/195-210 mm Viergelenker ausstattung Gabel/Dämpfer RockShox Boxxer RC/Kage RC Kurbeln/Schaltung RaceFace Chester/SRAM X9 Bremsanlage SRAM Elixir 7 Trail Laufräder Sun Ringle A.D.D. Comp Systemlaufradsatz, vo: Maxxis High Roller 2, hi: Maxxis Minion 2,4 Reifen 50 578 125 400 Reach 405 mm Stack 594 mm BB-Drop 8 mm Stärken 73,9° • verspielt • Handling • Optik 63° Schwächen 1181 427 • Bremse 350 HANDLING wendig laufruhig Fahrwerk straff komfortabel Performance BIKEPARK Downhill Detailstark: Die Canyonisten haben an alles gedacht, ob Sag-Monitor, Trackflip, stimmige Komponenten oder die peppige Lackierung, die Felgen und Gabel mit einbezieht. Sexy! 9 10 Mehr oder weniger? Mit dem „Trackflip“ lässt sich der Federweg im Handumdrehen von 210 auf 195 Millimeter reduzieren. Das direktere Fahrverhalten hat uns bei Parkeinsätzen sehr gut gefallen. FREERIDE-RANKING: Die Zahl (maximal 10 Punkte) gibt den Gesamteindruck wieder und ist keine Addition von Downhill- und Bikepark-Punkten. FREERIDE 2|14 | 103 > TEST Race-Feile „Für Worldcup-Strecken wäre das Radon meine erste Wahl unter den Testbikes“, bringt es Worldcupper Johannes Fischbach auf den Punkt, „denn es besitzt am meisten Laufruhe und die nötigen Reserven bei Highspeed.“ Das Radon sticht tatsächlich aus dem Testfeld heraus. Schon beim ersten Aufsitzen spürt man den Charakter des Bikes: großer Reach, viel Endprogession im Heck, ein langer Radstand. Konstrukeur Bodo Probst hat das „Swoop 210“ auf Geschwindigkeit getrimmt. Mit keinem anderen Bike konnten wir es so krachen lassen wie mit dem Radon. Das anfangs straffe Fahrwerk wird dann lebendig, bietet viele Reserven und gibt gutes Feedback. Das stärkt das Fahrer-Vertrauen und man lässt die Kiste gerne laufen. Fiese Steinfelder? Kein Problem – einfach draufhalten! Die „Zee“-Bremsanlage beißt jederzeit kräftig zu, liegt mit ihren ergonomischen Hebeln perfekt in der Hand und steigert das Kontroll-Gefühl. Doch die Race-Gene haben auch einen Nachteil – sie spitzen den Einsatzbereich zu. Die Wendigkeit und Spritzigkeit leiden etwas. Das heißt allerdings nicht, dass das Radon für Spielerein im Bikepark wenig taugt, doch in verwinkelten, engen Passagen wirkt es etwas sperrig und will mit mehr Nachdruck gefahren werden als die Playboys von Canyon, Rose und YT. Gerade langsame Drop-offs und Northshore-Stunts erfordern mit dem Radon mehr Aufmerksamkeit. Fazit: „Ready to Race!“ Das Radon mit seinem laufruhigen Fahrwerk ist der Race-Bolide im Testfeld. Wer’s eilig hat und sicher durch grobes Geläuf pflügen will, sollte zum Radon greifen. Aufsitzen, Stoppuhr drücken! Das Radon wurde designt, um Rennen zu gewinnen. Über die Lauf ruhe und satten Fahrwerks reserven freuen sich aber auch Park-Freerider. Johannes Fischbach (26): „Das Radon steht auf Geballere. Es ist eine Race-Maschine mit vielen Reserven, weniger das verspielte Parkbike. Das Radon sticht mit seinen Race-Genen aus dem Testfeld heraus. Auf verwinkelten Strecken oder Northshore-Stunts wirkt es etwas klobig. Mein Race-Tipp!“ Radon Swoop 210 7.0 herstellerangaben Vertrieb H&S Bike Discount GmbH www.radon-bikes.de Material/Größen Alu/S,M,L Preis/Gewicht ohne Pedale 2 099 Euro/16,9 kg messdaten Federweg vo./hi. Hinterbausystem 200 mm/210 mm Viergelenker ausstattung Gabel/Dämpfer RockShox Boxxer RC/Kage RC Kurbeln/Schaltung Shimano Zee/Shimano Zee Bremsanlage Shimano Zee Laufräder Spank Spike 28 Systemlaufradsatz, Schwalbe Magic Mary 2,35 Reifen 50 Reach 435 mm Stack 586 mm BB-Drop 15 mm 603 120 430 Stärken 73,8° 1200 426 • „Ready to race“ • Laufruhe • Reserven 64° Schwächen 355 • wenig verspielt • Kettenschutz fehlt HANDLING wendig laufruhig Fahrwerk straff komfortabel Performance BikePark Downhill 104 | FREERIDE 2|14 Brems-Favorit: Die „Zee“ greift sich dank ihrer ergonomischen Hebel angenehm und liefert or dentlich Bremsverzögerung aus ihren 4-Kolben zangen. Das gibt Kontrolle und Selbstvertrauen. 9 10 Blechtrommel: Schade, dass Radon den Hinterbau nicht mit Plastik panzert, dann bliebe der Lack auf dem Rohr, leiser wäre es auch. Auch das Schalt werk muss man exakt justieren, sonst klappert’s! FREERIDE-RANKING: Die Zahl (maximal 10 Punkte) gibt den Gesamteindruck wieder und ist keine Addition von Downhill- und Bikepark-Punkten. Silberpfeil „Geiles Ding!“, sagt Testfahrer Paul. Ihm gefällt der „Raw-Look“ des Rose. „Nicht schön, oder?“, meint dagegen Fischi. Die Optik des „Unchained“ mit seinen gebürsteten Alu-Rohren polarisiert. Die Fahreigenschaften aber nicht, da sind sich die Tester einig: „Sehr stimmig!“ In FREERIDE 4/13 hatten wir die teure Variante des „Unchained“ bereits getestet und waren begeistert. Konstrukteur Max Sistenich hat das Bike aus der Taufe gehoben und den Rohrsatz mit der Ölquetsche in Form gebogen – im Gegensatz zu den bisher geraden Rohren bei Rose. Auffällig: Detailstärke (z. B. Plastikschutz) und gut gewählte Ausstattung. Das „Unchained“ ähnelt in seinem Charakter sehr der Konkurrenz von Canyon und YT. Das Bike fährt sich schön direkt, liegt satt auf und erfreut mit einem harmonischen Fahrwerk. Im großen Federweg (220 Millimeter) entfaltet der Hinterbau viel Komfort, in der langen Kettenstreben-Position ausreichend Laufruhe. Wie gemacht für den Downhill am Geißkopf mit seinen Sprüngen und Steinstufen. Das Bike lässt sich willig in Kurven drücken, zeigt sich sprungfreudig und agil in der Luft und walzt auf seinen fetten „Kaiser“-Reifen sicher durchs Gerümpel. Mit kurzem Federweg gefiel uns das Rose einen Ticken besser, weil noch direkter und spritziger. Gute Wahl: die „Code“Bremse mit viel Bisskraft und guter Dosierbarkeit. Fazit: Freeride-Mission oder Downhill-Gebolze – das Rose ist ein tolles Big Bike mit breitem Einsatzbereich, ein Spaßmacher im Wortsinn. Den Kauf wird man nicht bereuen. Vario-Federweg: ganz soft (220 Millimeter) oder eher direkt (200 Millimeter), langer Hinterbau oder eher wendig kurz – beim Rose hat man die Wahl. Johannes Fischbach (26): „Das Rose ist ein sehr ausgewogenes Rad. Gutes Kurvenhandling, es sackt nicht weg, steuert sich direkt und beschleunigt schwungvoll aus dem Turn raus. Super: der Plastikschutz für die Leitungen am Unterrohr – da hat jemand mitgedacht.“ Rose the Unchained herstellerangaben Vertrieb Material/Größen Preis/Gewicht ohne Pedale messdaten Federweg vo./hi. Hinterbausystem Rose Versand GmbH www.roseversand.de Alu/S,M,L 2 249 Euro/17,4 kg 200 mm/200-220 mm Viergelenker ausstattung Gabel/Dämpfer RockShox Boxxer RC/Kage RC Kurbeln/Schaltung Shimano Zee/Shimano Zee Bremsanlage Avid Code Laufräder Spank Spoon 32 Systemlaufradsatz, Continental Kaiser 2,5 Reifen 50 590 125 450 Reach 406 mm Stack 604 mm BB-Drop 10 mm Stärken 73,8° • fluffiger Hinterbau • Handling • Ausstattung 63,7° Schwächen 1199 445 HANDLING wendig Fahrwerk straff 352 laufruhig komfortabel Performance Bikepark Downhill 9,5 Nummer Sicher: Rose stattet sein „Unchained“ mit der bewährten „Code“-Bremse aus. Mit so viel kontrollierter Bremspower machen selbst lange, fiese Abfahrten nahe der Falllinie Spaß. Fort Knox: Die Kabelstränge sind mit dickem Plastik gegen Steinschlag gesichert. „Sehr fein“, sagt Fischi, „mir hat im Race schon mal ein Felsbrocken die Bremshydraulik durchtrennt.“ FREERIDE 2|14 | 105 > TEST Oldschooler Das Votec fiel uns schon bei der ersten Inspektion vor dem Praxistest mit kleinen Ungereimtheiten auf. Mit seiner sehr hohen Front und der gedrängten Sitzposition wirkt es oldschool. Auch die Ausstattung ist nicht so aus einem Guss wie bei den Mitbewerbern. So verbaut Votec die dünnen Schwalbe Performance-„Muddy-Marys“ mit unzureichendem Pannenschutz. Das sind keine Downhill-Reifen! Wir montierten Contis „Kaiser“. Die Praxiseindrücke bestätigen die Geometrie-Daten: Das Bike fühlt sich mit seiner hohen Front im steilen, technischen Gelände wohl und macht Spaß. Hier punktet es mit Spritzigkeit und steuert sich agil. Wenn es allerdings schnell wird, stößt es an Grenzen. Das „VF 195“ entwickelt nicht die nötige Laufruhe, wird früh nervös und fette Schläge setzen dem Hinterbau zu. Dem Heck fehlt Endprogression. Schon auf dem sanften Downhill im Bikepark Osternohe rummst der Hinterbau durch. In der ruppigen Abfahrt am Geißkopf mit ihren Felsstufen werden die metallischen Durchschläge dann zur ständigen Geräuschkulisse. Durch das hohe Tretlager liegt der Viergelenker mit seinem steilen Lenkwinkel weniger statt auf und kommt schneller ins Stolpern – Speed-Sprünge treiben den Puls nach oben. Nervig: Im Holterdipolter verloren wir das Schaltwerk. Das Gerüttle riss die zu kurzen Schrauben aus dem Rahmen. Auch die Bremsanlage („Elixir 5“) konnte uns nicht überzeugen. Fazit: Mit dem Votec kann man zweifelsohne Spaß haben. Es ist der Oldschool-Freerider im Testfeld. Im Vergleich zur modernen Konkurrenz werden die Schwächen schnell deutlich. Kurz, hoch, stelzig: Dem Votec würde ein Geometrie-Update gut tun, um am Puls der Zeit zu bleiben. Johannes Fischbach (26): „Das Votec ist auf dem Stand von 2008 hängengeblieben. Optisch wie auch von den Geometrie-Daten. Der Lenkwinkel wirkt steil – du spürst, dass die Gabel eher unter dir ist. Der Hinterbau reagiert gut bei kleinen, schnellen Schlägen. Wenn’s rauer wird, schlägt er durch.“ Votec VF 195 Comp herstellerangaben Vertrieb Material/Größen Preis/Gewicht ohne Pedale Internetstores GmbH www.votec.com Alu/S,M,L 2 099 Euro/17,3 kg messdaten Federweg vo./hi. Hinterbausystem 200 mm/195 mm Viergelenker ausstattung Gabel/Dämpfer RockShox Boxxer RC/Kage RC Kurbeln/Schaltung Truvativ Hussefelt/Shimano Zee Bremsanlage Avid Elixir 5 Laufräder Sun Ringle A.D.D. Expert Systemlaufradsatz, Schwalbe Muddy Mary Performance 2,5 Reifen 50 577 140 450 Reach 391 mm Stack 605 mm BB-Drop 23 mm Stärken 73,4° 1180 440 • punktet in steilen, technischen Pas sagen 64,4° Schwächen • nervös • Durchschläge • Reifen 370 HANDLING wendig laufruhig Fahrwerk straff komfortabel Performance Bikepark Downhill 106 | FREERIDE 2|14 Metallklotz: Votec verzichtet auf einen Directmount-Vorbau. Der Klotz sieht zwar nicht elegant aus, erhöht aber die Front – das fühlt sich in steilen Passagen angenehm an. 7,5 10 Oldschool-Optik: Die wuchtige Wippe quetscht 195 Millimeter Federweg aus dem Heck. Wenn’s richtig schnell und ruppig wird, schlägt der Hinterbau oft durch und bringt wenig Ruhe ins Bike. FREERIDE-RANKING: Die Zahl (maximal 10 Punkte) gibt den Gesamteindruck wieder und ist keine Addition von Downhill- und Bikepark-Punkten. Viel Bike fürs Geld: Mit diesen Bikes kann man richtig Spaß haben. Sie sind einfach zu fahren und abzustimmen und liefern eine Performance ab, die man so schnell nicht ausreizen kann. Hier jagen wir PromiTestfahrer Fischbach durch die neue Holzwelle im Bikepark Osternohe. Webcode 22837 freeride-magazine.com FREERIDE 2|14 | 107 > TEST Playboy Das „Tues 2.0“ hat schon viele Erfolge zu verzeichnen. Im FREERIDE-Test (2/12) errang es in teurer Ausstattung den Testsieg und volle Punkte. Teamfahrer Andreu Lacondeguy scheuchte es durch die roten Felsen Utahs, belegte mit seinem Vollgas-Run einen 4. Platz bei der Rampage und bewies die Big-Mountain-Qualitäten des fränkischen Versenderbikes. Da verwundert es nicht, dass das „Tues“ auch diesmal Eindruck machte. „Es ist das verspielteste Bike im Testfeld“, resümierte Racer Johannes Fischbach. Auffällig: das kantige Chassis in sexy Look. Ein Augenmagnet! Wir fuhren es mit langem Radstand für mehr Laufruhe. Das YT besticht mit tiefem Schwerpunkt und agilem Handling. Es ist wendig, sackt in schnellen Turns nicht weg und beschleunigt aus Kurven, ohne Speed zu verlieren. Der Hinterbau arbeitet aktiv mit guten Reserven – dagegen wirkt die Gabel eher straff und nutzt den Federweg nicht voll aus. Serienstreuung? Alles, was die Downhill-Piste vom Geißkopf an Hindernissen aufzubieten hatte, nahm das YT souverän und erzeugte dabei mit seinem flachen Lenkwinkel viel Kontrolle. Das „Tues“ kann aber alles gut – nicht nur Downhill-Bolzen: Drops, Sprünge, kniffelige Northshore-Stunts – kein Problem. Das macht das YT zum gelungenen Allround-Big-Bike. Die Bremse könnte allerdings kräftiger sein, in rauen Bremspassagen wanderte der Druckpunkt leicht. Fazit: Das optisch-schicke „Tues“ ist der Inbegriff eines modernen Big Bikes. Newschool. Ein Spielgerät mit sehr breitem Einsatzbereich – ideal für den Bikepark! Maskulin, technisch, sexy – so muss ein Big Bike aussehen! Johannes Fischbach (26): „Das Rahmen-Design des YT gefällt mir am besten – sehr schick! Der Reach ist kurz, das macht das Bike verspielt – perfekt für den Park, doch auf Ballerstrecken könnte es nervös werden. In meinen Augen ist das YT das verspielteste Bike im Testfeld.“ YT Tues 2.0 herstellerangaben Vertrieb Material/Größen Preis/Gewicht ohne Pedale YT Industries www.yt-industries.com Alu/S,M,L 2 199 Euro/17,5 kg messdaten Federweg vo./hi. Hinterbausystem 200 mm/200 mm Viergelenker ausstattung Gabel/Dämpfer Kurbeln/Schaltung Bremsanlage Laufräder RockShox Boxxer RC/Kage RC RaceFace Chester/SRAM X9 Avid Elixir 7 Trail Kore Torsion SL Systemlaufrad Maxxis Minion DHF 2,5 Reifen 50 110 400 Reach 408 mm Stack 589 mm BB-Drop 6 mm 577 Stärken 74,3° • Handling • breiter Einsatz • Optik 62,3° Schwächen 1201 436 • Gabel nutzt Feder weg nicht voll • Bremse 350 HANDLING wendig laufruhig Fahrwerk straff komfortabel Performance Bikepark Downhill 108 | FREERIDE 2|14 Mehr Laufruhe: Per Dropout-Chip lässt sich der Hinterbau um 1 Zentimeter verlängern. Wir fuhren das ohnehin wendige „Tues“ lieber in der langen Einstellung. 9 10 Eyecatcher: Das „Tues“ beeindruckt mit seinem stark hydroformierten Rahmen in sogenannter „Headbox“-Bauweise und der schicken Froschgrün-Lackierung. Das Auge fährt schließlich mit. FREERIDE-RANKING: Die Zahl (maximal 10 Punkte) gibt den Gesamteindruck wieder und ist keine Addition von Downhill- und Bikepark-Punkten. Mogelpackung? Fehlanzeige! Trotz Kampfpreis zeigten die günstigen Big Bikes, dass sie vollwertige Sportgeräte sind. Am besten für Rennen geeignet: das Radon „Swoop“ FREERIDE 2|14 | 109