Bearbeitungstiefe Name Geisler, Niklaus (Nikolaus

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Bearbeitungstiefe Name Geisler, Niklaus (Nikolaus
Bearbeitungstiefe
Name
Geisler, Niklaus (Nikolaus)
Namensvariante/n
Geiseler, Niklaus
Geisser, Niklaus
Geissler, Niklaus
Lebensdaten
* 7.4.1585 (Taufe) Schweinfurt, [um 1663 Luzern]
Staatszugehörigkeit D
Vitazeile
Bildhauer, Bildschnitzer, Altarbauer und Architekt. Ab 1624 in Luzern
tätig; ab 1663 tätig für das Schwesternhaus der Ursulinen am Graben
Tätigkeitsbereiche
Holzskulptur, Steinskulptur, Relief, Bauplastik, Architektur
Lexikonartikel
Der aus einer Schweinfurter Schreinerfamilie stammende Bildhauer
lernte vermutlich bei Michael Kern in Forchtenberg an der Kocher und
unterhielt später wohl Beziehungen zu Hans Junker (Mainfranken),
Hubert Gerhard (München), Adriaen de Vries (Augsburg) und Jörg Zürn
(Überlingen). Ab 1624 ist Geisler in Luzern nachweisbar, wo er am
18.11.1624 Barbara Aklin heiratete und zwei Jahre später als Konvertit
Hintersäss wurde. 1628 war Geisler für die Luzerner Franziskanerkirche
tätig (Kanzel, zwei Figuren für die Orgel und Renovation des
Heiliggrabes). Im gleichen Jahr erstellte er auch den Deckel des
Taufsteins in der Hofkirche. Beim Neubau der 1633 abgebrannten
Hofkirche wurde Geisler die gesamte Bauplastik und Ausstattung
übertragen, die er mit Hilfe einheimischer Meister bis 1650 ausführte. Im
Auftrag des Statthalters Ludwig Meyer erstellte er ab 1663 den heute
verlorenen Altar für das Schwesternhaus der Ursulinen am Graben
(1665 durch den Bildhauer Hans Wilhelm Tüfel aus Sursee und die
Maler Wägmann aufgerichtet). Tätig war Geisler auch für den Aargau und
die Luzerner Landschaft, wo ihm stilistisch einzelne Werke zugewiesen
werden können. Als Architekt lieferte er 1631 Pläne und Holzmodelle für
den Klosterneubau in Werthenstein sowie 1656 den Bauriss für das
Antoniuschörlein an der Nordseite der Luzerner Franziskanerkirche.
Niklaus Geisler hinterliess mit der gesamten Ausstattung der Hofkirche
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und der Kanzel in der Franziskanerkirche ein aussergewöhnlich reiches
Werk. Er war ein wesentlicher Wegbereiter des Barockstils in Luzern, wo
mit ihm der Knorpelstil Eingang fand. Stilistisch wurzelt sein Werk in der
niederländisch beeinflussten süddeutschen Plastik der Zeit um 1600.
Die Kanzel der Franziskanerkirche zeigt sich noch manieristisch
verspielt. Einen Bruch mit dem Althergebrachten stellt dagegen der
italienisch beeinflusste Marmor-Hochalter der Hofkirche dar, den Geisler
ab 1634 nach einem römischen Riss für den päpstlichen Nuntius
Ranutius Scotti vollenden musste, nachdem das Werk unter Meister
Georg Guggenbüel ins Stocken geraten war. Dieser Auftrag bewirkte
wohl auch eine Formklärung seiner Arbeiten an der Kanzel und am
Chorgestühl der Hofkirche, womit er dem gemässigten Barock huldigt
(1637–1642). Die Seitenaltäre hingegen wurden ab 1640 nach Rissen
Niklaus Geislers unter Einfluss einheimischer Bildschnitzer wiederum in
einer viel üppigeren Formensprache und – anders als der Hochaltar –
wie ortsüblich in Holz erstellt. Während die Ornamentik im Werk Geislers
– mit Ausnahme des Hochaltars in der Hofkirche – dynamisch,
detailreich und oft etwas skurril wirkt, sind seine Figuren stets höfisch
still mit Standmotiven der klassischen Renaissance.
Von Geisler gingen starke Impulse auf die luzernische und
innerschweizerische Kunst aus. Sein beruflicher Gegenspieler war Hans
Ulrich Räber, dessen volkstümlich-theatralische, originelle und bewegte
Kunst in starkem Gegensatz zum manieristisch geprägten Werk Niklaus
Geislers steht.
Werke: Luzern, Hofkirche; Luzern, Franziskanerkirche.
Uta Bergmann, 1998, aktualisiert 2016
Literaturauswahl
Seite 2/4, http://www.sikart.ch
- Axel Christoph Gampp: «Laute und stumme Künstlerklagen». In: Die
Klage des Künstlers. Krise und Umbruch von der Reformation bis um
1800. Herausgegeben von Birgit Ulrike Münch [et al.]. Petersberg:
Michael Imhof Verlag, 2015, S. 82-95
- Peter Felder: Luzerner Barockplastik. Luzern: Raeber, 2004
- Peter Felder: «Die Plastiken der Luzerner Hofkirche». In: Jahrbuch der
Historischen Gesellschaft Luzern, 20, 2002, S. 91-107
- Peter Felder, Die Kunstlandschaft Innerschweiz. Zusammenspiel von
Landschaft, Geschichte und Kunst, Luzern: Raeber, 1995.
- Paul-André Jaccard: Skulptur. La sculpture. La scultura. La sculptura.
[Editions parallèles en allemand, français, italien et romanche]. Disentis:
Desertina, 1991 (Ars Helvetica VII)
- Peter Felder: Barockplastik der Schweiz. [Hrsg.:] Gesellschaft für
Schweizerische Kunstgeschichte. Basel und Stuttgart: Wiese, 1988
(Beiträge zur Kunstgeschichte der Schweiz 6)
- Barockplastik des Aargaus. Aargauer Kunsthaus Aarau, 1972. Katalog:
Peter Felder. Aarau: Sauerländer, 1972
- Peter Felder: Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau. Band IV. Der
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Schweiz 54)
- Adolf Reinle: Die Kunstdenkmäler des Kantons Luzern. Band VI. Das
Amt Hochdorf. Basel: Birkhäuser, 1963 (Die Kunstdenkmäler der
Schweiz 47)
- Peter Felder: Die Hofkirche St. Leodegar und St. Mauritius in Luzern.
Eine kunstgeschichtliche Monographie. Dissertation Universität Basel.
Basel: Birkhäuser, 1958 (Basler Studien zur Kunstgeschichte XVII)
- Renate Dunkel: Niklaus Geisler. Ein süddeutscher Bildhauer des 17.
Jahrhunderts. [Typoskript] Dissertation Universität Bonn, 1955
Nachschlagewerke
- Biografisches Lexikon der Schweizer Kunst. Dictionnaire biographique
de l'art suisse. Dizionario biografico dell'arte svizzera. Hrsg.:
Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft, Zürich und Lausanne;
Leitung: Karl Jost. Zürich: Neue Zürcher Zeitung, 1998, 2 Bde.
- Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur
Gegenwart, begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker, 37 Bde.,
Leipzig: E. A. Seemann, 1907-1950.
- Schweizerisches Künstler-Lexikon, hrsg. vom Schweizerischen
Kunstverein, redigiert unter Mitwirkung von Fachgenossen von Carl Brun,
4 Bde., Frauenfeld: Huber, 1905-1917.
Direktlink
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GND 136357954 | Deutsche Biographie
Letzte Änderung
30.11.2016
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Empfohlene Zitierweise
AutorIn: Titel [Datum der Publikation], Quellenangabe, <URL>, Datum
des Zugriffs. Beispiel: Oskar Bätschmann: Hodler, Ferdinand [2008,
2011], in: SIKART Lexikon zur Kunst in der Schweiz,
http://www.sikart.ch/kuenstlerinnen.aspx?id=4000055, Zugriff vom
13.9.2012.
Seite 4/4, http://www.sikart.ch