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Ausgabe 02/2012 April / Mai www.unternehmensjurist.net Vertriebskennzeichen 23401 Preis: 15,-- Euro unternehmens jurist Magazin für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Rechtsabteilungen WERBEN UM DIE BESTEN Unternehmen fällt es schwer, gute Leute für die Rechtsabteilung zu rekrutieren: Sie verkaufen sich unter Wert. Dabei können sie potenziellen Mitarbeitern eine Menge bieten. INHALT unternehmensjurist KURZ & KNAPP TITELTHEMA 08 CLOUD SICHER FÜR ANWÄLTE Datenschutzexperte fordert Lockerung des Cloud-Verbots für Anwälte, Ärzte und Versicherungen 12 WERBEN UM DIE BESTEN Unternehmen fällt es schwer, gute Leute für die Rechtsabteilung zu rekrutieren. Das verwundert, denn eigentlich haben sie so viel zu bieten 18 „NUR JURIST SEIN, REICHT HEUTE NICHT MEHR“ Die klassische Juristenausbildung bereitet nur unzureichend auf die Arbeit als Unternehmensjurist oder Wirtschaftsanwalt vor, sagt Prof. Michael Brück 09 MARKENKÖNIG CHINA Thomson Reuters hat die globale Entwicklung von geistigem Eigentum untersucht 10 AUGENSCHEIN IST TRUMPF Laut Deloitte-Studie sind PreEmployment-Checks in Deutschland (noch) kein Thema STRATEGIE & MANAGEMENT 22 BERATUNG Unternehmensjuristen geraten immer wieder zwischen Geschäftsführung und Aufsichtsrat in missliche Lagen 26 FEINDLICHE ÜBERNAHME Übernahmen sind Chance und Risiko gleichermaßen 30 TECHNISCHE HILFEN Programme zur automatischen Vertragserstellung können die Rechtsabteilung entlasten 32 RECHTSFORMEN Deutsche Traditionsrechtsformen haben mit Ltd. und SE Konkurrenz bekommen 36 ÜBERSETZUNGEN Die Sprache ist das eine, die Anpassung an Rechtssystem und Kultur das andere: eine Übersicht 6 Ausgabe 2/2012 unternehmensjurist INHALT TRENDS & THEMEN JOB & KARRIERE VERBAND 4O INTERVIEW Andreas Mundt, seit 2009 Chef des Bundeskartellamtes, beantwortet unsere Fragen 56 TEILZEITARBEIT Bei richtiger Planung kann Teilzeitarbeit auch in Rechtsabteilungen funktionieren 70 PRÄSIDIUM Drei Mitglieder neu im Präsidium 44 RECHT IN CHINA Investoren müssen weiterhin zahlreiche – politisch gewollte – Besonderheiten beachten 60 BÜROS Welche Bürolandschaften am besten in Rechtsabteilungen passen 72 KONGRESS IN BERLIN Bericht und Bilder 64 KOSTENRECHNUNG Zahlen alleine sagen nichts: Kosten-Leistungsrechnung in der Rechtsabteilung 48 BRANCHENCHECK Rechtsabteilungen in der chemischen Industrie 52 INSOLVENZRECHT Das neue Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) markiert einen Systemwechsel 71 76 66 STREIK 200 gegen den Rest der Welt: So ungefähr stellte sich beim Streik der GdF die Situation am Flughafen Frankfurt am Main dar TERMINE STIMMEN ZUM KONGRESS 78 STRATEGISCHE PARTNER MITGEHÖRT 80 ZUR PRÜFUNG Manchmal muss man sich Zeit 82 PERSONENREGISTER, IMPRESSUM Ausgabe 2/2012 7 STRATEGIE & MANAGEMENT unternehmensjurist TECHNISCHE HILFEN KLAUSELN AUS DEM RECHNER Programme zur automatischen Vertragserstellung können die Rechtsabteilung entlasten. Doch bis eine solche Software sinnvoll eingesetzt werden kann, bedarf es, wie bei so vielen digitalen Hilfsmitteln, einer aufwendigen Vorbereitung. D as System läuft. Zumindest hat Dr. Michael J. Schmitt noch keine Warn-E-Mail bekommen. Seit Oktober setzt die Henkel AG & Co. KGaA, Düsseldorf, ein Computerprogramm ein, mit dem Verträge automatisch erstellt werden können. Im Idealfall geht der Vorgang nicht mehr über einen Schreibtisch der Rechtsabteilung, sondern wird gleich von einem Sachbearbeiter geklärt. Ein paar Klicks – und fertig ist die Vertraulichkeitserklärung. Schon 200 Vorgänge wurden auf diese Art erledigt. „Das System wird sehr gut angenommen. Anstatt unter Umständen zwei Wochen auf ein Dokument warten zu müssen, können die Kollegen den Vertrag gleich am eigenen Bildschirm erstellen“, sagt Dr. Schmitt, Senior Corporate Counsel im Bereich Corporate Matters der Henkel-Rechtsabteilung. Rechtsabteilungen suchen immer wieder nach neuen Wegen, effektiver zu arbeiten und die begrenzten Ressourcen sinnvoll zu nutzen. Eine Möglichkeit kann die Anwendung von Software zur automatischen Vertragserstellung sein, die in ein allgemeines Vertragsmanagementsystem eingebunden ist. Standardisierte Prozesse können auf diese Weise von der Rechtsabteilung ferngehalten werden. Nicht für jede Rechtsabteilung ist so ein System geeignet. Die Verbreitung der Software ist in Deutschland deutlich kleiner als im angelsächsischen Rechtsraum. Dort finden sich auch so ambitionierte Projekte wie ContractStandards – eine Datenbank von Vertragsbausteinen, die über eine automatisierte Analyse von Verträgen aufgebaut wird. „Im angelsächsischen Recht sind die Verträge aufgrund der fehlenden Kodifizierung des Rechts häufig sehr umfangreich – deutlich umfangreicher als im deutschen Recht“, begründet Dr. Anselm Brandi-Dohrn, Rechtsanwalt und Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Recht und Informatik (DGRI), den Vorsprung der Angelsachsen. So müssten in einem Vertrag nach angelsächsischem Muster häufig auch Definitionen mitformuliert werden, die man im deutschen Rechtssystem dem Gesetz entnähme. „In einem solchen Fall kann es natürlich sehr sinnvoll sein, für diese Passagen auf Vertragsbausteine zurückzugreifen“, empfiehlt InformatikSpezialist Brandi-Dohrn. Eine Software mit vorgefertigten Vertragsbausteinen hätte dem Henkelkonzern wenig geholfen, erläutert Dr. Michael J. Schmitt. Es bedurfte einer Vorbereitung von zwei Jahren, bevor die Software „Contract Builder“ eingesetzt werden konnte. „Die intellektuelle Vorarbeit ist nicht zu unterschät- GUT FÜR ANWÄLTE, SCHLECHT FÜR RICHTER In der Anwaltschaft wird durchaus über den Sinn von automatischer Dokumentenerstellung, etwa für Verträge, nachgedacht. Der Bundesvorstand des Deutschen Richterbundes (DRB) lehnt die sei zwar grundsätzlich zu begrüßen, äußerten sich die Richter in einer Stellungnahme. Aber nur dann, wenn sie die Arbeitsweise der Richter und Staatsanwälte funktionsgerecht unterstütze und dadurch die Effektivität der Aufgabenerledigung erhöhe. Abzulehnen seien solche Anwendungen, die Richtern Textpassagen oder gar bestimmte Entscheidungen verbindlich vorgäben. Dies würde gegen die richterliche Unabhängigkeit verstoßen. Die juristische Arbeit bestehe zu einem wesentlichen Teil darin, Rechtssätze auf konkrete Lebenssachverhalte anzuwenden. Jeder zu beurteilende Sachverhalt und insbesondere die beteiligten Personen müssten individuell betrachtet werden. Ein Katalog vorgegebener Textbausteine müsse immer unvollständig bleiben und erschwere die Orientierung der Entscheidung am konkreten Fall. 30 Ausgabe 2/2012 unternehmensjurist STRATEGIE & MANAGEMENT zen. Es ist eine hohe Kunst, die Rechtssprache mit den Anforderungen eines IT-Systems in Einklang zu bringen“, hat Dr. Schmitt erfahren. Die Rechtsabteilung dachte sämtliche Entscheidungsschritte für das Computerprogramm voraus: Welche Vertragsbestandteile werden wann vom Programm eingefügt? Wie viel Freiheit wird dem Sachbearbeiter bei der Gestaltung des Vertrages gelassen? Wann werden Grenzen gezogen, etwa Warn-E-Mails an die Rechtsabteilung, damit diese sich mit dem Vertrag beschäftigt? HILFE, KEIN ERSATZ Dem Konzern kam zugute, dass es bereits eine eingespielte Struktur für die Erstellung von Standardverträgen gab, die die Rechtsanwälte schon soweit wie möglich entlastete. „Die Kollegen aus den Abteilungen mussten einen Fragebogen mit wichtigen Vertragsinformationen ausfüllen. Dazu gehörten beispielsweise die Vertragsparteien, die Projektbeschreibung oder die Laufzeit des Vertrages“, rekapituliert Dr. Schmitt. Dieser Fragebogen ging dann an eine Assistentin, die den Standardvertrag aufsetzte. Die finale Freigabe erfolgte durch einen Juristen. „Diesen Prozess konnten wir auf den Contract Builder übertragen. Der Fragebogen ist jetzt schon in der Software hinterlegt“, zeigt sich der HenkelSyndikus zufrieden. Ein weiterer Vorteil: Daten werden automatisch an das Vertragsmanagementsystem weitergereicht und können beispielsweise für die Fristenkontrolle genutzt werden. Ein Jurist muss in der Regel nicht mehr eingeschaltet werden. Anstelle der Assistentin generiert die Software den Vertrag. Im System sind unsichtbare Grenzen eingezogen, zum Beispiel bestimmte Vertragslaufzeiten. „Werden diese überschritten, geht automatisch eine E-Mail an die Rechtsabteilung, die sich dann mit dem Fall befassen kann“, erklärt Schmitt. Das sollte natürlich so selten wie möglich sein. Schließlich ist es aus Sicht von Michael Schmitt eine einfache Rechnung: Die Zeit, die durch die Software eingespart wird, könne für andere und komplexere Aufgaben verwendet werden. „Uns nützt der Contract Builder, wenn damit Prozesse vereinfacht werden. Das geht natürlich nur bei Verträgen, die nicht umfangreich verhandelt werden müssen oder die einem bestimmten Standard entsprechen“, sagt der Henkel-Counsel. Doch es gibt auch klare Grenzen: „Ein Verhandlungsprozess kann mit der Software nicht abgebildet werden.“ Auch Dr. Brandi-Dohrn von der DGRI sieht nicht, dass Software zur automatischen Vertragserstellung die Arbeit der Juristen komplett ersetzen könnte: „Das, was die eigentliche Arbeit ausmacht – einen abstrakten Vertragstext auf eine konkrete Situation hin anzupassen – diese Aufgabe kann dem Juristen keine Software abnehmen.“ Dr. Anselm Brandi-Dohrn, Dr. Michael Schmitt, Senior Vorstand Deutsche GesellCorporate Counsel, Henkel schaft für Recht & Informatik AG & Co. KGaA (DGRI) Dennoch sieht Anselm Brandi-Dohrn einen bestimmten Aufgabenbereich, der mit den Computerprogrammen abgedeckt werden kann: „Wenn die Software gestattet, eigene Vertragspassagen einzupflegen, ist sie Teil des KnowledgeManagements. Das ist etwa unter Compliance-Gesichtspunkten interessant, wenn es um die Standardisierung der Verträge geht.“ Einfachere Software, die nur auf Vertragsbausteine zurückgreift, kann auch ihren Sinn haben. Doch bei ihr sind die Grenzen zu Formularhandbüchern fließend. Auch diese gibt es ja schon seit längerer Zeit in digitaler Form. Und die Kommentierung wird gleich mitgeliefert. Henning Zander PROGRAMME LCM Legal Contract Builder www.thequalitygroup.de/ OS| “Contract“ www.ssbnet.de/ janolaw Vertragsassistent www.janolaw.de/ Simplessus Contracts www.simplessus.com/ kiiac www.kiiac.com/ Ausgabe 2/2012 31 TRENDS & THEMEN unternehmensjurist INTERVIEW DIE WIRTSCHAFT AM LAUFEN HALTEN Preisabsprachen sanktionieren und Kartellbildung verhindern – das Bundeskartellamt soll bekämpfen, was die Marktwirtschaft stören könnte. An der Spitze der Bonner Behörde steht seit 2009 Andreas Mundt. Wir haben ihn zu seiner Arbeit befragt. Das Bundeskartellamt ist vor allem in den Schlagzeilen, wenn es um Zusammenschlüsse marktbeherrschender Unternehmen respektive um Aufsehen erregende Preisabsprachen geht. Wo liegt der Schwerpunkt Ihrer Arbeit? Andreas Mundt: Wir sind für sämtliche Wirtschaftsbereiche in der Bundesrepublik zuständig und das spiegelt unsere Fallpraxis in der Fusionskontrolle, der Missbrauchsaufsicht und der Kartellverfolgung auch deutlich wider. Die hochkonzentrierten Strukturen in der Energiewirtschaft nehmen dabei regelmäßig etwas mehr Raum ein. Aufgrund des öffentlichen Interesses hat man auch den Eindruck, dass wir uns in letzter Zeit verstärkt mit dem Lebensmitteleinzelhandel beschäftigt hätten. Wenn Sie aber unseren Tätigkeitsbericht durchblättern, werden Sie schnell feststellen, dass hier kein Wirtschaftsfeld ausgenommen bleibt. Seit 1. Januar 2012 ist das Bundeskartellamt für das Monitoring der wettbewerblichen Märkte im Energiebereich zuständig. Was heißt das konkret? 40 Ausgabe 2/2012 Gemeinsam mit der Bundesnetzagentur untersucht, analysiert und berichtet das Bundeskartellamt jährlich über die Entwicklungen in der Energiewirtschaft. Diese Berichte stellen nicht nur für unsere Arbeit eine wichtige Grundlage dar, sie können auch eine Basis für energiepolitische Entscheidungen der Bundesregierung sein. Märkte und Marktentwicklungen werden immer schneller. Ihre Untersuchung der Stromgroßhandelsmärkte zeigt, dass eine Kontrolle dieser Märkte in Echtzeit notwendig ist, um das Funktionieren zu Marktbedingungen sicherzustellen. Wie kann das gelingen? Unsere Erkenntnisse aus der Sektoruntersuchung mündeten unter anderem in der Forderung, eine sogenannte Markttransparenzstelle einzurichten. Die Bundesregierung hat diese Idee aufgegriffen und wir sind bereits in intensiven Gesprächen mit dem Wirtschaftsministerium und der Bundesnetzagentur. Wir werden damit in die Lage versetzt, tagtäglich und aktuell zu wissen, welcher Kraftwerksblock unternehmensjurist von wann bis wann am Netz war und wie sich das Angebotsverhalten der Unternehmen an der Strombörse dazu verhält. So können wir in Zukunft eine effektive Kontrolle der StromGroßhandelsmärkte sicherstellen. Im Rahmen der Energiewende gewinnen diese Erkenntnisse noch an Bedeutung. Ihre Untersuchungen müssen auf fundierten Daten und Einschätzungen beruhen. Wie ermitteln Sie die Daten, wie kommen Sie zu Ihren Einschätzungen? Zunächst mal kann ich mich hier im Haus auf einen Stab von hoch qualifizierten und stark motivierten Mitarbeitern verlassen. In einem konkreten Fall starten die Ermittlungen aufgrund der Branchen- oder Unternehmenskenntnis der spezialisierten Abteilungen nicht bei Null. Dennoch müssen wir uns stets in kürzester Zeit in einen Markt vertiefen, um ihn wirklich zu verstehen. Das gelingt nicht ausschließlich auf der Basis von sorgfältig und umfassend erhobenen Auskünften, Daten und Gutachten, auch wenn wir als rechtsanwendende Behörde den Vorteil haben, Einblick in Geschäftsgeheimnisse zu nehmen. Darüber hinaus werden auch viele persönliche Gespräche mit Marktakteuren geführt. Wie sieht Ihr Qualitätsmanagement aus? An komplexen Fällen arbeitet immer ein Team von Juristen und Ökonomen, unterstützt von spezialisierten Grundsatzreferaten. Wir evaluieren unsere Fallarbeit genauso wie die im Markt erzielten Ergebnisse regelmäßig. Qualitätsmanagement ist für uns ein selbstverständlicher, fortlaufender Prozess. Welchen Stellenwert hat die Verfolgung von Absprachen bei öffentlichen Ausschreibungen? Die Kartellverfolgung haben wir im vergangenen Jahrzehnt mit Nachdruck ausgebaut. Das erklärt auch die deutlich gestiegene Zahl von Verfahren in diesem Bereich. Hierher gehört auch die Verfolgung von Absprachen bei öffentlichen Ausschreibungen. Der strafrechtlich bewehrte Submissionsbetrug beruht auf Absprachen zwischen Unternehmen, die wiederum auch als Kartell geahndet werden müssen. Wir haben hier in der jüngeren Vergangenheit eine Reihe von Verfahren geführt und dabei festgestellt, dass die Zusammenarbeit mit den Staatsanwaltschaften optimiert werden kann. Zu diesem Zweck haben wir nun ein Netzwerk mit Landeskartellbehörden und Schwerpunktstaatsanwaltschaften ins Leben gerufen. 2011 gingen von 1100 angemeldeten Zusammenschlussvorhaben nur 15 in die vertiefte Prüfung in der sogenannten zweiten Phase, das ist knapp 1 Prozent. Ist kartellrechtlich tatsächlich alles im Lot oder täuschen diese Zahlen über die tatsächlichen Probleme hinweg? Zunächst zeigt die Zusammenschlusskontrolle ja nur einen Ausschnitt – wenn auch einen wichtigen – des Kartellrechts. Man könnte nun allenfalls auf den Gedanken kommen, an der Zahl der Hauptprüfverfahren den Grad der Konzentrati- TRENDS & THEMEN on in der deutschen Wirtschaft abzulesen. Aber auch dieser Gedanke führt nicht weit. Unternehmen kennen ihre Märkte. Fusionspläne werden strategisch natürlich immer im Lichte der möglichen Probleme mit den Wettbewerbsbehörden durchdacht. Hier hat die Vorfeldwirkung unserer Praxis eine große Bedeutung. 15 Zweite-Phase-Fälle – das ist nicht zuletzt im internationalen Vergleich sogar eine stattliche Zahl. Da blieben nur noch wenige Branchen übrig, mit denen wir uns in der Fusionskontrolle nicht intensiv befasst hätten. Es wird im Kontext des Kartellrechts, gerade auch auf europäischer Ebene, gerne von Überregulierung gesprochen. Sehen Sie das auch so? Das Stichwort Überregulierung wird meines Wissens nicht im Zusammenhang mit Kartellrecht erwähnt. Schließlich sind es ja gerade die Wettbewerbsbehörden, die an vielerlei Fronten für die Deregulierung in der Wirtschaft eintreten. Auch das Kartellrecht selbst ist meines Erachtens keineswegs überreguliert, weder in Europa noch in Deutschland. Vergleichen Sie das Kartellrecht mit anderen Rechtgebieten: Die Fristen sind kurz, die Anmeldevoraussetzungen sind jedenfalls in Deutschland gering und die Beamten arbeiten praxisnah. Das hat auch mit unserem Selbstverständnis zu tun: Wir wollen ja gerade dafür sorgen, dass die Wirtschaft läuft. „ Unternehmensanwälten kommt nicht zuletzt bei der vorbeugenden internen Compliance eine zentrale Rolle zu.“ Erleichtern oder erschweren Ihnen die europäischen Kartellwächter die Arbeit? Die formellen Zuständigkeiten zwischen uns und der Europäischen Kommission sind gesetzlich klar abgegrenzt. Die Zusammenarbeit verläuft seit vielen Jahren sehr gut und effizient. Da haben wir keine Probleme, im Gegenteil. Es gibt Unterschiede zwischen deutschem und europäischem Kartellrecht, beispielsweise in der Einschätzung von Marktbeherrschung und Marktstärke. Wie schätzen Sie die Chancen einer Vereinheitlichung ein? Da muss ich Sie korrigieren. Bis auf wenige Ausnahmen ist das deutsche und das europäische Kartellrecht bereits vereinheitlicht. In der Fallpraxis läuft daher nichts auseinander. Bewertungsunterschiede können Sie natürlich nie völlig ausschließen. Auf europäischer Ebene ist die Aufhebung des Legal Privilege bestätigt worden. Wie sehen Sie die Rolle der Syndikusanwälte? Der Europäische Gerichtshof hat im Fall Akzo Nobel Chemicals Ltd. im Jahre 2010 bestätigt, dass ein Syndikus sich Ausgabe 2/2012 41 TRENDS & THEMEN unternehmensjurist „ nicht auf das europäische Legal Privilege berufen kann. In Deutschland stellt sich die Rechtslage ähnlich dar, das heißt, auch nach deutschem Recht ist die Korrespondenz des Syndikus grundsätzlich nicht vor den Ermittlungen des Kartellamtes geschützt. Im Zusammenhang mit Kartellverfahren kommt Unternehmensanwälten nicht zuletzt bei der vorbeugenden internen Compliance wie auch bei der Aufklärung bereits begangener Rechtsverstöße eine zentrale Rolle zu. Oft sind es die Syndikusanwälte, die den entscheidenden Anstoß zu Kronzeugenanträgen ihres Unternehmens geben. Unternehmen, die ernsthaft an der Aufklärung von Kartellverstößen interessiert sind, erleiden aufgrund des fehlenden Schutzes des Syndikus kaum Nachteile. Ich möchte hinzufügen, dass der Fall, dass das Bundeskartellamt die Unterlagen einer internen laufendenUntersuchung beschlagnahmt, kurz bevor das Unternehmen einen Bonusantrag oder Marker stellen konnte, zwar theoretisch denkbar ist, in der Praxis jedoch nicht vorkommt. Ungefähr die Hälfte unserer Kartellverfahren wird mittlerweile durch die Hinweise eines Kronzeugen ausgelöst.“ Im Januar hat das Amtsgericht Bonn Ihre Auffassung bestätigt, dass Kronzeugenanträge besonders vertraulich zu behandeln sind. Welche Bedeutung haben Kronzeugen für die Kartellverfolgung? Ungefähr die Hälfte unserer Kartellverfahren wird mittlerweile durch die Hinweise eines Kronzeugen ausgelöst. Die Bedeutung ist also groß. Das Urteil des Amtsgerichts Bonn hat uns in der Auffassung bestätigt, dass die Unterlagen, die uns Kronzeugen zur Verfügung stellen, eines besonderen Schutzes bedürfen. Etwaigen Schadensersatzansprüchen Dritter kann und soll auch der Kronzeuge ausgesetzt sein. Es gibt 42 Ausgabe 2/2012 aber keinen Grund dafür, dass ein Kronzeuge hier schlechter gestellt wird als die übrigen Kartellmitglieder. 2011 erhielt das Kartellamt in 28 verschiedenen Fällen 37 Anträge von Kronzeugen. Da nur die Erstmeldung strafbefreiend wirkt, waren offenbar neun zu langsam. Wann muss man sich melden, um Kronzeugenschutz zu erlangen? Ich kann nur sagen – so schnell und so früh wie möglich. Es ist richtig, dass ein vollständiger Straferlass meist nur dem ersten Hinweisgeber gewährt werden kann. Zu einem späteren Zeitpunkt besteht aber immer noch die Möglichkeit, aufgrund von anderen sachdienlichen Hinweisen und der Kooperation mit dem Bundeskartellamt bei der Aufklärung eines Falles, einen Nachlass auf das Bußgeld zu erhalten. In diesem Sinne war keiner der 37 Anträge zu spät. Bei Verstößen gegen das Kartellrecht kann mittlerweile auch der klagen, der lediglich indirekt geschädigt wurde. Kronzeugen setzen sich dieser Gefahr unmittelbar aus. Behindert das die Aufklärung nicht? Behördliche Kartellverfolgung und zivilrechtliche Schadensersatzbegehren ergänzen sich sinnvoll. Unsere Bußgelder sanktionieren einen Gesetzesverstoß. Sie sollen darüber hinaus – wie bei jeder Strafe – auch andere davon abhalten, ebenfalls einen Kartellverstoß zu begehen. Opfer von Preisabsprachen haben hingegen die Möglichkeit, etwaige Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung geltend zu machen. Die prozessualen Möglichkeiten sind in Deutschland erfreulicherweise in den vergangenen Jahren deutlich verbessert worden. Man darf den Bogen allerdings auch nicht überspannen. Das bestehende System ist ausgewogen und funktioniert gut. Äußerst skeptisch stehe ich Ansätzen gegenüber, Sammelklagen nach amerikanischem Vorbild einzuführen. Man darf auch nicht vergessen: Ohne vorherige behördliche Ermittlungen und Verfahren wären die Zivilklagen kaum möglich. unternehmensjurist Zum Schluss möchten wir Ihnen noch Fragen zum Wettbewerbsrecht stellen: Derzeit wird das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen novelliert. Sie begrüßen den im November vorgelegten Referentenentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums, sehen aber noch Nachbesserungsbedarf, beispielsweise bei den vorgeschlagenen Änderungen der Anmeldeschwellen für Fusionen im Pressebereich. Können Sie diese Einschätzung konkretisieren? Wir sind mit vielen Vorschlägen aus dem Referentenentwurf sehr zufrieden. Die Änderung der Pressefusionskontrolle sehen wir kritisch, da mit der Einschränkung der Fusionskontrolle in diesem Bereich immer auch die Pressevielfalt mit betroffen ist. Im Vergleich zu den im Vorfeld von Seiten der großen Verleger geäußerten Forderungen sollte man die jetzt geplanten Änderungen aber auch nicht dramatisieren. Aus unserer Sicht sollte der Referentenentwurf vor allem noch im Bereich des Kartellordnungswidrigkeitenrechts präzisiert werden. Sie fordern die Schaffung eines eigenständigen Kartellverfahrensrechts, das europäischer Konvergenz dienen und praktischen Anforderungen genügen soll. Was würde dies für die Unternehmen bedeuten? Bleiben wir realistisch. Ein eigenes Kartellverfahrensrecht ist eher ein mittelfristiges Ziel, das sicherlich nicht in diesem oder im nächsten Jahr realisiert wird. Ich glaube aber, dass so manche systematische Unwucht damit zu tun hat, dass der Kartellrechtler sich stets an der Schnittstelle zu verschiedensten Rechtsgebieten bewegt. Insbesondere in der Anwendung des Ordnungswidrigkeitenrechts und des Strafprozessrechts gibt es immer wieder Reibungspunkte, die man mit Sonderregeln besser in den Griff bekäme. Ihnen fehlen Regelungen zur Rechtsnachfolge bei der Bußgeldhaftung und die Einführung einer kartellrechtlichen Konzernhaftung. Die Lösung dieser Probleme wäre für die Wirksamkeit der Kartellverfolgung zentral. Wie sieht hier aktuell die Praxis aus? Der Bundesgerichtshof hat in kürzlich ergangenen Urteilen deutlich gemacht, dass sich Unternehmen bei geltender Gesetzeslage durch geschickte Umstrukturierungsmaßnahmen der Haftung für ein Bußgeld entziehen können. Diese Regelungslücke muss unbedingt geschlossen werden. Um die Rechtsfolgen dingfest zu machen, müssten wir uns sonst zukünftig auf das Europäische Recht zurückziehen und vielleicht auch den einen oder anderen Fall an die Kollegen in Brüssel abgeben. Ein weiteres Problem stellt sich im Zusammenhang mit Aufsichtspflichten im Konzern. Nach unserer Interpretation der Rechtslage haben Konzernmütter eine Aufsichtspflicht über ihre Töchter. Verletzungen dieser kartellrechtlichen Aufsichtspflicht werden in unserer Praxis mit Bußgeldern belegt. Eine TRENDS & THEMEN gesetzliche Klarstellung in diesem Bereich würde uns gerichtliche Auseinandersetzungen ersparen. Wir werden im Gesetzgebungsverfahren auf entsprechende Änderungen drängen. Was spricht dagegen, dass einzelne strafprozessuale Prinzipien wie von Ihnen gewünscht an die Besonderheiten kartellrechtlicher Verfahren angepasst werden? Bei den zuständigen Stellen tut man sich sehr schwer, ein Teilgebiet aus den vertrauten systematischen Strukturen zu entlassen. Im deutschen Recht gibt es das Ordnungswidrigkeitenrecht, das auf Verkehrsrechts-Übertretungen wie auf Kartellrechtsverstöße Anwendung findet. Natürlich sollte man eine rechtliche Systematik nicht ohne Not über Bord werfen. Die Realität für den Rechtsunterworfenen ist im Kartellrecht allerdings speziell. Durch die parallele Zuständigkeit von Kommission und Bundeskartellamt ist es aus Sicht des Unternehmens fast schon zufällig, ob die Kommission oder das Bundeskartellamt die Kartellverfolgung aufnimmt. Hier ist aus meiner Sicht die Systemstimmigkeit zwischen europäischem und deutschem Kartellrecht wichtiger als die zwischen dem Kartellrecht mit dem Verkehrs- und Lebensmittelrecht innerhalb Deutschlands. Wessen bedarf es, um Verfahrenserleichterungen durchzusetzen? Es bedarf eigentlich nur eines unbefangenen Blicks auf die Realitäten, eines Verständnisses der Verflechtungen zwischen deutschem und europäischem Recht sowie dem politischen Willen, manch althergebrachte Vorstellung über Bord zu werfen und kreative Lösungen zu suchen. Interview: Wolfgang Borgfeld, Peter Schneider Andreas Mundt 1960 in Bonn geboren, studierte Andreas Mundt dort und in Lausanne/Schweiz Rechtswissenschaften. Dem Bundeskartellamt gehört er seit dem Jahr 2000 an, zunächst als Beisitzer in der 8. Beschlussabteilung (Kreditinstitute und Lotteriewesen), ab 2001 als Leiter des Referates Mundt die Leitung der Grundsatzabteilung und wurde 2009 zum Präsidenten des Bundeskartellamtes berufen. Die kartellrechtlichen Entscheidungen des Bundeskartellamtes werden in einem justizähnlichen Verfahren von zwölf Beschlussabteilungen getroffen, deren Zuständigkeiten überwiegend nach Wirtschaftszweigen abgegrenzt sind. Der Jahreshaushalt des Amtes beläuft sich auf rund 21,7 Mio. Euro (Stand: 2009). Insgesamt hat das Bundeskartellamt 320 Beschäftigte, von denen etwa die Hälfte Juristen und Ökonomen sind. Ausgabe 2/2012 43 JOB & KARRIERE unternehmensjurist TEILZEITARBEIT IN DER RICHTIGEN BALANCE Früher war sie die Domäne von niedrigqualifizierten Frauen mit Kindern – heute wird sie zum Luxus: Teilzeitarbeit. Immer mehr Hochqualifizierte wünschen sich eine reduzierte Arbeitszeit. Bei richtiger Planung kann das funktionieren – auch in Rechtsabteilungen. M ittwochs ist Roman Zitz´ Schreibtisch und Arbeitstag regelmäßig besonders voll. Dann stapeln sich Anfragen, Post und E-Mails, die sich während des Dienstags angesammelt haben. Der zweite Arbeitstag der Woche ist nämlich der freie Tag des Leiters Legal Affairs Auslandsbeteiligungen bei der Deutschen Telekom. „Ich verlasse 56 Ausgabe 2/2012 bewusst an einem Tag die Monokultur des Arbeitslebens, um am ganz normalen gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, sozusagen als erziehender, aber nicht alleinerziehender Vater“, so Zitz. „Viele Manager haben diesen Bodenkontakt verloren. Das ist falsch, weil es den Blickwinkel zu stark einengt, was sich negativ auf das Arbeitsleben auswirkt.“ unternehmensjurist Zitz ist einer der ersten Telekom-Manager, der seine Arbeitszeit reduzierte. Teilzeitarbeit, das beinhaltet alle Wochenarbeitsstunden unterhalb der Regelarbeitszeit, wäre noch vor ein paar Jahren für eine Führungskraft undenkbar gewesen. Aber die Unternehmenslenker denken um. Eine Vorreiterrolle nimmt dabei der Telekommunikations-Riese aus Bonn ein. Die Telekom formulierte schon 2010 die Konzernrichtlinie „Teilzeit für Executives“, die eine Selbstverpflichtung für Führungskräfte zur Gestaltung und Nutzung flexibler Arbeitszeiten beinhaltet. Dass Teilzeit im Trend liegt, legen auch Beobachtungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin nahe. Danach arbeitet heute in Deutschland jeder vierte Erwerbstätige in Teilzeit. Das sind 40 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren, und es ist mehr als der EU-Durchschnitt. Die Arbeitszeitmodelle reichen von sogenannten vollzeitferner Teilzeit – darunter fallen die klassischen Halbtagesjobs – bis zu einer wöchentlichen Arbeitszeit von etwa 30 Stunden, die als vollzeitnah gilt. Dabei ist die Entwicklung der Teilzeitjobs unabhängig von der Konjunktur zu sehen. „Dies lässt auf einen robusten Strukturwandel am Arbeitsmarkt schließen“, sagt DIW-Arbeitsmarktexperte Karl Brenke. Und es zeigen sich geschlechtsspezifische Unterschiede: „Männer und Frauen arbeiten aus unterschiedlichen Gründen in Teilzeit“, beobachtet Karl Brenke. „Frauen kümmern sich häufig um Kindererziehung oder Pflege, Männer bilden sich beruflich weiter.“ Zitz, der in der Telekom-Hierarchie in der dritten Ebene unterhalb des Vorstands angesiedelt ist, ist mit seinem zehnköpfigen Team, darunter acht Juristen, für die rechtliche Steuerung des Auslandsportfolios der Telekom verantwortlich. Seine Aufgaben, die gelegentlich Auslandsreisen erfordern, sind die einer Führungskraft. Verringert hat Zitz sie nicht – wohl aber seinen Arbeitsstil geändert: „Mein Arbeitsalltag ist dichter geworden, ich muss stärker Prioritäten setzen, überlege mir also, wie ich meine Zeit organisiere.“ In einem Jahr, seitdem Zitz sein Arbeitszeitmodell praktiziert, hat er etwas verändert: Interne Kunden wissen, dass der Abteilungsleiter an Dienstagen nur in dringenden Fällen auf seinem Handy zu erreichen ist. Das Sekretariat hat Erfahrung gesammelt, was als dringend einzustufen ist. „Die erfahrenen Kolleginnen und Kollegen treffen heute mehr Entscheidungen ohne Rücksprache mit mir, dafür in engerer Absprache untereinander. Dies wirkt sich positiv auf den Teamspirit aus“, sagt Zitz. Allerdings lässt sich die reduzierte Arbeitszeit nicht vollständig mit einem effizienteren Arbeitsstil auffangen. „Es bleibt kaum Zeit für Fortbildung“, sagt der Jurist. „In einer VierTage-Woche kann ich nicht noch auf ein ganztägiges Seminar gehen.“ Auch fehle im Vergleich zur Vollzeitbeschäftigung bisweilen die Zeit und Ruhe, strategische oder konzeptionelle Überlegungen anzustellen. JOB & KARRIERE Liane Flotow, Rechtsanwältin, Infraserv GmbH & Co. Höchst KG Roman Zitz, Leiter Legal Affairs Auslandsbeteiligungen, Deutsche Telekom AG Außerdem ist Roman Zitz selbst bei der fortschrittlichen Personalpolitik der Telekom als männliche Führungskraft mit reduzierter Arbeitszeit noch ein Exot, der Pionierarbeit leistet: „Die Auffassung, dass eine männliche Teilzeit arbeitende Führungskraft hoch motiviert und ambitioniert sein kann, hat sich in der deutschen Arbeitswelt noch nicht durchgesetzt. Das traut man am ehesten Frauen zu, weil man annimmt, dass Frauen wegen Kindeserziehung keine Alternative haben“, hat Zitz beobachtet. EIN WEIT VERBREITETER WUNSCH Den heimlichen Wunsch, die Work-Life-Balance ein bisschen mehr zugunsten des Lebens auszurichten, haben viele Führungskräfte. Das zeigt eine Studie der Unternehmensberatung Bain & Companie, bei der Anfang 2011 mehr als 3.300 Spitzenkräfte in den USA, Europa und Asien befragt wurden. Danach interessieren sich 94 Prozent der weiblichen und 78 Prozent der männlichen Führungskräfte für reduzierte Arbeitszeiten. Tatsächlich nutzen sie aber nicht einmal die Hälfte der Frauen (46 Prozent) und weniger als ein Drittel der Männer (25 Prozent). Dabei boten 60 Prozent der Unternehmen die Möglichkeit des flexiblen Arbeitens an. Aber es zeigte sich, Ausgabe 2/2012 57 JOB & KARRIERE unternehmensjurist dass die Befragten Angst vor dem Karriere-Aus haben, sollten sie die Angebote annehmen. Um die Vorurteile von Spitzenkräften, die gerne reduziert arbeiten würden, zu entkräften, muss die Geschäftsleitung aktiv einsteigen, entsprechende Angebote unterstützen und am besten selbst nutzen, so die Auffassung von Dr. Gunther Schwarz, Partner und Experte für Personalstrategie bei Bain: „Dazu gehört auch die Kommunikation von Erfolgsgeschichten“, so Schwarz. Unternehmen, die sich auf die Bedürfnisse ihrer Spitzenkräfte einstellen, profitieren von einer deutlich höheren Arbeitszufriedenheit und Loyalität. Wie die Bain-Studie zeigt, steigt die Bindung zum Unternehmen bei Männern um 25 Prozent und bei Frauen um 40 Prozent. EINEN TICK BESSER ORGANISIERT Dr. Dieter Gentzcke, Leiter der Abteilung Recht, Revision und Compliance bei der Infraserv GmbH & Co. Höchst KG in Frankfurt, erlebt die Vorteile einer engagierten Kollegin, die Zeit für die Familie erhalten hat, schon seit sechs Jahren: Seine Mitarbeiterin Liane Flotow ist an zwei Nachmittagen nicht im Büro. Doch Gentzcke ist überzeugt: „Wir haben eine hervorragende Juristin dadurch langfristig an das Unternehmen binden können.“ Seine Vermutung, Liane Flotow könne so ihre persönlichen Vorstellungen von Beruf und Familie verwirklichen, bestätigt die zweifache Mutter: „Meine Arbeit macht mir sehr viel Spaß, ich könnte mir ein Leben ohne sie nicht vorstellen.“ Rechtsanwältin Flotow startete vor sechs Jahren mit einer ERWERBSTÄTIGE IN DEUTSCHLAND NACH GESCHLECHT UND ARBEITSZEIT Veränderung gegenüber 2000 in 1.000 Personen 2.500 Frauen in Teilzeit 2.000 1.500 Männer in Teilzeit 1.000 500 Frauen in Vollzeit 0 -500 Männer in Vollzeit -1.000 -1.500 2001 2003 2005 2007 Quellen: Eurastat; Berechnungen des DIW Berlin. 58 Ausgabe 2/2012 2009 auf 80 Prozent reduzierten Arbeitszeit in der Abteilung Recht, Revision und Compliance bei der Infraserv GmbH & Co. Höchst KG in Frankfurt. Bei dem Industrie-Dienstleistungsunternehmen, das den Industriepark Höchst betreibt, traf Flotow mit ihrem Teilzeitwunsch auf offene Ohren. Infraserv Höchst wirbt bewusst um Nachwuchskräfte mit dem Hinweis auf familienfreundliche Arbeitsbedingungen, zu denen explizit flexible Arbeitszeitmodelle gehören. Für Infraserv-Geschäftsführer Jürgen Vormann – selbst Vater zweier Kinder – hat die Vereinbarung von Beruf und Familie einen hohen Stellenwert, den er auch in Zeitungsinterviews immer wieder in die Öffentlichkeit trägt. Abteilungsleiter Gentzcke ging auf die Wünsche seiner Mitarbeiterin ein – auch weil er sie als exzellente Juristin schon vorher kannte: „Es gehört natürlich ein gewisser organisatorischer Aufwand dazu, in der Rechtsabteilung wie auch bei den internen Mandanten. Und alle Beteiligten müssen es wollen“, sagt Gentzcke, der ebenfalls zwei Kinder hat. „Die Modelle funktionieren aber, wenn die Mitarbeiter zuverlässig, kompetent und auch beliebt sind.“ Weil Teilzeit-Mitarbeitern nur limitierte Zeit zur Verfügung stehe, seien diese im Vergleich zu anderen immer noch einen Tick besser organisiert, hat Gentzcke beobachtet. Und kommt so zum Schluss: „Auch für das Unternehmen ist dies also ein sehr attraktives Modell.“ ERGÄNZUNG: ARBEIT VOM HOME-OFFICE Die Zuständigkeiten in der Rechtsabteilung von Infraserv Höchst sind nach den Unternehmensbereichen organisiert. Liane Flotow betreut alle Vertragsarbeiten und Projekte, die den derzeit besonders im Fokus stehenden Geschäftsbereich Energien betreffen. Kollegen und interne Kunden nehmen – soweit möglich –Rücksicht auf Flotows Arbeitszeiten. Meetings oder Termine werden möglichst nicht an ihren freien Nachmittagen anberaumt. „Auch wer Vollzeit arbeitet, ist manchmal nicht zu erreichen“, sagt die Juristin selbstbewusst. „Es gehört allerdings eine Portion Flexibilität und Verständnis dazu – und zwar von beiden Seiten.“ Deshalb ist sie auch bereit, ihre Bürozeiten bei Bedarf umzustellen. Andrea Bloch probiert die neu gestaltete Arbeitswoche noch aus. Sie arbeitet seit März bei ABB Deutschland nach ihrem individuellen Arbeitszeitmodell – und das bedeutet 30 Wochenarbeitsstunden. „Ich hoffe, dass ich damit die Flexibilität erhalte, die ich brauche, um Familie und Beruf zu vereinbaren.“ Die Juristin ist seit drei Jahren in der Rechtsabteilung des Technologiekonzerns tätig. Nach der Geburt ihres Kindes vor etwa einem Jahr ging sie neun Monate in Elternzeit. Danach übernahm der Ehemann die Kinderbetreuung und die Juristin arbeitete fünf Monate lang wieder Vollzeit. Als An- unternehmensjurist drea Bloch ihren Wunsch nach reduzierter Arbeitszeit beim Arbeitgeber vortrug, war das keine Überraschung: „Ich habe von Anfang an klar kommuniziert, dass ich nach der Geburt des Kindes nicht durchgängig voll arbeiten möchte“, sagt sie. Ihren Antrag auf Teilzeit stellte sie bereits neun Monate im Voraus. Sie ist damit die erste von sieben Kollegen, die Teilzeit arbeitet und jeden Tag zwei Stunden früher als die anderen das Büro verlässt. Außerdem regelte sie mit ihrem Arbeitgeber, dass sie einen vollen Tag von zu Hause aus arbeitet. Die technischen Voraussetzungen dafür sind heute kaum noch erwähnenswert: Über ein Blackberry, einen Laptop und eine Schnittstelle, um sich von zu Hause ins betriebsinterne Netz einzuwählen, verfügen die meisten Führungskräfte sowieso. So wird auch die Juristin bei kritischen Fragen immer erreichbar sein. ABB zeigt sich generell gegenüber flexiblen Arbeitszeiten offen. Einige Kollegen, besonders die aus skandinavischen Ländern, arbeiten grundsätzlich an manchen Tagen vom Home-Office aus. Mit ihrem Vorgesetzten hat Andrea Bloch besprochen, dass sie zunächst ihr Kernaufgabengebiet nicht beschneidet, JOB & KARRIERE Andrea Bloch, Juristin, ABB AG Dr. Dieter Gentzcke, Leiter Recht, Revision und Compliance, Infraserv GmbH & Co. Höchst KG sondern flexibler bei speziellen Projekten eingesetzt werden wird. „Dass ich bereits seit neun Jahren im Beruf bin, wird mir sicher helfen, meinen Arbeitsstil nochmal etwas zu optimieren“, ist die Juristin zuversichtlich. Pia Weber VERBAND unternehmensjurist EIN GUTER START Der erste von BUJ und dem Magazin „unternehmensjurist“ veranstaltete Kongress war ein voller Erfolg: Rund 300 Teilnehmer folgten intensiven Auseinandersetzungen in einem dichten Programm. Der Schlagabtausch zwischen einem CEO und einem General Counsel war eines der Highlights. D ie HeidelbergCement AG ist eines von sieben Dax30-Unternehmen, das von einem Juristen geführt wird. Ihr Vorstandsvorsitzender Dr. Bernd Scheifele führte zum Kongressauftakt die Erwartungen einer Konzernführung an die Rechtsabteilung aus. Und provozierte damit einige sehr pointiert gehaltene Erwiderungen von Dr. Martin Wagener, General Counsel der Audi AG. Scheifele hatte unter anderem den Anspruch formuliert, Syndici sollten Servicebereitschaft zeigen und müssten 24/7 erreichbar sein. Wagener konstatierte, dass die Geschwindigkeit enorm zugenommen habe, die Erwartungen aber teilweise absurde Züge hätten. So etwa, wenn freitags um 19 Uhr die Personalabteilung eine Anfrage habe und sich am Samstag um 8 Uhr beschwere, weil noch keine Antwort vorliege. Sah der HeidebergCement-CEO die Compliance als Initial für eine „Renaissance der Rechtsabteilung“, begrüßte Wagener, dass diese Verantwortung bei Audi nicht mehr der Rechtsabteilung zugeordnet sei: „Endlich muss ich nicht mehr sagen, was nicht geht. Wir können sagen, wie es geht.“ Genau das hatte Scheifele zuvor gefordert: Aufgabe der Syndici sei, „Wege aufzuzeigen, wie Dinge möglich sind“, 72 Ausgabe 2/2012 interdisziplinäres Verständnis zu zeigen und Stellungnahmen klar zu halten: „Keep it simple: Was sind die drei Big Points?“ Scheifeles wichtigste Forderung lautete „don’t mess up the deal!“: Sei sich das Management „commercial einig, sollten Sie den Deal nicht noch besser machen wollen“. Im Laufe der beiden Kongresstage referierten und diskutierten General Counsel, Syndici und Partner von Großkanzleien vor rund 300 Gästen. Das Themenspektrum war weit gefasst, es reichte vom Umgang mit Kostendruck über Alternativen in der Organisation, Fragen des Risikomanagements bis zum Kollektiven Arbeitsrecht. In der Diskussion zum Thema „War for Talents“ wurde deutlich, dass sich die Unternehmen im Vergleich zu den Kanzleien noch zu schlecht verkaufen (siehe Titelgeschichte dieser Ausgabe). Die mitunter schwierige Situation des Syndikus als Berater von Vorstand und kontrollierendem Aufsichtsrat gleichermaßen beleuchtete Dr. Joachim Kaffanke, General Counsel und Chief Compliance Officer Kion Group GmbH; das Thema haben wir in diesem Heft ab Seite 22 aufbereitet. Götz Kaßmann, Direktor Recht und Patente der Schüco International KG, beschrieb die Arbeit in einem mittel- unternehmensjurist ständischen Unternehmen. Basis sei eine Generalistenausbildung und die Einsicht, dass es nicht ausreiche, nur ein guter Jurist zu sein: „Man muss das Rechtliche auch mal beiseite lassen können.“ Das ginge natürlich nicht immer: Insbesondere die Überregulierung sowie Spezialgesetze der EU stellten ihn vor die Herausforderung, seinen alleinentscheidenden geschäftsführenden Gesellschafter für die Bedeutung Brüsseler Verordnungen zu sensibilisieren: „Da ist Überzeugungsarbeit erforderlich.“ Bei mittelständischen Unternehmen sei immer auch der Standort ein Thema. Kaßmann war da ganz pragmatisch: Bielefeld möge vielen als unsexy erscheinen, aber das Gehalt ermögliche einem hier einen höheren Lebensstandard als in Metropolregionen. VERBAND Promovierter Jurist und Vorstandsvorsitzender: Dr. Bernd Scheifele BUJ, BRAK UND DAV AUF AUGENHÖHE Die Spitzen von BUJ, Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) und Deutschem Anwaltsverein (DAV) unterstrichen, dass sie in den Fragen der Fachanwaltszulassung sowie der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht weiter zusammenarbeiten werden. BRAK-Präsident Axel C. Filges bezeichnete die Doppelberufstheorie als „gekünstelt“ und forderte den Gesetzgeber auf, diese zu überdenken. An seine Verbandskollegen BUJ-Präsident Nicolai von Ruckteschell und DAV-Präsident Prof. Dr. Wolfgang Ewer gewandt meinte Filges, der Weg, politisch Dinge durchzusetzen, sei für die Rechtsanwälte neu: „Das haben wir nie gelernt“, dies sei „ein dickes Brett, was da gebohrt werden muss“. In Sachen Fachanwaltschaft hingegen zeigte sich Filges guten Mutes, dass die Satzungsversammlung der BRAK dies relativ zügig regeln könne, denn der Fachanwalt für Syndici sei rechtlich geboten und berufspolitisch wünschenswert. Ewer ergänzte, dass in puncto Anerkennung des Syndikusanwalts Anstrengungen sowohl nach außen in den politischen Raum als auch nach innen in die Anwaltschaft erforderlich seien. Er unterstrich, dass §46 der BRAO der Lebenswirklichkeit widerspreche, dieser Paragraph aber den einzigen Bezug zum Syndikusanwalt darstelle. Seine Änderung löse das Sozialversicherungsproblem nicht: Berufsrecht und Sozialversicherungsrecht widersprächen sich. Ewer kündigte einen präzisen Gesetzesvorschlag des DAV an, der demnächst vorgestellt werde. Das fachliche Programm ergänzten Best-Practice-Beispiele des ehemaligen Fifa-Schiedsrichters Dr. Markus Merk. Für seinen Erfolg sei neben der Selbst- und Teamorientierung Konsequenz wichtig gewesen. Gute Führung so Merk, erfordere Management und Psychologie. Sein Grundsatz „Spannungsfelder vermeiden und lösen, Regeln festlegen, vermitteln und umsetzen“ war nicht originell, wurde von Merk aber mit vielen Beispielen begeisternd vermittelt. Der Kongress 2013 findet am 31.1. und 1.2. statt. W. Borgfeld Dr. Martin Wagener nahm Scheifeles Vorlagen gerne auf – sehr zur Freude des Publikums Drei Präsidenten, ein gemeinsames Ziel: Nicolai von Ruckteschell, Prof. Dr. Wolfgang Ewer und Axel C. Filges (von links) Syndikus in der Stadt, die es angeblich nicht gibt: Götz Kaßmann Ausgabe 2/2012 73 VERBAND unternehmensjurist Podiumsdiskussionen, Vorträge in kleinerem Kreis und Software-Präsentationen – das Kongressangebot war vielfältig. Und bot vor allem Gelegenheit zu Austausch und Networking. Weitere Bilder unter www.unternehmensjuristen-kongress.net/fotogalerie 74 Ausgabe 2/2012 unternehmensjurist VERBAND LL.M. Der LL.M. in Legal Management Entwickeln Sie Ihre Führungspersönlichkeit. Mit dem LL.M. zum Unternehmensjuristen. Berufsbegleitendes Wochenendprogramm Intensive Betreuung Attraktive Stipendien Praxisnah Gala im Tipi am Kanzleramt: TV-Moderatorin Inka Schneider führte charmant durchs Programm und interviewte unter anderem Nicolai von Ruckteschell. Nach dem Dinner sorgte Gayle Tufts für Unterhaltung LL.M. Der LL.M. in Business Law Der einzige Master of Laws in Business Law (LL.M.) für Nicht-Juristen und Wirtschaftsjuristen. Lernen Sie uns persönlich kennen: Master Info-Tag 12.5.2012, Verzahnung von Management & Recht und Soft Skills. Der ehemalige Weltschiedsrichter Dr.. Markus Merk begeisterte am 2. Kongresstag Jetzt anmelden! Ihre Ansprechpartnerin: Christine Vinca-Schmidt Tel. 07131 645636-17 info@ggs.de www.ggs.de Verzahnung von betriebswirtschaftlichen und juristischen Fragen in der Unternehmenspraxis. GERMAN GRADUATE SCHOOL OF MANAGEMENT & LAW H E I L B R O N Ausgabe 2/2012 N 75 VERBAND unternehmensjurist STIMMEN ZUM KONGRESS Carsten Beisheim, Chefsyndikus und Leiter Konzern Recht und Compliance, Wüstenrot & Württembergische AG Mit dem Kongress ist es dem BUJ gelungen, ein breites Spektrum an Syndici zu mobilisieren und für eine – längst überfällige – intensivere Verfolgung gemeinsamer Ziele zu begeistern. Dies verdient Anerkennung und Unterstützung! Für die Zukunft halte ich eine vertiefte Befassung mit dem Thema „Wertschöpfungsbeitrag der Rechts- und der ComplianceAbteilung“ für wünschenswert - wenn nicht gar für geboten. Thorsten Fischer, General Counsel/Rechtsanwalt, L&O Holding GmbH & Co. KG Der Kongress des BUJ war ein sehr gutes Forum um einmal abseits des Tagesgeschäftes aktuelle Themen aufzunehmen und zu „netzwerken“. Für mich hat der Kongress unterstrichen, dass Legal Manageweiter an Bedeutung gewinnen und einen maßgebliwerden. Dr. Maximilian Wutz, Leiter der Hauptabteilung Unternehmensrecht (1UR), Bayerische Landesbrandversicherung AG Eine sehr lebendige, offene und informative Veranstaltung schönte, ehrliche Darstellungen der Alltagsprobleme und Nöte aus erster Hand. Gleich der erste Vortrag von Herrn Dr. Scheifele war toll. Er hat in bestechend klarer Weise die Anforderungen des Vorstands an uns Unternehmensjuristen auf den Punkt gebracht. 76 Ausgabe 2/2012 Jeanette Plachetka, Legal & Compliance, Société Générale S.A. Mit besonderem Interesse habe ich die Podiumsdiskussion zu den Themen Rentenbefreiung/Fachanwaltszulassung verfolgt, insbesondere die Einschätzungen von DAV sich nun ein Verband hier besonders engagiert. Dies war für mich mit ein Grund, Mitglied des BUJ zu werden. Ich würde eher von Bestätigungen sprechen, die ich mitgenommen habe, nicht von Erkenntnissen. Zum Beispiel, dass die Flut der regulatorischen Anforderungen für uns insofern eine Herausforderung darstellt, als wir diese intern zu vermitteln und schließlich umzusetzen haben. Sven M. Bauer, Rechtsanwalt, Leiter Recht, Institutionelle Vermögensverwaltung, Sal. Oppenheim Eine sehr gelungene Veranstaltung mit der passenden Mischung zwischen Inhalten, Networking und Rahmenprogramm: Die Gala war angenehm perfekt. Die Vorträge von Herrn Dr. Scheifele und Herrn Dr. Wagener sowie die darauf aufbauende Diskussion um die Rolle des Unternehmensjuristen im Verhältnis zu „seinem“ Vorstand sind mir in besonderer Erinnerung geblieben. Diese boten kontroversen Diskussionsstoff; bei Gesprächen mit Kollegen wurden interessante neue Kontakte geknüpft. Ich konnte vom Kongress wertvolle Anregungen mitnehmen, um den Aufbau, die Stellung und die Arbeitsweise der Rechtsabteilung in der eigenen Organisation zu überprüfen. Kleiner Kritikpunkt: Das Programm war schon fast zu vollgeladen. Es ging sehr Schlag auf Schlag, insbesondere bei den Breakout-Sessions mit den Spezial-Themen war es in der Kürze der Zeit zu viel Input zu unterschiedlichen Themen. Hier würde ich mir eine stärkere Fokussierung auf ein Hauptthema wünschen. unternehmensjurist Norman Boje, Justiziar, coop eG Der Kongress war hervorragend organisiert. Die Themen und Vorträge waren gut aufbereitet. Leider war die Themen- und Referentenauswahl sehr stark auf große Rechtsabteilungen zugeschnitten. Kleine Rechtsabteilungen, aus denen sich meines Erachtens die Mehrzahl der Mitglieder des BUJ zusammensetzt, haben sich dort teilweise kaum wiedergefunden. Viele Vorträge waren zu abstrakt. Ich würde mir Themen wünschen, die mehr Praxisnähe widerspiegeln. Das Besprechen konkreter Einzelfälle, die uns alle im Alltag bewegen, und deren Lösungen würde ich VERBAND Aleksandar Stojanovic, LL.M., Leitung Recht STI Group, STI - Gustav Stabernack GmbH Das war eine absolute Spitzenveranstaltung mit den richtigen Referenten, Themen und dem richtigen Publikum. Meine Erkenntnis: Ob Groß oder Klein, die Themen sind alle gleich. Alle Unternehmensjuristen sind mit den gleichen Grundproblemen konfrontiert, aber es gibt unterschiedliche kreative Lösungen dazu. In besonderer Erinnerung geblieben sind mir die Ausführungen zu „Merger & Acquisition“ sowie der Vortrag „Spielen, kämpfen, gewinnen“ von ExSchiedsrichter Dr. Markus Merk. Ausgabe 2/2012 77 MITGEHÖRT unternehmensjurist Vormittags im Aufzug der Verwaltung eines Automobilzulieferers. Dr. Konrad Campo, Leiter der Rechtsabteilung, und Kollege Dr. Barrow fahren nach oben. Ziel: Casino. Oder Vorstandsetage? Campo summt. Dr. Barrow: Guten Morgen Dr. Campo. Sie scheinen ja guter Stimmung zu sein. Gönnen Sie sich eine kleine Kaffeepause? Dr. Campo: Weit gefehlt. Ich prüfe gerade eine Frage unseres Geschäftsführers. Dr. Barrow: ?? Dr. Campo: Einfache Sache. Hat mir letzthin der General Counsel eines unserer Kunden empfohlen. Manchmal ist eine schnelle Reaktion kontraproduktiv. Dr. Barrow: Sie sprechen in Rätseln. Ich bin gespannt. Dr. Campo: Wenn Sie gebeten werden, zu prüfen, ob ein Vorhaben zulässig ist oder nicht, und Sie kennen die Antwort – nehmen Sie sich die Zeit zur Prüfung! Dr. Barrow: Aber wieso? Ich kenne doch die Antwort, was muss ich noch prüfen? Dr. Campo: Das dachte der geschätzte Kollege auch. Er wusste Bescheid und hat seinem Vorstand sofort gesagt: „Nö, geht nicht.“ Dr. Barrow: Gut, und das konnte er sicher auch begründen. Dr. Campo: Hätte er können. Aber seinem Vorstand hat die Antwort nicht gefallen: „Was sind Sie denn für ein Jurist?“, sagte der, und „so einfach aus der Hüfte schießen?!“ und „prüfen Sie erst mal!“ Naja, und das mache ich auch gerade: Ich prüfe ... Dr. Barrow: Verstehe. Zwar nicht wirklich effizient, aber psychologisch geschickt. Dr. Campo: Eben. Apropos Psychologie: Habe Ihre Stellungnahme gelesen. Bin Ihrer Ansicht. Aber Sie sollten auf die Urteils-Verweise verzichten und nicht per Mail antworten. Dr. Barrow: Keine Zitate und keine Mail? Was hat das mit Psychologie zu tun? 80 Ausgabe 2/2012 Dr. Campo: Naja, es ist das, was unser Alleinentscheider will. Letzthin hat er mir gesagt: „Sie sind auf der Payroll des Unternehmens, weil Sie wissen, was rechtlich möglich ist, nicht um den BGH zu zitieren.“ Dr. Barrow: O.K., haben wir mal ein bisschen anders gelernt, kann ich aber nachvollziehen. Dr. Campo: Und zum Thema Mail meinte er: „Ich werde für das Nachdenken bezahlt, nicht für das Lesen und Beantworten von E-Mails.“ Dr. Barrow: Dann schaue ich mal, ob ich noch einen Hauspost-Umschlag finde ... Gibt es denn von oben Signale in Sachen personeller Erweiterung? Dr. Campo: Ja. Liegt momentan auf Eis. Bewerber seien zu teuer, konnte ihn noch nicht umstimmen. Dr. Barrow: Da fällt mir nur ein: „Wenn ich Peanuts bezahle, muss ich mich nicht wundern, wenn Affen kommen!“ Dr. Campo: Sie sagen es! Na dann, gehen wir zwei Kostenfaktoren mal weiter unserer Arbeit nach – ich habe noch die Ergebnisse einer Prüfung zu berichten ... REGISTER/IMPRESSUM unternehmensjurist PERSONENREGISTER , Weidmüller Holding AG & , Schüco International KG (13, 72) , Kion Group GmbH (23, 72) Co.KG (47) , Gleiss Lutz (27) , Allianz Deutschland AG (60) , Allen & Overy (45) , ThyssenKrupp AG (70) , Hengeler Mueller (54) , Sal. Oppenheim (76) , Wüstenrot & Württembergische AG (76) , ABB AG (58) , Coop eG (76) , DGRI e.V. (30) , Noerr (8) , Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW (57) , Brinkmann & Partner (52) , German Graduate School of Management & Law GSS (16) , Hays AG (13) , Orrick Hölters & Elsing (53) , Ecommerce Alliance AG (34) , Controller Akade- , Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer e.V. (37) , M.O.O.CON GmbH (61) , Heisse Kursawe Eversheds (27) , McDermott Will & , Gleiss Lutz (33) , Deutsche Telekom AG (56) , Bundeskartellamt (40) , Verband der Chemischen Industrie, VCI (50) , Wacker Chemie AG (48) , E.ON Energie AG (64) , Deutscher Anwaltsverein , Société Générale S.A. (76) DAV (73) , TaylorWessing (45) , BMW Group (16) , Allianz SE (33) , Lehmann & Voss & Co. KG (36) , Deka Bank Deutsche Girozen- , Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) (73) trale (70) , HeidelbergCement AG (72) , Henkel AG & Co. KGaA (30) , BASF SE (49) , Shilton Sharpe Quarry (14) , Fraport AG (66) , Bain & Company (58) , ALBA Group plc & Co. KG (33) , ALBA Group plc & Co. KG (33) , STI – Gustav Stabernack , Infraserv GmbH & Co. Höchst KG (58) , ALBA Group plc & Co. KG (33) , Bucerius Law School (17) , R+V Versicherung AG (23) , Gleiss Lutz (66) , Deloitte & Touche GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (10) , Hengeler Mueller (33) , TÜV Süd Product Service GmbH (36) , Hengeler Mueller (66) , Audi AG (70, 72) , Allen & Overy (33) , Ebay GmbH (15) , Orrick Hölters & Elsing (46) , Bayerische Landesbrandversicherung AG (76) Emery (66) Dr. Markus Merk (73) mie AG (64) , L&O Holding GmbH & Co. KG (76) , Infraserv GmbH & Co. Höchst KG (58) , Franke & Partner (61) , Nordex SE (44) Weißmantel & Vogelsang (66) , Qiagen GmbH (12) , BUJ (73) , Daimler Northeast Asia Ltd. (46) , Infraserv Verwaltungs GmbH (58) GmbH (77) , Deutsche Bank AG (60) , Universität Luzern (64) , Taylor Wessing (28) BILDNACHWEIS: Fotolia / by-studio (Titel) Aka / pixelio.de (8) Benjamin Thorn / pixelio.de (10) Fotolia / auryndrikson (12/13) Pixmac / Artjazz (6,14) Fotolia / volff (16) Pixmac / silvae (19) mauritius images / laughing stock (22/23) shutterstock / Alexander Zam (26) iStockphoto / acilo (32) Fotolia / lumenesca (36/37) Bundeskartellamt (40, 42) dieKleinert / Klaus Meinhardt (44) iStockphoto / Michael Utech (48/49) Fotolia / Stephan Sweet (49) AkzoNobel (50) Fotolia / digitalstock (51) dieKleinert / Peter Maltz (7, 56) Fotolia / virtua73 (60) Thomas Fedra (7, 70, 72-75) Dorothee Mahnkopf (80) URHEBERRECHTE: Die im Magazin enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte sind vorbehalten. IMPRESSUM Erscheinungsort Bundesrepublik Deutschland, ISSN 2192-1733 Herausgeber: dfv association services gmbh Ein Beteiligungsunternehmen der Deutschen Fachverlag GmbH Mainzer Landstraße 251 60326 Frankfurt am Main Telefon: 0049 69 7595-3051 Telefax: 0049 69 7595-3064 Geschäftsführung: Dr. Michael Henning, Peter Schneider 82 Ausgabe 2/2012 Redaktion: Wolfgang Borgfeld, Peter Schneider (Ltg., V.i.S.d.P.) redaktion@unternehmensjurist.net www.unternehmensjurist.net Mitarbeiter dieser Ausgabe: Christian Gasche, Daniel Grosse, Nina Anika Klotz, Frank Knabe, Angelika Knop, Thomas Münster, Heidi Radvilas, Anke Stachow, Hans Thurn-Frähmke, Pia Weber, Frank Wiercks, Henning Zander Art-Direktor: Gerhard Berger, Berger Design Bildredaktion: Barbara Mehrl, Picture Research Lektorat: Thomas Leja Anzeigen: Peter Schneider Mainzer Landstraße 251 60326 Frankfurt am Main Inland: 6 Ausgaben – 90 Euro Ausland: 6 Ausgaben – 120 Euro Alle Preise verstehen sich inklusive Mehrwertsteuer und Versandkosten Abonnement: abo@unternehmensjurist.net Produktion: Printmedien-Services dfv Druck: W. 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