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TOURISMUS FREITAG, 6. JULI 2007 40 Wo es schon den Mayas gefallen hat Die mexikanische Halbinsel Yucatán lockt mit Stränden, Urwald und Ruinenstätten. Das frühere Fischerdorf Playa del Carmen hat sich innert weniger Jahre zur Touristen-Hochburg gemausert. Und von Playa aus gibt es viel zu entdecken. kunden, mietet man am besten ein Fahrrad oder lässt sich mit einem Fahrrad-Taxi chauffieren – was bei der drückenden Hitze recht angenehm ist. Cobá beherbergt die mit 42 Metern höchste Pyramide von ganz Yucatán: die Nohoch Mul (grosser Berg). Sie ist eine der wenigen Pyramiden, die man noch besteigen darf. Der Aufstieg lohnt sich, bietet sich doch ein herrliches Panorama über die Urwaldwipfel hinweg: Ein endloses, grünes Meer präsentiert sich den Bezwingern der 120 Stufen zählenden Steiltreppe. Von Ruedi Studer Gut elf Stunden dauert der Flug von Zürich nach Cancún, der mexikanischen Tourismus-Metropole auf der Halbinsel Yucatán. Die Stadt ist insbesondere bei US-amerikanischen Touristen sehr beliebt. Die Europäer hingegen haben ein einst verschlafenes Fischerdorf zu ihrer Hochburg gemacht: Playa del Carmen – eine gute Busstunde von Cancún entfernt. Rund 100 000 Einwohner zählt die Stadt, welche in den vergangenen Jahren aufgrund des Tourismusbooms massiv angewachsen ist. Als Tourismus-Manager den Ort für ihre Pläne entdeckten, zählte das Fischerdorf nur wenige hundert Einwohner. Heute kann Playa den eher zweifelhaften Ruhm für sich beanspruchen, eine der am schnellsten wachsenden Städte der Welt zu sein.Aus allen Landesteilen ziehen junge Mexikaner an die Yucatán-Küste, um als Taxifahrer, Bauarbeiter, Kellner, Hotelpage oder Reiseführer ihr Geld zu verdienen. Entlang der «Riviera Maya» schiessen die «All inclusive»-Resorts wie Pilze aus dem Boden. Selbst für Rucksackreisende ist die Gegend ein relativ teures Pflaster. Wer das ruhige Strandleben vorzieht, ist mit einer Unterkunft in einer der zahlreichen Hotelanlagen in der Umgebung der Stadt gut bedient. Diese funktionieren fast schon wie eigene Dörfer, mit Restaurants, Souvenirläden, Unterhaltungszentren und Wellnessangeboten. Wer allerdings das Nachtleben geniessen oder (mit dem öffentlichen Verkehr) auf eigene Faust Ausflüge in die Umgebung unternehmen will, ist mit einer Unterkunft mitten in der Stadt meist besser bedient. Maya-Tempel direkt am Meer Wie praktisch ganz Mexiko lockt auch die Yucatán-Halbinsel mit den Überbleibseln vergangener Kulturen. Ein Muss für jeden Playa-Touristen ist der Besuch von Tulum. In der Maya-Sprache bedeutet der Name so viel wie «Umfriedung», ist das Gelände doch von einer steinernen Mauer umgeben. Noch passender aufgrund der Lage direkt am Meer und vor allem poetischer ist der frühere Name Zamá («Morgendämmerung»). Architektonisch gesehen kann Tulum zwar nicht mit den anderen grossen Maya-Stätten mithalten, doch aufgrund ihrer Lage bleibt die Ausgrabungsstätte jedem Besucher in der Erinnerung haften. Das Hauptgebäude, El Castillo, liegt traumhaft schön auf einer 15 Meter hohen Klippe über der Karibikküste. Eine Treppe Traumhafte Kulisse: Vor allem die Lage am Meer zeichnet den Maya-Tempel Tulum aus. Bilder Ruedi Studer Hoch hinauf: Die Ruinenstätte Cobá liegt mitten im Urwald. Kultureller Mix: In Mérida haben die Spanier ihre Spuren hinterlassen. Von hoch oben: Abseilen im Urwald ist was für Wagemutige. führt hinunter an den Strand – bei Tagestemperaturen von 30 bis 40 Grad ist eine kleine Abkühlung im Meer ein Genuss, vor allem vor dieser einzigartigen Kulisse. Natur und Kultur prallen hier direkt aufeinander. Während Tulum mit dem öffentlichen Verkehr gut erreichbar ist, sind andere Trouvaillen abgelegen, sodass es meist einen Privatwagen braucht – so beispielsweise für Cobá, eine alte Ruinenstadt mitten im Urwald. In diesem Fall lohnt sich eine geführte Tour. Besonders empfehlenswert ist eine Tagestour des Anbieters Alltournative, welche Abenteuer und Kultur miteinander verbindet. Auf dem Programm steht nämlich auch der Besuch eines Maya-Dorfes: Über holprige Strassen und durch dichten Dschungel führt die Tour nach Puenta Laguna, wo die Einheimischen bereits auf die Besucher warten. Nach einer kurzen Maya-Begrüssungszeremonie lassen sich auf einem Spaziergang durch den Urwald Affen und manchmal sogar Taranteln entdecken. Der Trip führt weiter mit dem Kanu über den spiegelglatten See. Am andern Ufer steht den Tourteilnehmern der abenteuerlichste Teil bevor: Wer den Mut dazu aufbringt, kann sich über eine zehn Meter hohe Felswand abseilen und danach an einem über den Felsen zum Seeufer gespannten Drahtseil – der Zipline – zurück zu den Kanus flitzen. Zum Mittagessen lockt schliesslich ein von Maya-Frauen gekochtes Buffet mit Reis, Huhn, Gemüse und Tortillas. Zum Naturspektakel gehört zudem das Bad in einer «Cenote»: Tausende dieser unterirdischen Kavernen durchziehen die Halbinsel. Einige von ihnen wurden für Touristen als Untergrund-Schwimmbecken zugänglich gemacht. In den imposanten Tropfsteinhöhlen mit illustren Stalagmiten und Stalaktiten sorgt das Eintauchen ins kühle Nass für willkommene Erfrischung.Wo es die Dimensionen der Höhle erlauben, ist von der hinunterführenden Holztreppe gar ein Sprung aus zehn Metern Höhe möglich. den ist. Die einstige Stadt liegt zwischen zwei Seen. Der Name Cobá bedeutet denn auch «Vom Wind bewegtes Wasser». Durch die günstige Lage an den Seen wurde Cobá in der Zeit um 600 bis 900 n. Chr. ein wichtiges Zentrum der Maya-Kultur mit einer Bevölkerung von schätzungsweise 50 000 Einwohnern. Bei der Ankunft der Spanier war diese Stadt allerdings bereits verlassen. Die Ruinen sind über ein gut 70 Quadratkilometer grosses Gebiet verstreut, wobei erst ein kleiner Prozentsatz der Überreste ausgegraben ist. Der Grossteil der Stadt ist noch immer von einem grünen Waldteppich überwuchert. Um das Gebiet zu er- Die Prominenteste: Chichén Itzá, fast ein Synonym für die Maya-Kultur, gehört unbedingt aufs Besuchsprogramm. Höchste Pyramide in Cobá Ein weiterer Höhepunkt ist die Ruinenstätte Cobá, die erst in den letzten Jahren vom Tourismus entdeckt wor- Eindrückliches Chichén Itzá Die eindrücklichste und bekannteste archäologische Stätte von ganz Yucatán ist hingegen Chichén Itzá. Diese befindet sich allerdings mehrere Fahrstunden von Playa entfernt. Zwar liesse sich Chichén Itzá von Playa aus in einer (anstrengenden) Tagestour abhaken, doch wer ein bisschen Zeit und Musse investieren will, ist mit einem zweitägigen Ausflug besser beraten. Zum Übernachten empfiehlt sich ein Abstecher ins 1542 von den Spaniern gegründete Mérida, denn die Hauptstadt des Bundesstaats Yucatán vereint spanischen Kolonial- und mexikanischen Lebensstil. Chichén Itzá steht für viele synonym für die Maya-Kultur, doch gerade seine berühmtesten Bauwerke tragen den Stempel der toltekischen Kultur. Unter Archäologen herrscht daher Uneinigkeit darüber, von wem die im 5. Jahrhundert gegründete Stadt erbaut wurde. Das Wahrzeichen der Maya-Stätte ist die Pyramide des Kukulkán. Monumentale Freitreppen führen an jeder Seite hinauf zum Tempel – jede der vier Treppen zählt 91 Stufen, die zusammen mit der Stufe zum Haupteingang des Tempels eine Gesamtzahl von 365 Stufen ergeben, die Anzahl Tage eines Jahres. In der Konstruktion verbergen sich noch weitere Zahlenspiele, welche mit dem mystischen Maya-Kalender in Zusammenhang stehen. Ein Geheimnis bleibt Geheimnisumwoben ist auch der riesige Ballspielplatz, mit 90 Metern der bisher längste entdeckte. Die beiden «Tore» (Steinringe) befinden sich in mehreren Metern Höhe an den Mauern längs des Spielfeldes. Das Ballspiel war wohl mehr Ritual denn Spiel, die Regeln und die genaue Bedeutung sind bis heute ein Rätsel. Reliefs an den Steinmauern lassen nur wenige Rückschlüsse zu: Auf einer der Tafeln sieht man, dass sich die Spieler auf ein rundes Symbol im Zentrum des Platzes hinbewegen – das Symbol des Todes. Weiter zeigt das Bild einen enthaupteten Spieler sowie einen Spieler, der den abgetrennten Kopf und ein Zeremonialmesser in der Hand hält. Einig ist man sich unter den Forschern, dass der Enthauptete zu Ehren der Götter geopfert wurde. Doch auch hier bleibt ein Geheimnis: obs den Sieger oder den Verlierer den Kopf kostete. Im Untergrund: In verschiedenen unterirdischen Kavernen, sogenannten «Cenoten», kann sogar gebadet werden.