Praktisches Jahr am Bugando Medical Centre in Mwanza, Tansania

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Praktisches Jahr am Bugando Medical Centre in Mwanza, Tansania
Praktisches Jahr am Bugando Medical Centre in Mwanza, Tansania
Chirurgie, PJ 2012/I, 3. Tertial
Bericht von Robert Nickl
Vorbereitung:
Vor Antritt der Reise sollten einige Dinge geklärt werden:
Auslands-Krankenversicherung, abzuschließen z.B. über Deutsche Ärzteversicherung o.
ADAC (Stichwort Rückholung)
Visum: Vor Ort kann eine Residency permit C für Studenten in Dar es Salaam erworben
werden. Bisher kenne ich keinen, dem es gelungen ist sich diese bereits vor Antritt der Reise
zu organisieren. Für das Touristenvisum kann vorab bei der Botschaft in Berlin ein Antrag
gestellt werden. Jedoch ist der Erhalt des Touristenvisums zum selben Preis (50 US$) direkt
bei Ankunft am Flughafen möglich. Dies gilt auch für den Mwanza-Airport, falls man von
Nairobi aus ankommt. Gerüchteweise sollen Studenten auch schon ihren ganzen Aufenthalt
nur mit dem Touristenvisum bestritten haben, ohne dass sich irgendjemand dafür interessiert
hätte. Eine Verlängerung des auf 3-monate beschränkten Visums ist in Mwanza problemlos
möglich oder erfordert einen kurzen Abstecher in eines der Nachbarländer.
Ausrüstung: 1-2 Kittel (am besten nach Gebrauch verschenken), Scrubs für operative
Disziplinen. OP-Hauben und Masken falls mal keine da sind. (Sehr selten der Fall). Buch für
die Kitteltasche. Sterilium o.ä. für die Kitteltasche. Taschenlampe (Stromausfälle sind leider
häufig). Sonnencreme. OP Schutzbrillen, am besten mit Anti-Beschlag, da durch die hohe
Luftfeuchtigkeit und Hitze im OP leider gewöhnliche Schutzbrillen sehr schnell die Sicht
vernebeln. Passbilder z.B. für die Identity-Card
Was man nicht braucht: Moskitonetz, kann sehr günstig vor Ort erworben werden bzw. ist
normalerweise im Hostel bereits vorhanden. Handschuhe -> Nur für den Eigenbedarf, im OP
und auf Station immer vorhanden. Traveller-Schecks werden für 15-20% Kommission vor Ort
getauscht.
Sprache: Ein Swahili-Sprachkurs kann bereits in Deutschland begonnen werden. Im
Krankenhaus ist die Unterrichtssprache Englisch. Trotzdem können Grundkenntnisse der
Nationalsprache auch im Umgang mit dem Personal sehr von Nutzen sein. Patienten
sprechen zumeist sehr wenig bis kein Englisch. Allerdings ist der Alltag z.B. in der Chirurgie
auch ohne tiefere Kenntnisse der Sprache zu bewältigen. Vor Ort kann beim International
Language Training Center in Mwanza bei einer deutschsprachigen Emigrantin (Mama
Salala) Unterricht in kleinen Gruppen bezogen werden. (20h ca. 100EUR). Der
Unterrichtsstil ist gewöhnungsbedürftig aber tut seinen Zweck.
Flug: Ich bin mit Quatar geflogen. Weitere günstige Anbieter sind Ethopian Airlines, Turkish
Airlines und Oman Air. KLM fliegt auch direkt über Amsterdam nach Dar es Salaam. Für
Flüge innerhalb Tansanias habe ich nur Precision Air verwendet. Hierbei muss mit
Flugausfällen und Verspätungen gerechnet werden. Auch das Gepäck kommt zuweilen erst
mit Verspätung an.
Impfen und Gesundheit: Die tropenmedizinische Sprechstunde der Missio zu besuchen ist
sehr zu empfehlen. Ich hatte an Impfungen: Gelbfieber, Typhus, Hep A+B, Meningokokken
sowie alle Regelimpfungen. Malariaprophylaxe ist sehr anzuraten (Hochendemiegebiet) ich
habe Lariam verwendet und hatte keine Probleme. Bei der Missio kann eine HIVPostexpositionsprophylaxe gegen Hinterlegung eines Pfands entliehen werden. Vor Ort
befindet sich auch eine HIV-Klinik und derartige Medikamente werden vorgehalten. Im OP
verwenden generell alle Operierenden zwei paar Handschutze und Schutzbrillen.
Insektenspray (am besten auf DEET-Basis, vor Ort erhältlich), Reiseantibiotikum (z.B.
Ciprofloxacin) sowie Mittel gegen Durchfall (Loperamid) und Magenpein (Paspertin) sowie
postäthylitische Beschwerden (Ibuprofen) sind nützlich. Generell können die Medikamente
auch vor Ort erworben werden. Allerdings spielen Unsicherheitsfaktoren (fake drugs)
natürlich mit.
Kontankt zu Studenten vor Ort oder dem deutschen Vorgänger Zwecks Organisation des
Zimmers vor Ort, vor allem bei Ankunft am Wochenende, da dann niemand von der
Verwaltung anwesend ist.
Der erste Tag:
Morgens zu Beginn persönliche Vorstellung beim Studiendekan Kataraihya (2. Stock bei
Catholic University of Health). Anmelden für eine Identity-Card, ebenfalls 2. Stock (kann
unter Umständen häufige Besuche erfordern, Einladungsschreiben mitbringen). Diese soll
mit Verweis auf den Austausch Würzburg-Mwanza gerüchteweise auch schon ohne Zahlung
von 50$ Registration-fee ausgestellt worden sein. Danach Antritt zur Morgenbesprechung.
Für das Department of Surgery existiert keine feste Planung bezüglich der
Rotationsstationen. Man sucht sich also eine der chirurgischen Subdisziplinen (Allgemein,
Orthopädie/Unfall, HNO, Urologie) aus, stellt sich vor und verbringt nach eigenem
Gutdünken dort Zeit. Auch Ausflüge zu interessierenden benachbarten Disziplinen
(Geburtshilfe/Gyn) sind recht beliebt.
Leben in Mwanza
Die Unterbringung erfolgt kostenfrei im Student-Hostel. Die Unterkunft ist zweckmäßig und
man kann sich über einen Mangel an Gesellschaft nicht beklagen. Internet bezieht man am
besten per Surfstick (Airtel: Schnellstes Netz aber teuer; Zantel: Zuverlässig, billig, dafür
etwas langsamer). Einheimisches Essen kann direkt am Hostel günstig erworben werden
(ca. 1-2 EUR / Mahlzeit). Für die kleine Abwechslung empfehlen sich Restaurants und Hotels
in der Stadt, insbesondere:
Gold Crest, Rooftop, Burger bestellen; Sonntags ab 13 Uhr indisches Buffet an der IsamiloLodge; Tilapia & Diners für Indisches Essen; Binti Maringo: preiswerte Küche.
Sportvereine o.ä. sucht man leider vergebens. Schwimmen ist in der Isamilo-School im 25m
Becken möglich. Ein behelfsmäßiges Fitnesstraining ist mit Geräten der Marke Eigenbau auf
dem Dach des Wohnheims möglich. Joggen in der Umgebung des Bugando kann ich als
individuelle Lebenserfahrung nur weiterempfehlen (besser nicht allein).
Zur Abendgestaltung stehen Clubs und Bars mit Livemusik in begrenztem Umfang zur
Verfügung. (z.B. Rock Bottom im Gold Crest).
Nicht vergessen sollte man die Ausflüge, welche eine willkommene Abwechslung zum
Klinikalltag darstellen und mitunter zu den Highlights zählen. Die Serengeti ist nur 2-3
Autostunden entfernt und kann mit lokalen Safarianbietern bereist werden. Auch mehrtägige
Exkursionen inkl. Ngorongoro-Krater sind drin. Ebenfalls eine halbe Tagesreise entfernt liegt
Rubondo-Island, welches sich für ein verlängertes Wochenende durchaus anbietet. Bei Anoder Abreise aus Tansania empfiehlt sich ein kleiner Abstecher nach Sansibar.
Die Klinik
Die Pflichten des fremdländischen Studenten halten sich in Grenzen. Alles kann nichts muss.
Im Tagdienst ist man häufig mit vielen anderen Studenten unterwegs, was Abwechslung und
Unterhaltung bringt, jedoch die Möglichkeit für eigene praktische Tätigkeiten reduziert.
Generell besteht der Tag in allen Abteilungen aus einem Morning Report, indem mehr oder
weniger ausführlich die Fälle des vorangegangenen Tages diskutiert und zur Schau gestellt
werden. Dann erfolgt je nach Fachrichtung und Tag OP, Sprechstunde oder große Visite. Die
Versorgung entspricht mit Sicherheit den Erwartungen an eines der ärmeren Länder dieser
Welt. Darüber sollte auch die Bezeichnung Referal Hospital für das Bugando nicht
hinwegtäuschen. Der Zustand der Krankenversorgung mag für den westlich geprägten
Medizinstudenten zunächst verstörend wirken. Wer sich mit dieser Situation arrangiert hat,
kann jedoch auch faszinierende daheim z.T. nur aus Büchern bekannte Krankheitsbilder
(Malaria, Tetanus, Lepra, AIDS im Endstadium, groteske Fehlbildungen uvm.) erleben. Bei
Interesse empfiehlt es sich mit einem der Interns oder Residents on-call zu gehen, so kann
man im Bereitschaftsdienst vermehrt praktische Erfahrungen sammeln. Alternativ ist es auch
möglich einem der Operateure seine Handy-Nr. mitzuteilen. Evtl. kontaktiert dieser einen
dann, wenn eine Notfall-OP ansteht.
Ausblick
Ich würde es wieder machen. Die Erfahrung ist sehr viel Wert und die Eindrücke behält man
fürs Leben. Abstriche bei Komfort und eingeschränkte Privatsphäre (man fällt einfach auf)
müssen jedoch in Kauf genommen werden. Wer es wagen möchte und noch Fragen hat
gerne an robertnickl@gmx.de