Mobil telefonieren Mobil telefonieren
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INPUT Aktuelles aus Wir tschaft, Politik und Gesellschaft für Schülerinnen und Schüler Mobil telefonieren Gerrit Herlyn Thomas Hengartner Mobil telefonieren Kulturelle und soziale Folgen Mobiltelefonie und die Gesundheit Interviews mit vier Handynutzern Über 80 % der Schweizerinnen und Schweizer haben ein Handy. Kann Seite 4 man ohne nicht leben? Das Handy hat den Umgang mit Freunden und Familie verändert. Seite 8 Braucht es Regeln? Die Auswirkungen elektromagnetischer Felder auf den Menschen: Was weiss man darüber? Seite 11 Vier Personen erklären ihren Umgang mit dem Handy in Alltag und Beruf. Seite 16 Inhalt 03 04 06 08 11 14 16 18 19 Einleitung Mobil telefonieren Die Technik des Mobiltelefons Die kulturellen und sozialen Folgen des Mobiltelefons Mobile Kommunikation und die Gesundheitsdiskussion Die wirtschaftlichen Seiten der mobilen Telefonie Interviews Aufgaben Quellen, Impressum Kommentar für Lehrpersonen abrufbar unter www.jugend-wirtschaft.info 2 | Input 8/2006 Mobil telefonieren Zu diesem Input Heft stehen im Internet weitere Materialien und eine E-Lesson zur Verfügung: www.jugend-wirtschaft.info, dann Lernset Mobiltelefonie wählen: E-Lesson: Interaktive Module zum Thema Mobiltelefonie Kommentar für Lehrpersonen zu Input Mobiltelefonie Übersicht Einleitung Wer kennt es nicht? Sich mit Freunden per Handy zum Ausgang verabreden, unbemerkt eine SMS im Schulunterricht tippen oder das Mobiltelefon mit dem neuesten Klingelton ausstatten – all dies ist heute zum selbstverständlichen Bestandteil im Alltag vieler Jugendlicher geworden. Dahinter steht eine rasante Entwicklung, wenn man bedenkt, dass vor 15 Jahren etwa 2% der Schweizer mobil telefonierten und heute etwa 84% der Bevölkerung mit ihrem Handy immer und überall erreichbar sein wollen. Damit sind Fragen verbunden, die in diesem Heft diskutiert werden. Warum wollen oder müssen wir immer erreich- bar sein? Welche technischen Entwicklungen sind es, die das Handy in seiner heutigen Form ermöglichen? Wie wirkt sich das Mobiltelefon auf unser alltägliches Verhalten aus und warum ist es gerade für Jugendliche so wichtig? Welche gesundheitlichen Risiken sind mit der Nutzung verbunden? Was sind die wirtschaftlichen Folgen der neuen Kommunikationsmöglichkeiten? Und wie lässt sich der gesellschaftliche Wandel beschreiben und erklären, der mit der Informations- und Kommunikationsgesellschaft zusammenhängt? Mobil telefonieren Input 8/2006 | 3 Mobil telefonieren Können wir uns ein Leben ohne Handy noch vorstellen? Wie weit die Gewöhnung an das Mobiltelefon fortgeschritten ist, zeigt die Tatsache, dass der Verlust des Handys für viele einer persönlichen «Katastrophe» gleichkommt. Eine im Jahr 2000 in Deutschland durchgeführte repräsentative Umfrage ergab, dass sich jeder dritte 6- bis 17Jährige ein Handy wünscht. Und seit einigen Jahren steht ein neues Mobiltelefon als Weihnachtsgeschenk zuoberst auf dem Wunschzettel. Deutsche Jugendliche im Alter von 16 bis 19 Jahren gaben 2003 ca. 23 8 monatlich (ca. CHF 35) für das mobile Telefonieren aus. Vielen Jugendlichen dient das Handy heute vor allem zur Organisation der Freizeit und dazu, Freundschaften und Beziehungen aufrechtzuerhalten. Vor zwanzig Jahren hingegen waren Mobiltelefone noch sehr exklusiv und bestimmten Berufsgruppen vorbehalten, die ständig erreichbar sein mussten (etwa Geschäftsleute, Ärzte, Bauleiter). Wie kommunizieren wir? Das Handy ist heute für viele Menschen das wichtigste Medium der persönlichen Kommunikation. Es steht am Ende einer Entwicklung, die mit dem persönlichen Gespräch als direk- Immer und überall telefonieren zu können, ist vor allem für Jugendliche heute fester Bestandteil des Alltags. teste Form der Kommunikation begann. Als Nächstes kamen Briefe als «langsames» schriftliches Medium dazu, sodann das orts- und drahtgebundene Festnetztelefon und schliesslich die schriftliche computervermittelte Kommunikation (E-Mail, Chat). Zeit und Raum können mit den neuesten Kommunikationsmedien nahezu uneingeschränkt überwunden werden. All dies hat dazu geführt hat, dass die Ansprüche an Kommunikation stetig gestiegen sind. Die neuen Ansprüche werden etwa darin deutlich, dass es Merkmale verschiedener Kommunikationsmedien Kommunikations- Seit wann? Beteiligte Sinne Übermittlung/Verfügbarkeit des Kommunikationspartners Alle Unmittelbar, aber an die Präsenz des Gesprächspartners medium Gespräch gekoppelt (synchron) Brief ca. 3000 v. Chr. Sehsinn/optisches Medium (haptisch) Telegrafie 1837 Sehsinn/optisches Medium Mindestens 1 Tag, Postadresse (asynchron) Unmittelbar, aber an die Kenntnis der Ver- und Entschlüsselung (Morse-Alphabet) gebunden Telefon 1876 Hörsinn/akustisches Medium Unmittelbar, aber an «Telefon»-Präsenz des Gesprächspartners E-mail 1971 Sehsinn/optisches Medium Unmittelbar, Internetzugang des Empfängers (asynchron) SMS 1992 Sehsinn/optisches Medium Unmittelbar, eigenes Mobiltelefon notwendig, räumlich gekoppelt (synchron) unabhängig (asynchron) 4 | Input 8/2006 Mobil telefonieren Moderne Kommunikationssituationen – die digitalen Medien E-Mail, Chat und SMS führen dazu, dass wir heute einen Grossteil unserer Zeit vor Monitoren und Displays verbringen. Die weltumspannenden Reichweiten bewirken auch, dass wir den direkten Nachbarn aus dem Blick verlieren. als unhöflich empfunden wird, eine SMS erst nach Stunden zu beantworten oder E-Mails nur sehr unregelmässig abzurufen. Ob es sich dabei um einen Kommunikationszwang handelt oder sich neue Freiheiten ergeben, ist eine offene Frage. Angesichts der heutigen Vielfalt der Kommunikationsmedien gilt es, in unterschiedlichen Situationen das jeweils angemessene Medium zu wählen (z.B.: Brief bei offiziellen Anlässen; E-Mail, wenn es schnell gehen, aber dem Kommunikationspartner Zeit zum Antworten bleiben soll). «Neuerfindung» des Telefons: Schriftliche Kommunikation mit dem Handy Die ersten SMS wurden 1992 gesendet. Diese waren zunächst nur zur Kontaktaufnahme der Mobilfunkanbieter mit deren Kunden gedacht. Sie erwiesen sich aber schnell als Überraschungserfolg der Mobiltelefonge- schichte. Seit 1995 ist der «Short Message Service» auch in der Schweiz verfügbar. Mit der Beschränkung der Botschaft auf 160 Zeichen hat sich bei dem vor allem bei Jugendlichen beliebten Medium ein eigener «Telegrammstil» herausgebildet. Der Kommunikationswissenschaftler Joachim Höflich hat Motive von Jugendlichen für die SMS-Nutzung erforscht und festgestellt, dass Verabredungen treffen, sich nach dem Befinden der Freunde erkundigen, das eigene Befinden mitteilen, Erreichbarkeit signalisieren, Spass am Kontakt sowie Langeweile vertreiben die häufigsten Anlässe sind, um eine SMS zu schreiben. Jugendliche führen im Durchschnitt drei Handy-Telefonate am Tag und senden bzw. empfangen jeweils sieben SMS. Die neue Nutzungsform SMS hat damit das eigentliche mündliche Telefonieren vielfach überholt. Hierfür sprechen auch die 3,12 Milliarden Mobil telefonieren Input 8/2006 | 5 SMS, die über die drei Anbieter Orange, Sunrise und Swisscom Mobile von ihren knapp 6,2 Millionen Kundinnen und Kunden im Jahr 2003 verschickt worden sind. Neu an dieser Art der Kommunikation ist, dass mit der SMS Grenzen zwischen Schriftlichkeit und Mündlichkeit verschwimmen. Viele Wörter werden so «gesimst», wie sie ausgesprochen werden. Regeln der Rechtschreibung und Grammatik verlieren an Bedeutung. Stattdessen findet ein kreativer und ironischer Umgang mit Dialekten, Anglizismen (cu für see you) und mit der Umgangs- und Jugendsprache statt. Aufgrund der beschränkten Zeichenmenge werden viele Abkürzungen (glgukhdl! = ganz liebe gruss und kuss han di liäb!) und Emoticons (J) verwendet. Dass besondere SMS von Jugendlichen in Notizbücher übertragen und aufbewahrt werden, rückt sie wiederum in die Nähe von Briefen. Die Technik des Mobiltelefons Das Handy als Teil der Technikgeschichte in der Schweiz Eine rasante Entwicklung auf dem Gebiet der Mobiltelefonie hat in den letzten Jahren stattgefunden. Dabei geraten die siebzig Jahre auf dem Weg zum heute komfortablen drahtlosen Telefonieren schnell aus dem Blick: ■ Seit den 1930er Jahren wurde die drahtlose Telefonie zunächst genutzt, um im Hochgebirge Anschlüsse zu ermöglichen. Eine der ersten Verbindungen des Schweizer Alpen-Clubs (SAC) war die zwischen der Konkordia-Hütte und dem Jungfraujoch. ■ Ebenfalls eine Schweizer Besonderheit war der so genannte Autoruf. Mit diesem war es seit 1958 möglich, entsprechend ausgerüsteten Autos ein einfaches Funksignal zu übermitteln. Der Empfänger dieses Signals musste dann von der nächsten Telefonkabine aus (z.B. die Firmenzentrale) zurückrufen. ■ Die Zeit der Mobiltelefonie begann in der Schweiz im Jahr 1978. Mit dem Natel A (Nationales Autotelefon) stand ein auf etwa 10’000 Teilnehmer beschränktes (analoges) Funknetz zur Verfügung. Der beschränkte Teilnehmerkreis und die Anschaffungskosten von CHF 8000 und mehr für das Telefon sowie monatliche Gebühren von CHF 130 trugen zur Exklusivität des Handys bei. ■ Einer grösseren Kundenzahl von bis zu 125’000 Teilnehmern wurde das Telefonieren mit dem Handy mit der Einführung des C-Netzes 1987 ermöglicht. Die jetzt noch etwa 500 Gramm schweren Geräte waren mit einem Preis von CHF 5000 immer noch einer kaufkräftigen Kundenschicht vorbehalten. ■ Das endgültige Eindringen des Mobiltelefons in den Alltag setzt in der Schweiz mit dem Natel D ab 1993 ein. Der Einsatz von digitaler Technik bei der Sprachübertragung ermöglichte nun kleinere und leichtere Mobiltelefone, eine verbesserte Gesprächsqualität und die Übertragung anderer Informationen wie SMS. Günstigere Preise und Tarife beschleunigen zudem die rasche Verbreitung. Wie funktioniert ein Handy? Funksignale Die grundlegende Voraussetzung für die Mobiltelefonie ist die Funkübertragung. Dabei werden akustische oder optische Informationen mit elektromagnetischen Wellen übertragen. Dieses «Einpacken» und «Auspacken» von Informationen wird Modulation bzw. Demodulation genannt. Je nach Stärke des Signals verändert sich dabei die Anzahl der Schwingungen. Bei den heutigen Mobiltelefonen werden die Gespräche noch vor dem Versenden in digitale Informationen «umgewandelt» (eigentlich: komprimiert) und beim Empfänger wieder «entschlüsselt». Aus der Anzahl der Schwingungen einer elektromagnetischen Welle ergibt sich die Frequenz, auf der die Übertragung stattfindet. Eine elektromagnetische Schwingung pro Sekunde wird als ein Hertz (Hz) bezeichnet; ein Megahertz (MHz) entspricht einer Million Hertz, also einer Million Schwingungen pro Sekunde. Für die Mobiltelefonie ist ein dichtes Netz von Funkmasten notwendig. Gut versteckt zwischen Häusern oder sichtbar auf Hausdächern und Bergen positioniert, prägen sie unsere Landschaft mit. 6 | Input 8/2006 Mobil telefonieren Sendernetz Um ein möglichst umfassendes Mobiltelefonnetz zu gewährleisten, ist in der Schweiz ein dichtes, wabenartiges Netz von etwa 10’000 Funkzellen an über 4500 Standorten notwendig. Zu jeder Zelle gehört ein Sendemast, der die vergleichsweise schwachen Sendesignale der Mobiltelefone empfängt und weitergibt. In der Schweiz sind inzwischen 99,7% des besiedelten Gebiets von Funkzellen abgedeckt, so dass Funklöcher zur Ausnahme werden. Diese schematische Darstellung zeigt das wabenartige Netz, mit dem das «Orten» und Weiterleiten der Funksignale ermöglicht wird. Frequenzen Die Frequenzen für die drahtlose Übertragung telefonischer Daten wurden international im so genannten globalen Mobilfunkstandard GSM festgelegt. Zurzeit gelten die Frequenzbereiche 900 MHz und 1800 MHz. Für die heutigen digitalen Mobilfunkstandards werden zwei Frequenzbereiche benutzt, die im globalen Mobilfunkstandard GSM festgelegt wurden. Mobiltelefone, die auf beiden Frequenzbereichen funktionieren, werden daher als Dualband-Handys bezeichnet, Geräte, die über einen dritten Bereich (z.B. UMTS) verfügen, als Triband-Handys. Roaming Roaming (engl. für wandern, umherstreifen) steht für die automatische Übernahme in ein anderes Netz. Dank Roaming ist es möglich, auch im Ausland mit dem eigenen Handy zu telefonieren. Jedem Mobiltelefon ist ein so genanntes HLR (Home Location Register) zugeordnet. Mit der dort eingetragenen Datenkennung kann jedes Mobiltelefon «geortet» werden. Beim Wechsel des Nutzers in eine andere Zelle oder ein anderes Netz werden die HLR-Informationen an das jeweilige VLR (Visitor Location Register) übertragen. Hier werden die Gespräche der «Gäste» bedient und verwaltet. Multimedia-Anwendungen Mit dem im noch höheren Frequenzbereich von 2100 MHz arbeitenden UMTS (Universal Mobile Telecommunications Standard) ist es möglich, grössere digitale Datenmengen zu übertragen. So können technisch die neuen Multimedia-Anwendungen, wie VideoTelefonie, Foto-, Video- und Musikübertragung, zum Einsatz kommen. Mit den so genannten Smartphones verschmelzen Mobilfunk- und Computertechnologie noch stärker. Mit ihnen lassen sich wie im Computer Adressen, Termine und Aufgaben verwalten, sogar mit Textverarbeitungsprogrammen arbeiten, E-Mail- und Internetangebote benutzen, Daten mit dem Computer austauschen oder Anwendungen wie Media Player verwenden. Die Verbindung zwischen zwei Mobiltelefonen führt immer über Antennen. Mobiltelefone können nicht direkt miteinander Verbindung aufnehmen. Um so genannte Funklöcher in bergigen Regionen zu überbrücken, müssen die Funkmasten auf den Bergen stehen. Mobil telefonieren Input 8/2006 | 7 Die kulturellen und sozialen Folgen des Mobiltelefons Die schnelle Gewöhnung an das Handy, das heute für fast alle zum ständigen Begleiter geworden ist, ist erstaunlich. Hatten 1990 erst knapp 2% der Schweizer ein Handy, kamen 2003 auf 100 Einwohner 84 Mobiltelefone. Allein zwischen 1998 und 2001 verdreifachte sich die Zahl der Haushalte mit Handy. Damit wurde aus dem teuren Statussymbol für Menschen, die ihre ständige Erreichbarkeit signalisieren wollten, in weniger als 15 Jahren ein Alltagsobjekt für jedermann. Vom Umgang mit dem Handy In diesen 15 Jahren haben sich auch Vorstellungen vom «richtigen» und «falschen» Umgang mit dem Mobiltelefon herausgebildet. Jeder kennt Situationen, in denen das Klingeln des eigenen Handys peinlich ist. Das hängt damit zusammen, dass das Handy in jede Gesprächssituation hineinplatzen kann und abwesende Personen – ob erwünscht oder nicht – plötzlich als virtuelle Gesprächspartner mit dabei sein können. Das zunehmende Telefonieren in der Öffentlichkeit hat zu verschiedenen Verboten und Geboten geführt. Von Gesetzes wegen ist es in der Schweiz verboten, während der Fahrt im Auto mit dem Handy zu telefonieren (Geldbusse CHF 100). Die Nutzung von Freisprechanlagen hingegen ist weder ausdrücklich verboten noch erlaubt. An bestimmten Orten wird mit Hinweisschildern auf die störende Lärmquelle Handy aufmerksam gemacht: Bibliotheken, Theater, Kinos, Krankenhäuser, «handyfreie» Bereiche im Zug sind dafür Beispiele. In vielen Schulen war die häufige Störung des Unterrichts und die Ablenkung der Schüler durch Mobiltelefone ein grosses Problem. Die meisten Schulen haben heute Regelungen, die vom totalen Handy-Verbot bis zu freiwilligen Verein- barungen für die Nutzung (z.B. in der Schulpause) reichen. In anderen Situationen haben sich ungeschriebene Regeln eingespielt. So sieht sich etwa derjenige, der im Restaurant telefoniert, den «strafenden» Blicken unfreiwilliger Mithörer ausgesetzt. Dass der «richtige» Umgang oft schwierig ist, zeigt die Tatsache, dass moderne Benimmbücher dem mobilen Telefonieren jeweils eigene Kapitel widmen. Trotzdem besteht ein bemerkenswerter Widerspruch, was die Wahrnehmung des öffentlichen Telefonierens angeht: So gaben laut einer Studie zwei Drittel der Befragten an, das Mobiltelefon als aufdringliches Medium zu empfinden, und das, obwohl die meisten es selber benutzen. Zu den typischen Bestandteilen mobiler Kommunikation gehört auch, dass die Telefonate mit der Frage nach dem Aufenthaltsort beginnen, was für die übrigen Zuhörer belustigend ist. Technische Lösungen wie etwa der Vibrationsalarm oder die SMS bieten heute die Möglichkeit, geräuschärmer mobil zu kommunizieren. Ja, mit der SMS kehrt sogar ein Stück Privatsphäre während der öffentlichen Nutzung zurück. Das Handy als jugendliches Medium Besondere Verbreitung hat das Handy bei Jugendlichen erfahren. Vor allem Handy-Verbotsschilder sind wohl das deutlichste Zeichen, um im öffentlichen Raum zu zeigen, dass lautstarke «Selbst»-Gespräche und aufdringliche Klingeltöne unerwünscht sind. 8 | Input 8/2006 Mobil telefonieren für die Organisation der Freizeit ist das Handy für viele nicht mehr wegzudenken. Das Handy bietet die Möglichkeit, sich spontan und flexibler zu verabreden. Das hat den Vorteil, sich beim abendlichen Ausgang immer wieder umentscheiden zu können, gleichzeitig aber auch den Nachteil, dass verbindliche Verabredungen seltener und schwieriger werden. Dadurch, dass sich das Handy als Kommunikationsmedium in vielen Gruppen durchgesetzt hat, gibt es fast einen Zwang, selber ein Mobiltelefon zu besitzen, wird doch die Kommunikation mit einem Nicht-Handy-Besitzer zunehmend als kompliziert empfunden. Darüber hinaus kann das Handy zum Gradmesser für Zugehörigkeit innerhalb einer Clique werden («Wer darf meine Handy-Nummer haben?»), oder die Anzahl der Anrufe und SMS wird als Massstab für die Beliebtheit genommen. Das Handy ist ein «persönliches Medium». Es steht für individuelle Verfügbarkeit (eine Telefonnummer pro Anschluss und Person), für das Wissen um die eigene Erreichbarkeit und dafür, dass Anrufe für einen selbst bestimmt sind. Das Handy ist aber auch ein personalisiertes Medium, dem mit Klingeltönen, der Auswahl des Modells, einer Fotosammlung, einer Combox (Anrufbeantworter) mit eigenem «Spruch» und unterschiedlichstem Zubehör wie Handy-Hüllen eine individuelle und unverwechselbare Note verliehen werden soll. So kann es etwa ein Vertrauensbeweis sein, wenn einem Freund oder einer Freundin der Blick auf eine eingegangene SMS erlaubt wird oder gemeinsam nach der passenden Formulierung gesucht wird. Nach ihrer Einstellung zum mobilen Telefonieren gefragt, antworteten Jugendliche damit, dass es für sie besonders wichtig sei, «immer Privatgespräche führen zu können bzw. erreichbar zu sein». Viele antworteten auch, dass ein Leben ohne Handy «Wo bist Du?» Mit dem Mobiltelefon sind wir fast immer erreichbar. Es besteht aber auch die Gefahr, dass die plötzliche «Anwesenheit» eines Dritten gerade stört. undenkbar sei. All dies zeigt den Charakter des «intimen» Mediums Mobiltelefon. Ideal zum Flirten Da erstaunt es nicht, dass das Handy gleichzeitig für viele Jugendliche ein ideales Flirtmedium ist. SMS sind moderne Kurz-Liebesbriefe, deren Einsatz mit einer niedrigen Hemmschwelle verbunden ist. Schreiben fällt oft einfacher, als jemanden persönlich anzusprechen. Man kann sich für die richtige Formulierung eines Flirt-SMS Zeit nehmen. Manchmal ist die Bindung von Jugendlichen an ihr Handy so stark, dass von einer Handy-Sucht gesprochen werden kann. Aber auch ohne immer gleich eine Sucht zu diagnostizieren, ist das Handy doch zum selbstverständlichen Begleiter geworden, das den Tagesablauf vom mor- Mobil telefonieren Input 8/2006 | 9 gendlichen Wecken bis zur GuteNacht-SMS strukturiert. Der Blick auf das Display ist völlige Routine und das Handy hat auch stets in unmittelbarer Körperreichweite zu sein. Über die eigentliche Funktion des Telefonierens hinaus hat das Handy einen symbolischen «Zusatznutzen». Mit dem Wissen über Marken und Modelle, die gerade «in» sind, finden auch Abgrenzungen statt. Eine deutsche Studie ergab, dass für mehr als 90% der über 14-Jährigen die HandyMarke wichtig ist. Bereits 10-Jährige haben vielfach eine klare Vorstellung vom Wert bestimmter Marken. Das Handy als «Schuldenfalle» Im Budget von Jugendlichen nehmen Kosten für das Handy einen hohen Anteil ein. In der öffentlichen Diskussion ist häufig vom Handy als «Schuldenfalle» die Rede. Ende 2003 gab die deut- sche Verbraucherschutzministerin Renate Künast bekannt, dass 180’000 Jugendliche gezwungen waren, Kredite aufzunehmen, um ihre Mobiltelefonie-Rechnungen bezahlen zu können. Kosten entstanden dabei nicht nur durch den bereits angesprochenen Kommunikationszwang, sondern auch durch die besonders bei Jugendlichen beliebten Zusatzdienste (Klingeltöne, Spiele, Music-Clips usw.). Als Möglichkeit zur Kostenkontrolle sind vor allem Prepaid-Karten geeignet. Viele junge Konsumentinnen und Konsumenten haben «eine Art virtuelles Verständnis des Geldes». Das Handy als Familienmitglied Wie verändert das Handy den Familienalltag? Die Gestaltung des Familienlebens und die Kommunikation zwischen den Familienmitgliedern wird flexibler, etwa wenn der abendliche Speiseplan «live» zwischen Küche und Supermarktregal besprochen wird. Die mobile Kommmunikation führt aber auch zu höheren Ansprüchen an die Familienmitglieder – wenn etwa die Erwartung besteht, auch kurze Verspätungen telefonisch durchzugeben oder Freizeitaktivitäten kurzfristig zu organisieren. «Nehmen Sie sich die Freiheit, überall erreichbar zu sein.» Dieser Werbeslogan eines österreichischen Mobilfunkanbieters bringt die Versprechen des positiven Nutzens des Mobiltelefons auf den Punkt. Häufig tritt jedoch eine widersprüchliche Situation ein. Die Freiheit, überall erreichbar zu sein, bedeutet eben auch, dass eine stärkere Kontrolle möglich ist, das heisst, das Handy bietet Sicherheit und Überwachung zugleich. Eltern können kontrollieren, was ihre Kinder gerade machen und mit wem sie ihre Zeit verbringen, ein ausgeschaltetes Handy muss gelegentlich auch gerechtfertigt werden. Im Prozess der Abnabelung vom Elternhaus wird das Handy für Kinder und Jugendliche zur verlängerten «Nabelschnur». Das Handy wird auch häufig zum Streitpunkt zwischen Eltern und Kindern. Wenn das Handy am Tisch oder bei gemeinsamen Aktivitäten «anwesend» ist, kann dies vor allem von den Eltern als störendes Eindringen in die Familie empfunden werden. Ein weiterer Konflikt kann mit der Frage verbunden sein, ob und ab welchem Alter ein Kind oder ein Jugendlicher ein Handy haben sollte und wer die damit verbundenen Kosten trägt. (Das Handy wird auch zum Bestandteil von Erziehungsmassnahmen von Eltern). Für viele Menschen ging es beim Kauf des ersten Handys noch um ein Abwägen von Vor- und Nachteilen. Anschaffungsgrund war häufig der Gewinn an Sicherheitsempfinden und die Möglichkeit, in Gefahrensituationen Hilfe rufen zu können. Tatsächlich ist das Mobiltelefon jedoch vor allem Medium der Freizeit-Kommunikation. 10 | Input 8/2006 Mobil telefonieren Mobile Kommunikation und die Gesundheitsdiskussion Forschung und Gesetze für die Gesundheit Elektromagnetische Felder Gesundheit ist etwas vom Wertvollsten, das wir Menschen besitzen. Entsprechend besorgt sind wir um unser körperliches und geistiges Wohlergehen. Auch auf politischer Ebene ist Gesundheit ein Dauerbrenner (denken wir nur etwa an die Krankenkassenprämien). So werden denn neue technische Entwicklungen unter dem Gesichtspunkt möglicher Auswirkungen auf die Gesundheit geprüft. Nahrungsmittel oder Getränke ebenso wie Autos, Computer oder eben Handys. Von Beginn an waren die gesundheitlichen Auswirkungen einer der wichtigsten Aspekte in der Entwicklung des Mobilfunks. Nicht nur für die Mobilfunkbranche selbst handelt es sich um ein ernst zu nehmendes Thema, auch nationale und internationale Behörden sowie Forschungsinstitutionen befassen sich seit den Anfängen dieser noch jungen Technologie mit den Auswirkungen elektromagnetischer Felder auf den menschlichen Organismus. Heute liegen über 20'000 wissenschaftliche Arbeiten zum Thema elektromagnetische Felder vor und pro Jahr kommen einige hundert weitere Studien hinzu. Auf internationaler Ebene beschäftigen sich die Weltgesundheitsorganisation WHO und die dazu gehörende Expertengruppe ICNIRP (International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection) sowie Institutionen der Europäischen Union mit dem Thema. In der Schweiz befassen sich das Bundesamt für Gesundheit (BAG) und das Bundesamt für Umwelt (BAFU) im Auftrag von Bundesrat und Parlament mit möglichen gesundheitlichen Auswirkungen elektromagnetischer Felder und bereiten die gesetzlichen Grundlagen zum Schutz der Bevölkerung zuhanden von Bundesrat und Parlament vor. Elektromagnetische Felder kommen in der Natur vor (z.B. Wärmestrahlung oder Licht); sie werden aber auch künstlich hergestellt und für verschiedenste Anwendungen genutzt (z.B. Mikrowellenöfen, Radio, Fernsehen, Richtfunk, Radar usw.). Unterschieden werden sie nach Frequenz oder Wellenlänge. Mobilfunk mit Frequenzen um 900, 1800 und 2000 MHz gehört in die Kategorie der hochfrequenten Wellen. Je nach Frequenz und Inten- sität haben elektromagnetische Felder unterschiedliche Wirkungen auf den menschlichen Körper. Die vom Mobilfunk genutzten und erzeugten Wellen werden vom Körper teilweise reflektiert, teilweise absorbiert (d.h. in den Körper aufgenommen und dabei in Wärme umgewandelt). Bei höheren Frequenzen als dem Mobilfunk, z.B. bei Infrarotwellen und beim Licht, werden die elektromagnetischen Wellen bereits von der Haut absorbiert. Dabei entsteht auf der Hautoberfläche spürbar Wärme. Feldstärkemessung. Gerade im Umkreis der Sende- und Empfangsmasten werden regelmässige Kontrollen der elektromagnetischen Feldstärke durchgeführt. Mobil telefonieren Input 8/2006 | 11 Stand der Forschung Die Auswirkungen elektromagnetischer Felder auf Mensch und Umwelt wurden und werden intensiv erforscht. Und das schon seit Jahrzehnten. Das Fazit der bisherigen Forschung: Ein wissenschaftlicher Nachweis für gesundheitliche Auswirkungen von elektromagnetischen Feldern des Mobilfunks auf die Gesundheit konnte bisher nicht erbracht werden. Oder anders formuliert: Es konnte bisher nicht festgestellt werden, dass Krankheiten und Störungen des Wohlbefindens eindeutig vom Mobilfunk verursacht werden. Die Forschung geht weiter, auch wenn die vollständige Unschädlichkeit nie bewiesen werden kann. Die Suche nach möglichen Gefährdungen gleicht gelegentlich der Suche nach einer Nadel im Heuhaufen. Immer wieder wird in der Öffentlichkeit heiss über die neusten Studienresultate diskutiert. Eine Studie behauptet, dass bei Menschen, die seit über zehn Jahren schon mobil telefonieren, eine bestimmte Krebsart (gutartiger Gehörgangstumor) ein klein wenig häufiger auftritt als bei Menschen, die wenig oder nicht mobil telefonieren. Das ist ein ernst zu nehmender Hinweis – dabei darf aber nicht vergessen werden, dass wir heute nicht mehr über dieselben «alten» Technologien telefonieren wie vor zehn Jahren. Forscher zweifeln also zu Recht daran, dass diese Studie für die heutige Situation gültige Aussagen macht. Dies ist ein klassisches Beispiel für die aktuelle Diskussion: Wie interpretieren wir die Ergebnisse? Wann geben sie uns klare Hinweise auf mögliche Probleme? Tatsache ist: Wir wissen nicht ganz genau, ob das Telefonieren mit dem Handy auch wirklich gefahrlos ist für uns alle. Die Wissenschaft zeigt im Grossen und Ganzen, dass wir uns bei vernünftigem Gebrauch keiner Gefahr aussetzen. Unbestritten ist aber auch, dass das Thema Sorgen und Ängste auslösen kann. Hier hilft nur eines: aufmerksam sein, kritisch mitdenken, den gesunden Menschenverstand walten lassen. Und: weiterhin forschen und verantwortungsvoll mit der neuen, hilfreichen Technologie Mobilfunk umgehen. Thermische Wirkungen Angst vor Auswirkungen auf Kopf und Körper. Diese Wärmewirkung beruht jedoch fast ausschliesslich auf der Erwärmung von Batterie und Display und/oder auf dem Wärmestau zwischen Handy und Ohr. Auch für Handys gilt, was für Antennen gesagt werden kann: Die Leistung der Handys ist durch die SAR-Werte (siehe Kasten) so stark begrenzt, dass keine gesund- In der Diskussion um die gesundheitlichen Auswirkungen unterscheiden Experten zwischen thermischen und athermischen (auch so genannten biologischen) Wirkungen. Durch die Festlegung strenger Grenzwerte durch die verantwortlichen Behörden sind bei den von Mobilfunkantennen ausgehenden elektromagnetischen Wellen keine thermischen Effekte nachweisbar. Die Feldstärken dazu sind viel zu gering. Bisher haben die methodisch anerkannten Studien denn auch keinen Zusammenhang zwischen schwachen elektromagnetischen Wellen von Antennen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen nachweisen können. Die beim Telefonieren mit einem Handy spürbare Wärme schürt die Handy-Gefahr im Strassenverkehr Grenzwerte in der Schweiz zehnmal strenger Während über mögliche Gefahren oder die Unbedenklichkeit des Mobilfunks auf unseren Körper in der Fachwelt diskutiert wird, ist eines klar: Im Strassenverkehr kann Telefonieren mit dem Handy sehr gefährlich sein. Durch Ablenkung während eines Gesprächs oder durch Manipulationen am Handy sind schon schwere Unfälle verursacht worden. Zu Recht ist daher in den meisten Ländern das Telefonieren beim Autofahren verboten oder nur mit Freisprechanlage erlaubt. Vorsicht ist angebracht! Auch wer sich auf dem Velo oder zu Fuss im dichten Verkehr bewegt, sollte sich nicht vom Handy ablenken lassen. Als Ausgangspunkt für die Grenzwertüberlegungen im Mobilfunk nahm die zuständige Kommission bei der Weltgesundheitsorganisation WHO jenen Wert, der bei einer Exposition von 30 Minuten den Körper um 1°C erwärmt. Der menschliche Körper kann mit geringfügigen Temperaturerhöhungen bis 1°C selber problemlos für Abkühlung sorgen. Aufgrund dieser Überlegungen empfahl die WHO Grenzwerte, die zusätzlich zum Ausgangswert mit einer Sicherheitsmarge vom Faktor 50 ausgestattet wurden. Daraus entstand unser Immissionsgrenzwert, der sogenannte IGW. Diese Empfehlung stützt sich auf den internationalen Konsens von Wissenschaftlern aus unterschiedlichen Fachbereichen wie Medizin, Biologie, Biophysik und Technik. Die Grenzwerte der Schweiz entsprechen diesen Werten. Aufgrund des Vorsorgegedankens (d.h. Schutz vor noch unbekannten Auswirkungen) wurde in der Schweiz für Orte mit empfindlicher Nutzung (sogenannte OMEN) ausserdem ein um den Faktor 10 tieferer Grenzwert festgelegt. OMEN sind im Wesentlichen Räume in Gebäuden, in denen sich Personen regelmässig während längerer Zeit aufhalten sowie dafür festgelegte Flächen (z.B. Kinderspielplätze). An den OMEN kommen die Anlagegrenzwerte (AGW) zur Anwendung, an Orten mit kurzfristigem Aufenthalt (OKA) werden die Immissionsgrenzwerte (IGW) angewendet. 12 | Input 8/2006 Mobil telefonieren Zitate «Der Bundesrat verfolgt die weltweite Forschung über biologische und gesundheitliche Auswirkungen nichtionisierender Strahlung aufmerksam. Das BAFU bewertet den wissenschaftlichen Kenntnisstand laufend und ist verpflichtet, dem Bundesrat eine Anpassung der Grenzwerte der NISV zu beantragen, falls neue, gesicherte Ergebnisse dies erfordern. Die letzte umfassende Überprüfung hat das BAFU im Frühling 2003 in einem Bericht ‹Hochfrequente Strahlung und Gesundheit› publiziert. Daraus hat sich kein Bedarf für eine Verschärfung der Grenzwerte ergeben.» (Bundesrat, 25. August 2004) «Der Bundesrat hat in der NISV international angewendete Grenzwerte als so genannte Immissionsgrenzwerte übernommen. Diese schützen mit ausreichender Sicherheit vor den wissenschaftlich allgemein anerkannten Gesundheitsauswirkungen nichtionisierender Strahlung.» heitlichen Auswirkungen aufgrund von thermischen Wirkungen der elektromagnetischen Felder zu befürchten sind. (BAFU) «Der Bundesrat hat (…) – basierend auf dem Vorsorgeprinzip des Umweltschutzgesetzes – zusätzlich noch die strengeren Anlagegrenzwerte festgelegt, mit denen vor allem die Langzeitbelastung niedrig gehalten wird.» (BAFU) «Die Wissenschaft hat bis jetzt keinen Beweis erbracht, dass der Gebrauch von Mobil- Biologische Effekte telefonen für die Gesundheit schädlich sein könnte. Aufgrund des aktuellen Wissens- Über die thermischen Wirkungen herrscht also generell Einigkeit. Die Diskussion entfacht sich meist an den nicht thermischen, den so genannten biologischen Effekten. Darunter versteht man jene Wirkungen, die zu gering sind, um im Körper Temperaturerhöhung zu verursachen, die jedoch trotzdem auf Zellen oder Stoffe in unserem Körper messbare Wirkungen haben. Untersucht werden mögliche Auswirkungen auf das Nervensystem und das Gehirn, Veränderungen des Zellstoffwechsels und der Hirnströme sowie andere biologische Mechanismen und Wirkungen im Körper. Die aktuelle Forschung befasst sich heute vorwiegend mit den biologischen Effekten. Schwache Effekte (wie beispielsweise eine Veränderung der Hirnströme) lassen sich feststellen (auch Kaffeetrinken verändert Hirnströme); man weiss jedoch nicht, ob dies auch Auswirkungen auf unsere Gesundheit hat, oder ob der Körper solche Veränderungen innert nützlicher Frist kompensiert oder behebt. Bei Studien, die solche Effekte zeigten, wurden in der Regel Signalstärken verwendet, die weit über den in der Umwelt auftretenden Feldern von Antennen liegen. Experten weisen standes können gesundheitliche Risiken der Handystrahlung jedoch nicht ganz ausgeschlossen werden. Das Bundesamt für Gesundheit empfiehlt deshalb, die Strahlenbelastung beim Mobiltelefonieren so niedrig wie möglich zu halten». (Bundesamt für Gesundheit) Das von der ICNIRP für die WHO erarbeitete Grenzwertekonzept kann als «ordentlich, logisch, transparent und konservativ» bezeichnet werden. Es bestehe «keine Notwendigkeit oder Rechtfertigung, ein anderes Schutzkonzept bezüglich Kindern anzuwenden». (Dr. Paolo Vecchia, Vorsitzender der ICNIRP) dementsprechend darauf hin, dass gesundheitliche Effekte unterhalb der geltenden Grenzwerte trotz umfangreicher Forschungen bisher nicht nachgewiesen wurden oder die vermuteten Hinweise nicht bestätigt werden konnten. Es gibt einzelne (und auch ernst zu nehmende) Studien, die auf einen biologischen Effekt beim Handygebrauch hinweisen. Es ist aber schwierig nachzuweisen, ob sie beim mobilen Telefonieren Kopfschmerzen, Müdigkeit, Hautbrennen oder Schwindelgefühle verursachen können, wie dies von betroffenen Menschen vermutet wird, oder ob diese Wirkungen auf die Körperhaltung beim Telefonieren, die Stresswirkung bestimmter Gespräche, die Wärmeabgabe der Handybatterie oder ganz andere Ursachen zurückzuführen sind. Mobil telefonieren Input 8/2006 | 13 SAR-Wert begrenzt Handyleistung Die maximale Sendeleistung von Handys ist durch internationale Bestimmungen begrenzt. Gemessen wird diese durch die «Spezifische Absorptionsrate» (SAR). Sie sagt aus, wie viel elektromagnetische Leistung (W) von einer bestimmten Menge Körpergewebe aufgenommen wird. SAR wird in W/kg (Watt pro Kilogramm) angegeben. Der maximal empfohlene Wert ist 2 W/kg. Dieser wird für jedes Handy unter Laborbedingungen für die ungünstigste Anwendung als Maximalwert gemessen. Je besser die Empfangsqualität während des Gebrauchs, desto tiefer ist die vom Handy benötigte Leistung. Dies senkt den theoretischen SAR-Wert in der Praxis erheblich. Die wirtschaftlichen Seiten der mobilen Telefonie Die Mobiltelefonie hat sich zu einem bedeutenden wirtschaftlichen Zweig entwickelt. Für die Eidgenössische Kommunikationskommission («ComCom») ist der Mobilfunkbereich weiterhin – wie auch in den vergangenen 15 Jahren – der «Wachstumsmotor der Telecom-Branche». Hingegen treten im Bereich der Festnetztelefonie kaum noch Veränderungen auf. Im Jahr 2003 erzielten die Mobilfunkbetreiber mit dem Mobilfunkbereich einen Betriebsertrag von CHF 4,5 Milliarden. Die durchschnittlichen Ausgaben pro Mobilfunk-Kunden betrugen laut Swisscom Mobile CHF 81 pro Monat. Im internationalen Vergleich hatte die Schweiz 2001 mit 1485 8 pro Jahr die höchsten Pro-Kopf-Ausgaben für Telekommunikation im Vergleich zu den EU-Staaten, den USA und Japan. Der Schweizer Telefonmarkt wurde am 1. Januar 1998 endgültig liberalisiert. Im Bereich der Mobiltelefonie gibt es nebst der Swisscom Mobile die weiteren Anbieter Sunrise (1998) und Orange (1999). Nicht zuletzt die daraus entstandene Konkurrenzsitua- tion hat dazu geführt, dass die Preise für mobiles Telefonieren nach der Privatisierung um 20% zurückgingen. Für die Kunden zeigt sich der umkämpfte Markt auch im «Rennen» um die «günstigen» Angebote. Für die Anbieter wiederum lohnt es sich, ein Handy mit Vertragsbindung für den symbolischen Preis von CHF 1 zu verkaufen, da sie über die Grundgebühren und die anfallenden Telefonkosten genügend erwirtschaften. Eine Möglichkeit, die monatlichen Kosten zu kontrollieren, bietet sich mit einer Prepaid-Karte. Ihre Verwendung hilft, nur das Geld auszugeben, über das man auch tatsächlich verfügt. Klingeltöne – ein Beispiel für wirtschaftliche Effekte Tendenziell fallen die Preise auf dem Mobiltelefon-Markt. Um weiterhin Umsatzsteigerungen zu erzielen, müssen sich die Anbieter immer wieder Neues für die Kunden überlegen. In jüngster Zeit sind es beim Handy vor allem Angebote (sogenannte Zusatzdienste), die nicht unmittelbar mit dem eigent- Das Mobiltelefon ist mittlerweile zum unverzichtbaren Bestandteil für die Organisation des Berufs geworden. Nicht zuletzt dadurch werden Flexibilität und Kommunikation ermöglicht und verbessert. So steigt aber auch unsere Erwartung an die permanente Erreichbarkeit. 14 | Input 8/2006 Mobil telefonieren lichen Telefonieren zu tun haben. Ein Beispiel, an dem sich dies gut aufzeigen lässt, sind Klingeltöne. Diese haben sich in kurzer Zeit als begleitendes kommerzielles Angebot der Mobiltelefonie etabliert. Nach einer Umfrage lädt sich in Deutschland schon jeder zehnte Kunde Klingeltöne und Logos herunter. Bei den 14- bis 29Jährigen ist es sogar jeder Vierte. Inzwischen werden sogar mehr Klingeltöne als CD-Singles verkauft. Nach der SMS bilden die Klingeltöne den grössten Anteil aller Datendienste, die die Handy-Nutzer in Anspruch nehmen. Breite Werbung im Jugend-Musikfernsehen, Klingelton-Charts und Klingelton-Abonnements sind erfolgreiche Massnahmen, die Kunden anzusprechen. Die Klingeltöne orientieren sich dabei an schnelllebigen Moden und Trends. Nebst den Chart-Hits sind es vor allem von den Musiksendern im Fernsehen populär gemachte Töne und animierte Figuren. Für viele Handy-Nutzer gehört dieses «Mitspielen» zum persönlichen Medium Mobiltelefon. Verbunden ist das auch mit der technischen Entwicklung: So ist es erst mit den höheren Datenüber tragungsraten möglich gewesen, zunächst polyphone (mehrstimmige), später so genannte Real Audio-Töne und inzwischen auch Video-Klingeltöne anzubieten. Für die Musikindustrie, die durch digitale Kopiermöglichkeiten in den vergangenen Jahren starke Einbussen hinnehmen musste, ist durch die Lizensierung von Chart-Musik für Klingeltöne ein spürbarer Zusatznutzen entstanden. Viele Nutzer sind eher bereit, für Mobiltelefondienste Geld zu bezahlen als etwa für den Musik-Download aus dem Internet. Mit dem Handy sind auch andere kommerzielle Angebote, wie etwa Gewinnspiele und SMS-Laufbänder im Fernsehen, möglich geworden. Der Jugendmusiksender Viva erzielt mittler- TV auf dem Handy, Internet und Mobile Music werden in Zukunft so alltäglich werden, wie es Farbfernsehen im Wohnzimmer und Musik über CD in der Hifi-Anlage jetzt schon sind.» weile mit kostenpflichtigen Telefonangeboten, SMS und Internet 6 bis 7% seiner gesamten Umsätze. Diese Angebote sind mit einem für den Kunden zunächst kaum spürbaren Aufwand verbunden. Dass dies für den Kunden aber teuer werden kann, wird meist erst viel später bemerkt. Leben in der Informationsgesellschaft Weitere Nutzungen der mobilen Funktechnik Das Mobiltelefon ist nicht der einzige Bereich, in dem die digitale Funktechnik zum Einsatz gelangt. Zu den unbemerkteren Anwendungen zählt etwa das Anfang 2005 in Deutschland gestartete LKW-Maut-System der Firma Toll Collect. Hier kommt eine Kombination von Mobilfunktechnologie (GSM) und Satellitenortungssystem GPS (Global Positioning System) zum Einsatz, mit der die Informationen für die Gebührenerhebung für Lastwagen übermittelt werden. Ähnlich funktionieren auch FahrgastinformationsAnzeigen, mit denen in Grossstädten die Fahrgäste an den Haltestellen über die Abfahrtszeiten bzw. Verspätungen von Bussen oder Trams informiert werden. Ein drittes Beispiel für drahtlose Verbindungen sind Wireless Local Area Networks (WLAN). Dabei handelt es sich um Funkstationen – so genannte «Hotspots» –, die im höheren Frequenzbereich von 2,4 und 5 Gigahertz arbeiten und dank deren kurzen Reichweiten es möglich ist, lokal begrenzt das weltweite Angebot des Internets zu nutzen. Viel subtilere Anwendungen findet die Funktechnik in Funkmäusen oder -tastaturen, Wegfahrsperren und Zentralverriegelungen im Auto oder Sicherungsetiketten in Kaufhäusern. UMTS – Die Zukunft der Mobiltelefonie Das Bundesamt für Kommunikation (BAKOM), das für die Zuteilung der Auch hier gelangt digitale Funktechnik zum Einsatz: Trams in Zürich geben automatisch ihren Standort durch, so dass den Fahrgästen die genaue Abfahrtszeit angezeigt werden kann. Frequenzen verantwortlich ist, versteigerte im Dezember 2000 vier UMTS Konzessionen für insgesamt CHF 205 Millionen. Für das in anderen Frequenzbereichen als die bisherige Mobiltelefonie funktionierende UMTS wird ein neues Netz an Funkzellen benötigt. Die UMTS-Anbieter wurden daher dazu verpflichtet, bis Ende 2002 eine Netzabdeckung von 20% der Bevölkerung sicherzustellen. Bis Ende 2004 sollte mit UMTS-Netzen ein Versorgungsgrad von 50% der Bevölkerung erreicht werden. UMTS steht sinnbildlich für die Zukunft der Kommunikation. Alle zukünftigen technischen Neuerungen basieren auf der mit UMTS möglichen höheren Datenübertragungsrate. Wie sehr die wirtschaftliche Entwicklung an diese technische Zukunftsvision gekoppelt ist, wird mit einer aktuellen Einschätzung von Jürgen von Kuczkowski, Vorsitzender der Geschäftsführung der Vodafone D2 GmbH, deutlich: «UMTS ist für Vodafone die zentrale Innovation, die den Mobilfunk entscheidend voranbringt. Bislang stand das Telefonieren im Vordergrund. (...) Jetzt erweitern wir dank UMTS das Spektrum erheblich. Videotelefonie, Mobil telefonieren Input 8/2006 | 15 Die Entwicklung der Mobiltelefonie ist vor dem Hintergrund tief greifender gesellschaftlicher Veränderungen zu sehen. Wir sprechen heute nicht ohne Grund von der Informationsgesellschaft. Damit ist gemeint, dass wesentliche Teile der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung in Zusammenhang mit der Herstellung, Speicherung, Verarbeitung, Vermittlung und Nutzung von Information und Wissen stehen. Dies ist eng verbunden mit den dramatischen Fortschritten im Bereich der IuK-Technologien (Informations- und Kommunikationstechnologien) in den vergangenen 30 Jahren. In diesen Zusammenhang gehört auch die Entwicklung einer vorwiegend auf Güterproduktion basierenden Gesellschaft hin zu einer Dienstleistungsgesellschaft. Rationalisierung von Arbeitsabläufen, Verfügbarkeit und Zugang zu Informationen aller Art haben die Ansprüche an Kenntnisse in vielen Berufsfeldern verändert. Hierzu gehört auch die Bereitschaft, Innovationen anzunehmen und in das eigene Leben zu integrieren. Auch wenn dies meist mit den Schlagworten Computer und Internet verbunden wird, ist auch das Handy wichtiger Bestandteil der Informationsgesellschaft. Mit den aktuellen Entwicklungen in der Mobiltelefonie verbinden sich neue Bedürfnisse und gestiegene Anforderungen an Information und Kommunikation. Die zunehmenden Erwartungen an Erreichbarkeit von Kommunikationspartnern und an die Verfügbarkeit von Informationen sind dabei Motor der Entwicklung. Interview mit Sibylle Däppen Sie nutzt das Handy für ihren Beruf Wozu brauchen Sie das Handy hauptsächlich? Da ich Patientinnen und Patienten in der ganzen Schweiz besuche, verbringe ich täglich mehrere Stunden im Auto, bin also weg von der Firma in Interlaken. Dank meines Handys bin ich jedoch jederzeit für unser Sekretariat, die Spitäler, die Ärzte sowie für die Patienten erreichbar. Auch ich muss ständig die Möglichkeit haben, mit Spitälern Rücksprache zu nehmen oder im Büro Bestellungen oder Anliegen zu deponieren. Häufig koordiniere ich auch direkt vom Auto aus mit meinen Arbeitskolleginnen, Spitexschwestern oder anderen involvierten Personen Patientenbesuche für den nächsten Tag. Weiter brauche ich mein Handy, wenn ich Notfalldienst habe, dann müssen mich die Patienten 24 Stunden am Tag erreichen können. Ist das Handy für Sie ein ständiger Begleiter? Mehr oder weniger ja. An Arbeitstagen ist das Handy immer an meiner Seite, sei es im Büro oder unterwegs im Auto. Sogar abends im Ausgang habe ich es aus lauter Gewohnheit meistens bei mir, obschon ich auch noch ein privates Natel habe. Wenn ich mir nicht sicher bin, dass die besuchten Patienten alles gut verstanden haben, nehme ich das Handy in meiner Freizeit ganz bewusst mit. Gibt es Momente, in denen Sie das Handy abstellen oder Gespräche nicht annehmen? Das Handy stelle ich nie ab. Ich lasse jedoch, wenn der Tag ruhig verlaufen ist und ich nicht Notfalldienst habe, die Anrufe ins Büro umleiten. Von dort aus werden sie auf die Notfallnummer weitergeleitet. Sibylle Däppen (Jg. 1976) spezialisierte sich als dipl. Ernährungsberaterin auf dem Fachgebiet der Sondenernährung. Sie betreut mit vier weiteren dipl. Ernährungsberaterinnen schweizweit Menschen, welche bedingt durch ihre Krankheit via Mund nicht mehr genügend Nährstoffe zu sich nehmen können. Sie werden zu Hause über Sonden direkt in den Magen oder in den Dünndarm ernährt und benötigen daher eine gute Betreuung. Wenn mein Handy klingelt, nehme ich den Anruf entgegen, auch wenn es mitten in der Nacht ist. Menschen rufen nur zu Unzeiten an, wenn es wirklich dringend ist. Interview mit Eren Kilic Er braucht das Handy nur selten Wozu brauchen Sie das Handy hauptsächlich? Ich brauche das Handy nur, wenn es die Situation erfordert, eher widerwillig und selten. Ich setze das Handy vor allem für Notfälle bei meiner Leitertätigkeit in einer Jugendorganisation ein, in Ferienlagern also oder an den Wochenend-Veranstaltungen, die regelmässig stattfinden. Wenn ich das Handy einmal nutze, dann ausschliesslich zum Telefonieren; SMS und andere Anwendungen brauche ich nicht. Grundsätzlich lebe ich gerne im «Hier-und-Jetzt». Die krankmachende Strahlung des Gerätes sowie die meines Erachtens wenig sinnvollen Spielereien sind weitere Gründe dafür, weshalb ich nicht ständig ein Handy bei mir tragen möchte. Die virtuelle Verbindung mit meinem Umfeld bringt ausser dem erwähnten Sicherheitsaspekt wenig Vorteilhaftes. Mir liegt es nicht, diese «Handy-Modewelle» nur mitzumachen, um dabei zu sein. Ist das Handy für Sie ein ständiger Begleiter? Da ich häufig unterwegs bin, müsste das Handy ein ständiger Begleiter sein. Meine Abneigung gegenüber diesem Trend führt aber dazu, dass ich das Handy nicht auf dem Körper trage, sondern in einer Aussentasche des Rucksacks. Es kann deshalb auch vorkommen, dass ich es zu Hause vergesse – und dann fehlt mir nichts. Gibt es Momente, in denen Sie das Handy abstellen oder Gespräche nicht annehmen? Es gibt viele Momente, in denen ich nicht erreichbar sein will – dann ist 16 | Input 8/2006 Mobil telefonieren Eren Kilic (Jg. 1986) ist Gymnasiast. Er stammt aus der Türkei und wohnt seit 1987 in Bümpliz. Er hat die Primar- und Sekundarschule im Schulkreis Stapfenacker-Brünnen in Bern West besucht und anschliessend eine zweijährige Lehre als Schreiner absolviert. Das Studienziel nach Abschluss des Gymnasiums ist für ihn noch offen (evtl. Richtung Rechtswissenschaften oder Pädagogik). es meistens abgestellt. Dazu gehört auch die Nacht: Erstens gibt es da eher seltener Notfall-Situationen, und wenn sie auftreten, bin ich übers Festnetz erreichbar. Und zweitens: Das Handy strahlt sehr viele elektromagnetische Strahlen aus, die für den Körper schädlich sind. Interview mit Anis Rusch Sie besitzt kein Handy Warum hast du kein Handy? Meine Eltern erlauben es mir nicht. Sie finden, dass es in meinem Alter nicht nötig sei, ein Handy zu besitzen, und dass ich doch auch ohne Handy auskommen könne. Ich bin aber auch selber davon überzeugt, dass ich kein Handy brauche. Meine Kolleginnen und Kollegen brauchen das Handy vor allem fürs Fotografieren oder um kleine Videos zu drehen und vor allem um SMS zu versenden, also für nicht so «wichtige» Dinge. Eine Ausnahme machen meine Eltern übrigens, wenn ich in ein Lager oder einfach in die Stadt gehe: Ich habe dann das Handy von meiner Mutter, das sie an einem Wettbewerb gewonnen hat, dabei. Ich brauche es aber nie, um SMS zu schreiben. Ich habe es vor allem deshalb dabei, damit ich in Notfällen telefonieren kann. Wirst du trotzdem in nächster Zeit ein Handy anschaffen? Nein, ich werde nächstens kein Handy kaufen. Vielleicht werde ich mir eins zu Weihnachten wünschen. Das Problem sind dann aber auch die laufenden Kosten. Das Taschengeld reicht dafür nicht aus. Gibt es Situationen – etwa mit Freunden – in denen du dich ausgeschlossen fühlst? Nein, ich fühle mich nie ausgeschlossen, obwohl ich wohl die Einzige in der ganzen Schulgemeinde bin, die kein Handy besitzt. Manchmal sprechen meine Mitschülerinnen und -schüler über SMS und andere Handyfunktionen. Da kann ich nicht mitreden, doch das passiert selten. In der Freizeit kann man sich auch ohne Handy organisieren. Erreichbar Interview mit Sebastian von Peschke Er nutzt alle Möglichkeiten des Handys Wozu brauchen Sie das Handy hauptsächlich? Ich nutze die Multifunktionalität voll aus: Telefon, Uhr und Wecker, Agenda, Digitalkamera für Bilder und Film sowie Tonband; wenn mir das Handy fehlt, fehlt das zentralste Hilfsmittel. Ein Verlust wäre ebenso mühsam wie ein Diebstahl des Geldbeutels mit den Abonnementen und Bankkärtchen. Die Agenda gleiche ich auf meinem Laptop ab. Im Normalfall hätte ich mir diese Handyqualität nicht geleistet – ich habe dank einem Kollegen von einer Aktion profitiert. Ist das Handy für Sie ein ständiger Begleiter? Das Handy trage ich stets bei mir; ich bin allzeit erreichbar und pflege die sozialen Kontakte vor allem mit SMS, wie es alle meine Bekannten tun. Vielleicht ändert sich dies mit der angekündigten Kostensenkung für Anrufe, aber die Klarheit in der Kommunikation mittels SMS hat sich eingespielt und es gibt kaum Missverständnisse; wir erreichen und finden uns eigentlich ausnahmslos. Gibt es Momente, in denen Sie das Handy abstellen oder Gespräche nicht annehmen? Eigentlich nie; Ausnahmesituationen, in denen ein Handysignal als Störung empfunden werden kann, sind Gespräche, Unterrichtssituationen oder Aufführungen in Kino, Theater oder Konzert. Ich verhindere eine Störung mit dem situationsgerechten Modus. In Ausnahmefällen nehme ich einen Anruf nicht entgegen. Ich sehe aber, wer anruft, ich kann also die Nachricht bei günstiger Gelegenheit Mobil telefonieren Input 8/2006 | 17 Anis Rusch ist 14 und besucht zurzeit die 2. Sekundarklasse in Teufen. Nach der 3. Sekundarklasse macht sie ein Jahr Vorkurs an der Schule für Gestaltung und danach möchte sie eine Lehre als Grafikerin machen. Ihr Vater besitzt einen Coiffeursalon in Teufen. Ihre Mutter ist Hausfrau und kaufmännische Angestellte. bin ich ja trotzdem. Schliesslich kann man mich über den Festnetzanschluss erreichen. Auch habe ich den MSN Messenger eingerichtet und kann da «chatten». Wenn ich online bin, dann kann ich direkt von Personen angesprochen werden, die in der «Gruppe» sind. Wenn man ADSL hat, ist der MSN Messenger gratis. Sebastian von Peschke (Jg. 1985) ist zur Zeit im Matura-Examen (bei dem die Handys vor den schriftlichen Prüfungen eingesammelt werden). Er wohnt seit drei Jahren im Internat des Campus Muristalden, Stadt Bern. Sein Studienziel: Archäologie und Geschichte. abhören, zurücktelefonieren oder eine SMS senden. Das Handy hat sogar unsere Familien-Kommunikation optimiert und erleichtert – alle sind jederzeit erreichbar, was Spontanbegegnungen ermöglicht. Eine erfreuliche Bereicherung des Alltags. Aufgaben Mobil telefonieren 1. Bearbeiten Sie das Modul 1 der E-Lesson «Mobil telefonieren» (www.jugend-wirtschaft.info). Die Technik des Mobiltelefons 2. 3. 4. Bearbeiten Sie das Modul 2 der E-Lesson «Mobil telefonieren». Nennen Sie die Entwicklungsstationen der Mobiltelefonie in der Schweiz während den letzten 70 Jahren. Beschreiben Sie die Vorteile des Universal Mobile Telecommunications Standard (UMTS) gegenüber früheren Technologien. Die kulturellen und sozialen Folgen des Mobiltelefons 5. Bearbeiten Sie das Modul 3 der E-Lesson «Mobil telefonieren». 6. Erklären Sie, welche negativen sozialen Auswirkungen mit dem Mobiltelefon in Verbindung gebracht werden können. 7. Nennen Sie Situationen, in denen Sie sich von anderen Handy-Benutzerinnen oder -Benutzern gestört fühlten. Nennen Sie Situationen, in denen Sie ein HandyVerbot gestört hat. Erstellen Sie anschliessend eine Liste mit Orten respektive Situationen, die Ihrer Meinung nach «handyfrei» sein sollten. 8. Schreiben Sie aussergewöhnliche, witzige, skurrile … Handy-Geschichten auf und senden diese per E-Mail ans Museum für Kommunikation, welches solche Geschichten sammelt. g.staubli@mfk.ch / Betreff: HandyGeschichte 9. Wie viel Ihres Monatsbudgets geben Sie fürs Handy aus? Wie hat sich dieser Budgetposten in den letzten Jahren entwickelt? 10. Nennen Sie Situationen aus der Schule oder von zuhause, in denen das Handy Streit ausgelöst hat. 11. Nennen Sie Beispiele für «Unabhängigkeit dank dem Handy» und nennen Sie Beispiele für «Kontrolle / Einschränkung wegen dem Handy». 12. Stellen Sie sich vor, das weltweite Mobiltelefonie-Netz würde aus irgendeinem Grund lahm gelegt werden. Welche Folgen hätte dies für die Welt, welche Folgen hätte das für Sie persönlich. 18 | Mobile Kommunikation und die Gesundheitsdiskussion 13. Bearbeiten Sie das Modul 4 der E-Lesson «Mobil telefonieren». 14. Nennen Sie verschiedene mögliche Arten gesundheitlicher Auswirkungen des Mobilfunks. 15. Nennen Sie Organisationen, die sich mit den Auswirkungen elektromagnetischer Strahlung auf die Gesundheit der Bevölkerung befassen. 16. Erklären Sie das Phänomen des «warmen Ohrs» beim Telefonieren mit dem Handy. 17. Die Handy-Gesundheitsdiskussionen entfacht sich meist an den so genannten «biologischen Effekten». Erklären Sie was man unter diesem Begriff versteht. 18. Machen Sie eine Aussage zum Verhältnis von Empfangsqualität und SAR-Wert (Spezifische Absorptionsrate). Die wirtschaftlichen Seiten der mobilen Telefonie 19. Bearbeiten Sie das Modul 5 der E-Lesson «Mobil telefonieren». 20. Erklären Sie den Umstand, dass Mobilfunk trotz fallenden Preisen der «Wachstumsmotor der Telecom-Branche» ist. 21. Wie schaffen es die Mobilfunk-Anbieter immer wieder den Umsatz zu steigern? 22. Listen Sie alle möglichen Funktionen eines Handys auf, mit denen in irgendeiner Form von Seiten Anbieter ein Geschäft zu machen ist. 23. Nennen Sie weitere Nutzungen der mobilen Funktechnik nebst der Mobiltelefonie. Test 24. Bearbeiten Sie den Test in der E-Lesson «Mobil telefonieren». Input 8/2006 Mobil telefonieren Quellen Links Günter Burkart: «Mobile Kommunikation. Zur Kulturbedeutung des Anbieter in der Schweiz www.orange.ch ‹Handy›», Soziale Welt 51/2000 www.swisscom-mobile.ch Gerrit Herlyn: «Die erreichbaren Abwesenden. Mobile Telefonie in der www.sunrise.ch Schweiz», Telemagie. 150 Jahre Telekommunikation in der Schweiz, Das Forum der Mobilkommunikation in der Schweiz Museum für Kommunikation 2002 Museum für Kommunikation Bundesamt für Statistik (BFS): Informationsgesellschaft Schweiz. Standortbestimmungen und Perspektiven. 2002 Erste Ergebnisse zur Untersuchung der neuen Medien Mobiltelefon www.mfk.ch Bundesamt für Kommunikation Bundesamt für Umwelt Niels Logemann/Michael Feldhaus: «Zwischen SMS und Download – www.forummobil.ch www.bakom.ch www.umwelt-schweiz.ch Bundesamt für Gesundheit www.bag.admin.ch Forschungsstiftung Mobilkommunikation www.emf-info.ch und Internet in der Familie», Kommunikation@Gesellschaft 3/2002 (www.kommunikation-gesellschaft.de) Studie im Auftrag von Bundesamt für Kommunikation (BAKOM): «Stand des Schweizer Telekommunikationsmarktes im internationalen Vergleich», 2002 www.jugend-wirtschaft.info Joachim R. Höflich/Julian Gebhardt (Hg.): «Vermittlungskulturen im Wandel. Brief – E-mail – SMS», 2003 Im LernSet «Mobil telefonieren» finden Sie die E-Lesson zum Thema und den Kommentar für Lehrpersonen. Bravo Faktor Märkte: «Handy, Computer & Internet», 2004 Adrian Zeller: «Immer mehr Jugendliche leben auf Pump», Bildung Schweiz 63/2004 (www.lch.ch/bildungschweiz/) Was heisst das? GSM HSCSD GPRS UMTS Frequenz Global System for Mobile Communications Anzahl Wellen pro Sekunde (aktuelle Mobilfunktechnologie) Hertz, Hz Einheit für Frequenz High Speed Circuit Switched Data Amplitude Feldstärke, ausgedrückt in der dafür notwendigen Leistung (Weiterentwicklung von GSM) Watt, W Einheit für Leistung General Packet Radio Service Volt, V Einheit der Feldstärke (Weiterentwicklung von GSM) SIM, Karte Subscriber Identity Module, Chip mit Daten der Benutzerberechtigung Universal Mobile Telecommunications System (Neuer Mobilfunkstandard, der deutlich höhere ICNIRP Internationale Strahlenschutzkommission Übertragungsgeschwindigkeit zulässt.) SAR, Wert Spezifische Absorptionsrate SMS Short Message Service Ein umfangreicheres Glossar zum Thema Mobilfunk ist auf der Webseite MMS Multimedia Messaging Service www.forummobil.ch unter der Rubrik Glossar zu finden! Impressum In Zusammenarbeit: 2., aktualisierte Auflage 2006 Autoren: Gerrit Herlyn, Hamburg; Prof. Dr. Thomas Hengartner, Hamburg. Projektleitung: Bernhard Probst, Zürich Lektorat: Kristina Gsell, Bern Beratung: Peter Hidber, Forum Mobil, Bern; Andreas Bosshart, economiesuisse; Armin Käser, Dachverband Schweizer Lehrerinnen und Lehrer, Vizepräsident Jugend und Wirtschaft; Urs F. Meyer, Schweizerischer Arbeitgeberverband, Mitglied Vorstand Jugend und Wirtschaft; Stephanie Meier, swissmem; Brigitte Möhr, Geschäftsführerin Jugend und Wirtschaft Umbruch: büro eigenart, Stefan Schaer, Bern Druck: Cavelti Druck und Media, Gossau Fotos: Beatrice Kaufmann, Zürich: Umschlag; www.bilderbox.info: S. 4, 5, 6, 8, 9, 14; Orange Schweiz: S. 11; Bernhard Probst, Zürich: S. 15; Illustration: Aka Dübi, Bern/Den Haag: S. 7 Es war nicht in allen Fällen möglich, die Rechteinhaber der Texte und Bilder zu eruieren. Berechtigte Ansprüche werden im Rahmen üblicher Vereinbarungen abgegolten. Alle Rechte vorbehalten © 2006 Jugend und Wirtschaft, Thalwil/Schweiz Mobil telefonieren Input 8/2006 | 19 Wer kennt es nicht? Sich mit Freunden per Handy zum Ausgang verabreden, unbemerkt eine SMS im Schulunterricht tippen oder das Mobiltelefon mit dem neuesten Klingelton ausstatten – all dies ist heute zum selbstverständlichen Bestandteil im Alltag vieler Jugendlicher geworden. Das vorliegende Heft thematisiert den Umgang mit dem Handy, zeigt aber auch die Technologie, die dahinter steckt, und greift die Diskussion um Gesundheitsfragen auf. Input Publikationen 2006 ■ ■ ■ ■ ■ ■ Input 1/2006: Flugverkehr (D/F mit E-Lesson) Input 2/2006: Versicherungen (D/F mit E-Lesson) Input 3/2006: Vorsorge (D/F mit E-Lesson) Input 4/2006: Wohnen (D mit E-Lesson) Input 5/2006: Kernenergie (D/F mit E-Lesson) Input 6/2006: Erdöl (D/F mit E-Lesson) Input Neuauflagen 2006 ■ Input 7/2006: Globalisierung (D) ■ Input 8/2006: Mobil telefonieren (D mit E-Lesson) Input Publikationen 2005 ■ ■ ■ ■ Input 1/2005: Nachhaltige Energienutzung (D/F) Input 2/2005: Bilaterale Verträge (D mit E-Lesson) Input 3/2005: Mobil telefonieren (D/F mit E-Lesson) Input 4/2005: Biotechnologie (D/F mit E-Input) Input Spezial ■ Input Spezial 2006: Working Poor ■ Input Spezial 2004: Demographischer Wandel: eine Herausforderung an die Zukunft E-Lesson, E-Input sowie weitere Input-Titel finden Sie unter www.jugend-wirtschaft.info Tagungen und Kurse Informationen und Anmeldungen unter www.jugend-wirtschaft.info Input im Abo – Abonnement 2006 ■ 7 Ausgaben Input + 1 Ausgabe Input Spezial: Fr. 35.– /Jahr (Preise exkl. Versandkosten) ■ Input Einzelexemplar: Fr. 6.– ■ Input Set à 10 Exemplare: Fr. 20.– www.jugend-wirtschaft.info Zentralsekretariat Bestell- und Postadresse Jugend und Wirtschaft Jugend und Wirtschaft Alte Landstrasse 6 Postfach 8800 Thalwil 8942 Oberrieden Tel. 044 772 35 25 Fax 044 772 35 27 E-Mail info@jugend-wirtschaft.ch www.jugend-wirtschaft.info