Monsieur Ibrahim - Junges Theater Bonn
Transcription
Monsieur Ibrahim - Junges Theater Bonn
Das JUNGE THEATER BONN präsentiert: Das Material ist konzipiert... • ...für die Jahrgangsstufen 7 bis 13 • ...für verschiedene Fächer, insbsd. - Deutsch - Religion - (praktische) Philosophie / Ethik - Sozialkunde - Französisch Didaktisches Begleitmaterial für die Behandlung von Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran im Unterricht von Reimar Seibert-Kemp Liebe Lehrerinnen, liebe Lehrer, wir sind stolz, Ihnen unsere neue Produktion, nämlich die Uraufführung unserer Bearbeitung von Eric-Emmanuel Schmitts Welterfolg Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran, präsentieren zu können. Die jugendlichen Rollen werden von unseren jugendlichen Darstellern gespielt; für die Rolle des Monsieur Ibrahim konnten wir den Schauspieler Willi Schlüter aus Hannover gewinnen. Wir sind sehr gespannt, was Sie und Ihre Schülerinnen und Schüler zu unserer Inszenierung dieses Stücks sagen werden. Wie schon bei Harold & Maude und Herr der Diebe bieten wir Ihnen hiermit eine Broschüre mit reichlich Anregungen zur Behandlung des Stoffs im Unterricht an. Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran (2001) erzählt die Geschichte von dem jüdischen Jungen Moses und dem alten und weisen muslimischen Gemischtwarenhändler Monsieur Ibrahim, von Moses' depressivem Vater und seiner zunächst entschwundenen Mutter, von Moses' Abenteuern im Pariser Rotlichtviertel und besonders von der langsam wachsenden, tiefen Freundschaft zwischen Monsieur Ibrahim und Moses. Ibrahim wird für Moses bzw. Momo (so nennt Ibrahim ihn) zu einem Vater und Mentor, er nimmt Momo mit auf eine Reise und weiht ihn in die Geheimnisse eines glücklichen und erfüllten Lebens ein... Eric-Emmanuel Schmitts Geschichte – ursprünglich als Theatermonolog geschrieben – wird an vielen Schulen als Lektüre in Klassen der Mittel- und der Oberstufe eingesetzt, sei es im französischen Original oder in der deutschen Übersetzung. Die angesprochenen Themen reichen von Momos familiären Problemen und seinem Wunsch, erwachsen zu werden, über die Suche nach Liebe, Freundschaft und Vertrauen bis hin zu Tanz, Religion und Begegnung der Religionen. Das didaktische Begleitmaterial will zur Behandlung von Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran insbesondere in den Fächern Deutsch, Religion, (praktische) Philosophie, Ethik, Sozialkunde und Französisch in den Jahrgangsstufen 7 bis 13 anregen. Die Broschüre besteht im Wesentlichen aus verschiedenen Arbeitsblättern, die Sie als Kopiervorlagen verwenden können. Die Arbeitsaufträge verfolgen einen fächerübergreifenden Ansatz und versuchen, analytisches mit handlungs- sowie erfahrungsorientiertem Arbeiten zu verbinden. Die Arbeitsblätter stellen keine Unterrichtsreihe dar, sondern ein breites Angebot zur eigenen Auswahl. Beigelegt finden Sie einen allgemein gehaltenen Beobachtungsbogen für Theateraufführungen sowie Anregungen für Nachgespräche von Schulklassen mit dem Theaterensemble. Sie finden diese Broschüre auch als pdf-Dokument zum Herunterladen auf unserer Homepage unter www.jt-bonn.de. Wir würden uns freuen, wenn Sie uns auf dem beiliegenden Fragebogen von Ihrem Theaterbesuch und dem Einsatz des didaktischen Begleitmaterials berichten würden – womit Sie einen weiteren Theaterbesuch für Ihre Schüler gewinnen können! Wir wünschen Ihnen viel Freude mit Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran! Ihr Team vom Jungen Theater Bonn © Junges Theater Bonn und Reimar Seibert-Kemp, 2005 Die Arbeitsblätter dürfen zu Unterrichtszwecken kopiert werden. Herausgeber: Junges Theater Bonn, www.jt-bonn.de Der Autor, Reimar Seibert-Kemp, ist Lehrer am Georg-Büchner-Gymnasium in Köln-Weiden und Lehrbeauftragter für Fachdidaktik an der Universität Bonn. Er ist seit einigen Jahren in der Materialentwicklung tätig und erstellt seit 1998 regelmäßig didaktisches Begleitmaterial zu aktuellen Kinofilmen im Auftrag der Stiftung Lesen, seit 2003 auch zu Theaterproduktionen des JTB. Der Autor dankt Andrea Schäfer und weiteren Kollegen für deren Rat und Hilfe. Die deutschsprachigen Zitate aus Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran (2001) sind entnommen Eric-Emmanuel Schmitt, Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran (Frankfurt/M.: Fischer, 2004); die französischsprachigen Zitate entstammen Éric-Emmanuel Schmitt, Monsieur Ibrahim et les fleurs du Coran (Stuttgart: Reclam, 2003). Die Zitate aus dem Bühnenstück sind entnommen Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran, von Eric-Emmanuel Schmitt, Übersetzung des französischen Originaltextes Annette und Paul Bäcker, Bearbeitung für das Junge Theater Bonn von Moritz Seibert und Marco Dott (München: Theater Verlag Desch, 2005). Momo auf der Suche... Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran von Eric-Emmanuel Schmitt Wir befinden uns im Paris der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts, in der Rue Bleue im Judenviertel. Der Junge Moses Schmitt muss für seinen Vater den Haushalt führen. Sein Vater erwartet abends das Essen auf dem Tisch, und Moses kauft ein und kocht. Die Schmitts sind Juden. Die Mutter hat sich von ihrem Mann getrennt. Und Moses' Vater sagt, sie sei mit Moses' größerem Bruder weggegangen. Vater Schmitt, Rechtsanwalt ohne Fälle, ist ein enttäuschter Mensch, einer, den die Vergangenheit nicht ruhen lässt. Zu Hause erlebt Moses nur tägliches Einerlei und emotionale Kälte. Seine Einkäufe erledigt Moses beim "Araber", dem Gemischtwarenhändler Monsieur Ibrahim. Ibrahim ist ein weiser alter Mann, aber kein Araber, sondern Türke. "Araber", sagt Monsieur Ibrahim, ist im jüdischen Viertel einer, der bis nachts um 12 Uhr und auch sonntags geöffnet hat. Nachdem Momo – so nennt Monsieur Ibrahim ihn – diesen zunächst des Öfteren bestohlen hat, kommen die zwei von Tag zu Tag mehr ins Gespräch. Und das verändert Momos Leben, und auch das des Monsieur Ibrahim... Eines Tages haut Momos Vater ab, weil er – wie er Momo in einem Abschiedsbrief schreibt – arbeitslos ist und zudem ein schlechter Vater sei. Als die Polizei Momo kurz darauf berichtet, sein Vater habe sich umgebracht, adoptiert Ibrahim Momo und die beiden gehen auf eine Entdeckungsreise, die sie bis zu Monsieur Ibrahims Wurzeln führt... • • Lest euch vor dem Theaterbesuch die kurze Zusammenfassung der Handlung (s.o.) durch und diskutiert, was diese Geschichte wohl zu einem so großen Erfolg werden ließ: Was ist interessant an der Geschichte? Was erscheint an den Figuren reizvoll, was an ihrer Zusammenstellung? Nach dem Theaterbesuch könnt ihr versuchen die Geschichte besser zu verstehen, indem ihr mit Hilfe des unten abgedruckten Textes und Schemas von Robert McKee herauszufinden versucht, auf welcher "Suche" sich Momo befindet. Was ist das auslösende Ereignis? Welches sind die (un)bewussten Wunschobjekte? Auf welche Konflikte stößt Momo? Ist auch Monsieur Ibrahim auf der "Suche"? Die Suche Im wesentlichen haben wir seit Anbeginn der Menschheit auf die eine oder andere Weise einander dieselbe Geschichte erzählt, und diese Geschichte könnte zweckmäßig die Suche genannt werden. Alle Geschichten nehmen die Gestalt einer Suche an. Ob zum Besseren oder Schlechteren, ein Ereignis bringt das Leben einer Figur aus dem Gleichgewicht und erweckt in ihr den bewußten und/oder unbewußten Wunsch nach etwas, wovon sie glaubt, es könne das Gleichgewicht wieder herstellen. Das Ereignis katapultiert die Figur in eine Suche nach dem Wunschobjekt, wobei sie auf (innere, persönliche, außerpersönliche) antagonistische Kräfte stößt. Die Figur erreicht ihr Ziel oder nicht. Daraus besteht in aller Kürze eine Story. Robert McKee, STORY (Berlin, 2000), S. 213f. Die Suche anfängliches Gleichgewicht bewusst + innerer Konflikt WUNSCH − auslösendes Ereignis persönlicher Konflikt außerpersönlicher Konflikt BEWUSSTE WUNSCHOBJEKTE UNBEWUSSTE WUNSCHOBJEKTE unbewusst Vgl. McKee, S. 213 JTB: Didaktisches Begleitmaterial zu 'Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran' -3- "Mir war immer kalt, wenn ich mit meinem Vater zusammen war." Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran, S. 26 • Lest die zwei Textauszüge aus Eric-Emmanuel Schmitts Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran (siehe Kasten) und unterstreicht darin, was zur Charakterisierung der beiden Figuren beiträgt. Verwendet verschiedene Farben für direkte und indirekte Charakterisierung. Notiert dann darunter die verschiedenen Eigenschaften der beiden Figuren. Worin unterscheiden sie sich? Momos Vater Monsieur Ibrahim Mein Schwein war ein Sparschwein aus Porzellan, glasiert, bemalt mit Farben wie Kotze und mit einem Schlitz, in den ein Geldstück nur reinging, aber nicht wieder raus. Mein Vater hatte diese Einbahnsparbüchse ausgesucht, weil sie seiner Lebensanschauung entsprach: Geld ist zum Horten da, nicht zum Ausgeben. Im Schweinebauch waren zweihundert Francs. Vier Monate Schufterei. Eines morgens, bevor ich zur Schule ging, sagte mein Vater zu mir: "Moses, das verstehe ich nicht... Es fehlt Geld..., ab jetzt wirst du alles, was du beim Einkaufen ausgibst, in das Haushaltsbuch eintragen." Also nicht genug damit, in der Schule wie auch zu Hause angeschnauzt zu werden, zu waschen, zu büffeln, zu kochen, die Einkäufe zu schleppen, nicht genug damit, allein in einer großen Wohnung zu leben, dunkel, leer, und ohne Liebe, mehr der Sklave als der Sohn eines Rechtsanwalts ohne Fälle und ohne Frau, wurde ich dazu auch noch verdächtigt, ein Dieb zu sein! (S. 9f.) Monsieur Ibrahim war schon immer alt. Alle in der Rue Bleue und in der Rue du Faubourg-Poissonnière meinten, sich erinnern zu können, daß Monsieur Ibrahim schon immer diesen Kolonialwarenladen hatte, von acht Uhr früh bis tief in die Nacht hockte er fest verankert zwischen seiner Kasse und den Putzmitteln, ein Bein im Gang, das andere unter einem Stapel von Streichholzschachteln, einen grauen Kittel über einem weißen Hemd, Zähne aus Elfenbein unter einem dürren Schnurrbart, und Augen wie Pistazien, grün und braun, heller als seine bräunliche Haut voller Weisheitsflecken. Denn allgemein galt Monsieur Ibrahim als weiser Mann. Wahrscheinlich, weil er seit mindestens vierzig Jahren der Araber in einer jüdischen Strasse war. Wahrscheinlich, weil er viel lächelte und wenig sprach. Wahrscheinlich, weil er sich der normalen Hektik der Menschen scheinbar entzog, besonders der Hektik der Pariser, er rührte sich nie, saß auf seinem Hocker wie ein aufgepfropfter Ast, füllte niemals, vor wem auch immer, seine Regale auf, und verschwand zwischen Mitternacht und acht Uhr früh, keiner wußte wohin. (S. 13f.) CHARAKTERISIERUNG • • ... • Momos Vater wird im Buch von dem Ich-Erzähler hauptsächlich indirekt charakterisiert. Schreibt diese indirekte Charakterisierung des Vaters um in eine direkte Charakterisierung. Was könnte der Grund für die Wahl der indirekten Charakterisierung sein? Geht das Buch durch und erstellt eine Liste der Gefühle, die ihr an Momo im Hinblick auf (a) seinen Vater und (b) Monsieur Ibrahim wahrnehmt. Kennt auch ihr solch krasse Unterschiede des Gefühls gegenüber Familienmitgliedern und/oder Freunden? Charakterisiert zwei solche Personen in einem Text. Wie sollten Momos Vater und Monsieur Ibrahim im Theater dargestellt werden? Schreibt jeweils ein Profil, das einem Casting zu Grunde gelegt werden könnte. Wie gefallen euch die Darsteller, die ihr im Theater gesehen habt? Wer passt am besten zu seiner Rolle? • • • ... Es ist schon verrückt, wie man bei den gleichen Worten die verschiedensten Gefühle haben kann. Sagte ich zu Monsieur Ibrahim "Papa", lachte mein Herz, ich blühte auf, mir leuchtete eine Zukunft. Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran, S. 75 JTB: Didaktisches Begleitmaterial zu 'Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran' -4- Von Moses zu Momo Sicher, an einigen Abenden wurde mir das Herz schon schwer. Weil ich an Popol dachte. Jetzt, wo mein Vater nicht mehr da war, hätte ich Popol gern kennengelernt. Bestimmt würde ich ihn nun besser ertragen, da er mir nicht mehr ständig als das Gegenteil zu meiner Nichtsnutzigkeit vor die Nase gehalten würde. Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran, S. 61 Das Jugendalter (Elf- bis Sechzehnjährige) Jugendliche diskutieren mit Entschiedenheit über Sex, Liebe, sich selbst, Freundschaft, Religion, Gesellschaft, Gerechtigkeit und den Sinn des Lebens. Unterhaltungen dauern ewig und Telefonate, Briefchen und Emails gehören zu ihrem Lebensstil. Ab dieser Zeit ermöglicht ihnen die Fähigkeit zum abstrakten Denken, Vorstellungen zu bilden, so dass sie über die Frage, wie sich ein Ding zum anderen verhält, über soziale Einrichtungen nachdenken und gegebene Möglichkeiten hinterfragen können. Die jungen Leute versuchen mit aller Kraft sich selbst zu definieren und eine Identität zu finden. Viele Eltern erleben das Jugendalter ihrer Kinder zu einem Zeitpunkt, wo sie selbst mit ihrer Midlife-Crisis zu kämpfen haben – ein unglückliches Zusammentreffen. Elf- bis Dreizehnjährige Körperlich • Sie scheinen beständig in Bewegung zu sein. • Manche Jungen machen bereits einen Wachstumsschub; die körperliche Entwicklung der Mädchen geht schneller voran. • Sexualität beginnt eine größere Rolle zu spielen; Masturbation ist besonders bei Jungen häufig. • Sie mögen es weder zu schlafen noch aufzuwachen. • Die "richtige" Kleidung zu tragen ist ihnen sehr wichtig. • Sie erleben körperliche Schmerzen unklaren Ursprungs. Innerlich • Egozentrisch. • Im Positiven: wachsam, einfallsreich, energievoll. • Im Negativen: lügnerisch, ich-bezogen, streitsüchtig; sie sind gewissenhaft, können aber auch lügen oder stehlen. • Ihr Gewissen ist ausgeprägt. • Geld kann bedeutsam werden; sie geben es gerne aus. • Die Gefühle schlagen Wellen; Wut und Tränen sind häufig. • Zunehmend wissen sie um ihre guten und schlechten Eigenschaften. • Hin und her gerissen zwischen Aktivität und Passivität sowie Abhängigkeit und Unabhängigkeit. • Sie erwerben einen Sinn für Humor; sie sind oft albern; mit der Zeit entwickeln sie Sarkasmus. • Sie denken über Themen globaler Bedeutung nach. Zwischenmenschlich • Kritikfreudig. • Sie legen hohe Maßstäbe an das Verhalten anderer an und nur niedrige an das eigene. • In der Familie wenig hilfsbereit in Sachen Haushalt. • Sie versuchen sich von den Eltern zu befreien, um Unabhängigkeit zu erlangen; widerspenstig und rebellisch. • Kritischer gegenüber der Mutter als gegenüber dem Vater; ab einem gewissen Punkt sind ihnen die Eltern peinlich. • Sie benehmen sich anderen gegenüber andernorts besser als zu Hause. • Sie sind interessiert an allem, was so los ist; sie tratschen. • Es gibt Schwierigkeiten mit den Geschwistern; es kommt zum Wettstreit. • Sie haben zunehmend ein Bedürfnis nach Privatsphäre. • Sie sind weniger locker und kritischer, was Freunde angeht. • Kontakte sind ihnen wichtiger als Spielen; Partys gewinnen an Bedeutung. • Jungen und Mädchen nehmen sich gegenseitig wahr und zeigen sich zunehmend interessiert. • Sie vergleichen sich mit anderen. • Der einzelne ist stark von der Gruppe bestimmt. • Sie beginnen Autoritäten kritisch zu sehen. • Sie gehen enge Beziehungen auch außerhalb der Familie ein. (nach Linda N. Edelstein, The Writer's Guide to Character Traits, Cincinnati, 1999, S. 58-63) • • • • Lest euch obige Beschreibung des Jugendalters und Elf- bis Dreizehnjähriger durch. Könnt ihr den Punkten zustimmen? Entspricht das Beschriebene euren Erfahrungen? Was überzeugt euch nicht? Inwiefern ist Momo danach ein typischer Jugendlicher? Inwiefern ist Momo anders? Wie definiert sich Momo selbst? Findet er seine Identität? Wie ist sie beschaffen? Erstellt eine Liste mit allen bedeutsamen Erlebnissen, die Momo im Laufe der Geschichte hat. Sortiert sie nach positiven/angenehmen und negativen/unangenehmen Erlebnissen. Setzt einen von euch als Momo auf den "heißen Stuhl" und befragt ihn zu seinen Erlebnissen und wie er mit ihnen klar kommt? Lest euch die Zitate und – wenn möglich – auch weitere Stellen aus Eric-Emmanuel Schmitts Buch (S. 2629, 34-37, 49-51, 70f. und S. 99) zu Momos "Bruder" durch und erfindet einen Traum Momos, in dem er seinem "Bruder" Popol (im Theaterstück Pierre) begegnet. Erzählt den Traum aus Momos Perspektive. Was war nur so abscheulich an mir? Was war bloß an mir, daß man mich nicht lieb haben konnte? Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran, S. 51 JTB: Didaktisches Begleitmaterial zu 'Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran' -5- "Versteh ich nicht": Vater ... Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran – Theaterstück: Szene 14 (Auszug) 1 M. IBRAHIM: MOMO: M. IBRAHIM: 5 MOMO: M. IBRAHIM: 10 MOMO: M. IBRAHIM: 15 MOMO: M. IBRAHIM: MOMO: M. IBRAHIM: MOMO: 20 M. IBRAHIM: • • • • • • Du darfst deinem Vater nicht böse sein. Ach ja? Und wieso? Ein Vater, der mir das Leben vermasselt, der mich verlässt und der sich umbringt, das macht verdammt viel Mut zum Leben. Auf den darf ich nicht wütend sein? Dein Vater hatte kein Vorbild. Er hat sehr jung seine Eltern verloren, sie wurden von den Nazis abgeholt und sind in den Lagern umgekommen. Dein Vater hat es nie überwinden können, all dem entkommen zu sein. Er hat sich Vorwürfe gemacht, überlebt zu haben. Und deshalb hat er sich vor einen Zug geworfen. Versteh ich nicht… Seine Eltern sind mit einem Zug in den Tod deportiert worden. Und ich fürchte, seitdem hat er nach seinem Zug gesucht... Aber dafür braucht man doch nicht nach Marseille… Hier gibt’s doch wirklich genug Züge. Wenn er keine Kraft mehr zum Leben hatte, dann nicht deinetwegen, sondern wegen alldem, was vor dir gewesen oder nicht gewesen ist. – Was willst Du jetzt machen? So wie die letzten Wochen kann es nicht weitergehen. Woher wissen Sie das? – Schon gut, ich weiß, Sie wissen nur, was in Ihrem Koran steht… Schön, daß Du noch ein bißchen lächeln kannst. Wie lange wissen Sie schon, daß mein Vater weg ist? Seit er weg ist. Ein Glück, daß hier außer Ihnen niemand den Koran liest. Darf ich dich adoptieren, Momo? "Du darfst deinem Vater nicht böse sein." – Mit diesen Worten versucht Monsieur Ibrahim dem jüdischen Jungen Momo dabei zu helfen, mit der Situation nach dem Selbstmord seines Vaters besser zurecht zu kommen. Wie begründet Ibrahim seine Aussage? Was erklärt er Momo hinsichtlich seines Vaters? Übt den Text in Dreiergruppen dramatisch vorzulesen (zwei lesen, einer ist der Regisseur und gibt Anweisungen). Mit welchen stimmlich-sprachlichen Mitteln lassen sich die Gefühle und die Haltung der beiden besonders gut wiedergeben? Führt ein Streitgespräch zu der Frage, ob Momo seinem Vater böse sein darf. Teilt euch in zwei Gruppen auf: eine Gruppe sammelt Argumente dafür, die andere solche dagegen. Aus jeder Gruppe nehmen je zwei Personen als Redner an dem sich anschließenden Streitgespräch teil. Der Lehrer moderiert. Wie gelingt es Monsieur Ibrahim mit diesen wenigen Worten, Momo aus seiner Enttäuschung und Trauer heraus zu holen? Haltet ihr die Szene für realistisch? Schreibt eine weitere Szene, die an diesen Auszug anknüpft: Wie reagiert Momo auf Monsieur Ibrahims Frage nach einigem Nachdenken? Was will er wissen, bevor er sich entscheidet? Wie stellt sich Monsieur Ibrahim seine und Momos Zukunft als Vater und Sohn vor? Vergleicht die Szene mit der Darstellung im Buch (S. 65-73): Worin unterscheiden sich die beiden Fassungen? Welche gefällt euch besser? Warum? Szenenfoto: Monsieur Ibrahim (Wilfried Schlüter) und Momo (Roman Hütter) Ich mußte mir beweisen, daß man mich lieben konnte, ich mußte es der ganzen Welt zeigen, bevor man entdeckte, daß sogar meine Eltern, die einzigen Menschen, die verpflichtet gewesen wären, mich zu ertragen, es vorgezogen hatten, sich aus dem Staub zu machen. Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran, S. 53f. JTB: Didaktisches Begleitmaterial zu 'Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran' -6- ... und Mutter Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran – Theaterstück: Szene 16 (Auszug) 1 WOHNUNG MOMO – MOMO steht auf einer Leiter und streicht die Zimmerwand. Das Fenster ist jetzt offen. Es wirkt viel heller als früher. Momos MUTTER kommt vorsichtig herein. MOMO bemerkt sie, hält einen Moment inne, fährt dann mit der Arbeit fort, als hätte er sie nicht bemerkt. Sie räuspert sich. MOMO: Sie wünschen? 5 MUTTER: Ich suche Moses. MOMO: Und wer sind Sie? MUTTER: Ich bin seine Mutter. - Und du, wer bist du? MOMO: Ich? - Man nennt mich Momo. Ist mein Spitzname. Eigentlich heiß ich Mohammed. MOMO steigt von der Leiter. 10 MUTTER: Du bist nicht Moses? MOMO: Nein, Madame. Hab ich doch gesagt. Ich bin Mohammed. MUTTER: Aber hier wohnt doch ein Junge, der Moses heißt? MOMO: Ich denke, Sie sind seine Mutter? Sie sollten eigentlich wissen, wo Ihr Sohn wohnt. – Moses ist weg, Madame. Er hatte die Nase voll. Er denkt nicht gern an hier zurück. 15 MUTTER: Verstehe… Und wann kommt er zurück? MOMO: Keine Ahnung. Als er weg ist, hat er gesagt, er will seinen Bruder suchen. MUTTER: Seinen Bruder? MOMO: Ja, seinen Bruder, Pierre. MUTTER: Pierre? 20 MOMO: Pierre, seinen großen Bruder. MUTTER: Aber… Moses hat keinen großen Bruder. Es gibt keinen Pierre. MOMO: Vielleicht hat er eine andere Mutter…? MUTTER: Moses' Vater hatte keine Kinder, außer ihm. Sie sitzen sich jetzt auf zwei Stühlen gegenünber, starren sich einen Moment lang an. 25 MUTTER: Sag mal, Momo... MOMO: Mohammed. MUTTER: Sag mal, Mohammed, du wirst Moses doch wiedersehen? MOMO: Schon möglich. MUTTER: Wenn du ihn wiedersiehst, sag ihm, dass ich sehr jung war, als ich seinen Vater geheiratet habe. Und dass ich ihn nur geheiratet habe, um von Zuhause wegzukommen. Ich habe den Vater von Moses nie 30 geliebt. Aber Moses hätte ich geliebt. Nur habe ich dann einen anderen Mann kennengelernt. Dein Vater... MOMO: Bitte? MUTTER: Moses' Vater, wollte ich sagen, er hat zu mir gesagt: Geh und lass mir Moses, sonst... Ich bin gegangen. Ich habe es vorgezogen, ein neues Leben zu beginnen, ein Leben, in dem es Glück gibt. 35 MOMO: Das war sicher klug von Ihnen. Sie nähert sich MOMO, als wollte sie ihm einen Kuß geben. MUTTER: Wirst du Moses das sagen? MOMO: Schon möglich. 40 MUTTER: Und sag ihm bitte noch etwas: Das Jugendamt war bei mir und hat mich gefragt, ob ich einverstanden bin, daß Monsieur Ibrahim ihn adoptiert. Ich habe gesagt, daß ich das nicht entscheiden kann, und daß ich Moses fragen werde… Er könnte auch bei mir leben, ich bin ja seine Mutter. • • • Schreibt einen Sub-Text zu der Szene: Was denken und empfinden die beiden während ihres Dialogs? Ihr könnt dazu auch die Originalfassung des Buches (S. 67-73) heranziehen. Wie denkt Momo über seine Mutter? Wie denkt ihr über die beiden? Weiß die Mutter, wer Momo ist? Übt in Gruppen den Szenenauszug vorzuspielen (zwei Schauspieler, ein Regisseur): Lest zunächst den Text mehrfach laut. Löst euch dabei mehr und mehr vom Blatt. Beim Inszenieren solltet ihr beachten, dass Momo mit Anstreichen beschäftigt ist. Überlegt genau, wie die beiden sich im Raum positionieren, wann sich einer dem anderen zuwendet bzw. sich abwendet. Experimentiert mit Abwechslung in den Bereichen Lautstärke, Sprechtempo und Tonfall. Vergleicht eure Inszenierung mit der im Theater. Ich antwortete ihr in einem völlig gleichgültigen Ton, ich habe nie gedacht, daß ich zu soviel Gleichgültigkeit fähig wäre. Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran, S. 71f. JTB: Didaktisches Begleitmaterial zu 'Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran' -7- "Papa, glaubst du an Gott?" "Papa, glaubst du an Gott?" Er schaute mich an. Dann sagte er langsam: "Ich sehe, du wirst ein Mann." Ich sah keinen Zusammenhang. Ich habe mich allerdings einen Augenblick lang gefragt, ob ihm nicht irgend jemand von meinen Besuchen bei den Mädchen in der Rue de Paradis erzählt hatte. Aber er fuhr fort: "Nein, ich habe es nie geschafft, an Gott zu glauben." "Nie geschafft? Warum? Muß man sich dabei so anstrengen?" Er schaute sich im Halbdunkel der Wohnung um. Szenenenfoto: Momo (Roman Hütter) und sein Vater (Peter Devo Neumann) "Um zu glauben, daß das alles einen Sinn hat? Ja. Da muss man sich schon sehr anstrengen." "Aber, Papa, wir sind doch Juden, du und ich?" "Ja." "Und Jude sein hat mit Gott nichts zu tun?" "Für mich nicht mehr. Jude zu sein bedeutet einfach, Erinnerungen zu haben. Schlechte Erinnerungen." Und dabei machte er ein Gesicht, als hätte er ein paar Aspirin nötig. Vielleicht, weil er mal ausnahmsweise gesprochen hatte. Er stand auf und ging direkt ins Bett. (...) Ich ging runter zu Monsieur Ibrahim, der lächelnd ein paar Erdnüsse kaute. "Wie schaffen Sie es, Monsieur Ibrahim, glücklich zu sein?" "Ich weiß, was in meinem Koran steht." "Vielleicht sollte ich Ihnen eines Tages Ihren Koran klauen. Aber als Jude darf man das ja nicht." "Hhm. Was bedeutet es denn für dich, Momo, ein Jude zu sein?" "Tja, ich weiß nicht. Für meinen Vater bedeutet das, den ganzen Tag lang deprimiert zu sein. Für mich... nur etwas, das mich daran hindert, etwas anderes zu sein." Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran, S. 45-48 • • • • Lest den Textauszug und legt eine Tabelle mit drei Spalten (für jede Person eine) an: Was bedeutet der Glaube (bzw. die Religionszugehörigkeit) für Momos Vater, was für Monsieur Ibrahim und was für Momo? Wie erklärt ihr euch diese jeweils andere Bedeutung der Religion für die drei Personen? Wenn möglich könnt ihr weitere Aussagen und Erklärungen aus dem Buch heranziehen. Woran glaubt ihr selbst und was bedeutet einem jeden von euch sein Glaube? Hat euch jemand zu eurem Glauben geführt? Lest Dorothee Sölles Text zum religiösen Bedürfnis des Menschen (s.u.). Wie erklärt sie dieses Bedürfnis. Inwiefern lassen sich ihre Erklärungen auf Momos Vater und Monsieur Ibrahim beziehen? Wie findet Momo sein "Heil"? Aber was ist eigentlich der Inhalt dieses religiösen Bedürfnisses? Wonach sehnen sich Menschen? Es ist der Wunsch, ganz zu sein, das Bedürfnis nach einem unzerstückten Leben. Das alte Wort der religiösen Sprache "Heil" drückt genau dieses Ganzsein, Unzerstückt-sein, Nicht-kaputt-sein aus. Daß die kaputten Typen – und wer rechnet sich nicht zuzeiten dazu? – den Wunsch haben, ganz zu sein, ist nur verständlich. Es ist zugleich der Wunsch nach einem Leben ohne Berechnung und ohne Angst, ohne äußere oder bereits verinnerlichte Erfolgskontrolle, ohne Absicherung. Vertrauen können, hoffen können, glauben können – alle diese Erfahrungen sind mit einem intensiven Glücksgefühl verbunden, und eben um dieses Glück des Ganzseins geht es in der Religion. (...) Das religiöse Bedürfnis ist das Bedürfnis, Sinn zu erfahren und Sinn zu stiften. Es gibt keine Existenz ohne die Suche nach Sinn. Gerade weil ich den Sinn und das Ganzsein nicht finde, sondern mich immer wieder am Sinnlosen, am Absurden, am Nichtdeutbaren verletze, darum kann es mir nicht genügen, mich als ein Objekt, das in deterministische Ketten gelegt ist, zu verstehen. Im religiösen Akt setzen Menschen den Sinn gegen die Sinnlosigkeit, das Ganzsein gegen die Zerstückelung, den Mut zu sein gegen die Angst. Dorothee Sölle, "Der Wunsch, ganz zu sein", in Der unverbrauchte Gott, hg. I. Riedel (Bern, 1976), S. 8ff. JTB: Didaktisches Begleitmaterial zu 'Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran' -8- Die Blumen des Koran Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran – Theaterstück: Szene 12 (Auszug) 1 WOHNUNG MOMO – MOMO stürzt in die Wohnung und sucht nach einem Wörterbuch. MOMO: (liest) "Sufismus: Mystische Richtung im Islam, entstanden im 8. Jahrhundert. Im Gegensatz zum Legalismus betont er die innere Versenkung." Na toll. (blättert) "Legalismus: Strikte Befolgung der Gesetze" Och Mann! Also nochmal: 5 "im Gegensatz zum Legalismus". Legalismus – "Befolgung der Gesetze". Also: Im Gegensatz zu den Gesetzen. – Ey, der schummelt! • Informiert euch an Hand der Info-Kästen (nach Schüler-DUDEN: Die Religionen, Mannheim, 1980) über die Zusammenhänge von Islam, Gesetzesreligion/Legalismus, Mystik und Sufismus und versucht in fünf bis sechs Sätzen den Zusammenhang der Begriffe herzustellen und ihre Bedeutung knapp zu erläutern: Islam Islam [arabisch "völlige Hingabe (an Allah)"]: die jüngste der großen Weltreligionen, die auf die im Koran niedergelegte Verkündigung des arabischen Propheten Mohammed (* 569, † 632) zurückgeht. Die Botschaft Mohammeds, die er im Alter von etwa 40 Jahren vom Erzengel Gabriel empfing, kreiste anfangs ganz um das endzeitliche Weltgericht mit seiner Vergeltung guter und böser Taten des Menschen. Hinzu trat mit dem Bekenntnis zu Allah als alleinigem Gott ein strenger, exklusiver Monotheismus, der jede "Zugesellung" anderer Götter zu Allah ausschloss. Auf dem Gebiet der Ethik sind für den gläubigen Muslim die fünf "Grundpfeiler des Islam" verpflichtend. Es sind dies das Glaubensbekenntnis ("Es gibt keinen Gott außer Allah, und Mohammed ist sein Prophet."); ferner das täglich fünfmal, möglichst in einer Moschee zu verrichtende Pflichtgebet, die Armensteuer, das Fasten im Monat Ramadan und die Wallfahrt nach Mekka, die jeder Muslim einmal in seinem Leben durchführen soll, sofern er gesundheitlich und wirtschaftlich dazu in der Lage ist. Darüber hinaus gilt der Dschihad (heiliger Krieg des Islam gegen die Ungläubigen mit dem Ziel, die ganze Welt zum Islam zu bekehren) als geboten. Weingenuss und Glücksspiel sind untersagt. Obwohl der Islam eine typisch prophetische Religion ist, entwickelte sich in ihm als Strömung der Mystik der Sufismus, den der große islamische Theologe Al Ghassali († 1111) mit der Gesetzesfrömmigkeit zu verbinden suchte. Gesetzesreligion Mystik Eine Religionsform, die das Gesetz und seine Befolgung in den Mittelpunkt religiösen Verhaltens stellt, wird Gesetzesreligion genannt. In ihr gilt Gott als allein rechtmäßiger Gesetzgeber, und der Religionsstifter wird zugleich als Gesetzeslehrer verehrt. Das Frömmigkeitsleben ist durch peinliche Befolgung aller gesetzlichen Vorschriften, durch einen Legalismus, bestimmt. Vor allem prophetische Religionen haben die Tendenz, sich zur Gesetzesreligion zu entwickeln. Typisch hierfür ist das Judentum. Im Islam baut das Gesetz auf den Weisungen des Koran und dem für alle Muslime als Vorbild geltenden Handeln des Propheten Mohammed auf. Die islamische Rechtswissenschaft hat in vier Rechtsschulen ein System von gesetzlichen Bestimmungen geschaffen, das alle Lebensbereiche umfasst. In der Religionsgeschichte eine weit verbreitete Sonderform des religiösen Erlebens, die in unterschiedlichen Religionen auftritt. Ihr Ziel ist eine erfahrbare Verbindung und Vereinigung mit dem Unendlichen. Erstrebt wird dieses Ziel mit Hilfe von Meditation und Askese. Nach ihrem Erlebnisraum kann man eine individuelle und eine Gemeinschafts- oder Kultmystik unterscheiden. Die Sprache der Mystik ist symbolisch. Die Bilder des Verbrennens der Kerze, des Zerfließens eines Tropfens im Ozean stehen für die Vereinigung der Seele mit dem Göttlichen. Rausch und Trunkenheit sind Umschreibungen für diese Vereinigung. Typisch ist die Mystik vornehmlich für die Religionen Indiens und z.T. Ostasiens, während sie in prophetischen Religionen nur als gelegentliche Strömung des Frömmigkeitslebens auftritt. Sufismus mystische Richtung innerhalb des Islam, die ihren Namen von dem arabischen Wort suf erhielt, das den groben Wollstoff bezeichnet, aus dem die Kleidung dieser Mystiker, der Sufis, gefertigt war. Die Sufis waren bestrebt, durch Meditation eine Vergottung des Menschen und seine Vereinigung mit der absoluten Wahrheit zu erreichen. Dieses Heilsziel wurde von ihnen häufig mit dem Bild der Trunkenheit beschrieben. Als ihren Schutzpatron verehrten sie die schillernde, schwer fassbare Gestalt des Chadir, der auch als Patron der Seefahrer gilt. Die Verbindung des Sufismus mit der islamischen Überlieferung wurde durch eine sinnbildhafte, allegorische Deutung des Koran erstrebt. Der orthodoxe Islam sträubte sich anfangs gegen den Sufismus; versöhnend wirkte Al Ghassali († 1111). • • Wo und wie zeigt sich in der Geschichte Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran, dass Ibrahim Anhänger des Sufismus ist. Wie wirkt der von Monsieur Ibrahim gelebte Sufismus auf euch? Welche Rolle spielen die konkreten Inhalte des Islam in der Geschichte? Warum trägt die Geschichte den Titel Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran? JTB: Didaktisches Begleitmaterial zu 'Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran' -9- "Was soll's, er ist ja nur ein Araber!" Monsieur Ibrahim in Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran, S. 15 Der Mensch war zuerst etwas Mineralisches, dann etwas Pflanzliches, dann etwas Tierisches (...), erst dann ist er zum Menschen geworden, mit der Anlage zum Wissen, zur Vernunft, zum Glauben. Kannst du dir den Weg vorstellen, den du vom Staubkorn bis zum heutigen Tag zurückgelegt hast? Und später, wenn du dein Menschsein verlassen hast, wirst du zu einem Engel. Dann hast du mit der Erde nichts mehr zu tun. Monsieur Ibrahim in Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran, S. 91 • • 1 5 10 15 20 • • • Lest obiges Zitat zur Entwicklung des Menschen und vergleicht es mit anderen Darstellungen der Entstehung/Entwicklung des Menschen (biologisch, religiös), speziell mit der mittelalterlich-christlichen Lehre der Schöpfung als eines Systems von Hierarchien. Was unterscheidet Ibrahims Vorstellung von alldem? Lest in diesem Zusammenhang auch folgenden Auszug aus Mark Twains (1835-1910) Briefen von der Erde, Kapitel "Die verdammte Menschenrasse". Was stellt Mark Twain dar? Was zeigt sein "Experiment"? Was kritisiert er? Inwiefern trifft diese Kritik nicht Ibrahims religiöse Haltung? Der Mensch ist das religiöse Tier. Er ist das einzige religiöse Tier, das es gibt. Er ist das einzige Tier, welches die Eine und Alleinseligmachende Religion hat – mehrere davon. Er ist das einzige Tier, das seinen Nächsten wie sich selber liebt und, wenn dessen Theologie nicht stimmt, ihm die Kehle abschneidet. Aus dem Erdball hat er einen Friedhof gemacht im ehrlichen Bestreben, seines Nächsten Pfad zu Glück und Seligkeit zu ebnen. (...) Der Mensch ist das vernünftige Tier. So lautet sein Anspruch. Ich dächte, das ist eine offene Frage. Meine Experimente ergeben, daß er das unvernünftige Tier ist. (...) Ich finde, der stärkste Einwand gegen seine Intelligenz ist die Tatsache, daß er sich angesichts dieser seiner Akte als die Krone der Schöpfung bezeichnet – während er doch auf Grund seines eigenen Niveaus ihren Hintern darstellt. In Wahrheit ist der Mensch unheilbar töricht. Einfache Dinge, die andere Tiere ohne weiteres lernen, ist er nicht fähig zu lernen. Unter meinen Experimenten befand sich das folgende. Binnen einer Stunde habe ich einen Hund und eine Katze gelehrt, Freunde zu sein. Ich setzte sie in einen Käfig. In einer weiteren Stunde brachte ich ihnen bei, auch mit einem Kaninchen Freundschaft zu schließen. Im Verlauf von zwei Tagen konnte ich einen Fuchs, eine Gans, ein Eichhörnchen und mehrere Tauben hinzutun. Und zuletzt einen Affen. Sie alle lebten in Frieden, ja sogar voller Zärtlichkeiten miteinander. Als nächstes sperrte ich einen irischen Katholiken aus Tipperary in einen anderen Käfig, und sobald er gezähmt schien, tat ich einen schottischen Presbyterianer aus Aberdeen hinzu. Sodann einen Türken aus Konstantinopel, einen griechischen Christen aus Kreta, einen Armenier, einen Methodisten aus der Wildnis von Arkansas, einen chinesischen Buddhisten und einen Brahmanen aus Benares. Zuletzt dann einen Obersten der Heilsarmee aus Wapping. Dann blieb ich zwei volle Tage weg. Als ich wiederkam, war der Käfig mit den höherentwickelten Tieren in Ordnung, aber in dem anderen fand sich nur noch ein Chaos von zerrissenen Fetzen, Turbanen, Fezen, Tüchern, Knochen und Fleisch – nicht ein einziges Exemplar war mehr am Leben. Die vernünftigen Tiere waren über eine theologische Streitfrage einander in die Haare geraten und hatten die Entscheidung in die Hände des Höchsten gelegt. Aus: Mark Twain, Briefe von der Erde (1963, postum; Übersetzung M. Beheim-Schwarzbach u.a.) Mark Twains Ausführungen sind von Sarkasmus und Bitterkeit geprägt. Lest den Text jetzt laut vor und macht dabei seine verächtliche Haltung dem Menschen gegenüber besonders deutlich. Welche Aussagen macht Eric-Emmanuel Schmitts Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran bezüglich der verschiedenen Religionen (bsd. Islam und Judentum)? In welchem Licht erscheinen sie? Gebt Belege. Welches ist eurer Meinung nach die Botschaft, die der Autor Schmitt seinen Lesern vielleicht vermitteln will? Lest dazu auch Ulf Lepelmeiers Ausführungen zur Verfilmung (s.u.: Kasten). Zieht auch Lessings berühmte "Ringparabel" in Nathan, der Weise (III, 6-7) heran. Wie steht ihr zur Botschaft der Geschichte? Der Akzent des Films liegt trotz der beiden Religionen, die sich hier begegnen, nicht auf einer Versöhnung jüdisch-muslimischer Differenzen, sondern auf der Suche nach der Lebensfreude. Wahrscheinlich wären sowohl Buch als auch Film bei einer Fixierung auf den Religionskonflikt zu einer modernen Geschichte frei nach Lessing geworden. Trägt doch Monsieur Ibrahim trotz der Tatsache, dass er den Koran als Quelle seines Glaubens ansieht, klare Züge von Nathan dem Weisen. Ibrahim ist gläubiger Moslem, vertritt aber die Meinung, dass keine der drei großen Religionen einen Absolutheitsanspruch stellen sollte und dass gelebte Toleranz und Nächstenliebe wichtiger sind als der Legalismus der Strenggläubigen. Quelle: www.filmstarts.de/kritiken/monsieur%20ibrahim%20und%20die%20blumen%20des%20koran.html (Ulf Lepelmeier) Durch Monsieur Ibrahim begriff ich, dass die Juden, die Muselmanen und sogar die Christen sich einen Haufen bedeutender Männer teilten, bevor sie damit begannen, sich gegenseitig die Schädel einzuschlagen. Was mich zwar nichts anging, aber mir irgendwie guttat. Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran, S. 59 JTB: Didaktisches Begleitmaterial zu 'Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran' - 10 - Religiöse Toleranz... Eine der Botschaften in Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran ist religiöse Toleranz. Religiöse Toleranz – das sagt sich so leicht! Und doch kommt es in der Menschheitsgeschichte immer wieder und gerade heute verstärkt nicht nur zum "Aufeinanderprallen" der Kulturen, sondern auch der Religionen. • • • Lest euch die verschiedenen hier abgedruckten Texte zu dieser Thematik durch und nehmt Stellung dazu: Zeigt ihr in eurem Verhalten religiöse Toleranz? Was heißt das eigentlich, "religiöse Toleranz"? Informiert euch über Glaubenskriege, religiöse Verfolgung früher und heute und versucht zu beantworten, woran es liegt, dass religiöse Toleranz bisweilen abgelehnt oder einfach nicht gelebt wird? Zamenhofs Idee des Homaranismo (s.u.) hat sich nicht durchsetzen können. Was denkt ihr von seinen Prinzipien? Was sagt ihr zu John Lennons Gedankenspiel (s. rechts)? Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (1948): Artikel 18 "Jeder hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht schließt die Freiheit ein, seine Religion oder seine Weltanschauung zu wechseln, sowie die Freiheit, seine Religion oder seine Weltanschauung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat durch Lehre, Ausübung, Gottesdienst und Kulthandlungen zu bekennen. " (Resolution 217 A (III) der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1948) John Lennon, "Imagine" (1971) Imagine there's no heaven, It's easy if you try, No hell below us, Above us only sky, Imagine all the people Living for today... Imagine there's no countries, It isn't hard to do, Nothing to kill or die for, No religion too, Imagine all the people Living life in peace... (...) Homaranismo (1913) Ludwik L. Zamenhof (1859-1917), jüdischer Herkunft, Erfinder der Welthilfesprache Esperanto, hat Ideen zu einer 'Menschheitslehre' (Homaranismo) entwickelt, die von gegenseitiger Toleranz geprägt ist. Hier folgt ein Auszug aus seiner Deklaration von 1913: Ich bin ein Homarano (kosmopolitischer Humanist): das bedeutet, daß ich mich im Leben von den folgenden Prinzipien leiten lasse: I. Ich bin ein Mensch, und die ganze Menschheit betrachte ich als eine Familie; die Teilung der Menschheit in verschiedene einander feindliche Völker und ethnisch-religiöse Gemeinschaften betrachte ich als eines der größten Übel, das früher oder später verschwinden muss und dessen Verschwinden ich nach Kräften fördern muss. X. Im Bewusstsein, dass Religion nur eine Sache ernstlichen Glaubens sein, aber nicht die Rolle eines erblichen Werkzeuges der Entzweiung der Völker spielen darf, bezeichne ich nur diejenige Religion oder Weltanschauung als die meinige, an die ich wirklich glaube. Aber welcherart auch immer meine Religion sein mag, ich bekenne sie nach den neutral-menschlichen, kosmopolitischhumanistischen Prinzipien, die in dem folgenden bestehen: a) Die höchste für mich nicht begreifliche Kraft, die die Ursache aller Ursachen in der materiellen und moralischen Welt ist, kann ich mit dem Namen "Gott" oder mit einem anderen Namen benennen, aber ich bin mir bewusst, dass jeder das Recht hat, sich das Wesen dieser Kraft so vorzustellen, wie seine Vernunft, sein Herz oder die Lehren seiner Kirche es ihm befehlen. Niemals darf ich jemanden hassen oder verfolgen, weil sein Glaube an Gott anders ist als der meinige. b) Ich bin mir bewusst, dass das Wesen der wahren religiösen Gebote in der Form des Gewissens im Herzen eines jeden Menschen wohnt, und dass das erste und für alle Menschen verpflichtende Prinzip dieser Gebote das folgende ist: handle gegenüber anderen so, wie du wünschst, dass andere dir gegenüber handeln. Alles andere in der Religion betrachte ich als Zusätze, die jeder Mensch gemäß seinem Glauben betrachten darf: entweder als für ihn verpflichtende Worte Gottes, oder als Kommentare, welche – mit Legenden vermischt – uns von den großen, verschiedenen Völkern entstammenden Lehrern der Menschheit gegeben wurden, und als Sitten, die von Menschen aufgestellt wurden und deren Erfüllung oder Nichterfüllung von unsrem Willen abhängt. (...) Quelle: www.info-servo.de/deklaracio.htm Judentum: Christentum: Islam: Kants "Kategorischer Imperativ" (1787): "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst." (Levitikus 19,18), "Tue nicht anderen, was du nicht willst, daß sie dir tun." (Rabbi Hillel, Sabbat 31a) "In der Religion gibt es keinen Zwang." (Sure 2,256), "Keiner von euch ist ein Gläubiger, solange er nicht seinem Bruder wünscht, was er sich selber wünscht." (40 Hadithe von an-Nawawi 13) "Alles nun, was ihr wollt, daß euch die Leute tun sollen, das tut ihnen auch!" (Matthäus 7,12; Lukas 6,31), "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst." (Matthäus 22,39) "Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne." (Kritik der praktischen Vernunft I, 1, § 7, S. 140) JTB: Didaktisches Begleitmaterial zu 'Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran' - 11 - Tanzen – "Das ist wie ein Gebet." Und da habe ich zum ersten Mal die sich drehenden Männer gesehen. Die Derwische trugen lange, helle, schwere, weiche Gewänder. Eine Trommel erklang. Und die Mönche verwandelten sich in Kreisel. "Siehst du, Momo, sie drehen sich um sich selbst, sie drehen sich um ihr Herz, um den Ort, wo Gott wohnt. Das ist wie ein Gebet." "Das nennen Sie beten?" "Aber ja, Momo. Sie verlieren jede Bindung an die Erde, diese Schwere, die man Gleichgewicht nennt, sie werden zu Fackeln, die in einem großen Feuer verbrennen. Versuch es, Momo, versuch es. Mach es mir nach." (...) Noch heute, wenn es mir nicht gut geht, drehe ich mich. Ich drehe mich mit einer Hand nach oben zum Himmel, und drehe. Ich drehe mich mit einer Hand runter zur Erde, und drehe. Der Himmel dreht sich über mir. Die Erde dreht sich unter mir. Ich bin nicht mehr ich, sondern eines dieser Atome, die sich um die Leere herum drehen, die alles ist. Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran, S. 87 u. 96f. • Sammelt alle eure Assoziationen zum Thema 'Tanz'. Notiert sie in einem MindMap. Alternativ könnt ihr auch Collagen zu dem Thema anfertigen. ... Party Tanzschule TANZ ... • • • • Liebe Lest euch den obigen Textauszug (bzw. den gesamten Abschnitt im Buch: S. 86-97) und die Infobox zum Tanz als religiösem Phänomen (s.u.) durch. Welche Art von religiösem Tanz erleben Monsieur Ibrahim und Momo? Wie kommt es, dass das beschriebene Tanzen einem religiösen Erlebnis und einem Gebet gleichkommt? Ergänzt ggf. euer MindMap. Momo sagt, er tanzt, wenn es ihm nicht gut geht. Welche Bedeutung spielt Tanz in eurem Leben? Habt ihr selbst dabei schon gefühlt, was Momo beschreibt ("Ich bin nicht mehr ich...")? Wie kann man dem Publikum im Theater die religiös erhebende Wirkung des Tanzens auf den Tanzenden gut vermitteln? Überlegt euch Techniken, die helfen können, den Zuschauer mitfühlen zu lassen. Wie haben euch die Tanzszenen im Theater gefallen? Waren sie befremdlich und unnatürlich? Oder wurden auch die Zuschauer von dem Zauber des Tanzes erfasst? Tanz als religiöses Phänomen findet sich bei allen Völkern und in allen Kulturen und gilt neben dem Opfer als wichtigste Kulthandlung. 1. Außer der gemeinschaftsfördernden Bedeutung, die dem Tanz zukommt, wohnt ihm eine zauberhafte Wirkung inne, die auf verschiedene Weise zum Ausdruck kommt. 2. Neben dem Zaubertanz gibt es den religiösen Tanz zu Ehren der Gottheit als Teil des Opferkultes. Im Alten Testament ist Tanz Ausdruck von Dankbarkeit und Freude (1 Chr 15,29). Das frühe Christentum stand dem religiösen Tanz positiv gegenüber, aber das Konzil von Toledo (589) verurteilte den Tanz als heidnisches Relikt und verbot ihn in der Liturgie. Erst seit dem II. Vatikanum werden wieder religiöse Tänze im Rahmen des katholischen Gottesdienstes geduldet. 3. Schließlich hat der Tanz eine mystisch-ekstatische Bedeutung. Ziel der so erzeugten Ekstase ist die Lösung von der irdischen Schwerkraft, so dass der Tanzende mit Geistern und Gottheiten Kontakt aufnehmen kann. Diese Art des Tanzes ist in Mysterienkulten und bei den Derwischen verbreitet. Mystische Tendenzen werden auch im jüdischen Chas(s)idismus sichtbar, wo Tanz als Ausdruck der Freude gilt und abzielt auf die Einigung mit Gott. In der mittelalterlichen christlichen Mystik wird vom "Tanz der Seele" gesprochen; die Seele verbindet sich im Himmelstanz mit dem kosmischen Tanz der Gestirne. Diese Idee findet sich auch in der islamischen Mystik. nach Lexikon der Religionen (Freiburg, 21988), 'Tanz' Ich aber drehte mich wie ein Verrückter. Nein, in Wirklichkeit drehte ich mich, um weniger verrückt zu sein. Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran, S. 89 JTB: Didaktisches Begleitmaterial zu 'Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran' - 12 - "If God is a DJ..." P!NK, "God Is A DJ" (aus dem Album Try This, 2003): Songtext mit Übersetzung I've been the girl with her skirt pulled high Been the outcast never running with mascara eyes Now I see the world as a candy store With a cigarette smile, saying things you can't ignore Like Mommy, I love you Daddy, I hate you Brother, I need you Lover, hey f*** you I can see everything here with my third eye Like the blue in the sky 1 If God is a DJ Life is a dance floor Love is the rhythm You are the music If God is a DJ Life is a dance floor You get what you're given It's all how you use it 10 5 15 I've been the girl, middle finger in the air Unaffected by rumors, the truth – I don't care So open your mouth and stick out your tongue You might as well let go, you can't take back what you've done So find a new lifestyle A new reason to smile Look for Nirvana Under the strobe lights Sequins and sex dreams You whisper to me There's no reason to cry 20 25 If God is a DJ Life is a dance floor Love is the rhythm You are the music If God is a DJ Life is a dance floor You get what you're given It's all how you use it 30 35 You take what you get and you get what you give I say don't run from yourself, man, that's no way to live I've got a record in my bag, you should give it a spin Lift your hands in the air so that life can begin ... • • Wenn Gott ein DJ ist Dann ist das Leben eine Tanzfläche Liebe ist der Rhythmus Du bist die Musik Wenn Gott ein DJ ist Dann ist das Leben eine Tanzfläche Du kriegst, was man dir gibt Es kommt nur darauf an, wie du es benutzt Ich bin das Mädchen, Mittelfinger in der Luft Unberührt von Gerüchten, Wahrheit – ist mir egal Also mach deinen Mund auf und steck die Zunge raus Oder lass los, du kannst nicht ungeschehen machen, was du getan hast Also finde einen neuen Lebensstil Einen neuen Grund zum Lächeln Such das Nirwana Unter den Discolichtern Pailletten und Sexträumen Flüsterst du mir zu Es gibt keinen Grund zu weinen Wenn Gott ein DJ ist Dann ist das Leben eine Tanzfläche Liebe ist der Rhythmus Du bist die Musik Wenn Gott ein DJ ist Dann ist das Leben eine Tanzfläche Du kriegst, was man dir gibt Es kommt nur darauf an, wie du es benutzt Du nimmst, was du kriegst, und du kriegst, was du gibst Ich sage, renn nicht weg vor dir selbst, Mann, das ist doch kein Leben Ich hab 'ne Platte in der Tasche, du solltest sie auflegen Heb die Hände in die Höhe und das Leben kann losgehen ... Hört euch das Lied "God is a DJ" von P!NK an und lest den Songtext. Was meint P!NK mit dem Refrain "If God is a DJ..."? Versucht die Aussage zu verstehen, indem ihr Bildebene und Wirklichkeitsebene in ihren Bezügen genau deutet. Was meint P!NK mit "You get what you're given / It's all how you use it"? Wirklichkeitsebene: Bildebene: • 40 Ich war das Mädchen mit dem hochgezogenem Rock Die Ausgestoßene, die nie mit Mascara-Augen herumrannte Jetzt sehe ich die Welt als einen Süßigkeitenladen Mit einem Zigarettenlächeln sage ich Dinge, die du nicht ignorieren kannst Wie Mama, ich liebe dich Papa, ich hasse dich Bruder, ich brauche dich Liebhaber, hey f*** dich Ich sehe alles hier mit meinem dritten Auge Wie das Blaue im Himmel God DJ life dance floor love rhythm you music Versucht den Inhalt des Liedes auf die Geschichte Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran zu beziehen. Ihr könntet z.B. Zeilen des Liedes herausgreifen und erklären, inwiefern die Aussage euch an die Geschichte erinnert (an welche Figur, welche Szene, welchen Gedanken usw.). Ihr könnt den Liedtext auch zeilenweise zerschneiden, jeden eine Zeile ziehen und entsprechend kommentieren lassen. "I've been the girl..." (Z. 1): Schreibt ein entsprechendes Lied für Momo und/oder Monsieur Ibrahim und erzählt darin deren Geschichte und Lebenshaltung. JTB: Didaktisches Begleitmaterial zu 'Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran' - 13 - "Ich weiß nur, was in meinem Koran steht." In Monsieur Ibrahim findet Momo nicht nur einen guten Freund und später einen Vater, sondern auch einen weisen Mann, der nie um einen klugen Rat verlegen ist. Mit Hilfe seiner Lebensweisheiten versteht und meistert Momo das Leben besser und wird mehr und mehr selbstständig und erwachsen. Am Schluss ist er "der Araber an der Ecke". Hier sind eine Reihe solcher Lebensweisheiten des Monsieur Ibrahim, in der Reihenfolge ihres Vorkommens (Buchseite in Klammern): Es ist das Lächeln, das glücklich macht. (S. 30) Ich weiß gar nichts. Ich weiß nur, was in meinem Koran steht. (S. 38) Das Paradies steht für alle offen. (S. 39) Drücken dich die Schuhe, wechsle sie. (S. 49) Will man etwas lernen, greift man nicht zum Buch. Man sucht sich Leute, mit denen man reden kann. Ich glaube nicht an Bücher. (...) Weißt du, Momo, dem Menschen, dem nicht Gott direkt das Leben offenbart hat, dem wird es auch kein Buch offenbaren. (S. 54 u. 56) Die Schönheit, Momo, ist überall. (S. 56) Was du verschenkst, Momo, bleibt immer dein Eigen; was du behältst, ist für immer verloren! (S. 57) Momo, keine Antwort ist auch eine Antwort. (S. 58) Ein Nein haben wir bereits eingesteckt, Momo. Also müssen wir uns jetzt um ein Ja bemühen. (S. 73f.) Die Langsamkeit, sie ist das Geheimnis des Glücks. (S. 83) 'Das Herz eines Menschen ist wie ein Vogel, eingesperrt in den Käfig des Körpers.' (S. 86) Wenn du Freunde haben willst, dann sei nicht so zapplig. (S. 89) Für einen normalen Mann, ich meine einen Mann wie dich und mich – nicht einen Alain Delon oder Marlon Brando –, ist die eigene Schönheit einzig die, die er in der Frau erkennt. (S. 90) Alle Arme des einen Flusses münden im gleichen Meer. Im einzigen Meer. (S. 93) Ich habe keine Angst, Momo. Ich weiß, was in meinem Koran steht. (S. 94) Ich sterbe nicht, Momo. Ich geh nur ein in die Unendlichkeit. (S. 95) Deine Intelligenz steckt in deinem Knöchel, und dein Knöchel kann sehr tief denken. (S. 97) • • • • • Lest euch die Lebensweisheiten des Monsieur Ibrahim durch und wählt euch jeder einen Spruch aus, der euch besonders gut gefällt. Setzt euch im Stuhlkreis hin, nennt im Kreis jeder euren Lieblingsspruch und erklärt, warum er euch gut gefällt; versucht euch dabei auch den Zusammenhang in der Geschichte zu vergegenwärtigen (möglichst mit Hilfe des Buches) und überlegt, inwiefern der Spruch Momo helfen kann. Lest die Beurteilung der Lebensweisheiten in der Filmversion durch (s.u.: Kasten). Was denkt ihr über Ibrahims Weisheiten? Sind sie falsch? Beliebig? Glaubwürdig? Hilfreich? Was meint er damit, dass er wisse, was in seinem Koran steht? Erklärt, was ihr von seinen Ratschlägen und seiner Haltung denkt. Sammelt weitere Weisheiten (Sprichwörter, Redensarten, religiöse Gebote, u.ä.), die Momo eine Hilfe sein können. Stellt sie euch vor, erklärt ihre Bedeutung für Momos Leben und sammelt sie auf einem Plakat. Kennt ihr jemanden, der ähnlich wie Monsieur Ibrahim Lebensweisheiten in sozusagen jeder Situation zu bieten hat? Lebt ihr selbst nach gewissen Lebensweisheiten? Lest euch das Ende im Buch durch: Momo wird zum Nachfolger von Monsieur Ibrahim. Erfindet eine Szene, in der Momo nun als Erwachsener seinerseits einem deprimierten Jungen aus der Nachbarschaft Ratschläge erteilt. Schreibt die Szene auf, als Anhang an die Geschichte, wie sie vorgegeben ist. Nach Ibrahim ist jedes Leben – und sei es noch so trist – mit Freude zu füllen, der Schlüssel zum Glück geht über Selbstvertrauen und über das menschliche Lächeln. Mit einem Lächeln, das erfährt Momo, ist alles im Leben etwas einfacher und sind auch schwere Zeiten besser zu meistern. Sicherlich kann man Ibrahims Lebensweisheiten nicht als falsch degradieren, man mag aber eine gewisse Beliebigkeit an ihnen kritisieren. "Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran" ist ein kleiner, amüsanter und zuweilen auch nachdenklicher Film, der zu Toleranz, Großzügigkeit und vor allem zu einer optimistischen Lebenseinstellung aufruft. www.filmstarts.de/kritiken/monsieur%20ibrahim%20und%20die%20blumen%20des%20koran.html (Ulf Lepelmeier) JTB: Didaktisches Begleitmaterial zu 'Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran' - 14 - "Je sais juste ce qu'il y a dans mon Coran." Momo ne trouve pas seulement de bon ami et plus tard de père en monsieur Ibrahim, mais aussi un homme sage qui ne manque jamais de conseils. A l'aide de sa sagesse Momo ne peut que mieux comprendre la vie et y réussir, il l'aide aussi á devenir adulte et indépendant. A la fin il est "l'Arabe du coin". Vous trouverez ci-joint quelques-uns des conseils de monsieur Ibrahim (dans l'ordre chronologique): C'est sourire, qui rend heureux. (p. 22) Moi, je ne sais rien. Je sais juste ce qu'il y a dans mon Coran. (p. 28) Le Paradis est ouvert à tous. (p. 29) Si des chaussures te blessent, tu les changes. (p. 36) Lorsqu'on veut apprendre quelque chose, on ne prend pas un livre. On parle avec quelqu'un. Je ne crois pas aux livres. (...)Tu sais, Momo, l'homme à qui Dieu n'a pas révélé la vie directement, ce n'est pas un livre qui la lui révélera. (p. 40 et p. 41) La beauté, Momo, elle est partout. (p. 41) Ce que tu donnes, Momo, c'est à toi pour toujours; ce que tu gardes, c'est perdu à jamais! (p. 42) Momo, pas de réponse, c'est une réponse. (p. 42) Le non, on l'a déjà dans notre poche, Momo. Le oui, il nous reste à l'obtenir. (p. 54) La lenteur, c'est ça, le secret du bonheur. (p. 61) 'Le cœur de l'homme est comme un oiseau enfermé dans la cage du corps.' (p. 64) Si tu veux avoir des amis, faut pas bouger. (p. 66) Pour un homme normal, je veux dire un homme comme toi et moi – pas Alain Delon ou Marlon Brando, non –, ta beauté, c'est celle que tu trouves à la femme. (p. 67) Toutes les branches du fleuve se jettent dans la même mer. La mer unique. (p. 69) Moi, je n'ai pas peur, Momo. Je sais ce qu'il y a dans mon Coran. (p. 69) Je ne meurs pas, Momo, je vais rejoindre l'immense. (p. 70) Ton intelligence est dans ta cheville et ta cheville a une façon de penser très profonde. (p. 72) • Lisez les conseils de monsieur Ibrahim et en choisissez celui qui vous plaît le plus. Installez-vous dans un cercle de chaises, présentez votre diction favori et expliquez votre décision aux autres. Essayez de vous souvenir du contexte et réfléchissez si (et comment) ce conseil aura pu aider Momo. • Quelques critiques ont dit que les conseils de monsieur Ibrahim sont trop vagues. Qu'en pensez-vous? Les conseils, sont-ils faux? Ou plutôt crédibles? Ou plutôt utiles? De quoi (exactement) parle-t-il quand il dit qu'il sait ce qu'il y a dans son Coran? Expliquez ce que vous pensez de ses conseils et de toute son attitude. • Collectionnez d'autres conseils (proverbes, expressions, commandements religieux…) qui pourraient aider Momo. Présentez-les aux autres et expliquez leur importance pour la vie de Momo pour les documenter après sur une affiche. • Connaissez-vous quelqu'un qui – comme monsieur Ibrahim – peut toujours offrir un conseil dans n'importe quelle situation? Y a-t-il dans votre vie personelle des conseils ou une idée que vous suivez? • A la fin de l'histoire Momo devient le successeur de monsieur Ibrahim. Inventez une scène dans laquelle Momo – adulte maintenant – aide un garçon déprimé de chez lui. Ajoutez-la à la fin de l’histoire. JTB: Didaktisches Begleitmaterial zu 'Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran' - 15 - Sourire – l'arme absolue Le sourire est un don qui fait partie de l’homme, qui naît du contentement, de la joie et de la sympathie. Momo y fait sa connaissance comme "arme absolue" à l’aide de laquelle il réussit à conquérir les gens – à part son père… – Pourquoi est-ce que tu ne souris jamais, Momo? me demanda monsieur Ibrahim. Ça, c'était un vrai coup de poing, cette question, un coup de vache, je n'étais pas préparé. (...) – Poli, c'est bien. Aimable, c'est mieux. Essaie de sourire, tu verras. Bon, après tout, demandé gentiment comme ça, par monsieur Ibrahim, qui me refile en douce une boîte de choucroute garnie qualité supérieure, ça s'essaie … Le lendemain, je me comporte vraiment comme un malade qu'aurait été piqué pendant la nuit: je souris à tout le monde. – Non, madame, j'm'excuse, je n'ai pas compris mon exercise de maths. Vlan: sourire! – J'ai pas pu le faire! – Eh bien, Moïse, je vais te le réexpliquer. Du jamais-vu. Pas d'engueulade, pas d'avertissement. Rien. À la cantine ... – J'pourrais en avoir encore un peu, d'la crème de marron? Vlan: sourire! – Oui, avec du fromage blanc … Et je l'obtiens. À la gym, je reconnais que j'ai oublié mes chaussures de tennis. Vlan: sourire! – Mais elles étaient en train de sécher, m'sieur … Le prof, il rit et me tapote l'épaule. C'est l'ivresse. Plus rien ne me résiste. Monsieur Ibrahim m'a donné l'arme absolue. Je mitraille le monde entier avec mon sourire. On ne me traite plus comme un cafard. En rentrant du collège, je file rue de Paradis. Je demande à la plus belle des putes, une grande Noire qui m'a toujours refusé: – Hé! Vlan: sourire! – On monte? – Tu as seize ans? – Bien sûr que j'ai seize ans, depuis le temps! Vlan: sourire! On monte. (...) Le soir, lorsque mon père rentre, je l'aide à retirer son manteau comme d'habitude et je me glisse devant lui, dans la lumière, pour être sûr qu'il me voit. – Le repas est prêt. Vlan: sourire! Il me regarde avec étonnement. Je continue à sourire. C'est fatigant, en fin de journée, mais je tiens le coup. – Toi, tu as fait une connerie. Là, le sourire disparaît. Mais je ne désespère pas. Au dessert, je ressaie. Vlan: sourire! Il me dévisage avec malaise. – Approche-toi, me dit-il. Je sens que mon sourire est en train de gagner. Hop, une nouvelle victime. Je m'approche. Peut-être veut-il m'embrasser? Il m'a dit une fois que Popol, lui, il aimait bien l'embrasser, que c'était un garçon très câlin. Peut-être que Popol, il avait compris le truc du sourire dès sa naissance? Ou alors que ma mère avait eu le temps de lui apprendre, à Popol. Je suis près de mon père, contre son épaule. Ses cils battent dans ses yeux. Moi je souris à me déchirer la bouche. – Il va falloir te mettre un appareil. Je n'avais jamais remarqué que tu avais les dents en avant. Monsieur Ibrahim et les fleurs du Coran, p. 21-26 • • • • • Examinez le texte en regardant les humeurs différentes et marquez-les avec de différentes couleurs. Pratiquez la lecture du texte (à deux) en essayant de traduire l’humeur de Momo et la réaction des autres personnages. Lisez le texte à haute voix devant la classe. Comment expliquez-vous la réaction du père de Momo vis-à-vis de cette "arme absolue"? Quelles sont vos expériences personnelles avec le sourire? Est-ce que vous vous en servez? Dans quelles situations? Quelles sont les réactions des autres? Y a-t-il des sourires qui ont l’air faux? Parlez de vos expériences. Faites comme Momo: Testez pendant toute une journée l’efficacité du sourire. Parlez de vos expériences. Grâce à l'intervention de monsieur Ibrahim, le monde des adultes s'était fissuré, il n'offrait pas le même mur uniforme contre lequel je me cognais, une main se tendait à travers une fente. Monsieur Ibrahim et les fleurs du Coran, p. 16 JTB: Didaktisches Begleitmaterial zu 'Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran' - 16 - "Ich glaube nicht an Bücher." Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran, S. 54 Im Folgenden finden sich eine Reihe von Kundenrezensionen zu Eric-Emmanuel Schmitts Buch Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran von der Website des Internetbuchhandels Amazon.de: Sehr packend, tut gut! Die Geschichte des jüdischen Jungen Moses, genannt Momo, und des Kolonialwarenhändlers und Muslims Monsieur Ibrahim hat mich sehr berührt. Der Autor unternimmt einen eigenwilligen Versuch der Versöhnung zwischen den Religionen (...). In diesem Büchlein findet sich nichts Spektakuläres, keine plötzliche Erkenntnis, sondern eine geradlinige Entwicklung zum Ich, ausgelöst und unterstützt durch die Orientierung zum Du hin. Ausschmückungen fehlen, um den Leser nicht von den Kerngedanken des Bändchens abzulenken. (...) (Luke Emrich aus Norken, 18.12.2004) Manchmal sind die Dinge nicht so, wie sie scheinen! Der eine klaut Konservendosen im Kolonialwarengeschäft um die Ecke, der andere wird Araber genannt. Aber die Dinge sind nicht so, wie sie scheinen, und es zeigt sich, dass gerade diese Menschen ein sehr grosses Herz besitzen. Ja sie verstehen es, das Leben mit einem Lächeln zu meistern und dadurch Glück und Liebe zu erfahren. Kurz: Eine wunderbar erzählte Geschichte! (Stefan Buchli aus Turbenthal in der Schweiz, 26.11.2004) Da weint der Sufi! Die Begeisterung für dieses Buch ist mir unverständlich. Eine verlogene Geschichte, Plattheiten mit "philosophischem" Anstrich und klebriger Zuckerguss über einer komplizierten Wirklichkeit. (Rezensent aus Deutschland, 20.08.2004) Eine fröhliche Parabel über Toleranz und Glück Nur 100 mager bedruckte Seiten, aber die Geschichte eines jüdisches Jungen und seines Freundes Monsieur Ibrahim, Kramladenbesitzer im jüdischen Viertel von Paris, liefert – Freude. Weil sie so gut und stringent erzählt ist. Weil die Parabel, obwohl sie schnell zu durchschauen ist, so schöne Haken zwischen Verzweiflung und Freude schlägt. Weil sie vom Lächeln handelt und von der Toleranz zwischen den Religionen, von Straßenstrich und Diebstahl, von Tagen am Meer und dem Tanz mit Sufi-Mönchen. "Ibrahim und die Blumen des Koran" gehört zu den Büchern, die man nur einmal lesen muss: Sie brennt sich ins Gedächtnis, auf ganz sanfte Art, und steht dort für all jene Tage zur Verfügung, an denen man die Welt widerwärtig findet. Als Heilmittel gegen schwarzen Frust. Kindisch? Mag sein, aber dann ist auch "Der kleine Prinz" von SaintExupery kindisch, und das will doch wohl niemand behaupten... (Anne von Blomberg aus Hamburg, 09.07.2003) Kleine Kostbarkeit Was für ein wunderschönes kleines großes Buch! Moses hat einen Freund, den "Araber", der ihm das ersetzt, was sein wortkarger und depressiver Vater nicht geben kann. Ihre oft kurzen Gespräche sind gehaltvoller als manche Monologe sogenannter Großer. Das Wiedersehen mit der Mutter nach all den Jahren... hat ein anderer Autor es je so beschrieben? Dieses Büchlein ist eine kleine Kostbarkeit, die in jeden Bücherschrank gehört. (mfreihoefer aus Bad Zwischenahn, 13.05.2003) Naive Geschichte ohne Tiefgang Ach, was sind wir Deutschen doch empfänglich für Geschichten à la Kleiner Prinz! Hauptsache, es stehen ein paar scheinbare Weisheiten drin. Bei Monsieur Ibrahim ist es die Erkenntnis, dass man das Lachen nicht vergessen sollte. Leider trägt dieses Buch nicht gerade dazu bei, dieses Ziel zu erreichen, denn der Autor gefällt sich in seiner Rolle als Weltverbesserer. Dabei serviert er nur schmale Kost, pseudo-philosophisch, ohne großen Tiefgang, dafür recht banal und einfältig. Gelesen hat man's in einer Stunde, vergessen in fünf Minuten – Zeitverschwendung! (Frank Heckert aus Wiesbaden, 07.05.2003) • • • • Lest euch die Kundenrezensionen durch. Welche entspricht am ehesten eurer Meinung? Inwiefern? Welche Meinungen teilt ihr gar nicht? Stellt euch vor, ihr wäret der Autor Eric-Emmanuel Schmitt, hättet soeben diese Kritiken gelesen und wolltet sogleich eure eigene, ausführliche Stellungnahme dazu setzen. Schreibt jeder eine solche Stellungnahme, lest sie euch gegenseitig vor und vergleicht sie. Wie gefällt euch die Theaterinszenierung der Geschichte? Inwiefern ist es gelungen, das Buch überzeugend in ein Schauspiel zu verwandeln? Was wurde in der Dramatisierung verändert? Wo seht ihr die Stärken, wo Schwächen der Inszenierung? Was würdet ihr anders machen? Schreibt eure eigenen Rezensionen des Buches und setzt sie online (z.B. bei Amazon.de). Oder schreibt einen Brief an den Autor. Oder verfasst eine Theaterkritik zur Inszenierung des Stückes und stellt sie unter www.jt-bonn.de ins Gästebuch des Jungen Theaters Bonn. JTB: Didaktisches Begleitmaterial zu 'Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran' - 17 - Monsieur Schmitt und seine Bücher Eric-Emmanuel Schmitts Bücher erfreuen sich auch beim deutschen Publikum besonders großer Beliebtheit. Nach Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran (2001) folgten u.a. Oskar und die Dame in Rosa (2002) sowie jüngst Das Kind von Noah (2004). Diese drei Bücher weisen in mancher Hinsicht Ähnlichkeiten auf, sind andererseits aber auch sehr verschieden. • Eine Schülergruppe könnte sich Oskar und die Dame in Rosa vornehmen, eine andere Das Kind von Noah, und sie könnten die Bücher in der Klasse vorstellen: knapper Handlungsabriss, Hauptfiguren und ihre Beziehungen sowie Ähnlichkeiten und Unterschiede zu Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran. • Die Klasse könnte dann abstimmen, welches der Bücher als Lektüre behandelt und genauer mit Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran verglichen werden soll. • Im Rahmen der Besprechung des ausgewählten Buches könnte die Klasse in arbeitsteiliger Gruppenarbeit auch Ideen für eine Bühnenfassung sammeln, diese ausarbeiten und ausgewählte Szenen aufführen. JTB: Didaktisches Begleitmaterial zu 'Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran' - 18 - Interview mit Intendant und Bühnenautor Moritz Seibert Moritz Seibert ist 1967 in Berlin geboren. Nach seinem Studium an der Filmakademie Baden-Württemberg arbeitete er als Drehbuchautor und Regisseur mehrerer Spiel- und Fernsehfilme. Seit 2001 leitet er das Junge Theater Bonn. Die Bühnenfassungen der JTB-Uraufführungen Auf Wiedersehen Kinder (1991), Jan, mein Freund (2000), Crazy (2002), Der König der Kinder (2003) und nun Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran (2005) hat er gemeinsam mit Marco Dott geschrieben und teilweise auch inszeniert. Was fasziniert Sie an der Geschichte Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran? Welcher Moment in der Geschichte geht Ihnen selbst am nächsten? Es ist weniger ein einzelner Moment, eher ein Motiv oder ein Thema der Geschichte: Dieser Junge, Momo, der aufgrund des Verlusts der Mutter und später des Vaters ernsthaft daran zweifelt, ob überhaupt irgend ein Mensch in der Lage sein kann, ihn zu lieben, und der dann in Monsieur Ibrahim nicht nur einen guten Freund findet, sondern sogar einen Vater. Momo erlebt enorm viel im Verlauf des Stücks. Wie gelingt es ihm, mit alldem klar zu kommen? Was wäre ohne Monsieur Ibrahim aus ihm geworden? Momo ist sehr stark. Auch bevor er Freundschaft mit Monsieur Ibrahim schließt, nimmt er seine Probleme aktiv in die Hand und versucht, sich nicht unterkriegen zu lassen. Dass ihm dann Monsieur Ibrahim begegnet, ist sicher der große Glücksfall seines Lebens, soweit wir es aus der Erzählung kennen. Ich glaube aber, dass Momo auch ohne diesen Glücksfall irgendwie seinen Weg gefunden hätte, wahrscheinlich mit wesentlich mehr Komplikationen und Umwegen. Bietet die Figur des Momo genügend Ansatzpunkte für die Identifikation jugendlicher Zuschauer mit ihr? Momo hat die selben Probleme, die fast alle Jugendlichen in seinem Alter haben, in sehr zugespitzter Form. Auch wenn die meisten Jugendlichen nicht unter so schwierigen Bedingungen aufwachsen wie er, können sie seine Schwierigkeiten und Nöte gut nachvollziehen. Und sie können mit ihm erleben, wie er diese Schwierigkeiten langsam in den Griff bekommt und aktiv seine Probleme zu lösen versucht. Warum muss Monsieur Ibrahim am Ende sterben? Gab es für die Bühnenfassung einen alternativen Handlungsentwurf? Nein, wir haben nie überlegt, so weitgehend in das Werk von Eric-Emmanuel Schmitt einzugreifen. Diese Frage hat sich uns gar nicht gestellt. Der islamische Glaube des Monsieur Ibrahim kommt in dem Stück sehr gut weg – das Judentum des Vaters wirkt sehr deprimierend. Sehen Sie darin ein Problem? Momos Vater ist ja nicht wegen seines jüdischen Glaubens so, wie er ist, sondern wegen der Verbrechen, die Nazi-Deutschland den Juden und auch seiner Familie angetan hat. Die Folgen dieser Verbrechen auch für die, die nicht selbst umgebracht wurden, werden in dieser Figur sehr deutlich. Und Monsieur Ibrahim ist ja auch alles andere als ein exemplarischer Moslem. Ich sehe darin kein Problem, weil die Geschichte und das Theaterstück nicht versuchen, diese Religionen zu vergleichen. Und die Identifikationsfigur für das Publikum ist jedenfalls der jüdische Junge, der eine ausgesprochen sympathische und überhaupt nicht depressive Figur ist. Die Geschichte würde ganz ähnlich auch mit umgekehrt verteilten Religionen funktionieren. Menschen wie Monsieur Ibrahim können Christen, Juden, Moslems sein und Menschen wie Momos Vater auch. Sie inszenieren Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran am JTB mit jugendlichen und erwachsenen Schauspielern. Was sind die Vorzüge einer solchen Inszenierung? Wo liegen Schwierigkeiten? Wenn in einer Geschichte jugendliche Hauptfiguren vorkommen, versuchen wir immer, diese auch mit Jugendlichen zu besetzen. Das schafft eine besondere Authentizität der Figuren, die ein (eigentlich viel zu alter) Profischauspieler so nie hinbekommt. Andererseits hat ein ausgebildeter Schauspieler natürlich viel mehr Handwerkszeug. Daher müssen wir mit den Jugendlichen intensiver und kleinschrittiger proben und brauchen für eine solche Inszenierung mehr Zeit. Welche Szenen stellten sich bei den Proben als besonders schwierig heraus? Inwiefern? Die Figur Momo wird in dem Stück mehrfach in sehr extreme emotionale Situationen gebracht. Diese Emotionen darzustellen, erfordert von den Schauspielern großen Mut. Die beiden Jungen (Gerrit Klein und Roman Hütter), die die Rolle des Momo spielen, haben diese Herausforderung aber sehr engagiert angenommen und haben den nötigen Mut, solche Situationen zu spielen, bewiesen. Was sollen die Zuschauer von Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran mit nach Hause nehmen? Dass es sich lohnt zu leben, egal wie schwierig die Umstände sind, und dass man die besten und wertvollsten Momente und Begegnungen im Leben verpasst, wenn man sich von seinen Vorurteilen leiten lässt. Vielen Dank für das Interview. Junges Theater Bonn Hermannstraße 50 53225 Bonn Tel. 0228-463672 info@jt-bonn.de