Kanada und Deutschland - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
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Kanada und Deutschland - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
Kanada und Deutschland Migration und Integration im Vergleich Fachtagung Kanada und Deutschland Migration und Integration im Vergleich herausgegeben von Petra Bendel und Axel Kreienbrink Migration, Flüchtlinge und Integration Schriftenreihe Band 15 Inhaltsverzeichnis Inhalt 7 10 Einführung: Migration und Integration in Kanada und Deutschland im Vergleich Dr. Petra Bendel und Dr. Axel Kreienbrink 24 Rethinking the Origins of the Canadian Immigration Points System Triadafilos Triadafilopoulos PhD 56 Punktesysteme, Einwanderungsplanwirtschaft und marktwirtschaftliche Alternativen oder: Was kann Deutschland von Kanada lernen? Dr. Holger Kolb 78 Multikulturalismus-Politik – „made in Canada“ Prof. Dr. Rainer-Olaf Schultze 101 4 Vorwort Dr. Albert Schmid Integrationsförderung in Deutschland Dr. Michael Griesbeck Inhaltsverzeichnis Inhalt 111 Youth in Plural Cities - A Canada-France Comparison: Policy Issues and Development Prof. Yvonne Hébert PhD 136 Integration an deutschen Schulen Prof. Dr. Eckart Liebau 152 Autorenverzeichnis 5 Vorwort Dr. Albert Schmid Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge Dr. Albert Schmid In Deutschland werden in den letzten Jahren immer wieder Fragen zur Zuwanderung von besonders hochqualifizierten Arbeitnehmern auf unseren Arbeitsmarkt aufgeworfen. Das am 1. Januar 2005 in Kraft getretene Zuwanderungsgesetz hat dazu Regelungen geschaffen. Aber die Debatten um den richtigen Weg der Anwerbung Hochqualifizierter und von Fachkräften gehen weiter. Sie drehen sich darum, ob die Bedingungen für Hochqualifizierte attraktiv genug sind, wie mit der Arbeitnehmerfreizügigkeit im Rahmen der EU-Osterweiterung umgegangen werden soll oder wie auf mögliche kurzfristige Engpässe auf dem Arbeitsmarkt bei der Besetzung von Fachkräftestellen zu reagieren ist. Entsprechend hat die Bundesregierung auf ihrer Klausurtagung in Meseberg am 23./24. August 2007 beschlossen, neue Impulse im Bereich der Qualifizierung zu setzen und den Fachkräftemangel verstärkt in den Blick zu nehmen. Dazu soll 7 Vorwort ein systematisches Monitoring zur Ermittlung des Bedarfes an Fachkräften dienen und ein Konzept zur arbeitsmarktadäquaten Steuerung der Zuwanderung entwickelt werden. In einem ersten Schritt wurde so im Rahmen der Umsetzung für Bürger der neuen EU-Mitgliedstaten der Arbeitsmarktzugang für Ingenieure bestimmter Fachrichtungen sowie für Absolventen von deutschen Hoch- und Fachhochschulen erleichtert. Parallel dazu ist die Integration von Zuwanderern eine der großen Herausforderungen unserer Zeit. Im Jahr 2006 wurde gemeinsam von Bund, Ländern und Kommunen, Vertretern der Zivilgesellschaft und der Migranten ein Nationaler Integrationsplan entwickelt, der einen „Fahrplan“ für die Integrationspolitik der kommenden Jahre darstellt. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nimmt im Rahmen des bundesweiten Integrationsprogramms vielfältige Konzeptions- und Steuerungsaufgaben wahr und bündelt eine Vielzahl von Programmen zur sprachlichen, gesellschaftlichen und sozialen Integration. Wann immer Debatten zu den Themen Migration und Integration geführt werden, lohnt ein Blick auf die Erfahrungen, die andere Staaten damit gemacht haben. Die Kenntnis dessen, was andere in diesem Bereich an Konzepten bereits versucht haben, was gelang und was nicht gelang sowie die Analyse, aus welchen Gründen das jeweils geschah, bereichert die Diskussion und führt zu besseren Ergebnissen. Gerade Kanada zählt als „klassisches“ Einwanderungsland zu jenen Staaten, die mit Migration und Integration über weit mehr als ein Jahrhundert Erfahrungen gesammelt haben. Auch dort wurden bereits vor Jahrzehnten angesichts sich verändernder Rahmenbedingungen neue Wege bei der Zulassung von Zuwanderern und der Integration beschritten. Beispielhaft können hier das Punktesystem und die Politik des Multikulturalismus angeführt werden. 8 Vorwort Um der Frage nachzugehen, inwiefern die migrations- und integrationspolitischen Maßnahmen von Deutschland und Kanada vergleichbar sind und ob aus den jeweiligen Erfahrungen etwas voneinander gelernt werden kann, veranstaltete die Forschungsgruppe des Bundesamtes in Zusammenarbeit mit dem Zentralinstitut für Regionalforschung der Universität ErlangenNürnberg am 9. November 2006 eine Fachtagung unter dem Titel „Kanada und Deutschland – Migration und Integration im Vergleich“. Die Veranstaltung wurde gefördert durch die Kanadische Botschaft in Deutschland. Wissenschaftler und Vertreter verantwortlicher Behörden kamen von beiden Seiten des Atlantiks zusammen und diskutierten vor einem großen Publikum. Dabei standen drei Themenfelder von anhaltender Aktualität im Vordergrund: die in Meseberg angesprochenen Fragen des Migrations-Managements und der Zulassung von Arbeitskräften, die nationalen Konzepte von „Integration“ sowie ihre Umsetzung in Bezug auf die Integrationsarbeit mit Jugendlichen und in der Schule. Mit dem vorliegenden Band 15 der Schriftenreihe werden die Beiträge der Referenten veröffentlicht, um die gewonnenen Erkenntnisse der Tagung einem weiteren Interessentenkreis vermitteln zu können. Das Bundesamt als Kompetenzzentrum für Migration und Integration kommt damit seiner Rolle nach, Mittler zu sein und Impulse für einen konstruktiven Dialog zu geben. Dr. Albert Schmid Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge 9 Dr. Petra Bendel und Dr. Axel Kreienbrink Einführung: Migration und Integration in Kanada und Deutschland im Vergleich Die Frage von Migration und Integration ist ein anhaltendes Thema in der deutschen Debatte. Benötigt das Land weitere Zuwanderung? Benötigt der Arbeitsmarkt Zuwanderung? Wenn ja, welche Voraussetzungen sollen Zuwanderer mitbringen? Wie kann gegebenenfalls ein passgenauer Zugang gewährleistet werden? Was geschieht mit den Migranten im Land? Wie gestalten wir Integration und Miteinander? So und in vielfältiger Abwandlung lauten einige der Fragen, die seit Jahren diskutiert werden. In diesen Diskussionen findet sich häufig ein Bezug zu Kanada, wo zum Teil ähnliche Fragen eine Rolle gespielt haben und immer noch spielen. Entsprechend wird immer wieder die Frage gestellt, ob nicht die Lösungen dieses klassischen Einwanderungslandes mit entsprechender Erfahrung ein Modell für Deutschland oder gar die EU als Ganzes darstellen, von dem wir lernen könnten (Adam 2002; Geißler 2003; Schmidtke 2006; Triadafilopoulos 2006; Bauer 2007; Taron 2007). Kanada gilt als einer der aufnahmefreundlichsten Staaten der Welt. Die Zulassungszahlen von 262.200 bzw. 251.600 in den Jahren 2005 und 2006 sind die höchsten seit den 1980er Jahren. Wie stark das Land von Migration geprägt ist, zeigen die letzten Daten zu Einwanderung und Staatsbürgerschaft der Volkszählung von 20061, wonach bei einer Bevölkerung von 31,6 Millionen fast 6,2 Millionen Menschen im Ausland geboren sind (foreignborn), was 19,8 % entspricht. Der Anteil ist gegenüber dem letzten Zensus von 2001 (18,4 %) noch gestiegen und damit seit 75 Jahren der höchste. Diese Zuwanderung kommt – nach dem in früheren 10 1 http://www12.statcan.ca/english/census06/release/immigrationcitizenship.cfm. Einführung: Migration und Integration in Kanada und Deutschland im Vergleich Jahrzehnten die Migration aus Europa dominierte – mittlerweile zum weitaus größten Teil aus dem asiatisch-pazifischen Raum. Knapp drei Fünftel der foreign-born kommen aus dieser Region. Europäer machen noch 16,1 % aus, wobei ähnlich wie in den (neuen) europäischen Zuwanderungsländern mittlerweile Osteuropäer, v.a. Rumänen, den größten Anteil stellen. Bei jenen, die ins Land kommen, handelt es sich ganz überwiegend um Arbeitsmigranten, Familienangehörige und zu einem kleineren Anteil um Flüchtlinge. Arbeitsmigranten, und zwar in der Regel meist hoch qualifizierte, machten dabei in den letzten Jahren zwischen 55 und 62 % der Gesamteinwanderung aus. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zur Zuwanderung nach Deutschland, die seit vielen Jahren überwiegend dem Familiennachzug zuzuordnen ist. Hier setzt einer der Diskussions- und Vergleichspunkte an, nämlich die Zulassung über ein Punktesystem, das Kanada für Arbeitsmigranten betreibt. Dabei werden der erreichte Bildungsgrad, vorhandene Sprachkenntnisse in den beiden Amtssprachen Kanadas, die Berufserfahrung, das Alter, das Stellenangebot und die voraussichtliche Anpassungsfähigkeit im Land bewertet. Die Bewertung ist jedoch (seit 2002) weniger am konkreten Bedarf an der Beschäftigung auf dem kanadischen Arbeitsmarkt orientiert, sondern am Humankapital ausgerichtet, das die Zuwanderer mitbringen. Dahinter stehen langfristige demographische und volkswirtschaftliche Erwägungen, denn flexibles und übertragbares Wissen wird immer wichtiger in einer sich rasant verändernden, auf Wissen basierenden Ökonomie. Dieses „wohlverstandene Eigeninteresse“ (Schmidtke 2003) ist es, das in der migrationspolitischen Diskussion hierzulande immer wieder aufgegriffen wird, wenn es darum geht, die Zuwanderung von qualifizierten Migranten nach Deutschland zu fördern. Dies war der Fall bei der „Greencard“-Initiative des ehemaligen Bundeskanzlers Schröder, die noch in Hochzeiten der New Economy vor allem für die Anwerbung von Computer-Fachkräften sorgen sollte (Treibel 2001). 11 Dr. Petra Bendel und Dr. Axel Kreienbrink Bei den wenig später einsetzenden Verhandlungen um ein neues Zuwanderungsgesetz spielte dann ganz konkret die Einführung eines Punktesystems eine Rolle, was auf den Vorschlägen der „Süßmuth-Kommission“ beruhte, die intensiv auf das kanadische Modell Bezug genommen hatte (Unabhängige Kommission „Zuwanderung“ 2001). Letztlich erwies sich das vorgeschlagene Punktesystem, über das geeignete und erwünschte Zuwanderer auch ohne konkretes Arbeitsplatzangebot nach Deutschland hätten kommen sollen, aber nicht als mehrheitsfähig. Das 2005 in Kraft getretene Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz) enthielt stattdessen eine spezifische Regelung zur Zuwanderung von Hochqualifizierten, die Wissenschaftler, herausgehobene Lehrpersonen sowie Spezialisten und leitende Angestellte mit besonderer Berufserfahrung umfasst (Bendel 2004; Schönwälder 2006). Nichtsdestotrotz kehrt das Thema der erleichterten Zulassung von qualifizierten Migranten immer wieder in die öffentliche Diskussion zurück. Verantwortlich sind dafür äußere wie innere Anlässe. So hat beispielsweise die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) angemerkt, dass Deutschland mit Blick auf einen absehbaren Fachkräftemangel seine Regelungen für die Zulassung qualifizierter Arbeitnehmer lockern sollte. In ihrem Bericht International Migration Outlook 2007 (OECD 2007) hält die Organisation fest, dass Deutschland neben Japan und Italien das einzige OECDLand sei, in dem die Erwerbsbevölkerung schon bis zum Jahr 2010 schrumpfen wird. Ohne weitere Zuwanderung in den Arbeitsmarkt würde die Erwerbsbevölkerung hierzulande bis zum Jahr 2020 um 6% zurückgehen. Die OECD vertritt immer noch die Auffassung, dass eine gewisse replacement migration (UNPD 2000) die wesentlichen Auswirkungen des demographischen Wandels verzögern und abmildern kann. Innenpolitisch wird in Deutsch- 12 Einführung: Migration und Integration in Kanada und Deutschland im Vergleich land jedoch unter dem Eindruck einer immer noch hohen Arbeitslosigkeit auf die Ausschöpfung von Arbeitskräftepotenzialen, z.B. durch Nachqualifizierung, gesetzt. Aber auch die Europäische Kommission hat die Diskussion befeuert. Seit längerem beschäftigt sie sich mit Vorschlägen zu einer Verbesserung der legalen Zuwanderung, so mit einem Grünbuch zur Verwaltung der Wirtschaftsmigration oder dem Strategischen Plan zur legalen Einwanderung (Europäische Kommission 2004; 2005; Bendel 2006; Carrera/Formisano 2005). Die Vorstellungen der Kommission gehen dahin, die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von hochqualifizierten Arbeitnehmern, aber auch von Saisonarbeitern, von innerbetrieblich versetzten Arbeitnehmern und von bezahlten Auszubildenden jeweils europäisch zu regeln. Für Hochqualifizierte hat sie im September 2007 einen Richtlinienvorschlag vorgelegt (Europäische Kommission 2007), der ein einheitliches Verwaltungsverfahren für den Zuzug in die Europäische Union und Kriterien für die Zulassung (Lohnuntergrenzen, Zuwanderungsquoten, Bildungsanforderungen) vorsieht. Die Arbeitnehmer sollen dann eine EU-Arbeitsgenehmigung, eine „Blue Card“ erhalten, die von den Mitgliedstaaten ausgestellt wird, aber unionsweit gültig ist. Dabei sollen die Regeln über den Zugang zu den nationalen Arbeitsmärkten umfassend berücksichtigt werden. Der Vorschlag traf in der deutschen Politik auf weitgehende Ablehnung, da die Zulassung für den Arbeitsmarkt in nationaler Kompetenz liege. Auch Wirtschaftsverbände sprachen sich gegen den Vorschlag aus, weil eine europäische Regelung nicht flexibel und passgenau auf die Bedürfnisse der nationalen Arbeitsmärkte reagieren könne. Hier wurde jedoch teilweise für eine Öffnung des Arbeitsmarktes für Fachkräfte und die Einführung eines Punktesystems plädiert (BDA 2007). An inneren Anlässen für die Wiederaufnahme der Diskussion um die Arbeitsmigration nach Deutschland sei erwähnt, dass das Zuwanderungsgesetz 2007 eine Nachbesserung erfuhr, 13 Dr. Petra Bendel und Dr. Axel Kreienbrink weil die erhoffte Einwanderung qualifizierter Arbeitskräfte weitgehend ausblieb, ja sogar zurück ging. Die Bedingungen für die Wirtschaftsmigration wurden somit ein wenig gelockert. Bei den Verweisen auf das kanadische Punktesystem darf jedoch nicht übersehen werden, dass sich auch dort in der jüngsten Vergangenheit Probleme eingestellt haben, die daher rühren, dass die auf das soziale Kapital der Zuwanderer ausgerichtete langfristige Perspektive nicht auf die aktuellen Bedürfnisse des Arbeitsmarktes eingeht. So benachteiligt das Punktesystem Facharbeiter und ungelernte Arbeiter, die im Baugewerbe und anderen Industrien aber gesucht werden, während es Angestellte bevorzugt. Als Folge werden diese gesuchten Arbeitnehmer über ergänzende Programme wie das Nominierungsverfahren der Provinzen oder das Zeitarbeitsprogramm angeworben. Gleichzeitig führt die Fehlallokation zu Arbeitslosigkeit unter neu zugewanderten qualifizierten Migranten oder einer Beschäftigung, die nicht den Qualifikationen entspricht. Das bringt jedoch weiterführende Probleme bei der Integration in das politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben des Aufnahmelandes mit sich. Die Probleme liegen vor allem bei der Anerkennung von ausländischen Bildungsabschlüssen, deren Wert einheimische Arbeitgeber selten beurteilen können. Hier gibt es Kritik, dass der Staat zu wenig dafür tue, die mitgebrachten Qualifikationen der Migranten den aktuellen Bedürfnissen anzupassen. Er sei aber aufgerufen, intensiver auf eine erfolgreiche Integration hinzuwirken (Elrick 2007; Triadafilopoulos 2006). Verglichen mit der Diskussion um die Zulassung ist die Integrationspolitik Kanadas viel seltener als Vergleichsmaßstab in der deutschen Diskussion zu finden. Das kanadische Modell ist der Multikulturalismus (Fleras/Elliott 2002) – ein Begriff, der in Deutschland weitgehend ein tendenziell negativ bewertetes Reizwort geworden ist, unabhängig davon, ob darunter eine Zustandsbeschreibung, ein ideologisches Konzept für gesellschaftliches Zusammenleben oder eine politische Handlungsanleitung 14 Einführung: Migration und Integration in Kanada und Deutschland im Vergleich verstanden werden (Esser 2001).2 In Kanada hingegen ist er seit Jahrzehnten Staatsideologie, die auf verschiedenen Grundprinzipien aufbaut: der Bejahung der Diversität, dem Recht auf kulturelle Differenz, der kulturellen Gleichwertigkeit (wobei die Grundwerte dem europäischen Kulturkreis zuzuordnen sind), gemeinsamen Grundwerten (unity in diversity) und der Chancengleichheit (Geißler 2003: 21; Schultze in diesem Band). Dieses Konzept für das Zusammenleben wird von dem überwiegenden Teil der kanadischen Bevölkerung getragen bzw. durch seine intensive öffentliche Förderung mittlerweile von einer ganzen Generation auch als Teil der kanadischen Identität begriffen. Deutschland hingegen, das keine klassische Einwanderungsnation ist und eine andere soziostrukturelle Zusammensetzung seiner Bevölkerung hat, bemüht sich erst seit einigen Jahren auch politisch um die Integration der zugewanderten Bevölkerung (z.B. mit dem Integrationsprogramm oder dem Nationalen Integrationsplan). Kanada lässt seinen Zuwanderern prinzipiell eine starke Unterstützung bei der sozialen und wirtschaftlichen Eingliederung zukommen. Der Bundesstaat finanziert die Aufnahme, Orientierung, Beratung und vor allem den Spracherwerb, wohingegen Programme zur gesundheitlichen Versorgung, Bildung oder Erlangung von Wohnraum von den Provinzen getragen werden (Biles/Winnemore 2007). So kümmert man sich in Kanada beispielsweise intensiv um die sprachliche Entwicklung der Kinder der Zuwanderer von Beginn der Einschulung bis hin zum High School-Abschluss. Es wird Nachhilfe angeboten und gleichzeitig das Erlernen der Muttersprache ermöglicht. Lernevaluationen zeigen, dass die Kinder mit Migrationshintergrund dabei vielfach die gleichen Leistungen erbringen wie die Kinder der „Einheimischen“. Möglicherweise lohnt angesichts von Diskussionen um den Lernerfolg von Kindern mit Migrationshintergrund als Voraussetzung für das Gelingen von Integration, die durch Untersuchungen wie PISA immer wieder angefacht werden, ein Blick von Deutschland auf Kanada – wenngleich klar ist, dass eine ein- 2 Zu den vielfältigen Facetten des Begriffs Mintzel (1997). 15 Dr. Petra Bendel und Dr. Axel Kreienbrink fache Übertragung auf deutsche Verhältnisse nicht ohne weiteres möglich sein kann (Bauer 2007; Arbeitsgruppe Internationale Vergleichsstudie 2007). Diese intensive Einbeziehung der Zugewanderten in das öffentliche Leben – zusätzlich erleichtert durch die Möglichkeit, bereits nach wenigen Jahren die kanadische Staatsbürgerschaft zu erwerben – ist für etliche Beobachter der Grund dafür, dass Debatten um Einwanderung und Integration in Kanada tendenziell konstruktiver ablaufen als hierzulande. Bei einer Wahlbevölkerung, die zum Großteil selbst einen Migrationshintergrund hat, seien die Diskussionen eher pragmatisch und nutzenorientiert mit Blick auf den Arbeitsmarkt (Schmidtke 2006; Triadafilopoulos 2006). Die Verhältnisse dürfen jedoch auch nicht übermäßig idealisiert werden, denn gerade vor dem Hintergrund der genannten Probleme bei der Arbeitsmarktintegration sind sehr wohl kritische Stimmen laut geworden, die vor zu viel Zuwanderung warnen. Und auch Fremdenfeindlichkeit bestimmter Gruppen ist nicht immer auszuschließen; zumindest werden solche Erfahrungen zum Beispiel von Schwarzen oder muslimischen Einwanderern beklagt (Biles/Winnemore 2007: 59). Können nun die kanadischen Erfahrungen ein Modell für Deutschland oder Europa sein? Sicherlich lassen sie sich nicht einfach unmittelbar oder vollständig auf unsere gegenwärtigen Verhältnisse übertragen. Geißler (2003: 23) weist zu Recht darauf hin, dass sie in „einem spezifischen historischen, sozialstrukturellen, kulturellen und politischen Kontext entstanden [seien]“. Das kanadische Modell „aus diesen Zusammenhängen zu lösen und in völlig andere Kontexte zu verpflanzen, wäre ein utopisches Unterfangen“. Nichtsdestotrotz stellt eine vergleichende Beobachtung und Diskussion eine Bereicherung dar und kann die Diskussionen um Migrationsmanagement und Integration voranbringen. Entsprechend standen die Fragen nach den Hintergründen, nach der Übertragbarkeit und dem gegenseitigen Lernen im Zentrum der Tagung zu „Migration und Integration in Kana- 16 Einführung: Migration und Integration in Kanada und Deutschland im Vergleich da und Deutschland“, die am 9. November 2006 im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) stattfand und auf die die in diesem Band präsentierten Beiträge zurückgehen. Sie wurde veranstaltet von der Forschungsgruppe des Bundesamtes in Zusammenarbeit mit dem Zentralinstitut für Regionalforschung der Universität Erlangen-Nürnberg und gefördert von der Botschaft von Kanada in Deutschland. Die Autoren, Experten aus Deutschland und Kanada, vermessen den Raum, den die Leitfragen umrissen haben, und geben in unterschiedlicher Weise Antworten: Phil Triadafilopoulos (University of Toronto) führt uns zurück an die Anfänge des Punktesystems. Er zeichnet die sich verändernden Rahmenbedingungen im Kanada der Nachkriegszeit nach, die schließlich dazu führten, dass 1967 ein Punktesystem für die Zulassung eingeführt wurde, um Engführungen des Einwanderungsgesetzes von 1962 zu korrigieren. Die Änderung normativer Standards in der Nachkriegszeit machte es zunehmend untragbar, dass Kanada bei einer diskriminierenden Einwanderungspolitik blieb, so dass es sich genötigt sah, Einwanderung auch aus nicht-klassischen (weißen) Ländern zuzulassen. Der Autor weist abschließend darauf hin, dass auch in Deutschland jenseits der ökonomischen Argumente grundsätzlichere Fragen bei der Neufassung des Zuwanderungsgesetzes eine Rolle gespielt haben, und fragt, ob nicht auch hier weitere Schritte bei der Modernisierung der Einwanderungspolitik zu erwarten seien. Die Frage, ob das kanadische Punktesystem tatsächlich ein Modell für Deutschland sein kann, greift Holger Kolb (Universität Osnabrück) auf. Er verweist auf die Probleme, die das Punktesystem für eine effektive und effiziente Zuwanderungspolitik mit sich bringt, und diskutiert rein marktwirtschaftliche Steuerungsalternativen. Da er jedoch grundsätzliche Veränderungen in der deutschen Zuwanderungspolitik für unwahrscheinlich hält, erscheint ihm dennoch die Einführung eines Punktesystems kanadischer Prägung trotz seiner Mängel als ein Fortschritt für eine steuerungseffiziente und dabei auch noch politisch vermittelbare Alternative. 17 Dr. Petra Bendel und Dr. Axel Kreienbrink Der Beitrag von Rainer-Olaf Schultze (Universität Augsburg) richtet den Blick auf den Umgang der Kanadier mit ihren multikulturellen Integrationsproblemen. Dazu liefert er als Hintergrund einen Überblick über das ethnische Mosaik des Landes und erläutert die Entstehung der Multikulturalismuspolitik unter Premierminister Truedeau. Von da aus veranschaulicht er das nicht spannungsfreie Verhältnis zwischen dem multikulturellen anglophonen Kanada und der französischen Provinz Québec, die sich selbst als societé distincte begreift. Auch dort werden Akzeptanz und Integration von Einwanderern gefördert, aber unter der strikten Beibehaltung des Supremats der französischen Sprache. Weitere Problematisierungen des Multikulturalismus liegen in dem von einigen Beobachtern befürchteten Risiko der Zementierung von sozialen und ökonomischen Ungleichheiten zwischen verschiedenen Gruppen. Bezogen auf Deutschland weist auch Schultze eine unkritische Übernahme zurück, betont aber die Unmöglichkeit kultureller Segregation in der globalisierten Welt allgemein. Aufbauend auf shared understandings sei Toleranz nach innen und außen geboten. Die vom Bund geförderten Integrationsmaßnahmen sind das Thema von Michael Griesbeck (BAMF). Er stellt den Hintergrund und die Praxis der bundesdeutschen Integrationskurse dar. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der besonderen Rolle der Vermittlung der Sprache als Schlüssel für gelingende Integration. Die Kurse stehen jedoch nicht singulär, sondern sind mit einem umfassenden Angebot weiterer Maßnahmen wie z.B. der Migrationserstberatung verzahnt. Weiterhin wird das Integrationsprogramm vorgestellt, das den Integrationsprozess in Deutschland dauerhaft begleiten soll. Deutlich wird, dass Integration aber nicht vom Staat verordnet werden kann, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe darstellt, bei der die Migranten auch selbst in starkem Maß gefordert sind, wobei gegenseitiges Wissen über Staat, Gesellschaft und Kultur eine wesentliche Rolle spielt. 18 Einführung: Migration und Integration in Kanada und Deutschland im Vergleich Yvonne Hébert (University of Calgary) erweitert die Perspektive auf die Integration von Jugendlichen mit Migrationshintergrund in Kanada und nimmt vergleichend den Fall Frankreichs hinzu. Dabei untersucht sie vier verschiedene Bereiche, nämlich die Selbstsicht und Zugehörigkeitsgefühle der Jugendlichen, ihre Ansätze zur Partizipation, die Auswirkungen von Integrationspolitiken sowie weiterführende Wege. Sie plädiert dafür, auch Jugendliche frühzeitig in den Prozess der gesellschaftlichen Teilhabe mit einzuschließen, wofür der Staat spezialisierte Angebote schaffen könnte. Die Situation der Integration an deutschen Schulen schließlich ist das Thema von Eckart Liebau (Universität Erlangen-Nürnberg). Trotz diverser pädagogischer Ansätze hat die Praxis der vergangenen Jahrzehnte offenbar eher segregative Tendenzen verstärkt, wie er anhand der Ergebnisse des 2006 veröffentlichten Berichts „Bildung in Deutschland“ nachweist. Den daraus resultierenden Herausforderungen müsse dergestalt begegnet werden, mittels verschiedener pädagogischer Konzepte jedem einzelnen Kind das notwendige Wissen und Können beizubringen. Dabei stehe an erster Stelle ohne Zweifel die Sprache, doch abgesehen von den vielen weiteren notwendigen Bereichen sei es von hoher Wichtigkeit, die Kinder und Jugendlichen auch zum Lernen zu motivieren, was für Liebau zu einem wesentlichen Teil über kulturelle Bildung erreicht werden kann. Unser Dank gilt den Mitarbeiterinnen des Zentralinstituts für Regionalforschung der Universität Erlangen Nürnberg, Marianne Haase und Christine Scharf, sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), die mit ihren Korrektur- und Redaktionsarbeiten zum Gelingen der Drucklegung beigetragen haben. Erlangen/Nürnberg, im Februar 2008 19 Dr. Petra Bendel und Dr. Axel Kreienbrink Literatur Adam, Heribert (2002): Wohlfahrtsstaat, Einwanderungspolitik und Minderheiten in Kanada – Modell für Deutschland und Europa?, in: Treichler, Andreas (Hg.): Wohlfahrtsstaat, Einwanderung und ethnische Minderheiten, Wiesbaden, 327-344. 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The government will seek by legislation, regulation and vigorous administration, to ensure the careful selection and permanent settlement of such numbers of immigrants as can advantageously be absorbed in our national economy […] With regard to the selection of immigrants, much has been said about discrimination. I wish to make quite clear that Canada is perfectly within her rights in selecting the persons whom we regard as desirable future citizens. It is not a “fundamental human right” of any alien to enter Canada. It is a privilege. It is a matter of domestic policy[…] There will, I am sure, be general agreement with the view that the people of Canada do not wish, as a result of mass immigration, to make a fundamental alteration in the character of our population. Large-scale immigration from the Orient would change the fundamental composition of the Canadian population. Any considerable Oriental immigration would, moreover, be certain to give rise to social and economic problems of a character that might lead to serious difficulties in the field of international relations.1 24 * The author thanks Jennifer Elrick, Axel Kreienbrink and Petra Bendel for helpful comments on earlier drafts of the article. The author acknowledges the generous support of the Social Sciences and Humanities Research Council of Canada. 1 Canada, House of Commons, Debates, May 1, 1947, 2644-2546. Rethinking the Origins of the Canadian Immigration Points System King’s statement affirmed Canada’s longstanding policy of regulating immigration for purposes of nation-building. This entailed distinguishing among “preferred,” “non-preferred,” and “excluded classes” of people. Whereas preferred immigrants from the British Isles and northern Europe were highly sought after and aggressively recruited, non-preferred immigrants from southern and eastern Europe were granted entry during periods of economic growth but regulated more closely during bad times. Non-white immigrants from outside of Europe were completely excluded through the Chinese Immigration Act, the “continuous journey” clause, and a host of other racially discriminatory regulations and administrative practices (Kelley/Trebilcock 2000; Elrick 2007; Triadafilopoulos 2004). This approach to immigration policy was ended with the introduction of the “points system” on October 1, 1967. Through the points system, Canada would select immigrants according to a set of universal criteria, including educational credentials, language competency in English and/or French, and labor market potential. Applicants’ ethnic and racial backgrounds were no longer to be considered in determining their eligibility for admission into Canada. The result of this change in immigration policy was precisely what King had endeavored to avoid: the diversification of immigration and consequent transformation of Canada’s demographic structure. Whereas immigrants from “non-traditional” source regions including Asia, the Caribbean, Latin America, and Africa comprised only a small fraction of Canada’s total immigration intake from 1946-1966, by 1977 they made up over 50 per cent of annual flows (Kalbach 1987; Indra 1980). Changes in immigration policy shattered the foundations of “white Canada” and created the conditions for Canada’s development into one of the most culturally diverse countries in the world (Statistics Canada 2002: 2005). Despite its importance, this fundamental shift in Canadian immigration policy has received surprisingly little scholarly 25 Triadafilos Triadafilopoulos PhD attention. The explanations that have been advanced typically see the shift to a universal admissions policy in functional terms, with scholars assuming that the turn to a “skills-based” immigrant admissions system was driven by Canada’s changing economic needs. Alan Green (19876: 34f.) nicely captures this view, noting that “the major changes in immigration control […] were economic in nature […] [C]hanges in the state of the economy were decisive, while political influences were marginal”. Peter Li (2003: 23) views the move to a non-discriminatory policy in the 1960s as a result of Canada’s growing need for skilled immigrants that traditional western European source countries could no longer supply in sufficient quantities. Although Freda Hawkins (1988; 1991) acknowledges the (secondary) importance of non-economic factors in the liberalization of Canadian immigration policy in the 1960s, she devotes little attention to exploring them in either of her two important works on Canadian immigration policy-making. Similarly, Ninette Kelley and Michael Trebilcock (2000) recognize the importance that changing ideas had on Canadian immigration policy but do not develop this insight sufficiently in their discussion of the origins of the points system. This article breaks from the dominant economic/functional explanations noted above, arguing that the introduction of the points system capped a twenty year period of policy change driven by changes in the normative acceptability of racial discrimination among liberal-democratic states. World-historical events and processes, including the Holocaust, decolonisation, and the emergence of a global human rights culture, created a markedly different normative context in the postwar period that checked Canada’s ability to maintain discriminatory immigration policies in line with King’s 1947 statement. The postwar shift in normative context discredited principles used to legitimize existing exclusions, creating a lack of fit between Canada’s commitment to domestic liberal democratic principles and international human rights, on the one hand, and its established immigration policies, 26 Rethinking the Origins of the Canadian Immigration Points System on the other. Domestic critics such as labour unions, churches, and ethnic associations, as well as external actors highlighted this lack of fit, compelling policymakers to adjust extant policies to conceal incongruities produced by changes in normative context. However, these symbolic reforms failed to mollify critics and further undermined the coherence of the exclusionary paradigm, hastening its unravelling and opening space for the formulation of new approaches in line with prevailing normative standards. The introduction of the points system marked the culmination of this process. This article traces the development of Canadian immigration policy from 1947 to 1967 in light of the argument sketched above. I conclude by briefly discussing how the interpretation of the Canadian case presented here might illuminate aspects of recent immigration policy-making in Germany. As my analysis of the Canadian case makes clear, immigration policy-making entails more than simply responding to economic needs; it also plays an important role in meeting liberal-democratic states’ normative expectations, allaying policymakers’ concerns, and satisfying politicians’ interests. Seen in this light, Germany’s turn to a system of “managed immigration” through the passage of the 2004 Zuwanderungsgesetz and its amendments in 2007 reflects more than the economic and demographic imperatives typically noted by political commentators. As was the case in Canada, reforms in immigration policy were also driven by efforts to shape a particular image of Germany for both domestic and international consumption, while attending to policymakers’ concerns regarding the social and political consequences of such a move. Such an approach helps make sense of some of the odder features of Germany’s new migration policy, including its extremely narrow scope, and altogether conservative approach. 27 Triadafilos Triadafilopoulos PhD Dismantling White Canada, 1947-1967 Early Responses to Changing Norms: 1947-1952 King’s statement of May 1, 1947 made clear that Canada was intent on structuring its immigrant admissions policies as it had in the past: “Asiatic” and other non-white immigration would be avoided so as to preserve Canada’s white-European “character.” Yet, state officials understood that changed normative conditions made such an approach difficult to carry out in the postwar period. A candid working paper bluntly laid out the dilemma confronting Canadian policymakers: “The problem of Asiatic immigration into Canada is twofold: an international problem of avoiding the charge of racial discrimination and a domestic sociological and political problem of assimilation.” Canada’s membership in the UN carried with it an “unqualified obligation to eliminate racial discrimination in its legislation.” This effectively meant supporting the UN’s goal of “promoting and encouraging human rights and […] fundamental freedoms for all without distinction as to race, sex, language or religion.” Further, Canada’s statements in the General Assembly regarding the competency of the UN to intervene in the domestic affairs of member states indicated that Canada favored a “wide interpretation” of the provisions of the Charter. Claims to sovereign jurisdiction in domestic matters would therefore be open to challenge. Given the risks to Canadian international prestige, the brief recommended that something be done in advance to avoid or at least minimize the likelihood of such an outcome. The answer lay in “revising our immigration legislation so as to avoid the charge of racial discrimination and yet so effectively limiting Asiatic immigration as to prevent aggravation of the Asiatic minority problem.”2 This strategy of adjusting established policies to co-opt and counter charges of hypocrisy would define Canadian immigration policymaking in the early postwar period. For instance, pressure from the Committee for the Repeal of the Chinese Immigration Act moved the government to strike the Act in 1947. 2 28 “Asiatic Immigration into Canada.” Canadian National Archives, RG 76, VOL. 854, File 554-5 pt.1. Rethinking the Origins of the Canadian Immigration Points System The repeal of discriminatory naturalization regulations soon followed, lifting bars to citizenship for Chinese and other groups that had long faced discrimination in this area (Lee 1976; McEvoy 1982). Despite these reforms, the goal of limiting the entry and incorporation of immigrants to whites remained a primary aim of policy. Chinese immigration fell under the terms of Order-in Council P.C. 1930-2115, which restricted the range of admissible “Asiatics” to the wives and children less than eighteen years of age of Canadian citizens; other immigrant groups could sponsor a much broader range of relatives after they secured legal residency. Similarly, efforts to staunch charges of discrimination against nationals from Canada’s Commonwealth partners in south Asia led to the establishment of a symbolic quota system allowing for limited migration from India, Pakistan, and Ceylon.3 According to the terms of the quotas, 150 Indians, 100 Pakistanis, and 50 Ceylonese were to be granted access to Canada on a yearly basis. The regulation of other “restricted classes” came under the terms of Orders-in-Council P.C. 2115 and 28564 and the new 1952 Immigration Act. The 1952 Act’s provisions regarding immigrant admissions bore a striking resemblance those of the past. The Governor-in-Council was empowered to prohibit or limit the admission of persons by reason of their 1. Nationality, citizenship, occupation, class, or geographical area of origin 2. Peculiar customs, habits, modes of life, or methods of holding property 3. Unsuitability vis-à-vis climatic, social, industrial, educational, labor, health, or other conditions or requirements existing temporarily or otherwise, in Canada or in the area or country from or through which such persons came to Canada 3 Canada, House of Commons, Special Committee on Estimates, Minutes of Proceedings and Evidence, No. 11, March 14, 1955, 301. 4 “Memorandum to Cabinet: Admission of Restricted Classes of Immigrants, June 10, 1952.” National Archives of Canada, RG 26 VOL. 125, File 3-33-7, Vol. 2. 29 Triadafilos Triadafilopoulos PhD 4. Probable inability to become readily assimilated or to assume the duties and responsibilities of Canadian citizenship, within a reasonable time after admission (Hawkins 1991: 102). The intent of the list was clear: immigration was to be closely regulated to ensure that Canada’s “national character” remained essentially “white-European.” While appeals to the judgments of immigration officers could be made, the final arbiter of such disputes was the Minister, since the 1952 Immigration Act explicitly forbade the interference of courts. This extraordinary discretionary power facilitated the state’s policing of boundaries, both with regard to non-preferred ethnic groups and individuals deemed to be threatening as a consequence of their perceived ideological orientations (Whittaker 1987). Changing Conditions and Increasing Pressures: 1952-1962 The lack of fit between immigration policy and Canada’s postwar efforts to craft a progressive image on the world stage was immediately registered by Canada’s diplomatic corps. Canada’s championing of progressive positions in the United Nations and British Commonwealth made maintenance of discriminatory migration policies increasingly difficult. Canada’s Caribbean partners in the British Commonwealth (Jamaica, Barbados, Trinidad, and the other island states of the “British West Indies”) were among the most vocal critics of Canadian immigration policy.5 Their demands were channeled through Canadian diplomatic representatives in the Caribbean who forwarded complaints to their superiors at the Department of External Affairs in Ottawa. In turn, External Affairs regularly queried the Department of Citizenship and Immigration as to what might be done to counter complaints of discrimination and increase the scope of immigration from the West Indies. 5 30 Immigration from the British West Indies, June 30, 1957, National Archives of Canada, RG 76 VOL. 830, File 552-1-644, pt. 2. Rethinking the Origins of the Canadian Immigration Points System While officials in the Department of Citizenship and Immigration continued to insist that “immigration must not have the effect of altering the fundamental character of the population”6, invocations of official policy became increasingly difficult to maintain in light of developments in Canadian foreign policy. Changes in international politics were pushing Canada to take increasingly liberal positions in the UN and the British Commonwealth. Decolonization in Africa and Asia had transformed power relations in both organizations and placed racial discrimination at the top of their agendas. By 1961, African, Asian, and Latin American members constituted two-thirds of the UN General Assembly and anti-racist resolutions were becoming sharper and more frequent (Freeman 1997: 19). As Canada’s ability to play an independent role in world affairs depended on the preservation and functioning of both organizations, it could not afford to sit back when crises arose over the international community’s handling of matters pertaining to racial justice. Among the most important challenges confronting the Commonwealth during this period was the debate over South Africa’s membership. Non-white member states argued that there was no place in the organization for racist regimes and demanded that their partners come out strongly against apartheid. During the 1960 Commonwealth Conference, non-white members made it clear that the future of the organization would depend on how the apartheid issue was resolved. In an effort to avoid a split that could imperil the Commonwealth’s future, Canada’s Prime Minister John Diefenbaker came out strongly against the principle of racial discrimination during the Commonwealth’s 1961 Conference in London.7 6 Confidential Letter from Director of Immigration, C.E.S. Smith, to Under-Secretary of State for External Affairs, G. McInnes, January 17, 1957. National Archives of Canada, RG 76 VOL. 830, File 552-1-644, pt. 2. 7 See “Meeting of Prime Ministers of the Commonwealth: Report by Prime Minister John G. Diefenbaker on the Commonwealth Prime Ministers’ Conference, House of Commons, May 16, 1960,” in Blanchette (1977: 302-306). See also Freeman (1997: 25) 31 Triadafilos Triadafilopoulos PhD Diefenbaker’s crusading anti-racism was a source of concern among diplomatic personnel charged with administering Canadian immigration policy. Canadian consular officials understood that their country’s public stand against race discrimination could be turned against it if and when immigration matters were raised. Canada was inviting trouble by taking a leading role against racism internationally while maintaining discriminatory controls against non-whites in its immigration policies.8 Their opinion was born out, as foreign critics of Canadian immigration policy made a point of highlighting Canada’s continuing reluctance to implement the principles it espoused abroad in its own legislation. Domestic critics, such as the Canadian Council of Churches, the Canadian Jewish Congress, the Negro Citizenship Association, and the Canadian Congress of Labor, also challenged the government’s continuing use of racial categories. The arguments advanced by these groups highlighted the discrepancy between the government’s progressive rhetoric and the reality of ongoing discrimination against “Asiatics”, “Negroes”, and individuals of “mixed-race”. Advocacy groups challenged the government’s commitment to anti-discrimination, civil rights, and liberal democratic principles by exposing its maintenance of discriminatory immigration policies and administrative practices. Virtually all of these appeals included arguments pertaining to Canada’s obligation to live up to its commitment to international human rights and the elimination of discrimination based on race, color or creed. The Canadian government’s reaction to charges of discrimination during this period was to adjust regulations to preempt or at least limit the force of criticisms while endeavoring to meet the objectives set out in King’s 1947 statement. In an effort to respond to critics, the Diefenbaker government introduced a number of changes, including doubling India’s annual quota 8 32 Telegraph from Canadian Trade Commissioner in Port-of Spain to Department of External Affairs, Ottawa, March 20, 1961. National Archives of Canada, RG76 VOL. 830, File 552-1-644, pt. 3. Rethinking the Origins of the Canadian Immigration Points System from 150 to 300 persons, raising the annual quota of female domestic workers from the British West Indies, and reconsidering previously rejected applications for sponsorship to increase the number of entries from China and other non-preferred countries (Corbett 1963: 173). Critics of Canadian immigration policy were not impressed by the Department’s efforts. Far from providing solutions to the government’s problems, the stretching of the system to accommodate advocacy groups’ demands was compounding problems. For example, the government’s effort to assuage the concerns of Canada’s East Indian community by doubling India’s annual immigration quota prompted Pakistan to demand that its quota also be doubled.9 While Canadian officials were well aware that acceding to Pakistan’s demand would run the risk of encouraging requests for similar programs from other Commonwealth countries they believed they had little choice but to comply, given that rejecting Pakistan’s demand would likely lead to further accusations of discrimination and perhaps even a public airing of Canadian policies in the Commonwealth.10 Similarly, while efforts aimed at increasing the number of Chinese immigrants through Ministerial discretion and Orders-in-Council failed to satisfy domestic advocacy groups, potential alternatives that remained wedded to traditional principles – such as quotas – were also open to charges of discrimination and therefore of little practical use.11 In short, Canadian immigration officials found that their ability to meet the challenges raised by lack of fit by tinkering at the margins of the prevailing policy regime was running into increasingly difficult political obstacles. Cosmetic solutions aimed at assuaging international and domestic opinion while preserving the essential features of the prevailing system could not paper 9 Memorandum to Cabinet: Immigration Agreements with Pakistan and Ceylon, October 23, 1958. National Archives of Canada, RG 76, VOL. 948, File SF-C-1-1, pt. 2. 10 Ibid. 11 Memorandum to Cabinet: Immigration Policies and Procedures (Immigration from China and Japan), August 8, 1958. National Archives of Canada, RG 76, VOL. 948, File SF-C-1-1, pt. 2. 33 Triadafilos Triadafilopoulos PhD over the fact that policies no longer fit a changed normative context. Excursus: The 1962 Immigration Regulations The first attempt to move toward a universal admissions policy was undertaken by the Diefenbaker Conservatives in 1962. As noted above, scholars have assumed that the turn to a “skillsbased” immigrant admissions system at this time was driven by Canada’s changing economic needs. This position needs to be reconsidered. While there certainly was growing consensus within the Department of Citizenship and Immigration on the need to revamp the immigration program and focus recruitment on skilled workers, professionals, and entrepreneurs12, there is little evidence to suggest that officials believed that this should entail active recruitment from “non-traditional” sources.13 Rather, the two issues developed along parallel but quite distinct lines. The subsequent linking of the two objectives in 1962 was driven by political rather than economic reasons. That is, the shift to universal skills-based selection criteria in 1962 was primarily aimed at mollifying domestic and international critics of racial discrimination, rather than opening up new sources of skilled migrants. While the goal of attracting skilled immigrants to Canada reflected a contemporaneous view emerging from within the bureaucracy14, it did not drive the decision. Changes in normative contexts and related political developments did. This is clear when one considers the way that officials characterized the 1962 reforms. According to the Director of Immigra12 See Memorandum from Director of Immigration to Deputy Minister of Department of Citizenship and Immigration: Immigration Policy and Programming as Related to economic and employment factors in Canada, December 9, 1960. National Archives of Canada, RG 26, VOL. 75, File 1-1-1, pt. 2. 13 In fact, efforts were stepped up to generate increased immigration from traditional European sources though advertising and other means. See materials in National Archives of Canada, RG 26, VOL. 75, File 1-1-8, pt. 3; RG 76, VOL. 909, File 572-15, pt. 2; and RG 76, VOL. 778, File 537-7, Pt. 14. 34 14 Hawkins (1988: 139) notes that the 1961 Report of the Special Committee of the Senate on Manpower and Employment “reinforced the ideas of those who were preparing the new immigration regulations in the summer of 1961, in which the emphasis in admission was on skill”. Rethinking the Origins of the Canadian Immigration Points System tion, W. R. Baskerville, the purpose of the change was to “abolish racial discrimination from [Canada’s] policy,” while making it clear that “we shall still give preference in our selection of immigrants to those countries which have traditionally supplied our immigrants.”15 Similarly, in a memorandum to Cabinet outlining the Department’s proposed measures, the Minister of Citizenship and Immigration, Ellen Fairclough, noted that the “principal criticisms of Canada’s […] immigration legislation” was that “it is based on racial or colour discrimination.” As such, the foremost objective of the revised regulations was “the elimination of any valid grounds for arguing that they contain any restrictions or controls based on racial, ethnic or colour discrimination.”16 This would be accomplished through the amendment of Regulation 20, which according to the Minister’s constituted “the heart of Canada’s immigration policy” and main target of criticism.17 The proposed changes to Regulation 20 were unique in that they eliminated “all reference to questions of nationality, geography or regions of the world.”18 In place of such criteria [t]he new Regulation 20 (a) lays primary stress on selectivity based skills and qualifications as the main conditions for admissibility, without regard for any other factor. If an applicant can qualify on these grounds and has sufficient means to establish himself in Canada until he finds employment, or alternatively has a firm employment opportunity or plan for self-establishment in Canada, he comes within the admissible classes.19 15 Memorandum from the Director of Immigration to the Deputy Minister, November 10, 1961. National Archives of Canada, RG 26, VOL. 100, File 3-15-1, pt. 8. 16 Memorandum to Cabinet Re: Immigration Regulations, October 16, 1961. National Archives of Canada, RG 26, VOL. 100, File 3-15-1, pt. 8. 17 Ibid. 18 Ibid. 19 Ibid. 35 Triadafilos Triadafilopoulos PhD The chief effect of the new regulations would be the elimination of “all grounds for charges of discrimination” and placement of “emphasis henceforth on the skills, ability and training of the prospective immigrant himself, and on his ability to establish himself successfully in Canada.”20 The amended immigration regulations were tabled in the House of Commons on January 19, 1962. In her address to the House, Fairclough noted that the intended beneficiaries of the reforms were the previously inadmissible classes and their advocates, in Canada and abroad. Far from being the product of economic forces, the new immigration regulations served a distinctly political end by granting the government a more effective means of countering accusations of racism and discrimination.21 The government’s decision to limit the sponsorship rights of non-Europeans and the official but unpublicized policy of maintaining a preference for immigrants from Canada’s traditional sources also speak to the political nature of the 1962 reforms. Whereas Canadian citizens hailing from European and Western Hemisphere countries were able to sponsor a full range of family members and relatives, including children over the age of twenty-one, married children, siblings and their corresponding families, and unmarried orphaned nieces and nephews under the age of twenty-one, citizens from non-European and non-Western Hemisphere countries were limited to sponsoring members of their immediate family and a narrower range of relatives. The decision to restrict the sponsorship rights of citizens from Asia, Africa, and most of the Middle East was meant to limit the impact of the policy changes on immigration flows. Officials feared that the granting of full sponsorship rights to migrants from Africa and especially Asia would prompt a flood of visible minorities whose presence could catalyze a negative backlash among white Canadians (Hawkins 1988: 131). 20 Ibid. 36 21 See National Archives of Canada, RG 26, VOL. 100, File 3-15-1, “Canadian Immigration act and Regulations – Amendments To.” Rethinking the Origins of the Canadian Immigration Points System Similar anxieties stood behind the decision to interpret the 1962 reforms passively, leaving the door open to spontaneous applications from extremely well qualified migrants from nontraditional sources but only actively recruiting immigrants from the United States, western Europe, and the British Isles.22 The failure to establish immigration offices in the Caribbean and the persistence of limited administrative capacity in Asia and other parts of the “Third World” was indicative of this strategy. Hence, the question remained as to whether such a “political” approach would be enough to convince domestic and international critics of Canadian immigration policy. In a memorandum written before the tabling of the revised Immigration Regulations, the Director of Immigration correctly noted that while the changes succeeded in establishing a broad legal standard, they did not “define the means by which it is going to be interpreted in administrative practice.”23 In essence, the government had reformed the immigration policy “superstructure” while leaving its administrative “base” in place, exposing it to scrutiny: [A]s long as the critics could see a concrete geographical basis for our selective policy, they never suspected that our major tool of control was the number and size of immigration offices in various parts of the world. This was so little apparent that it escaped, not only outside observers, but a good many departmental officials, even Ministers. Now, with the ‘blind’ gone, it would be reasonable to expect that 22 “We prefer our immigrants from our traditional sources. Otherwise we must recognize that there is an almost limitless supply of immigrants in Hong Kong and the West Indies, etc., who can be attracted to Canada without the expenditure of much money or effort. However, while we are bound by the provisions of the new Immigration Regulations to service applications anywhere in the world there is nothing to prevent us from concentrating our promotion of immigration from our traditional sources.” Aide Memoire, Increasing Immigration to Canada, n.d. National Archives of Canada, RG 76, VOL. 816, File 551-10-1963, pt. 2. Also see Draft Immigration Program – 1963-1964, National Archives of Canada, RG 76, VOL. 816, File 551-10-1963, pt. 1. 23 “Memorandum to: The Deputy Minister. Subject: Revision of Immigration Regulations,” October 27, 1961. National Archives of Canada, RG 26, VOL. 1000, File 3-15-1, pt. 8. 37 Triadafilos Triadafilopoulos PhD more searching questions will be asked, as soon as the Department starts reporting on its achievements under the new deal. Will the new policy result in changes in the composition of the flow? Whether it does or not, critics, on both sides, are going to ask for explanations.24 The 1962 reforms generated a generally positive, if guarded response. On the one hand, the media, advocacy groups, and foreign governments welcomed the government’s decision to formally repeal racial and ethnic criteria in its admissions policies. Conversely, the overall impact of the changes was subject to speculation. The headline on the front page of the Toronto Globe and Mail the day after the regulations were tabled nicely captured this ambiguous response: “Canada Unlocks Its Doors to All Who Possess Skills: Bias Ends – On Paper at Least.” Such scepticism was warranted. The new regulations purposefully maintained immigration officers’ ability to monitor and limit the admission of non-white migrants. In a Memorandum to the Minister written in response to criticism by an opposition Member of Parliament, Deputy Minister George Davidson noted that: There may still be some tendency towards discrimination in the administrative application of the Regulations…through the fact that we recognize, for example, the greater difficulties that are faced by a West Indian who tries to find employment in Canada, as compared to a Western European. This may justify and even require a somewhat more exacting interpretation of adequacy in terms of skills and settlement arrangements in the case of the West Indian, since we know for a fact that the cards will be stacked against him to some extent in Canada, and that therefore he needs more skills or more resources if he is to have an even chance with the others. This kind of discrimination, in my opinion, can be justified and defended.25 24 Ibid 38 25 Memorandum to the Minister from the Deputy Minister, January 21, 1963. National Archives of Canada, RG 76, VOL. 778, File 537-7, pt. 14. Rethinking the Origins of the Canadian Immigration Points System The decision to employ a double standard in weighing nonwhite applicants’ credentials reflected officials’ fears that “uncontrolled” immigration from non-traditional sources would lead to social problems and an anti-immigration backlash. The fear of instigating such a backlash was heightened by events in Great Britain, where rioting in opposition to immigration from the West Indies and other New Commonwealth countries was generating media attention.26 Canadian immigration officials were not interested in courting a similar fate and continued to believe that notwithstanding the 1962 Immigration Regulations, Canada maintained “the right […] to decide its own social and racial composition and refuse to accept immigrants whose presence would cause severe disruptions or drastic change.”27 These built-in limits to Canada’s 1962 reforms did not go unchallenged, either at home or abroad. By November 1963, the Globe and Mail was drawing attention to the lack of any substantive change in the number of non-whites being admitted into Canada and asking whether the new regulations were “being applied equally to coloured and white immigrants.”28 Domestic advocacy groups whose constituents were subject to sponsorship limits criticized the perpetuation of double standards and demanded that equality be granted to all groups.29 Foreign gov- 26 “If we agree to relax our selection criteria, I am afraid areas of Montreal and Toronto would become inhabited by these people, mainly gaining entrance through the sponsored route, eventually producing a situation similar to that existing in London, England.” Reviewing of Applicants for Immigration to Canada in Jamaica from January 10, 1963 to March 15, 1963. National Archives of Canada, RG 76, VOL. 824, Box 200, File 552-1-577, Immigration from Jamaica: Policy and Instructions. 27 Confidential Information for the Prime Minister: Canada and Commonwealth Immigration. National Archives of Canada, RG 26, VOL. 145, File 3-33-6, Canada – West Indies Conference [1965]. 28 “Questions”, The Globe and Mail, November 5, 1963. 29 Brief from the Chinese Benevolent Association to Minister of Citizenship and Immigration Guy Favreau, December 1963, National Archives of Canada, RG 76, VOL. 819, File 552-1-526, pt. 4. 39 Triadafilos Triadafilopoulos PhD ernments also made a point of reminding Canadian officials that a lack of administrative capacity outside of Canada’s traditional sources of immigration suggested that the much-heralded move to a universal immigration policy was as yet incomplete.30 Governments in the West Indies questioned whether the rules were being applied fairly regardless of applicants’ skin colour31, and the Under-Secretary of State for External Affairs noted that the response to the new regulations among countries in South and Central America, Africa, and non-communist China was “disappointingly low.”32 Canadian diplomatic personnel in the West Indies and Pakistan complained of not having enough resources to process long overdue applications or answer requests for in- 30 “Japan Wants Canada’s Door Opened,” Toronto Telegram, December 4, 1964. The article noted that “Kazuo Wachi, the Japanese Embassy’s immigration expert, thinks 5000 Japanese people would be interested in coming to Canada. He indicated politely that the slowness of the talks [regarding the opening of an immigration office in Tokyo] were the result of an unwritten Canadian bar on Japanese immigrants. ‘We have proved to be good citizens’, he said. ‘The door should be thrown wide open’…. Japan’s new Ambassador to Canada, Hisanaga Shimadzu says he would like to see more Japanese in Canada. ‘While your government has set no impediment, and says any number could come, I would like to see some positive action by the Canadian Government’.” Also see related materials in National Archives of Canada, RG 76, VOL. 1109, File 552-1-578, “Immigration from Japan Policy.” 31 Letter from Roy W. Blake, Canadian Government Trade Commissioner in Jamaica, to D. A. Reid, Chief of Operations, Immigration Branch, Department of Citizenship and Immigration, February 18, 1962, Subject: Revised Canadian Immigration Laws. National Archives of Canada, RG 76, VOL.830, File 552-1-644, pt. 4. Blake noted that the response to the new regulations was overwhelming, but that close to 90 percent of the applicants were likely to be rejected because they did not meet the government’s skills requirement. The lack of any clear standard for determining decisions heightened suspicions of racial discrimination. Blake requested some further clarification of what was meant by “skills” and “training.” Also see letter from G. C. McInnes, Office of the High Commissioner for Canada in Kingston Jamaica, to Under-Secretary of State for the Department of External Affairs, August 2, 1963. On November 5, 1963, the Globe and Mail asked whether Canada was seeking “immigrants as actively in places such as the West Indies as in Western Europe.” 40 32 Circular Document from Under-Secretary of State for External Affairs to the Heads of Posts Abroad: Effect of New Canadian Immigration Regulations, August 2, 1962. RG 25, VOL. 5005, File 232-40, pt. 16. Rethinking the Origins of the Canadian Immigration Points System formation from local residents.33 Canadian immigration officials were keenly aware that the 1962 amendments had not solved their problems and duly registered continuing criticism. Contrary to expectations, the issue of race refused to disappear. Yet, resolving the two outstanding issues pertaining to racial equality – sponsorship rights and global administrative capacity – would require the surmounting of major obstacles. With regard to sponsorship, policymakers were alarmed by the phenomenon of “chain migration”, a process which left them very little leeway in selecting immigrants. They believed that uncontrolled chain migration was leading to a surfeit of undereducated and unskilled immigrants, especially from southern Europe. The Diefenbaker government’s preferred solution to this quandary would have been to limit sponsorship rights across the board by instituting stricter controls on sponsorship for all Canadian citizens and permanent residents regardless of background. This was in fact attempted in 1959, through Order-in Council P.C. 1959-310. However, the storm of protest that erupted in the wake of the government’s decision forced the Conservatives to back down to avoid alienating an increasingly important segment of urban voters.34 33 Memo to Under Secretary of State for External Affairs from Office of High Commissioner for Canada, Port-of-Spain, October 1, 1962, National Archives of Canada, RG 25, VOL. 5005, File 232-40, pts.15, 16; Telegram from the Immigration Attaché in Dehli, India to External Affairs regarding Canadian Immigration Procedures, March 19, 1963, National Archives of Canada, RG 25, VOL. 5006, Box 232-40, File: Immigration to Canada (Regulations, Policy, Procedures). Similar complaints came in from throughout the “Third World.” See letter from Canadian Consul General in the Philippines, T. G. Major to Director of Immigration, Department of Citizenship and Immigration, W. R. Baskerville, September 21, 1962. National Archives of Canada, RG 25, VOL. 5005, File 232-40, pts.15, 16. Also consult materials in RG 19 ACC. 87-88/011, VOL. 29, File 5945-00, pt. 2. 34 Former Minister of Citizenship and Immigration, Jack Pickersgill, accused the Tories of implementing the policy because they “realized that more people of Italian origin than people from the United Kingdom came in last year…. They were afraid of many of their political supporters, and they felt they had to do something about it. Then they did this stupid, silly and inhumane thing.” Canada, House of Commons Debates. Official Report, Second Session – Twenty-Fourth Parliament, VOL. III, 1959, 2711. The Diefenbaker Conservative’s sensitivity to such claims and interest in improving the standing among “new ethnics” – including southern Europeans and Chinese, among others – has not drawn the attention it deserves among historians of Canadian immigration policy. For a notable, if brief, exception see Palmer (1990: 195f.). 41 Triadafilos Triadafilopoulos PhD The issue of global administrative capacity involved questions of resource allocation: so long as non-whites were perceived as threats to social and political stability, the shifting of resources to pay for expansion would be resisted and the preference for opaque decision-making procedures that allowed for the maintenance of double standards would endure. What was needed was a politically acceptable non-discriminatory solution to the sponsorship dilemma and the resolve to reform the administrative component of Canadian immigration policy. The Diefenbaker government was unable to surmount these challenges, allowing the issue of racial discrimination in Canadian immigration policy to linger. Toward the Points System: 1964-1967 Prime Minister Lester B. Pearson inherited the problems associated with the 1962 reforms and, like his predecessor, was forced to defend Canada against continuing accusations of racism. Given the Liberal Party’s promises to liberalize immigration policy both prior to and during the 1963 election campaign35 and Pearson’s lofty ambitions for Canada in the area of foreign policy, accusations of racism became increasingly difficult to ignore.36 Presidents Kennedy and Johnson’s much publicized efforts to reform the United States’ immigration policies (Tichenor 2002: 207-218; Zolberg 2006: 293-336) also increased pressure on Pearson to follow suit. Given the growing political costs of inaction, Canadian officials resolved to take more decisive measures and plans were made to revise the immigration regulations with an eye to eliminating remaining racial discrimination. During a press conference in Jamaica on November 30, 1965, Pearson formally acknowledged the reality of a double standard in admissions procedures and sponsorship rights and pledged to make good on Canada’s 35 Comments on Liberal Party Resolution, September 20, 1962. National Archives of Canada, RG 76, VOL. 778, File 537-7, pt. 14. 42 36 In an effort to follow through on his predecessor’s positions on South Africa, Pearson had signed the Declaration of Racial Equality at the Commonwealth Prime Ministers conference in 1964. Rethinking the Origins of the Canadian Immigration Points System promise to remove racial discrimination “in fact as well as in theory.”37 He intimated that his government was considering new means of regulating admissions and would reveal the details of its consideration shortly. Despite Pearson’s more resolute position on issues of race and discrimination, immigration policymakers continued to be troubled by the prospects of greater levels of sponsored migration from “non-traditional sources.” Pearson’s pledge to repeal the discriminatory provisions of the 1962 Immigration Regulations meant that some other means had to be found to maintain control over sponsored flows, lest Canada face the prospect of admitting “massive waves of newcomers unprepared for Canadian life.”38 While the flow of “unskilled” and “poorly educated” Greeks, Italians, and Portuguese was troubling to immigration policymakers39, they believed that similar flows of sponsored immigrants from the West Indies, Asia and other “non-traditional sources” would create a “double disability” as a result of the immigrants’ “racial variance from the Canadian majority and lack of occupational qualification.”40 Immigration officials were thus convinced 37 Prime Minister Lester B. Pearson’s Press Conference, Jamaica, November 30, 1965. National Archives of Canada, RG 76, VOL. 824, File 552-1-577. A year later, Pearson called for the extension of the Assisted Passenger and Loans Scheme to the West Indies. Memorandum to the Cabinet Committee on the Canada-West Indies Conference from the Prime Minister, May 30, 1966. National Archives of Canada, RG 76, VOL. 948, File SF-C-1.1, pt. 1 38 “Immigration to Canada form the Commonwealth Caribbean (Background Paper Prepared by Canada),” National Archives of Canada, RG 26, VOL. 125, File 3-33-6. 39 Memorandum to the Cabinet Committee on Immigration, October 15, 1964. National Archives of Canada, RG 76, VOL. 948, File SF-C-1-1, pt. 3. 40 Memorandum from Assistant Deputy Minister, E. P. Beasley to Deputy Minister Tom Kent regarding Conference of Commonwealth Caribbean Countries in Canada, May 26, 1966. National Archives of Canada, RG 26, VOL. 125, File 3-33-6. Also see Memorandum to the Cabinet Committee on Immigration, October 15, 1964. National Archives of Canada, RG 76, VOL. 948, File SF-C-1-1, pt. 3: “In short, if sponsored immigration is to be more than a humanitarian program a become a real asset to our expanding economy in terms both of consumption and production, it must be placed on a more selective basis, especially considering that without a change of this sort there is serious danger of a substantial and largely uncontrollable sponsored movement in the future from many of the underdeveloped countries which are beginning to make a small but significant contribution to our total immigration.” 43 Triadafilos Triadafilopoulos PhD that the sponsorship “time bomb” had to be confronted immediately, lest matters spin out of control.41 The White Paper on Immigration Policy, tabled on October 14, 1966, voiced these concerns and offered a series of proposals as to how they might be addressed. While the White Paper made clear that there could no longer be any room for discrimination on the grounds of race, ethnicity, or religion and committed Canada to establishing a universal admissions policy, it also warned of the economic and social consequences of uncontrolled sponsored immigration. Unskilled and poorly educated immigrants would necessarily become burdens. Finding themselves unable to keep up with innovations linked to technological change, they would slip into the ranks of the unemployed, compounding labour market deficiencies and adding to the costs of Canada’s social welfare system. Moreover, the tendency of immigrants to concentrate in large cities – principally Montreal and Toronto – threatened the emergence of “ghetto-like slums” that would offset the advantages of increased cosmopolitanism (Canada, Department of Manpower and Immigration 1966: 15). For the authors of the White Paper, sponsored migration was not simply an economic problem – it was also a potential threat to social stability. The White Paper’s policy recommendations flowed from its analysis. First, Canada would accentuate its effort to recruit well-educated and highly skilled immigrants capable of quickly settling in the country and contributing to its economic development. Second, remaining discrimination in the realm of sponsorship rights would be ended. Rather than discriminating according to national background, the White Paper proposed making more limited sponsorship rights for landed immigrants equal across the board (Canada, Department of Manpower and Im- 44 41 Memorandum to the Cabinet on Immigration Policy, October 15, 1964. National Archives of Canada, RG 76, VOL. 777, File 536-52, pt. 1 Rethinking the Origins of the Canadian Immigration Points System migration 1966: 41f.).42 This would entail splitting the sponsored stream into immediate dependents, to be admitted as a matter of course, and a second category of more distant relatives subject to some qualifications, namely, the possession of primary education and some work related skill in demand in Canada.43 While all landed immigrants would enjoy the right to sponsor the same array of dependents and “eligible relatives”, after a six-year adjustment period only Canadian citizens would enjoy the right to sponsor the full range of relatives stipulated under the proposed system. Policymakers hoped that tying sponsorship rights to the acquisition of citizenship would introduce a “delaying effect”, as naturalization required five years residence. This, in turn, would dampen the sponsored movement’s “potential for explosive growth.”44 It was hoped that the proposals would offset potential criticism from “ethnic groups” wary of the government’s efforts to curtail – or perhaps even eliminate – the sponsorship program. The Department of Manpower and Immigration underestimated the degree of displeasure the White Paper would provoke among “ethnic groups.” Opinions expressed by such groups to the Special Joint Committee of the Senate and House of Commons on Immigration – appointed by the government to examine and re- 42 Although they did not voice the point publicly, officials also believed that the requirement that more non-dependant sponsored relatives possess “minimal education requirements” would limit sponsored flows from non-traditional sources such as China. Memorandum to Cabinet, Admissible Classes and Security Screening of Immigrants, June 22, 1966. National Archives of Canada, RG 76, VOL.823, File 552-1-567, pt. 2.. 43 The division of the sponsored stream represented a novel response to the political challenge of limiting sponsorship rights. In earlier iterations, the authors’ of the White Paper had suggested ending discrimination in sponsorship rights, but also narrowing the range of relatives to immediate dependents and “eliminating broader sponsorship.” This was because they feared that the “extension of [sponsorship] privileges would not only aggravate economic difficulties but would also open up massive new problems in respect to Asiatic immigration.” See Memorandum to Cabinet, Immigration White Paper – Sponsored Immigration to Canada, November 24, 1965. National Archives of Canada, RG 76, VOL. 948, File SF-C-1-1, pt. 3. 44 Canada, House of Commons, Debates, “Tabling of White Paper on Government Policy,” October 14, 1966, 8652. 45 Triadafilos Triadafilopoulos PhD port on the White Paper – were often quite negative. While there was support for the elimination of remaining discrimination in the Immigration Regulations, many questioned how criteria relating to education and skills would be applied in the absence of clearly defined standards. Without transparency, pronouncements regarding the government’s intention to seek out the best and brightest immigrants, regardless of their race, ethnicity, and religion would continue to ring hollow.45 The White Paper’s recipe for increasing control over the sponsored movement was also criticized by groups that stood to lose under the proposed rules.46 Senior civil servants charged with defending the White Paper were subjected to fierce questioning by several Committee members who correctly saw the citizenship requirement as a mechanism for slowing the flow of sponsored immigrants.47 Many commentators were confused by what they felt was a mixed message: on the one hand, the White Paper called for a more active and non-discriminatory immigration program; on the other, it cast immigration in threatening terms. While the White Paper fell short of fulfilling its role as an “exercise in persuasion for a particular policy” (Hawkins 1988: 159), it did compel further reflection and innovation on the part of 45 “[A] statement in a White Paper, no matter how laudable, are no substitute for law and there is nowhere in the White Paper any suggestion that this policy of no discrimination, which is the mood of our times, should be incorporated into the substance of law rather than remain merely a statement. The White Paper will be lost but a blue paper, being an immigration act, will take this place and that either will say something about it or will not say anything about it. If it says nothing about it, then it is left in a vague situation where some pious declarations were made.” Statement of Saul Hayes, Vice-President, Canadian Jewish Congress, February 22, 1967; Canada, Special Joint Committee of the Senate and House of Commons on Immigration, Minutes of the Proceedings and Evidence, No. 9, 407. 46 Canada, Special Joint Committee of the Senate and House of Commons on Immigration, Minutes of the Proceedings and Evidence, 535-7; 565-6. For a useful summary of several of the briefs submitted by groups appearing before the Committee see Kelley and Trebilcock (2000: 354-358). 46 47 Canada, Special Joint Committee of the Senate and House of Commons on Immigration, Minutes of the Proceedings and Evidence, No. 4, December 13, 1966, 126-127. Rethinking the Origins of the Canadian Immigration Points System the senior civil servants. While policymakers remained convinced that its analysis and recommendations were basically sound, they understood that more would be needed to gain the support of the Special Joint Committee, the media, and interest groups. To this end, the Minister of the newly established Department of Manpower and Immigration48, Jean Marchand, appointed an internal taskforce to devise admissions rules that (a) divided the sponsored stream into dependent and non-dependent relatives as per the White Paper; (b) employed a standard set of selection criteria; and (c) were based on the principle of universality (Hawkins 1988: 162). The group was led by Deputy Minister Tom Kent, a highly regarded civil servant and friend and confidante of Prime Minister Pearson. Kent had replaced the principal architect of the White Paper, C. M. Isbister, just before its release. While Kent agreed that sponsored flows needed to be brought under control49, he felt that criticisms of the White Paper – which he was subjected to during the hearings of the Special Joint Committee – were deserved: the document was vague and lacked a clear statement of principles (Kent 1988: 409f.).50 What was needed, in Kent’s view, was some means of identifying, defining, and attaching relative weight to “the various factors affecting a person’s ability to settle successfully in Canada”(Kent 1988: 410). This 48 In 1966, the Department of Citizenship and Immigration was merged with the Department of Labour under the terms of the Government Organization Act. As a consequence of this move, immigration policy came under the jurisdiction of the newly formed Department of Manpower and Immigration, while the Citizenship Branch was moved to the Secretary of State. See Hawkins (1988: 139f.) and Canada, House of Commons, Debates, May 9, 1966, 4872 49 In his memoirs Kent (1988: 409) notes that, “[The sponsorship] system had the potential for explosive growth in the unskilled labour force. One immigrant who quickly established himself could soon sponsor his brothers and sisters. They in turn could sponsor the brothers and sisters of their wives or husbands. And so on. Immigration officials did not like this… [N]o one who observed the process closely could fail to see that it produced only a very crude relation between the avowed main purpose – immigration according to the country’s absorptive capacity – and the actual extent and composition of the flow.” 50 In an interview with the author, Kent also noted that the version of the White Paper which he inherited after taking up the position of Deputy Minister amounted to little more than a defense of the status quo. While efforts were made to improve the text, some of the earlier draft’s defensive tone remained in penultimate version. Interview with Tom Kent, Kingston, Ontario, August 3, 2006. 47 Triadafilos Triadafilopoulos PhD would grant immigration officers a consistent means of assessing the potential of immigrants and remove any lingering suspicions concerning the criteria used to judge a person’s suitability for admission into Canada. Both Kent and Marchand insisted that whatever solution was arrived at, it had to be universal in terms of its application and completely free of racial bias. After spending several months on the project, the taskforce produced a proposal that satisfied these core requirements. According to the scheme, prospective immigrants would be assigned a score of one to ten “assessment points” in nine categories. The first five categories: age; education; training; occupational skill in demand; and personal qualities, related to “the immigrant’s prospects of successful establishment in Canada.” The other four categories: knowledge of English or French; presence of relatives in Canada; arranged employment; and employment opportunities in area of destination, were intended to determine “the speed and ease with which he is likely to get settled initially.”51 Individuals scoring 50 assessment points or higher would be admitted as “independent immigrants” and would enjoy the right to sponsor dependents as well as “nominated relatives.” Nominated relatives were also subject to the proposed assessment system but would be evaluated on a narrower set of criteria. The fact that a relative was sponsoring them was deemed an automatic advantage that would facilitate their settlement in Canada. Sponsored dependents did not have to qualify under the assessment scheme. Tests of the new system were “highly encouraging.”52 Although the broadening of sponsorship rights would lead to 51 Remarks to the Parliamentary Committee on Immigration by the Honourable Jean Marchand, Minister of Manpower and Immigration, April 18, 1967. National Archives of Canada, RG 76, VOL. 965, File 5000-14-2, part 13. 48 52 Memorandum to Cabinet Re: A New Immigration Selection System: Amendments to the Immigration Regulations, Part 1, July 31, 1967. National Archives of Canada, RG 76, VOL. 948, File SF-C-1-1, pt. 3. Rethinking the Origins of the Canadian Immigration Points System increases in sponsored flows, officials believed the points system could be used to control this movement by regulating the number of nominated relatives granted entry according to labour market conditions.53 While this was not a perfect solution, it did offer some means of controlling sponsored flows in a non-discriminatory and politically acceptable fashion.54 More generally, officials believed that they had crafted a system which satisfied both political and policy requirements. In the words of the Minister, “[b]oth the efficiency and the humanity of the selection process will be increased and be seen to be increased (emphasis added).”55 Marchand’s prediction proved accurate. In contrast to the White Paper, reaction to the “points system” was positive. The Special Joint Committee approved of the new regulations in April 1967; the Cabinet followed suit shortly thereafter and they were quickly implemented and came into effect in October 1967. The press and public were also receptive. The Globe and Mail noted that the new policy removed “discrimination against would-be immigrants […] and […] aimed at making procedures more flexible.”56 The Toronto Star reported that Minister of Manpower and Immigration Jean Marchand had come closest to the elusive goal of eliminating “outright racial discrimination” and opening Canada to increased levels of immigration.57 The points system also offered Canadian politicians a way of demonstrating the purity of Canada’s intentions to the rest of the world. Immigration had been placed on a progressive footing, in line with the image 53 Memorandum from the Assistant Deputy Minister (Immigration) to the Deputy Minister on the Parliamentary Committee on Immigration, February 19, 1968, 6. National Archives of Canada, RG 76 VOL. 966, File 5000-14-2, part 14. 54 Remarks for Parliamentary Committee on Immigration, Minister of Manpower and Immigration, April 11, 1967. National Archives of Canada, RG 76 VOL. 823, File 552-1-567, pt. 2. 55 Memorandum to Cabinet, Re: A New Immigration Selection System: Amendments to the Immigration Regulations, Part I, National Archives of Canada, RG 76, VOL. 948, File SF-C-1-1, pt. 3. 56 Michael Gillan, “Point Count Will Assess Immigrants,” The Globe and Mail, September 14, 1967. 57 “Immigration: An end to hit-and-miss,” The Toronto Star, September 14, 1967. 49 Triadafilos Triadafilopoulos PhD Canadian officials wished to project both domestically and internationally.58 Marchand, Kent and their colleagues succeeded in crafting a relatively transparent, non-discriminatory immigration policy that opened Canada up to large-scale immigration from Asia, Africa, the Middle East and other “non-traditional” sources for the first time in the country’s history. Other reforms implemented during this time, including the expansion of the Assisted Passenger Loans Scheme, the opening of immigration processing facilities outside of Europe, and the establishment of an independent Immigration Appeals Board, secured the institutional prerequisites for an immigration regime open to all qualified applicants regardless of their “race.” Conclusion The notion that the points system was a functional response to changing economic conditions must be reconsidered. As I have endeavoured to point out, its origins are more complicated, and to my mind interesting, than the literature on Canadian immigration policy would suggest. Changes in normative standards in the postwar period made it extremely difficult to maintain Canada’s traditional identity as a white, European nation and this, in turn, compelled policymakers to reconsider the role of immigration in nation-building. By the early-1960s, they had concluded that discriminatory policies could no longer be maintained and that Canada must open itself to immigrants from “non-traditional sources.” The points system provided a means of making good on this promise while also responding to concerns regarding the consequences of immigration reform. Chief among these concerns was the perceived impact of sponsored immigration from “non-traditional” source regions. Policymakers wanted desperately to implement control over these flows; the points system’s 50 58 Department of Manpower and Immigration Information Service Project Instruction, no. 10/67 (Draft), July 1967. National Archives of Canada, RG 76, VOL. 965, File 5000-14-2, pt 13. Rethinking the Origins of the Canadian Immigration Points System true innovation lay in its ability to satisfy normatively driven calls for universality in the admission of independent immigrants, while granting officials a modicum of control over sponsored flows, thus assuaging their fears of rapid social change and attendant political consequences. This interpretation of the Canadian case may be usefully applied to better understand recent immigration policy-making in Germany. To begin with, it helps us see that the push for a migration law was not driven solely by economic concerns, as has oft been repeated by both German and foreign commentators. Rather the push for a managed immigration policy also has its roots in normatively driven politics of the 1990s, during which a range of political actors and civil society groups, including the SPD, the Green Party, churches, and trade unions, argued that such a move was needed to turn Germany away from its unsavoury past, toward a more tolerant, progressive and European future (Herbert 2001: 316; Marshall 2000: 146).59 As in Canada, immigration policy had a distinctively normative dimension that is typically neglected by approaches which privilege narrowly economic factors. And, as in Canada, this normative impetus was accompanied (and arguably attenuated) by a concomitant need to meet concerns regarding the impact of immigration on Germany. The emphasis German politicians and policymakers have placed on attracting highly skilled immigrants might be seen as a means of allaying their own fears of repeating the mistakes of the guest worker era, while also convincing a similarly wary German public of the acceptability of renewed immigration. These concerns are also reflected in the content of the 2004 law, beginning with its unwieldy title (“Act to Control and Restrict Immigration and to Regulate the Residence and Integration of EU Citizens and Foreigners”) and extending especially to Section 19, which sets the conditions for granting legal residency to highly skilled im- 59 Arguably, the task of adapting migration policy to meet postwar normative expectations began during the guest worker era. See Triadafilopoulos/Schönwälder (2006). 51 Triadafilos Triadafilopoulos PhD migrants from outside of the European Union (EU).60 These conditions are both extremely stringent and vague – determining who is to count as “highly skilled” is ultimately left to the discretion of officials at the Land level. As was the case with Canada’s 1962 Immigration Regulations, the 2004 Act’s primary aim is to maintain tight control over admissions to ensure that only “assimilable” immigrants succeed in gaining legal residency. The complement to this conservative approach to highly skilled immigration is a further tightening of family reunification rights, through the imposition of minimum age and language requirements on spouses from non-EU countries, and mandatory integration courses for those who do manage to gain entry into Germany, including children between the ages of 16-18.61 Here too, concerns over assimilability have driven the policy-making process. Just as Canada’s adoption of the points system grew out of the shortcomings of the 1962 Immigration Regulations, it is quite possible that Germany too will have to revisit its immigration policy to address needs that the current Act neglects, not least of which are continuing calls for increased immigration voiced by German employers. Renewed calls for a reconsideration of a “Canadian-style” points system – even after the passage of amendments to the Immigration Act in 2007 – suggest that the “modernization” of Germany’s immigration policy regime remains very much a work in process. 60 Residence Act, English translation, see http://www.zuwanderung.de/english/ downloads/aufenthgengl.pdf, p. 24. 52 61 The age and language requirements for spouses were introduced through amendments to the Act passed in 2007. Rethinking the Origins of the Canadian Immigration Points System References Blanchette, Arthur E. (Hg.) 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In Deutschland wird im Rahmen der Suche nach einem geeigneten Steuerungsmodell immer wieder vor allem auf Kanada als Vorbild verwiesen und die Adaption des dort praktizierten Punktesystems zur Einwanderungssteuerung empfohlen. Gerade in den letzten Jahren ist allerdings auch auf Fehlsteuerungen in Kanada hingewiesen worden. Die vielfach an Punktesysteme herangetragenen Erwartungen erweisen sich damit als nur sehr eingeschränkt erfüllbar. Weniger als der Steuerungsoptimismus der Migrationsforschung erstaunt allerdings die Erfolglosigkeit von Punktesystemen, da dabei lediglich generell planwirtschaftlichen Steuerungsverfahren immanente Probleme offensichtlich werden. Eine Empfehlung der Übertragung des kanadischen Steuerungsmodells auf Deutschland erscheint angesichts er- 56 Punktesysteme, Einwanderungsplanwirtschaft und marktwirtschaftliche Alternativen nüchternder Ergebnisse und vor dem Hintergrund marktwirtschaftlicher Steuerungsalternativen wenig ratsam. Allerdings erweisen sich die in Kanada gewonnenen Erfahrungen mit dem Punktesystem für Deutschland trotzdem dann als wertvoll, wenn man davon ausgeht, dass gerade der politisch sensible Bereich der Einwanderung nicht zuletzt aufgrund einer allgemeinen Skepsis gegenüber marktwirtschaftlichen Steuerungsverfahren nur sehr eingeschränkt marktwirtschaftlich reformierbar ist. 1. Einwanderungssteuerung und Selbstselektion „Makroökonomisch [kann es] nie zu viel, sondern nur zu wenig Migration geben“ (Straubhaar 2002: 55). Wirtschaftswissenschaftler haben wiederholt auf die grundsätzlich positiven Effekte von Mobilität hingewiesen (siehe z.B. Simon 1994; Straubhaar 1994; Straubhaar 2002) und den „Luxusgutcharakter“ der Immobilität (Straubhaar 2002: 54) betont. Trotz einer weit verbreiteten Einwanderungsskepsis1 wirken mit dem Schlagwort der Globalisierung verbundene internationale ökonomische Entwicklungstendenzen diesem Schließungswunsch entgegen. James Hollifield (1992) hat in diesem Zusammenhang den Begriff des „liberalen Paradoxes” geprägt, in dem Staaten sich befänden. Die Kosten der Selbstabschottung eines Landes steigen durch die weiter voranschreitende Etablierung der Weltwirtschaft. Offene Gesellschaften sind um ein Vielfaches besser in der Lage, ökonomischen Strukturwandel zu gestalten und können ihr Wachstumspotenzial durch hochqualifizierte komplementäre Zuwanderer erhöhen. Damit verliert die Option der kategorischen Nulleinwanderung durch die voranschreitende Globalisierung und eines weiteren „spread of market relations“ (Hollifield 1992: 216) an Attraktivität und wird dementsprechend in kaum einem Land ernsthaft erwogen oder gar umgesetzt. 1 Restriktive Einstellungen der Wahlbevölkerung hinsichtlich Einwanderung sind eine demoskopische Konstante in vielen Ländern. Vgl. für die USA Simon/Lynch (1999: 455-467) und für Deutschland Winkler (2003: 33-38). 57 Dr. Holger Kolb Aus dieser Perspektive muss es also umso mehr verwundern, wenn meist unter dem Schlagwort der „Einwanderung in die Sozialsysteme“2 Zuwanderung als volkswirtschaftliches Zuschussgeschäft und damit als gesellschaftliche Bedrohung wahrgenommen wird. Es steht zwar außer Zweifel, dass Migration gerade für generöse und universalistisch agierende Wohlfahrtsstaaten zu einem Problem werden kann; allerdings sind die dabei oftmals als „Migrationsprobleme“ beschriebenen Fehlsteuerungen „nicht spezifische Probleme der Migration, sondern generelle Probleme des Sozialstaats“ (Straubhaar 2002: 60). Systematisch liegt das in einer negativen Ausrichtung des Selbstselektionsmechanismus bei Migrationsprozessen durch umfangreiche Sozialleistungen begründet. In der Migrationsliteratur ist dieses Phänomen in dem so genannten Roy-Modell theoretisch präzisiert worden (Borjas 1987: 531-553). Generöse Wohlfahrtsstaaten mit einem hohen Dekommodifizierungsniveau, die Sozialansprüche weitgehend entkoppelt von früheren Einzahlungen gewähren und eine hohe Absicherung von ungünstigen Arbeitsmarktentwicklungen vorsehen, wirken damit vor allem für die Migranten attraktiv, die aufgrund ihrer Humankapitalausstattung vergleichsweise stark für Schwankungen der Arbeitsnachfrage anfällig sind. Daraus resultiert eine negative Selbstselektion in dem Sinne, dass Migranten mit einer niedrigen Humankapitalausstattung und einer hohen Wahrscheinlichkeit des Transferbezugs eine Migrationspräferenz in Länder mit hohen Sozialstandards aufweisen (Bauer 2002)3 und damit die Leistungsfähigkeit des von Nationalstaaten bereitgestellten Güterbündels für die Altmitglieder4 gefährden. Damit ist der Zusammenhang skizziert, warum Wohlfahrtsstaaten Einwanderung begrenzen oder mit anderen Worten nach außen eine „Ungleichheitsschwelle“ aufrechterhal- 58 2 So beispielsweise die damalige Oppositionsführerin Angela Merkel im Deutschen Bundestag am 01.03.2002 (222. Sitzung). 3 Für die wenigen empirischen Überprüfungen des Modells vgl. Borjas (1999: 607-637) und Brücker et al. (2001). 4 Die Gruppe der Altmitglieder besteht dabei aus den nicht-emigrierten Geburtsmitgliedern sowie den bereits eingewanderten Erwerbsmitgliedern. Punktesysteme, Einwanderungsplanwirtschaft und marktwirtschaftliche Alternativen ten (Stichweh 1998: 49-61) müssen. Die Tatsache, dass moderne Nationalstaaten vor allem Wohlfahrtsstaaten sind, begründet demnach die Steuerungsnotwendigkeit von Zuwanderung. 2. Modi der Einwanderungssteuerung: Kanada als „leuchtendes Beispiel“? Die Notwendigkeit der Einwanderungssteuerung ist mittlerweile allgemein anerkannt, die Radikaloptionen einer kategorischen Nulleinwanderung sowie einer Politik der offenen Grenzen erscheinen angesichts der geschilderten negativen Selbstselektionsgefahr einerseits und der Einbindung in weltwirtschaftliche Austauschprozesse andererseits nicht mehr praktikabel. Auch Deutschland als „unerklärtes“ (Thränhardt 1988) oder „zögerliches“ (Martin 1994) Einwanderungsland hat trotz der lange Zeit aufrechterhaltenen Illusion, kein Einwanderungsland zu sein, seit vielen Jahren Einwanderung gezielt und gesteuert zugelassen. Die wichtigsten Steuerungsinstrumente in diesem Zusammenhang waren zum einen Arbeitsverbote für bestimmte Zuwanderergruppen (z.B. Asylbewerber), das EU-Recht sowie die einen Ausnahmekatalog zum allgemeinen Anwerbestopp darstellende Anwerbestoppausnahmeverordnung (ASAV). Vor allem durch die Regelungen der ASAV sollte Hochqualifizierten aus dem Nicht-EU-Ausland die Einreise und ein befristeter Aufenthalt in Deutschland ermöglicht werden. Bei einer genauen Betrachtung des damit verbundenen bürokratischen Aufwands5 wurde allerdings schnell ersichtlich, dass die in der ASAV vorhandenen Regelungen zur Hochqualifiziertenanwerbung branchenübergreifend in relativ geringem Maße angewendet wurden (Moll/ Reichel 2001: 309-310; Meyer 2000: 118, 120) und die ASAV generell als bürokratisches, unübersichtliches und in hohem Maße 5 Eine Ausnahme diesbezüglich waren die seit 1998 ebenfalls in der ASAV geregelten unternehmensinternen Personaltransfers, die multinational operierenden Unternehmen eine vergleichsweise schnelle und unbürokratische Personalallokation ermöglichten. Siehe dazu ausführlich Kolb (2004). 59 Dr. Holger Kolb planwirtschaftliches Verfahren wahrgenommen wurde, das den Anforderungen einer effizienten Anwerbepolitik in keiner Weise gerecht wurde (Zimmermann et al. 2002: 230-231).6 Nicht zuletzt in Auseinandersetzung mit den unzureichenden und ineffizienten Steuerungsverfahren der ASAV ist in Deutschland von mehreren Seiten ein sich am kanadischen Beispiel orientierendes Punktesystem als Alternative vorgeschlagen worden.7 Vor allem der mittlerweile wieder aufgelöste Sachverständigenrat für Zuwanderung und Integration8 bewarb euphorisch die Einführung eines Punktesystems zur Steuerung von Arbeitsmigration, schreibt diesem „Transparenz, Flexibilität, Offenheit und Nachhaltigkeit“ (Sachverständigenrat für Zuwanderung und Integration 2004: 168) zu und sieht dessen Vorteile „in seiner Einfachheit und zugleich hohen Funktionalität, im verhältnismäßig geringen bürokratischen Aufwand und nicht zuletzt in der Flexibilität, mit der dieses Verfahren auf aktuelle Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt reagieren kann“ (2004: 171). Das 1967 eingeführte und 2001 letztmalig umfassend reformierte kanadische Punktesystem ermöglicht die Einwanderung qualifizierter Ausländer auch ohne Nachweis eines vorliegenden Arbeitsplatzes. Ganz im Trend einer Umstellung auf humankapitalbasierte Anwerbeverfahren (Bommes/Kolb 2005: 81) wirbt Kanada Zuwanderer auf einer generellen Basis von Qualifikationen 60 6 Die ASAV ist in das neue Zuwanderungsgesetz weitgehend übernommen worden; allerdings wurden für einige Gruppen wie etwa Wissenschaftler, Selbständige sowie Spezialisten, die ihre besonderen Kenntnisse durch ein Gehalt von mindestens dem Doppelten der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung nachweisen können, Verfahrensvereinfachungen durchgesetzt. 7 Der Vorschlag eines Punktesystems wird prominent in den Berichten der Süssmuth-Kommission (Unabhängige Kommission Zuwanderung 2001) und des Sachverständigenrats für Zuwanderung und Integration (2004) vertreten. 8 Über die politischen Motive der schnellen Abwicklung des Sachverständigenrats kann nur spekuliert werden, allerdings war es sicher ein nicht unerheblicher Geburtsfehler, dass der Rat eben nicht aus ausschließlich als Sachverständige anerkannten und in der Migrations- und Integrationsforschung ausgewiesenen Wissenschaftlern bestand, sondern korporatistischen Traditionen folgend neben zwei Wissenschaftlern auch Vertreter der Arbeitgeberverbände, der Gewerkschaften sowie der Kommunen als Mitglieder berufen wurden. Punktesysteme, Einwanderungsplanwirtschaft und marktwirtschaftliche Alternativen und Erfahrungen in ausgesuchten Berufsfeldern an. Die Auswahl erfolgt über ein Punktesystem, über das sich Bewerber anhand ihrer Qualifikation und Berufserfahrung, Sprachkompetenz, des Lebensalters oder der Integrationsfähigkeit für eine Zuwanderung qualifizieren können. Dabei muss eine bestimmte Mindestpunktzahl erreicht werden. Zugelassen wird die bestimmte vorab zu bestimmende Anzahl der Bewerber mit den höchsten Punktezahlen ohne Rücksicht auf das Herkunftsland. Ein Rechtsanspruch auf Einwanderung besteht nicht, auch wenn die erforderliche Punktzahl erreicht wird. 3. Ernüchterung und Ratlosigkeit: Warum ist das kanadische Modell schlechter als sein Ruf? Gerade in Deutschland lobten vor allem liberale Politiker und Wissenschaftler das kanadische Punktesystem als zukunftsweisendes und innovativstes Modell der Zuwanderungssteuerung.9 In Kanada selbst ist allerdings Ernüchterung eingekehrt. Das kanadische Punktesystem scheint deutlich schlechter zu funktionieren als sein guter Ruf in Europa suggeriert. Schmidtke (i.E.) spricht von einer auf den ersten Blick „paradoxen Situation“, dass „Kanada […] seine Einwanderer sorgfältig mit Blick auf Bildungstitel und Arbeitserfahrungen aus[wählt], doch […] es dann kaum [gelingt], diesen Neuankömmlingen berufliche Positionen zu eröffnen, die ihrer Qualifikation entsprächen.“ Bislang konnte noch keine Einigkeit über die Gründe des zunächst erklärungsbedürftig erscheinenden Misserfolgs erzielt werden. Ähnlich wie Triadafilopoulos (2006: 88), der vor allem eine nicht erfolgende Anerkennung von im Heimatland erworbenen Bildungsabschlüssen als Grund für eine langsame Arbeitsmarktintegration anführt, betont auch Reitz (2001: 366) eine mangelnde Flexibilität kanadischer Arbeitgeber. So würde fast ausschließlich in Kanada erworbenes spezifisches Humankapital für den Zugang zum Arbeitsmarkt als relevant anerkannt und würden damit Zuwande- 9 Siehe z.B. Straubhaar (2006) und Zimmermann (2006) oder den Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Zuwanderung der FDP-Bundestagsfraktion (BT-Drs. 14/3679). 61 Dr. Holger Kolb rer bei der Arbeitsmarktsuche entscheidend benachteiligt. Guo/ Andersson (2005) hingegen führen Vorbehalte gegenüber einer als fremd perzipierten Kultur von Zuwanderern aus nicht-europäischen Ländern als Hauptursache für die sich verschlechternde Arbeitsmarktintegration an. Trotz verschiedener Erklärungsansätze für das wenig erfolgreiche Funktionieren des kanadischen Systems ist allen vorgetragenen Erklärungsansätzen gemeinsam, dass sie die grundsätzliche Eignung des kanadischen Selektionsinstrumentes nicht in Frage stellen. Auch in Deutschland erfreut sich das kanadische Punktesystem noch einer ausgezeichneten Reputation. Bei einer systematischen Betrachtung des Punktesystems erscheint die Infragestellung der grundsätzlichen Eignung desselben allerdings als durchaus berechtigt. Die auch im kanadischen System notwendige Festlegung einer Höchstquote sowie die Definition von weitgehend willkürlich festzulegenden Punktekriterien erfordern die Einschaltung einer zentralen, sachfremden politischen Einflussnahmen ausgesetzten und dementsprechend manipulierbaren Behörde. Ein Punktesystem weist damit die typischen Probleme einer planwirtschaftlichen Lösung auf. Vor allem die als time-lag-Problematik10 bekannten Effekte des Auseinanderfallens der Verabschiedung einer Maßnahme und ihrer Wirkung weisen darauf hin, dass auf Arbeitsmarktänderungen nur zeitverzögert und nach einem bürokratischen Anpassungsprozess reagiert werden kann und das eigentliche Ziel der Bedarfsdeckung auf dem Arbeitsmarkt mit großer Wahrscheinlichkeit verfehlt wird. Darüber hinaus existieren keinerlei zielrelevante Informationen seitens potenzieller Arbeitgeber und der Migranten (Zimmermann et al. 2002: 174-176). Sowohl die 62 10 Mit dem Begriff des time-lag wird allgemein der Zeitraum zwischen der Verabschiedung einer Maßnahme und dem Einsetzen ihrer Wirkung bezeichnet. Für den Bereich der Einwanderungspolitik ist daher mit einiger Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass die zu einem Zeitpunkt t=0 festgesetzte Quote zum Zeitpunkt t=1, an dem die Quote in Kraft tritt, entweder den sich dezentral auf den Märkten ständig neu bildenden Bedarf an Arbeitskräften unterschreitet oder übertrifft. Damit wird die Effektivität eines Punktesystems zum Glücksspiel. Punktesysteme, Einwanderungsplanwirtschaft und marktwirtschaftliche Alternativen staatlichen Investitionen in eine Selektionsinfrastruktur als auch die seitens des Migranten geleisteten Investitionen in das jeweilige individuelle Migrationsprojekt können sich dabei als Totalverlust erweisen. Die Ursache für die relativ geringe Effektivität des Punktesystems ist daher das System selbst, da es die generell bei planwirtschaftlichen Verfahren auftretenden Fehlsteuerungen und Effektivitätsmängel lediglich reproduziert. 4. Marktwirtschaftliche Steuerungsalternativen zu Punktesystemen Wenn selbst das als einwanderungspolitisches Wundermittel gepriesene kanadische Punktesystem sich für eine effektive und effiziente Zuwanderungspolitik als nur sehr eingeschränkt geeignet erweist, liegt es nahe, über grundlegende Alternativen zu planwirtschaftlichen Einwanderungsregimen nachzudenken. Wenig überraschend produzieren planwirtschaftliche Steuerungsverfahren auch im Bereich der Einwanderungspolitik ineffiziente Ergebnisse. Es dürfte daher lohnend erscheinen, über einen einwanderungspolitischen Paradigmenwechsel und damit eine konsequente Umstellung der derzeit praktizierten Einwanderungsplanwirtschaft auf marktwirtschaftliche Verfahren nachzudenken.11 Entsprechende Vorschläge werden bereits seit einiger Zeit diskutiert (siehe Chiswick 1982). Es ist darauf hingewiesen worden, dass Einwanderungsregulierung zur Vermeidung einer negativen Selbstselektion der Migranten notwendig ist. Gerade ein wertvolles, den Selbstselektionsmechanismus für das Zielland negativ beeinflussendes Paket an wohlfahrtsstaatlichen Leistungen und Kollektivgütern vermag als Magnet für Migranten zu wirken, die ausschließlich zum Sozialleistungsbezug einreisen. Auch eine marktwirtschaftliche Einwanderungssteuerung steht 11 Dabei ist die gängige Terminologie durchaus unscharf, denn auch in einer Marktwirtschaft wird natürlich geplant. Allerdings unterscheiden sich die Planungsebenen grundsätzlich. Während in einer Marktwirtschaft die Planungsprozesse dezentral ablaufen, ist in einer Planwirtschaft dafür eine zentrale Behörde zuständig. Engel (2001: 1-24) beschreibt den marktwirtschaftlichen Planungsmodus zutreffend als: „Jeder plant für sich.“ Der von Walter Eucken geprägte Begriff der Zentralverwaltungswirtschaft ist damit sicher präziser. 63 Dr. Holger Kolb demnach vor der Herausforderung, die geschilderte negative Magnetwirkung von Wohlfahrtsstaaten aufzuheben. Systematisch ist dies über zwei Wege möglich: Zum einen könnte das wohlfahrtsstaatliche Bündel an Leistungen und Gütern Migranten für eine gewisse Zeit verweigert werden. Alternativ könnte das Leistungsbündel verkauft bzw. versteigert werden. Jeder Zuwanderer müsste demnach einen dem Leistungsbündel entsprechenden Eintrittspreis entrichten bzw. die Höhe seiner Zahlungsbereitschaft für das Einwanderungsrecht offenbaren. Erstere Möglichkeit ist jüngst von einigen niederländischen Wissenschaftlern vorgeschlagen worden. In Doomerniks Vorschlag von „Open Borders, Close Monitoring“ (Doomernik 2006) werden offene Grenzen damit durch den zumindest temporären Ausschluss von Migranten von wohlfahrtsstaatlichen Leistungen erkauft. Der wohlfahrtsstaatlich für das Zielland negativ umgestellte Selbstselektionsmechanismus ist damit wieder korrigiert. Ganz ähnlich argumentiert Emmer (2002), der seine Forderung nach „mehr Markt“ in der Einwanderungssteuerung ebenfalls über die temporäre Aussetzung der Gewährung wohlfahrtsstaatlicher Leistungen an Migranten erreichen möchte. In diesem Fall würden gerade die „Millionen Zuwanderer aus anderen Kontinenten […], von denen ein Großteil schlecht ausgebildet ist und deshalb ohne Hilfe wenig Chancen hätte, in Europa eine Existenz aufzubauen“ schnell realisieren, dass es „keinen Sinn macht, in Europa zu bleiben, dass sie zu Hause mehr Chancen haben“ (Emmer 2002: 66; ähnlich auch Teulings 1995). Nur diejenigen, die sich selbst ihren Lebensunterhalt verdienen können und damit über Steuern und Beiträge einen positiven Beitrag zur Finanzierung und Aufrechterhaltung des staatlichen Gemeinwesens leisten könnten, könnten sich damit für die Einwanderung 64 Punktesysteme, Einwanderungsplanwirtschaft und marktwirtschaftliche Alternativen qualifizieren.12 Alternativ in der Konzeption, aber identisch in der Wirkung ist der Vorschlag von Becker (1992), der als marktwirtschaftlich nahe liegenden Mechanismus der Zuwanderungssteuerung den staatlichen Verkauf von Einwanderungsrechten an interessierte Zuwanderer vorgeschlagen hat.13 Als staatliche Vorgabe ist dabei lediglich der Preis für das Zutrittsrecht notwendig. Jeder zahlungsbereite Zutrittswillige, der neben der Zahlung einige wenige grundlegende, leicht überprüfbare persönliche Voraussetzungen wie Vorstrafenfreiheit14 sowie die Abwesenheit ansteckender schwerer Krankheiten erfüllt, erhält damit Zutritt und einen sicheren permanenten Aufenthaltsstatus mit anschließender Einbürgerungsoption. In dieser Variante hat der Zuwanderer anders als bei Doomernik und Emmer uneingeschränkten und sofortigen Zugriff auf das Bündel wohlfahrtsstaatlicher Leistungen, da er diesen mit der Entrichtung des Eintrittspreises erworben hat. In der Wirkung sind beide Konzeptionen identisch.15 12 Emmer ist sich bewusst, dass gerade die von ihm erwähnten „naiven Gutmenschen, die in allen Migranten arme Asylsuchende sehen, die sie am liebsten an ihr Herz drücken möchten“ seinen Vorschlag als unfair empfinden dürften, da dessen Realisierung in eine Zwei-Klassen-Gesellschaft hinsichtlich wohlfahrtsstaatlicher Leistungen und Nutzungsansprüchen von Kollektivgütern münden würde. Dem ist grundsätzlich nicht zu widersprechen, allerdings muss dabei – wie von Stichweh (2005: 152) angesprochen – berücksichtigt werden, dass ein weitaus höheres Maß an internationaler Ungleichheit aus der Geburt als primärem Zuteilungsmechanismus von Staatsmitgliedschaft hervorgeht und mit der Einteilung der Weltbevölkerung in Nationalstaaten verbunden ist. Eine großzügige Alimentierung von Personen, die in ihren Heimatländern vergleichsweise bessergestellt und daher in der Lage sind, nach Europa zu migrieren, ist also selbst aus einer Gerechtigkeitsperspektive nur schwer zu begründen. 13 Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist auch, dass die Unabhängige Kommission Zuwanderung (2001: 106-107) die Anwendung der Preissteuerung explizit empfahl, diese Option im anschließenden Gutachten des Sachverständigenrats allerdings nicht mehr thematisiert wurde. 14 Darunter fällt auch eine mögliche Regelanfrage an den Verfassungsschutz zur prophylaktischen Überprüfung der Verfassungstreue eines Bewerbers. 15 Jenseits aller hier nicht weiter thematisierbaren juristischen Aspekte einer Karenzzeit für Sozialleistungen für Zuwanderer ist die zentrale Schwäche des Vorschlags von Doomernik und Emmer technischer Natur. Ihr Vorschlag ist gegenüber der Verkaufs- und Versteigerungslösung weniger praktikabel, da einige Bestandteile des Kollektivgüter- und wohlfahrtsstaatlichen Leistungsbündels Zuwanderern nur unter unverhältnismäßig hohen Kosten vorenthalten werden können und diese damit kaum exkludierbar sind. Dies betrifft klassische Kollektivgüter wie auch ein Mindestmaß an sozialer Sicherung wie elementare Gesundheitsleistungen und Nahrungsmittelversorgung. 65 Dr. Holger Kolb Auch durch die Erhebung eines Eintrittspreises wird der für das Zielland durch umfangreiche Eingriffe in die Primärverteilung des Marktes negativ ausgerichtete migratorische Selbstselektionsmechanismus wieder korrigiert. Als hinsichtlich des Effizienzkriteriums optimal erweist sich die Versteigerungsvariante (Zimmermann et al. 2002: 178-180), die einer vorab fest definierten Zahl von Migranten, die dem Einwanderungsrecht den höchsten Wert beimisst, die Einwanderung und Niederlassung gewährt. Während im Vorschlag der Erhebung eines Eintrittspreises die Höhe des Preises einseitig von staatlicher Seite festgelegt werden muss, ist im Auktionsverfahren die Einwanderungshöchstmenge festzulegen.16 Gegenüber den vorgeschlagenen und politisch prominent diskutierten Punktesystemen heben sich die geschilderten marktwirtschaftlichen Varianten sowohl durch eine verbesserte Effizienz als auch durch eine erhöhte Effektivität ab. Effektivitätssteigernd wäre ein Verkauf, eine Versteigerung oder eine temporäre Aussetzung der Gewährung wohlfahrtsstaatlicher Leistungen als Einwanderungssteuerung gegenüber praktizierten und diskutierten planwirtschaftlichen Systemen, da ein marktwirtschaftliches Steuerungssystem sich des unendlichen Wissens der Marktteilnehmer bedient und damit automatisch die Einwanderungswilligen den Eintrittspreis bezahlen und sich nie- 66 16 Während die Versteigerung als effizienteste Lösung gelten kann, liegen die Stärken des Verkaufs in der leichteren Bestimmbarkeit des Preises gegenüber der Höchstmenge im Versteigerungssystem. Es ist mit einiger Berechtigung zu erwarten, dass der Wert des über Zuwanderung nutzbaren Leistungsbündels und damit des Eintrittspreises sich objektiver und von weniger politischen und sachfremden Erwägungen belastet bestimmen lässt als eine Zuwanderungshöchstquote. Kritiker der Eintrittspreislösung ziehen sich oft auf technische Aspekte zurück und argumentieren, dass der Eintrittspreis nur schwer zu errechnen sei (de Lange et al. 2003). Siehe für einschlägige Versuche aber Roodenburg/Euwals/ ter Rele (2003) und auch Sinn et al. (2001), kritisch dazu von Loeffelholz (2004) et al. Zudem kann vermutet werden, dass bei der Verkaufslösung die legalen Einwanderungsmöglichkeiten zugeschriebene Wirkung in der Bekämpfung illegaler Migration deutlicher zu Tage tritt als bei einem Versteigerungsverfahren. Potenzielle illegale Migranten, denen eine eher niedrige Preiselastizität der Nachfrage nach Einwanderungsrechten unterstellt werden kann, dürften bei einem Verfahren, das ihnen unter der Voraussetzung der Entrichtung eines feststehenden Eintrittspreises ein Einreiserecht garantiert, eher auf die Alternative der illegalen Einreise verzichten als bei dem Versteigerungsansatz, bei dem auch nach Abgabe des Gebots Unsicherheit über die Zutrittserlaubnis besteht. Punktesysteme, Einwanderungsplanwirtschaft und marktwirtschaftliche Alternativen derlassen bzw. die potentiellen Migranten, die das Land benötigt, auf wohlfahrtsstaatliche Sicherung verzichten. Versteht man Migration als individuelle Investitionsentscheidung17 und erkennt man die Nutzen maximierenden Motive der Migranten an, so wird deutlich, dass es über die „unsichtbare Hand“ des Marktmechanismus automatisch zu einem effizienten matching zwischen Zuwanderer und Zuwanderungsland in der Form kommt, dass nur Individuen sich zur Einwanderung entscheiden, die sich von ihrer geographischen Mobilität eine positive und die Kosten der Migrationsinvestition18 amortisierende Rendite erhoffen. Dies ist vor allem bei mit im Zielland besonders knappen Qualifikationen ausgestatteten Personen zu erwarten. Damit ist ein über den Verkauf bzw. die Versteigerung von Zuwanderungsrechten oder ein über eine Aussetzung wohlfahrtsstaatlicher Ansprüche operierendes Steuerungssystem ebenso wie ein Punktesystem selektiv, allerdings setzt es im Gegensatz zu den planwirtschaftlichen Alternativen lediglich den Rahmen für eine positive Selbstselektion potenzieller Zuwanderer. Darüber hinaus ist unschwer zu erkennen, dass sowohl das Verkaufs-/Versteigerungs- als auch das über die Aussetzung von wohlfahrtsstaatlichen Ansprüchen operierende Steuerungsverfahren gegenüber Punktesystemen als weitaus effizienter angesehen werden kann, da als notwendige staatliche Infrastruktur lediglich eine kleine Behörde zur Überprüfung des Zahlungseingangs, der Straffreiheit sowie eines Gesundheitszeugnisses notwendig ist und auf die sowohl im kanadischen System wie auch im Alternativvorschlag des Sachverständigenrates notwendigen aufwändigen Prüfverfahren verzichtet werden kann. 17 Vgl. in diesem Zusammenhang den grundlegenden Beitrag von Sjastaad (1962: 83), der Migration “as an investment increasing the productivity of human resources, an investment which has cost and which also renders returns” betrachtet. 18 Diese bestehen im Wesentlichen aus den Reisekosten, der Eintrittsgebühr sowie aus Abschreibungskosten auf im Herkunftsland erworbenes, im Zielland allerdings nicht nutzbares Humankapital. 67 Dr. Holger Kolb 5. Von Kanada lernen? Perspektiven der Einwanderungssteuerung in Deutschland Es bedarf keiner großen hellseherischen Fähigkeit, die Umsetzungschancen einer konsequent marktwirtschaftlichen Lösung im Politikfeld der Einwanderungspolitik als äußerst gering einzuschätzen. Marktwirtschaftliche Lösungen haben politikfeldübergreifend eine denkbar schlechte Reputation. Bruno Frey (1990: 139-161) hat vier mögliche Gründe für das geschilderte Imageproblem herausgearbeitet: unvollständige und unzureichende Informationen, eine mangelnde fairness des Preismechanismus, unerwünschte Verteilungseffekte und zerstörerische Wirkungen auf die Moral. Vor allem eine mangelnde fairness der Anwendung des Preismechanismus für das Feld der Einwanderung dürfte als Argument gegen ein marktwirtschaftliches Verfahren zur Anwendung kommen, da es als ungerecht wahrgenommen werden dürfte, von Zutrittswilligen einen Eintrittspreis zu verlangen, Zutrittsrechte zu versteigern oder ihnen Sozialleistungen zu verweigern, wenn diese nach ihrer Einwanderung voll steuer- und abgabenpflichtig sind und damit ihren Beitrag zur Aufrechterhaltung und zum Ausbau des staatlichen Kollektivgüterbündels leisten. In dieser Argumentation wird allerdings übersehen, dass der Eintrittspreis auch für bereits abbezahlte Kollektivgüter sowie für das „gemeinsame Inventar von öffentlichen (Klub)Gütern [sic!], Traditionen, Normen und Gesetzen, die in der Vergangenheit teils in hartem politischen Ringen etabliert, teils aber auch im allmählichen gesellschaftlichen Prozess herausgebildet wurden“, erhoben wird (Straubhaar 2003: 81). Die Erhebung eines Eintrittspreises wäre also schon allein deshalb gerechtfertigt, da dem Preis für das Zutrittsrecht eine konkrete Leistung gegenübersteht. Für den Bereich der Einbürgerungspolitik erscheint selbst die Einschätzung von Schelling (1997: 146), dass es im Bereich der Umweltpolitik zwanzig Jahre gedauert hat, bis ausgearbeitete wirtschaftswissenschaftliche Ansätze Eingang in die Umwelt- 68 Punktesysteme, Einwanderungsplanwirtschaft und marktwirtschaftliche Alternativen politik gefunden haben19, als unrealistisch. Für die Einwanderungspolitik als einem immer noch leicht emotionalisierbaren Politikfeld (siehe exemplarisch Thränhardt 1993: 336-357) dürften auch realisierbare Effizienzgewinne eine konsequente marktwirtschaftliche Umstellung kaum wahrscheinlicher machen. Eher ist davon auszugehen, dass eine staatliche Planungshoheit und damit der bekannte planwirtschaftliche Ansatz der Einwanderungssteuerung bestehen bleiben. Dies mag zwar bedauerlich sein, lässt sich aber vermutlich auf absehbare Zeit nicht ändern. Zugleich wird damit das kanadische Punktesystem wieder zu einer interessanten Option für Deutschland, wenn man nicht nach dem theoretisch optimalen, sondern nach dem optimalen und gleichzeitig politisch zumindest mittelfristig umsetzbaren System der Einwanderungssteuerung fragt. Joseph Stiglitz’ (1998: 5) fast verzweifelt vorgetragene Frage: “Why is it so difficult to implement even Pareto improvements?” illustriert, dass Effizienz und politische Umsetzbarkeit oftmals in einem konfligierenden Verhältnis stehen. Deutschland kann von Kanada daher im Bereich einer politisch umsetzbaren Einwanderungspolitik lernen. Denn wenn man davon ausgeht, dass eine konsequente Umstellung auf ein marktwirtschaftliches Steuerungsverfahren in naher Zukunft in Deutschland kaum realisierbar ist, muss es darum gehen, das bestehende System einer Einwanderungsplanwirtschaft – denn nur planwirtschaftliche Lösungen erscheinen politisch derzeit umsetzbar – zu optimieren. 19 Nicht zuletzt aufgrund von Ineffizienzen der sich hauptsächlich des Lenkungsinstruments des Ordnungsrechts bedienenden Umweltpolitik wurde im Oktober 2003 auf europäischer Ebene eine Emissionshandelsrichtlinie (2003/87/EG) verabschiedet, die die EU-Mitgliedstaaten verpflichtete, nationale Allokationspläne zur Umsetzung des Emissionshandels zu erstellen. Emittenten wird dabei eine begrenzte Menge von Emissionsrechten zugewiesen und es bleibt diesen überlassen, ob sie sich für eine über eine Anlagenmodernisierung erreichbare Emissionsreduktion oder einen Zukauf von Emissionsrechten entscheiden. Damit werden im Gegensatz zum Ordnungsrecht, das eine akteursübergreifende Emissionsreduktion jenseits von Effizienzüberlegungen postuliert, unter Nutzung des Marktmechanismus. Einsparungen auf die kostengünstigste Art verwirklicht (Hansjürgens 1998). 69 Dr. Holger Kolb Der kanadische Weg der Einwanderungssteuerung kann damit für Deutschland ein lehrreiches Beispiel sein, da dieser im Vergleich mit anderen planwirtschaftlichen Verfahren und Vorschlägen gut abschneidet. Das gilt zum einen für das in Deutschland lange Zeit praktizierte und hoch diskretionäre Verfahren der Anwerbung über die Ausnahmetatbestände der Anwerbestoppausnahmeverordnung, auf dessen Schwächen bereits hingewiesen wurde, und zum anderen für das vom Sachverständigenrat für Zuwanderung und Integration vorgeschlagene indikatorengestützte Steuerungssystem, das durch den Einbau von zwei Prüfschritten vergleichsweise bürokratisch konzipiert wurde und darüber hinaus das Ziel einer effektiven Zuwanderungssteuerung aus technisch-administrativen Gründen kaum erreichen kann. In dem vom Sachverständigenrat vorgeschlagenen System soll Zuwanderungsbedarf in einzelnen Segmenten des Arbeitsmarktes über die jeweilige Arbeitslosen- und Vakanzquote identifiziert werden. Referenzgröße für die Zahl zuzulassender ausländischer Arbeitskräfte in den einzelnen Teilarbeitsmärkten ist wiederum die Vakanzquote, die durch die Zulassung ausländischer Arbeitnehmer in den entsprechenden Teilarbeitsmärkten auf ein durchschnittliches Niveau abgesenkt werden soll. Schäfer (2004: 14), der im Auftrag des Sachverständigenrates das Indikatorensystem für Deutschland getestet hat, weist in aller Deutlichkeit darauf hin, dass das von der Vakanzquote vermittelte Zerrbild von Arbeitsmarktengpässen „eine gewichtige Schwäche der vorgeschlagenen Indikatorik“ darstellt. Konkret liegt die Schwäche der Vakanzquote darin, dass sie lediglich die Zahl der gemeldeten offenen Stellen umfasst. Daten des Instituts für Arbeitsforschung und Berufsforschung (IAB) weisen darauf hin, dass die Meldequote aller offenen Stellen lediglich bei einem Drittel liegt. Unter der realistischen Annahme, dass gerade im Hochqualifiziertensegment zu den Arbeitsagenturen alternative Wege der Personalrekrutierung eingesetzt werden, sind eine systematische Überschätzung des Arbeitskräftebedarfs im Niedrigqualifikati- 70 Punktesysteme, Einwanderungsplanwirtschaft und marktwirtschaftliche Alternativen onsbereich sowie eine systematische Unterschätzung des Bedarfs im Hochqualifiziertensegment zu erwarten. Eine effektive Zuwanderungspolitik wird damit in hohem Maße erschwert. Unter den verfügbaren planwirtschaftlichen Alternativen erscheint das kanadische System damit durchaus interessant. Zumindest gegenüber den in Deutschland praktizierten bzw. vorgeschlagenen Alternativen der Einzelfallprüfung über die ASAV und des indikatorengestützten Anwerbesystems erweist sich das Punktesystem als vergleichsweise unbürokratische, transparente und zielführende Methode. In diesem besteht die Möglichkeit, durch eine bestimmte Schwerpunktsetzung in der Punktevergabe bestimmte Zuwandererprofile verstärkt anzusprechen. Dabei ist zwar – wie das kanadische Beispiel lehrt – von einer nur eingeschränkten Effektivität und einem nicht unerheblichen Maß an Fehlsteuerungen in der Form auszugehen, dass die Zuwandererprofile sich von den im Land nachgefragten Qualifikationsanforderungen unterscheiden. Dies ist allerdings der generelle Preis einer oftmals ideologisch motivierten Marktskepsis. Im kanadischen Modell scheint dieser wenigstens geringer als in anderen planwirtschaftlichen Steuerungsverfahren. Dies gilt in besonderem Maße für die bislang in Deutschland praktizierte Einwanderungssteuerung. Während bereits die ASAV als notorisch erfolglos und zur Anwerbung von knappen Arbeitskräften ungeeignet galt, erweisen sich auch die moderaten Liberalisierungen im Rahmen des Zuwanderungsgesetzes (ZuwG) als wenig effektiv. Das Zuwanderungsgesetz behielt zwar den seit 1973 geltenden allgemeinen Anwerbestopp aufrecht, ermöglichte aber einigen Gruppen unter bestimmten Voraussetzungen die Einreise. Neben der erleichterten Einreise ausländischer Wissenschaftler ermöglicht das Zuwanderungsgesetz auch Spezialisten und leitenden Angestellten mit besonderer Berufserfahrung, die ein Gehalt in Höhe von mindestens dem Doppelten der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten, eine Einreise- und Aufenthaltsmöglichkeit. Die äußerst geringe Zahl von 71 Dr. Holger Kolb wenigen hundert Hochqualifizierten, die von dieser Möglichkeit im ersten Jahr Gebrauch machten,20 weist allerdings darauf hin, dass die erweiterten Möglichkeiten des Zuwanderungsgesetzes gegenüber der Einwanderungssteuerung über die ASAV eine Verbesserung darstellen, aber dennoch weit von einer effektiven und den Erfordernissen des inländischen Arbeitsmarktes Rechnung tragenden Steuerungsregelung entfernt sind. Gegenüber dem gegenwärtigen Status quo der Zuwanderungssteuerung in Deutschland stellt das kanadische System trotz der bekannten und skizzierten Mängel einen Qualitätssprung hinsichtlich der Effizienz dar. Nicht so sehr die überragenden Ergebnisse seiner Steuerungsqualität, sondern das Paket aus Steuerungseffektivität und politischer Kommunizierbarkeit vermag dabei zu überzeugen. 72 20 Eine Mehrheit der Hochqualifizierten, denen nach § 19 des neuen Aufenthaltsgesetzes eine Niederlassungserlaubnis gewährt wurde, ist zudem nicht neu nach Deutschland eingereist, sondern befand sich bereits im Land und ist lediglich von einem anderen Aufenthaltstitel auf die neue Niederlassungserlaubnis umgestiegen. Punktesysteme, Einwanderungsplanwirtschaft und marktwirtschaftliche Alternativen Literatur Bauer, Thomas K. (2002): Migration, Sozialstaat und Zuwanderungspolitik, in: Vierteljahreshefte zur Wirtschaftsforschung 71(2), 249-271. Becker, Gary (1992): Eintrittspreise für Immigranten. 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Die nordamerikanische Freihandelszone NAFTA, die Kanada, Mexiko und die USA umfasst, bildet dazu zumindest auf wirtschaftlichem Gebiet das nordamerikanische Pendant. Wir leben zugleich in einer Welt, in der es nicht allein um politische Integration, um wirtschaftliche Prosperität und um soziale Gerechtigkeit, sondern auch und nicht zuletzt um kulturelle Integration, um die „Anerkennung des Anderen“ (Habermas 2005a) und damit um die Gestaltung des Verhältnisses zwischen Mehrheits- und Minderheitskulturen, um die Akzeptanz alternativer Lebensstile und religiöser Überzeugungen geht, und zwar vor Ort, in der Kommune wie auf einzelstaatlicher oder suprastaatlicher Ebene. Zum Verständnis dieser und ähnlicher Integrationsfragen vermögen die Erfahrungen des von Beginn an multikulturellen und multinationalen Kanada ganz sicher einen wichtigen Beitrag * 78 Bei dem Beitrag handelt es sich um die erweiterte Fassung des am 09.11.2006 präsentierten Vortrags. Nina Gerstenkorn und Miriam Hahn sei für ihre Hilfe bei Vorbereitung und Ausarbeitung der Präsentation herzlich gedankt. Multikulturalismus-Politik - „made in Canada“ zu leisten. Um Missverständnisse zu vermeiden, sind vorab indes noch zwei Vorbemerkungen geboten. Selbstverständlich kennt auch die kanadische Gesellschaft Gewalt und militante Auseinandersetzungen. Auch Kanada hat seine Erfahrungen mit dem nationalen Terrorismus, auch wenn sie weit zurückliegen. Zum Beispiel im Jahre 1970 die Entführung und Ermordung eines britischen Diplomaten und eines Ministers der Quebecker Provinzregierung durch die marxistische und separatistische FLQ, der Front de Libération du Québec, was den damaligen Premierminister Pierre Elliott Trudeau zur Verhängung des Ausnahmezustandes veranlasste. Ebenso kennt die kanadische Gesellschaft militante Konfrontationen zwischen Gruppen der autochthonen First Nations und der „Staatsmacht“ der Mehrheitsgesellschaft, etwa wenn die Mehrheitsgesellschaft allzu offenkundig und rechtswidrig in die traditionelle Lebensweise der Inuit und Indianer eingreift oder deren Rechte mit Füßen tritt. Erinnert sei nur an die so genannte „Oka-Krise“ des Jahres 1990, als nahe Montreal die weiße Mehrheitsgesellschaft auf einem heiligen Ort der Mohawk-Indianer einen Golfplatz errichten wollte. Dennoch – und insbesondere verglichen mit den Gewaltverhältnissen im Lande des US-amerikanischen Nachbarn – ist Kanada eine weit friedlichere, sogar im Grunde eine bis heute noch immer friedliche Gesellschaft. Dies gilt für Grad und Ausmaß der individuellen Gewaltkriminalität. Es gilt aber auch für die ethno-kulturellen Konflikte. Dies ist zum einen die Konsequenz eines – im Vergleich zur US-Gesellschaft – weit weniger individualistisch-liberalen und marktradikalen, sondern eines eher liberalkonservativen und auch etatistisch geprägten Wertesystems. Motto und Grundverständnis der beiden Verfassungen drücken dies aus. Die US-amerikanische Unabhängigkeitserklärung bekennt sich nicht von ungefähr als oberstem Ziel zu „Life, Liberty, and the Pursuit of Happiness” eines jeden Bürgers. Das Motto der kanadischen Verfassung hingegen lautet bezeichnenderweise: „Peace – Order and Good Government”. 79 Prof. Dr. Rainer-Olaf Schultze Die weit friedlichere Existenz folgt zum zweiten aus einem von Beginn an anderen Verständnis gesellschaftlicher und insbesondere ethno-kultureller Integration – was wiederum selbstverständlich nicht heißt, dass die Prozesse konfliktfrei waren bzw. sind – aber sie gestalteten sich in der Vergangenheit eben doch im großen Ganzen friedlich. Damit bin ich dann auch schon beim Thema des Beitrages, nämlich bei den Fragen: – Erstens: Wie gehen die Kanadier mit ihren multikulturellen Integrationsproblemen um? Und zweitens: Was kann man aus den kanadischen Erfahrungen möglicherweise für die eigenen deutschen Integrationsprobleme lernen? 2. Kanadas ethnisches Mosaik im Wandel der Zeit – Ein kursorischer Überblick In Immigrationsgesellschaften und insbesondere in den klassischen Einwanderungsgesellschaften der Moderne, zu denen neben den USA, Australien und den lateinamerikanischen Ländern die kanadische Gesellschaft exemplarisch zählt, stellt sich das Spannungsverhältnis zwischen individueller Integration und der Wahrung und dem Fortbestand kollektiver Identitäten auf besondere Weise dar. Ein kursorischer Überblick über die Entwicklung des ethnischen kanadischen Mosaiks ist deshalb angebracht. In Kanada, dem flächenmäßig nach Russland zweitgrößten Land der Erde, leben gegenwärtig knapp 33 Millionen Menschen, und zwar überwiegend in wenigen metropolitanen beziehungsweise großstädtischen Regionen wie in den Regionen um Halifax, Montreal, Ottawa, Toronto, Winnipeg, Edmonton/Calgary und Vancouver. Das Land ist von Beginn an Immigrationsgesellschaft, besiedelt während verschiedener und unterschiedlich langer Einwanderungswellen. Im 20. Jahrhundert waren bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges deutlich 80 Multikulturalismus-Politik - „made in Canada“ über 20 Prozent der Bevölkerung nicht im Lande geboren. Seit den 1950er Jahren sind es kontinuierlich zwischen 14 und 16 Prozent. Im letzten Jahrzehnt lag die Zahl der Einwanderer jährlich bei zwischen 250.000 und 300.000, also bei knapp einem Prozent der Bevölkerung. Dies entspricht einer prozentual höheren Einwanderung nach Kanada als beispielsweise in die USA und nach Australien. Durch den Einwanderungscharakter hat sich die soziale und kulturelle Struktur des Landes mehrfach grundlegend verändert, da push- und pull-Faktoren von Einund Auswanderung selbstverständlich unterschiedlichen Kontextbedingungen unterliegen. Wichtig hervorzuheben ist in unserem Zusammenhang: Die Ureinwohner hatten den amerikanischen Kontinent mit einer großen Zahl von Kulturen viele Jahrtausende lang allein bewohnt. Heute sind sie durch die neuzeitliche Einwanderung auf kleine, sehr multikulturelle Gruppen und Minderheiten reduziert. Die Founding Nations (Anglo- und Frankokanadier) kamen seit dem 17. Jahrhundert ins Land – zunächst die Franzosen, dann im Osten, am Atlantik, auch die Briten; seit dem 18. Jahrhundert siedelten verstärkt britische Kolonisten (Engländer, vor allem aber auch Schotten und Iren), wobei in den Jahren unmittelbar nach dem US-amerikanischen Unabhängigkeitskrieg einige Tausend als so genannte United Empire Loyalists auch aus dem Süden, den damaligen USA, einwanderten. Die britische Kolonialmacht versuchte zweimal – nach 1763 und ab 1840 – eine Politik der Assimilierung vis-àvis den Quebeckern durchzusetzen. Sie gab beide Versuche aber vergleichsweise schnell auf und erkannte die rechtliche, die kulturell-religiöse, die kulturell-sprachliche und die religiös-schulische Eigenständigkeit der 81 Prof. Dr. Rainer-Olaf Schultze 82 frankophonen Quebecker an. Im Zuge der Staatsgründung garantierte der kanadische Föderalismus durch den British North America Act, die kanadische Verfassung, seit 1867 die Existenz Quebecs und seiner Bevölkerung als kulturell, aber auch politisch (lange Zeit nicht jedoch ökonomisch) frankophon dominierter Provinz. Anglo- und Frankokanadier bildeten seither die beiden zahlenmäßig, kulturell und politisch dominanten Gruppen Kanadas. Vor einem Jahrhundert stellten sie 90 Prozent der Bevölkerung, seitdem geht ihr Anteil kontinuierlich zurück. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts waren die frankokanadischen Quebecker noch in der Mehrheit. Sie verloren ihren Mehrheitsstatus um ca. 1850 aufgrund fehlender Einwanderung aus Frankreich. Den Quebeckern blieb allein la revanche des berceaux, die „Rache der Wiegen“. Der Bevölkerungsanteil der Provinz an der kanadischen Gesamtbevölkerung liegt heute bei knapp unter 25 Prozent. Die (nicht-britischen oder nicht-französischen) europäischen Minderheiten kamen in zwei Wellen ins Land: seit Ende des 19. Jahrhunderts zur Besiedlung des agrarischen Westens und nach dem Zweiten Weltkrieg – unter den Bedingungen des industriewirtschaftlichen Nachkriegsbooms der 1950er Jahre. Sie stellen heute ca. ein Drittel der Kanadier. Die so genannten visible minorities kamen verstärkt erst nach dem grundlegend veränderten Einwanderungsrecht ab 1967 ins Land – ein Einwanderungsgesetz, das „farben- und ethnien-blind“ ist und das auf Kriterien wie Berufs- und Bildungsqualifikation, auf Alter, Sprache, Familienzusammenführung und Asylgewährung ausgerichtet ist (vgl. Triadafilopoulos in diesem Band). Multikulturalismus-Politik - „made in Canada“ Tabelle 1: Das ethnische Mosaik Kanadas Darstellung verändert übernommen von Geißler (2003: 20). a gemäß Tabelle “Ethno-Cultural Portrait of Canada”: Topic- based Tabulations: 97F0010XCB2001044. b gemäß Tabelle “Ethno-Cultural Portrait of Canada”: Selected Ethnic Origins, for Canada, 20% Sample Data. Angaben ohne Klammern bei Europäischen Minderheiten / Founding Nations / First Nations beruhen auf Selbsteinschätzung von insgesamt 18,3 Mio. Personen, die sich nur einer ethnischen Gruppe zuordnen. Angaben in Klammern beruhen auf Selbsteinschätzung von insgesamt 11,3 Mio. Personen mit Mehrfachnennungen bei der Zuordnung zu ethnischen Gruppen. Quelle: www.statcan.ca, Datenbasis: Zensus 2001. Tabelle 1 kombiniert Basisinformationen zur historischen, demographischen und lebensweltlichen Dimension und informiert grob über den Beginn der Einwanderung der einzelnen Ethnien und damit auch über die Dauer ihrer Existenz in der kanadischen Gesellschaft; sie informiert auf der Basis der Selbstbezeichnung im Zensus von 2001 über die ethnischen Zuordnungen nach Hauptgruppen. Die Tabelle lässt damit Schlüsse über 83 Prof. Dr. Rainer-Olaf Schultze die ethnisch-kulturelle Homogenität der kanadischen Familien, aber auch über den hohen und weiter steigenden Anteil von so genannten intermarriage-Familien zu. Allerdings wird man abwarten müssen, ob dies zukünftig in gleichem Maße wie für die kulturell-heterogenen Familien europäischen Hintergrunds auch für die Angehörigen der in großer Zahl erst seit den 1970er Jahren eingewanderten visible-minority-Familien gelten wird. Graphik 1: Die Herkunftsregionen der kanadischen Bevölkerung Quelle: Canadian Heritage, Datenbasis: Zensus 2001. Wie drastisch sich die Herkunft der Einwanderer, unterstützt durch die Reform der Gesetzgebung von 1967, in den letzten vierzig Jahren verändert hat, macht Graphik 1 ansatzweise sichtbar. Waren vor 1961 über 90 Prozent der Einwanderer aus Europa ins Land gekommen, waren es in der Dekade zwischen 1971 und 1980 nur mehr 40 Prozent, in den beiden folgenden Dekaden gerade mal noch knapp über bzw. unter 20 Prozent. Hingegen immigrierten zwischen 1981 und 1990 rund 50 Prozent, zwischen 1991 und 2000 gar zwei Drittel aller Einwanderer allein aus Asien nach Kanada. Mehr als zehn Prozent kamen in den letzten drei Dekaden aus dem karibischen Raum und aus Lateinamerika. 84 Multikulturalismus-Politik - „made in Canada“ Graphik 2: Anteil der visible minorities an der Bevölkerung ausgewählter Großstadtregionen, 2001 Quelle: Canadian Heritage, Datenbasis: Zensus 2001. Diese allgemeinen Zahlen sagen allerdings nichts über die regionalen Verteilungen oder über die lokale Konzentration der Zuwanderung im Allgemeinen, wie vor allem der visible minorities im Besonderen, aus. Denn die Einwanderer zieht es fast durchweg in die wenigen großstädtisch-metropolitanen Regionen und insbesondere nach Metropolitan Toronto und Vancouver. In beiden Städten gehören mittlerweile mehr als ein Drittel der Bevölkerung den visible minorities an (vgl. Graphik 2). In Toronto ist mehr als die Hälfte der Bevölkerung weder in der Stadt noch im Lande geboren. Aus einer von den anglo- und frankophonen founding groups gebildeten bi-nationalen Gesellschaft, die seit dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts bis in die 1960er Jahre zum europäisch bestimmten kulturellen Mosaik ergänzt wurde, hat sich heute eine von bunter Vielfalt definierte multikulturelle Gesellschaft 85 Prof. Dr. Rainer-Olaf Schultze entwickelt. In ihr spielen neben den Einwanderern aus Asien zunehmend auch die Angehörigen der first nations eine bedeutsamere Rolle, die dabei ähnlich den frankophonen Quebeckern ihre Forderungen nach Anerkennung ihrer tradierten Rechte und nach Selbstregierung geltend machen. 3. Zur Philosophie und Politik des Multikulturalismus Die Politik des Multikulturalismus – 1971 von der liberalen Bundesregierung unter Premierminister Pierre Elliot Trudeau proklamiert, 1982 bzw. 1985 verfassungsrechtlich durch die Grundrechtscharta abgesichert und 1988 von der konservativen Bundesregierung unter Brian Mulroney weiterentwickelt – ist die spezifisch kanadische Antwort auf eine doppelte Herausforderung: Sie ist zum einen die Integrationsantwort auf die multikulturelle Einwanderung, die – wie soeben gezeigt – seit dem Zweiten Weltkrieg bestimmt ist durch Einwanderung zunächst vor allem aus Europa, seit den 1970er Jahren vermehrt durch Einwanderung der so genannten visible minorities. Zum zweiten ist die Multikulturalismus-Politik der Ära Trudeau aber auch die mindestens indirekte Antwort auf die Konsequenzen der Modernisierung der zuvor noch weithin traditionellen frankophonen Quebecker Gesellschaft seit der so genannten „Stillen Revolution“ nach 1960 – mit ihren Forderungen nach politischer, ökonomischer und kultureller Gleichberechtigung der Quebecker und ihrem anders gearteten Verständnis von Nation und kultureller Integration (s.u.). Die Antwort der liberalen Bundesregierungen unter Pearson und Trudeau zielte – wie die Einsetzung der Royal Commission on Bilingualism and Biculturalism zeigt – zunächst in eine grundsätzlich andere Richtung: Ihre Philosophie war liberal und individualistisch, nicht jedoch kommunitär, wie an anderer Stelle – gemeinsam mit Dagmar Eberle und Wilfried von Bredow – ausgeführt: 86 Multikulturalismus-Politik - „made in Canada“ “As Will Kymlicka has noted, through the combination of multiculturalism and bilingualism, the use of language is dissociated from ‘the historical privileging of the interests or lifestyles of the people descended from the historically dominant groups’ (Kymlicka 1998: 57). This indicates the broader theoretical approach underlying the articulation of that policy by the Trudeau government. Trudeau, Canada’s version of a philosopher king, sought to bridge the gap between anglophone and francophone Canadians with a truly liberal, pan-Canadian vision centred on the individual as a free and equal rights-bearing citizen. […] Instead of according specific rights to French Canadians as a collectivity, Trudeau’s concept of a bilingual country from coast to coast defined language as an attribute of the individual. Francophones would be freed from their national Québec ‘ghetto’, and both English- and French-speaking Canadians would be able to ‘consider the whole of Canada their country and field of endeavour’ (quoted in Weinrib 1999: 260). With language separated from ethnic and/ or religious heritage, it would be the individual choice of each citizen whether to identify with and to preserve select aspects of his or her heritage. […] The Charter of Rights and Freedoms that came into force in 1982 was meant to codify the values of individual liberty and self-fulfilment and to serve as a unifying principle for the country. What Trudeau aimed for was nothing less than a new mode of national integration – neither assimilationist nor ideological, but procedural. Canada would become a ‘procedural republic’, held together by the commitment to a democratic regime with its corresponding rights and practices” (von Bredow et al. 2004: 173). Gegen diese Zielsetzung setzten die Vertreter der europäischen Einwanderer-communities nicht nur die in Band 4 der Commission on Bilingualism and Biculturalism nachgeschobene 87 Prof. Dr. Rainer-Olaf Schultze Analyse des Beitrages der „Drittkanadier“ für die Gesamtgesellschaft durch, sondern im politischen Prozess auch die „Politik des Multikulturalismus in einem zweisprachigen Rahmen“ (Royal Commission on Bilingualism and Biculturalism 1969). Später dann und im Kontext der Beratungen der Grundrechtscharta der 1980er Jahre führte dies zur Institutionalisierung von kollektiven, kommunitären Grundrechten. Die ethnischen Gruppen setzten dies zusammen mit der Frauenbewegung und den anderen neuen sozialen Bewegungen der Zeit durch. Im Ergebnis kam es also nicht nur zur Einführung der offiziellen Zweisprachigkeit von Küste zu Küste auf der Ebene der Bundespolitik und nicht nur zur Garantie individueller Grundrechte, wie wir sie kennen, sondern auch zur Einführung von kollektiven Gruppenrechten für Frauen, Behinderte, für sprachliche und ethnische Minderheiten – mittlerweile auch für die Ureinwohner. Die Politik basiert dabei zusammenfassend auf den folgenden Grundsätzen: Prinzipielle Akzeptanz ethno-kultureller Verschiedenheit (diversity) Recht auf kulturelle Differenz Prinzip kultureller Gleichwertigkeit und gegenseitiger Toleranz Einheit-in-Verschiedenheit (unity-within-diversity) Recht auf gleiche Chancen Prinzip des „aktiven Staates“ als Manager der Politik des Multikulturalismus. Der hier festgeschriebene Grundsatz einer aktiven Förderpolitik des Multikulturalismus als Staatsaufgabe ist in Zeiten des neoliberalen Rückzugs des Staates umso bemerkenswerter, als er sich nicht mehr als „aktiver“, sondern bestenfalls als „aktivierender Staat“ versteht und demnach handelt. In der Erläuterung des Gesetzes von 1971 gingen Premierminister Pierre Elliot Trudeau und die liberale Bundesregierung insbesondere von vier Feldern staatlicher Unterstützung aus: 88 Multikulturalismus-Politik - „made in Canada“ 1. ”[…] the government will seek to assist all Canadian cultural groups that have demonstrated a desire and effort to continue to develop a capacity to grow and contribute to Canada […]” 2. “[…] the government will assist members of all cultural groups to overcome cultural barriers to full participation in Canadian society […]” 3. “[…] the government will promote creative encounters and interchange among all Canadian cultural groups in the interest of national unity […]” 4. “[…] the government will continue to assist immigrants to acquire at least one of Canada’s official languages in order to become full participants in Canadian society“.1 Konkret stand während der ersten Phase der Multikulturalismus-Politik des Bundes die Förderung des kulturellen Erbes der ethnischen Gruppen im Mittelpunkt. Pointiert formuliert: Gefördert wurden Sprache, Konfession und Folklore. Seit den späten 1980er Jahren und als Reflex auf die Einwanderung der visible minorities sind die Anti-Diskriminierungsaspekte ins Zentrum der Multikulturalismus-Politik gerückt. Ihr Hauptziel besteht heute darin, mittels eines aktiven Staates die Integrationsbedingungen insgesamt gerechter zu gestalten – durch symbolische Handlungen, durch affirmative-action-Programme in privaten wie öffentlichen Institutionen. Ich nenne in diesem Zusammenhang nur den so genannten Turban-Polizisten und verweise auf die Vergabe von herausgehobenen öffentlichen Ämtern, die schon seit den 1980er Jahren nicht mehr nur wie in der Vergangenheit abwechselnd von Anglo- und Frankokanadiern besetzt werden. Sie werden mittlerweile unter sehr viel differenzierteren, ethnisch-kulturellen Gesichtspunkten vergeben. Die Auswahl ist inzwischen – wie das herausgehobene Beispiel der kanadischen Generalgouverneure zeigt – durchaus kommunitär bestimmt. 1 Canada, House of Commons, Debates, October 8, 1971, S. 8545. 89 Prof. Dr. Rainer-Olaf Schultze Tabelle 2: Kanadische Generalgouverneure seit 1979 Formal erfolgt die Einsetzung des amtierenden Staatsoberhauptes durch die britische Monarchin Elizabeth II., die faktisch aber an den Vorschlag des kanadischen Premierministers gebunden ist. Die Wahl fällt zwar abwechselnd auf Anglo- und Frankokanadier, zugleich stellt jedoch die ethnisch-kulturelle Vielfalt ein wichtiges Auswahlkriterium dar, das es möglichst zu berücksichtigen gilt. Zudem waren drei der sechs Amtsinhaber seit 1979 Frauen. Die Besetzung dieses Amtes, wie auch vieler anderer öffentlicher Ämter, entspricht damit zum einen dem pluralistischkommunitären Grundverständnis. Zum anderen reflektiert sie weiterhin den besonderen Anspruch der beiden founding nations von Anglo- und Frankokanadiern. 4. Multikulturalismus – Binationalität: ein Spannungsverhältnis. Versuch einer kritischen Einordnung Die Multikulturalismus-Politik des Bundes ist in Quebec, und zwar nicht nur bei den frankokanadischen Nationalisten und Independisten, von Beginn an auf Skepsis und Ablehnung gestoßen. Dies hängt ganz offensichtlich mit den verschiedenen Integrationsverständnissen im anglo- und frankophonen Kanada zusammen. Sie können auf den Begriff gebracht werden mit der Gegenüberstellung von (kanadischem) Multikulturalismus versus (Quebecker) société distincte – beziehungsweise dem abstrakte- 90 Multikulturalismus-Politik - „made in Canada“ ren Begriff der deep diversity. Zwar handelt es sich bei beiden um grundsätzliche Alternativen zum melting-pot-Modell des US-amerikanischen Nachbarn oder gar zu Assimilierungsstrategien, doch unterscheiden sich das anglokanadische und frankoquebecker Integrationsverständnis in Anspruch und Ziel wesentlich: Der Multikulturalismus zielt auf die Bewahrung der ethnokulturellen Identität der ethnischen Gruppen – also auf die Bewahrung von Sprache, Konfession, Traditionen, Vereinen etc. Der Multikulturalismus stellt darüber hinaus aber keine Ansprüche auf politische Autonomie und/oder auf nationale Selbstbestimmung. Die Quebecker sehen dies grundsätzlich anders: Sie sehen sich selbst als société distincte, als eine vom anglophonen Kanada wesentlich unterschiedene Gesellschaft – mit einer eigenen Geschichte und nationalen Traditionen, mit einer eigenen Kultur und Sprache etc. Oder sie gehen mit der analytischen Begrifflichkeit des anglophonen Quebecker politischen Philosophen Charles Taylor (einem, wenn nicht gegenwärtig dem Hauptvertreter des politikphilosophischen Kommunitarismus) von der deep diversity der beiden founding nations und/oder charter groups der kanadischen Gesamtgesellschaft aus. Die Konzepte der société distincte bzw. der deep diversity zielen folglich über die Bewahrung ethnokultureller Gruppenidentitäten hinaus: Es geht um politische Autonomie, ja um nationale Selbstbestimmung. Das Konzept der deep diversity behauptet und rechtfertigt insofern unterschiedliche Geltungsansprüche ethnisch-kultureller Gruppierungen – je nachdem wie tiefgreifend durch Geschichte, Kultur, Sprache, Tradition etc. die shared understandings (Taylor 2000), der gemeinsame Wertehorizont und die gesellschaftlichen Strukturen sind, in die man als Individuum hineingeboren worden ist. Was für die frankophonen Quebecker als Anspruch formuliert wird, gilt – in Parenthese formuliert – selbstverständlich auch für die autochthonen first nations. Das Taylorsche Konzept der deep diversity unterstellt folglich, dass es neben einem poli- 91 Prof. Dr. Rainer-Olaf Schultze tischen Verfassungspatriotismus weiterer identitätsstiftender Elemente bedarf sowie eines kulturellen Rahmens, der die Gesellschaft zusammenhält, der die Einheit in der Vielfalt garantiert und folglich die besonderen Ansprüche, etwa die Sprachen- und Schulpolitik Quebecs rechtfertigt. Bekanntlich ist die Provinz Quebec offiziell einsprachig französisch. Dies gilt nicht nur für den politischen und öffentlichrechtlichen Raum, sondern auch für Handel und Wirtschaft. Die allophonen Eltern der Provinz müssen ihre Kinder in französischsprachige Schulen schicken. Damit haben Immigranten, die aus der nicht französisch-sprachigen Welt nach Quebec einwandern, keine Wahlfreiheit, was die erste Schulsprache ihrer Kinder betrifft. Die Situation unterscheidet sich außerhalb Quebecs grundsätzlich nicht. Denn dort ist das Englische ähnlich privilegiert, sieht man beispielsweise von den so genannten französischen immersion schools und ähnlichen Sprachprogrammen ab, wie sie durch die Zweisprachigkeits-Politik des Bundes finanziell gefördert und ermöglicht werden. Grundsätzlich jedoch – und jenseits derartiger Besonderheiten wie der immersion schools – gilt, dass die Mehrheit der Quebecker den Multikulturalismus mit der Binationalität, also dem besonderen Status der beiden charter groups oder Gründungsnationen, als unvereinbar ansieht. Als Antwort auf die Multikulturalismus-Politik des Bundes hat Québec – was nicht verwundert – eine alternative Integrationspolitik zu verfolgen versucht: die Politik des interculturalisme. Hierbei wird die Akzeptanz und Integration von Einwanderern nach Quebec gefördert, allerdings unter dem Supremat der französischen Sprache. Welche weiteren identitätsstiftenden Elemente neben der Sprache die shared understandings in konkreten Situationen ausmachen, sei hier nicht weiter erörtert. Am Beispiel der historischen Erfahrung Quebecs sei jedoch auf zweierlei hingewiesen: Religiöse Überzeugungssysteme können ganz sicher ein solches weiteres Element der shared understandings ausmachen. Zweitens sind die konkreten identitätsstiftenden Elemente ganz bestimmt 92 Multikulturalismus-Politik - „made in Canada“ kontextabhängig. Sie können und werden sich unterscheiden und im historischen Prozess zudem wandeln. So hat im frankophonen Quebec seit der Säkularisierung des alltäglichen Lebens, während der „Stillen Revolution“ nach 1960, die Sprache das religiös-katholische Überzeugungssystem als primären Identitätsfaktor abgelöst. Ob man für die shared understandings, ihre identitätsstiftende Bedeutung wie ihre gesellschaftliche Integrationsfunktion, im Deutschen den sicherlich ideologisch belasteten Begriff der „Leitkultur“ verwendet, sei hier dahin gestellt. Die Kritik an der Politik des Multikulturalismus macht sich jedoch keineswegs nur an dem geschilderten Spannungsverhältnis zwischen „Leitkultur“ und kulturellem Pluralismus fest. Die insbesondere auch im anglophonen Kanada formulierte Kritik gründet sich vielmehr auf eine Reihe von Punkten und verweist u.a. auf: a) Die Gefahr von Ghettobildung und der Entstehung eines „Vertikalen Mosaiks“ Sie wird von Autoren verschiedenster Provenienz beschworen, wie etwa auch von Neil Bissoondaath, selbst Angehöriger einer visible minority. Solche Kritiker verweisen auf die Gefahr, sich nicht in der gesamten Gesellschaft sozial und auch kulturell bewähren zu können; sie beklagen die Tendenzen einer Reduktion auf die eigene Ethnie, die der Politik des Multikulturalismus immanent sei. Sie thematisieren die offenkundige Gefahr der Herstellung und Aufrechterhaltung der sozialen und ökonomischen Ungleichstrukturen zwischen wie innerhalb den Subkulturen. Solche Kritiken knüpfen insofern an die klassische Studie des kanadischen Soziologen John Porter an, der bereits 1965, in bewusster Abwandlung der kanadischen Selbstdefinition vom Canadian mosaic, Kanada als ethnisch-kulturelles vertical mosaic mit ethnischer Stratifizierung und Hierarchisierung gesehen hat (Porter 1977). Tatsächlich ist der Multikulturalismus in dieser Hinsicht durchaus janusköpfig: Er mag den ethnisch-kulturellen 93 Prof. Dr. Rainer-Olaf Schultze Gruppenstatus bewahren helfen; aber er steht auch in der Gefahr, soziale Ungleichheiten zu zementieren. b) Das widersprüchlich-prekäre Verhältnis von individuellen zu kollektiven Grundrechten Ein mindestens so wichtiger, zweiter Ansatzpunkt der Kritik am Multikulturalismus thematisiert das durchaus prekäre Verhältnis zwischen individuellen und kollektiven Grundrechten. Die Kanadier leben spätestens seit den 1980er Jahren in und mit diesem Spannungsverhältnis. Sie sind – formuliert man es plakativ – ein Vorreiter post-moderner patchwork-Gesellschaften und Lebensstile. Unproblematisch sind dabei alle diejenigen kollektiven Rechte und Ansprüche, die aus individuellen Grundrechten herleitbar sind. Beispielsweise kann man das Tragen des Turbans oder auch des Kopftuches indirekt aus dem individuellen Grundrecht auf Religionsfreiheit ableiten, sofern die Religionsfreiheit individuell für alle gilt und die gleichen Rechte anderer nicht eingeschränkt werden. Dies gilt auch für Schutz und Unterstützung einer Reihe anderer Elemente kultureller Gruppenidentität, denn – dem liberalen Verständnis folgend – sind Gruppenrechte solange legitim, solange sie sich als „derivative Rechte“, aus den kulturellen Rechten jedes einzelnen Gruppenmitgliedes abgeleitet, verstehen lassen. In diesem Zusammenhang bedarf es allerdings notwendigerweise einer weiteren Überlegung im Blick auf Anspruch und Gewährung kollektiver Grundrechte. Sie basiert auf den typologischen Unterscheidungen des Kanadiers Will Kymlicka, dem zusammen mit Charles Taylor gegenwärtig wohl besten politikphilosophischen Kenner dieser Grundsatzfragen menschlichen Zusammenlebens unter den Bedingungen postnationaler Konstellation. Kymlicka unterscheidet zwischen zwei Typen von Gruppenrechten, nämlich zwischen solchen, die innen- und solchen, die außengeleitet sind. Folgt man dieser Unterscheidung, dürften auch solche Gruppenrechte zu rechtfertigen sein, mit denen sich Gruppen und deren Institutionen nach außen gegen 94 Multikulturalismus-Politik - „made in Canada“ Pressionen von Seiten ihrer gesellschaftlichen Umwelt schützen. Nach innen gerichtet und bezogen auf die eigenen Gruppenmitglieder sind die Dinge indes hoch problematisch, droht doch der Verlust individueller Grundrechte. Die Frauen in traditionalen Gesellschaften und in multikulturellen Subgruppen, die Frauen der autochthonen Bevölkerungen in Kanada, die muslimischen jungen Frauen hierzulande kennen diesen Zusammenhang aus leidvoller Erfahrung zur Genüge. Nach innen gerichtet wohnt solchen kollektiven Rechten – wie Jürgen Habermas (2005b: 312) dies jüngst formuliert hat – durchaus „ein Potential gruppeninterner Unterdrückung inne“. Dies wird umso problematischer, je mehr die Ansprüche nicht oder nicht mehr diskursiv begründet werden, denn in der modernen rechtstaatlichen Demokratie kann die Existenz und Reproduktion der Kulturen wie ihrer Gemeinschaften immer nur ermöglicht, nicht aber der „Artenschutz“ (Habermas in Taylor 1993b: passim) garantiert werden. 5. Resümee Bleibt abschließend noch die Frage, ob und, wenn ja, was man aus den kanadischen Integrationserfahrungen – so labil, aber doch erfolgreich sie in der Vergangenheit waren – lernen kann? Zu warnen ist zunächst vor einer unkritischen Übertragung von Erfahrungen in andere gesellschaftliche und kulturelle Kontexte. Und dennoch wird man vier Schlussfolgerungen von allgemeinerer Bedeutung ziehen können: Erstens: Multikulturalismus und kulturelle Segregation schließen sich in einer sich globalisierenden Welt aus. In der „reflexiven, zweiten Moderne“ – um die Terminologie des britischen Soziologen Anthony Giddens und seines deutschen Kollegen Ulrich Beck aufzugreifen (Giddens 1999; Beck 2002; 2004; Beck et al. 2003) – sind individuelle wie kommunitäre Identität nicht mehr selbstverständlich; wie gesagt „Artenschutz“ kann es nicht geben. Individuum und Gemeinschaft müssen ihre Identität selbst aktiv herstellen, aufrechterhalten, vor allem aber im Kontakt mit den anderen Gemeinschaften und gesamtgesellschaftlich beständig 95 Prof. Dr. Rainer-Olaf Schultze darstellen und rechtfertigen. Oder wie Anthony Giddens (1994: 83) es formuliert hat: „In the context of a globalizing, cosmopolitan order, traditions are constantly brought into contact with one another and forced to declare themselves”. Dies kann nur im Rahmen deliberativer Demokratie gelingen und setzt die „Anerkennung des Anderen“ (Habermas 2005a), Toleranz und Minderheitenschutz voraus. Zweitens: Toleranz ist nicht nur im Außenverhältnis der kulturellen communities gefordert, sondern es geht um Toleranz, Minderheitenschutz und individuelle Grundrechtsgeltung gerade auch im Innern der Gemeinschaften. Drittens: Das Spannungsverhältnis zwischen den multikulturellen Geltungsansprüchen der Gruppen und den gesamtgesellschaftlichen shared unterstandings (Taylor 2000) – ob man sie nun Leitkultur nennt oder nicht – ist nicht einseitig aufhebbar. Es bedarf vielmehr beider Aspekte: gemeinsamer kultureller Überzeugungen in den jeweiligen multikulturellen communities wie auch der übergreifenden politischen und sozio-kulturellen Gemeinsamkeiten, die die postmoderne Gesamtgesellschaft zusammenhalten. Viertens: Eine Möglichkeit, um dieses Dilemma dauerhaft erfolgreich bearbeiten zu können, dürfte – in Anlehnung an Michael Walzer und seine politikphilosophische Theorie der „Sphären der Gerechtigkeit“ (Walzer 1992) – in einer sphärenspezifischen Differenzierung liegen – mit, wie in Kanada, gemeinschaftsübergreifenden Sphären in Bildung, Ökonomie und Politik. Der Integrationserfolg des pluralistischen, kanadischen Gesellschaftsmodells beruht jedenfalls bislang genau darauf – auf einem Multikulturalismus in einer binationalen, anglo- und frankophonen, nordamerikanischen Welt. 96 Multikulturalismus-Politik - „made in Canada“ Literatur Beck, Ulrich (2002): Theorie reflexiver Modernisierung, in: ders./ et al.: Die Modernisierung der Moderne, Frankfurt am Main: Suhrkamp. Beck, Ulrich et al. (2003): Reflexive Modernisierung. Eine Kontroverse, Frankfurt am Main: Suhrkamp. Beck, Ulrich (2004): Entgrenzung und Entscheidung, Frankfurt am Main: Suhrkamp. Bissoondath, Neil (1994): Selling Illusions: The Cult of Multiculturalism in Canada, Toronto: Penguin Books. Brede, Falko/Schultze, Rainer-Olaf (i. E.): Das politische System Kanadas, in: Stüwe, K./Rinke, S. (Hg.): Die politischen Systeme in Nord- und Lateinamerika. Eine Einführung, Wiesbaden: VS-Verlag für Sozialwissenschaften. 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Durch die Errichtung der Abteilung „Integration“ beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2002 und die Zuweisung von Aufgaben, die bislang bei verschiedenen Ministerien und Behörden lagen, wurde auf Bundesseite die bestehende Fragmentierung, das Nebeneinander von Integrationsmaßnahmen teilweise aufgehoben und dem Bündelungsgedanken Rechnung getragen. Durch das am 1. Januar 2005 in Kraft getretene Zuwanderungsgesetz sind weitere Verbesserungen eingetreten. Es gibt seither Integrationskurse mit festen Standards und Zielen und der Möglichkeit der Verpflichtung. Ausländersozialberatung und Aussiedlersozialberatung wurden zu einer einheitlichen Migrationserstberatung weiterentwickelt. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erstellt ein bundesweites Integrationsprogramm, in dem die bestehenden Angebote festgestellt und Empfehlungen zur Weiterentwicklung vorgelegt werden. 2. Die Integrationskurse als Grundangebot des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge Der wichtigste Integrationsfaktor ist die Sprache. Sprache ist der Schlüssel zur Integration. Sprache ermöglicht Kommunikation und auch berufliches Vorankommen. Der Bund stellt gegenwärtig (Ende 2006) mit 600 Stunden Sprachunterricht und 30 Stunden Vermittlung von Recht, Kultur und Geschichte (Orien- 101 Dr. Michael Griesbeck tierungskurs) ein Grundangebot bereit, das vor allem für Neuzuwanderer vorgesehen ist, aber auch bereits länger hier lebenden Ausländern zur Verfügung steht. Die Vermittlung von Recht, Kultur und Geschichte soll helfen, sich im neuen gesellschaftlichen Umfeld schneller zurechtzufinden und Partizipation zu ermöglichen, um so die Möglichkeiten des Vorankommens zu steigern. Zudem soll sie zu einer Identifikation mit dem demokratischen Rechtsstaat beitragen. Neuzuwanderer müssen in dieser Gesellschaft ankommen, nicht nur hier leben. Sowohl Neuzuwanderer als auch schon länger in Deutschland lebende Ausländer können z.B. bei besonderem Integrationsbedarf von der Ausländerbehörde auch zu den Kursen verpflichtet werden. Die Möglichkeit der Verpflichtung verdeutlicht, dass Integration ein wechselseitiger Prozess ist, bei dem auch die Migranten gefordert werden. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat zusammen mit Fachleuten aus Wissenschaft und Praxis eine Konzeption mit Standards, Inhalten und Zielen entwickelt. Das Konzept sieht Module und Standards vor, eine Zertifizierung von Schulen und Dozenten zur Qualitätssicherung, und vor allem Ziele: die Stufe A 2 des Europäischen Referenzrahmens nach 300 Stunden und die Stufe B1, das Minimum für berufliche Integration, nach 600 Stunden. Auch ein kostenfreier Test ist Bestandteil des Angebots, dessen Bestehen nicht nur zu positiven gesetzlichen Folgen bei der Aufenthaltsgewährung und Einbürgerung führt, sondern der auch Nachweis über vorhandene Sprachkenntnisse für einen potenziellen Arbeitgeber sein kann und damit auch die berufliche Integration erleichtert. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat über 2.000 Kursträger mit bundesweit ca. 6.000 Kursstätten zugelassen. Für die Zulassung von Ausländern, die schon länger hier leben und sich für einen Kurs melden, ist das Bundesamt originär zuständig. Bereits im ersten Jahr nach Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes wurde deutlich: Die zum 1. Januar 2005 eingeführ- 102 Integrationsförderung in Deuschland ten Maßnahmen zur Integration von Migrantinnen und Migranten greifen und zeigen beachtliche Erfolge. Über 225.000 Personen haben die angebotene Chance bereits wahrgenommen und besuchten 2005 und 2006 (BAMF 2006; 2007) einen von über 15.000 Integrationskursen im Bundesgebiet, die vom Bundesamt und seinen Regionalkoordinatoren in den Migrationsaußenstellen auf den Weg gebracht wurden. Insgesamt haben 2005 und 2006 mehr als 340.000 Personen die Möglichkeit erhalten, an einem Integrationskurs teilzunehmen. Darunter sind über 150.000 Migranten, die bereits länger in Deutschland leben und vom Bundesamt eine Zulassung zum Integrationskurs erhalten haben; weitere ca. 35.000 Personen wurden von den Ausländerbehörden zur Teilnahme verpflichtet. Von den neu Zugewanderten haben über 110.000 eine Berechtigung zur Teilnahme erhalten, darunter 54.000 Personen, die von den Ausländerbehörden zur Teilnahme verpflichtet wurden. Hinzu kommen rund 37.000 Spätaussiedler. Zwei Tendenzen sind besonders hervorzuheben: Erstens: Gerade Ausländerinnen und Ausländer, die schon viele Jahre in Deutschland leben, zeigen großes Interesse an den Kursen. Von den rund 150.000 schon länger in Deutschland lebenden Ausländern, die 2005 und 2006 eine Zulassung zum Integrationskurs erhalten haben, besuchen ca. 75 Prozent einen Integrationskurs. Zweitens: Integrationskurse erreichen insbesondere die wichtige Zielgruppe der Frauen. Der Anteil der weiblichen Integrationskursteilnehmer beträgt rund 60 Prozent. Frauen, insbesondere Mütter, sind eine wichtige Zielgruppe der Integrationsbemühungen. Denn Mütter können ganz erheblich zum Integrationsprozess ihrer Kinder beitragen. Wenn sie sich selbst auf Deutsch verständigen können und die Vorteile ihrer Sprachkenntnisse erleben, sind sie auch eher bereit, ihren Nachwuchs zum Erlernen der deutschen Sprache zu motivieren und ihn bei der schulischen Qualifikation und der Berufsausbildung zu unter- 103 Dr. Michael Griesbeck stützen und zu begleiten. Viele Frauen können jedoch aus religiösen oder kulturellen Gründen nicht am allgemeinen Integrationskurs teilnehmen. Dieser Erkenntnis wurde Rechnung getragen, indem spezielle Kurse für sie eingerichtet wurden, die auch inhaltlich mehr auf die spezifischen Belange der Frauen eingehen. Spezielle Kurse gibt es auch für die Zielgruppe der jugendlichen Zuwanderer, die in den Kursen insbesondere auf ihren späteren beruflichen Lebensweg vorbereitet werden sollen, sowie für die Zielgruppe der Analphabeten. 3. Die Bedeutung der Verzahnung von Angeboten Sprache ist wichtig – aber Sprache ist nicht alles und der Besuch eines Integrationskurses bedeutet noch keine Integration. Dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ist wichtig, dass Angebote der verschiedenen Integrationsbereiche – etwa der Bildung oder des Berufs – miteinander verzahnt werden: Es gibt viele gute Maßnahmen, die jedoch bislang isoliert nebeneinander standen. Wir wollen, dass es zum Integrationskurs eine „Integrationskursumgebung“ gibt, indem die Kurse mit weiteren Angeboten, Projekten, Maßnahmen verzahnt werden. Hier denken wir insbesondere an Angebote, die in die berufliche Integration hineinführen, an Angebote, die Migranten ermöglichen, die erworbene Sprachkompetenz auch anzuwenden, z.B. in Sportvereinen, in denen die Begegnung zwischen Deutschen und Ausländern gefördert wird. Parallel zum erfolgreichen Start der Integrationskurse hat das Bundesamt daher die Initiative ergriffen und in Kooperation mit Akteuren der Integrationsförderung vor allem in den Bereichen Bildung, Berufsförderung und Sprachverfestigung ergänzende Maßnahmen angeregt. Diese mit dem Integrationskurs verzahnten Angebote sollen Zuwanderer im Sinne einer individuellen und bedarfsgerechten Förderung bei der Fortsetzung ihres Eingliederungsprozesses unterstützen. Modellprojekte, die den Integrationskurs als Einstiegsangebot, beispielsweise mit 104 Integrationsförderung in Deuschland Maßnahmen zur Erlangung eines Hauptschulabschlusses oder einer speziellen beruflichen Qualifizierung, verknüpfen, haben bereits begonnen oder stehen kurz vor dem Start. Vor allem hinsichtlich der Zielgruppen Jugendliche und Frauen arbeitet das Bundesamt an Konzepten, die eine systematische Ergänzung des Integrationskurses ermöglichen. Gerade hier geht es darum, Angebote von unterschiedlichsten Trägern wie der Bundesanstalt für Arbeit, der ARGEn (Arbeitsgemeinschaften), Länder, Kommunen und auch EU-finanzierte Maßnahmen zu verbinden, um Synergieeffekte zu erreichen. Eine entscheidende Bedeutung kommt in diesem System auch der Migrationserstberatung zu, die in ihrer unterstützenden und begleitenden Funktion als Vermittler der verschiedenen Integrationsangebote fungiert. Sie soll den Integrationsprozess bei Neuzuwanderinnen und Neuzuwanderern gezielt initiieren, steuern und begleiten. Die individuelle und bedarfsgerechte Ausrichtung des Beratungsangebotes steht dabei im Vordergrund: So soll eine an den jeweiligen Ressourcen der bzw. des Einzelnen ausgerichtete Beratung einen substanziellen Beitrag dazu leisten, die Zuwanderinnen und Zuwanderer zu selbstständigem Handeln in allen Bereichen des täglichen Lebens zu befähigen. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde die bundesgeförderte Migrationsberatung bereits 2005 in Abstimmung zwischen dem Bundesministerium des Innern und dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend inhaltlich und strukturell neu ausgerichtet. Auf der Grundlage einer von Bundesinnenministerium und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge entwickelten Neukonzeption wurde eine Migrationserstberatung für alle erwachsenen Neuzuwanderer eingerichtet. Daneben bleiben die Jugendmigrationsdienste als spezielles Beratungsangebot für alle jugendlichen und jungen erwachsenen Migrantinnen und Migranten in Zuständigkeit des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend bestehen. Durch die enge Kooperation beider Ressorts wird ein optimaler Einsatz der zur Verfügung stehenden Ressourcen sichergestellt. 105 Dr. Michael Griesbeck 4. Das bundesweite Integrationsprogramm Das in § 45 Aufenthaltsgesetz festgeschriebene bundesweite Integrationsprogramm verfolgt den Zweck, die bestehenden Integrationsangebote von Bund, Ländern, Kommunen und privaten Trägern festzustellen und Empfehlungen zu ihrer Weiterentwicklung vorzulegen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ist vom Bundesministerium des Innern mit der Konzeption des Integrationsprogramms beauftragt worden und initiiert und moderiert diesen Prozess. Das bundesweite Integrationsprogramm hat zum Ziel, die Integrationsarbeit in Deutschland dauerhaft zu begleiten und Themen in einem langfristigen, praxis- und umsetzungsorientierten Qualitätsentwicklungsprozess kontinuierlich und praxisnah zu bearbeiten. Dies stellt sicher, dass künftig alle zentralen staatlichen und nicht-staatlichen Akteure der Integrationsförderung in deren Weiterentwicklung eingebunden sind. Im Rahmen seiner Konzeptkompetenz wird sich das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit den Handlungsfeldern Sprachförderung, Bildung, berufliche Integration und gesellschaftliche Integration befassen. In allen Handlungsfeldern sollen in Kooperation mit den zentralen Akteuren der Integrationsförderung Optimierungsbedarfe identifiziert, praxisorientierte Ziele definiert und Umsetzungsstrategien entwickelt werden. Darüber hinaus wird eine Reihe von Querschnittsthemen wie interkulturelle Öffnung, Evaluation, Qualitäts- und Nachhaltigkeitssicherung, Vernetzung, Statistik sowie Förderung des bürgerschaftlichen Engagements von und mit Migranten und Migrantinnen berücksichtigt. Das Integrationsprogramm ist also kein statisches Konzept, sondern ein dynamischer, offener Prozess, der die Integrationsarbeit in Deutschland durch die Kooperation aller Akteure nachhaltig gestalten und langfristig fördern will. Ziel der gemeinsamen Vorgehensweise der Beteiligten soll sein, ein Handlungsprogramm zu entwickeln, das den umfassenden Rahmen für eine problem- und zielgruppenadäquate, bedarfsorientierte und nachhaltige Integrationsförderung bie- 106 Integrationsförderung in Deuschland tet. Begonnen haben die Arbeiten zum bundesweiten Integrationsprogramm mit dem Handlungsfeld Sprachförderung. Eine Vielzahl staatlicher und nicht-staatlicher Akteure arbeitet in unterschiedlichen Arbeitsgruppen an Empfehlungen und Umsetzungsstrategien für Themen wie frühkindliche Sprachförderung, Sprachförderung in der Schule sowie am Übergang in die Berufsausbildung oder auch an der Evaluation von Sprachförderung. Ein zweiter Schwerpunkt wird 2007 mit dem Bereich der beruflichen Integration aufgegriffen. 5. Interkulturelle Kompetenz Integration kann mit den Mitteln der Politik und des Rechts immer nur begleitet werden; die eigentliche Integrationsleistung ist von der Gesellschaft selbst zu erbringen. Deutsche und Zuwanderer müssen deshalb offener als bisher aufeinander zugehen und versuchen, mehr voneinander zu erfahren. Um den Dialog konstruktiv zu gestalten, ist interkulturelle Kompetenz auf beiden Seiten notwendig. Für eine erfolgreiche Integration ist auch zu beachten, dass Zuwanderer ihre eigene kulturelle und religiöse Identität haben und pflegen wollen – und in den Grenzen unseres Rechts und unserer Verfassung auch pflegen können. Das setzt voraus, dass die Aufnahmegesellschaft um die religiösen und kulturellen Eigenheiten weiß, ebenso wie Zuwanderinnen und Zuwanderer unsere Gesetze und Regeln des Zusammenlebens verstehen sollen. Dazu bedarf es interkultureller Kompetenz auf beiden Seiten, die z.B. durch Fortbildung oder die Einbeziehung von Modulen zur interkulturellen Kompetenz in die Ausbildung gefördert werden muss. Die Vermittlung interkultureller Kompetenzen sollte dabei auf allen Ebenen ansetzen, insbesondere dort, wo Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen häufig in Kontakt mit Migranten und Migrantinnen kommen, aber auch auf der Führungsebene. Eine verstärkte interkulturelle Öffnung der Verwaltung ist ebenfalls notwendig und für beide Seiten nützlich. Ein intensiverer Dialog mit Migrantenorganisationen ermöglicht es, die Arbeit der Verwaltung zielgruppengerechter 107 Dr. Michael Griesbeck zu gestalten und integrationspolitische Umsetzungsspielräume zu eröffnen, die der Verwaltung allein verschlossen bleiben würden. Als Dialogpartner von Politik und Verwaltung können sie aber auch aufzeigen, wo in Politik und Verwaltung Missverständnisse herrschen und wo Handlungsbedarf besteht. Sinnvoll ist auch das Einbeziehen von Migrantenvertretern als externe Experten und Expertinnen zu integrationsspezifischen Themen – z.B. bei der Entwicklung neuer Konzepte zusammen mit den Betroffenen. Gemeinsam mit Migrantenselbstorganisationen kann z.B. auch verstärkt versucht werden, bei der Ausbildungsplatzsuche zu helfen. 6. Der ressourcenorientierte Ansatz Vielfach lag bislang bei der Integration der Fokus auf zu behebenden Defiziten der Zuwanderinnen und Zuwanderer. Dieser Defizitansatz muss durch einen ressourcenorientierten Ansatz ersetzt, zumindest aber um einen solchen ergänzt bzw. erweitert werden. Zuwanderinnen und Zuwanderer kommen mit Talenten und Fähigkeiten zu uns – die offensichtlichste ist die Kenntnis einer anderen Sprache und Kultur. Wenn sie Deutsch lernen, ist die dann vorhandene Zweisprachigkeit für viele Arbeitgeber eine wertvolle Ressource. Notwendig ist, dass die Zuwanderinnen und Zuwanderer die Chance dazu bekommen, ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen zu können. Der persönliche Kontakt zwischen Zuwanderinnen und Zuwanderern sowie potenziellen Arbeitgebern ist daher zu fördern. Vielfach wird ein potenzieller Arbeitgeber, wenn er sich selbst von den Fähigkeiten überzeugen konnte, über nicht perfekte Deutschkenntnisse hinwegsehen. Oftmals haben die Zuwanderinnen und Zuwanderer eine fundierte Berufsausbildung. Gut 70 Prozent der jüdischen Zuwanderinnen und Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion sind Akademikerinnen und Akademiker. Mehr als 200.000 nach Deutschland zugewanderte akademisch gebildete Spätaussiedler sind hierfür ebenso als Beispiel zu benennen wie rund 10.000 108 Integrationsförderung in Deuschland Unternehmer innerhalb derselben Zuwanderungsgruppe. Auch von den Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedlern könnten viele schneller in ihrem angestammten Beruf arbeiten, wenn ihre im Herkunftsland erworbenen Diplome anerkannt würden. Soweit für die Anerkennung von ausländischen Abschlüssen Nachqualifikationen erforderlich sind, fehlt es oft an entsprechenden Angeboten und Fördermöglichkeiten mit der Konsequenz, dass betroffene Migrantinnen und Migranten häufig – wenn überhaupt – unter ihrem eigentlichen Qualifikationsniveau beschäftigt sind. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat zu dieser Problematik zu einem Runden Tisch unter dem Titel „Potenziale erkennen, fördern und nutzen – Integration zugewanderter Akademiker und Akademikerinnen“ eingeladen, an dem u.a. Vertreter von Migrantenselbstorganisationen, Bundesministerien, Ländern, der Kultusministerkonferenz, der Otto-Benecke-Stiftung und der Bundesagentur für Arbeit teilgenommen haben. Die Initiativen werden in Arbeitsgruppen vertieft werden. 7. Ergebnis Integration kann nicht am „grünen Tisch“ von staatlichen Stellen veranlasst werden. Integration ist vielmehr eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bei der der Staat nur den Rahmen setzen kann. Eine wichtige Rolle spielen die Migranten selbst. Ein bloßes Nebeneinander der Kulturen ist keine Integration. Wir brauchen ein Miteinander. Wir brauchen den Dialog zwischen der Aufnahmegesellschaft und den Zuwanderern. Dieser setzt aber Wissen voraus. Wissen über andere Kulturen und Religionen. Wissen über Staat und Gesellschaft in Deutschland. Die Vermittlung interkultureller Kompetenz wird eine der großen Aufgaben für eine erfolgreiche Integration sein. 109 Dr. Michael Griesbeck Literatur Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (2006): Integrationskurse – Jahresbilanz 2005, Nürnberg, Online: http:// www.bamf.de/ Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (2007): Integrationskurse – Jahresbilanz 2006, Nürnberg, Online: http:// www.bamf.de/ 110 Prof. Yvonne Hébert PhD Youth in Plural Cities A Canada-France Comparison: Policy Issues and Development Abstract: Comparing youth of ethnocultural minority contexts in Canada and France, this paper addresses four issues: youth’s view of themselves and their sense of community; youth’s approaches to engagement; the impact of policy types and programmes; and new directions. The comparative analysis suggests that the policies of each country impact differentially on youth identifications and opportunities. Thus, the severity of poverty, spatial segregation, economic disempowerment and political disenfranchisement of youth varies in relation to policy contexts. Discussion of issues involved in the development of an integrative approach to multiculturalism and citizenship policy conclude the chapter. 1. Introduction Youth matter as citizens for their present and future contributions to their countries of residence and origin. It is for their sake, as well as that of the globalised village, that a focus on youth of ethnocultural background in minority contexts may contribute to the refinement of multicultural and citizenship policy and practice. While broad surveys indicate that many teens are doing well (Bibby 2001), there are nonetheless many indications that all is not well for young people, especially for those of ethno-cultural origins (van Wyck/Donaldson 2006). For example, in October 111 Prof. Yvonne Hébert PhD 2005, youth in the suburban margins of Paris strongly protested their exclusion from mainstream French society, a protest that spread to about 300 urban communities over an extended period. In Canada, the recent arrest of 17 alleged terrorists in Toronto adds to a perceived rise in gang-related crime and violence among ethno-cultural youth in metropolitan areas. Symptomatic of deep problems, these incidents raise serious questions about what citizenship, integration and social justice mean for youth of minority background for the comparison of two countries, France and Canada. What is meant by ‘youth’ and ‘child’ has changed over time and in different historical contexts, contingent upon a wide variety of factors and circumstances, cultural traditions and rituals, and historical variations (Hébert/Hartley 2006; Blackman 2005; Gauthier 2001). Within Western intellectual traditions, two conceptions of young people dominate: an angelic one and a demonizing one (Rooke/Schnell 1983). A third pervasive historical conception perceives children and youth as workers, consumers, and commodities. A fourth conception of youth as citizens emerged with the UN Convention on the Rights of the Child (1989), which acknowledges young people as meaning-makers and acknowledge their citizenship (Howe/Covell 2001; Verhellen 2000). Containing civil, political, social, economic, and cultural rights, the Convention demands a comprehensive and interactive interpretation. The lives of young people today are diverse and multifaceted, with a great richness of detail hidden behind imagined conceptions (Hébert/Hartley 2006; Jover/Reyero 2000). Today, unacknowledged conceptions of youth result in conflicting state policies, positions and practices. When considering youth policy challenges and opportunities, it is wise to retain the multiplicity and extension of conceptions of children and youth, for these are central to the current debates (Schwartz et al. 2005; Bynner 2005; Gauthier 2001; Hollands 2001; Arnett 2000; Postman 1982). 112 Youth in Plural Cities - A Canada-France Comparison: Policy Issues and Development By virtue of their professional responsibilities, policy makers and practitioners in many fields are called upon to see beyond broad social views of children and youth so as to support their strengths, legitimacy, diversity and vitality. 2. Issues and Background to the Comparison: Canada and France In both countries, the increasing presence and claims of pluralist populations are at the heart of public debates focussing on the meanings of citizenship, integration, and pluralism. Four issues inform the two-country comparison of the impact of policy on young people and society: Youth’s view of themselves and their construction of a sense of community and belonging to a particular ethno-cultural, regional or national group, or lack thereof; Young people’s creation of their own opportunities and approaches to engagement; The types and effects of current cultural and citizenship policies of integration; and New directions for integrative youth policy development. Each issue is addressed in turn in one of the sections below, drawing from governmental sources and research to inform a synthetic review, without however seeking to be either exhaustive or comprehensive. Official multiculturalism is synonymous with Canada, a federated state constituted of many peoples and groups. This policy is anchored legislatively and constitutionally, alongside official bilingualism, in 1971 and 1969 respectively (van Wyck/ Donaldson 2006). Canadian diversity includes Aboriginal peoples, two official language communities – French and English, and a long history of immigration. Immigrants of many backgrounds have become integral to the social, economic and political fabric and have shaped Canadian identity and consciousness. Immigration now accounts for more than half of Canada’s total population 113 Prof. Yvonne Hébert PhD growth and for 70 % of the net growth of the labour market (Wayland 2006). Approximately one out of every five Canadians would be visible minority in 2017, with new immigrants mostly from East and South Asia, the Middle East and Africa (Bélanger/Malenfant 2005). Yet Canadian multiculturalism is critiqued as being a myth, with recent visible immigrants experiencing more difficulties in gaining recognition of their credentials and hence, employment, than previous generations (RBC 2005). The paradox of multiculturalism lies in its ability to incorporate diversity but also to neutralise dominance and legitimacy while anesthetising racism and resistance (Bannerji 2000; Sefa Dei/Calliste 2000; Henry et al. 2006). France is a republican nation-state, without a multiculturalism policy. The notion of citizenship, expressed as ‘nationalité’, is based on a universal understanding of ‘nation’ as state. A second notion, ‘laïcité’ or secularism, reinforces nationality, within its strongly integrative Republican model, promoted by the educational system (Lagrée 2000). Yet discrimination is a longstanding issue for minorities from the former French colonies or areas that were formerly under French influence, notably those from the Maghreb and sub-Saharan Africa. France has been criticized for not recognizing itself as an immigrant-receiving country and for rendering immigrants invisible and peripheral (Brinbaum 2004). Entry into the workforce as well as access to housing and to educational opportunities, have all proven to be very difficult for recent immigrants. The term, ‘multiculturalism’, fails to enter the public debate on the changing nature of French society, and is received with much reticence, such that it can hardly be spoken without using stereotypes and clichés that simplify understanding (Lagrée 2000). 3. Youth Identifications, Sense of Community and Belongings Youth’s identifications, sense of community and collective belongings are represented in creative, nuanced images in each 114 Youth in Plural Cities - A Canada-France Comparison: Policy Issues and Development country. The Canadian research focuses on transcultural processes of identification, school completion which affects life chances, on racial and spatial attachments, on the formation of social networks of immigrant youth, as well as young people’s changing understandings of friendship. The French research recognizes systemic racism, strains to hear young people’s voices, and struggles to find a way to cope legitimately with social cohesion in a country that does not recognize its inherent plurality. Yet youth in both countries experience negative outcomes from the lack of access to the labour market (Anisef/Kilbride 2003), the marginalisation of youth and youth gangs, and insidious systemic racism. Issues of equality of opportunity, equality of treatment and equality of outcome underscore complex diverse layered inclusions and exclusions of youth in both societies. Youth in Canada create themselves with layered practices and understandings of their diverse identifications. Their emerging sense of community and negotiation of belongings provide rich, nuanced portrayals, although somewhat mixed when placed in juxtaposition with barriers to integration. Several themes weave through this research: the impact of immigrant status, gender, race, and discourse on completion rates at the secondary level; struggles with racialized identifications, their changing nature and everyday life; social relationships; the discourses of adolescence; youth’s understandings of spatial attachments and the meaning of friendship in the context of migrancy. About half of the refugee youth in Alberta expect to complete high school and continue into post-secondary education, while a third experience some difficulty and the rest, expect not to finish (Wilkinson, 2002). In light of Alberta’s low 75 % high school completion rate, these refugee youth are faring reasonably well. Yet growing up Black is a challenge for youth in a Prairie City where African Canadians are a slim percentage of the population (Kelly 1998). They struggle with race, drawing strength and resilience from a range of sources of identity including community 115 Prof. Yvonne Hébert PhD and popular culture. Relating to peers, maintaining friendships and connections with people from the Black churches, is particularly important to cope with daily racial slurs. The youth hang out, dance, settle disputes, use patois to distinguish themselves, and return the gaze of others. They are deliberative in their difference, as they come to understand themselves and others in an imperfect world. In Toronto, youth situate themselves amidst symbols of difference, globalisation, diaspora, and race at the intersection of spatial practices and routes, ambivalence, and subjectivity (Yon 2000). These youth create their identifications by exchanging relationships, modifying their discourses, cultural forms and expressions. Relationships of belonging shift and are shaped by racist practices that marginalize, alienate and brutalize. They engage complexities and incompleteness of everyday social life in a globalised and globalising world (Yon 2000). Be it in a Toronto or a Prairie City (Kelly 1998), female black youth learn to cope with gossip and with double standards in inter-racial relationships. Teenage girls in Toronto invest, deploy and experience the discourses of adolescence – storm, becoming, at-risk, social problem, and pleasurable consumption – in relation to each other (Raby 2002). A framework for new modes of being takes up notions of transculturation (Hoerder et al. 2006; Hébert/Murji 2006; Hébert et al. 2003); glocal spaces (Sicakkan 2005); locality (Appadurai 1996); and cultural flows (Hannerz 1987). Calgary youth’s relationships, attachments and belongings, social networks and cultural flows occur in glocal spaces of possibility (Hébert 2006a, b). Such youth draw themselves simultaneously in the present and in the past, in different locales, near/distant, in two or more countries, sometimes with an imaginary past/future return to the country of origin or of passage. Their social networks ebb and flow over time, with the number of friends increasing in the new country and decreasing in countries of origin and passage. Transforming 116 Youth in Plural Cities - A Canada-France Comparison: Policy Issues and Development their understanding of friendship, they represent their relationships, in horizontal networks of consensus and mutuality, and in hierarchical networks of alternating dominance. The horizontal is very frequent in the first two years of settlement, the hierarchical ones dominate during a middle stage of integration (3-9 years in country), with the horizontal one revealing a sense of equilibrium after a decade or more in Canada (Hébert et al. 2003). Thus, youth are deliberative in exploring possibilities of identifications and belongings. Discourses are powerful in constructing potential for agency and/or resistance among teenagers. Having multiple transcultural frames of reference is not unusual in Canadian contexts given that youth integration is a vital long-term process of some ten-to-fifteen years or more. The integration of youth of immigrant origins in France is a burning social policy issue as part of the citizenship debates that rage in all pluralist democratic countries. Youth in France have been rioting in the streets since 2002, with the social unrest reaching critical proportions and receiving international attention three years later (Brouard/Tiberj 2005). Yet, the French government vaguely refers to the fiery riots as ‘la crise des banlieues’. In the same suburbs, tensions were mounting in fall 2006, a year after the tragic death of a young man by electrocution while fleeing the police. Generally, youth’s prospects are little improved in spite of announced government measures. The portrayal of youth at the time of ‘la crise des banlieues’ may be drawn on the basis of personal observations, journalistic accounts, conversations with youth, and research. Parisian suburban youth compare the freeway ring around Paris to the Berlin wall, and explain that residents within the perimeter, ‘les Parisiens’ dare not venture into the territory beyond, perceived to be dangerous, and vice versa, the suburbanites have no geography of the inside.1 Their geographic knowledge ends at the entry gates, that is, where the subway lines cross ‘les portes’, which constitute concrete symbols of spatial exclusion for these youth. 1 Personal observations and conversations with young people, Dirk Hoerder (U Bremen; Arizona State University), urbanist and historian, visiting scholar, teaching at Paris VIII, e-mail dated 30/04/2006. 117 Prof. Yvonne Hébert PhD The Parisian suburbs are enclaves mostly for social reasons (Vieillard-Baron 2001). A train and its gate can be a place of rupture, keeping people out of the centre of the city, socially, symbolically and in reality; yet these can also be places of passage and access to mainstream society. ‘Les quartiers’ are enclaves, given their isolation from the centre, their poor integration into the mainstream, especially in terms of public transportation, and other disadvantages. This places suburban youth in a process of fragmentation, exacerbated by globalization, yet in networks, linked instantly by the new communication technologies. Nonetheless, the inter-group differences are small, once the stories of violence are not placed centre-stage (Brouard/Tiberj 2005). The Maghrebins and their French counterparts are remarkably similar, in terms of social distance, shared values, and the negligible influence of religion on attitudes. The two groups are somewhat dissimilar, with the French of immigrant origins politically more to the left, more attached to religion, more anti-Semitic, more attached to democracy, more sexually intolerant, less authoritarian, but with a higher sense of insecurity. Social class however does seem to have an effect on these youth: a French worker of African or Turkish background is more likely to see him/herself as more ‘French’ than a French carpenter who is more likely to see himself as a ‘worker’. All is not well in Canada either, as some youth also experience difficulties integrating into society, with considerable media attention to ‘street gangs’. An important distinction exists however between ‘social gangs’ of like-minded friends and acquaintances; and less frequent ‘criminal gangs’ who have very high levels of criminal offending and illicit drug consumption. Criminal gang membership, in Toronto and Montréal, is more enduring among severely disadvantaged youth who have become totally disengaged from mainstream society and the legitimate opportunity structure (Perreault/Bibeau 2003; Wortley/Tanner 2006; O’Grady/Gaetz 2004; Kelly/Caputo 2001). The majority of serious 118 Youth in Plural Cities - A Canada-France Comparison: Policy Issues and Development gang members in Toronto are Canadian-born whites (Wortley/ Tanner 2006). These youth are sick at heart from a lack of friends, social exclusion, isolation and the absence of interpersonal social networks and of collective social referents, the retreat of religious beliefs, and the weakening of common values (Perreault/Bibeau 2003). School failure and peer rejection are the first indicators of future difficulties, followed by drug use and police arrests in mid-adolescence, bringing youth to view the world as basically unfair and to define themselves in opposition and marginality. Current criminal gang membership is strongly related to low levels of parental education, high levels of parental unemployment, residence in public housing projects and subjective assessments of lower class position. Girls living on the street are particularly at risk (O’Grady/Gaetz 2004). Living in a public housing project is a very strong predictor of gang activity, with the particular combination of poverty with specific geographical local, making housing projects ideal breeding grounds for youth gangs. Youth gangs are a domestic phenomenon, with roots in the Canadian experience, marked by social class and social alienation. Produced by an intolerant society, these are the children of poverty, racism and violence (Perreault/Bibeau 2003; Schissel 1997). Systemic exclusion in France is rampant, in light of hideous housing in urban perimeters, a harsh educational system, oppressive policing, and an economic system that leaves these youth massively unemployed in a myopic society with a huge race-andpoverty gap due to economic policies that are unfavourable to these social classes (Sabeg/Méhaignerie 2005; Brouard/Tiberj 2005; Charlot 1999; Djouder 2006; Smith 2004). The educational system has two tracks, a preferential track for elite students that leads to the very best classes and schools; and a vocational track for the remainder of the school population, including most youth of immigrant background, including the second and third generations born in France. 119 Prof. Yvonne Hébert PhD Life and learning in ‘les lycées professionnels’ (vocational high schools) in suburban Paris is challenging. For the heterogeneous youth populations in such schools, nicknamed, “la voie des garages”, the specific meanings of secondary schooling are less than clear (Charlot 1999). School knowledge is not valued, but then neither is professional knowledge. The objective is to obtain the equivalent to a high school diploma that will make work life possible in a good job and then to live a normal life where family happiness is the focus. The world of these youth is centered on relationships, affections, and learning, linked to personal development. Centered more on others than themselves, the identities of these youth are defined within a rapport to the world, to others and to oneself, in a combat between the forces and principles of ‘life’ and ‘my life’. The rapport of these youth to the world is that of personal involvement and relational proximity, and not an objective order. For girls, a positive affirmation of self occurs within the family and at school; for boys, affirmation is located in ‘la cité’, the huge apartment complexes in perimeter areas of Paris. For boys, the vocational high schools require more self-control; and for girls, more personal valuing. Nonetheless, these youth are constantly at risk of exclusion in either of three ways: a rupture of the social and or of the collective; and the loss of a positive self-image (Charlot et al. 1992; Hannoun 1987). At the heart of the French debate, youth identifications and inter-group relations are interwoven with issues of race, religion, political stances, value systems, integration, equity, identity and community belonging. Contextualized by the results of recent election and current social events, these polemic debates undermine the French republican model of integration. The malaise in urban schools in France is observable in major cities in Canada, albeit to a lesser degree. These signs include high drop-out rates, poor attendance, boredom, lack of motivation, lack of achievement, inequity in achievement, high remediation rates, lack of job performance, serious and pervasive school 120 Youth in Plural Cities - A Canada-France Comparison: Policy Issues and Development violence, and high student anxiety. An important growing underclass, linked to poverty and scarcity of full-time permanent employment for youth, exists in both countries. Accessing only lowpaying jobs limits the potential of young people to be productive contributors to adult society and to be efficacious active citizens. In the global economy, youth are workers and consumers, spending their limited income on fashion and leisure items as part of the prevailing consumer culture (Côté/Allahar 2006; Klein 2000). What is most important is the recognition of the economic disempowerment and political disenfranchisement of all youth. There are immediate social policy implications for restructuring society to assure normative economic, social, and political benefits for all youth, and for enhancing the quality of schooling, the settlement and integration experiences, as well as pluralist understandings and practices of citizenship that enhance mutual recognition, empathy for one another’s views, and benevolence towards others. 4. Youth’s Approaches to Engagement Young people’s citizenship is often considered to be problematic. Youth are often perceived as apathetic to political participation, uninvolved in voting, uninterested in volunteering and government, lacking political knowledge, and ignorant of their rights (Boisvert et al. 2002; Hudon/Fournier 2003; Quéniart/ Jacques 2004). Yet there is ample evidence to the contrary. Sensitive to increasing pluralism and to their own diversity, most young people believe and accept Canada’s policy of multiculturalism (Lee/Hébert 2006; Lévesque 2003; Charland 2003). Ethno-cultural youth decry the loss of values, family communication and social framework in their country of adoption, which brings about solitude, anomie and violence. At the same time, youth value freedom, equality and pluralism, defining themselves with these social policies, which permit them to explore and play with cultural identifications. For the most part, they accept 121 Prof. Yvonne Hébert PhD social rules for living together, develop respect, moderation and tolerance as part of citizenship, and accept that differences and tensions that follow are inevitable. Many recognize that society is composed of a plethora of antagonistic groups, some of which are marginalised. More specifically, many realize that citizens are not powerless, that they can interact to improve problem areas such as racism and sexism; that they can initiate within institutions and in civil society, such that justice and equity prevail. Most recognize that the social contract that is Canadian democracy is founded on freedom, respect of others, equality, justice, social and cultural rights, access to employment and revenues for all. Thus, citizenship is a contingent, life-long project, which can be either inclusionary or exclusionary for young people who engage constructively in their communities. In terms of social policy, giving greater prominence to the constructive social participation model of citizenship requires shifting from interventions that promote student vote and formalized community service, in favour of recognizing and supporting what young people believe and do as citizens. 5. Types of Integration Policies and their Effects The two countries exemplify different approaches to cultural rights, integration and citizenship policy. Canada’s multiculturalism policy and law value cultural retention and diversity. Originating in the early 1970’s, this policy seeks to reduce societal tensions and to accommodate peacefully the various collectivities in Canadian society: the French-English divide, the Aboriginal peoples now recognized politically as nations, and many ethnic groups. This cultural policy and law permits a multiplicity of cultural identifications, two official linguistic identifications, and supports a political identity as Canadian. France does not have a policy of cultural diversity, given its strong republican stance of universalism. The only basis in law is 122 Youth in Plural Cities - A Canada-France Comparison: Policy Issues and Development that the constitutional guarantee of the equality of human rights applies to cultural diversity, in other words, as part of a right to work. All are expected to benefit from a shared body of human rights as enshrined in the French constitution. To deal with the youth crisis, 2006 was declared to be the Year of Equality of Opportunities, with employment, education and social policies, originating in the Prime Minister’s office and delegated to a minister of ethno-cultural background. At the time of writing, promised funding and programs had not materialised. Instead, what captured public interest was a private sector initiative: an innovative Charter of Diversity in Business initiated by two researchers, picked up and led by business and professional associations, with well over 700 enterprises. A significant inverse relationship exists between the social climate created by state policy and current concerns with the increasing presence and claims of pluralist populations at the heart of public debates focussing on the meaning of citizenship, social cohesion, and national/political identity. With harsh assimilation as de facto policy position, it is France that has endured the most widespread revolt and that treats its young to the most extreme forms of poverty, spatial segregation, systemic exclusion, political disenfranchisement, and economic disempowerment. Given the weight of Canada’s social policies including multiculturalism in a bilingual context as the law of the land, youth experiences are more muted. There is however reason to worry. These policies and laws camouflage on-going tensions between groups, tensions borne by young people who are nonetheless subjected to economic, social and political disadvantage. Policy development must then be cognizant of the strong linkages between poverty, spatial segregation, systemic exclusions, economic disempowerment, and political disenfranchisement of all youth. New social policies must focus on spatial segregation, poverty, and exclusions from the labour market. Without improving the relative social position 123 Prof. Yvonne Hébert PhD of disadvantaged populations and taking gender into consideration, social policies, programs and other gang suppression efforts are likely doomed. “The greater the suffering of new immigrants, the greater the risk that their Canadian-born children will turn to gangs as a means to attain power, money and respect” (Wortley/ Tanner 2006: 34). Overcoming insidious forms of racism would require embracing difference and making changes in the existing social, economic, and political order, to develop a policy of difference and integrative citizenship as well as practices that ameliorate the low status of immigrants, recognise their contributions and credentials, and create space for multiple voices and perspectives. Thus, in both countries, youth are seriously affected by economic disempowerment and political disenfranchisement. It is with finely-tuned formulations of policy and human rights that governments have the power to modify and lessen the economic, cultural, social and political impacts on the young. 6. New Policy Directions A new lexicon and paradigm are needed for policy development. The categories and constructs that we think with limit views and visions of our societies, and flaw research and policy. The meanings of social categories, difference and integration, give cause for critical reflection and are preliminary to building policy capacities and recommendations (Li 2003). As social categories, the terms ‘race’ and ‘ethnicity’ are problematic. As used in popular discourses, ‘race’ refers to a category of people to be feared, disparaged, segregated, and disadvantaged (Pain 2001). First used to distinguish minor differences between European populations, the ill-defined term, ‘ethnicity’ is poorly suited for plural societies (Brunsma/Tockquemore 2001). As a cover term for culture, race, and religion, its usage blurs understanding, obfuscates and neutralises dominance. Discrimination is deeply embedded in hidden conceptions of self and ‘other’, in 124 Youth in Plural Cities - A Canada-France Comparison: Policy Issues and Development the ways in which a dominant group constructs what counts as knowledge and difference. The meaning of ‘difference’ has changed also over time. The conversation today is about identity as a strategic, performative competence that acknowledges a desire to affirm identities and to transcend them. Imagining the cultural other is the first step in building a civic identity (Hébert 2001; Abowitz 2002; Hoerder et al. 2006). Such strategic identifications evoke and involve rights and responsibilities for deliberation and participation. Imagining the other as a citizen and the process of integration is a two-way street. Successful integration would, henceforth, refer to the “process of granting citizenship rights and social entitlements to newcomers and allowing them to exercise these rights, including the right and legitimacy to challenge the status quo, the right of contestation, the legitimacy of dissent, and the entitlement to be different” (Li 2003: 333). Thus, integration includes newcomer youth in a democratic process of participation, deliberation, and negotiation, to shape the future with other citizens. As commonly used, the term, ‘integration’ is understood as assimilation, especially in France. Officially, in Canada, ‘integration’ refers to the desirable way by which newcomers should become members of the receiving society. Nonetheless, prevailing discourses endorse a conformity model in assessing immigrants and a monolithic cultural framework that preaches tolerance in the abstract, but remains intolerant toward cultural specificities deemed to be outside the mainstream (Li 2003). With planetary flows of ideas, images, culture, people, finance and commodities, the idea of multiculturalism is increasingly relevant to a postmodern globalised age (Samad 1997). Yet its detachment from a duly constituted body of policies and laws means that it floats as a global solution to the national problems and practices of a country, whatever the case may be. Without being inscribed in constitutional law guaranteeing rights and responsibilities, without clear implementation procedures, with- 125 Prof. Yvonne Hébert PhD out a clear understanding of integration, multicultural policy is doomed to failure in everyday life. Adopting a model of socially constructive and integrative citizenship, policy could, for instance, recognize the altruism that underlies youth participation in everyday life as part of a general reciprocity of mutual relations, helping people, being a good neighbour, supporting the vulnerable, participating in political action and awareness-raising (Smith et al. 2005). Taking up this salient vision of youth citizenship, policy could also support political action and awareness-raising initiatives created by or with youth leadership. To sustain youth’s engagement in fundamental identity work as part of citizenship, policy could recognize and support initiatives that explore and celebrate multiple belongings and political identification, that support youth in negotiating places, times and relationships in a variety of landscapes from postmodern and critical perspectives. Policy matters. It imagines a vision for society, defines its cultural, structural and social plurality, and predicts consequences in different societies or part-societies. Social policy heavily influences the integration of migrant groups into a society (Samad 1997; Lyon 1997). Tracing differentiated paths through broad educational routes to different destinations in the workplace and in the postsecondary system exemplifies the scope and complexity of the issue. Effective youth policy needs to be inclusive. This means loosening the traditional boundaries that stand in the way of opportunity while enabling emerging adults to take advantage of them (Bynner 2005). To genuinely integrate newcomer youth, policy development would take up a long term perspective. What is needed then is a new articulation of policy and law in countries that wish to embody a societal vision, one that favours youth-specific and youth-friendly policies, places and programmes. New policies would clarify the meanings of multicultural and integrative principles and make possible creative solutions that embrace youth and that open possibilities for better 126 Youth in Plural Cities - A Canada-France Comparison: Policy Issues and Development understanding among peoples and that recognize a ‘deep diversity’, i.e., a diversity of diversities across all domains of life. A policy of difference and integrative citizenship is one that lives every day and recognizes every person. Such a policy favours the development of ways to live together peacefully. All citizens would have a duty to the future which, for youth, would mean the development of a life project for the future (un devoir d’avenir), albeit one that is revisited from time to time. In support of this responsibility, government policies could favour programmes for youth that: Develop friendship networks based on relationships between youth learners, friends, family, teachers, adult workers, etc.; Reward young people for what they already do, helping others, as valuable citizenship contributions; Create authentic workplace experiences wherein youth enrolled in studies, learn to take on the responsibilities of work, without neglecting their studies or dropping out of school; and Create new cultural forms and flows, within countryspecific and global frames of reference. Government could also join with communities, cities and other partners, including philanthropic interests, to: Sustain community-based programs which positively extend and enhance youth’s learning and their social networks and that support parents; Establish public spaces and resources for cultural expression, recreation and sports; Establish world-class centres for global citizenship which cater to youth; Create and sustain public glocal spaces, where difference is commonplace and is taken for granted; Create institutions and workplaces that eliminate systemic exclusion; 127 Prof. Yvonne Hébert PhD D evelop housing and urban areas that eliminate spatial segregation; and Adopt an economic model that eliminates poverty, economic disempowerment and political disenfranchisement. Such policy developments accept youth as they are, with all their creativity and explorations; support youth as they struggle with global forces; and create society as a closer and tighter weave of relationships, without exclusions that oppress and/or discriminate. 128 Youth in Plural Cities - A Canada-France Comparison: Policy Issues and Development References Abowitz, K. K. (2002): Imagining citizenship: Cosmopolitanism or patriotism, in: Teachers College Record, August 12. Anisef, Paul/Kenise, Murphy Kilbride (Hg.) (2003): Managing two Worlds: The Experiences and Concerns of Immigrant Youth in Ontario, Toronto: Canadian Scholars’ Press. Appadurai, A. (1996): The Production of Locality, in: Appadurai, A.: Modernity at large: Cultural Dimensions of Globalization, Minneapolis & London, U Minneapolis Press, 178-1999. Arnett, J. J. (2000): Emerging adulthood: a theory of development from the late teens through the twenties, in: American Psychologist 55, 469-480. Bannerji, Himani (Hg.) 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Mit der bewusst und gezielt geförderten Arbeitsimmigration entstand in Deutschland seit Mitte der 1950er Jahre allmählich ein Integrationsproblem, das zunächst nicht als solches wahrgenommen wurde: In den 1950er und 1960er Jahren gab es keinerlei einschlägige Debatten im Blick auf die (zunächst auch noch wenigen) ausländischen Arbeitsmigranten. Das änderte sich erst in den 1970er Jahren, in denen deutlich wurde, dass die angeworbenen Arbeitskräfte häufig länger als für „Gastarbeiter“ vorgesehen im Land blieben und auch Familien mit Kindern hatten, die qualifiziert werden mussten. Man ging in dieser Phase der „Ausländerpädagogik“ davon aus, dass die Migranten mit ihren Familien nach einigen Jahren der Arbeitstätigkeit in der Bundesrepublik in ihre jeweiligen Heimatländer zurückkehren würden. Die Ausländerkinder sollten dementsprechend vor allem für die Rückkehr qualifiziert werden; die Qualifizierung in der Herkunftssprache und -kultur galt somit als zentrale Aufgabe. Im Blick auf die deutsche Kultur galt eine für das Überleben im Alltag hinreichende Mindestqualifizierung als angemessen. Die Pädagogik für die deutschen Kinder konnte nach diesem Konzept unverändert bleiben; sie hatte wie eh und je die Aufgabe der (monokulturellen) Integration der Kinder in die deutsche Kultur. 136 Integration an deutschen Schulen Indessen erwies sich dieses Konzept schon in den 1970er Jahren als illusionär; sehr viele Arbeitsmigranten wollten aus unterschiedlichen Gründen mit ihren Familien auf Dauer in der Bundesrepublik bleiben. Die mit dem Anwerbestopp (1973) für Arbeitskräfte aus Ländern außerhalb der Europäischen Union (d.h. damals insbesondere: Menschen aus der Türkei) verbundenen, entsprechenden Zuzugsregelungen machten dies dann auch möglich. Pädagogisch folgte daraus das neue, in den Grundzügen in den späten 1970er Jahren entwickelte Konzept der „multikulturellen“ Bildung, das im Blick auf die Ausländerkinder unter der doppelten Perspektive von Differenz und Integration stand; es sollte nun darum gehen, den Ausländerkindern eine angemessene Qualifizierung in ihrer Herkunftskultur (auch mit der Option der Rückkehr in das Herkunftsland) und zugleich eine angemessene Qualifizierung für die Integration in die deutsche Gesellschaft und Kultur zu ermöglichen. Auch dieses Konzept war noch auf die Ausländerkinder konzentriert, im Blick auf die Integrationsperspektive assimilativ und dementsprechend weitestgehend folgenlos für die Pädagogik für die deutschen Kinder. Eine neue Stufe konzeptioneller Entwicklung wurde erst Mitte der 1980er Jahre mit den Ansätzen der „Interkulturellen Pädagogik“ erreicht. Die wichtigste Differenz zu den vorangegangenen Konzepten lag in der Erweiterung der Perspektive auf alle Kinder: Interkulturelle Pädagogik ging und geht davon aus, dass die Migration nicht nur für die Migrantenkinder, sondern auch für die deutschen Kinder eine prinzipiell neue Situation herbeigeführt hat, die dementsprechend eine neue Bildungsperspektive für alle Kinder erforderte. Interkulturelle Pädagogik ging und geht von der Vielfalt aus und will sie positiv würdigen (Prengel 1995; Auernheimer 2003; Gogolin et al. 2003). 137 Prof. Dr. Eckart Liebau Während die konzeptionelle Entwicklung damit zu einem gewissen integrativen Konsens geführt werden konnte, führte die tatsächliche empirische Entwicklung eher zu einer Stärkung segregativer Tendenzen. Zwar bemühten sich manche Schulen durchaus um angemessene interkulturelle Angebote, aber im normalen Schulalltag erwies sich ein Migrationshintergrund für große Gruppen als sehr nachteilig. Um die aktuelle Bedeutung des Themas sichtbar zu machen, empfiehlt sich ein Blick auf die empirische Situation.1 2. Die empirische Situation Einen sehr guten Überblick über die empirische Situation bietet der 2006 erschienene Bericht des Konsortiums Bildungsberichterstattung „Bildung in Deutschland“, der eine ausführliche Darstellung zum Thema Bildung und Migration enthält. Die besondere Bedeutung des Berichts folgt daraus, dass hier statistisch erstmals nicht die Frage nach der Staatsangehörigkeit und damit die Trennung zwischen deutschen und ausländischen Staatsbürgern, sondern die pädagogisch viel wichtigere Frage nach dem Migrationshintergrund und damit die Trennung zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund zugrunde gelegt wurde.2 Die folgenden Graphiken stammen aus diesem Bericht. 138 1 Einen allgemeinen Überblick über die Migrationssituation in Deutschland bietet der Migrationsbericht 2005 (Bundesministerium des Innern 2005). 2 Dabei werden freilich die ersten Migrantengruppen (Vertriebene und Flüchtlinge) ebenso wenig berücksichtigt wie die neueren innerdeutschen Wanderungsbewegungen, z.B. von Ost nach West und von Nord nach Süd. Angesichts der nach wie vor sehr großen regionalen und kulturellen Differenzen müsste ein vollständiges Bild auch diese Wanderungsbewegungen aufnehmen: die Differenz zwischen ostfriesischer und oberbayerischer Kultur dürfte schließlich in vielen Hinsichten erheblich größer sein als die zwischen ostfriesischer und niederländischer Kultur einerseits, zwischen oberbayerischer und tiroler Kultur andererseits Integration an deutschen Schulen Die erste Graphik zeigt die demographische Struktur nach Migrationshintergrund und Herkunftsregionen. Hier wird bereits der Umfang und die große Heterogenität der Migration sichtbar: ein knappes Fünftel der Bevölkerung (18,6 %) hat Migrationshintergrund, der sich äußerst vielschichtig darstellt. Graphik 1: Bevölkerung 2005 nach Migrationshintergrund und Herkunftsregion (Konsortium Bildungsberichterstattung 2006: 141) 139 Prof. Dr. Eckart Liebau Für die Frage nach der Bildung besonders bedeutsam ist die junge Generation, also die Bevölkerung im Alter von unter 25 Jahren. Hier zeigt sich bereits eine entscheidende Tendenz: Je jünger die Bevölkerung, desto größer der Anteil mit Migrationshintergrund: 27,2% der Bevölkerung unter 25 Jahren hat einen Migrationshintergrund (Graphik 2). Graphik 2: Bevölkerung im Alter von unter 25 Jahren nach Migrationshintergrund und Migrationstypen (in %) (Konsortium Bildungsberichterstattung 2006: 142) 140 Integration an deutschen Schulen Das pädagogisch vielleicht wichtigste Ergebnis auf dieser demographischen Ebene zeigt die folgende Graphik 3. Je jünger die Kohorten, desto höher wird der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund: Graphik 3: Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund 2005 nach Altersgruppen und Herkunftsregionen (in %) (Konsortium Bildungsberichterstattung 2006: 143) 141 Prof. Dr. Eckart Liebau Je jünger die Gruppen, desto höher der Anteil der in Deutschland Geborenen; gleichzeitig setzt sich aber die Zuwanderung auch älterer Kinder und Jugendlicher fort (Graphik 4). Pädagogisch folgt daraus die Notwendigkeit, auch für diese Gruppen ein entsprechendes Angebot entwickeln und anbieten zu müssen. Graphik 4: Bevölkerung im Alter unter 25 Jahren mit Migrationshintergrund 2005 nach Zuwanderungszeitpunkt und Altersgruppen (in %) (Konsortium Bildungsberichterstattung 2006: 143) 142 Integration an deutschen Schulen Das Bild gewinnt an Kontur und Schärfe, sobald soziologisch differenzierende Kategorien eingeführt werden. So zeigt sich schon am Bildungsstatus, dass die Bevölkerung mit Migrationshintergrund im Durchschnitt über einen deutlich schwächeren Bildungshintergrund verfügt als die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund. Die Arbeitsmigration nach Deutschland in Industrie und Dienstleistung war im Kern eine Unterschichtenmigration, d.h. eine Migration gering qualifizierter Bevölkerungsgruppen. Das zeigt sich auch an der folgenden Graphik 5: Graphik 5: Bevölkerung im Alter von 25 Jahren bis unter 35 Jahren 2005 nach Migrationshintergrund, ausgewählten Bildungsabschlüssen und Geschlecht (in %) (Konsortium Bildungsberichterstattung 2006: 147) 143 Prof. Dr. Eckart Liebau Sehr viel präziser wird das Bild, wenn man den Schulbesuch und die Bildungsgänge fokussiert. Sie zeigen einen weit überdurchschnittlichen Anteil der Jugendlichen mit Migrationshintergrund in den Hauptschulen. Die Daten des Programme for International Student Assessment (PISA) der OECD (Organisation for Economic Cooperation and Development) erlauben eine solche Differenzierung. An Graphik 6 wird zugleich sichtbar, dass es insbesondere die Türkischstämmigen, die Jugendlichen mit Aussiedlungshintergrund und die Jugendlichen aus den sonstigen ehemaligen Anwerbestaaten sind, die überdurchschnittlich in den Hauptschulen und damit dem unteren Bildungsgang vertreten sind. Graphik 6: Migrantenanteil 2000 in den Schularten der Jahrgangsstufe 9 nach Herkunftsregionen (in %) (Konsortium Bildungsberichterstattung 2006: 152) 144 Integration an deutschen Schulen An den Schulen der Sekundarstufe I gibt es insgesamt einen sehr starken Zusammenhang zwischen dem mittleren sozialen Status der Herkunftsfamilien und dem Migrantenanteil an der Schule. Je geringer der soziale Status, desto höher der Migrantenanteil und desto deutlicher die Konzentration in der Hauptschule (Graphik 7): Graphik 7: Mittlerer sozialer Status der Herkunftsfamilien und Migrantenanteil an Schulen der Sekundarstufe I 2004 nach Schulart (Konsortium Bildungsberichterstattung 2006: 162) Quelle: DESI 2004, eigene Berechnungen 145 Prof. Dr. Eckart Liebau Kinder mit Migrationshintergrund finden sich dementsprechend besonders häufig in Schulen mit hohen Migrantenanteilen. „Etwa jeder vierte Jugendliche mit Migrationshintergrund, aber nur jeder zwanzigste Jugendliche ohne Migrationshintergrund besucht eine Schule, in der Migranten die Mehrheit stellen.“ (Bildungsbericht 2006: 162) Graphik 8: Migrantenanteil in der besuchten Schule für Schüler der 9. Jahrgangsstufe mit und ohne Migrationshintergrund (in %) (Konsortium Bildungsberichterstattung 2006: 163) 146 Integration an deutschen Schulen Vor diesem Hintergrund ist es nicht mehr überraschend, dass die Testleistungen der Migrantenkinder bei PISA unterdurchschnittlich ausfallen (Graphik 9). Graphik 9: Testleistungen Mathematik und Lesen bei 15-Jährigen (PISA 2003) nach Migrationsstatus in ausgewählten Staaten (in Kompetenzpunkten) (Konsortium Bildungsberichterstattung 2006: 174) Hoch problematisch ist dabei vor allem, dass die Testleistungen der zweiten Generation noch schwächer sind als die der ersten. Während in Kanada und Schweden die zweite Generation bereits erheblich bessere Testleistungen erbringt, gehen in Deutschland die Leistungen weiter zurück. Die Hintergründe sind wiederum vielschichtig; ökonomische, politische, kulturelle, soziale, religiöse, aber auch schulische Aspekte spielen dabei zusammen und behindern bessere Leistungen und Integrationserfolge. 147 Prof. Dr. Eckart Liebau 3. Pädagogische Perspektiven Nach diesen Befunden ist deutlich, vor welchen Herausforderungen das Bildungswesen in Deutschland insgesamt und die Schule insbesondere stehen: Integration stellt eine außerordentlich komplexe Aufgabe immer höherer Bedeutung dar. Die Heterogenität wächst; Kinder mit unterschiedlichem Migrationshintergrund stellen einen immer größeren Teil der jungen Generation und damit auch der Schülerschaft. Die Situation der Migrantenkinder ist sehr unterschiedlich. Probleme entstehen insbesondere dann, wenn kulturelle Fremdheit, schwache sprachliche Kompetenz (geringe oder vollständig fehlende Deutschkenntnisse) und schwacher sozialer Status zusammentreffen. Es gelingt der Schule bei diesen Gruppen bisher nicht hinreichend, auch nur die grundlegenden Kompetenzen (Lesen, Schreiben, Rechnen) auf angemessene Weise zu vermitteln und zu sichern. Damit gelingt es der Schule zugleich nicht, die Kompetenzdefizite dieser Gruppen soweit auszugleichen, dass eine chancengleiche Partizipation möglich würde; die Hürden für den Schulerfolg, für den Übergang auf weiterführende Bildungsgänge und für das Erreichen höherer Bildungsabschlüsse sind bei diesen Problemgruppen deutlich höher als bei den anderen Schülern mit oder ohne Migrationshintergrund („doppelte Selektivität“). Was folgt aus dieser differenzierten, sehr heterogenen und komplexen Situation? Es ist hier natürlich nicht möglich, die Fülle der Einzelkonzepte vorzustellen; deutlich ist jedoch, dass Kompetenzvermittlung und Integration nicht erst in der Schule beginnen dürfen, sondern so früh wie möglich in der frühkindlichen und vorschulischen Pädagogik ansetzen müssen, 148 Integration an deutschen Schulen d ass auf Dauer nur sozialräumlich ansetzende, vernetzte Konzepte aussichtsreich sind, die systematisch die familialen und sozialen Kontexte in der pädagogischen Arbeit berücksichtigen und aktiv einbeziehen, dass dementsprechend schulische, sozial- und kulturpädagogische Angebote von vornherein aufeinander zu beziehen sind, dass spätestens vom Kindergartenalter an Ganztagseinrichtungen erforderlich sind, in denen nicht Selektion, sondern Förderung und Zusammenleben im Mittelpunkt stehen, dass für die größeren Sprachgruppen systematisch und institutionell bilinguale Angebote entwickelt und angeboten werden müssen, für die kleineren Sprachgruppen aber entsprechend individualisierte Angebote, dass auch das Angebot für die Kinder ohne Migrationshintergrund systematisch im Blick auf die Normalisierung von Migration und Integration weiterentwickelt werden muss. Pädagogisch geht es darum, jedem einzelnen Kind das wichtigste Wissen und Können der relevanten Erwachsenenwelt nahe zu bringen. Je nach Migrationssituation kann der Bedarf ziemlich unterschiedlich aussehen. Einigermaßen klar sind aber die folgenden Bereiche: angefangen bei den Sprachen (Erstsprache und Zweitsprache) sowie den Kulturtechniken (Lesen, Schreiben, Rechnen, Computer) und bei der Mathematik, den Künsten, dem Sport und der Geschichte. Damit ist die Reihe der Bereiche jedoch noch lange nicht zu Ende. Zugleich geht es um die Förderung der künstlerischen, wissenschaftlichen, sozialen Erfindungskraft und des Erfindungsinteresses, um Kreativität und Bereitschaft zur Innovation. Dabei gilt es, nicht nur die Sach- und Fach-, sondern auch die Ich- und die Sozialkompetenz jedes einzelnen Kindes und Jugendlichen nachhaltig zu fördern. Natürlich stellen sich hier nicht nur zahlreiche sehr schwierige methodische Pro- 149 Prof. Dr. Eckart Liebau bleme, sondern insbesondere auch sehr komplexe Kanonprobleme, nicht nur beim Religionsunterricht, sondern auch z.B. bei Geschichte, Sozialkunde, Erdkunde, Sport, den Künsten etc. Der Sinn des Unternehmens liegt darin, dass das Kind allmählich lernt, an der Welt der Erwachsenen aktiv und passiv teilzuhaben, in Arbeit und Beruf, Kunst und Kultur, Politik und Gesellschaft, Wissen und Glauben, schließlich auch im Alltag und in der Freizeit. Das pädagogische Problem besteht dabei vor allem darin, dass das Lehren und Lernen nur mit dem Kind oder dem Jugendlichen zusammen möglich ist, da das Kind in jedem Fall selber lernen muss – Erziehung und Bildung ist eben kein technischer Vorgang. Das Kind muss es selber wollen und selber tun – genau deswegen braucht es die Hilfe des Lehrers. Daher kommt alles darauf an, das Interesse des Kindes zu wecken und zu erhalten. Die besten Beispiele inter- und transkultureller Erziehung und Bildung finden sich daher nicht zufällig im Bereich der ästhetischen Bildung: Die berühmten, schon in den 1980er Jahren entwickelten KIDS-Projekte in Berlin, Augsburg, Nürnberg, Simon Rattles „Rhythm is it“ oder auch das Jacobs-Sommercamp in Bremen. Die Zukunft der interkulturellen Pädagogik liegt in der Kultur. Die Komplexität der Aufgabe ist also gewaltig. Es gibt zahllose, auch sehr kreative Versuche und Ansätze zu Lösungen. Ob sie langfristig gelingen und zum Erfolg führen werden, lässt sich heute noch nicht endgültig beurteilen. Dass sie notwendig sind, steht außer Frage. 150 Integration an deutschen Schulen Literatur Auernheimer, Georg (2003): Einführung in die Interkulturelle Pädagogik, Darmstadt. Bundesministerium des Innern (Hg.) (2005): Migrationsbericht des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge im Auftrag der Bundesregierung, Berlin. Gogolin, Ingrid/Neumann, Ursula/Roth, Hans-Joachim (2003): Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Gutachten für die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung, Bonn: (BLK, Materialien zur Bildungsplanung und Forschungsförderung Nr. 107). Konsortium Bildungsberichterstattung (Hg.) (2006): Bildung in Deutschland. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Bildung und Migration, Bielefeld. Prengel, Annedore (1995): Pädagogik der Vielfalt, (2. Aufl.), Opladen. 151 Autorenverzeichnis Autorenverzeichnis Dr. Petra Bendel Geschäftsführerin des Zentralinstituts für Regionalforschung an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Dr. Michael Griesbeck Vizepräsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Nürnberg Prof. Yvonne Hébert PhD Professorin an der Faculty of Education der University of Calgary, Kanada Dr. Holger Kolb wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl „Soziologie/Methodologie interkultureller und interdisziplinärer Migrationsforschung“ der Universität Osnabrück Dr. Axel Kreienbrink Leiter des Referats „Migrations- und Integrationsforschung: Schwerpunkt Weltweite Migration, Islam, Demographie“ beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Nürnberg Prof. Dr. Eckart Liebau Inhaber des Lehrstuhls für Pädagogik II und Vorstand am Institut für Pädagogik der Philosophischen Fakultät I der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg 152 Autorenverzeichnis Prof. Dr. Rainer-Olaf Schultze Professor für Politikwissenschaft und Geschäftsführender Direktor des Instituts für Kanada-Studien, Universität Augsburg Triadafilos Triadafilopoulos PhD Assistant Professor am Department of Social Sciences der University of Toronto Scarborough, Kanada 153 Impressum Herausgeber: Dr. Petra Bendel und Dr. Axel Kreienbrink im Auftrag des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Frankenstraße 210, 90461 Nürnberg und des Zentralinstituts für Regionalforschung der Universität Erlangen-Nürnberg Bismarckstraße 1, 91054 Erlangen Stand: April 2008 Selbstverlag 1. Auflage Druck: Bonifatius GmbH Druck-Buch-Verlag Paderborn Gestaltung: Gertraude Wichtrey Hinweis der Redaktion: Die in diesem Band abgedruckten Beiträge geben ausschließlich die Meinungen der jeweiligen Autoren wieder, die nicht notwendigerweise der des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge entspricht. Weitere Informationen finden Sie unter: www.bamf.de ISBN: 978-3-9812115-0-4