Berlin for Beginners Semester

Transcription

Berlin for Beginners Semester
19
Monatszeitschrift des Studentenwerks Berlin
Semester
and
Berlin for Beginners
Gratismagazin
Oktober 2005
3. Jahrgang
Editorial
Suppenküche für
Bedürftige und Fastfood
für die Anderen?
Inhalt
Petra Mai-Hartung,
Geschäftsführerin Studentenwerk
Berlin
Start ins Wintersemester 2015. Endlich konnte das Studentenhilfswerk
eine neue Suppenküche für bedürftige Studierende eröffnen. Sie war
dringend notwendig geworden, weil längst nicht alle Studierenden die
Preise bezahlen können, die der weltweite Boulettenschmied, der seine
Burger jetzt auch in der Mensa verkauft, verlangt. Und immer nur
Currywurst vom Imbiss an der Ecke, nein Danke.
Das neue Studentenwohnheim in Hellersdorf lässt auf sich warten, obwohl die Wohnheime im Märkischen Viertel und in Lichtenberg hoffnungslos ausgelastet sind. Möblierte Zimmer bei den legendären
„Schlummermüttern“*, inklusive des Verbots von Damen- bzw. Herrenbesuch, sind knapp und wenig begehrt. Internationale Studierende
verzichten immer häufiger auf ein Studium in Berlin, weil die
Wohnungssuche wenig Erfolg versprechend ist. Erzählungen vom
studentischen Gemeinschaftsleben, von wilden Partys und Prüfungsvorbereitungen in den Studentenwohnheimen kennt man nur noch
aus Erzählungen der Eltern.
Von dieser Zukunftsvision haben sich Mitte September die
Beschäftigtenvertreter und Führungskräfte des Studentenwerks Berlin
auf einem Workshop deutlich distanziert.
Mit dem Studentenwerksgesetz vom Dezember 2004 wurde der
Finanzierungsanteil des Landes Berlin am Studentenwerk von der
Zuwendungs- auf die Leistungsfinanzierung umgestellt. Nun sollen im
Rahmen eines vom Berliner Senat veranlassten Pilotprojekts unter
Leitung des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) die Grundlagen eines ziel- und wirkungsorientierten Controllings im Studentenwerk Berlin ermittelt werden. Zielsysteme sollen erarbeitet und
überprüft und Kennzahlen entwickelt werden. Weitere Workshops
mit Studierenden, dem Senat und den Hochschulen folgten, auf die
Ergebnisse darf man gespannt sein.
Einhellige Meinung der Teilnehmer des Workshops im Studentenwerk
war die Forderung nach einer Weiterentwicklung des Studentenwerks
als der zentrale Dienstleister für alle Berliner Hochschulen.
Abwechslungsreiches, schmackhaftes, gesundes und preiswertes Essen
in den Mensen und Cafeterien, adäquate Wohnheimplätze für alle Bedürfnisse, ein kompetentes und flexibles Betreuungs- und Beratungsangebot für Studierende aller Nationalitäten, Hilfe und Unterstützung
für behinderte Studierende – der „Rundum- Service“ des Studentenwerks soll auch künftig die Berliner Hochschullandschaft bestimmen.
Vom Land Berlin wird erwartet, dass es sich zu seiner Verantwortung
für den Studienort Berlin mit der zuverlässigen Bereitstellung von
Finanzmitteln bekennt und verlässliche Aussagen zur künftigen
Finanzierung des Studentenwerks macht. Das Studentenwerk wird
alle Möglichkeiten nutzen, das Angebot den Bedürfnissen der
Studierenden und Hochschulen entsprechend zu entwickeln.
Vom gegenwärtigen Leistungsspektrum Ihres Studentenwerks können
Sie sich selbst überzeugen: In diesen Tagen beginnt der Lehrbetrieb im
Wintersemester 2005. Wir werden Ihnen auch im neuen Semester ein
zuverlässiger Partner sein. Nehmen Sie uns beim Wort!
Ihre
Petra Mai-Hartung
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Meldungen und Berichte
Aktuelle Informationen aus dem
Studentenwerk
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Meldungen und Berichte
Aktuelle Informationen aus dem
Studentenwerk
Seite 6
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Berlin for Beginners
Berlin fordert was was von Euch.
Hier erfahrt Ihr es.
Seite 7
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Berlin for Beginners
Berlin fordert was was von Euch.
Hier erfahrt Ihr es.
Seite 8
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444 Minuten
Wir begleiten einen Mensachef, der
auch Multitalent ist.
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444 Minuten
Wir begleiten einen Mensachef, der
auch Multitalent ist.
Seite 10 -
Studentenhaus am Steinplatz
Vom Kameradschaftshaus zum
Tuntenball
Seite 11 -
Der gute Rat
Augen auf bei der Berufswahl
Seite 12 -
Tocotronic im Interview
Wir machen auch Musik, wenn die
keiner hören will
Seite 13 -
Kultur-Tipps
Alles fürs Ausgefieber im heißen
Herbst
Seite 14 -
Alles über Unisport
Jeder Mann an jedem Ort,
einmal in der Woche Sport!
Impressum
Herausgeber: Studentenwerk Berlin und CAMPUSdirekt Direktwerbung
GmbH
Redaktion: Jürgen Morgenstern (verantwortlicher Redakteur, V.i.S.d.P.)
Metronauten, Dorit Beyersdorf, ArGe Öffentlichkeitsarbeit
Lektorat: Susanne Zweiniger
Gestaltung: genauso.und.anders° graphical wellness
Satz und Layout: Stephan König, genauso.und.anders° graphical
wellness
Fotos: Stephan König, Studentenwerk Berlin
Titelbild: Rüdiger Bomberg
Druck: pRINTERwahnsinn, Gutenbergstraße 1-3, 95512 Neudrossenfeld
Kontakt: werkblatt, Hardenbergstr. 34, 10623 Berlin, Tel.: 030 31 12 415,
Mail: redaktion@werkblatt.de
Anzeigen: CAMPUSdirekt Direktwerbung GmbH, Markgrafenallee 3c,
95448 Bayreuth, Stefanie König, Tel.: 0921 78 778 59 86
Das werkblatt erscheint in Berlin. Das werkblatt liegt an den Berliner
Hochschulen aus. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht die
Meinung der Redaktion wieder. Weitere Informationen finden Sie im
Internet unter: www.studentenwerk-berlin.de.
* Schlum|mer|mut|ter, die (ugs. scherzh. veraltend): Vermieterin eines
Zimmers, einer Schlafstelle; Zimmerwirtin: …(www.duden.de)
Editorial 3
Meldungen und
Berichte
Nachwuchs gesichert
Am 15. September 2005 besuchten Mädchen
und Jungs aus der Kita „Villa March“ die
TU-Mensa Hardenbergstraße. „Wir wollten
doch mal sehen, wo unser Essen herkommt“,
so Volker Schatte, Erzieher in der Kita.
Gemeinsam mit seinem Kollegen Thomas
Dittmann besuchten die Kinder anschließend
den InfoPoint und waren angesichts der
vielen Bildschirme und Telefone von diesem
Arbeitsplatz begeistert. Guter Nachwuchs
muss eben rechtzeitig gesucht werden.
[stw]
Nichtraucherschutz wird groß
geschrieben
In den Mensen und Teilen der Cafeterien sowie
in allen anderen Öffentlichkeitsbereichen
des Studentenwerks Berlin war das Rauchen
bisher schon nicht gestattet.
Seit Oktober 2005 sind Geschäftsführung
und Personalrat des Studentenwerks
einen Schritt weiter gegangen. Zum
Schutz vor den Beeinträchtigungen und
Gesundheitsgefahren durch das Rauchen
ist es seit Oktober auch in Diensträumen,
die sich Raucher und Nichtraucher
teilen, in Versammlungs-, Lehr- und
Unterrichtsräumen, in Aufzügen, Fluren,
Toiletten und Dienstfahrzeugen verboten zu
rauchen.
[stw]
Durchgehend warme Küche für
Bachelor und Master?
Eine 24-Stunden-Versorgung für die
Studierenden in Deutschland wird es vorläufig
nicht geben. Die Studentenwerke reagieren
aber mit längeren Öffnungszeiten ihrer
Mensen und Cafeterien und einer weiteren
Differenzierung ihrer Speisenangebote
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auf veränderte zeitliche und qualitative
Anforderungen, die die Studierenden wegen
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der neuen Studienabschlüsse Bachelor und
Master stellen. Das ist das wichtigste Ergebnis
einer zweitägigen Konferenz des Deutschen
Studentenwerks, des Dachverbands der 61
Studentenwerke in Deutschland. In Frankfurt
(Oder) trafen sich an zwei Tagen über 120
Führungskräfte aus den Studentenwerken,
um über die konkreten Folgen der so
genannten „Studienstrukturreform“ für die
Verpflegungsbetriebe an den Hochschulen
zu diskutieren. In einem Punkt war man sich
rasch einig: Bachelor- und Master-Studierende
werden wegen ihrer verdichteten Lehrpläne
weit mehr Zeit an der Hochschulen verbringen
müssen als bisherige Studierende, und
=
sie werden ganz neue Ansprüche an die
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Verpflegung auf dem Campus stellen. [DSW]
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^äÉñ~åÇÉê=pÅÜãáÇíI=ce=mçíëÇ~ãI=Ñ�ê=�pÉÜíÉëí“=
Plakatwettbewerb „Ready?
Go Study!“
Unter dem Motto „Ready? Go Study!“ wurden
beim inzwischen 19. Plakatwettbewerb
des Deutschen Studentenwerks (DSW)
Motive eingereicht, die Abiturientinnen
und Abiturienten Lust auf ein Studium
machen. Insgesamt gingen beim
DSW 216 Entwürfe von 133 DesignStudierenden aus 20 Hochschulen ein;
eine unabhängige Jury wählte die besten
aus (www.studentenwerke.de/pdf/
preistraeger.pdf).
Mit dem Wettbewerb wird bewusst
beim Übergang von der Schule in die
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jìêáÉä=_áÉÇêòóÅâáI=ce=mçíëÇ~ãI=Ñ�ê=�råïáëëÉåÜÉáí=ëÅÜ~ÇÉí“=
gìäá~å=oìÉÇ~I=ce=mçíëÇ~ãI=Ñ�ê=�lééçêíìåáíó“=
Hochschule angesetzt und für das Hochschulstudium geworben. Es soll auf die
„skandalöse Schieflage“ bei der sozialen
Zusammensetzung der Studierenden
verwiesen werden; vier Fünftel der Kinder
aus einkommensstarken Haushalten
studieren, aber nur ein Zehntel aus
einkommensschwachen Familien schafft den
Sprung an die Hochschule.
[DSW]
Umbau abgeschlossen:
Cafeteria Ernst-Reuter-Platz
Der vierwöchige Umbau ist abgeschlossen und
die Cafeteria im TU-Architektur-Gebäude am
Ernst-Reuter-Platz strahlt im neuen Glanz.
Wegen der Umstellung von Einweg- auf
umweltfreundliches Mehrweggeschirr wurde
eine neue Spülküche eingebaut. Außerdem
wurde der Ausgabebereich neu gestaltet,
die modernen Granittresen und das neue
Inventar im Gästebereich passen jetzt gut zum
Gesamtbild des Architekturgebäudes.
[stw]
Europäische Woche des
Geschmacks in den Mensen
Die Mensen des Studentenwerks Berlin
nehmen zum zweiten Mal an der bundesweiten Initiative „Europäische Woche des
Geschmacks“ teil. In dieser Aktionswoche
vom 17. - 23. Oktober 2005 sollen die Gäste
mit allen Sinnen die fünf Grundgeschmacksrichtungen erfahren. Es bietet sich Gelegenheit, die täglich wechselnden „Geschmacksteller“ (an jedem Wochentag dominiert eine
andere Geschmacksrichtung wie süß, sauer,
salzig, bitter oder aromatisch/scharf) zu einem
günstigen Preis zu genießen und gleichzeitig
seinen Geschmacksinn zu schulen.
Die Aktion der Initiative Eurotoques zielt
auf die konkrete Geschmacks-Schulung der
Bevölkerung in Kantinen, Mensen, Kliniken,
Casinos, Kasernen, Restaurants und bei
anderen Großverpflegern ab. Nach all den
Lebensmittelskandalen der letzten Jahre
achten nämlich immer mehr Verbraucher
nicht nur beim privaten Einkauf auf die
Herkunft und Frische ihrer Ware. Dass auch
Essen aus Großküchen weder fade noch
ungesund, sondern frisch und geschmackvoll
ist, lässt sich nun während der Europäischen
Woche des Geschmacks wieder beweisen.
[stw]
Das werkblatt verlost 3x
je 2 Freikarten für die
Philharmonie Berlin
Schicken Sie eine E-Mail an gewinnspiel
@werkblatt.de und teilen Sie uns mit, was
Ihnen am werkblatt gefällt und was anders
werden sollte. Unter den Einsendungen
verlosen wir 3x je 2 Freikarten für das Konzert
am 18. November 2005, 20.00 Uhr im Großen
Saal.
Gespielt werden:
Béla Bartók: „Der wunderbare Mandarin“
Pantomime in einem Akt nach Melchior
Lengyel, Johann Sebastian Bach: „Vor deinen
Thron tret‘ ich hiermit“ – Choralbearbeitung
für Orgel BWV 668 für Orchester von JeanFrancois Taillard, György Ligeti: Konzert
für Violoncello und Orchester, Franz Liszt:
Mephisto-Walzer Nr. 1 („Der Tanz in der
Dorfschänke“) Zweite Episode nach Nikolaus
Lenaus „Faust“, Franz Liszt: Ungarische
Rhapsodie Nr. 4
dazu wie
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Nüsse
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und Früchte wie Buschtomaten und
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wilde Pflaumen. Viele
Nahrungsmittel
sind allerdings erst nach fachkundiger
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Zubereitung für den menschlichen Magen
bekömmlich.
[Hagen Box]
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Wieder gesucht: die Mensa
des Jahres
Australian Food in der Mensa��������
Gratulation
Je zwei Freikarten für das Konzerthaus am
Gendarmenmarkt am 5. November 2005
erhalten Michael Laqua, Verena Schepers
und Simone Weidner. Vielen Dank für die
Beteiligung an der Umfrage. Das werkblatt
gratuliert.
[stw]
Das Studentenwerk Berlin will das
australische Flair in die Berliner Mensen
holen. Vom 24 . Oktober bis zum 4. November
gibt es in der 49. Mensaaktion „Highlights
From Down Under“.
Der Speiseplan ist vielfältig und exotisch. So
werden neben Outback Kokosmilchsuppe
und Eggs in Tomatoes auch gebratenes
Haifischsteak und gegrilltes Straußensteak
angeboten. Gespannt können die Gäste
auf Red Snapper Brisbane in MelonenGurken-Sauce sein – wir sind es auch.
Mango-Maracuja-Gelee, Ananaspudding mit
marinierter Mango und Baisertorte Pavlova
dürfte etwas für die „Süßschnäbel“ sein.
Auch in diesem Jahr sucht das Hochschul-
magazin
UNICUM
wieder
nach der „Mensa
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des Jahres“. Um die Aktion möglichst
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aufmerksamkeitsstark
zu begleiten, hatte
sich das UNICUM-Redaktionsteam wieder
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etwas Besonderes ausgedacht. Diesmal
ging sie am 20. September
mit Thomas
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Hermanns, dem Moderator des Quatsch��������
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Comedy-Clubs
(bekannt aus ProSieben und
dem
Friedrichstadtpalast),
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������������ in die Mensa Nord
des Studentenwerks Berlin und überzeugte
sich selbst vom „Studentenfutter“. Natürlich
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Es lohnt sich, einmal einen Blick in die
australische Gastronomie zu werfen.
Vielleicht führt Sie ja auch eine Ihrer
nächsten Reisen nach Down Under ...
„Australian Cuisine“
Immigranten aus allen Teilen der Welt
haben das kulinarische Angebot bereichert.
Besonders in den Städten findet man
unzählige erstklassige Restaurants, Cafés
und Bistros. Zwar sind Pies, Fritten und
Hamburger keineswegs von der Speisekarte
verschwunden, in Vorort-Pubs, Roadhouses
im Outback und in entlegenen Gegenden ist
Fastfood oft die einzige Wahl. Zum Frühstück
reicht das Angebot vom English Breakfast mit
Rühreiern, Schinken, Hashbrowns und Toast
über Müsli bis zu exzellenten Croissants,
Cappuccini und Espressi – alles dank der
Einflüsse der Italiener und Franzosen.
In der „Australian Cuisine“ koexistieren
verschiedene Geschmacksrichtungen.
Take-Aways sind günstig und vielseitig,
oftmals wird ins Haus oder Hotel geliefert.
Unverzichtbar ist das Barbecue (kurz: BBQ).
Fleisch vom Rind, Schwein und Lamm ist gut
und günstig. Känguru- und Emufleisch sind
so gut wie fettfrei und sehr lecker – beide
erinnern an Wild. Krokodilfleisch wird
dagegen geschmacklich oft mit Hühner- oder
Schweinefleisch verglichen.
Seafood
Bemerkenswert ist die Vielfalt an
Fischsorten und Meeresfrüchten: Cray fish
(Hummer), Blue Swimmer Crabs (Blaue
Schwimmerkrabben), Krabben, King
Prawns, Balmain Bugs (eine für Sydney
typische Krebsart), Yabbies, Mudcrabs
(Mangrovenkrabben), Sydney Rock Oysters
und Tasmanian Oysters und Scallops (eine
Art von Kamm-Muschel). Unter den vielen
Speisefischsorten wird besonders der
Barramundi geschätzt, ebenso wie Lachs aus
Tasmanien. In Fish & Chips-Läden verbirgt
sich unter der Panierung oft Haifischfilet.
Busch-Essen
Typisch australisch ist der „Bush Tucker“,
das traditionelle Nahrungsmittel der
australischen Ureinwohner. „Busch-Essen“
ist alles, was wild gedeiht und gejagt
oder gesammelt werden kann: Goannas,
Schlangen und Opossums gehören ebenso
nahm sich der charmante Thomas Hermanns auch Zeit für ein Schwätzchen und
ein Erinnerungsfoto mit Renate Quilitz, einer
Kassiererin in der Cafeteria der Mensa Nord.
Bereits zum fünften Mal stehen die Gäste der
Mensen erneut vor der Entscheidung: Wurde
die Qualität gehalten? Wer kocht ähnlich
gut? Wo ist die Bedienung am nettesten? Am
Jahresende werden wir es wissen!
Noch bis zum 15. Dezember können Sie Ihre
Lieblingsmensa mit der entsprechenden
Punktezahl in den verschiedenen Kategorien
wie Geschmack, Service, Ausstattung etc.
belohnen.
Die TFH-Mensa behauptete sich im bundesweiten Ranking bereits zweimal: 2002 und
2004 konnte das Team um Detlev Gutberlet
im Wettbewerb Spitzenplätze belegen.
„Gesund und stets frisch müssen die Speisen
sein“, so Küchenchef Detlev Gutberlet. Das
werkblatt besuchte ihn einen Arbeitstag lang;
lesen Sie den ausführlichen Bericht dazu in
diesem Heft.
[stw]
Berlin for Beginners
Herzlich willkommen, ihr Erstsemester und Zugezogenen! Was auch immer euch
an die Spree getrieben haben mag, jetzt führt (erstmal) kein Weg zurück.
Mit der teils recht rustikalen Berliner Höflichkeit habt
ihr bestimmt schon Erfahrungen gemacht und auch
das Unwort „Bürokratie“ ist spätestens mit dem Besuch
beim Immatrikulationsbüro kein abstrakter Begriff
mehr. Natürlich fühlt ihr euch alle nach einer knappen
Woche schon voll als Berliner Metropolenbewohner und
bereits nach 48 Stunden gehen euch die Tourimassen
rund um Ku’damm und Alexanderplatz auf den Keks.
Selbstverständlich wisst ihr schon (fast) alles über unsere
hübsche Stadt und „szenemäßig“ kann euch dank unzähliger
Wochenendkurzbesuche eh niemand etwas vormachen,
denn Party und Nachtleben sind eure zweiten Vornamen.
Trotzdem könnte sich das Weiterlesen lohnen, denn damit
vermeidet ihr unter Umständen die entscheidenden Fehler,
die euch dann doch sofort als Schwaben, Bayern oder
Fischkopp aus Mecklenburg-Vorpommern outen.
Leben:
Hier trennen sich die Ansichten und gerade Neuberlinern
ist es extrem wichtig, im „richtigen“ Bezirk zu leben. Als
populäres Bermudadreieck gelten Kreuzberg, der Prenzlauer
Berg und Friedrichshain, als Erweiterung kommen noch
Mitte und neuerdings Teile des guten alten Weddings hinzu.
Für Nichtkenner der Materie hier eine Kurzvariante aller
Stadtteile mit dem Prädikat „da darf man wohnen“:
In Kreuzberg trifft sich eine bunte Mischung aus
(Alt-)Punks, Ex-Hausbesetzern und ganz normalen
Durchschnittsmenschen, geprägt ist der Stadtteil zudem von
vielen türkischen Bewohnern, die mit unzähligen kleinen
Geschäften, Gastronomie und Märkten für Vielfalt im Kiez
4 Berlin for Beginners
sorgen. Wer richtig in sein will, lebt natürlich nur im Bereich
des ehemaligen Postleitbezirks SO 36 und zeigt dies auch
gern durchs Tragen entsprechender T-Shirts. In jüngster Zeit
finden es auch Firmen wie MTV oder Universal Music hipp, im
Kiez bzw. im benachbarten Friedrichshain präsent zu sein, der
Schnöselfaktor steigt also leider.
Der Prenzlauer Berg wird immer wieder mit
Mythen versehen: Künstlerviertel, Szenebezirk und
Intellektuellenkiez. Natürlich stimmt alles irgendwie,
allerdings führt der Ruf zu einer zunehmenden
„Münchnisierung“, für schöne Altbauten werden
inzwischen teils abstruse Mieten verlangt. Zentral und
noch recht preiswert sind Wohnungen in der Umgebung
des Mauerparks; wer’s geschafft hat, zieht natürlich in
Richtung Kollwitzplatz oder an die Zionskirche. Kinderhasser
sollten den Bezirk meiden, dank Krise am Arbeitsmarkt und
Zusammenbruchs der New Economy haben sich, so scheint’s,
alle Mitt- bis Endzwanziger gleichzeitig für Nachwuchs
entschieden, so dass manches Eckcafé inzwischen mit
flächendeckendem Parkraum für die stylischen Kinderkarren
und einer großen Auswahl von Fenchelteesorten für
Schwangere aufwartet, wo vor noch nicht all zu langer Zeit
harte Alkoholiker und Kippen en vogue waren.
Der Friedrichshain lockt mit viel Grün, einer mehr als
ordentlichen Kneipen- und Clubstruktur und viel jungalternativem Publikum. Leider gilt auch hier das Klagelied
von Miethaien und einem recht heftigen „Schwabenfaktor“,
Eingeborene scheinen in der Minderzahl. Absolut Spitze
ist der Bezirk beim Hundehalten, so ist auf den Gehwegen
Slalomlaufen angesagt, schließlich muss Fifi ja irgendwo
Drei Theater, die man innerhalb der
ersten Monate besucht haben sollte:
sein Geschäft verrichten. Dafür sind die Menschen hier
allesamt sehr entspannt und legen Wert auf einen legeren
Tagesablauf, bloß nicht zu früh aufstehen, fast jedes Café
bietet Frühstück bis in den Nachmittag hinein. Woher die
komischen T-Shirts mit dem Slogan: „Keiner ist gemeiner
als der Friedrichshainer“ stammen, bleibt dem Autor
schleierhaft.
Als Zusatzzahlen in der Kiezlotterie bleiben Mitte und
der Wedding. Mitte ist der Lieblingsort sämtlicher Touris
mit Clubs, Restaurants und Sehenswürdigkeiten, wie den
Hackeschen Höfen, außerdem haben hier unzählige Büros
und Werbeagenturen ihren Sitz. Entsprechend ist das
Preis- und Schnöselniveau, mein Tipp: Zum Weggehen
gerne, als Wohnort never ever! Anders schaut die Sache im
proletarisch geprägten Wedding aus. Teile des einst nie in
Frage kommenden Stadtteils, bevorzugt an der Grenze zum
Prenzlauer Berg, gelten inzwischen als Rückzugsgebiet für
alle, denen „real life“ wichtiger ist als Szenegedönse. Das
Klima ist etwas rauer, die Autos bevorzugt tiefer und breiter,
dafür kennt einen der türkische Gemüsehändler um die Ecke
nach drei Tagen mit Namen und die Stadtteilgang hilft bei
nächtlichem Ärger, wenn man ein „korrekter Typ“ ist.
Drei Dinge, die man in Berlin nie
tun sollte:
Eins vorweg, egal, wie kurz du in der Stadt lebst, bald schon
wirst du viel Besuch bekommen. Alle Ex-Freund(e)innen,
Verwandte oder fernere Bekannte werden bei den
Stichworten „Berlin“ und „Studium“ davon ausgehen, dass
du a) immer ein Zimmer für sie frei hast und b) natürlich
permanent den Stadtführer spielst. Deshalb hier gleich
ein paar besserwisserische Tipps, welche Tourifallen du
deinem Besuch ersparen solltest. Der Fernsehturm und
sein Westpendant, der Funkturm, können zu horrenden
Preisen als Aussichtsplattform genutzt werden, dabei gibt
es in Berlin zahlreiche öffentlich zugängliche, hohe Bauten,
die gratis einen Panoramablick über die Stadt bieten. Es soll
Menschen geben, die Disneyland lieben, mit denen solltest
du auf jeden Fall zum Checkpoint Charly gehen. Alle, die
sich ernsthafter mit der Geschichte des geteilten Berlins
beschäftigen wollen, werden das Mauermuseum an der
Bernauer Straße bevorzugen. Unvermeidlich ist leider oft
der obligatorische Besuch der gelackten Hackeschen Höfe,
Shoppingtour inklusive. Wenn man es schafft, die Gäste auch
durch das Haus Schwarzenberg und die Karl-Marx-Allee zu
lotsen, hat man zumindest ein realistisches Bild der Stadt
vermittelt.
Man muss kein Schauspielliebhaber sein, um dem Kulturangebot der Stadt zu erliegen. Progressiv und mit einem
kritischen Blick auf den Zeitgeist begleitet das Ensemble der
Volksbühne Politik und gesellschaftliche Veränderungen.
Auch wenn manchmal die Geschmacksnerven auf eine harte
Probe gestellt werden, lohnt sich eine Inszenierung von
Christoph Schlingensief immer. Wer Brecht liebt, kommt
natürlich am Berliner Ensemble nicht vorbei. Hier inszenierte
der große Literat und auch heute noch weht sein Geist durch
das Haus am Schiffbauerdamm. Als Klassiker empfiehlt sich
zudem das Deutsche Theater, zwar sind die Inszenierungen
hier von deutlich konservativerem Charakter, dafür bleiben
die Stücke werkgetreu am Original. Sowohl die Besetzung
als auch Regie und Bühnenbild gehören wirklich zur
Theateroberklasse. Egal, was gegeben wird, einen echten
Reinfall erlebt man hier nie.
Drei Clubs, die man sich geben sollte:
Im Roten Salon der Volksbühne finden sich regelmäßig DJ’s
der Spitzenklasse ein und sorgen dafür, dass besonders
am Wochenende Schlangestehen angesagt ist. Die samtig
rote Wandverkleidung in Kombination mit schweren
Kronleuchtern gibt den Abenden in der Volksbühne eine
besondere Note. Das Publikum ist bunt gemischt, es
dominiert zumeist die Alterslage zwischen Ende zwanzig und
Mitte dreißig. Leider sind die Getränkepreise nicht ohne. Das
Knaack ist eine Institution, denn die Disko in den ehemaligen
Räumen eines Schlachthauses existiert schon über 40 Jahre.
Drei Floors und eine Lounge sorgen für Abwechslung von
Alternative über Schlager und Diskoklassiker bis hin zu
aktueller Chartmusik. Wer selbst aktiv werden möchte, kann
Karaoke singen. Auch als Veranstaltungsort für Konzerte hat
das Knaak einen guten Ruf. Das Publikum ist jung, zumeist
zwischen 18 und 24, die Getränkepreise sind zivil. Musik
der härteren Gangart ist im SO 36 zu Hause, hier finden
zuhauf Punkkonzerte statt und viele bekannte Bands gaben
und geben hier legendäre Gigs. Am Wochenende finden
wechselnde Partys statt, meist ist der Laden gut bis sehr gut
besucht. Das Publikum ist angenehm, unkompliziert und
bevorzugt bunte Haare ebenso wie Metall an möglichen und
vielleicht auch unmöglichen Körperstellen. Ein Blick ins SO 36
lohnt sich immer.
So, am Ende dieser Zeilen seid ihr schon fast Einheimische,
zumindest Freunden von außerhalb könnt ihr jetzt berichten,
was nervt, wo man wohnt und welche Clubs „so gehen“. Aber
Vorsicht beim Prahlen und rumflirten vor anderen Ersties,
könnte ja passieren, dass das Gegenüber auch das werkblatt
gelesen hat...
[Dirk M. Oberländer]
Berlin for Beginners 7
444 Minuten* mit Detlev Gutberlet
Der Sommer ist leider vorbei und der Herbst macht sich breit. Es ist noch dunkel, als ich mich auf
den Weg in die Mensa an der Technischen Fachhochschule im Wedding mache. Ich bin mit Detlev
Gutberlet verabredet, der die Mensa seit 14 Jahren leitet. Jeden Morgen um 5.45 Uhr beginnt
seine Schicht in der Mensa des Studentenwerks. Obwohl es mir schwer fällt, so früh aufzustehen,
will ich pünktlich sein!
„Ich habe schon acht Kilometer auf dem Fahrrad hinter mir“, sagt Detlev Gutberlet lachend,
als er mich begrüßt. Schlank, drahtig, sportlich
trainiert kommt er daher. Und entspricht
damit überhaupt nicht dem Klischee eines
Kochs.
Diesen Stil beweist er auch in seiner Mensa.
Zügig schreitet Detlev Gutberlet durch die
Räume und schließt die wichtigsten Türen
auf. Zwischendurch wird eine große Kanne Tee
gekocht. „Die brauche ich dringend, um den
Tag zu überstehen“, gesteht er. Es ist wohl sein
Hauptnahrungsmittel für den Tag.
Das Telefon klingelt. Eine Krankmeldung.
Gutberlet muss die Arbeitseinteilung seiner
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für den Tag
ändern, alle Positionen müssen besetzt sein,
um die vorgesehenen Gerichte produzieren zu
können.
Der Arbeitstag beginnt, allmählich füllen
sich die Küchenräume. In der Mensa sind 25
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig, drei
Auszubildende werden auf den Beruf als Koch
bzw. Köchin vorbereitet. Alles ist geregelt, die
alltägliche Routine beginnt. Jeden Tag um 6.15
Uhr hat Gutberlet Einsatzbesprechung mit
den Köchinnen und Köchen. Der Tagesablauf
wird noch einmal kurz besprochen, es wird
festgelegt, wer heute welche Komponenten
und Beilagen für das Mittagessen kochen
wird. Kurze sachliche Anweisungen, nach
15 Minuten strömen die Kolleginnen und
Kollegen an ihre Arbeitsplätze.
Heute stehen frische Gnocchi, paniertes Seelachsfilet und Schweinekotelettrippchen
frisch aus dem Ofen auf dem Speiseplan. Für
die „Süßschnäbel“ gibt es Apfelmilchreis mit
Zucker und Zimt. Ein breites Angebot!
Während in der Küche emsiges Treiben beginnt, nutzt Gutberlet die Zeit, um den Speiseplan für die nächsten Wochen zu schreiben.
Änderungen, die sich aus den aktuellen
8 444 Minuten
Lieferungen ergeben, werden gleich eingearbeitet. Die benötigten Zutaten, keinesfalls
in haushaltsüblichen Mengen, werden auch
gleich bei den Lieferanten bestellt.
Detlev Gutberlet kennt sein Geschäft, alles
geht zügig und flott voran, für ihn Routine.
Ebenso ist es Routine, von Zeit zu Zeit den
Fortgang der Arbeiten in der Küche zu
kontrollieren. Alles läuft, Gutberlet ist
zufrieden.
zur Reinigung in die Spülmaschine; vieles
geht automatisch, einiges wird immer noch
manuell erledigt.
Essensrückstände werden von einer
Küchenarbeiterin in eine „Futtertonne“
entsorgt, die Bestecke werden von einem
Magneten vom Tablett „gesaugt“ und die
Teller müssen in die Spülmaschine einsortiert
werden.
Die Geschirrrückgabe bereitet Gutberlet
oft Kopfzerbrechen, mit Recht, wie sich
später zeigen wird.
Ein Küchenarbeiter kommt zu Herrn
Gutberlet. Der Kollege ist aufgeregt, das
Salatschneidegerät funktioniert nicht. Ohne
diese Maschine ist es nicht möglich, die
Mengen Salat zu produzieren, die für die
täglich rund 2 500 Mensagäste notwendig
sind: 35 Kilogramm Weißkohl, 30 Kilogramm
Karotten, zehn Kilogramm Rettich, zehn
Kilogramm Staudensellerie, 30 Bund
Radieschen und 60 Kilogramm grüne Gurken
werden verarbeitet, sie werden in Scheiben
oder Stücke geschnitten oder geraspelt. Das
dauert von Hand Stunden und ist deshalb
arbeitstechnisch nicht machbar.
Mit vereinter Kraft gelingt es schließlich, das
Gerät wieder flott zu bekommen. Gutberlet ist
erleichtert. „Wenn eine so wichtige Maschine
ausfällt, hat man schlechte Karten“, sagt er gut
gelaunt.
Gegen 9 Uhr prüft Gutberlet die Spülmaschine.
Sie ist so programmiert, dass sie mit der
Mensaöffnung voll einsatzbereit ist. Allein zum
Erwärmen benötigt sie eine Stunde.
Die Geschirrrückgabe bereitet Gutberlet oft
Kopfzerbrechen, mit Recht, wie sich später
zeigen wird. Die Tabletts mit dem benutzten
Geschirr und den Bestecken müssen zügig
Leider nehmen nicht alle Gäste die Bestecke
und die benutzten Papierservietten vom Teller,
oft ist manuelle Nacharbeit erforderlich. „Die
Schilder sind doch nun schon riesig“, beklagt
sich Gutberlet.
Um 11 Uhr stürmen die ersten Gäste die
Mensa, hauptsächlich Studierende und
Beschäftigte der Technischen Fachhochschule
Berlin. Die Mehrzahl von ihnen ist mit dem
Angebot sehr zufrieden, denn die Zahl der
Gäste ist stabil; trotz Konkurrenz im angrenzenden Wohngebiet.
Ich habe mich für die Gnocchi aus der
Pfanne entschieden. Es schmeckt mir
gut, eine leckere Zusammenstellung
mit Lauchstreifen, goldgelben Zwiebeln,
frischen Tomatenwürfeln, geriebenem
Käse und Ruccola. Das Pfannengericht ist
ein Aktionsangebot in dieser Mensa, die
knapp drei Euro sind völlig gerechtfertigt.
Zum Dessert gibt es leckere Pflaumen mit
Zimtsauce.
Vor dem Besuch hatte ich recherchiert und
erfahren, dass das Team um Detlev Gutberlet
beim jährlichen Mensa-Ranking der Zeitschrift
UNICUM von den Gästen der Mensa bereits
zweimal in die Top-Ten der deutschen Mensen
gewählt wurde. Anerkennung für erbrachte
Leistungen? „Verpflichtung pur“, meint
Gutberlet.
Gegen 12.15 Uhr gibt es den gefürchteten
Crash in der Spülmaschine: Das Transportband
für die Tabletts bleibt stehen, weil mal wieder
ein Tablett schräg auf das Band gestellt wurde
und es sich im Tunnel zur Spülmaschine
verhakt hat.
Glück im Unglück. Diese Situation kommt
ab und an vor, eine Lösung ist sofort parat.
Tablettwagen werden bereitgestellt, auf
denen die Gäste die Tabletts abstellen können.
Diese Ausweichmöglichkeit ist auch dringend
notwendig, denn innerhalb von Minuten
türmen sich die Tabletts mit benutztem
Geschirr zu einem großen Berg... Endlich läuft
das Band wieder, jetzt kann Gutberlet erst
einmal aufatmen.
Eine weitere Schreckensmeldung kommt
aus der Küche: Die Dampferzeugung ist
zusammengebrochen. „Ohne Dampf geht
gar nichts“, klärt mich Detlev Gutberlet auf.
Die Hälfte der Kochgeräte wird mit Dampf
betrieben. Besonders Kartoffeln und Gemüse
werden „just in time“ gekocht, schließlich
sollen den Gästen immer frische Speisen
angeboten werden. Besonders die Qualität von
Gemüse und Kartoffeln leidet unter langen
Warmhaltezeiten.
Der Dampf kommt von der TFH, ein kurzer
Anruf und „Gott-sei-Dank“, so Herr Gutberlet,
nach fünf Minuten läuft alles wieder nach
Plan.
Gegen 14.00 Uhr sitze ich bei Detlev Gutberlet
im Büro, die Teekanne ist fast leer, Gutberlets
Arbeitstag ist auch beinahe geschafft. Ein
kurzes Resümee: „Die Gäste waren zufrieden,
keine Beschwerden! Was will ich mehr? Mal
sehen, was mich morgen erwartet“.
Den nächsten Tag werde ich wieder aus der
Gastperspektive erleben.
*444 Minuten sind das tägliche Arbeitssoll im
Studentenwerk Berlin.
[Ch. Gablenz]
444 Minuten
9
Das Studentenhaus am Steinplatz und das
Studentenwerk
Am Studentenhaus am Steinplatz, der „Alten TU-Mensa“, sind die Jahre nicht spurlos vorüber
gegangen: Konzerte, Hochzeiten, Partys und Konferenzen in dichter Folge forderten ihren Tribut
von der alten Bausubstanz. Eine Grunderneuerung war dringend erforderlich.
Nun sind die letzten Baugerüste gefallen, Anlass für das werkblatt, einen Blick in die Geschichte
des Gebäudes und auf die Vielfalt seiner Nutzung zu werfen.
Studentische Wirtschaftshilfe
Begonnen hat alles Anfang der 1920er Jahre:
Als studentische Selbsthilfeorganisation wurde
die„Studentische Wirtschaftshilfe Charlottenburg e.V.“, die Vorgängerorganisation des Studentenwerks Charlottenburg e.V., gegründet,
die die Studierenden der Technischen
Hochschule Charlottenburg, der heutigen
Technischen Universität Berlin, betreute.
Dunkle Vergangenheit
Bereits Anfang der 1930er Jahre begannen die
Planungen für ein Studentenhaus in Charlottenburg. Dem eigens dafür gegründeten
Verein „Studentenhaus Charlottenburg e.V.“
wurde vom Preußischen Staat ein Grundstück
zur Verfügung gestellt. Die Errichtung des
Hauses selbst wurde von der „Studentenhaus
GmbH“ allein aus Beiträgen der Studenten,
Gewinnen der Wirtschaftsbetriebe und
Erträgen aus der Anlage dieser Gelder finanziert.
Die Eröffnung des Studentenhauses fand Ende
1936 statt. Hier wurde nicht nur eine für
damalige Verhältnisse moderne Mensa, die
„Taberna Academica“, betrieben, sondern es
gab auch eine Wäscherei, eine Friseurstube,
eine Erwerbsvermittlung und ein Wohnheim. Das heutige Wohnheim- und Verwaltungsgebäude wurde als „Kameradschaftshaus“ des Nationalsozialistischen Studentenbunds (NSSB) ganz im Sinne der faschistischen
Ideologie genutzt. Fotos mit den SA-Studentenschaften, die vor dem Studentenhaus zum
Appell antreten, zeugen aus dieser Zeit.
Die deutschen Studentenwerke wurden im
„Reichsstudentenwerk“ gleichgeschaltet.
10 Studentenhaus am Steinplatz
Stadtverordnete im
Studentenhaus am Steinplatz
Das Studentenhaus am Steinplatz ist eng mit
der Teilung Berlins verbunden. In der „Taberna
Academica“ tagte am 6. September 1948 erstmals die Berliner Stadtverordnetenversammlung, nachdem sie am bisherigen Tagungsort,
dem Neuen Stadthaus im sowjetischen Sektor
Berlins, massiv gestört und in ihrer Arbeit
gehindert wurde.
Der gewählte Berliner Oberbürgermeister und
spätere Regierende Bürgermeister Ernst Reuter
hatte mit seiner Familie im Studentenhaus
am Steinplatz eine kleine Wohnung gefunden.
Bekannt wurde er durch seine berühmte Rede,
die er am 9. September 1948 vor der Ruine
des Reichstags hielt. Auf der bis dahin größten
Freiheitskundgebung auf dem Platz der
Republik appellierte er an „die Völker der Welt“,
Berlin nicht den Kommunisten preiszugeben.
Der Neubeginn
Die im Studentenhaus vorhandenen Veranstaltungsräume, die heutige „Alte TU-Mensa“, die
Mensen an der Technischen Fachhochschule
und der Fachhochschule für Wirtschaft sowie
verschiedene Cafeterien auf dem TU-Gelände
wurden nach dem Krieg vom „Studentenwerk
Charlottenburg e.V.“ bewirtschaftet. Dessen
Aufgaben wuchsen mit den Jahren. Stipendien
– damals noch nach dem „Honnefer Modell“ –
wurden bewilligt und die Wohnheime Hardenbergstraße sowie Eichkamp und Siegmunds
Hof wurden verwaltet. Eine Zimmervermittlung und Wohnungsverwaltung, eine
eigene Studenten-Krankenversicherung,
eine Kindertagesstätte an der Technischen
Universität, eine Theaterkasse, eine psychologische Beratungsstelle und eine
Rechtsberatung gehörten ebenfalls zu dieser
Einrichtung.
Unter einem Dach
Schließlich wurde 1973 an traditioneller Stelle
das Studentenwerk Berlin errichtet. Es
entstand aus dem Studentenwerk Charlottenburg e.V. und dem Studentenwerk der Freien
Universität e.V., das 1948 mit ähnlicher
Aufgabenstellung gegründet worden war. Im
Studentenhaus am Steinplatz, dem angeschlossenen Verwaltungs- und Wohnheimgebäude sowie in der in den 1960er Jahren neu
errichteten TU-Mensa wurden die Service- und
Dienstleistungseinrichtungen für die Berliner
Studierenden weitgehend gebündelt. In
Mensen und Cafeterien, den Studentenwohnheimen, im BAföG-Amt, in der Psychologischpsychotherapeutischen Beratungsstelle, in der
sozialen Beratung und der Beratung für behinderte Studierende, in den Kindertagesstätten
sowie in der Arbeitsvermittlung Heinzelmännchen sind über ganz Berlin verteilt
derzeit knapp 800 Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter im Dienste der Studierenden
beschäftigt.
Im Studentenhaus am Steinplatz selbst sind
heute neben dem Großen Saal, in dem auch
künftig Veranstaltungen verschiedener Art
stattfinden, Teile der Verwaltung des
Studentenwerks, die Studentische Darlehenskasse e.V. und eine Außenstelle der Arbeitsvermittlung Heinzelmännchen untergebracht.
Eine „Berliner Gedenktafel“ erinnert seit
Oktober 2005 an Ernst Reuter, den großen
Berliner Bürgermeister, der nach dem Krieg
einige Zeit im Studentenhaus am Steinplatz
wohnte.
[Irene Harder/stw – jm]
Der gute Rat
Neue Serie des werkblatts: Tipps und Hilfen für (fast) alle Lebenslagen
Heute: Qual der Wahl?
Die Studienwahl ist noch lange keine Berufsentscheidung. So manch ein Lehramtsstudent
bekommt im Laufe seines Studiums Zweifel,
ob er wirklich Lehrer werden will. Anderen
Studierenden ist vollkommen unklar, was sie
nach ihrem Studium beruflich machen wollen.
Wie wichtig die Berufsfindung ist, zeigen
die Erfahrungen von Beratern des Berliner
Studentenwerks.
Lehrerberuf als Dozentin in der Erwachsenenbildung nachgedacht. Im Lauf der
Beratung stellte sich aber heraus, dass die
Angst vor der damit verbundenen finanziellen
Unsicherheit größer war als die andere Angst.
Daraufhin nahm die Studentin an einer
Prüfungsangst-gruppe der Beratungsstelle
teil. Schließlich schaffte sie die Prüfung und
begann ihr Referendariat.
Ahnung, ist es Zeit, sich durch Internetrecherche, Zeitungslektüre oder persönliche
Gespräche umfassend zu informieren. Dabei
sollte er aber nicht auf jeden Ratgeber hören.
„Bereits kleine Kinder stoßen mit ihren Berufswünschen auf Ablehnung“, so Uta Glaubitz.
Und diese Ablehnung hemme später auch
viele Erwachsene bei ihrer beruflichen
Orientierung.
„Psychische Probleme bei Studierenden
tauchen häufig in so genannten Schwellensituationen auf, also etwa bei Studienbeginn,
am Studienende oder beim bevorstehenden
Berufseinstieg“, berichtet die Psychologin
Sigi Oesterreich von der PsychologischPsychotherapeutischen Beratungsstelle des
Berliner Studentenwerks. Manchmal stehe
hinter Studienproblemen, wie etwa dem
ständigen Aufschieben von Hausarbeiten, eine
berufliche Orientierungslosigkeit. „Wenn sie
zum Problem wird, haben Studierende oft
nur ein diffuses Gefühl, dass etwas schief
läuft. So gibt es Beispiele von Studierenden,
die schon jahrelang alle Scheine für den
Studienabschluss haben, aber sich dennoch
nicht zur Prüfung anmelden“, betont Sigi
Oesterreich. Dabei spielen auch Faktoren wie
eine bevorstehende Arbeitslosigkeit oder der
Verlust des schützenden Rahmens der Uni eine
wichtige Rolle.
Auch die Berufsfindungsberaterin und
Buchautorin Uta Glaubitz unterstreicht die
Bedeutung einer rechtzeitigen beruflichen
Orientierung. „Viele Studierende denken
immer erst an die nächste Hausarbeit, den
nächsten Schein. Der Gedanke, wofür sie das
Studium nutzen wollen, steht dagegen gerade
bei Geisteswissenschaften viel seltener im
Blickpunkt.“ Aber genau diese Gedanken sind
von großer Bedeutung. Denn je eher sich Studierende mit der Berufsfindung auseinandersetzen, desto eher können sie das Studium
gezielt für die spätere Berufstätigkeit nutzen.
„Wenn jemand später gerne in der Musiktherapie arbeiten möchte, kann er die
Gelegenheit nutzen und zum Beispiel seine
Abschlussarbeit über dieses Thema schreiben.
Das ist in diesem Falle vielleicht sinnvoller,
als sich auf die frühen Stücke von Johann
Sebastian Bach zu spezialisieren.“
Tipps von Uta Glaubitz rund um die
Berufswahl
- Die eigenen Interessen und Motivationen
in den Blick nehmen. Was macht mir wirklich
Spaß? Wobei vergesse ich die Zeit? Wofür
stehe ich freiwillig morgens früh auf?
- Sich Informationen beschaffen. Lesen Sie
Zeitung, schauen Sie Fernsehen, recherchieren
Sie im Internet, reden Sie mit Leuten, die in
den anvisierten Bereichen erfolgreich tätig
sind.
- Nicht auf alle Ratschläge hören. Zum
Beispiel Ratschläge von Leuten, die selbst
frustriert sind, von Eltern und Verwandten,
die ihre eigenen Wünsche verwirklicht
sehen wollen oder von Ja-Aber-Freunden.
Das sind die Freunde, die immer ganz genau
erklären können, warum dies oder jenes nicht
funktionieren wird.
„Es ist deshalb sinnvoll, sich frühzeitig Klarheit über die beruflichen Möglichkeiten zu
verschaffen“, so die Diplom-Psychologin. Bei
Problemen sollten Studierende sich nicht
scheuen, die Beratungsstelle aufzusuchen.
Wie aufschlussreich so eine Beratung sein
kann, schildert Sigi Oesterreich am Beispiel
einer Studentin, die auf Lehramt studierte.
Sie entwickelte im Studium eine Autoritätsund Prüfungsangst, so dass ein erfolgreicher
Berufseintritt immer schwieriger erschien.
Während der Beratung bei der PsychologischPsychotherapeutischen Beratungsstelle
wurde dann auch über eine Alternative zum
Allerdings verschieben viele Studierende
immer wieder die Auseinandersetzung mit
dem eigenen Berufswunsch. „Wer darauf
wartet, dass der richtige Tag irgendwann in
der Zukunft kommt, liegt falsch“, betont Uta
Glaubitz. „Der richtige Zeitpunkt für die
eigene Berufsfindung ist immer jetzt.“ Uta
Glaubitz empfiehlt, sich unabhängig von der
Studienrichtung zu fragen: Was mache ich
gern? Was ist mir wichtig? Was motiviert mich
wirklich? Studenten sollten Ideen sammeln
und sich umschauen, welche Leute interessante Jobs haben. Uta Glaubitz: „Aus solchen
Anhaltspunkten lassen sich Berufsbilder
ableiten.“ Hat der Studierende dann eine erste
Literaturtipp: Uta Glaubitz: Der Job, der zu
mir passt, Das eigene Berufsziel entdecken
und erreichen, Campus Verlag, 4. vollständig
überarbeitete und aktualisierte Auflage 2003,
Frankfurt/New York, 15,90 Euro.
Psychologisch-Psychotherapeutischen
Beratungsstellen des Studentenwerks Berlin
Hardenbergstraße 34, 10623 Berlin,
Tel.: 31 12-490
und
Franz-Mehring-Platz 2, 10234 Berlin,
Tel.: 29 302-271
Sprechzeiten: Mo – Do 09.00 – 16.30 Uhr
Fr
09.00 – 15.00 Uhr.
E-Mail: beratung@studentenwerk-berlin.de
[Anja Schreiber]
Der gute Rat
11
Dirk von Lowtzow steht dem werkblatt Rede und Antwort.
Fast drei Jahre hörte man wenig von der
Hamburger Band Tocotronic, weil sich Sänger
und Gitarrist Dirk von Lowtzow, Bassist Jan
Müller und der Schlagzeuger Arne Zank
allerlei Soloprojekten widmeten. In diesem
Frühjahr präsentierte die inzwischen auf
vier Mitglieder angewachsene Band nun
ein neues Album mit dem vielschichtigen
Titel „Pure Vernunft darf niemals siegen“.
Der Ex-Aushilfskeyboarder Rick McPhail ist
nunmehr offizielles Bandmitglied und bedient
die zweite Gitarre. Die Platte zementiert mit
ihrem opulenten, sehr sauber eingespielten
dichten Gitarrensound und den bildreichen
Texten die endgültige Abkehr vom Drei-Akkord
Schrammelsound früher Tage. Nach einigen
Festivalauftritten im Sommer dürfen wir uns
im Herbst auf Clubkonzerte freuen.
Die neuen Songs arbeiten mit opulenten
Bildern und mystischen, vielleicht gar
biblischen Motiven. Sie entziehen sich der
Interpretation, wie kam es dazu?
Das „Biblische” würde ich fast als überinterpretiert abtun. Es gibt eine Idee auf der Platte,
das ist die Idee des Spirituellen. Aber das muss
nicht unbedingt christlicher Natur sein. Wir
finden es, glaube ich, ganz schön, wenn Texte
mit Bildern arbeiten und Bilder hervorrufen.
Es ist ja an sich schon fast ein bisschen
widersprüchlich, dass Texte viel mit Bildern
arbeiten. Wenn Texte Bilder sind, dann passt
das ganz gut zur Rockmusik. So haben sich
unsere Texte einfach in den letzten fünf, sechs
Jahren verändert.
Wie entsteht so ein Text? Woher kommen die
Motivideen?
Das entsteht meistens sehr, sehr schnell. Ich
bin eigentlich sehr, sehr faul und mache nichts.
Ich bin nicht so jemand, der jeden Tag irgendwie an Texten arbeitet und in sein Notizbüchlein irgendetwas rein schreibt oder fleißig
rumbastelt, sondern 90 % dieser Textarbeit
entsteht dadurch, dass ich überhaupt nichts
12 Tocotronic im Interview
mache und sich Dinge ansammeln. Meistens
gibt es eben einen Moment, wo dann alles
ganz klar vor einem steht und wo man das nur
noch aufzuschreiben braucht. Ab diesem
Moment führt der Text aber auch ein Eigenleben, man kann ihn fast gar nicht mehr beeinflussen. Das fließt dann so aus einem heraus.
So würde ich das am ehesten charakterisieren.
Es ist allerdings auch ziemlich schwierig, so
einen Vorgang zu beschreiben. Ich bin dann
auch meistens selber ziemlich überrascht. Ich
glaube auch, dass bei solcher Art von Texten
die Interpretation die falsche Herangehensweise ist. Es ist eben nicht so, dass da etwas
gemeint wurde und das wurde dann irgendwie verrätselt ausgedrückt. Ich glaube, dass
das falsch ist, dahinter irgendeine verborgene
Bedeutung zu sehen. Die Texte stehen genauso
da, wie das, was da steht und das, was darin
lebt und wuchert, ist die Sprache. Es ist alles
überhaupt nicht schwierig und wenn man
es nicht versteht, dann versteht man es eben
nicht. Es gibt ja viele Sachen, die sind ja gerade
deshalb gut, weil man sie nicht versteht.
Es geht in vielen Liedern darum, ob Dinge
scheitern oder nicht. Vieles steht auf der
Kippe. Wie wichtig ist das Scheitern?
Also, dieses „auf der Kippe stehen” oder „auf
dünnem Eis gehen” oder „kurz vorm Umkippen
sein” ist tatsächlich ein Gefühl, das uns wahnsinnig wichtig ist. Erstens, weil wir festgestellt
haben, dass wir extrem davon geprägt sind.
Also auch von der Angst vorm Scheitern und
dann, dass es tatsächlich ja auch passiert. Man
macht ja viele Sachen oder hat schon viele
Sachen gemacht, die kann man nur als totalen
Bockmist bezeichnen oder als künstlerische
Fehlentscheidung. Das ist ja aber enorm
wichtig, weil einen das ja unsicher macht und
unselbstbewusst. Wenn man unsicher und
unselbstbewusst ist, ist das tatsächlich die
beste Voraussetzung, dass das, was man
macht, halbwegs gelingt. Selbstbewusst und
total selbstsicher daher kommen, zumindest in
der Kunst oder bei der Musik, empfinden wir
eigentlich als total unerträglich. Deshalb finde
ich es schon interessant, wenn das Moment
des Scheiterns mit in die Musik eingeschrieben
ist oder mit in so ein Projekt wie eine Band. Ich
finde das interessant, dieses „immer auf der
Kippe sein”.
Das Album entstand in nur neun Tagen. War
das Absicht, nachdem ihr beim letzten Mal ja
sehr lange im Studio wart?
Ja, es war uns ganz klar und ganz bewusst,
dass wir so was wie bei dem letzten Album
nicht noch mal wiederholen wollen. Es war
zwar extrem motivierend und eine gute Zeit.
Man hat wahnsinnig viel gelernt und wir sind
auch immer noch mit dem Album sehr zufrieden. Man muss das mal gemacht haben,
aber wir haben doch festgestellt, eigentlich ist
dieses sehr lange „rumbasteln”, so wie du
sagst, nicht so ganz unsere Arbeitsweise.
Außerdem dividiert einen das als Band eben
sehr stark auseinander. Gerade jetzt, wo wir zu
viert waren, dachten wir, wir wollen eigentlich
ein Album machen, was wirklich genau diesen
Bandsound, den wir haben, abbildet. Ohne so
einen Authentizitätsanspruch zu haben. Wo
man aber sagt: So wie wir jetzt klingen, so soll
eigentlich auch das Album klingen. Dann sind
wir mit Moses Schneider zusammen getroffen,
der das Album auch produziert hat, und das
war auch genau seine Idee, das Album so roh
wie möglich aufzunehmen. Uns hat das
wiederum gefallen, weil es tatsächlich genau
das Gegenteil ist von dem, was wir beim
letzten Mal gemacht haben.
Bei so viel Opulenz, gibt es da einen
bandinternen Größenwahn?
Das ist eine gute Frage. Da muss ich kurz
nachdenken… Ich glaube, als Prinzip finden
wir das ziemlich gut, Sachen, die in Richtung
Größenwahn gehen. Ich mag viele Dinge,
die so größenwahnsinnig daher kommen.
Praktisch ist es aber so, dass wir viel zu wenig
„Berlin ist ranzig, der Humor der Einheimischen oft schwer zu ertragen und Studentenjobs sind völlig unterbezahlt, aber es gibt
keine Stadt in Deutschland, in der ich lieber
leben würde.“ Diese nette Zitat pflegt ein
Freund vom mir immer dann von sich zu
geben, wenn er gefragt wird, wie seine
inzwischen gar nicht mehr so neue Heimat
eigentlich sei. Ganz herzliche Grüße an dieser
Stelle, liebe Erstsemester/innen, willkommen
an der Spree! Doch Berlin ist längst mehr,
als morbider Charme und überfüllte Hörsäle
ahnen lassen. In wohl kaum einer Stadt trifft
man so viele unterschiedliche und kreative
Menschen, Wohnraum ist günstig und das
Kultur- und Konzertangebot ungeschlagen,
meist sind sogar die Eintrittspreise zivil. Ihr
ahnt, was jetzt kommt und habt natürlich
Recht: unsere Veranstaltungstipps für die
nächsten vier Wochen. Natürlich wie immer
völlig subjektiv ausgewählt.
selbstbewusst sind, um so größenwahnsinnig
zu sein. Wir sind von unserer Persönlichkeitsstruktur eher bescheiden und, es mag seltsam
klingen, eher schüchtern oder unsicher. Am
Besten finde ich eigentlich so eine Mischung
aus beidem. So ganz unsicher sein und ganz
auf dünnem Eis und zitterig, aber trotzdem
total wahnsinnig.
Hast du vielleicht ein persönliches Beispiel für
positiven Größenwahn?
Da fällt mir jetzt nichts zu ein. Das letzte Mal,
dass mir so etwas begegnet ist, war zur Hochzeit von Patrick Wagners „größer-als-GottPhase“. Wo ich dachte, das finde ich gut, aber
das hat sich mittlerweile auch wieder ein
bisschen gelegt.
Eine letzte Frage noch zum Albumtitel:
Beim letzten Mal hieß es noch so plakativ
„Tocotronic” und jetzt hat es wieder ein
Song auf aufs Cover geschafft. War das eine
bewusste Entscheidung?
Ja, es sind ja immer alle Entscheidungen
absichtlich. Also, auch beim letzten Mal hatten
wir einfach gedacht, wir wollen immer, dass
der Titel der Platte auch ein Stück der Platte ist.
Es gab bei der letzten Platte aber eben kein
Stück, von dem wir dachten, dass es die Platte
gut repräsentiert. Beim aktuellen Album war
klar, „Pure Vernunft darf niemals siegen“ ist
als Titel so stark und passt auch so zu der
gesamten Platte, zu der ganzen etwas verzauberten Atmosphäre des Albums, dass uns ganz
klar war, das muss der Titel sein. Es ist ja auch
schön, wenn so etwas passiert.
[Interview: Dirk M. Oberländer]
Er ist eine Klasse für sich, dort, wo andere
mit dem verbalen Holzhammer arbeiten,
pflegt er linguistische Spitzfindigkeiten der
intelligenten Art. Die Rede ist vom Satiriker
und Literaten Wiglaf Droste. Seine Glossen
erscheinen auf der Wahrheitsseite der „taz“
ebenso, wie in der Satirezeitung „Titanic“
oder vertont als Kritisches Tagebuch im WDRHörfunk. Viele neue Gemeinheiten präsentiert
er am 22.10. um 20 Uhr im Postbahnhof.
Der viel versprechende Titel der Lesung
lautet: „Das Westfalien Alien“. Unterstützt
wird der Wortakrobat dabei musikalisch
von der Chansonnette Barbara Cuesta, die
nachdenklich poetische Texte zu akustischer
Gitarrenmusik präsentiert. Natürlich nicht
ohne eine große Portion Augenzwinkern. Der
Eintritt kostet knapp 13 Euro.
Postbahnhof am Ostbahnhof, Straße
der Pariser Kommune 3, 10243 Berlin
www.postbahnhof.de
Sehr lange Zeit gelassen haben sich die
Indierock-Legenden vom Teenage Fanclub,
denn satte vier Jahre liegen zwischen ihrer
letzten Release und dem brandneuen Album
„Man-Made“. Jetzt kann die schottische Band
beweisen, dass sie nichts von ihren LiveQualitäten verloren hat. Wer Norman Blake,
Gerard Love, Raymond McGinley und Brendan
O‘Hara noch nicht in Concert erlebt hat, sollte
sich dieses Vergnügen nicht entgehen lassen.
Zumal die Band immer wieder in einem
Atemzug mit den großen B’s genannt wird:
Beatles, Beachboys und The Byrds. Perfekte
Singer/Songwriter-Musik von erwachsenen
Menschen, die nicht gecastet sind und ihre
Instrumente wirklich beherrschen, erwartet
uns am 28.10. ab 20 Uhr im Postbahnhof. Der
perfekte Termin für einen netten Abend zu
zweit. Die Tickets kosten rund 21 Euro.
Postbahnhof am Ostbahnhof, Straße der
Pariser Kommune 3, 10243 Berlin
www.postbahnhof.de
Eine Soap der ganz besonderen Art kann
man alle 14 Tage im Prime Time Theater
genießen. Seit vergangenem Jahr werden dort
laufend neue Folgen der Serie Gutes Wedding
– schlechtes Wedding gegeben. Natürlich
ziehen die Schauspieler alles durch den Kakao,
was den Charme des Kiezes ausmacht: deutsch
– türkische Dönerkultur, den netten Proll
von der Ecke, die gelackten „Prenzlwichser“
aus der Nachbarschaft und den trotteligen
Polizeibeamten. Inzwischen läuft die 5. Staffel
der Soap, vor jeder neuen Episode sehen die
Zuschauer eine kolossale Zusammenfassung
der bisherigen Folgen. Ein ganz großer Tipp
für alle, die im (vermeintlichen) Szenebezirk
wohnen oder mit dem Gedanken an einen
Umzug spielen. Am 4.11. um 20:15 Uhr feiert
die 34. Folge mit dem schönen Titel „Guck mal
wer da fehlt“ Premiere. Karten gibt es ab 5
Euro.
Prime Time Theater, Osloer Straße 16, 13359
Berlin, www.primetimetheater.de
Musikfans kennen das Phänomen, wenn
ein Künstler mit dem ersten Album zu
schnellem Erfolg kommt und dann mit
dem zweiten Longplayer der Absturz in die
Bedeutungslosigkeit droht, weil der Druck,
sich neu zu erfinden oder eben genau so
zu bleiben, zu groß ist. Eine Erfahrung, die
Natalie Imbruglia hinter sich hat, nachdem
sie mit dem Song „Torn“ (1998) im Alter von
23 weltberühmt wurde. Nach vierjähriger
Tonträgerabstinenz präsentiert sie nun
ihr neues, viertes Album „Counting down
the days“. Die Platte enthält vor allem MidTempo-Tracks, die mit Klavier und Streichern
arrangiert sind und so die Stimme der
Australierin unterstreichen. Wie sich Natalie
Live anhört, kann man am 13.11. ab 20 Uhr
in der Columbia Halle erleben. Übrigens,
Jungs, die Frau ist leider vergeben und mit
dem Musiker Daniel Johns von Silverchair
verheiratet, also weiter schmachten. Ach ja,
Tickets kosten schlappe 35 Euro.
Columbia Halle, Columbiadamm 13-21, 10965
Berlin, www.columbiahalle.de
[Dirk M. Oberländer]
14 Kultur-Tipps
Kulturtipps
13
Was wir schon immer über
ungewöhnlichen Uni-Sport wissen wollten
Kaum hat das Wintersemester begonnen, überfällt uns auch schon der Herbst mit seinen trüben Tagen. Dunkelheit
und nasskalter Regen empfängt einen, sobald man sein letztes Seminar verlassen hat. Selbst große Bücherliebhaber
sehnen sich dann nach Bewegung und Gesellschaft. Wie schön, dass die Hochschule ein Ort der Kommunikation ist
und traditionell natürlich auch sportlicher Bewegung offen gegenüber steht.
Hier findet der Drang nach körperlicher Aktivität seinen Ausgleich und man munkelt, dass auch manch einsames
Herz dort sein/e Liebste/n gefunden haben soll. Doch das nur am Rande, denn neben allerlei Konventionellem
finden sich auch wahrhaft exotische Perlen im Hochschulsportangebot von FU, HU und TU. Wir haben uns einige
vorgenommen.
Freundinnen und Freunde lässiger BuggyHosen und härteren Sprechgesangs können
sich zukünftig beim Hip Hop Workshop austoben. Womit eindeutig bewiesen wäre, dass
die einstige Straßenmusik längst Einzug in die
Wohnzimmer saturierter Mittelstandsfamilien
gefunden hat. Ein Stück Popkultur im Sportprogramm, möchte man meinen. Während
mancher jetzt vielleicht an dunkle Brücken,
Sprayer, Rapper und links-alternative Jugendzentren denkt, stellt das Kursprogramm den
pop-intellektuellen Zusammenhang her: „Hip
Hop ist ein choreographisch aufgebautes mitreißendes tänzerisches Bewegungsprogramm
auf Funk und Hip Hop Musik. Im Vordergrund
stehen Spaß, Schwung und Freude.“ Wir sind
jedenfalls gespannt, ob demnächst massig
Kommilitonen auf den Tanzflächen der Clubs
für Furore sorgen – What’s up man?
Wer jetzt den Niedergang akademischer
Tugenden anprangert und sich daheim lieber
mit einer guten Flasche 75er Bordeaux und
Zigarre den Abend versüßen möchte, sei
beruhigt – es gibt sie noch, die nützlichen
Klassiker im Hochschulsport. Denn bei welcher
Sportart kann man galanter Kontakte knüpfen,
gewinnbringende Gespräche führen und eleganter wirken als beim Golf? Natürlich dauert
es seine Zeit, bis der Abschlag wirklich professionell aussieht und der fiese, kleine, weiße Ball
nicht ständig in Bunkern oder Wasserhindernissen landet. Schön auch, dass man sich
nunmehr nie wieder über Konflikt beladene
Themen wie das Wetter oder die Politik unterhalten muss.
14 Alles über Unisport
Das eigene Handicap, Schlägerwahl und
Techniken bieten Gesprächsstoff für nette
Abende im Clubheim und endlich hat man
einen Grund, sich gediegene Freizeitkleidung
zuzulegen.
Überfüllte Hörsäle, Anmeldepflichten für
Seminare, deren Scheine man unbedingt
braucht oder ein Mensaplan, bei dem alle
Gerichte so lecker sind, dass man sich nicht
entscheiden kann, es gibt Tage, da könnte man
aus der Haut fahren. Gut, dass es auch für
solche Anlässe passende Sportarten gibt und
man beispielsweise in den Ring steigen kann.
Damit der harte Schlagabtausch keine bleibenden Schäden hinterlässt, sind Boxhandschuhe und Mundschutz Pflicht. Vielleicht sind
die Aggressionen aber auch bereits nach dem
dazugehörigen Konditionstraining vorüber
und bekanntlich geht’s beim gepflegten
Sparringskampf ja nicht darum, den Gegner
unqualifiziert auf die Zwölf zu geben, sondern
technisch versiert möglichst nicht die Bretter
von unten zu sehen. So gestählt lässt sich der
triste Alltag bestimmt lässig ertragen, kleiner
Tipp: Zur Vorbereitung alle Rocky-Filme aus
der Videothek leihen.
Natürlich finden auch Zeitgenossen, denen
diese Art des Trainings dann doch zu sehr nach
physischer Gewalt ausschaut, passende Alternativen. Gerade der geistig ambitionierte
Jungakademiker neigt ja nicht unbedingt
dazu, Wert auf die Anwesenheit in verschwitzten Turnhallen oder testosteronschwangeren Muckibuden zu legen. Da lässt
sich ein entspannter Bridge-Abend doch viel
besser an. Das Spiel mit den 52- Karten hat
eine verdammt lange Tradition, die sich bis ins
England des 16. Jahrhunderts zurückverfolgen
lässt. Die heute überwiegend verbreitetete
Spielweise des Kontrakt-Bridge führte
übrigens der amerikanische Multimillionär
Harold S. Vanderbilt Ende des 19. Jahrhunderts
ein. Mit Glück hat das populäre Kartenspiel
übrigens nichts zu tun, weil alle Spieler bei
Turnieren das gleiche Blatt auf der Hand
haben. Entscheidend sind Taktik und ein gutes
Gedächtnis oder wie im es Sportprogramm der
FU heißt: „Der Faktor Glück ist hier so gut wie
eliminiert. Das Spiel ist spannend, anspruchsvoll, kommunikativ, international.“ Wo dabei
genau die physischen Aspekte liegen, fragen
wir uns allerdings schon. Aber vielleicht
gesellen sich andere nette Kartenspiele wie
Skat oder Poker ja demnächst auch dazu,
Kategorie: Kneipen-Sport.
Wer jetzt auch so richtig Lust bekommen hat,
aktiv durch den Winter zu sporteln, sollte sich
beeilen, traditionell sind die Kurse in der
dunklen Jahreszeit schnell komplett ausgebucht.
Berliner Hochschulsport im Web:
Freie Universität: www.hs-sport.fu-berlin.de/
start
Humboldt-Universität: www.zeh.hu-berlin.de
Technische Universität: www.tu-berlin.de/
sport
[Dirk M. Oberländer]