Pubertät oder psychiatrische Erkrankung?
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Pubertät oder psychiatrische Erkrankung?
Pubertät oder psychiatrische Erkrankung? Selbstverletzung, Melancholie und Essstörung Übersicht: Pubertät in der heutigen Zeit. Allgemeines und Besonderheiten Essstörungen Depression Selbstverletzung Entwicklungsphasen Schwangerschaft Säuglingszeit (bis 12. Monat) Kleinkindalter (13.Kleinkindalter (13.-36. Monat) Kindergarten- und Vorschulalter (3-5 Jahre) Schulalter (6 ––11 Jahre) Pubertät und Adoleszenz (10-18 Jahre) Die Pubertät Die Pubertät lat. pubertas, „Geschlechtsreife“ Sie umschreibt die biologischen und psychischen Vorgänge, die mit der körperlichen und sexuellen Reifung verbunden sind. Sie wird markiert durch das Auftreten der Menarche bzw. der ersten Ejakulation Die Adolesenz Die Adoleszenz umfasst die psychosoziale Bewältigung der körperlichen und sexuellen Reifung bzw. die Anpassung der Persönlichkeit des Kindes an die Pubertät die körperlichen Reifungsvorgänge gibt Anstoß für alle Veränderungen – daher lässt sich die Pubertät als Beginn der Adoleszenz auffassen. Immer früher reif „Trend zur immer früheren Geschlechtsreife ist in Deutschland ungebrochen.“ Ursachen: verbesserten Ernährungslage, besserer Gesundheitszustand der Bevölkerung. Menarche: 1860: 16,6 Jahren, 2010: 10,5 Jahre Somatisch: deutlich erhöhten Konzentration der Geschlechtshormone Körperbehaarung, Menstruation, Produktion von befruchtungsfähigen Eizellen und Spermien Beginn genetisch festgelegt (Pubertätsgene KiSS1 und KiSS1R) Neurobiologie der Pubertät Reifung des jugendlichen Gehirns von „hinten nach vorne“ Myelin/ weiße Substanz ↑; Nervensignale 30mal schneller Wachstumsschub des Gehirns, v.a. präfrontaler Kortex (Giedd et al., 2009) Neurobiologie der Pubertät ab dem 11. Lebensjahr Umbau von Nervenverbindungen im Gehirn (McGivern et al.) Veränderungen der Hirnaktivität im EEG und Umbau der kortikaler Netzwerke (Uhlhass et al., 2009), Verlust von Synapsen → wechselnde Launen und Gemütslagen, Verlust empathischer Fähigkeiten, Fehlurteile, Risikobereitschaft und stärkere Reaktion auf Belohnungen Neurobiologie der Pubertät Überaktivität des mesolimbischen Dopaminsystems → Suchtverhalten Amygdala: rationale Überlegungen → emotionale Gefühlsausbrüche. Cingulum – Amygdala: Desynchronisation in Reifung: mehr Streit mit den Eltern Melatonin später ausgeschüttet → spätes Aufbleiben und lange Ausschlafen Individuelle Akzeleration/ Retardation 60% Problembelastung Jugendlicher: 54% 50% 50% 40% (Potentielle) Problemgruppen: Retardierte Jungen Akzelerierte Mädchen 29% 30% 21% 20% 10% 2% 0% retardiert Aus: Reissig, M.: Körperliche Entwicklung und Akzeleration Jugendlicher. Berlin 1985, S. 99 32% normal akzeleriert 16jährige Mädchen 16jährige Jungen Individuelle Akzeleration/ Retardation Akzelerierte Mädchen und retardierte Jungen widersprechen den Geschlechterstereotypen (Jungen sollen groß und kräftig sein, Mädchen klein und zart) Allgemeine Regel: Wenn körperliche Prozesse nicht den sozialen Normen entsprechen, haben sie psychische Auswirkungen. Veränderung in der Beziehungsstruktur vor dem Einsetzen der Pubertät sind Eltern ( im Idealfall) die wichtigsten Liebesobjekte in der Pubertät kommt es zu einer Lockerung dieser innigen Beziehung Veränderung in der Beziehungsstruktur Beobachtbar sind Aufsässigkeit Rebellion Provokation Herabsetzung der Eltern Herabsetzung des Lebensstils der Eltern Rückfällen in die Abhängigkeit zu den Eltern und zu kindlichem Verhalten Je enger das Verhältnis war, desto stürmischer kann der Trennungskampf werden Zentrale Konflikte im Jugendalter: interpersonell: Generationenkonflikt intrapersonell/ psychisch: Autonomie-AbhängigkeitsKonflikt Zentrale Konflikte im Jugendalter: Identitätssuche und Identitätskrise Identität: “...Definition einer Person als einmalig und unverwechselbar durch die soziale Umgebung wie durch das Individuum selbst.” Entwicklungsaufgaben im Jugendalter ( 1. Körperliche Entwicklung verarbeiten 2. Entwicklung der Geschlechtsrolle 3. Beziehungsgestaltung zu Gleichaltrigen 4. Ablösung von den Eltern 5. Aufbau einer Paarbeziehung/ private Lebensplanung 6. Bewältigung von Leistungsanforderungen/ berufliche Lebensplanung 7. Entwicklung des eigenen Wertesystem Symptome – auf emotionaler Ebene fühlen sich hässlich sind aufsässig und extrem gehemmt sind wenig Stress tolerant erscheinen narzistisch sind albern verhalten sich provokativ sind sehr labil => Gefühlsschwankungen und mangelnde Selbstkontrolle Symptome auf sozialer Ebene suchen verstärkt Kontakt zu Gleichaltrigen bilden Cliquen, orientieren sich an ihrer Peer-Gruppe entwickeln ihren eigenen Stil möchten „cool“ wirken sind oftmals extrem in ihren Standpunkten sind „idealistisch“ lehnen sich gegen Autoritäten auf schämen sich z.B. für ihre Eltern schwänzen die Schule Risiken in der Entwicklung Risiken in der Entwicklung probieren Drogen aus (Bsp. Alkohol-Exzesse auf Klassenfahrten) Riskantes Fahrverhalten zeigen z.T. Essstörungen neigen zu Autoaggression (Ritzen, Suizid) Kinder psychisch kranker Eltern Immer wieder A.P. Reiche ich Dir die Hand Immer wieder Erfahre ich Demütigung Immer wieder Erlebe ich Abwertung Das Unvermögen Ein anderes Leben zu begreifen Immer wieder Sehe ich Verzweiflung Immer wieder Spüre ich gescheiterte Bindungen Ich kann mich so schwer Von deinem Gefängnis abwenden Immer wieder Reiche ich Dir die Hand Julia K. Unterschiede zu früher Hochtechnisierte Welt Virtuelle und erlebte Gewalt Zerbrochene Familien Sexuelle Freizügigkeit Verfall von Religion und Moral Reifung des Gehirns Langsame Reifung: finales Ergebnis besser mit Langzeitfolgen Unterschied Stadt – Land Medienkonsum, insbesondere Computerspielen >240min /dies fördert die Schnellreifung (Notreifung) des Gehirns Fernsehkonsum: direkte Korrelation: >Fernsehen führt zu >aggressivem Verhalten und verringerter Hilfsbereitschaft Generation Medien (8-18 jährige) In der Schule sind 35 Wochenstunden x 45 Minuten auf 7 Tage verteilt entspräche das 3,75 h Multitaskinganteil 29 % 1999 2004 2009 Fernsehen 3,47 3,51 4,29 Musik 1,48 1,44 2,31 Computer 0,27 1,02 1,29 Videospiel 0,26 0,49 1,13 Bücher (!!!) 0,43 0,43 0,38 Kino 0,18 0,18 0,25 Summe 7,29 8,33 10,45 Einfluss der neuen Medien Computerspiele: 3 Monate nach Schenkung eines Videospiels wurden 2 vergleichbare Kohorten von Grundschülern nachkontrolliert „beschenkte“ Kohorte zeigte signifikante Leistungsdifferenz: Schreiben schlechter Lesen schlechter Schulprobleme zunehmend Entscheidend sind Dosis und Art der virtuellen Realität: Trennung Virtualität und Realität ist Aufgabe des präfrontralen Kortex Präfrontaler Kortex ist im Alter von 10-13 LJ noch besonders unreif Facebook und Google+ (?) Umgang mit Drogen Alkoholkrankheit – die Krankheit des pubertären Gehirns Prädiktor für Alkoholabhängigkeit: früher Einstieg 11 Jahre Beginn: 30 % Wahrscheinlichkeit für schwere Alkoholerkrankung Rauchen (in jedem Alter gefährlich), Passivrauchen erzeugt Craving, Unterschied: abstinente Raucher – Nichtraucher Cannabis: Psychoseauslösung, frühere Erkrankung bei Psychosegefährdeten, Cannabinoidsystem (Bremse im Gehirn), wichtig für Erinnerungsfähigkeit Anorexie Anorexie Essstörungen Essstörungen: Weiblich, jung, Zusammenhang mit Pubertät Männeranteil unter 10% Risikogruppe adoleszente Frauen (College): Zwei Drittel diätieren chronisch 20% berichten Fressattacken Prävalenzen Anorexie: 0,2-2% aller Frauen, 15-23 Jahre Bulimie: 2-4% der Gesamtbevölkerung, 20-30 Jahre, hohe Dunkelziffer Anorexia athletica: Bis zu 40-60% bei Risikogruppen Essstörungen und sexuelle Entwicklung Ruuska et al. European Child & Adolescent Psychiatry 12:214-220 (2003) N = 57(w), 14-21 J, AN BN Finnland Anorexie Bulimie Menarche 12,7 J. 12,3 J.( Verabredungen letzter Monat 28,6 % 63,2 % Sexualität = Ekel 76,7 % 39,1 % Essstörung im Vergleich zur normalen Körperentwicklung Gewicht wird absichtlich unter 10. Altersperzentile BMI gehalten Ausbleiben von mindestens drei aufeinanderfolgenden Menstruationszyklen Östrogenmangel (rel.Testosteronüberschuß) Leptinsekretion trennt zw. AN und BN Körperliche Störungen und Verhaltensauffälligkeiten Laxantienabusus, exzessive körperliche Betätigung und häufiges Durchführen von Diäten bereits in frühem Alter. In der strukturellen Bildgebung findet sich bei Anorexia nervosa nicht selten eine Pseudoatrophia cerebri. Essstörungen erfordern immer eine interdisziplinäre Diagnostik und Therapie. Körperliche Störungen und Verhaltensauffälligkeiten Hypokaliamie, Hyperphosphatamie metabolische Azidose oder Alkalose hohe Amylaseserumkonzentrationen veränderte Essgewohnheiten Schwierigkeiten der Nahrungsaufnahme im sozialen Kontext Abneigung gegen Messung des Gewichts Anorexie Anorexie (Magersucht, orexi=Appetit, gr.): Appetitverlust, Sucht nach Hunger Übersteigerter Wunsch nach Schlankheit und Selbstbestimmtheit, psychische Störung Symptome: 1. 2. 3. 4. 1. Untergewicht < BMI 17,5 oder < 85% Normgewicht Irrationale Angst vor Gewichtszunahme Verzerrte Körperwahrnehmung Ausbleiben der Monatsblutung (Frauen) Varianten Restriktiver Typ Binge Eating und/oder Purging-Typ Ursachen Bulimie Bulimie (Ess-Brech-Sucht): Wechsel von Heisshunger und Purging Wenig auffällig, da kein Untergewicht Symptome: 1. Fressattacken: Große Nahrungsmengen in kleinem Zeitraum mit Erleben von Kontrollverlust 2. Kompensationsmechanismen: 1. Purging-Typ: Selbstinduziertes Erbrechen, Laxantien, Diuretika, 2. Non-Purging-Typ: übermäßiges Sporttreiben, Fasten/Diät 3. Wechsel von 1 und 2 ca. 2 mal pro Woche über längere Zeit 4. Figur und Gewicht bestimmen Selbsteinschätzung Körperliche Störungen und Verhaltensauffälligkeiten Wachstumsstörungen, große Schwankungen des Körpergewichts Unfähigkeit zur Gewichtszunahme rasche Erschöpfbarkeit Obstipation oder Diarrho Neigung zu Knochenbruchen verspätete Menarche, Behandlungsziele Gewicht ca.25. BMI-Altersperzentile Emotionale Stabilität erreichen Autonomie fördern Soziale (schulische) Reintegration Medikamente World Federation of Societies of Biological Psychiatry (WFSBP) Guidelines for the Pharmacological Treatment of Eating Disorders Bei Anorexie Zinksupplementation (Grad B) Olanzapin (Grad B), alle anderen atypischen Neuroleptika Evidenzgrad C Bei Bulimie Trizyklische Antidepressiva (Grad A) Fluoxetin und Topiramat sollen ebenso gut wirksam sein Bei Binge Eating Disorder Sertralin und Topiramat (Grad A) Prognose Magersucht: 25% symptomfrei 50% gebessert 25% chronisch krank Bulimie: 40% symptomfrei 40% chronisch krank oder intermittierender Verlauf 20% andere Essstörungen Günstige Prognose: Kurze Krankheitsdauer vor der ersten Behandlung Cave ca. 60% der anorektischen Patienten entwickeln eine Bulimie! Pflegeleicht sein ist nicht Starksein Mädchen mit Essstörungen haben eine anlagebedingte hohe Einfühlsamkeit und Sensibilität mit der dadurch gegebenen Möglichkeit ein besonders vernünftiges und pflegeleichtes Kind zu sein. Dies geht einher mit einer tief verankerten Fremdbestimmtheit und einem Mangel an gesunder Aggressivität und Selbstbehauptung. Melancholie oder Depression Gibt es Depressionen bei Minderjährigen? 1. Depression kann eigenständige Erkrankung sein und 2. Depression können die „Endstrecke“ bei vielen kinder- und jugendpsychiatrischen Störungen sein: – z.B. Störung des Sozialverhaltens – ADHS – Angststörungen – Angststörungen – Psychosen Depression: Sein oder nicht Sein Symptome depressiver Störungen Kernsymptome – Stimmungsprobleme (gedrückte Stimmung, Traurigkeit) – Probleme im Denken, Denkhemmung – Veränderungen im Aktivitätsniveau (erhöhte Ermüdbarkeit), – Hemmung der Handlungsfunktionen Depression - nicht Melancholie – Interessensverlust, Freudlosigkeit – Verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit – Vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen – Schuldgefühle und Gefühle von Wertlosigkeit – Negative und pessimistische Zukunftsperspektiven – Suizidgedanken, erfolgte Selbstverletzung oder Suizidhandlungen – Schlafstörungen – Verminderter Appetit – Körperlich-vegetative Beschwerden, z.B. Kopf- oder Bauchschmerzen Prävalenz 2% bei Kindern (m:w 1:1) 4-8% bei Jugendlichen (m:w 1:2) bis zu 14 % depressive Symptome (Boyd et al, 2000) 25% aller jungen Leute haben wahrscheinlich bis zum Alter von 18 Jahren eine klinisch signifikante depressive Episode erlebt (Lewinsohn et al, 1994, National Health and Medical Research Council, 1997) Verlauf Mittlere Dauer depressive Episode Jugendliche: 8 Monate fast die Hälfte der Depressionen bei Minderjährigen remittiert innerhalb eines Jahres (NICE 2005). Wiederauftretensrate 20-60% nach 1 Jahr, 70% nach 5 Jahren ( Birmaher et al., 2002, Costello et al., 2002) ungefähr 50 % der Erkrankungen zeigen einen bis in das Erwachsenenalter andauernden Verlauf (Weissman et al. 1999). Wer ist betroffen? Risikopopulationen! Heimkinder! Kinder psychisch kranker Eltern! hohe Gefahr für Suizidalität (Harrington, 2001), v.a. während der Besserungsphase (Nelson et al., 2007) Neurobiologie/ genetische Faktoren Serotoninhypothese: verminderte Serotoninkonzentration Katecholaminhypothese: Defizit von Norepinephrin Verminderte Noradrenalin- und Dopamin-Konzentration (Nemeroff, 2002) Hippocampus: Zellaufbau- und –funktionsstörungen (Duman et al., 1999) Reduktion des frontalen Kortexvolumens & Erweiterung der lateralen Ventrikel bei depressiven Kindern (Steingard et al., 1996) Hypometabolismus frontal & temporal (Kimbrell et al., 2002) Psychosoziale Faktoren Trennung von Eltern Mobbing Über- oder Unterforderung in der Schule Familiäre Kommunikations- und Bewältigungsmuster Deprivation Symptome der Vorschulkinder (3-6 Jahre) • Trauriger Gesichtsausdruck • Verminderte Gestik und Mimik • Leicht irritierbar und äußerst stimmungslabil • Mangelnde Fähigkeit, sich zu freuen • Introvertiertes, aber auch aggressives Verhalten • Vermindertes Interesse an motorischen Aktivitäten • Essstörungen bis zu Gewichtsverlust/-zunahme • Schlafstörungen (Alpträume, Ein- und Durchschlafstörungen) Symptome der Schulkinder • verbale Berichte über Traurigkeit • Suizidale Gedanken • Befürchtung, dass Eltern nicht genügend Beachtung schenken • Schulleistungsstörungen Symptome im Pubertäts- und Jugendalter Vermindertes Selbstvertrauen Apathie, Angst, Konzentrationsmangel Leistungsstörungen Zirkadiane Schwankungen des Befindens Psychosomatische Störungen Symptome im Pubertäts- und Jugendalter Vernachlässigung der bisherigen Hobbys Abnahme der Kontakte zu Gleichaltrigen Nachlassen der schulischen Leistungen Stimmungsschwankungen, Appetit- und Schlafstörungen, auch Kopf- und Bauchschmerzen Suizid die zweithäufigste Todesursache in der Altersgruppe Rückzug aus zwischenmenschlichen Beziehungen; insbesondere zu Gleichaltrigen Aggressionen gegen die eigene Person Selbstmordfantasien Vermehrt körperliche Beschwerden. Ab wann Medikamente? bei mittelgradiger oder schwerer Depression Zugelassen im Jugendalter: Fluoxetin Medikament beschleunigt die natürliche Heilung und Stabilisierung Gefahr der Steigerung des Antriebs vor Besserung der Stimmung! Selbstverletzung ein bis zwei Prozent der deutschen Bevölkerung Etwa zehn Prozent der Jugendlichen ab 14 Jahren sollen sich schon selbst verletzt haben ungefähr die Hälfte wiederholt die Handlung Risikopersonen für selbstverletzendes Verhalten Patienten mit Borderline-Persönlichkeitsstörungen (Speziell Frauen im Alter von 16 bis 25 Jahren) Patienten in psychotischem Zustand (häufig Männer im jungen Erwachsenenalter) emotional gestörte und/oder chronisch geschlagene/verprügelte Kinder geistig behinderte und autistische Kinder Patienten mit einer Selbstverletzungsvergangenheit, und Patienten mit einer gewaltvollen Vergangenheit (körperlicher, emotionaler oder sexueller Missbrauch). Patienten mit zwanghafter Persönlichkeitsstruktur Selbstverletzung 3 Typen nach Favazza (1986) Schwerwiegende Selbstverstümmelung (eingeschlossen sind Kastration, Amputation von Gliedmassen, Ausstechen der Augen, etc.). Sehr selten und normalerweise in Verbindung mit psychotischen Zuständen. Stereotype Selbstverletzung umfasst z.B.: rythmisches Kopfschütteln (Jaktationen) auch gegen die Wand, Trichillotomie, selbst Beißen oder sich die Fingernägel abziehen. Bei autistischen, geistig behinderten und psychotischen Menschen Oberflächliche und gemäßigte Selbstverletzung Eingeschlossen sind Schneiden, Brennen, Kratzen, "Haut-Rupfen", Haare ausreißen (Trichotillomanie), Schlagen, absichtliches Überbeanspruchen von Verletzungen, das Verhindern des Abheilens von Wunden Selbstverletzung im Kontext mit Persönlichkeitsstörungen Borderline-, narzisstische oder antisoziale Persönlichkeitsstörung) oder einer Achse-I-Störung auf (zum Beispiel Depression, Substanzmissbrauch, Angst- und Essstörungen) oder eigenständig: repetitive self-harm syndrome (Keine ICD-10 Diagnose) Untersuchung Selbstverletzer vs. Nichtselbstverletzter häufiger emotionale Vernachlässigung inkonstante Primärbeziehungen sexuellem Missbrauch in der Kindheit Gewalterfahrung haben als Kinder nicht gelernt auf ihre Gefühle zu achten, sie zu deuten und zu regulieren Unterscheidung Traumata in der Vorgeschichte Persönlichkeitsstörungen Selbstverletzung dient der Regulation negativer Emotionen und von Spannungszuständen Versuch bewusst oder unbewusst, die Aufmerksamkeit von Bezugspersonen auf sich zu lenken Woran erkennt man die Betroffenen? tragen immer lange Kleidung, auch an heißen Tagen halten sich lange im Badezimmer auf horten Desinfektions- und Verbandsmaterial Verletzungen an leicht zugänglichen Körperstellen Wundheilung verzögert, weil die Betroffenen an den Wunden manipulieren Woran erkennt man die Betroffenen? Im Besitz des Betroffenen befinden sich Gegenstände und Flüssigkeiten, die nicht zu den üblichen Zwecken eingesetzt werden, zum Beispiel: Rasierklingen, Messer, Scheren, Scherben, Nadeln, Bügeleisen, Kerzen, Zigaretten, Injektionsinstrumente, Chemikalien (Schwefelsäure, Salzsäure). Ist Piercing Selbstverletzung? ¾ der befragten Männer und ½ der Frauen die sich tätowieren oder piercen ließen gaben an Opfer von körperlicher Gewalt in der Kindheit gewesen zu sein Störungen der Impulskontrolle aktuelle Definition Versagen, einem Impuls, einem Trieb oder einer Versuchung zu widerstehen, eine Handlung auszuführen, die schädlich für die Person selbst oder andere ist. Ansteigendes Gefühl von (An)Spannung oder Erregung vor der Handlung, Erleben von Vergnügen, Befriedigung, Entspannung während der Handlung, Nach der Handlung können Reue, Schuldgefühle, Selbstvorwürfe auftreten. OCD (Zwangsstörung) Lebenszeitprävalenz: 3,1 % Bei stationären Patienten: 31% (Grant et. al., American Journal of Psychiatry) Impulskontrollstörung: Geschichtlich: Kraepelin (1896): “impulsives Irresein” – unbezähmbarer Impuls, der bei Ausführung Befriedigung und Erleichterung verspricht Janet (1906): unwiderstehlicher Handlungsdrang, der zur Befindlichkeits-manipulation bei innerer Leere und Hilflosigkeit dient (-> Chronifizierung) Impulskontrollstörung OCD ist im Grunde einzuordnen in die chronische Angsterkrankung hilfreich sind die SSRI ( zugelassen ist Fluoxetin) Helfen kann auch Citalopram oder Escitalopram Typische Beispiele Abnormes Verhalten: Pyromanie, Kleptomanie, Trichotillomanie Verhaltensexzess: Pathologisches Spielen Pathologisches Kaufen; Exzessive Internetnutzung OCD obsessiv compulsive disorder Selbstverletzung im Rahmen der Borderline Erkrankung 1938 führte der Psychoanalytiker Adolph Stern den Begriff „borderline“ ein für Patienten, die weder dem Gebiet der Neurose noch dem Gebiet der Psychose zuzuordnen waren. Lange Zeit „Restkategorie“, Sammelbezeichnung für schwierige Patienten. Erst Ende des 20.Jahrhunderts wurde die Borderlinestörung als eigenes Störungsbild definiert. Kernfaktoren Affektive Instabilität Impulsivität Instabile Beziehungen Verbreitung Prävalenz 2% (Lebenszeitprävalenz 6%) Frauen : Männer 1:1 Ca.80 % sind in psychiatrisch / psychotherapeutischer Behandlung Direkte Kosten ca. 4 Milliarden Euro im Jahr in Deutschland (15% der Kosten insgesamt für psych. Störungen) Neurobiologie Störungen in bestimmten Bereichen des Gehirns vor allem im Limbischen System, vor allem Amygdala und Hippokampus Präfrontalen Kortex Bildgebende Verfahren zeigen morphologische und strukturelle Veränderungen! Dysfunktionale Verhaltensmuster Suizidalität Selbstverletzungen Fremdaggressivität Fressanfälle Missbrauch von Alkohol,Tabletten,Drogen Hochrisikoverhalten Allgemeine Behandlung der Borderline Selbstverletzung Atypische Neuroleptika zur Anspannungsreduktion SSRI zur Stimmungsbesserung und Stabilisierung Evidenz B bis C Stimmungsstabilisierung mit Valproinsäure, Topiramat oder Lamotrigin DBT und psychiatrische Begleitung bei langer Therapiedauer Keine kausale Pharmakotherapie bekannt DBT (Dialektisch Behaviorale Therapie) Skills Behandlung Je nach der im Focus liegenden Grundstörung Transfer Focussed Treatment (TFT) Bei Trauma EMDR: Eye Movement Desensitization and Reprocessing Hier erfolgt die Integration der mit dem Trauma verbundenen Emotionen und Empfindungen bilterale Stimulation mittels Augenbewegungen soll die Synchronisierung der Hirnhälften bewirken Ziel ( für Eltern und Lehrer) Reduktion des neurotoxischen Stress Rituale geben Sicherheit Angsterfahrungen vermeiden Regeln verstehen lernen und umsetzen Lernen Abzuwarten und Training des Aufmerksamkeit Lernen am Modell: Eltern und Lehrer Selbstverletzung ist kein Suizidversuch Selbstverstümmelung ist getrennt vom Suizid (Favazza 1998) . Что делать? (Was ist zu tun) Sport Ernährung Schlaf Musik(erziehung) in der Vorschule Lesen (Reizreduktion) Ruhe (Natur erleben, Yoga, Entspannung, Meditation) Selbstständigkeit nicht um den Preis der Kooperativität stärken Ende Jugend heute: Die neue Shell-Jugendstudie 2010 Die heutige junge Generation in Deutschland bleibt zuversichtlich: Sie lässt sich weder durch die Wirtschaftskrise noch durch die unsicher gewordenen Berufsverläufe und Perspektiven von ihrer optimistischen Grundhaltung abbringen. Mit den Herausforderungen in Alltag, Beruf und Gesellschaft gehen Jugendliche auch weiterhin pragmatisch um. Prägend für diese Generation sind insbesondere eine starke Leistungsorientierung und ein ausgeprägter Sinn für soziale Beziehungen (16. Shell Jugendstudie 2010)