Wildstauden des Waldes und des Waldrandes im Garten

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Wildstauden des Waldes und des Waldrandes im Garten
Pflanzenkenntnisse und -verwendung
Wildstauden
des Waldes
und
des Waldrandes
im Garten
Monika Seith
Pflanzenkenntnisse und -verwendung
I Verwendete Literatur
Bürki, M.; Tommasini, D.: Bildatlas Blütenstauden (2005). Stuttgart, Eugen Ulmer-Verlag
DYLLA, K.1977: Das Gleichgewicht in der Lebensgemeinschaft Wald. Heidelberg, Quelle-Meyer Verlag
EGGENBERG, S.: Möhl A. 2007: Flora Vegetativa. Haupt Verlag
FRANK, R. 1986: Zwiebel- und Knollengewächse. Stuttgart, Ulmer-Verlag
Götz, H.; Häussermann, M. (2012): Stauden, BdS-Handbuch IIIa. Pinneberg, Grün ist Leben-Eigenverlag
HOFMEISTER, H. 1987: Lebensraum Wald. Hamburg Parey-Verlag
Lauber, K.; Wagner, G. (2012): Flora Helvetica. Bern, Haupt-Verlag
MAUDERLI, H. 1993: Frühblüher. Bernhardzell, Bernet Verlag
RÜTHER, P. 2008: Frühblüher. Hohenwarsleben, Westarp Verlag
SCHMEIL-SEYBOLD 1958: Lehrbuch der Botanik. Heidelberg, Quelle-Meyer Verlag
STRASBURGER, E. 1978: Lehrbuch der Botanik. Stuttgart, Fischer Verlag
Tangermann, E.; Simon, H. (1993): BdB-Handbuch Wildstauden Schattenflächen und Säume. Pinneberg,
Grün ist Leben-Eigenverlag
TROLL, W.1935–1957: Praktische Einführung in die Pflanzenmorphologie. Jena, Fischer-Verlag
WILDERMUTH, H. 1978: Natur als Aufgabe. Basel, Schweizer Bund für Naturschutz
ZIRFASS, K. 2008: Feldbotanik, 2. Auflage. Birdlife Schweiz
Pflanzenkenntnisse und -verwendung
II Nützliche Internet-Links zum Thema
• www.zdsf.ch
Zentrum des Datenverbundnetzes der Schweizer Flora unter Fotogalerie: mehrere Bilder zu einzelnen Arten,
sehr gut zur sehr gut zur Bestimmung geeignet mit Angabe des Fundortes, Verbreitungskarten der einzelnen Arten.
• www.waldwiesenblumen.gabathuler.org
Wildstauden geordnet nach Blütezeit, Blütenfarbe, Grösse mit Fotos und Fundort, Wildstandorte CH
• www.wildpflanzen.ch
Webseite der Wildpflanzen-Infostelle, typische Pflanzen der Region können gesucht werden
• www.wsl.ch/land/products/webflora/welcome-de.ehtml
unter Artenverbreitung: Vorkommen fast aller Wildpflanzen in CH unterseltene Arten: sehr gute Beschreibung dieser Arten unter Kartierkarten: Artenzusammensetzung einer Kartierfläche Region Gisliflue z. B.
unter Nr. 182
• www.guenther-blaich.de
Fotos (oft mehrere pro Pflanze) von europäischen Arten, sehr umfangreich, gut zur Bestimmung anhand
Fotos
• www.lebensraueme.unr.ch
Pflanzengesellschaften der jeweiligen Lebensräume Lebensraum kann auch anhand von Beispielpflanzen
gesucht werden
• www.infoflora.ch
Nationales Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora: Artenbeschreibungen nach Flora Helvetica
2012, Verbreitungskarten, Lebensraum
Pflanzenkenntnisse und -verwendung
Inhaltsverzeichnis
I Verwendete Literatur_________________________________________________________2
II Nützliche Internet-Links zum Thema__________________________________________3
III Zum Inhalt__________________________________________________________________6
WILDSTAUDEN des WALDES und des WALDRANDES_________________________6
1. Waldrandstauden____________________________________________________________6
1.1. Der sonnige Waldrand GR1 ______________________________________________________________ 7
1.2. Der halbschattige Waldrand mit frischem Boden GR2____________________________________9
1.3. Der absonnige Waldrand GR3__________________________________________________________ 10
2. Waldstauden _______________________________________________________________ 12
2.1. Pflanzenbeispiele für die Verwendung von Waldstauden im Garten ______________________ 13
2.1.1. Robustere Waldstauden, für Neuanlagen in schattiger Lage geeignet_________________________13
2.1.1.1 Im trockenen Hausschatten ohne Gehölze, humusarme Plätze G1______________________13
2.1.1.2 Bodenfrische Lagen im Schatten G2__________________________________________________14
2.1.1.3 Robuste Waldstauden für feuchte Lagen G3___________________________________________14
2.1.2 Waldstauden für den eingewachsenen Gehölzbestand G2-G3 mit waldähnlichem Mikroklima
und humosen Boden________________________________________________________________________15
Frühjahrsgeophyten in Natur und Garten____________________________ 15
1. Die verschiedenen Überdauerungsorgane der Frühjahrsgeophyten:___________ 16
1.1. Zwiebeln_______________________________________________________________________________ 16
1.2. Knollen________________________________________________________________________________ 17
1.3. Zwiebelknollen_________________________________________________________________________ 17
1.4. Rhizome_______________________________________________________________________________ 17
2. Der Wachstumszyklus der Frühjahrsgeophyten allgemein____________________ 18
Pflanzenkenntnisse und -verwendung
3. Lebensbedingungen der heimischen Frühjahrsgeophyten des Waldes________ 19
4. Pflanzzeitpunkt der Frühjahrsgeophyten im Garten__________________________ 21
5. Pflanztiefe________________________________________________________________ 22
6. Verwendung der Frühjahrsgeophyten im Garten____________________________ 24
6.1. Frühjahrsgeophyten für den halbschattigen bis schattigen, frischfeuchten und ehertiefgründigen Gehölzbereich, häufig sommertrocken____________________________________ 24
6.1.1 Konkurrenzstarke, wenig verträgliche Arten__________________________________________________ 24
6.1.2. Tolerante Arten zum lockeren Einstreuen zwischen Stauden_________________________________ 24
6.2.
Frühjahrsgeophyten für den sonnigen Gehölzbereich, Übergang zur Freifläche
und Beet___________________________________________________________________________ 24
7. Anhang____________________________________________________________________ 25
A1 Buchenwälder auf mittel- bis tiefgründigen, basischen Böden_____________________________25
A2 Auszug aus der Standortliste der Gärtnerei P. Willi, Waldibrücke_________________________ 26
A3 Lebensformen der Frühblüher Auszug aus dem Buch: Frühblüher (Peter Rüther, 2008)____27
A4 Ökologische Zeigerwerte nach Landolt (2010)___________________________________________ 28
Wildstauden des Waldes
III Zum Inhalt
Im Naturgarten
Die nachfolgenden Ausführungen gelten für die Verwendung von Wildstauden im Garten.
Sie entsprechen nicht der natürlichen Artenzusammensetzung der entsprechenden Pflanzengesellschaften am Naturstandort.
Für die Frühjahrsgeophyten, die bald nach der Blüte einziehen und damit vorzeitig Lücken hinterlassen würden,
siehe separates Kapitel Frühjahrsgeophyten ab Seite 12.
WILDSTAUDEN des WALDES und des WALDRANDES
1. Waldrandstauden
Lebensbereich Gehölzrand GR (nach Prof. J. Sieber).
Am sonnigen Waldrand finden wir ein gänzlich anderes Mikroklima wie am absonnigen Waldrand vor.
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Monika Seith
Abb.: Windwirkung am Heckenrand (Wildermuth 1978)
Schon ein Heckenstreifen verändert das Kleinklima in unmittelbarer Nähe.
Beim Wald ist dieser Effekt noch verstärkt.
1.1. Der sonnige Waldrand GR1
ökologische Zeigerwerte nach LANDOLT F 1+ - 2+ , N 2-3 ,L 3-4
(siehe dazu im Anhang: Seite 26 Ökologische Zeigerwerte nach Landolt 2010)
Der nach Süden und/oder Südwesten ausgerichtete Waldrand ist in der Regel trockener, es können sich enorm
hohe Temperaturen durch Stauwärme bilden. Die Wurzeln der Bäume und Sträucher entziehen dem Boden Wasser. Bei den südwestlich/westlich ausgerichteten Waldrändern führt der Wind zu schnellerem Abtrocknen und
geringerer Taubildung (siehe vorherige Abbildung). Deswegen wachsen am sonnigen Waldrand eher trockenheitsliebende Pflanzen niedrigem Nährstoffbedarf (Verrottung von Laub bei geringer Feuchtigkeit langsam und Wind
bläst Laub davon) und solche, die mit diesen extremen Bedingungen besser zurechtkommen. Auch die Wiesenpflanzen siedeln sich am trockenen Gehölzrand an.
Der Vegetationsbeginn ist in der Regel 2 Wochen früher wie am absonnigen Waldrand.
Wildstauden aus diesem Lebensbereich können eher bei Neuanlagen verwendet werden. Auch für locker
gepflanzte Hecken sind diese Wildstauden als Zwischenpflanzung zu bevorzugen, da sie an diesen dynamischen Standort angepasst sind.
Übergänge zur Freifläche und dem absonnigen Steingarten finden sich.
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Wildstauden des Waldes
Pflanzenbeispiele für den sonnigen Gehölzrand GR1 nach Wuchsverhalten
Konkurrenzkräftige, z. T. wuchernde Arten GR1, Flächige Pflanzung, sog. «Bodendecker»
Buglossoides purpurocaerulea
Securigera /Coronilla varia
Tanacetum vulgare
Euphorbia cyparissias
Arten für mosaikartige Pflanzungen GR1 Pflanzung in kleinen, sich wiederholenden Gruppen
Agrimonia eupatoria
Anemone sylvestris
Anthericum ramosum
Aster amellus
Buphthalmum salicifolium
Bupleurum falcatum
Bupleurum longifolium
Campanula rotundifolia
Campanula glomerata
Campanula persicifolia
Campanula rapunculoides auf mageren Standorten starke Ausbreitung
Coronilla coronata
Dictamnus albus
Euphorbia verrucosa
Filipendula vulgaris
Geranium pyrenaicum nicht langlebig, versamen lassen
Geranium sanguineum auf mageren Standorten starke Ausbreitung möglich
Helleborus foetidus
Helleborus niger
Hypericum perforatum
Malva moschata
Origanum vulgare
Peucedanum cervaria
Potentilla rupestris
Prunella grandiflora
Seseli libanotis
Silene nutans
Silene vulgaris
Solidago virgaurea
Stachys recta
Tanacetum corymbosum
Teucrium chamaedrys
Teucrium scorodonia (je nach Standort auch wuchernd und daher flächig zu verwenden)
Thalictrum minus
Trifolium rubens
Verbascum nigrum
Veronica teucrium
Vincetoxicum hirundinaria
Sesleria caerulea
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Monika Seith
1.2. Der halbschattige Waldrand mit frischem Boden GR2
ökologische Zeigerwerte nach LANDOLT F 2+-3, N 2-3, L 3
Da dieser Standort wechselbelichtet ist, hält sich die Bodenfeuchte länger.
Der Wald schirmt starke Winde ab. Allgemein sind die Klimafaktoren ausgeglichener.
Pflanzenbeispiele für den halbschattigen Gehölzrand GR2
Konkurrenzkräftige Arten GR2
Flächige Pflanzung, sog. «Bodendecker»
Convallaria majalis
Fragaria vesca
Galium odoratum
Lamium galeobdolon
Vinca minor
Arten für mosaikartige Pflanzung GR2
Pflanzung in kleinen, sich wiederholenden Gruppen
Aconitum napellus
Ajuga reptans nicht langlebig und wandernd
Aquilegia in Arten
Calamintha menthifolia
Campanula rapunculoides auf mageren Standorten starke Ausbreitung
Campanula persicifolia
Centaurea montana
Corydalis lutea
Digitalis lutea
Digitalis purpurea
Euphorbia amygdaloides
Gentiana asclepidaea
Glechoma hederacea wandert, nur als temporäre Füllpflanze verwenden
Helleborus foetidus
Helleborus niger
Hesperis matronalis
Lamium maculatum
Lathyrus vernus
Lilium martagon
Malva alcea
Melittis melissophyllum
Polemonium caeruleum
Primula veris
Silene dioica
Stachsy officinalis
Viola odorata
Calamagrostis arundinacea
Carex digitata
Melica nutans
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Wildstauden des Waldes
1.3. Der absonnige Waldrand GR3
ökologische Zeigerwerte nach LANDOLT F 3-4+, N 3-5, L 1-3
Dort finden wir eine kühle, bodenfeuchte Situation vor. Der Wind wird durch die Bäume abgehalten, die Temperatur ist niedriger und die Luftfeuchte ausgeglichener. Das Falllaub wird im Herbst weniger vom Wind weggetragen,
so dass die Mullschicht in der Regel etwas höher ist und die Bodenbeschaffenheit entsprechend lockerer und
nährstoffreicher. Aufgrund der Bodenfeuchte wird die Streuschicht schnell zersetzt. Gerade im Frühjahr können
enorme Temperaturunterschiede zwischen absonniger und sonniger Lage herrschen. Der Austrieb der Wildstauden kann dadurch bis zu 2 Wochen differieren. Im Sommer hingegen hält sich die Feuchtigkeit länger.
Bei Neuanlagen im Garten muss sich dieses ausgeglichene Kleinklima zunächst noch entwickeln. Die Pflanzenwahl sollte entsprechend ausfallen.
Als Übergangslösung besteht die Möglichkeit, Wildstauden aus anderen Lebens-bereichen zu wählen wie der
wechselfeuchten Wiese und Hochstaudenflur (Fr2-3).
Bsp.: Eupatorium cannabinum, Filipendula ulmaria, Geum rivale, Lythrum salicaria, Molinia caerulea, Polemonium
caeruleum, Polygonum bistorta, Silene flos-cuculi, Stachys officinalis.
Diese kommen mit einem geringem Humusanteil, Wind und höherer Lichtintensität zurecht. Mit zunehmender
Entwicklung der Hecke verschwinden diese Arten oder wandern in lichtreichere, offenere Bereiche aus.
Ausläuferbildene Arten wie Epilobium angustifolium, Euphorbia palustris, Lysimachia vulgaris, Mentha longifolia,
Saponaria officinalis, Valeriana officinalis wären grundsätzlich für Neuanlagen an diesem Standort geeignet, könnten aber aufgrund der höheren Zersetzungsaktivität überhand nehmen.
Pflanzenbeispiele für den absonnigen Gehölzrand GR3
Konkurrenzkräftige Arten GR3
Flächige Pflanzung
Epilobium angustifolium
Lamium galeobdolon
Lysimachia vulgaris
Mentha longifolia
Mercurialis perennis
Polygonum bistorta
Saponaria officinalis
Valeriana officinalis
Vinca minor
Carex pendula
Carex sylvatica
Arten für mosaikartige Pflanzung GR3
Aconitum napellus
Actaea spicata
Ajuga reptans nicht langlebig und wandernd
Alchemilla xantochlora
Angelica sylvestris 2jährig
Anthriscus sylvestris
Aquilegia vulgaris
Asarum europaeum
Astrantia major
Campanula latifolia
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Monika Seith
Campanula trachelium
Cardamine pratensis
Chaerophyllum hirsutum
Euphorbia amygdaloides
Eupatorium cannabinum
Geranium phaeum
Geranium robertianum 2jährige Art, starkes Versamen möglich
Geranium sylvaticum
Geum rivale
Glechoma hederacea wandert, nur als temporäre Füllpflanze verwenden
Knautia dipsacifolia
Lamium maculatum
Lysimachia nummularia
Lythrum salicaria
Phyteuma spicatum
Polemonium caeruleum
Polygonatum multiflorum
Primula elatior
Pulmonaria in Arten
Salvia glutinosa
Senecio ovatus
Silene dioica
Stachys officinalis
Solanum dulcamara
Thalictrum aquilegifolium
Viola odorata
Deschampsia caespitosa
Molinia arundinacea
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Wildstauden des Waldes
2. Waldstauden
Lebensbereich Wald G (nach Prof. J. Sieber)
Die Waldstauden kommen mit einem geringen Lichtangebot zurande. Sie bilden die Krautschicht am Waldboden.
Abb.: Stockwerksaufbau des Laubwaldes (aus Dylla 1977)
Manche Arten fangen mit grossen Blättern die geringe Lichtmenge ein (Lunaria rediviva, Primula elatior, Salvia
glutinosa).
Die Frühjahrsgeophyten haben eine eigene Überlebensstrategie entwickelt, indem sie die lichtreiche, feuchtere
Zeit im Frühling nutzen, bevor sich das Blätterdach schliesst.
Bezüglich der Bodenfeuchte spielt in der Regel die Frühjahrsfeuchtigkeit eine grosse Rolle.
Arten, die sich an die sommertrockenen Bedingungen unter den Bäumen angepasst haben, entsprechen dem
Lebensbereich G 1(-2). Sie gedeihen auch noch im trockenen Regenschatten von Gebäuden oder unter flachwurzelnden Gehölzen.
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Monika Seith
Andere verlangen auch im Sommer kühle und bodenfeuchte Lagen (G 3). Für sie ist ein ausgeglichenes Bestandesklima wichtig (die meisten Farne, grossblättrige Arten). Die Bodenfeuchte sollte zu 2/3 des Jahres garantiert
sein.
Sehr wichtig ist für die meisten Arten eine jährliche Schicht Falllaub, das die humose Oberschicht bildet und im
Winter vor Kahlfrösten schützt.
Nur mit einer aufwendigen, strukturstabilen Bodenverbesserung (Rinden- und Laubkompost) sind die typischen
Waldstauden für Neuanlagen geeignet.
Dieser Lebensbereich findet sich selten im Hausgarten, sondern beschränkt sich auf grössere Parkanlagen und
alte Villengärten mit eingewachsenem Gehölzbestand.
Da an diesen Standorten weniger Blüten gebildet werden, sollte man für eine ansprechende Gestaltung mit Laubkontrasten arbeiten, z. B. Farne mit Gräser kombinieren, grosslaubige Stauden mit Gräsern oder Farnen
2.1. Pflanzenbeispiele für die Verwendung von Waldstauden im Garten
2.1.1. Robustere Waldstauden, für Neuanlagen in schattiger Lage geeignet
2.1.1.1 Im trockenen Hausschatten ohne Gehölze, humusarme Plätze G1
Zeigerwerte F 1+-2, N 2-3, L 1-3
Buglossoides purpurocaerulea
Campanula trachelium
Corydalis lutea
Euphorbia amygdaloides
Galium silvaticum
Helleborus foetidus
Hieracium murorum
Lathyrus vernus
Teucrium scorodonia
Veronica officinalis
Brachypodium pinnatum
Carex digitata
Luzula luzuloides
Luzula nivea
Asplenium trichomanes
Dryopteris filix-mas
Gymnocarpium dryopteris
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Wildstauden des Waldes
2.1.1.2 Bodenfrische Lagen im Schatten G2
Zeigerwerte F 2-3, N 2-4, L 1-3
Konkurrenzstarke, wenig verträgliche Arten
Flächige Pflanzung, sog. «Bodendecker»
Convallaria majalis
Hedera helix
Fragaria vesca
Lamium galeobdolon
Carex sylvatica
Luzula sylvatica (saure Böden)
Für mosaikartige Pflanzungen an frischen Lagen G2
Aquilegia vulgaris
Aruncus dioicus
Campanula trachelium
Euphorbia amygdaloides
Geranium nodosum
Glechoma hederacea
Helleborus foetidus
Knautia dipsacifolia
Lathyrus vernus
Pulmonaria officinalis
Phyteuma spicatum
Salvia glutinosa
Viola odorata
Carex digitata
Deschampsia caespitosa
Dryopteris filix-mas
Luzula pilosa
2.1.1.3 Robuste Waldstauden für feuchte Lagen G3
Zeigerwerte L 1-2 (3), F (3)-4, N 3-4
Aconitum vulparia,
Angelica sylvestris 2jährige Art
Geranium robertianum 2jährige Art, starkes Versamen möglich
Geum rivale
Geum urbanum
Lysimachia nemorum
Lysimachia nummularia
Brachypodium slvaticum
Carex pendula
Carex remota
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Monika Seith
2.1.2 Waldstauden für den eingewachsenen Gehölzbestand G2-G3 mit waldähnlichem Mikroklima
und humosen Boden
Konkurrenzstarke, wenig verträgliche Arten, humose Böden
Flächige Verwendung
Galium odoratum
Mercurialis perennis
Stachys silvatica
Tolerante Arten für mosaikartige Pflanzungen, humose Böden
Actaea spicata
Asarum europaeum
Astrantia major
Hepatica nobilis
Lamium maculatum
Lunaria rediviva
Maianthemum bifolium
Polygonatum multiflorum
Primula elatior
Silene dioica
Athyrium filix-femina
Blechnum spicant (saure Böden)
Phyllitis scolopendrium
Polystichum aculeatum
Festuca gigantea
Frühjahrsgeophyten in Natur und Garten
Wann beginnt der Frühling?
Nach dem Kalender beginnt der Frühling am 21. März, am Tag der Tag- und Nacht-Gleiche und endet am längsten Tag, dem 21. Juni.
Nach dem phänologischen Kalender, der sich an der Entwicklung der Vegetation orientiert, teilt man den Frühling
in drei Hauptphasen ein:
Vorfrühling, Erstfrühling, Vollfrühling
Vorfrühling Blüte:
Erstfrühling Blüte:
Laubentfaltung:
Vollfrühling Blüte:
Laubentfaltung:
Hasel, Märzenbecher, Schneeglöckchen
Schlehe, Spitzahorn, Buschwindröschen
Birke, Rotbuche
Goldnessel, Apfel, Flieder, Rosskastanie
Meisten Laubwald-Bäume (Eiche u. Hainbuche)
Bei den Stauden finden wir folgende Überwinterungs- oder Überdauerungsformen:
Geophyten oder auch Kryptophyten genannt haben unterirdische Überdauerungsorgane (Zwiebeln, Knollen,
Zwiebelknollen, Rhizome) alle Frühjahrsgeophyten und z. B. Lilium martagon, Allium schoenoprasum usw.
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Wildstauden des Waldes
Hemikryptophyten nennt man auch erdschürfige Pflanzen, da sie mit Knospen auf oder direkt unter der Erdoberfläche überwintern. Bsp. Viola odorata, Helleborus niger, Anthericum ramosum. Sie überdauern mit Rhizomen,
Rosetten, Ausläufern.
Der krautige Chamaephyt überwintert mit Knospen über der Erde Bsp. Helleborus foetidus, Artemisia absinthium, Euphorbia amygdaloides
Definition Frühjahrsgeophyten:
Gärtnerisch bezeichnet man alle Pflanzen, die zeitig im Frühling aus Zwiebeln, Knollen, Rhizomen austreiben und einen kurzen Vegetationszyklus haben, als Frühjahrsgeophyten.
Austrieb, Blüte und Samenbildung sind i. d. R. bis Ende Juni abgeschlossen. Sie ziehen alle frühzeitig
ein.
1. Die verschiedenen Überdauerungsorgane der Frühjahrsgeophyten:
Die meisten Überdauerungsorgane sind Wurzel- oder Sprossveränderungen. Eine nähere Klassifizierung nachfolgend.
1.1. Zwiebeln
Die Zwiebel ist ein gestauchter Spross, der schalen- oder schuppenartig aufgebaut ist. Der Zwiebelkörper besteht
aus umgewandelten Blättern, Blütenknospe und Zwiebelboden.
Beispiele:
Tulpe, Narzisse, Schneeglöckchen, Blausternchen, Märzenbecher, Lilie (schuppenartiger Aufbau), Schachbrettblume
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Monika Seith
1.2. Knollen
Knollen sind verdickte Wurzeln oder Sprosse.
Ihr Aufbau ist homogen und nicht in Schichten aufgebaut. Sie haben keine äusseren, trockenen Hüllen.
Beispiele: Alpenveilchen, Scharbockskraut, Lerchensporn, Knabenkraut-Orchidee, Winterlinge
Scharbockskraut
Winterling
Alpenveilchen
Lerchensporn
1.3. Zwiebelknollen
Sie stellen einen Übergang zwischen Zwiebeln und Knollen dar. Ein kurzer Sprossabschnitt schwillt zu einem
kompakten Nährstoffspeicher an. Die Schuppen oder Schalen wachsen zu einem festen, knollenartigen Kern
zusammen. Ein oder zwei trockene Hüllhäute umgeben diesen. Die Wurzeln entspringen aus der Basalplatte,
ähnlich dem Zwiebelboden.
Beispiele: Gladiolen, Krokus
1.4. Rhizome
Rhizome sind verdickte, fleischige Erdsprosse, aus denen Wurzeln und Knospen entspringen. Sie werden auch
Wurzelstock genannt.
Meistens wachsen sie waagrecht. Das Wachstum beginnt jährlich an der Rhizomspitze. Das Rhizomende stirbt in
der Regel ab. Dadurch entstehen kleine Kolonien.
Aus Teilstücken können sich neue Pflanzen entwickeln, da sie mehrere Knospen haben und Wurzeln bilden können.
Beispiele: Buschwindröschen, Maiglöckchen, Giersch, Quecke, Bingelkraut, Salomonsiegel, Zahnwurz, Aronstab
Aronstab
Salomonsiegel
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Wildstauden des Waldes
Zahnwurz
Einbeere
(Abbildungen aus Frank 1986 und Troll 1935-1957)
Eine Besonderheit stellen Brutzwiebeln oder Brutknollen dar, die zur Vermehrung/Verbreitung der Pflanzen dienen.
Sie werden oberirdisch an den Blattachseln gebildet.
Bsp. Lilium bulbiferum ssp. bulbiferum, Cardamine bulbifera, Ranunculus ficaria
12
Abb. Brutknospen (1) von Cardamine bulbifera (aus Flora Vegetativa 2007) und Brutknollen (2) bei Ranunculus ficaria (Troll,
W.)
2. Der Wachstumszyklus der Frühjahrsgeophyten allgemein
Die speziellen Spross- und Wurzelumwandlungen (Zwiebel, Knolle, Rhizom) dienen den Frühjahrsgeophyten zum
Überwintern und Überdauern von ungünstigen Wachstumsbedingungen. Nähr- und Speicherstoffe sind deshalb
darin eingelagert.
Die meisten unserer heimischen Frühjahrsgeophyten wachsen im Wald.
Sobald sich das Blätterdach entfaltet, dringt nur noch wenig Licht auf den Boden.
Die typischen Frühjahrsgeophyten des Gartens (Tulpe, Narzisse, Krokus) stammen meist aus Steppengebieten
mit trockenen, heissen Sommern.
Aus diesen Gründen ziehen die Frühjahrsgeophyten oberirdisch vorzeitig ein.
Das Laub vergilbt bald nach der Samenreife. Unterirdisch werden Tochterzwiebeln oder -knollen gebildet. Über
den Sommer legen sie eine Ruhephase ein.
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Erst mit der feuchteren Zeit im Herbst beginnt erneut ihr Wachstum.
Das Wachstum der Frühjahrsgeophyten wird von Feuchtigkeit und Temperatur angeregt, denn diese beiden Faktoren können sie mit ihren unterirdischen Organen wahrnehmen.
Abb.: Inneres Zwiebelwachstum
( Mauderli 1993)
Abb.: Wachstum des Buschwindröschens(Schnmeil-Seybold, 1958)
3. Lebensbedingungen der heimischen Frühjahrsgeophyten des Waldes
Die heimischen Frühjahrsgeophyten haben sich mit ihrem speziellen endogenen Rhythmus an die Bedingungen
im Laubwald angepasst.
Dort herrscht im Frühjahr eine hohe Lichtintensität. Mit der Entfaltung des Blätterdaches im Mai sinkt die Lichtdurchlässigkeit auf 5-10 % ab.
Direkt auf den Waldboden treffen im Sommer nur noch 2 % des Lichtes auf (siehe Abbildung unten).
Deswegen ziehen sich die Frühjahrsgeophyten vorzeitig zurück und überdauern die ungünstigen, lichtarmen Monate mit ihren Speicherorganen. Austrieb, Blühen und Fruchtbildung finden in einem sehr kurzen Zeitfenster statt.
Im Herbst dringt wieder mehr Licht durch das Kronendach und auch die Bodenfeuchtigkeit nimmt zu. Die Frühjahrsgeophyten treiben dann Wurzeln aus ihren Speicherorganen. Sinkende Temperaturen und Frost verhindern
den Austrieb der unterirdischen Knospen.
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Wildstauden des Waldes
Abb.: Lichtverhältnisse am Waldboden im Laubwald
(Hofmeister, H. 1987)
Abb.: Lichtschwächung im Mischwald
(Strasburger, 1978)
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Monika Seith
4. Pflanzzeitpunkt der Frühjahrsgeophyten im Garten
Der beste Zeitpunkt für Zwiebeln und Rhizome liegt im Herbst, wenn die Niederschläge zunehmen und die Temperatur in den tieferen Bodenschichten noch vom Sommer erwärmt ist. Dies regt die Pflanzen an, unterirdisch mit
dem Wachstum zu beginnen und Wurzel zu bilden.
Muscari racemosum treiben ihre Blätter schon im Herbst.
Erst wenn der Boden auch bis in tiefe Lagen gefriert, hört das Wachstum auf.
In wintermilden Gegenden kann bis Anfang Dezember gepflanzt werden. Man sollte dann etwas tiefer pflanzen
und mit Laub/Reisig abdecken. Ein späterer Austrieb/Blüte ist im Frühling zu erwarten, da bei gefrorenem Boden
im Januar/Februar keine Wurzeln gebildet werden.
Abb.: Wachstum einer Narzisse bei Herbstpflanzung (aus R. Frank, 1986)
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Wildstauden des Waldes
5. Pflanztiefe
Als Faustregel wird angegeben, dass die Zwiebeln und Knollen doppelt so hoch mit Erde bedeckt sein müssen,
wie sie selbst hoch ist. Bei schwerem Boden etwas höher, bei sandigem etwas tiefer.
Abb. : Pflanztiefe einiger Zwiebeln und Knollen (aus R. Frank,1986)
Allerdings sind die Pflanzen selbst in der Lage, sich mit sog. Zugwurzeln (siehe Abbildung Seite 19) in die richtige
Bodentiefe zu befördern. Beim ersten Austrieb bilden einige Pflanzen sog. Niederblätter, mit deren Hilfe sie ihre
Lage im Boden herausfinden. Signalisieren die Niederblätter durch Licht eine zu hohe Position, werden Zugwurzeln gebildet.
Definition der Zugwurzeln nach Strasburger 1991:
„…Eine eigenartige Funktion üben Zugwurzeln aus, die Erdsprosse tiefer in den Boden verlagern. Die Kontraktion
dieser Wurzeln beruht darauf, dass die Wände der axial gestreckten Rindenzellen Längstextur aufweisen, so dass
die Zellen eine Turgorerhöhung mit Verkürzung bei gleichzeitiger Streckung beantworten.“
Einfach ausgedrückt heisst das: Das Ausdehnen und Zusammenziehen der Zugwurzel erzeugt eine Bewegung,
die die Zwiebel befähigt, sich selbst tiefer in die Erde zu graben.
Besonders junge Sämlinge entwickeln diese Zugaktivität mit ihrer Primärwurzel, um sich tiefer in den Boden zu
ziehen.
Zugwurzeln erkennt man an ihre Querrillung und sie sind dicker als die anderen Wurzeln. Ausserdem zeigen sie
meist senkrecht nach unten.
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Monika Seith
Abb.: Zugwurzeln bei einer Gladiole (aus Troll, 1954)
Im Buchenwald finden sich die unterirdischen Organe in folgender Bodentiefe:
1 Melica nutans
1cm unter der Erde
2 Anemone nemrosa
3 cm unter der Erde
3 Polygonatum multiflorum
5-8 cm unter der Erde
4 Leucojum vernum
10 cm unter der Erde
5 Allium ursinum
15 cm unter der Erde
6 Lilium martagon
30 cm unter der Erde
7 Daphne mezereum
50 cm tief wurzelnd
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Wildstauden des Waldes
6. Verwendung der Frühjahrsgeophyten im Garten
Da die Frühjahrsgeophyten bald nach der Blüte einziehen, sollte man sie nur an Stellen verwenden, an denen sie
keine sichtlichen Lücken in der Pflanzung hinterlassen.
Schöne Frühjahrsaspekte lassen sich unter bogig wachsenden Sträuchern erzielen. Dies entspricht auch dem
natürlichen Standort der heimischen Arten. Sobald die Sträucher austreiben, ziehen die Frühjahrsgeophyten ein.
Sommertrockene Standorte werden meistens verlangt.
Zwischen locker gepflanzten Strauchgruppen, vor Hecken oder unter Bäume sollte man sie mit spätaustreibenden Wildstauden wie z. B. Lunaria rediviva, Aruncus dioicus, Aconitum napellus/vulparia, Campanula trachelium, Eupatorium cannabinum, Anthericum ramosum, Dictamnus albus und Farnen kombinieren.
Einige Frühjahrsgeophyten sind sehr beliebt bei Mäusen. Zum Beispiel Crocus sp, Frittilaria meleagris, Tulpen i. A..
Weniger geschädigt werden Narzissen, da sie in allen Pflanzenteilen giftig sind.
Lilium sp., Paris quadrifolia können Schneckenfrass zum Opfer fallen.
6.1. Frühjahrsgeophyten für den halbschattigen bis schattigen, frischfeuchten und ehertiefgründigen Gehölzbereich, häufig sommertrocken
6.1.1 Konkurrenzstarke, wenig verträgliche Arten
Allium ursinum
Ranunculus ficaria
6.1.2. Tolerante Arten zum lockeren Einstreuen zwischen Stauden
Anemone nemerosa, ranunculoides
Arum maculatum
Cardamine pentaphyllos, heptaphylla
Corydalis cava
Galanthus nivalis
Leucojum vernum
Paris quadrifolia
Scilla bifolia
6.2.Frühjahrsgeophyten für den sonnigen Gehölzbereich, Übergang zur Freifläche
und Beet
Crocus vernus
Eranthis hiemalis
Gagea lutea
Muscari racemosum
Narcissus poeticus
Narcissus pseudonarcissus
Ornithogalum umbellatum
Tulipa sylvestris
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Monika Seith
7. Anhang
A1 Buchenwälder auf mittel- bis tiefgründigen, basischen Böden
Auszug aus dem Feldbotanik Ordner, herausgegeben von BirdLife Schweiz 2008
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Wildstauden des Waldes
A2 Auszug aus der Standortliste der Gärtnerei P. Willi, Waldibrücke
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Monika Seith
A3 Lebensformen der Frühblüher Auszug aus dem Buch: Frühblüher (Peter Rüther, 2008)
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Wildstauden des Waldes
A4 Ökologische Zeigerwerte nach Landolt (2010)
1. Feuchtezahl F
Sie kennzeichnet die mittlere Feuchtigkeit während des Bodens während der Vegetationsperiode
1
sehr trocken
+
1 trocken
2
mässig trocken
2+frisch
3
mässig feucht
+
3 feucht
4
sehr feucht
4+nass
5
überschwemmte bzw. unter Wasser
f
im Bereich von fliessenden Bodenwasser
u
in der Regel im Wasser untergetaucht
v
mit untergetauchten und schwimmenden Organen
w
Feuchtigkeit mässig wechselnd (1-2 Stufen)
+
w Feuchtigkeit stark wechselnd (mehr als 2 Stufen)
2. Reaktionszahl R
Sie ist charakteristisch für den Gehalt an freien H-Ionen im Boden. Die pH-Werte sind nur Hinweise für das mittlere
Vorkommen; Ausnahmen sind häufig
1
stark sauer (pH 2,5-5,5)
2
sauer (pH 3,5-6,5)
3
schwach sauer bis neutral (pH 4,5-7,5)
4
neutral bis basisch (pH 5,5-8,5)
5
basisch (pH 6,5-8,5)
3. Nährstoffzahl N
Sie kennzeichnet den Nährstoffgehalt (insbesondere Stickstoff) des Bodens
1
sehr nährstoffarm
2nährstoffarm
3
mässig nährstoffarm bis mässig nährstoffreich
4nährstoffreich
5
sehr nährstoffreich bis überdüngt
4. Lichtzahl L
Sie charakterisiert die mittlere Beleuchtungsstärke, bei der die Pflanze gut gedeiht
1
sehr schattig
2schattig
3halbschattig
4hell
5
sehr hell
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