Fast perfekte 72 Seiten: Lade hier das komplette Magazin herunter
Transcription
Fast perfekte 72 Seiten: Lade hier das komplette Magazin herunter
01_01_cover_vorne_und_hinten.qxd 24.08.2009 14:29 Uhr Seite 1 KLARTEXT FAST FAST ERWACHSEN, FAST GLÜCKLICH, FAST PERFEKT DAS JUNGE MAGAZIN DER DEUTSCHEN JOURNALISTENSCHULE LEHRREDAKTION 47B NUMMER 1 2009 Gefangen im eigenen Land – jung sein in Palästina Seite 18 Trip ohne Ende: Kann Kiffen den Verstand kosten? Seite 38 Wie der Ex-Bassist der Sportfreunde das RockstarLeben verpasste Seite 10 Die besten Ferien für 100 Euro Seite 26 Und: So wird man Vampir Seite 16 Messe München International Globaler Medientreffpunkt Hochmodernes Messegelände mit 180.000 m2 Hallenfläche, 360.000 m2 Freigelände und State-of-the-Art-Services Im Umfeld international renommierter Wirtschafts- und Wissenschaftseinrichtungen sowie zahlloser kultureller Highlights Individuelle Betreuung in rund 100 Ländern durch ein weltweites Vertretungsnetzwerk Über 40 Jahre internationale Messekompetenz Die Messe München International ist mit Sie haben Fragen zu den einzelnen Messe München GmbH, Messegelände 40 Fachmessen für Investitionsgüter, Kon- Messen, Sie suchen Gesprächspartner? 81823 München, Germany sumgüter und Neue Technologien eine der Die Kommunikationsabteilungen der Tel. (+49 89) 9 49-2 07 20 weltweit führenden Messegesellschaften. Messe München International stehen Fax (+49 89) 9 49-2 07 29 Hier treffen Märkte, Branchen, Produkte Ihnen gerne zur Verfügung: newsline@messe-muenchen.de und Dienstleistungen aus aller Welt www.messe-muenchen.de www.messe-muenchen.de aufeinander, um die Zukunft zu gestalten. Wir freuen uns auf den Dialog mit Ihnen! Connecting Global Competence 90480 Dt,Journal_210x297 D 1 11.08.2009 14:23:08 Uhr 02_02_Editorial.qxd 21.08.2009 11:35 Uhr Seite 1 3 Chantal, 18, war ein Glücksfall: Ihre Freundin Nadja brachte sie zum Modeshoot mit. Erst war sie schüchtern – aber dann schaffte Chantal es mit großen Sprüngen sogar auf unser Cover. Seite 53 Martin, 21, hat im Fotostudio sofort seinen MP3Player aufgedreht. Als Profi-Model weiß er eben, wie man locker wird. Auf der Straße würde man ihn übrigens nicht wiedererkennen – mit Brille und gekämmten Haaren. Was machen die anderen eigentlich gerade? Wem kann man glauben? Seite 50 War früher vielleicht wirklich alles besser? Und was passiert morgen? Es geht los. Fast. Die Welt ist schnell, aufregend – und auf den ersten Blick ein ziemliches Durcheinander. Aber in dem Chaos verstecken sich Menschen und ihre Geschichten. Die erzählen wir in diesem Heft. Und mit jeder Geschichte, die man kennt, ergibt das alles da draußen ein bisschen mehr Sinn. Auch wenn das vielleicht nur bedeutet, dass man jetzt endlich weiß, was Clown-Step eigentlich ist. Arne und Florian fanden heraus, wie es ist, gefangen im eigenen Land zu sein. Lisa und Martin sprachen mit jungen Müttern; Carina mit einem, der kiffte und dann Stimmen hörte. Und Alex traf Andi, der Rockstar hätte werden können, aber nicht wollte. Wer erledigt meinen Kram, wenn ich mal keine Lust habe? Warum weiß ich Wie werde ich Vampir? bei Liebesfilmen immer schon nach zwei Minuten, wie die Geschichte ausgeht? Wann kommst du? Oder sind auch Wir im Internet Das FAST MAGAZIN gibt’s gleichzeitig online. Wo dieses Zeichen steht, findest du im Netz neue Geschichten zum Thema: klartext-magazin.de/47b bist du schon gekommen? Und jetzt? 04_05_Inhalt.qxd 28.08.2009 15:47 Uhr Seite 2 4 Inhalt FAST Ausgabe 01 2009 Titelthema Drogentrip ohne Ende Wie es ist, wenn der Rausch einfach nicht mehr aufhören will Seite 38 Titelthema Weißt du, was du trägst? Unsere Models zeigen revolutionäre Accessoires by Che, Leo und Yassir Seite 48 Made in India Was herauskommt, wenn man sein Referat in Indien machen lässt Seite 28 Wortplantage Für FAST schreiben drei Poetry-Slammer übers Reden Seite 36 Kurvendiskussion Berühmte Kurven mal anders diskutiert Seite 60 Titelthema Wie werde ich Vampir? Beißen, saugen, Seele verkaufen – so könnte es klappen Seite 16 Wer Fußballprofi werden will... ...muss sich an strikte Regeln halten. So wie Patrick im Internat des VfB Stuttgart Seite 56 Aufgemöbelt Bye-bye Kinderzimmer: Designermöbel zum Selbermachen Seite 14 Blaufahren Impressum KLARTEXT Nr. 18 Ein Magazin der Lehrredaktion 47B der Deutschen Journalistenschule www.klartext-magazin.de Herausgeber: Deutsche Journalistenschule e.V. Altheimer Eck 3 80331 München Telefon 089/2355740 Fax 089/268733 www.djs-online.de Redaktion & Layout: Martin Anetzberger Che Berberich Carina Braun (Bildredaktion) Lukas Eberle (Onlineredaktion) Sebastian Erb (Chefredaktion) Katharina Fuhrin (Art Direktion) Clemens Haustein Olivia Höner (Chefredaktion, V.i.S.d.P.) Florian Meyer (Onlineredaktion) Alexander Neumann (Chefredaktion) Arne Orgassa (Chef vom Dienst) Thomas Salter (Textchef) Samira Schellhaaß Lisa Srikiow Katharina Zabrzynski Druck und Lithografie: LANAREPRO GmbH Peter-Anich-Straße 14 I-39011 Lana (BZ) Tel.: 0039(0)473/49 85 00 E-Mail: info@lanarepro.com www.lanarepro.com Beratung: Marc Deckert (Text) Maximilian Gaub (Online) Erol Gurian (Foto) Tom Ising (Layout) Carolin Schuhler (Konzept) Dank an: Nadja Attalai Achri, Katharina Bohndorf, Ulrich Brenner, Familie Cujko, Erik Dreyer - Loft 506, Franz-MarcGymnasium Markt Schwaben, Chantal Geissler, PS Models, hair & make up: tina c/o.: www.artistgroupmierau.com using MAC, Dr. Derik Hermann, Simon Sieber (ComiCaturistTM, bebop666 @gmx.de), Familie Schöffmann und Tanja Siller von der Kupferglocke in der Theresienstraße 128, Jasmin Srouji, Sven Szalewa, Team der DJS, Willi-Graf-Gymnasium München Anzeigen: cross.com Tanja Leis Venusstraße 1 82205 Gilching Telefon 08105/390799 E-Mail: leis@cross-com.de Fast philosophisch: Sätze, die man so nur im Nachtbus hört Seite 72 Rettet die Wahlen! Du weißt nicht, was du wählen sollst? Nach 13 Fragen bist du schlauer Seite 44 04_05_Inhalt.qxd 28.08.2009 15:47 Uhr Seite 3 5 Happy End in fünf Schritten Bastle dir deinen eigenen Liebesfilm. Wir liefern die Bausteine Seite 24 So tickt die Welt Sieben Menschen, sieben Zeitzonen, sieben Momente Seite 6 Im Land der begrenzten Möglichkeiten Titelthema Jung sein in Palästina heißt vor allem früh erwachsen werden Seite 18 So kommst du billig weg! Titelthema Du hast 100 Euro? Das reicht für den perfekten Urlaub Seite 26 Party auf Pump Mehr Respekt, bitte Junge Mütter haben zu kämpfen – vor allem mit ihrem Image Seite 66 Wir erklären die Wirtschaftskrise – in einer Kneipe Seite 34 Titelthema Stiller Sportfreund Andi Erhard hätte Rockstar werden können. Wollte er aber nicht Seite 10 Im Auge des Sturms Von Nazis angegriffen, im Gefängnis gelandet: Trotzdem kämpft Rapper QuietStorm weiter gegen Rechts Seite 30 Rubriken Einblick: Sandra zeigt uns, was alles in ihrem Geldbeutel steckt Seite 8 Upgrade: Vom Telefonhäuschen zur iZelle Seite 37 Beziehungsweise: Liebe trotz(t) Fernbeziehung Seite 65 Quiz: Musikologie Wie redest duden? Seite 64 Clown-Step, Krishna-Core, Neurofunk – verwirrt? Wir klären auf Seite 54 Was Günther Jauch gerne schon mit 18 gewusst hätte Seite 74 Altklug: Kreuzverhör: Der MP3-Player-Tausch: Metal versus R’n’B Seite 46 Kolumne: Zwei nüchterne Betrachtungen zum Thema Alkohol Seite 70 04_07_Global Youth.qxd 21.08.2009 11:41 Uhr Seite 2 6 Text: Samira Schellhaaß So tickt die Welt Samstagnachmittag, 15.03 Uhr in Deutschland. Zeit für Hobbys, die besten Freunde oder die Frage: Was machen die Menschen in anderen Ländern eigentlich gerade? Der Nationalvogel von Nicaragua heißt Guardabarranco. 08:03 San Miguelito, Nicaragua Enmanuel Salvador Sandobal Sirias, 20 „Samstags trainiere ich eine kleine Fußballmannschaft aus unserem Dorf, die sich gerade neu gegründet hat. Wir fangen um acht Uhr morgens an zu spielen, weil es da noch nicht so heiß ist. Die Schuhe und Trikots müssen wir uns von anderen Jugendlichen leihen, weil wir dafür kein Geld haben. Den Pokal auf dem Bild würden wir gerne am Ende des Jahres gewinnen, es ist unser Dorfpokal.“ Dois Irmãos, Brasilien Lílian Brandt Stein, 19 „Heute bleibe ich zuhause mit meinen besten Freundinnen Cláudia und Bruna. Wir haben Freitagnacht durchgefeiert und die beiden haben bei mir übernachtet. Wir sind gerade aufgestanden und warten, dass das Mittagessen fertig wird. Traditionell gibt es am Wochenende immer Fleisch vom Grill.“ 17 ist in Italien eine Unglückszahl. In Flugzeugen von „Alitalia“ fehlt deswegen die 17. Sitzreihe. 15:03 Lotzorai, Italien Brasilien nimmt flächenmäßig 47 Prozent des südamerikanischen Kontinents ein. 12:03 Antonello Murru, 17 „Auf Sardinien isst die ganze Familie am Wochenende gemeinsam zu Mittag. Das nervt manchmal, weil ich am liebsten den ganzen Tag am Meer verbringen würde. Sobald ich kann, fahre ich zum Strand. Dort mache ich dann erst mal ein Nickerchen.“ 04_07_Global Youth.qxd 21.08.2009 11:41 Uhr Seite 3 7 Südafrika hat elf offizielle Landessprachen, das ist Weltrekord. 15:03 Stellenbosch, Südafrika Kevin und Christian Malan, 17 und 18 „Heute hatten wir vormittags Schule, danach sind wir nach Kapstadt ins Schwimmbad gefahren. Normalerweise fahren wir lieber ans Meer, aber das ist jetzt im Winter zu kalt. Unsere beiden Nachbarjungs Iwan und Niel haben wir mitgenommen. Christian hat vor ein paar Monaten die Führerscheinprüfung bestanden, seitdem müssen wir nicht mehr unsere Eltern nerven, wenn wir etwas mit Freunden unternehmen wollen.“ 17:33 Gaza-Stadt, Palästinensergebiete In Indien sind Spielkarten rund. Die Motive stammen aus der Hindu-Mythologie. 20:03 19:33 Mumbai, Indien Das Durchschnittsalter im Gazastreifen liegt bei 17,4 Jahren. Lina Sharif, 17 „Ich lebe seit 17 Jahren in Gaza, aber heute mache ich das erste Mal mit meinen Freunden eine Bootstour. Es ist einfach toll! Hier in Gaza können wir nicht viele Ausflüge machen, wegen der strengen Grenzpolitik. Nur auf dem Meer können wir uns frei fühlen, denn dort sind die Grenzen nicht sichtbar. Und zehn Minuten mit dem Boot sind auch gerade noch bezahlbar. Das werde ich jetzt öfter machen!“ Krupali Raiyani, 18 „Es hat angefangen zu regnen. Ich fahre mit ein paar Freunden durch die Gegend. Wir lieben es, wenn der Regen gegen die Scheiben prasselt. Jetzt haben wir uns Eis geholt und danach gehen wir noch ins Kino. Es ist ein richtig schöner Samstagabend!“ Surat Thani, Thailand In Thailand werden den Wochentagen verschiedene Farben zugeordnet: Der Samstag ist violett. Niall Henry Davis, 19 „Ich komme aus Großbritannien und bin als Backpacker für ein Jahr auf Weltreise. Heute bin ich mit dem Nachtzug in den Süden Thailands gefahren. Es gibt hier einen Partywaggon mit DJ und Bar. Ich habe gerade Linda aus Dänemark kennengelernt. Wir wollen jetzt die ganze Nacht durchtanzen!“ 05_11_Geldbeutel.qxd 21.08.2009 11:58 Uhr Seite 2 8 Einblick Konzept: Lisa Srikiow|Foto: Erol Gurian „Shoppen!“ „Der ist nur zur Erinnerung! Genau wie das gemalte Herz.“ „Schwarzfahren würde ich nicht, deshalb habe ich auch so viele Fahrscheine dabei!“ „Die ist nur für den Arzt interessant!“ „Klar, der Perso ist wichtig, um in Clubs reinzukommen. Ab und an werde ich ja schon noch kontrolliert!“ „Außer Münzen habe ich sonst nie viel Bargeld dabei.“ „Jedes Mal, wenn ich mir einen Kontoauszug hole, hoffe ich nur, dass genug drauf ist!“ „Diese Karte brauche ich eigentlich nie.“ Mehr als nur der Kontostand: Sandra, 17, zeigt uns ihren Geldbeutel. www.red.de Menschen bewegen 0034_MASTER_Januar_2009_RZ.indd 1 Verbindungen zu schaffen – das ist unsere Profession. Als eine der führenden europä ischen Luftverkehrsdrehscheiben führen wir am Flughafen München Menschen über Ländergrenzen und Kontinente hinweg zueinander. Mit freundlichen und kompetenten Mitarbeitern, einem umfangreichen Serviceangebot und einem ebenso schönen wie funktionalen Flughafen machen wir Jahr für Jahr mehr Mobilität möglich. 2008 nutzten weit über 34 Millionen Reisende unser breites Flugangebot – mehr als jemals zuvor. Im gleichen Jahr wurden wir zum vierten Mal in Folge bei der weltweit größten Passagier befragung zum besten Airport Europas gewählt. Schön, dass die Menschen bei uns genauso gut ankommen wie wir bei ihnen. Wir werden auch künftig für bewegende Momente am Flughafen München sorgen. www.munich-airport.de 09.02.09 17:48 Auf dem ersten Mini-Album von Stiller spielte Andi Erhard noch Bass. Der Name der EP: „Macht doch was ihr wollt – ich geh’ jetzt“. Als hätte die Band etwas geahnt. 06_19_Sportfreund.qxd 21.08.2009 12:01 Uhr Seite 2 10-12_Sportfreund.qxd 28.08.2009 14:07 Uhr Seite 3 11 Text: Alexander Neumann|Foto: Erol Gurian Stiller Sportfreund Wer im Sommer 2006 das Radio einschaltete, hörte Peter, Florian und Rüdiger, wer den Fernseher anknipste, sah sie, und wer zu einem WM-Spiel ins Stadion ging, sang mit großer Wahrscheinlichkeit eines ihrer Lieder: „54, 74, 90, 2006“. Die Sportfreunde Stiller hatten die inoffizielle WM-Hymne der deutschen Fußballfans geschrieben. Der Song wurde ihr erster Nummer-Eins-Hit. Schon seit Jahren waren die „Sportis“ die Lieblingsband der deutschen Abiturienten. Jetzt waren sie die Lieblingsband der Deutschen. Wenn Andi Erhard in diesem Sommer abends ausging, wurde ihm immer wieder dieselbe Frage gestellt, von Freunden, von Bekannten, von Fremden, die seine Geschichte irgendwo gehört hatten: Bereust du, dass du damals ausgestiegen bist? An einem Samstagabend im Mai 2009 sitzt Andreas Erhard in seinem Apartment in München-Sendling und nimmt einen Schluck Rotwein. Kochnische, Espressomaschine, ein Poster der Rockband Dinosaur Jr. an der der Wand. So stellt man sich einen Single-Haushalt vor. Andi trägt Vollbart, die Haare sind fransig, die obersten Knöpfe seines Hemdes geöffnet. Kleine Falten sind in dem fein geschnittenen Gesicht des 38-Jährigen zu sehen. Mittlerweile hat er einen Doktortitel. Einen Job hat er nicht. Die Frage mit dem Bereuen. Jetzt soll er sie schon wieder beantworten. Aber Andi ist ein geduldiger Mensch. Den Mund leicht geöffnet, blickt er kurz ins Leere. Dann sagt er: „Ich habe noch kein einziges Mal gedacht, dass das ein Fehler gewesen sein könnte, wirklich nicht.“ Wirklich überraschend an dieser Antwort ist vor allem, dass man sie ihm glaubt. Weitere Bandnamen, die bei der Gründung zur Debatte standen: „Bodden“ und „Hennings Koffer“. Das Ende hatte sich schon abgezeichnet und kam dann doch ganz plötzlich. An einem kühlen Tag im Frühjahr 1997 saß Andi Erhard auf dem Bett im ausgebauten Dachboden seines Elternhauses. Vor ihm standen Peter Brugger und Florian Weber. Die beiden waren gekommen, um ihn zur Probe ihrer gemeinsamen Band Stiller abzuholen. Aber Andi wollte einfach nicht mehr. Er hatte keine Lust mehr, bis spät nachts Konzerte zu spielen, wenn er am nächsten Morgen eine Schulaufgabe schreiben musste. Er hatte keine Lust mehr, Hunderte von Kilometern zu fahren, um dann vor 20 Leuten aufzutreten. Andi war müde. Und irgendwie war dieses simple Drei-Akkorde-Geschrammel auch nicht ganz seine Musik. Peter und Florian versuchten ihn zu überreden, wenigstens das für den nächsten Tag geplante Konzert noch mitzuspielen. Aber Andi hatte sich entschieden. „Ich mache nicht mehr mit. Keinen Bock mehr.“ Tags darauf, bei ihrem Konzert im Münchner Stromlinienclub, traten Sänger und Gitarrist Peter und Schlagzeuger Florian als Duo auf. Mit ihnen auf der Bühne stand statt eines Bassisten eine Raumschiff-Enterprise-Figur aus Pappe. Ein paar Monate später hatten sie einen neuen Bassisten, Rüdiger Linhof. Und bald auch einen neuen Namen: Sportfreunde Stiller. Dann wurden sie berühmt. Der erste Sportfreunde Stiller-Song überhaupt war „Wunderbaren Jahren“. Auch schon früh mit dabei: „Lobby“ und „Fahrt ins Grüne“. Andi Erhard war der erste Bassist der Sportfreunde Stiller. Bevor die Band den Durchbruch schaffte, stieg er aus. Bereut er es? Es hatte alles als Spaßprojekt begonnen. Ende 1995 beschlossen Andi, Peter und Flo eine Band zu gründen. Sie wollten sie Endkrass nennen, nur ein einziges Konzert als Trio spielen, anschließend alle Instrumente zertrümmern und die Band wieder auflösen. So weit der Plan. Anfang 1996 standen sie dann auf der Bühne des Germeringer Jugendzentrums Knast. Aus dem Namen Endkrass war mittlerweile Stiller geworden. Sie spielten sieben Lieder, warfen danach ihre Instrumente auf den Boden und erklärten: „Wir lösen uns auf, das war’s.“ Als sie von der Bühne gingen, kam ein aufgeregter Mann auf sie zu. „Ihr spinnt ja wohl“, sagte er. „Ihr müsst unbedingt weiter machen!“ Der Name des Mannes: Marc Liebscher. Er ist bis heute Manager der Sportfreunde Stiller. Innerhalb weniger Monate wurde aus dem Spaßprojekt eine ernsthafte Band. Marc Liebscher organisierte die Auftritte und die drei Jungs spielten, wo immer man sie ließ. München, Nürnberg, bald auch in Köln oder Hamburg. „Oft waren nur 20 Leute da, aber es war eine tolle Zeit“, sagt Andi. „Wir waren eine richtige Dreiergemeinschaft. Unser Ritual nach den Konzerten war immer das gleiche: Ausziehen und einmal nackt durch die Stadt laufen. Egal wo wir sind.“ Peter und Florian studierten zu der Zeit Sport an der Münchner Universität. Andi, damals Mitte 20, versuchte sein Abitur nachzumachen. Die drei lernten im Tourbus, traten abends auf und fuhren nachts zurück nach Hause. Für Schlaf blieb oft keine Zeit. Während die Band 06_19_Sportfreund.qxd 21.08.2009 12:01 Uhr Seite 4 immer mehr Konzerte spielte und die Reisen immer länger wurden, hatte Andi eine Prüfung nach der anderen. Das Abitur stand vor der Tür, Attestpflicht hatte er auch schon, weil er zu oft gefehlt hatte. Irgendwann ging es nicht mehr. Was folgte, war der Morgen auf dem Dachboden. Andi stieg aus. „Es fällt mir normalerweise schwer, mich zu entscheiden“, sagt Andi heute, „aber das war eine meiner leichtesten Entscheidungen. Es war auch für Peter und Flo erleichternd, weil sie jemanden suchen konnten, der mitzieht. Sie wollten ja viel mehr Gas geben. Aber ich konnte da nicht mit.“ Florian und Peter gaben Gas, und wie. Ende der 90er Jahre spielten sie im Schnitt 200 Konzerte pro Jahr. Dann erzählt Florian von dem gemeinsamen Urlaub der Band im Sommer 1996. Mit einem Golf fuhren sie nach Italien, machten Straßenmusik in Florenz, feierten, tranken. „Irgendwann hat Andi dann einen Ausbruch gehabt, weil wir immer unsere Witzchen gerissen und niveauarme Gespräche geführt haben. Bei euch geht’s sowieso immer nur ums Saufen, hat er gesagt. Und dann hat er sich ins Zelt gelegt mit seinen Büchern.“ Andi und die Bücher. Sie liegen überall in seiner Wohnung. Auf der grauen Eckcouch, auf dem kleinen Wohnzimmertisch, vor dem überquellenden Bücherregal. Vier Bände „Nietzsches Werke“, James Joyces „Ulysses“, das „Fußball Unser“. Während Peter und Florian nach Andis Ausstieg von Auftritt zu Auftritt jagten und vor immer mehr schreienden Zuschauern spielten, suchte Andi genau das Gegenteil davon: Zurückgezogenheit und Stille. „Ich war nie ein Typ, der gerne im Mittelpunkt steht“, sagt er. „Bei Konzerten hätte ich mich am liebsten mit dem Rücken zum Publikum gestellt.“ Foto: Privat jeweils auf Platz eins der deutschen Albumcharts. Florian Weber sitzt in einem Café in München-Schwabing und bestellt eine Grapefruitschorle. Der Schlagzeuger der Sportfreunde Stiller ist heute berühmt. Das merkt man zum Beispiel daran, dass der Barchef des Lokals kurz an den Tisch kommt, sich vorstellt und Florians Hand schüttelt. Kurz darauf läuft in dem Café ein Song der Sportfreunde. Florian blickt kurz irritiert auf. „Hier ist es nicht so schlimm, wenn sie ein Lied von dir spielen“, sagt er. „Aber wenn du in einem Club mit vielen Leuten stehst, und dann alle ihre Köpfe zu dir drehen, um zu sehen, wie du dich verhältst, das ist schon saublöd.“ Florian und Andi sind auch heute noch gut befreundet. Sie spielen zusammen in einer Hobby-Fußballmannschaft. Über die Trennung von damals sprechen sie nicht mehr. „Ich habe von Andi nie gehört, dass er seinen Ausstieg bereut“, sagt Florian. „Das nehme ich ihm auch voll ab. Es wäre einfach nicht sein Leben gewesen.“ Natürlich war Florian damals enttäuscht, als Andi von einem Tag auf den anderen die Band verließ. Überraschend kam es jedoch nicht. „Er hat schon früh gesagt, dass das nichts für ihn ist, er wollte nicht ewig auf Reisen gehen“, sagt Florian. „Ich glaube auch, dass er die Musik nicht so toll fand. Das war ihm zu einfach, zu trivial. Wir haben einfach drei, vier Akkorde durchgerotzt. Aber Andi stand eher auf Musik, die ein bisschen arty ist.“ Florian lernte Peter im Sportstudium kennen. Der wiederum spielte damals mit Andi in einer Band namens: Vertical Orange Car Crash. Andi machte das Abitur, begann Germanistik zu studieren. Sein Schwerpunkt: deutsche Literatur des Mittelalters. Als die Sportfreunde Stiller im Sommer 2006 durch Deutschlands Fußballstadien und Fernsehstudios zogen, verbrachte Andi seine Tage im Lesesaal für Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek und arbeitete an seiner Doktorarbeit. Zugezogene Vorhänge, alte Holztische, absolute Stille. Andi war glücklich. „Jahrelang bin ich da jeden Tag hingegangen und habe einfach mein Zeug gemacht. Das war Italien-Urlaub 1996: Peter an der E-Gitarre, Andi an der so gemütlich da. Schade, Im Jahr 2000 unterschrieben sie ihren ersten Plattenvertrag. Seitdem Akustischen, Florian am dass das jetzt vorbei ist.“ selbst gebastelten Schlagzeug. haben sie sieben Alben veröffentlicht. Die letzten zwei davon landeten Ein Freitagmorgen, Anfang Juli 2009: Andi Erhard sitzt auf einem Holzstuhl im Sozialbürgerhaus München-Sendling und wartet. Um neun Uhr hat er einen Termin in Zimmer 210, Abteilung Arbeitslosengeld II. Andi ist gekommen, um seinen Antrag auf Hartz IV abzugeben. Peter und Florian, die gerade unterwegs sind, um ihr neues Sportfreunde Stiller-Album zu vermarkten, wird er in einer Woche wieder sehen. Dann haben die drei ein Fußballspiel mit ihrer Hobbymannschaft. Bis dahin macht sich Andi schon mal auf Jobsuche. Stellen im wissenschaftlichen Bereich sind selten. Das weiß er. Bibliotheksassistent könnte er sich vorstellen, notfalls auch Postbote. Und jetzt? Bereut er es? „Das Studium, die Doktorarbeit, all das, was ich statt der Band getan habe, hat für mich total Sinn gemacht“, sagt er. „Und wenn man zufrieden ist, dann ist es auch nicht schwer zurückzublicken und zu sagen: „Da konnte ich einfach nicht mit, das war nicht mein Weg.“ Operator: Burkard 1. Proof / Daten: 2.Proof / Daten: 3.Proof / Daten: In Summe. Das optionale 7-Gang Porsche Doppelkupplungsgetriebe (PDK), für Gang Brake (PCCB) für Verzögerungswerte wie im Rennsport. Plus serienmäßige Benzindirekteinspritzung (DFI) und Auto-Start-Stop-Funktion. Ergebnis: mehr Effizienz, bessere Umweltbilanz. Porsche empfiehlt Kraftstoffverbrauch l/100 km: innerstädtisch 16,4 · außerstädtisch 8,1 · insgesamt 11,1 · CO2-Emission: 260 g/km anzeige_210x297_Innovation.indd 1 16.07.2009 12:59:03 Uhr Kunde: komfortabel bis sehr sportlich. Und die optionale Porsche Ceramic Composite Interne Jobnummer: 42299 Kemper Kommunikation wechsel ohne Zugkraftunterbrechung. Die adaptive Luftfederung von Werbeträger: Summiert sich ganz schön, die Sportwagentechnik in der Premiumklasse: Format: 210x297mm Klartext Der neue Panamera kommt. Sujet-Nr: Unser Beitrag zum Thema Innovation. Motiv: Die Bilderstürmer GmbH & Co KG • Otto-Hahn-Strasse 58 • Fon: 06103-58490 • Fax: 06103-584927 • ISDN: 06103-936360 Innovation Hier erfahren Sie mehr – www.porsche.de oder Telefon 01805 356 - 911, Fax - 912 (EUR 0,14/min). 14-15 Ausziehen.qxd 28.08.2009 14:35 Uhr Seite 2 Aufgemöbelt Endlich! Das erste eigene Zimmer. Jetzt muss es nur noch eingerichtet werden. Dieser formvollendete Hausrat kostet nur ein paar Euro. Bücherregal Steinbeißer Bett Château des Étudiants Matratze auf edlen Rotweinkisten (leer) aus Fichtenholz massiv. Durch die lockere Anordnung der Kisten wird das Bett optimal belüftet. Die Einzelkomponenten lassen sich dem eigenen Weingeschmack anpassen und sind günstig bei jedem Weinhändler erhältlich. Klassisch-schlichtes Design mit höchster Stabilität. Leichte Montage durch Modulbauweise. Material: weißer Ziegel und Holzauflage, matt lackiert. Beistelltisch Vino Castro Zwillingskonstruktion aus Weinkisten mit klarer, geometrischer Silhouette. Leicht zu verrücken und mit viel Stauraum im Inneren. 14-15 Ausziehen.qxd 28.08.2009 14:35 Uhr Seite 3 Leuchte Origami de Luxe Raffinierte Multiform aus 24 Pyramidenelementen. Der Lichtwurf ist gleichmäßig und dennoch strukturiert. Ein Eigenbau für anspruchsvolle Individualisten. 15 Konzept: Che Berberich, Clemens Haustein|Foto: Erol Gurian Schreibtisch Grand Portal Deko Art Die Jagdtrophäen brechen das minimalistische Gesamtkonzept. Auf spielerische Weise wird der Raum so noch geschmackvoller. Der Glaskopf ist eine Stilikone der 70er Jahre und ideal, um Kopfhörer aufzubewahren. Zusammen mit dem Designer-Bügeleisen verleiht er dem Zimmer eine subtile Retro-Note. Die restaurierte Zimmertür bietet eine extra große Arbeitsfläche. LeichtbauStützen aus Edelstahlrohr erlauben eine flexible Platzierung im Wohnareal. Türklinke kann zum Lichtschalter umgerüstet werden. wie raus Nix von zuhaus Die besten Tipps von „A bis Z“ auf: klartext-magazin.de/ 47b/ausziehen Hocker Monte Christo Raumgreifender Kubus in FesselballonOptik. Die oktopusartigen Tuchausläufer am Ende des Hockers funktionieren als Fußwärmer. Die Bezüge sind waschbar. 16 Vampir.qxd 24.08.2009 18:07 Uhr Seite 1 16 Text: Thomas Salter gibt „Vampire es wirklich“, Vampir? Wie werde ich sagt Dr. Mark Benecke und erzählt von Blutpartys. Was moderne Vampire machen, liest du auf klartext-magazin.de/47b/ vampir Eine Anleitung Dracula und Co. sind immer wieder für einen Kinohit oder Bestseller gut. „Twilight“ beweist aufs Neue: Blutsauger sind beliebt. Grund genug mal nachzuschauen, wie man das eigentlich wird. Der Klassiker 1 2 3 4 Bei Bram Stoker hat Dracula seine Seele für ewiges Leben an den Teufel verkauft. Der Urvampir erschafft Seinesgleichen seither selbst. Er steht auf Frauen und überrascht sie im Schlaf (1). Dann trinkt er sie über mehrere Nächte hinweg leer (2). Das Opfer stirbt und wird beerdigt (3). Voilà, ein neuer Blutsauger schlüpft aus dem Grab (4). Doch Biss ist nicht gleich Biss: Männer verwandelt Dracula lieber in insektenfressende Sklaven. Für Fortgeschrittene 1 3 2 4 Vampire in der Serie „Buffy“ haben es schwer. Erst müssen sie ein Opfer suchen (1). Das ist nicht so leicht: In Häuser können sie nur, wenn sie eingeladen werden. Spontane Bettbesuche à la Dracula fallen also weg. Dann müssen sie den Auserwählten fast leer trinken und mit ihrem eigenen Blut füttern (2). Anschließend ist es notwendig, dass das Opfer stirbt (3). Nur so kann es als Vampir wiederauferstehen (4). Nichts für blutige Anfänger. Der Quickie 4 1 2 3 „From Dusk Till Dawn“ zeigt die schnellste und simpelste unter den Ansteckungsmöglichkeiten: Natürlich, als erstes muss ein Opfer her (1). Dann reicht ein kleiner Biss, egal ob in den Arm oder den Hals (2). Die Verwandlung beginnt umgehend, kein Tod notwendig (3). Minuten später wachsen dem Opfer schicke Vampirzähne (4). Keine lange Wartefrist, keine lästige Übernachtung unter der Erde. Der Coitus Interruptus 1 2 3 4 Auch für die Vampire bei „Twilight“ geht ohne Opfer gar nichts (1). Dann reicht ein kleiner Biss, aber Selbstkontrolle ist gefragt: bloß nicht leer trinken (2). Nur sehr willensstarke Trinker können dem Blutrausch widerstehen. Beim Beißen übertragen sie ein Gift (3). Das Gift verwandelt das Opfer dann in einen Vampir (4). Ist ein Mensch nur angeknabbert, kann man ihn noch retten. Dazu muss man nur das Gift wieder heraussaugen. Climate_Footprint_210x297.qxd 29.06.2009 10:14 Uhr Seite 1 Ressourcen schonen Klima schützen Science For A Better Life Der Klimawandel gehört zu den großen globalen Herausforderungen unserer Zeit. Daher will Bayer aktive Beiträge dazu leisten, den „Climate Footprint“, der symbolisch für die negativen Auswirkungen menschlichen Handelns auf das Klima steht, zu verkleinern. Mit dem „Bayer Climate Program“ treibt das Unternehmen seine Aktivitäten für den Klimaschutz und den Umgang mit dem Klimawandel voran. So ist der „Bayer Climate Check“ ein neues Instrument zur CO2-Reduktion in Produktionsprozessen. Mit Hilfe der modernen Biotechnologie steigern wir die Widerstandsfähigkeit von Nutzpflanzen gegen Hitze und Dürre. Eine Chance für die Landwirtschaft, die Folgen des Klimawandels zu bewältigen. Zur Senkung des Energieverbrauchs in Büro- und Industriegebäuden haben wir gemeinsam mit Partnern das „EcoCommercial Building“ entwickelt. Auf Basis hocheffizienter Polyurethan-Dämmung und regenerativer Energien deckt es seinen Energiebedarf komplett selbst – ein in den verschiedenen Klimazonen der Erde anwendbares Konzept für Gebäude mit null Emissionen. www.klima.bayer.de 09_08_Palästina.qxd 24.08.2009 13:21 Uhr Seite 12 18 Text: Florian Meyer, Arne Orgassa|Fotos: Florian Meyer, Arne Orgassa, Jasmin Srouji Im Land der begrenzten Möglichkeiten Achmad Aslan boxt: Seit er 13 Jahre alt ist, trainiert er fast jeden Tag. Jugendliche im Westjordanland verlieben sich, wollen feiern und sorgen sich um ihre Noten. Doch der Konflikt im Nahen Osten macht schon Kinder zu Erwachsenen. Es war eine warme Herbstnacht in Hebron, als er das letzte Mal unbeschwert lachen konnte. Achmad Aslan stand in der Mitte des Boxrings und wehrte die Schläge seines Gegners ab. Nur noch wenige Sekunden musste er gegen den Titelverteidiger durchhalten. Von den Rängen jubelten 700 Zuschauer Achmad zu. Der Schweiß triefte aus seinem Gesicht, unter dem linken Auge brannte eine kleine Platzwunde. Nach zwölf Kampfrunden hielt der Ringrichter Achmads Hand in die Höhe. Sieg nach Punkten. Achmad war der neue Champion, Klasse Schwergewicht, im Westjordanland – mit 22 Jahren, er lachte vor Freude. Seither ist fast ein Jahr vergangen. Achmad sitzt mit seinem Cousin Mustafa Aslan, 18, und Freund Jichia Faialah, 21, in einem kleinen Trainingsraum eines Jungendzentrums in Ramallah. Es ist heiß. „Ich musste diesen Kampf gewinnen, für meine Familie, für mich, für meinen Traum“, sagt Achmad. Jahrelang hatte er mit seinen Freunden für diesen Triumph trainiert, abends, nach der anstrengenden Arbeit als Maurer. Doch von sei- ner Freude ist nichts mehr zu spüren, der Alltag hat ihn eingeholt. Als Junge sah er oft Boxkämpfe im Fernsehen, wollte es früh selbst ausprobieren. Mit 13 Jahren begann er täglich zu trainieren. Sein Ziel dabei immer vor Augen: Als Champion in andere Länder reisen, um dort zu kämpfen. Doch dieser Traum wird nicht in Erfüllung gehen. Schuld ist seine Herkunft. Achmad lebt im Westjordanland, im Flüchtlingslager Kalandia. Seine Familie wohnt hier seit 1967. Längst stehen keine Zelte mehr, Kalandia ist nun eine kleine Siedlung am Rand von Ramallah, im Schatten einer acht Meter hohen Betonmauer. Achmad nennt sie ein Bollwerk der Unterdrückung. 09_08_Palästina.qxd 24.08.2009 13:21 Uhr Seite 13 Jichia Faialah und die Cousins Achmad und Mustafa Aslan (von links) haben ihr Land noch nie verlassen. 18-23_Palästina.qxd 28.08.2009 14:11 Uhr Seite 14 20 Israel ist seit 1948 ein unabhängiger Staat. Die Palästinenser leben unter eigener Regierung im Gazastreifen und Westjordanland. Seit 2002 baut Israel die Mauer. Der Wall aus Stein, Beton und Stacheldraht schlängelt sich über die sandigen Hügel Israels, an vielen Stellen auch durch Gebiete, in denen Palästinenser leben. 759 Kilometer lang soll sie am Ende sein. So wollen die Israelis sich vor Selbstmordattentätern schützen, die sich in Cafés und Bussen in die Luft sprengen. Für die Palästinenser ist sie ein Wall, der ihr Land trennt, ihre Rechte einschränkt. Treffpunkt: der Manarah Platz in Ramallah. Das Auswärtige Amt warnt Touristen vor Reisen in die palästinensischen Gebiete. Etwa 2,4 Millionen Palästinenser leben im Westjordanland. Mehr als die Hälfte davon sind Jugendliche. Das Flüchtlingslager Kalandia ist nur einen Steinwurf von der Mauer entfernt. Täglich erleben Achmad und seine Freunde, wie wenig unabhängig sie sind: Militärposten, Checkpoints, Ausweiskontrollen. „Wir sind Gefangene in unserem eigenen Land, haben nur eingeschränkte Bewegungsfreiheit“, sagt Jichia. Und doch versuchen er und seine Freunde ein normales Leben zu führen – in einem Land, in dem nur vorübergehend Waffenstillstand herrscht und der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern jeden Moment wieder ausbrechen kann. Sie haben gelernt, mit den Einschränkungen umzugehen. Sie haben gelernt, ihre Hoffnungen zu begraben. Das Flüchtlingslager am Rand von Ramallah bietet keinen Platz für Träumereien. 20000 Menschen leben in diesem Labyrinth aus staubigen Gassen, begrenzt durch graue Häuser mit Flachdach, meist ohne Fenster. Wegziehen will trotzdem keiner der drei. „Es ist wie bei einer sehr großen Familie“, sagt Achmad. Er ist stolz dort zu wohnen. „Wir passen gegenseitig auf uns auf.“ Wenn die israelischen Patrouillen ins Camp kommen – zwei, drei Mal die Woche – warnen sie sich gegenseitig. Meist am frühen Morgen fahren die Soldaten durch die engen Gassen, klingeln die Anwohner aus ihren Betten, durchwühlen die Häuser und suchen nach Waffen. Sie wollen herausfinden, ob Anschläge geplant werden. „Vor ein paar Wochen haben sie an einem Morgen 26 Jugendliche einfach mitgenommen“, sagt Mustafa. Darunter einige seiner Freunde. Der Cousin von Achmad versucht seine Emotionen zu unterdrücken, doch die Mischung aus Trauer und Wut kann er nicht verstecken: „Wir wollten diese Schikane nicht einfach hinnehmen, haben mit Steinen geschmissen, sie angeschrien und gefordert aufzuhören.“ Genutzt hat es nichts. „Wir haben aufgehört Angst zu haben“, sagt Achmad. Lieber schmeißt er einen Stein, als sich zu verstecken. Aber auch das ist nur ein Versuch, auf seine Situation aufmerksam zu machen. Weder Achmad noch Mustafa oder Jichia haben es je geschafft, das Westjordanland zu verlassen. Und sei es nur für einen Boxkampf. Ghadeer Ladaa ist schon draußen gewesen, in Kuala Lumpur und Abu Dhabi, in Katar und Amman. Ghadeer ist 18 Jahre alt und studiert Maschinenbau. Sie spielt Fußball in der palästinensischen Jugendnationalmannschaft, einer Gruppe von 22 Mädchen aus den Palästinensergebieten und Jerusalem. Ghadeer ist ein zartes, schüchternes Mädchen. Neben dem Fußballplatz ist sie ruhig, hört aufmerksam zu, spricht leise. Doch wenn sie kickt, sprudelt sie vor Energie. Wenn sie sprintet, peitschen ihr die langen schwarzen Locken ins Gesicht. Vor zwei Jahren hat Ghadeer Ramallah zum ersten Mal verlassen. An jenem Tag klingelte ihr Wecker viel früher als sonst. Ihre Mannschaft sollte am Abend gegen die jordanischen Nachwuchsfußballerinnen antreten. Verschlafen stieg sie zu ihrer Mutter ins Auto, die sie zum Bus brachte. Abgeschirmt: Die Mauer hat ehemalige Nachbarn voneinander getrennt. Sie teilt Jerusalem und Ramallah. 09_08_Palästina.qxd 24.08.2009 13:21 Uhr Seite 15 21 „Das ist unser Leben“, sagt Ghadeer. Sie versucht den Konflikt und die Enge zu vergessen. Sie glaubt, dass palästinensische Jugendliche dieselben Wünsche und Hoffnungen haben wie Jugendliche in Europa, dieselben Probleme. Sie sorgen sich um ihre Noten, wollen abends länger weggehen und haben Liebeskummer. Diese scheinbar kleinen Sorgen werden vom Nahostkonflikt überschattet. Der Alltag im Westjordanland wiegt schwer und macht schon Kinder zu jungen Erwachsenen. Abgefilmt: Ghadeer Ladaa tritt in der Jugendsendung „Alli Sotak“ auf. Sie soll anderen Jugendlichen Mut machen. Ghadeer kickt in der palästinensischen Jugendnationalmannschaft. Um sieben Uhr fuhr die Mannschaft los, vorbei an dürren Olivenbäumen, durch das Hügelland. Viermal mussten sie an Checkpoints stoppen, an den Kontrollposten, die das Westjordanland in kleine Fetzen zerschneiden. Jedes Mal zeigte Ghadeer den israelischen Soldaten ihren Pass, beantwortete die immer gleichen Fragen: Wohin wollt ihr? Woher kommt ihr? Erst um sechs Uhr abends erreichten die Mädchen die jordanische Hauptstadt Amman – obwohl sie keine 100 Kilometer von Ramallah entfernt liegt. Den Fußballerinnen blieb gerade genug Zeit, um ihre Taschen ins Hotel zu werfen und zum Sportplatz zu eilen. Ghadeer war erschöpft von der langen Fahrt. Das Spiel verloren sie 2:4. Seitdem ist Ghadeer viele Male ins Ausland gefahren, immer mit der Jugendmannschaft. Viele ihrer Freunde beneiden sie deshalb. Und doch fühlt sich Ghadeer eingesperrt: „Ich kann zwar in den arabischen Emiraten und in Malaysia kicken, in Jerusalem werde ich aber nie spielen können.“ Das Stadion ist nur 20 Kilometer von ihrem Haus entfernt. Ghadeer hat den grünen Personalausweis, wie alle, die im Westjordanland geboren sind. Durch den Kontrollposten an der Stadtgrenze zwischen Jerusalem und Ramallah kommt sie mit dem grünen Pass nicht. „Wen stört das schon, wenn ich unglücklich verliebt bin oder Streit mit meiner besten Freundin habe?“, fragt Ghadeer. Ihre Eltern verstehen sie oft nicht. Sie sagen, Ghadeer solle sich nicht wegen solcher Kleinigkeiten aufregen. Niemand interessiert sich für die Probleme der Jugendlichen, wenn zur gleichen Zeit eine befreundete Familie ihr Haus verliert, wenn eine israelische Siedlung ausgebaut wird, ein Bekannter keine Arbeit findet oder Verwandte unter Terrorverdacht im Gefängnis sitzen. Um ihre Sorgen zu vergessen, spielt Ghadeer Fußball. Heute sind nur vier Mädchen zum Training der First Ramallah Group gekommen. Die Jungs müssen aushelfen und spielen mit: Dribbel-Übung, Passen, Stoppen und Übersteiger. Wenn Ghadeer am Ball ist, vergisst sie alles um sich herum, die schäbige Betonhalle, den Staub in den Ecken und den Taubendreck auf den Zuschauerbänken. Der einzige Weg, das Westjordanland zu verlassen, ist über die Grenze im Osten, über Jordanien. Israelis und Palästinensern Libanon Ramallah ten Ägyp Jorda nien r Totes Mee Ga za -St rei fen Jerusalem Westjord anland Mittelmeer Syrien Der Konflikt zwischen reicht weit über hundert Jahre zurück. Wichtige Stationen nach dem Zweiten Weltkrieg: 1947 Die Vereinten Nationen empfehlen die Gründung eines arabischen und eines jüdischen Staates. 1948 Der Staat Israel wird gegründet, die Hauptstadt Jerusalem geteilt. 1956 Suezkrise: Frankreich, Großbritannien und Israel greifen Ägypten an, um den Suezkanal unter ihre Kontrolle zu bringen. 1967 Israel besetzt im Sechstagekrieg das Westjordanland, den arabischen Teil Jerusalems, den Gazastreifen und die Sinai-Halbinsel. 1973 Jom-Kippur-Krieg Syrien und Ägypten greifen Israel an, um die besetzten Gebiete zurückzuerobern. Die Angreifer verlieren aber. 1978/79 Friedensabkommen: Israel gibt den Sinai an Ägypten zurück. 1987 - 1993 Erste Intifada: Bewaffneter Widerstand der Palästinenser. Selbstmordattentäter sprengen sich in israelischen Cafés und in Bussen in die Luft. In Gaza gründet sich die „islamische Widerstandsbewegung“, kurz Hamas. 1994 OsloAbkommen zwischen Israel und Palästinensern. Die Palästinenser hoffen auf einen eigenen Staat. 2000 Israel räumt den seit 1978 besetzten Südlibanon. 2000 - 2004 Zweite Intifada. 2002 Israel beginnt, eine Mauer um die Palästinensergebiete zu bauen. Die Israelis wollen sich vor Angriffen schützen. 2006 Krieg zwischen Israel und Kämpfern der Hisbollah in Libanon. Die Hamas gewinnt die Wahlen im Gazastreifen. 2007 Nach blutigem Bürgerkrieg im Gazastreifen übernimmt die Hamas die Macht. Das Westjordanland bleibt unter Kontrolle der Fatah, der „Bewegung zur nationalen Befreiung Palästinas“. 2008 Israel bombardiert Gaza, Soldaten marschieren ein, weil von dort aus Raketen auf israelische Städte abgeschossen werden. 2009 Israelische Truppen ziehen sich aus Gaza zurück. 09_08_Palästina.qxd 24.08.2009 13:21 Uhr Seite 16 22 Pyalara ist eine palästinensische Organisation, die Jugendlichen eine Stimme geben will. Sie sollen ermutigt werden, über ihre Gefühle und Probleme zu reden. Seina Abu Hamdan (Mitte) will ein ganz normales Leben führen: Nach der Uni trifft sie ihre Freundinnen im Café. Die Ansichten über den Nahostkonflikt sind festgefahren. Nur wenige junge Palästinenser an der Bir Seit Universität wollen noch darüber nachdenken, wie er eigentlich entstanden ist. 09_08_Palästina.qxd 24.08.2009 13:21 Uhr Seite 17 23 Alli Sotak – Sprich lauter Jede Woche sendet die Organisation Pyalara ein Fernsehmagazin für Jugendliche. Wir haben die Macher interviewt, das hörst du auf: klartext-magazin.de/47b/pyalara Vor dem Training hat Ghadeer ein Interview gegeben. Ein Fernsehteam von Pyalara besuchte sie zu Hause. Die gemeinnützige Organisation versucht den ganzen Nahen Osten auf die Situation junger Palästinenser aufmerksam zu machen. Ghadeers Beispiel soll Mut machen. Den Beitrag sendet Pyalara im 90-minütigen Magazin „Alli Sotak“, das jede Woche über den Satellitenkanal Palestine TV ausgestrahlt wird. „Alli Sotak“ heißt „Sprich lauter“. Jugendliche können in der Sendung über ihre Probleme reden, über ihre Ängste, Wünsche und Träume. „Alli Sotak“ gibt den jungen Palästinensern eine Stimme. Nach dem Interview haben die Journalisten Ghadeer beim Fußballspielen gefilmt, sie war aufgeregt. Vor der Kamera ist ihr der Ball vom Fuß gesprungen. Jetzt ist das Fernsehteam verschwunden und Ghadeer dribbelt ihre Mitspielerinnen aus, spielt sichere Pässe. Seina Abu Hamdan hat vor Kameras keine Scheu. Sie will Moderatorin werden, am liebsten in ihrer eigenen Fernsehsendung. Noch schreibt die 18-Jährige für die Pyalara-Jugendzeitung „The Youth Times“, die einmal pro Monat erscheint. An diesem Morgen hat Seina Glück. Normalerweise steigt sie in eines der gelben Gruppentaxis, alte Ford-, Mercedes- und Hyundai-Kleinbusse, die sich schwerfällig durch die löchrigen Straßen quälen. Die Fahrt zur Uni ist langsam, anstrengend und staubig. Weil die Fenster offen stehen, verwuschelt der Wind die Frisur, Staubkörner fliegen in die Augen. Doch heute wird Seina von ihrer Mutter gefahren. Ihre mühsam hochgesteckten Haare bleiben in Form. Sie trägt noch schnell etwas Make-up auf, schließlich sind auch Jungs in ihrem Kurs. 20 Kilometer vor Ramallah, auf einem kleinen Hügel neben dem Dorf Bir Seit, steht eine Gruppe moderner, heller Gebäude. Die Universität ist eine Oase inmitten von leerstehenden Häusern und Bauschutt, der an der Straße liegt. 8700 junge Menschen studieren hier. Die Studienplätze sind begehrt, aber nicht billig. Rund 400 Euro kostet ein Semester. Am Osteingang des Campus steigt Seina aus und läuft mit ihren Freundinnen durch das Sicherheitstor. Viele Mädchen tragen ein Kopftuch, dazu einen kurzen Rock über einer dunklen, langen Hose. Seina trägt eine grau-blaue Jeans, ein kariertes, kurzärmeliges Hemd und rot-weiße Ballerinas. Im Hörsaal setzt sich Seina auf einen Stuhl in der ersten Reihe. Nur die Hälfte der Plätze ist belegt. Den Kurs über Marketing besuchen die Studenten freiwillig, es sind Sommerferien. Aber nächste Woche ist Zwischenprüfung, und deshalb darf Seina nichts verpassen. Den Kurs muss sie bestehen, im Herbst will sie ihr Studienfach wechseln, von Maschinendu Willst mich heiraten? „Ja, ich will“, schreibt Seina Abu Hamdan in einem Artikel für „The Youth Times“. Der Text ist zu lesen auf: klartext-magazin.de/47b/palaestina bau zu Wirtschafslehre. „Wirtschaft fällt mir leichter“, sagt Seina. Sie will mehr Zeit neben der Uni haben für ihr Hobby, ihre Arbeit bei der Organisation Pyalara, fürs Fernsehen. Als die Stunde aus ist, huscht Seina als erste aus dem Hörsaal. Ihre Freunde warten in der Mensa, einer dunklen Halle mit leuchtenden Coca Cola- und Bounty-Werbetafeln. Arabische Popmusik dröhnt aus den Lautsprechern, so laut, dass man sich kaum unterhalten kann. Hier bespricht Seina sich mit ihren Freundinnen, hier kommt sie auf ihre Ideen für neue Artikel. Vor kurzem waren ihre Freundinnen besorgt. Seina hatte in einem Kommentar geschrieben, dass sie heiraten will. Viel zu früh, meinten die Freundinnen – Seina ist erst 18. „Viele haben meinen Artikel nicht richtig verstanden“, sagt sie lachend. Ihr Artikel sollte die Antwort auf den Text eines Kollegen sein. Er hatte geschrieben, dass junge Männer nicht heiraten wollen, weil es zu teuer sei: die Feier, die Geschenke an die Familie, das Kleid. Seina wollte das ernste Thema lustig aufgreifen. Doch für Scherze ist oft kein Platz. „Viele Leute im Westjordanland nehmen alles ernst“, klagt Seina. Über Unterhaltsames, Musik, neue Klamotten, oder über Gefühle – darüber redet keiner. Seina will das in ihren Artikeln ändern: „Die Jugendlichen sollen wissen, was um sie herum geschieht. Sie sollen verstehen, dass man auch in einem Krisengebiet das Leben genießen darf.“ Nicht nur der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern, auch die Eltern machen den Kindern das Leben schwer. Sie machen sich ständig Sorgen. „Eltern schauen immer nur in die Zukunft“, sagt Seina. „Sie wollen die angesehenste Ausbildung und den besten Job für ihre Kinder. Dabei vergessen sie oft, dass wir in der Gegenwart leben.“ Durch ihr Engagement will Seina ihre Generation wachrütteln. Seit der neunten Klasse geht sie deshalb fast jeden Tag in das Büro von Pyalara. Die Jugendlichen sollen nicht zu schnell erwachsen werden. Seina ist in Abu Dhabi geboren, in den Arabischen Emiraten. Erst mit neun Jahren zog sie nach Ramallah. Sie spricht fließend Englisch und hat einen blauen Personalausweis, mit dem sie die Checkpoints nach Jerusalem passieren kann. Sie könnte raus aus dem Westjordanland, könnte im Ausland studieren. Eigentlich wäre sie frei. Doch anstatt an eine Universität in den USA zu gehen oder in Europa zu arbeiten, ist Seina fest entschlossen, im Westjordanland zu bleiben. „Ich will versuchen, hier etwas zu bewegen“, sagt sie. „Hier ist ja meine Heimat.“ 24-25 Romcom.qxd 24.08.2009 17:19 Uhr Seite 2 24 Anfang ie e“ in ke Liebe auf den ersten Blick ist ja schön und gut, aber für einen guten Film muss etwas Besseres her: In den rosa Schmetterlingen findest du vier Möglichkeiten, einfach eine aussuchen. ew “ lic ho a op h „S Täuschung: ER gewinnt SIE durch irgendeine Lüge/SIE spielt mit falschen Karten. Das bietet Stoff für späteren Streit. ino hrh ase n“ Verbotene Frucht: Bisher hat ER jede gekriegt – SIE will ihn nicht. ER weiß: SIE ist die Richtige. Schließlich verliebt SIE sich doch in ihn. „Ke Los geht es mit den zwei Hauptpersonen. Wer soll sich verlieben und warum überhaupt? In den dunkellila Kreisen stehen vier klassische Beispiele. Einfach eins aussuchen, dann geht es zu Schritt zwei. Schicksalsgemeinschaft: ER und SIE geraten in eine Situation, die sie nur meistern können, wenn sie ein gutes Team bilden. in Bastle dir deine eigene romantische Komödie! Eine Anleitung für Liebesfilme. Wette: ER wettet mit Kumpels, dass ER SIE rumkriegt/zur Ballkönigin macht. Wer mit wem um was wettet, lässt sich natürlich beliebig variieren. „E Happy End in fünf Schritten Schmetterlinge im Bauch Text: Martin Anetzberger, Katharina Zabrzynski Konkurrenten: Beide können sich auf den Tod nicht ausstehen. Diese Variante ist immer gut, damit nicht sofort klar ist, dass sie zusammenkommen. Die Heldentat: SIE gerät in Gefahr, er sieht es zufällig. ER rettet SIE und kann endlich beweisen, wie mutig und stark ER ist. Soziale Barriere: ER und SIE sollen es nicht einfach haben: SIE ist arm, ER ist reich/SIE ist schön, ER ist hässlich – viele Varianten möglich. Ungewöhnliche Umstände: Normalerweise ist ER/SIE unnahbar, aber jetzt ist alles anders. Beiden wird klar: Sie gehören zusammen. Im nächsten Schritt muss der Film zeigen, wie schön es ist, wenn die beiden zusammen sind. Am besten geht das mit einer romantischen Szene. In den Wolken gibt es vier Beispiele. Und jetzt, unverzichtbar: die Krise. Die muss natürlich zum Anfang passen. Und je schöner Wolke Sieben war, desto heftiger wirkt die Krise. h Und zu guter Letzt: das Happy End! „Manhattan Lovestory“ 24-25 Romcom.qxd 24.08.2009 17:19 Uhr Seite 3 Sie lassen sich von der Magie des Abends hinreißen und landen – gegen jede Vernunft – miteinander im Bett. Danach ist nichts, wie es mal war. Sie sitzen bei Pizza und Rotwein bei einem schicken Italiener. Die Augen funkeln im Kerzenlicht, sanfter Jazz klimpert im Hintergrund. Bindungsangst: Auf einmal bekommt ER/SIE kalte Füße. Das Ganze kann nicht gut gehen. ER/SIE lässt den anderen sitzen. Missverständnis: ER/SIE versteht den anderen falsch, was dazu führt, dass der andere verletzt wird. ER/SIE macht Schluss. Sie sind allein an einem Ort mit schönem Ausblick (ideal: Sonnenuntergang). Ein Blick in die Augen des anderen und die Welt um sie versinkt. Wahre Identität: ER/SIE merkt, dass der/die andere nicht der/die ist, für den ER/SIE ihn/sie hält. ER/SIE lässt den anderen sitzen. Sie tanzen zur romantischen Melodie eng umschlungen und schauen sich dabei tief in die Augen. Wenn die Zeit jetzt nur stehen bliebe. Die Wette fliegt auf: Alles war perfekt, aber dann hört ER/SIE von der Wette. Sie streiten sich, ER/SIE lässt den anderen sitzen. Für alle Pessimisten: Einfach bei der Krise aussteigen, dann habt ihr ein schönes Drama. Happy End Krise Wolke 7 25 h h h h Sie versöhnen sich und alles wird gut. Sie versöhnen sich und alles wird gut. Sie versöhnen sich und alles wird gut. Sie versöhnen sich und alles wird gut. 26 100 Euro Urlaub.qxd 24.08.2009 17:06 Uhr Seite 2 im wilden Osten 26 Text: Clemens Haustein edelboarden Du wolltest immer schon eine der edelsten Städte Europas sehen? Zürich? Ist mit 100 Euro zu schaffen: Hin- und Rückfahrt per Mitfahrgelegenheit zum Beispiel von Frankfurt für 40 Euro. Bei www.couchsurfing.com findest du vor dem Trip eine kostenlose Bleibe. Und jetzt kommt’s: Skateboards und Fahrräder kosten bei „Züri rollt“ auch nichts. Damit bist du flexibel in der Stadt unterwegs. Am nächsten Tag geht’s in Europas größtes Spaßbad nach Pfäffikon. Die Bahnfahrt am Zürichsee entlang kostet 17,60 Euro (hin und zurück), die Tageskarte fürs „Alpamare“ 31,60 Euro. Dafür gibt es aber auch zehn verschiedene RiesenRutschen. Zurück in Zürich sind sogar noch 10,80 Euro übrig. Ein Teil davon dürfte beim Besuch des LindtSchokoladen-Fabrikverkaufs draufgehen... Ihr fahrt zu viert mit dem Quer-durchs-LandTicket nach Berlin (hin und zurück 24,50 Euro). In Berlin tro-Hostel „Ostel“ einchecken (ec im DDR-Rebau!). Übernachtung im „Pionier hter PlattenAm nächsten Tag Berlin erkundelager“ (9 Euro). im „Ostel“ schlafen. Jetzt geht’s n und wieder tur: Zelt einpacken, mit der S-Bahraus in die Nafahren (2,80 Euro), am Dämeritz n nach Erkner mieten (33 Euro pro Person für see zwei Kajaks in See stechen. Abends an einem drei Tage) und gen (9 Euro Platzgebühr). Nach Zeltplatz anledrei Tagen geht es von Erkner wieder zurück in die Im „Ostel“ übernachten und von Zivilisation. 90 Cent einen Schokoriegel kaufeden restlichen n. So kommst du billig weg! Für den perfekten Urlaub reichen 100 Euro und eine gute Idee. Euro 100 verdienen Wie du das am schnellsten schaffst, liest du auf klartext-magazin.de/47b/ urlaub zu Gast bei Elchen runterheizen! Mit deinen drei besten Freunden fährst du mit dem WoPerchenendticket nach Freiburg (9,25 Euro pro restson). Übernachtung in Freiburg im „Blackfo ag) Hostel“ (14 Euro). Am nächsten Tag (Sonnt recke: geht’s auf Europas längste Downhill-Roller-St und Mit dem Bus zur Schauinslandbahn (2 Euro)einen mit der Gondel hinauf (7,50 Euro). Dort damit Mountainbike-Roller (19 Euro) mieten und terdie acht Kilometer lange Downhill-Strecke run burg. heizen. Mit dem Bus wieder zurück nach Frei -HoIhr übernachtet noch zweimal im „Blackforest den stel“ und habt noch einen ganzen Tag, um auf urchsMünsterturm zu steigen. Mit dem Quer-d o). Land-Ticket fahrt ihr wieder zurück (12,25 Eur Du fliegst von Frankfurt-Hahn nach Göteborg (Tickets gibt es schon ab 11 Euro – rechtzeitig buchen! – Busfahrt von Frankfurt Hbf nach Hahn kostet 12 Euro). Vom Airport geht es mit dem Bus direkt in die Wildnis nach Kungälv (2,50 Euro) und dann weiter auf dem Fernwanderweg „Bohusleden“. Übernachtung im Zelt (Wildzelten ist in Schweden erlaubt!) oder in den Vindskydds (Schutzhütten) am Weg. Verpflegung aus Deutschland mitbringen, den ersten Supermarkt gibt’s erst wieder nach fünf Tagen Wandern! Wenn du von keinem Elch angefallen wurdest, geht es von Uddevalla mit dem Bus zurück nach Göteborg (7,40 Euro). Endlich wieder duschen und in einem Bett schlafen! Übernachtung im Hostel gibt es ab 14 Euro. 5,40 Euro brauchst du für die Rückfahrt zum Flughafen – bleibt sogar noch Geld übrig für den letzten Abend. KNORR-BREMSE GROUP GUTE IDEEN HALTEN LÄNGER ALS EIN LEBEN. 150 Jahre Georg Knorr Vor 150 Jahren prägte eine Idee den Beginn der industriellen Mobilität: Den Transport großer Gütermengen zwischen den Städten und wachsenden Industriestandorten voranzutreiben. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Als bedeutender Erfinder seiner Zeit entwickelte Georg Knorr zukunftsweisende Technologien wie die Druckluftbremse für Güterzüge und nahm entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung des Schienenverkehrs zum beherrschenden Transportmittel. Knorrs unternehmerische Visionen – der Grundstein zu dem, was Knorr-Bremse heute ist: weltweit führender Hersteller von Bremssystemen für Schienen- und Nutzfahrzeuge. | www.knorr-bremse.com | RZ-AD_GK_150J-A4_portrait_dt.ind1 1 04.08.2009 14:28:06 Uhr 12_16_Outsourcen.qxd 21.08.2009 12:32 Uhr Seite 2 28 Text: Lisa Srikiow Made in India Betreff: Re: Endversion ----------------------„Vielen Dank!“ ----------------------- Wer zu faul ist, nervige Aufgaben selbst zu erledigen, lässt andere arbeiten. Das nennt man Outsourcen. Angeblich spart man damit Zeit und Geld. Klappt das auch bei Referaten? Das Gesicht hinter den E-Mails Betreff: Urgent Request from Germany -----------------------------„Hi Anne, Thanks for briefing us. We can assist you in said task. However, we wont be able to provide you the results by Tuesday of next week.“ ------------------------------ Wir haben mit einer Mitarbeiterin der Agentur telefoniert: Mehr über ihren Arbeitsalltag hörst du auf klartext-magazin.de/47b/ outsourcen 28-29 Outsourcen.qxd 28.08.2009 14:13 Uhr Seite 3 29 Betreff: Task for Germany ---------------------------„Hey Anne, Not to worry, I have already assigned assistant to you. He will get in touch with you soon. Regards, Smitha.“ ---------------------------Betreff: Zwischenbericht ------------------------„Hallo Frau Schmidt, heute schiche ich Ihnen die Zusammenfassung mit noch einiger Informationen. Ich schicke die Endversion bis 16 Uhr MEZ. Ich tue auch einige passende Bilder in der Präsentation rein.“ ------------------------- Dienstag, 16.17 Uhr Die meisten Lehrer haben mittlerweile mitbekommen, wie einfach es ist, Hausaufgaben aus dem Internet runterzuladen. Webseiten wie schoolunity.de oder wikipedia.com sind also nicht mehr brauchbar. Indische Outsourcing-Agenturen garantieren maßgeschneiderte Dienstleistungen – eine Alternative für faule Schüler? Wir machen den Test: Unser Lockvogel, nennen wir sie Anne, macht sich auf die Suche. Die erste Agentur ist schnell gefunden, Anne füllt das Onlineformular mit ihrer Anfrage aus und wartet... Donnerstag, 13.17 Uhr Erst die dritte Outsourcing-Agentur antwortet. Getfriday.com hat sogar eine kostenfreie Hotline, Anne ruft sofort an. Die Unterhaltung auf Englisch ist zwar etwas mühselig, aber Herr oder Frau Smitha (Anne ist sich nicht ganz sicher) ist freundlich. Die Agentur würde den Auftrag übernehmen. Freitag, 12.45 Uhr Ein reger E-Mail-Verkehr beginnt: Anne gibt ein paar kurze Anweisungen zum Thema, das Referat soll sich mit den Unterschieden zwischen Männer- und Frauensprache beschäftigen – ein geeignetes Oberstufenthema. Der nächste Punkt ist die Bezahlung: zwölf Euro pro Stunde wollen die Inder haben. Nicht billig, aber Anne akzeptiert – ein Schulreferat sollte nicht allzu viel Zeit einnehmen. Betreff: Persönlicher Assistant -----------------------„Hallo Frau Schmidt, vielen Dank, dass Sie uns die Aufgabe erteilt haben. Mein Name ist Samik, und ich bin Ihr Assistent bei dieser Aufgabe. Ich fange in Kurzem mit der Aufgabe. Danach in 1 Stunde schicke ich Sie einen Zwischenbericht.“ ------------------------ Dienstag, 17.17 Uhr Ein paar Stunden später folgt tatsächlich der erste Zwischenbericht mit Präsentation zum Thema Männer- und Frauensprache. Auf den ersten Blick sieht es nicht schlecht aus: Tabellen, Beispiele und auffallend wenige Fehler. Anne weist nochmal darauf hin, dass das Handout noch fehlt. Mittwoch, 9.45 Uhr Samik antwortet schnell. Das Handout komme noch, auch die Powerpoint-Präsentation sei nur ein Muster. Freitag, 16.00 Uhr Auf die Minute genau kommt Samiks E-Mail mit der Endversion des Referats an. Der zweite Teil des Projekts beginnt. Anne lässt das Ergebnis von einer Deutschlehrerin korrigieren. Montag, 9.10 Uhr Anne gibt ihr PayPal-Konto an, Kreditkarten nimmt die Agentur auch. Als die Bezahlung geklärt ist, geht alles sehr schnell. Smitha aus dem Support-Team antwortet zügiger – jetzt da der Auftrag gesichert ist. Sonntag, 21.34 Uhr Das Urteil fällt eher enttäuschend aus: Eine Vier, höchstens eine Drei minus, würde Anne für ihr indisches Referat bekommen. Den Anforderungen einer gymnasialen Oberstufe wird es nicht gerecht: Die wissenschaftliche Grundlage fehlt, Quellen- oder Autorenangaben werden nicht aufgeführt. Samik hat wichtige Teile wie die Einleitung vergessen, die Gliederung ist unübersichtlich und in der Präsentation wimmelt es nur so von Kommafehlern. Das Fazit kommt gut weg, auch die inhaltlichen Angaben sind zum größten Teil richtig. Insgesamt bleibt das Referat aber zu allgemein. Montag, 11.30 Uhr Ein kurzer Schreckensmoment. Der bisherige Kontakt verlief auf Englisch, Anne will das Referat aber natürlich auf Deutsch haben. Schnelle Nachfrage bei Smitha. Outsourcen wird daher sicherlich nicht Schule machen: Fast zwei Wochen hat das Hin und Her gedauert. Die Wartezeit könnte ein Schüler vielleicht noch in Kauf nehmen – 96 Euro würde aber sicher niemand für eine Vier bezahlen! Dienstag, 11.45 Uhr Der persönliche Assistent Samik meldet sich zum ersten Mal bei Anne – auf Deutsch. Er verspricht, sich an die Arbeit zu machen. Betreff: Endversion ----------------------------------„Hi Anne, ich habe Ihnen schon einmal die Präsentation geschickt. Ich glaube, dass Sie das nicht erhalten haben. anbei schicke Ich Ihnen die Endversion noch einmal. Ich würde Ihnen gerne mitteilen, dass das Thema auch mein Interrese geweckt. Wenn Sie später auch Aufgaben für uns haben, würde ich mich sehr freuen. Herzlichen Dank und viel Glück zu Ihrer Präsentation. Für eine Eingangsbestätigung bedanke ich mich im Voraus.“ ----------------------------------- Betreff: German speaking assistant? ----------------------------„Hi Anne, Sure, we will assign you assistant who can provide services and do your task in German. Regards, Smitha.“ ----------------------------- 30-33 Rapper.qxd 24.08.2009 17:22 Uhr Seite 2 30 Text und Fotos: Sebastian Erb|Comic: Simon Sieber Im Auge des Sturms Er ist auf der Hut. Wenn auf dem Display „Unbekannter Anrufer“ steht , dann geht er nicht mehr dran. Wenn er einen Werbebrief bekommt, wird er nervös, denn dann weiß irgendjemand da draußen, wo er wohnt. Und trotzdem sagt Tibor Sturm: „Inzwischen fühle ich mich wohl in Berlin. Angst verspüre ich nicht mehr.“ Ein junger Schwarzer, der von Nazis angegriffen wurde, sich gewehrt hat, sieben Monate im Gefängnis saß – das ist seine Geschichte. Und die hat QuietStorm, wie Tibor Sturm sich nennt, bekannt gemacht in der Szene der Antifaschisten und unter Rappern, die mit Gewalttexten nichts zu tun haben möchten. Manche nennen ihn eine Kämpfernatur. Sie finden ihn inspirierend, wie er trotz allem mit erhobenem Haupt durchs Leben geht. Er wird eingeschüchtert, erhält Morddrohungen und er gibt trotzdem nicht auf. In gewisser Weise wurde Tibor Sturm zum Symbol des Kampfes gegen Rechtsradikale. Und er fühlt sich wohl dabei. Wie verabredet wartet er an der U-Bahn-Haltestelle. Auch wenn er ein leuchtend rotes T-Shirt trägt, fällt er nicht weiter auf. Seine Augen versteckt er hinter einer schwarzen Sonnenbrille. Er schaut sich um. Tibor Sturm ist 34 Jahre alt, stämmig, 1,94 Meter groß, vielleicht auch 1,95 Meter. Wenn man genau hinschaut, sieht man auf Tibors rechtem Arm einige schwarze Striche. Ein großes Tattoo, dass sich den Oberarm hochzieht. Es ist ein Motiv des Künstlers H. R. Giger, der es für ein Tarot-Set schuf. Der Name des Motivs: „Der Tod“. Allerdings ist die Tätowierung noch nicht ganz fertig. Am 12. Februar, das Datum weiß er noch ganz genau, bekam Tibor den ersten Anruf. Die Rufnummer unterdrückt. „Wir werden das zu Ende bringen, was unsere Kameraden nicht geschafft haben“, sagte die Stimme. Und: „Stirb, Nigger“. Wegen der Morddrohungen gegen ihn wurde ihm eine sichere Woh- nung in München angeboten, mit Personenschutz, rund um die Uhr, jeden Tag. Doch das wollte er nicht. Zu der Zeit war er in Berlin – und blieb dort. Er hatte nur seine Sporttasche dabei, nicht viel mehr als ein paar Klamotten. Der Rest sei eingelagert, er komme da nicht dran. Achtmal ist er seitdem umgezogen, oft wusste er nicht, wo er nun schlafen sollte. Auf seinem Facebook-Profil steht der Satz: „FREEDOM IS..... Sometimes Harder than i thought....“. Über sein Leben zu reden, dafür nimmt Tibor sich viel Zeit. Über seine Geschichte. Er erzählt seine Geschichte aber so, wie es ihm passt. Ab und zu zündet er sich eine Pall-Mall-Zigarette an. Und dann sagt er plötzlich, er habe jetzt seinen wichtigen Termin. Er tippt die Adresse in sein Nokia Smartphone ein: Kunstzentrum Radialsystem, Holzmarktstr., Nähe Ostbahnhof. Ein Dutzend Polizeiautos stehen dort, die Straße ist abgesperrt. Eine Polizistin fragt ihn nach seinem Ausweis. Er zeigt ihn ihr. Sie fragt ihn nach seiner Einladung. „Brauch’ ich nicht“, sagt Tibor Sturm und geht weiter. Und er braucht sie wirklich nicht. Sie kennen ihn hier, in der Backsteinhalle bekommt er einen reservierten Platz ganz vorne, zweite Reihe. Er streckt die Beine lang aus, gemütlich, er ist heute hier, weil er dazugehört. Auf der Rednerliste: Klaus Wowereit, der Regierende Bürgermeister von Berlin, SPD-Chef Franz Müntefering und Außenminister Frank-Walter Am Donnerstag kommt eine SMS : „(...) Ich habe gerade den wichtigsten Termin meines Lebens verpasst bekommen. Leider morgen um 18Uhr.“ QuietStorm rappt gegen Rechts, wird von Nazis angegriffen, kommt ins Gefängnis. Und kämpft weiter. So gut die Geschichte auch klingt – sie bleibt undurchsichtig. 30-33 Rapper.qxd 24.08.2009 17:22 Uhr Seite 3 31 Die Nazis wollen euch mit Musik ködern. Sein Kampf gegen Rechts: Tibor Sturm gibt Workshops in Schulen und Jugendzentren. 30-33 Rapper.qxd 24.08.2009 17:22 Uhr Seite 4 Nigger! te! 7 Mona ? Was „Afrodeutsch und sorgenfrei“ hat er einen seiner Songs genannt. Tibor Sturm irgendwo in Berlin. Die Geschichte, wie er sie erzählt, lässt sich nicht nachprüfen. Steinmeier, der Kanzler werden will. „Heimat Metropole“ ist das Thema der Veranstaltung, aber das ist nicht so wichtig. Drei Kollegen vom Projekt „GangWay Beatz“ rappen, das interessiert Tibor schon eher. Er wippt im Beat mit. Danach gehen alle nach draußen; an der Spree ist es ein bisschen kühler, die Atmosphäre locker, es gibt Bier. Erko, der Rapper, der gerade noch auf der Bühne stand, sagt: „Das wichtigste ist, er ist unser Bruder. Er ist nicht allein.“ Eigentlich wollte Tibor mit Herrn Steinmeier reden und Herrn Müntefering, aber die sind in Gespräche vertieft. Dann klappt zumindest noch ein Foto mit dem Außenminister, ein Händeschütteln. Steinmeier strahlt, Tibor auch. Er ist dabei, er wird endlich ernstgenommen. Tibor war immer schon politisch, hat im Kommunalwahlkampf öffentlich seinen Kandidaten unterstützt. Doch obwohl er sie um Hilfe gebeten hat – vor den sieben Monaten Knast konnte ihn keiner seiner Bekannten aus der Politik bewahren. Tibor zieht eine Postkarte aus der Hosentasche, sie ist zerknittert und in der Mitte gefaltet. Seine Glückspostkarte ist das, sagt er, die hat er immer dabei. Vorne ein Porträt von ihm im Comic-Style, in Graffiti-Schrift steht da „Freiheit für Tibor“. Auf der Rückseite schreibt ein Thomas: „Lieber Tibor, solidarische Grüße und viel Kraft“. Von diesen Postkarten habe er bestimmt 1000 bekommen, sagt Tibor, dazu viele Briefe. Das gab ihm Hoffnung. Heute schildert Tibor den Angriff, der ihn ins Gefängnis brachte, so: Nürnberg, in der Nähe des Reichsparteitagsgeländes. Ein kalter, nasser Abend im Dezember 2005, er ging von einer Feier zurück zum Auto. Da hörte er Geschrei, sie riefen seinen Namen. Nazis. „Heute Nacht muss du sterben, Nigger!“. Er rannte weg, blieb dann stehen. In seinem Kopf blitzte auf: Wer hat Angst vorm schwarzen Mann? Der Kindergarten. Er war immer der schwarze Mann. „Ich wollte nicht mehr weglaufen“, sagt er. Also schlug er um sich. Griff nach einem Holzpfahl, den er am Boden fand und hämmerte ihn einem der sechs Angreifer auf den Schädel. Die Polizei kam. Vier Streifenwagen, acht Polizisten. Sie mussten ihn bändigen. Tibor zeigt mit seinem Zeigefinger ins Gesicht. Das Jochbein war gebrochen, die Gesichtshälfte doppelt so dick, sechs Zähne kaputt. „Ich hatte das Gefühl, jeden Moment stirbst du.“ Tibor ist überzeugt: Sie wollten ihn umbringen. Er fühlte sich dem Tod ganz nah. Der Prozess gegen die Angreifer stehe noch aus, sagt er. Der Justizsprecher in Nürnberg sagt, davon wisse er nichts. Das Problem mit Tibors Geschichte ist, dass nur er ihren Kern kennt. Auch viele aus seinem Umfeld kennen die Umstände nur vom Hörensagen. Anhand der Daten, die Tibor nennt, sind die Gerichtsakten nicht zu bekommen. Es gibt nur 30-33 Rapper.qxd 24.08.2009 17:22 Uhr Seite 5 die Geschichte, die Tibor erzählt. Und darüber schwieg Tibor lange Zeit. Selbst seinem Vater sagte er anderthalb Jahre nichts. Aus Scham? Aus Verdrängung? Oder weil vielleicht doch nicht alles so war, wie er selber irgendwann zu glauben begann? Als Tibor dem Mann auf den Kopf schlug, wurde der schwer verletzt, Schädelbruch, Kleinhirnquetschung. Deshalb landete Tibor vor Gericht, nicht als Zeuge, sondern als Angeklagter. Der Vorwurf: Notwehrexzess. Er habe zu stark zugeschlagen, zudem war er kampfsporterfahren. „Das war der eigentliche Grund für die Verurteilung“, sagt Tibor. Wie er selber sagt, nahm Tibor den Prozess nicht ernst, dachte die ganze Zeit, er würde nun freigesprochen. Lachte, antwortete nicht auf Fragen. „Ich war naiv“, gesteht Tibor zu. „Ich habe dazu beigetragen, dass die Strafe so war.“ Trotzdem sei das Urteil vielleicht „rechtlich korrekt, menschlich aber nicht nachvollziehbar.“ Er bereut es nicht, sich nicht entschuldigt zu haben. „Ich habe mich nicht entschuldigt, dass ich Schwarzer bin.“ Dass viele ihm sagten, er sei zu Unrecht im Gefängnis, er sei vom Opfer zum Täter gemacht worden, das hat ihm geholfen. Im Großen und Ganzen sei es zwar natürlich nicht schön gewesen im Gefängnis, sagt er. Aber es hätte schlimmer sein können. Er arbeitete als Koch, hatte deshalb eine Einzelzelle. Er hat dort gelernt, wie man Schweinebraten und Klöße macht. Und er hat viel nachgedacht über sein Leben. Über seine Kindheit. Beim Versuch Tibor zu verstehen, hilft es, etwas über seine Kindheit zu erfahren. Was ist das erste, an das er sich erinnern kann? „Das N-Wort. Das hat mich Zeit meines Lebens begleitet.“ Er war immer der Neger. Er fühlte sich minderwertig. „Ich musste mich täglich rechtfertigen, wo ich herkam.“ Dabei war er doch ein ganz normaler Junge, der in einer Kleinstadt in der Nähe von Nürnberg aufwuchs, Einzelkind, die Mutter Zahnarzthelferin, der Vater im Immobiliengeschäft. Seinen leiblichen Vater kannte er nicht. Er war ein ganz normaler kleiner Junge. Bis er neun war, dachte er, er sei der einzige Schwarze auf der ganzen Welt. Ein Junge, der auf die Frage „Warum bin ich schwarz?“ die Antwort bekam: Weil Gott es so wollte. Ein Junge, der sich oft alleine fühlte. Als Opfer. Seine Herkunft, die war für ihn wie ein Puzzlespiel, das er nach und nach zusammensetzte. Mit 17 fand er schließlich heraus, wer sein leiblicher Vater ist, ein US-Soldat, der von seinem Sohn in Deutschland gar nichts wusste. Er rief ihn an, dessen Frau war dran, dann kein Kontakt mehr. Zwei Tage vor seinem 18. Geburtstag bekam er Post aus Brooklyn, New York. Mit 21 flog er hin. Heute habe er ein gutes Verhältnis zu seinem leiblichen Vater, den er Dad nennt, und auch zu seinem Stiefvater. Der sagt: „Das ich nicht sein leiblicher Vater bin, war nie ein Problem.“ Seine Hautfarbe, die prägte Tibors Leben von Anfang an. Sie katapultierte ihn aus der Kindheit ins Erwachsenendasein. Eines der ersten Bücher, das er las: Kants „Rassentheorie“, da war er 12 Jahre alt. Dann Nietzsches „Morgenröte“. Harter Stoff. Aber Tibor konnte nicht anders, als nach Antworten zu suchen, warum er anders war als andere, rein äußerlich. „Schneiden wir mal deinen Buschkopf wieder“, so redete früher die Friseurin mit ihm. Heute trägt Tibor die Haare kurzgeschoren. gegen Musik Rechts Nicht nur QuietStorm singt gegen Rechts. Online hörst du die zehn besten Anti-Nazi-Songs: klartext-magazin.de/ 47b/gegenrechts Wenn Tibor redet, schwankt seine Stimme schnell von ernsthaft bis spaßig. Gerne sagt er „ganz geil“, dann kommt plötzlich eine Formulierung wie aus dem Soziologie-Lehrbuch. Und manches Mal zieht er beides zusammen in einen Ausdruck: „So ist eben der Status Quo im Business“. So redet Tibor. Lässig. So ist er auch, lässig, vielleicht manchmal zu sehr. So erzählt er seine Geschichte. Inzwischen hat Tibor in Berlin eine feste Wohnung. Er schläft immer lange, bis um elf Uhr mindestens, manchmal gibt er später Workshops. Das ist seine Hauptbeschäftigung, seit er den Brothers Keepers beigetreten ist, einer Vereinigung von Künstlern, die sich gegen Rassismus einsetzen. Xavier Naidoo und Samy Deluxe gehören dazu. Abends hat Tibor ab und zu einen kleinen Auftritt, für den Herbst planen sie eine Schultour durch Ostdeutschland. Und dazwischen denkt er sich neue Songs aus, die Ideen findet er im Leben, es geht um Obdachlose, Straßenjungen, Schwarze in Deutschland. Er will die Leute unterhalten, sagt er, aber sie sollen auch nachdenken über die Welt, in der sie leben. In der Jury des Musikwettbewerbs „Nazis aus dem Takt bringen“ sitzt er schon, jetzt will er noch in den Wahlkampf einsteigen. Er soll für Steinmeier einen Wahlkampfsong produzieren, vier Strophen plus Refrain. Er wird rappen und drei andere auch. Dazwischen Ausschnitte aus Steinmeier-Reden. Authentisch soll es sein und per Youtube unter die Leute kommen. „Du musst als Künstler eine Meinung haben, damit das Land geführt wird, wie du möchtest“, sagt Tibor. Er hat sich alle Parteiprogramme angesehen und gemerkt: Am besten passt zu ihm die SPD. Was Tibor gar nicht ausstehen kann: Rap, wie ihn Sido, Bushido oder Frauenarzt performen. Frauenverachtende Texte, Gewaltverherrlichung. Das sei doch Missbrauch von Rap, nur um mehr Platten zu verkaufen. „Es gibt viele Rapper, die nicht authentisch sind“, sagt Tibor Sturm. Bei seinen Workshops in Schulen und Jugendzentren will er den Schülern zeigen, welche Probleme es mit Rassismus gibt; er will, dass sie aufpassen, welche Musik sie hören. „Die Rechten finden immer wieder einen Weg, um mit Musik Leute zu ködern.“ Dagegen will er kämpfen. Den großen Durchbruch als Rapper hat QuietStorm nicht geschafft, aber er hat eine besondere Gabe, junge Leute zu begeistern, sagen die, die ihn kennen. Es ist sein Kampf und der ist noch lange nicht vorbei. Dazu passt auch das Tattoo auf Tibors Arm. Er hat überlebt, deshalb hat er sich für den Tod als Figur entschieden. Aber der Umhang fehlt noch. Fünf Termine waren für die Tätowierung angesetzt, dreimal war er schon dort. Aber jetzt sitzt der Tätowierer im Gefängnis und kann das Kunstwerk nicht vollenden. Der Tod muss warten. Als in der neunten Klasse die NS-Zeit auf dem Stundenplan stand, holte er sich Adolf Hitlers Buch „Mein Kampf“ fürs Referat. Das stand bei seinem Opa im Regal. Das ist die Geschichte, wie sie Tibor erzählt. Selbst wenn sie nicht so stimmen würde, er könnte sie gar nicht mehr anders erzählen. Es ist seine Geschichte. Ein Berliner Filmemacher hat einen Kurzfilm darüber gedreht, der auf vielen kleinen Festivals in Deutschland läuft. Auch der Film zeigt nur Tibors Sicht. 33 34-35 Krise für Anfänger.qxd 28.08.2009 14:14 Uhr Seite 2 34 Text: Katharina Zabrzynski|Fotos: Erol Gurian Party auf Pump Alle reden von der Finanzkrise, keiner versteht sie wirklich. Dabei lässt sie sich in fünf Minuten am Tresen erklären. 1. Rudi hat eine Kneipe in München-Schwabing. Seine Stammkunden sind gesellig und trinkfest, aber nicht gerade zahlungskräftig. 2. Eines Tages hat Rudi eine außergewöhnliche Idee: Ab sofort können die Kunden alle Getränke anschreiben lassen. Das Motto: Trinken Sie jetzt und bezahlen Sie später. Damit will er den Umsatz steigern. 3. Die Kneipe wird zum Renner in der Stadt. Immer mehr Gäste drängen in Rudis Kneipe und trinken, als gäbe es kein Morgen. 4. Schritt für Schritt erhöht Rudi die Preise. Trotzdem trinken die Gäste immer mehr. Um die Bezahlung müssen sie sich ja keine Gedanken machen. Rudis Umsatz steigt. 5. Immer mehr Kneipen übernehmen Rudis Konzept. Auch der Kundenberater der lokalen Investmentbank hat von Rudis Erfolg gehört und wittert ein Geschäft. 34-35 Krise für Anfänger.qxd 28.08.2009 14:14 Uhr Seite 3 35 6. 7. Weil Rudi kein Bares mehr hat, bietet der Banker ihm einen Kredit mit niedrigen Zinsen an. Als Gegenleistung bekommt er die Bierdeckel mit den angeschriebenen Getränken. Der Plan des Bankers: die Bierdeckel verkaufen und viel Geld damit machen. Triple A (AAA) steht in der Finanzbranche für höchste Kreditwürdigkeit von Wertpapieren. 8. Der Banker sortiert die Bierdeckel und fasst sie mit anderen Schuldscheinen zu Wertpapieren zusammen. Jetzt heißen sie SUFFDERIVATE, FUTURESCHNAPSZERTIFIKATE und BIEROPTIONSSCHEINE. Per E-Mail werden die Wertpapiere bei einer „seriösen“ usbekischen Versicherung abgesichert. 10. 9. Keiner versteht die Abkürzungen der Wertpapiere. Aber dank Absicherung und exzellenter Bewertung werden sie ein Hit unter Investoren. Der Banker erhält einen sechsstelligen Bonus. Die Wertpapiere werden von Finanzpapier-Testern mit besten Noten bewertet. Der Investmentbanker bedankt sich mit lebenslangem Freibier. 11. Eines Tages stellt der Banker fest, es sei an der Zeit, die ältesten Deckel von Rudis Kunden abzukassieren. Die Gäste können ihre Schulden aber nicht bezahlen. 12. Rudi hat mit den Bierdeckeln prima verdient, weiß aber, dass die goldenen Zeiten vorbei sind. Er schließt den Laden und macht sich auf den Weg nach Mallorca. 13. Die Party auf Pump ist vorbei: Die Wertpapiere verlieren 98 Prozent an Wert. Der Bierund Schnapslieferant geht pleite, weil viele Kneipen dicht gemacht haben. Das Geld der Investoren, die SUFFDERIVATE gekauft haben, ist futsch. 14. Alter Wein in neuen Schläuchen: Tanja übernimmt die Kneipe. Die alten Kunden sind aber hoch verschuldet und müssen auf Bier verzichten. Der Staat rettet mit Steuergeldern die Banken – und damit auch den Job des Bankers. 36 poetryslam.qxd 24.08.2009 18:44 Uhr Seite 2 36 Ana Ryue, 17 Ich nehm kein Blatt vor den Mund, sondern schreib drauf. David Friedrich, 18 stop.motion: das ist eine bilderkette zu so einer art pilgerstätte. Gedanken, Gefühle, in Worte gefasst, ich fass sie zusammen und schreib sie auf. Das Blatt als Truhe meines Worschatzes und der Stift als Bote. „Gefühle kann man nicht aufschreiben.“, sagst du. „Macht nichts.“, schreibe ich. ich steh auf ner bühne zitiere feierlich die strophen ca. über 100 leute leihen mir ihre ohren worte kleben, bleiben in den poren, haken sich fest. ich seh, dass es kleine, psychische narben hinterlässt. lasst! Lass, so lass los. stop motion. don’t fuck the rotation! zapp: reihenhaus, bäume weichen aus. zapp: wir brauchen mehr platz für noch weniger arbeitsplätze. stop.motion: das ist eine bilderkette zu so einer art pilgerstätte. stop.geh nicht! es ist kalt draußen. zur zeit wachsen nur alptrauben. stop.ich bemühe mich, doch ich komm nicht voran weils nicht grün ist. sondern rot. überholverbot. doch blinken bringt einen doch eh nur vom geraden weg ab. weg a ab. mein fotoapparat ist so alt, der passt nicht mal in einen h-milch tetra pak. stop.motion. ich baue bildhaft brücken über ebenen und überquere flüsse per zebrastreifen. Gefühle sind zum Leben da, und vielleicht wollen sie ja gar nicht, dass man soviel über sie redet. Kaleb Erdmann, 18 Ich will erzählen wie’s begann mit meinen reimintentionen am anfang wollt ich nur meine Ikonen klonen doch dann kamen immer eigene ideen und langsam habe ich - eingesehen ich müsste eigentlich meinen eigenen weg gehen statt vor plattenläden rumzustehen ich hab mich also an mein schreibtisch gesetzt und hab mich gefragt wie entsteht eigentlich ein text? Und wenn ich sage, dass ich verliebt bin, weißt du was ich meine, ohne dass es Schmetterlinge im Bauch braucht oder Die-ganzeWelt-umarmen-können. Ich umarm lieber Dich, ohne was zu sagen. „Wir müssen doch nicht alles zerreden.“, sage ich, aber du willst wissen, was los ist. „Schau mir doch in die Augen.“, denke ich, aber dein Blick geht an mir vorbei ins Leere. Ich nehm kein Blatt vor den Mund, sondern schreib drauf. Schreib auf, dass ich dir nicht alles in Worten vor die Füße werfen will, dass ich dich nicht merken lassen will, wie es meinem Herz geht und dass ich dir keine Geschichte erzählen will von einem Mädchen, das nicht mehr wusste, was sie sagen soll. Wenn Blicke nicht reichen und sich nicht mal begegnen, wenn nicht mal aneinander vorbeigeredet wird, sondern überhaupt geredet wird, ohne dass einer von uns hinterher weiß, wie es weitergeht. Vielleicht ist es dann zu spät. Und muss ich jetzt sagen, der Zug ist abgefahren, die Zeit ist abgelaufen oder es ist vorbei, damit du mich verstehst? Reicht es dir nicht, dass du mich nicht anschaust, um zu merken, was du willst? Wortplantage s bild.ich gehe den lyrischen jakobsweg und entdecke aufgaben, die auf das wachstum meiner leber scheißen. bild.die welt ist eine wortplantage. seid ihr mit mir auf der vorfahrtstraße? kein fein pixelfilter. plaketten von farbklecksen, total egal. bild.manchmal kommt man mit der bremse weiter als mit dem gaßpedal. stop.drive stop.motion. das ist eine bilderkette auf dem weg zu so einer art pilgerstätte. stop.motion.eine art diashow. ich sehe viele auf der bühne (klasse performence) doch lyrisch unterste economy. na kommen sie. da kommen die an und machen ein auf comedy. stop. sei nicht überheblich, lass dich unterhalten. ha ha ha ho he hi doch nimm zur abwechslung mal po e siiiiiiiiiiiiiideen sind mangelware,heutzutage machen slammer texte darüber, dass sie texte, was sie für texte machen,wie man am besten texte macht, was andere slammer für texte machen, oder darüber dass andere slammer texte darüber machen dass wiederum andere slammer texte machen und was die für texte machenwas ist das dann für ein text. das ist keine poesie, das ist poetik.tik.tik.tik stop.motion am baum des lebens wachsen nur noch leere hülsenfrüchte. sagt die eine zur anderen: ich lehre dir den übermensch! darauf die andere: du bist doch nur ne leere nuss! eine dicke hülle ohne inhalt. ein schönes leben ohne sinn. ein top aktuelles modernes farbiges G8 schulbuch, in dem nur scheiße drin steht. ein supergeiler cooler slammer, der nur texte darüber macht, dass er texte macht. stop motion. ich laufe durch eine versallee, es liegt erster schnee und ich sage dir: der zahn der zeit ist ein eifriges nagetier, ich sehe falten und falter und falltüren im winterfell. der eingang zur hinterwelt. schneebedeckte landschaften, kieselsteine auf den gehwegen ich trete an zum winterdienst, kehre die einfahrt mit dem schneebesen. Drei U20-Poetry-Slammer schreiben über den Kampf mit der Sprache. ich hatte mir das etwa so vorgestellt mit ideen ist es doch wie mit dem geld - sie liegen auf der straße man muss sie nur finden - aufsammeln zusammenbinden und bevor sie verschwinden sich nen text draus winden - aber - leicht gesagt doch - weit gefehlt weil, man sich immer fragt ob man die richtigen wählt denn wenn man einfach immer mehr gedanken zusammenschreibt ist man irgendwann leer oder überladen wie ein mastschwein wenn das passiert ist mit dem schreiben schnell schluss - hätt ich das nur mal - vorher gewusst - denn so hab ich ne stunde verträumt ausm fenster geschaut - dann kaugummi kauend aus geklauten ideen 'nen text gebaut - was dabei rauskam war grausam - in einem wort lauwarm - ich begann zu zaudern - denn - Ich nehm kein Blatt vor den Mund, sondern schreib drauf. Schreibe und schreibe und schreibe, will nicht anders, kann nicht anders, meine Wörter als Trichter meines Herzens. Denn ohne sie könnte ich nicht sein. ich wollt eigentlich zaubern aber schau an: zum schaudern. Aber soviel ich auch schreibe, soviel Tinte, die ich benutze, nicht verschwende, sie ich hab das ganze auch mal nem kumpel gezeigt der hat zuerst kritisch den kopf geneigt dann doch reicht nicht aus, um zu zeigen, wie es mir interesse gezeigt und letztendlich gemeint: gib mir fünf minuten einlesezeit. wirklich geht. dann las er den text nur abschnittsweise lächelte auf zynische art und weise und sagte dann leise: Aber das ist gut so dein text ist scheiße. mir wurde also klar ich brauch 'nen ganz neuen ansatz ich mach das ganz anders denn ich weiß ich kann das! glücklicherweise hab ich dann bald verstanden: man braucht zuerst einen grundgedanken. den muss man sich dann von allen seiten anschaun und ihn dann noch kräftig ausbaun behängen und schmücken wie ein tannbaum deshalb war ich die folgenden tage - schwer beschäftigt mit der themafrage. vielleicht einen text über den größten verbrecher aller zeiten george bush den zweiten? aber die idee hab ich dann schnell überwunden - hab einfach nich genug reime auf idiot gefunden außer vielleicht tod und so weit wollt ich nicht gehen - kann sonst morgen wolfgang schäuble auf video sehen. ich suchte immer weiter und weiter und nach einigem weiteren scheitern - brach schon der tag des slams an. und dann tat ich das was alle dichter je taten denen keine themen mehr blieben - ich hab nen text übers texteschreiben geschrieben. anblick, der den atem raubt, warten auf den frühling, der den damm bricht, Ende vom Samenstau. denn Dinge, die man nicht ausdrücken kann, haben meist am meisten Ausdruck. Und mein Herz ist froh darüber, dass es nicht jedes Gefühl an ein Wort verschwenden muss. Und jetzt hast du begriffen. „Leb wohl.“, denkst du und ich lese es in deinen Augen, die mich endlich anschauen. Autoren Unsere beim Performen Wir haben einen Poetry Slam in München besucht. Das Video siehst du auf: klartext-magazin.de/ 47b/slam 16_14_Telefonzelle.qxd 21.08.2009 12:46 Uhr Seite 1 Upgrade 37 Konzept: Thomas Salter, Lisa Srikiow|Foto: Erol Gurian Die iZelle „Das kann ich auch“, dachte sich die Telefonzelle, als sie das neueste Smartphone sah. 17_22_Kiffer.qxd 21.08.2009 12:58 Uhr Seite 2 2 Text: Name Name Foto: Name Name Das erste Mal bemerkte Lars seine Verfolger in der U-Bahn. Von da an sah er sie überall. 17_22_Kiffer.qxd 21.08.2009 12:58 Uhr Seite 3 39 Text: Carina Braun|Fotos: Erol Gurian Die Joints. Der Rausch. Die Blicke. Kiffen gehört für viele zum Alltag. Für Lars Schumann veränderte es die Welt. Diagnose: Schizophrenie. Der Drogentrip, der nicht verging, begann an einem Tag im Dezember. Lars Schumann kam von der Arbeit. Er war 21, Zivildienstleistender und vor wenigen Monaten von zuhause ausgezogen, vom Dorf ins nahe gelegene Hamburg. Lars war beliebt und selbstbewusst, einer, mit dem man was trinken gehen, aber auch reden konnte. Er war es gewohnt, im Mittelpunkt zu stehen. Mit vier Freunden hatte er eine WG nahe der Reeperbahn gegründet. Sie feierten die neue Unabhängigkeit, Alkohol und Gras waren zum täglichen Ritual geworden. Es war eine einzige, lange Party. Name von der Redaktion geändert. THC, Delta-9-Tetrahydrocannabinol, ist der Hauptwirkstoff von Cannabis. In niedrigen Dosen wirkt er euphorisierend und entspannend. 17_22_Kiffer.qxd 21.08.2009 12:58 Uhr Seite 4 40 Heute, drei Jahre später, sitzt Lars in einem Sessel vor seinem Haus, blinzelt in die Sonne und versucht, sich zu erinnern, was seither passiert ist. Es ist ein guter Tag. Er kann sich konzentrieren und lange Gespräche führen, nur hin und wieder stockt er ein bisschen, wenn er nach Details sucht. Es ist ein gu- ter Tag, denn es ist Donnerstag, und am Dienstag erst haben sie ihm seine Medikamente gespritzt. „Mein Depot ist voll“, sagt er und lächelt. Er ist ein kräftiger, nordischer Typ mit blauen Augen und rötlichem Sechstagebart. Dass er krank ist, sieht man ihm nicht an. Er hat etwas Ruhiges, Wetterfestes an sich und wählt seine Worte sorgfältig. Aber der Versuch, sich seiner Vergangenheit anzunähern, erschöpft ihn sichtlich. Noch immer kostet ihn die Krankheit Kraft. Was er am meisten vermisst, ist die alte Sicherheit: schlagfertig zu sein, andere mitreißen zu können. „Der Sunnyboy der Klasse“, hat ihm einmal eine Lehrerin ins Zeugnis geschrieben. Nun fällt es ihm oft schwer, Fremden gegenüberzutreten. „Es ist so eine Grundnervosität da“, erklärt er. „Ein Gefühl, dass andere bemerken, dass meine Einheit nicht stimmt.“ Gesten und Blicke nimmt er sich schnell zu Herzen. Er ist verletzlicher geworden. An jenem Abend im Dezember hatte er wie immer schon den ersten Joint geraucht, den täglichen „Feierabendpokal“ nach der Arbeit, und sich anschließend auf den Weg nach Hause gemacht. Aber etwas war anders dieses Mal. „Es war, als hätte ich etwas im Gesicht, auf das mich keiner aufmerksam machen wollte“, sagt er. In der Bahn starrten ihn die Leute an, als wollten sie ihn durchlöchern mit ihren Augen. Unsicherheit schlich in ihm hoch, er setzte Kopfhörer auf und versuchte, abzuschalten. Aber die Blicke hörten nicht auf. Nicht an diesem Tag, nicht am nächsten, nicht, als er wieder nüchtern war, und auch nicht die Woche darauf. In Menschenmengen war es am Schlimmsten – wenn er den Blicken nicht entgehen konnte. Dopamin gehört zu den sogenannten „Glückshormonen“. Aktuelle Studien legen aber nahe, dass es auch eine Rolle bei Ängsten spielt. Gegen Ende des Jahres liefen ein paar Dinge nicht mehr so gut. Die Beziehung zur Freundin zerbrach. Er hatte das Fachabi verhauen und bekam Absagen auf seine Bewerbungen um einen Ausbildungsplatz. Nachts lag er wach und Schizophrenie stellt sich langsam ein. Anfangs sind es Kleinigkeiten: Far- haderte mit seinen Gedanken. Da rauchte er auch, um Schlaf zu finden. ben, Gerüche, Geräusche. Die Lichter werden greller, die Gespräche lauter, die Blikke durchdringender. „Erst hat es mich nur irritiert“, erinnert sich Lars. Es war das Cannabis, sagt er rückblickend, das ihn damals in die Psychose trieb. Mit 16 hatte er zum ersten Mal gekifft, dann war es zum Wochenend-Vergnügen geworden und nach dem Auszug von zuhause zur Alltäglichkeit. Erst rauchte er, weil die anderen rauchten, dann, um besser feiern zu können. Beim Kiffen schüttet das Gehirn Dopamin aus – ein Botenstoff, der für die Übertragung von Reizen zuständig ist. Der Körper produziert ihn eigentlich immer dann, wenn etwas eine erhöhte Aufmerksamkeit erfordert, bei Gefahr oder Stress etwa. Auf kurze Zeit wirkt er aber auch berauschend: Der Mensch nimmt seine Umwelt sensibler und intensiver wahr. Doch wenn der Körper den Stoff nicht mehr abbaut, wird die Reizüberflutung zum Dauerzustand und aus dem Höhenflug eine Qual. Die Erkrankten leiden unter Wahrnehmungsstörungen, die ihnen völlig real erscheinen, und beziehen ihre ganze Umwelt auf sich. Oft rutschen sie in einen Verfolgungswahn. 17_22_Kiffer.qxd 21.08.2009 12:58 Uhr Seite 5 41 Auch Lars begann bald, sich vor den Menschen zu fürchten. Er entwickelte Strategien, um ihren Blicken aus dem Weg zu gehen. Er lief Umwege und mied öffentliche Plätze. Musste er Bahn fahren, versteckte er sich hinter einem Buch. „Wenn jemand einsteigt, schaut er sich meist nach einem freien Platz um“, erklärt er. „Aber ich war mir sicher, sie suchen mich.“ Gesprächsfetzen, das Fernsehprogramm, selbst Autokennzeichen und Telefonnummern enthielten plötzlich verschlüsselte Botschaften, die nur ihn betrafen. Die Anzei- Zimmer. Er litt unter Depressionen und malte wie ein Getriebener bedrückende Bilder auf Wände und Papier. Manchmal ging er tagelang nicht aus dem Haus, doch bald fanden die Verfolger subtilere Wege. Lars begann, Stimmen zu hören. Sie krochen in seinen Kopf, verspotteten und demütigten ihn, bis er kaum noch schlief. Damit sie seine Gedanken nicht belauschen konnten, drehte er die Musik laut auf. In einer Nacht im Mai standen die Mitbewohner in der Tür, weil sie aufgewacht waren von dem Lärm. Es war die Nacht, bevor sie ihn in die Klinik brachten. Drei Wochen verbrachte er in der geschlossenen Psychiatrie, blickte in leere Gesichter und sprach kaum noch. Aber bald begannen die Medikamente zu wirken. Heute sind die Wände in seinem Zimmer weiß. Es ist noch derselbe Raum, aber die Wahnbilder sind übertüncht. Was von der Psychose übrig blieb – stapel- chen verdichteten sich, dass er die Hauptrolle spielte in einer zweiten „Truman Show“ – dass er das Opfer totaler Überwachung war. Weil er niemandem mehr vertrauen konnte, verkroch er sich in sein Schizophrenie wird oft mit Persönlichkeitsspaltung verwechselt, ist aber eine Wahrnehmungsstörung. Im Kopf der Erkrankten entwickelt sich eine neue Welt. Löst Kiffen Schizophrenie aus? Ein Zusammenhang zwischen Schizophrenie und Cannabis gilt durch viele Studien inzwischen als gesichert. Welche Rolle die Droge jedoch konkret spielt, ist umstritten. Viele Wissenschaftler gehen davon aus, dass durchs Kiffen gerade in jungen Jahren bleibende Schäden entstehen, weil sich das Gehirn dann noch in der Entwicklung befindet und der Stoffwechsel langfristig gestört wird. Eine Schizophrenie ist zwar unwahrscheinlich, aber manche Menschen sind gefährdeter als andere: Sie bauen Dopamin langsamer ab. Wenn eine genetische Vorbelastung besteht, Cannabis und irgendwann noch Stress hinzukommen, kann die Krankheit ausbrechen. In einem sind sich die meisten Forscher einig: Je früher im Leben gekifft wird, desto größer die Gefahr einer Psychose. ... oder die Schizophrenie das Kiffen? Andere Forscher glauben, dass die Psychose zuerst da war und die Erkrankten Cannabis konsumieren, um die Symptome zu unterdrücken und sich zu betäuben. Für eine Forschungsarbeit der Universität Hamburg wurden junge Schizophrenie-Patienten nach den Gründen für ihren Drogenkonsum befragt. Einige gaben an, dass beim Kiffen die Stimmen weggingen. Andere sagten, sie fühlten sich unter Cannabis aktiver und konzentrationsfähiger, sie könnten dann Sport machen oder Bücher lesen. In der Droge enthalten ist unter anderem der Stoff Cannabidiol, der kurzfristig zur Verbesserung der Krankheitssymptome führen kann. weise Zeichnungen und Pläne voll wirrer Ideen – hat seine Mutter zu sich genommen, damit sie nicht mehr in seiner Nähe sind. Er hat sie sich nie angesehen. Das Schwierigste am Erinnern ist, dass er nicht weiß, wie weit er dabei gehen darf. Bilder jener Zeit, Orte, an denen er war – sie könnten einen erneuten Schizophrenie-Schub auslösen. Mit jedem Rückfall aber sinkt die Wahrscheinlichkeit, einmal ein Leben ohne Medikamente führen zu können. Und einen hatte er schon. Als er damals entlassen wurde, fühlte er sich fremd in seiner alten Welt. Er begann, wieder zu kiffen. „Ich glaubte, ich könnte mir so mein Leben zurück holen“, sagt er. Doch nach nur wenigen Monaten kamen die Stimmen zurück. Das zweite Mal in der geschlossenen Psychiatrie hat er als die dunkelste Zeit in Erinnerung. „Ich bin dort innerlich gestorben“, sagt er. Nur langsam hat er sich wieder ins Leben eingefügt, aber er ist nicht wieder derselbe geworden. Die Krankheit hat ihm viel Energie und ein Stück seiner Selbst geraubt. Er sagt, dass er kühler geworden ist und abgeklärter. Sie fehlt ihm, die Leichtigkeit von einst. „Es ist wie damals, als mein Großvater starb. Da geht immer etwas in einem verloren, was nicht wiederkommen wird.“ Seit der zweiten Psychose hat er die Medikamente nicht mehr abgesetzt und auch das Kiffen sein gelassen. Viele seiner Freunde haben mit ihm aufgehört – aus Freundschaft oder aus Angst, ihnen könnte Ähnliches passieren. Lars lebt heute ein normales Leben und geht wieder zur Schule, aber er weiß, dass er immer gefährdet sein wird. Er hat sich die eigene Stimme in seinem Kopf genau eingeprägt, um sich an ihr zu orientieren, falls es mal wieder soweit ist. 38-42 Kiffer.qxd 28.08.2009 14:16 Uhr Seite 6 42 Vor kurzem hat er die Frequenz der Spritzen reduziert und bekommt sie jetzt nur noch alle drei statt alle zwei Wochen. Jede dritte Woche zeigt ihm aufs Neue seine Grenzen auf. Er ist dann unkonzentriert, schwerfälliger im Gespräch und schreibt schlechte Klausuren. In letzter Zeit liegt er abends wieder lange wach. Bei weniger als acht Stunden Schlaf pro Nacht wird es riskant, haben die Ärzte gewarnt. Trotzdem hofft Lars, in zwei oder drei Jahren ganz ohne Medikamente leben zu können. „Vielleicht normalisiert sich mein Gehirn dann wieder“, sagt er. Noch immer gibt es oft bedrückende Tage, aber auch Tage, an denen er etwas von der alten Energie fühlt. „Manchmal spüre ich wieder, dass ich ich bin.“ Er geht wieder mit Freunden weg, aber alles ist ein bisschen ruhiger geworden. „Es ist ein anderes Feiern, an das ich mich erst gewöhnen musste“, sagt er. Die Fluchtgedanken wurden stärker. Lars begann, Menschen zu meiden. Seit er die Medikamente nimmt, wirkt auch der Alkohol nicht mehr wie früher. Manchmal hätte er gerne wieder einen echten Rausch. In gewisser Weise ist es aber ein intensiveres Leben. Draußen sein, die ersten Sonnenstrahlen des Sommers genießen, frei sprechen können oder ins Freiluftkino gehen – Dinge, die einst selbstver- ständlich waren und die er heute bewusster genießt. Und irgendwann, wenn er vielleicht fünf Jahre ohne Medikamente geschafft hat, dann würde Lars auch noch einmal kiffen. Es wäre nicht so exzessiv wie früher, es wäre dann etwas Besonderes. Ein Neujahrsjoint vielleicht. Ein Joint zum Genießen. Er weiß, dass es unvernünftig klingt und andere den Kopf schütteln, wenn sie es hören, und eigentlich will er auch nicht mehr kiffen, selbst wenn er zehn oder zwanzig Jahre ohne Medikamente geschafft hat. Aber ganz ausschließen möchte er es nicht. Allein die Entscheidung, es zu tun oder zu lassen: Auch das ist ein bisschen zurückgewonnene Freiheit. Viele Wissenschaftler gehen davon aus, dass die THC-Konzentration in den heutigen Züchtungen höher ist als früher. Droge Welche wirkt wie? Wie User ihre Droge erleben – und was Experten über die Spätfolgen sagen. Eine Animation dazu siehst du auf: klartext-magazin.de/47b/drogen Oder ist es das Erwachsenwerden? Es gibt noch eine dritte Theorie, warum junge Schizophrenie-Patienten fast immer auch eine Cannabis-Vergangenheit haben: Jugendliche, die viel kiffen, werden demnach in ihrer sozialen Entwicklung gestört. Weil sie nicht lernen, mit Konflikten umzugehen und sich statt dessen mit Drogen ablenken, entwickeln sie keine Abwehrmechanismen gegen Lebenskrisen. Wenn dann die ersten großen Veränderungen kommen, werden sie von der Situation überfordert. Der Stress steigt, und mit ihm der Dopamin-Pegel. Fast immer treten Psychosen im Alter zwischen 15 und 25 Jahren zum ersten Mal auf – die Zeit, in der die ersten großen Stressmomente anstehen: Auszug, Prüfungen, Liebeskummer. E s b u h c s Pixel Von wegen! Frauke bringt Form ins kreative Chaos und gibt Layouts den letzten Schliff. Die Reinzeichnerin bei Pleon sorgt dafür, dass Bilder optimal wirken und sich keine Schusterjungen auf schöne Seiten verirren. Von der Entwicklung eines Corporate Designs bis hin zur Gestaltung aufwändiger Publikationen: Beim Marktführer arbeiten Spezialisten für Design, Foto und Illustration. www.pleon.com BEYOND COMMUNICATIONS RZ Anzeige_Pixelschubse_20090715.indd 1 15.07.2009 15:01:45 Uhr 44-45 Parteien.qxd 28.08.2009 14:46 Uhr Seite 2 44 Konzept: Che Berberich Rettet die Wahlen! Viele wissen nicht, für welche Partei sie stimmen sollen. Eine Orientierungshilfe. Bist du für ein Rauchverbot in Gaststätten? Egal. Hauptsache alle Downloads sind kostenlos und legal. Quatsch, die sind noch viel zu unreif. Ja, Rauchen stinkt. Nein, ich will rauchen, wo ich will. Nein, dafür sind die meisten zu doof. Start Soll das Volk öfter selbst über Gesetze abstimmen? Sollten 16-Jährige wählen dürfen? Klar, 18-Jährige sind auch nicht schlauer. Wählen bringt Chaos. Ich will Führung. Ja. Nur so werden die Unis besser. Ja, wir sind das Volk! Findest du Studiengebühren richtig? Nein. Meine Eltern sind doch keine Millionäre. Nein, das kostet nur Arbeitsplätze. Braucht Deutschland einen allgemeinen Mindestlohn? Achtung! Egal, bei welcher Partei du raus kommst: Sie vertritt wahrscheinlich nicht alles, was du vorher gewählt hast. Genau wie in echt eben. 44-45 Parteien.qxd 28.08.2009 14:46 Uhr Seite 3 45 Ja, fast jeden Sonntag. Nein. Die Ehe ist was für Mann und Frau. Sollen Schwule und Lesben heiraten düfen? Gehst du in die Kirche? Ja. Liebe kennt keine Geschlechter Nein. Reiche zahlen eh’ schon für alle anderen mit. No, I wanna fly away! Dafür stehe ich doch nicht auf. Höhere Steuern für Reiche! Fliegen ist zu billig. Kerosin muss besteuert werden. Ja, die können sich’s leisten. Ja, das stoppt Assis und Schläger. Die Wehrpflicht gehört abgeschafft! --> Sollten Straßen und Plätze --> videoüberwacht werden? Sind wir alle Verbrecher? Nein! Jawoll! Wir brauchen eine Berufsarmee. Ja, Fliegen schadet dem Klima. Hartz IV ist gut, sollte aber erhöht werden. Niemals. Kiffen macht lahm und hohl. Ja, jeder Job verdient einen fairen Lohn. Nein. Wir brauchen Bürger in Uniform. Legalize Cannabis! Free the weed, man. Weg mit Hartz IV! Und zwar sofort. Hartz IV ist menschenunwürdig. 16 vor die Mit Wahl gestellt In Österreich dürfen 16Jährige das Parlament mitbestimmen. Was das bringt und wie sie sich dabei fühlen, liest du auf: klartext-magazin.de/ 47b/parteien 46 ipod-tausch.qxd 21.08.2009 13:08 Uhr Seite 1 46 Kreuzverhör Text: Olivia Höner|Fotos: Erol Gurian Metal vs. R’n’B Was hörst du eigentlich? Irini, 17, und Philipp, 18, wollten das genauer wissen und haben für drei Tage ihre MP3-Player getauscht. Das Ergebnis: Philipp kam beim Joggen aus dem Takt. Irini war inspiriert. Philipps Top 10 Maximum The Hormone Nightmare Caliban Heaven Shall Burn Amoral Callejón System Of A Down Slipknot Scars On Broadway In Extremo Philipp: Auf Dauer würde mir die Musik auf die Nerven gehen. Für drei Tage war’s okay. Vielleicht würde ich ja sogar Geschmack dran finden, wenn ich öfter Hip-Hop hören würde. Irini: Also, diese J-Rock-Sachen waren schon eher ungewohnt. Da singt dann eine Frau ganz hoch und plötzlich fangen die Männer an zu grölen. Aber Philipp hatte wohl auch so seine Probleme mit meiner Musik. Er hat mir gesagt, dass er sehr oft lachen musste. Irinis Top 10 Akon Ryan Leslie T. I. Flo Rida Jack Johnson Timbaland Baby Bash Soulja Boy Milow Lady Gaga Irini: Nach den drei Tagen hab’ ich Philipp gefragt, ob er mir die Red Hot Chili Peppers und Evanescence rüberziehen würde. Ich frag’ bestimmt noch mal jemanden, ob er seinen Player mit mir tauschen will. Philipp: Das ist ja auch zum Lachen. Wenn die singen „my dick is bigger than yours“ – ich weiß nicht. Dieses Rap-Gehabe find’ ich albern. 23.07.2009 15:02 Uhr Seite 1 muthmarken Klartext_210x297.qxd standfestigkeit wird jetzt in talanx gemessen. Mit der richtigen Aufstellung trotzt man auf Dauer allen Stürmen. Als eine der erfolgreichsten Versicherungsgruppen beweisen wir dies jedes Jahr aufs Neue. Für das Jahr 2008 verzeichnen wir trotz vieler Großschäden ein gutes Resultat beim versicherungstechnischen Ergebnis. Die renommierten Rating-Agenturen Standard & Poor’s und A. M. Best bescheinigen unserer Gruppe regelmäßig eine sehr gute Finanzkraft. Und wir wachsen weiter – in der Lebens-, Schaden/Unfall- und Rückversicherung und in Finanzdienstleistungen. Unsere Standfestigkeit wurzelt in einer bewährten Strategie aus antizyklischem Verhalten, vorausschauendem Handeln und nach haltigem Ausbau unserer Kapitalkraft. Mehr dazu erfahren Sie unter www.talanx.com. Versicherungen. Finanzen. 20_24_Modestrecke.qxd 24.08.2009 13:50 Uhr Seite 2 48 Konzept: Samira Schellhaaß|Fotos: Erol Gurian Weißt du, was du trägst? Politik ist nicht sexy? Von wegen! Designer greifen oft auf politische Symbole zurück. Welchen Hintergrund die Modeaccessoires haben, weiß jedoch kaum jemand. 20_24_Modestrecke.qxd 24.08.2009 13:50 Uhr Seite 3 Das Peacezeichen kennt jeder. Was aber kaum einer weiß: Die Striche setzen sich zusammen aus den Buchstaben „N“ und „D“ aus dem Winkeralphabet, das vom Militär zur Nachrichtenübermittlung zwischen Schiffen benutzt wird. „N“ und „D“ stehen für „nuclear disarmament“, die nukleare Abrüstung. Wer hat’s erfunden? Die Briten, genauer: der Künstler Gerald Holtom. Er entwarf das Symbol für eine Kampagne zur nuklearen Abrüstung in den 50er Jahren. Nicht zu verwechseln mit: Mercedes-Stern. 20_24_Modestrecke.qxd 24.08.2009 13:50 Uhr Seite 4 Vom Terroristen zum Friedensnobelpreisträger, wie kriegt man das unter einen Hut? Yassir Arafat wusste: Das geht nur mit einem großen Tuch. Der schwarz-weiße Lappen heißt eigentlich Kufiya. Heute gibt es ihn in allen Farben. In der arabischen Welt wird er traditionell zum Turban gewickelt. Im Nahostkonflikt hat sich das Tuch zum Symbol für den Kampf um die Unabhängigkeit Palästinas entwickelt. Nicht zu verwechseln mit: Halskrause, Hermès-Tuch. 48-53_Modestrecke.qxd Er hatte sein Leben dem roten Stern verschrieben: Leo Trotzki, Kommunist der ersten Stunde, Führer in der russischen Oktoberrevolution 1917. Hier taucht der Kommunistenstern zum ersten Mal auf. In den 70er Jahren verunstalteten die Terroristen der Roten Armee Fraktion das Symbol mit Maschinenpistole und dem Kürzel RAF. Aber auch demokratische Länder wie Neuseeland haben einen roten Stern auf der Flagge. Nicht zu verwechseln mit: Davidstern. 28.08.2009 14:26 Uhr Seite 5 20_24_Modestrecke.qxd 24.08.2009 13:50 Uhr Seite 6 Kubanischer Volksheld, Märtyrer der Linken und verdammt gutaussehend: So schafft man es weltweit auf T-Shirts und G-Strings. Dabei geraten schon mal die Details in Vergessenheit. Ernesto Che Guevara war kein Gutmensch. Wankelmütige Gefährten ließ er kurzerhand erschießen. Beim Versuch, in Bolivien ebenfalls eine Revolution loszutreten, wurde Che Guevara 1967 festgenommen und hingerichtet. Nicht zu verwechseln mit: Benicio del Toro, Fidel Castro. 20_24_Modestrecke.qxd 24.08.2009 Die Regenbogenfarben als Friedenszeichen gibt es schon seit den 60ern. Für einen Friedensmarsch in Italien hat Aldo Capitini 1961 eine Flagge entworfen, die den umgekehrten Farbverlauf eines Regenbogens zeigt. Der Marsch ging 30 Kilometer weit, von Perugia bis Assisi. Von dort wurden die Regenbogenfarben als Friedenssymbol in die ganze Welt hinausgetragen. Nicht zu verwechseln mit: Regenbogenflagge der Schwulenund Lesbenbewegung. 13:50 Uhr Seite 7 21_20_Musikstammbaum.qxd 24.08.2009 13:59 Uhr Seite 2 54 Konzept: Che Berberich, Thomas Salter Screamo Angewandte Musikologie Envy Math-Core Dillinger Escape Plan Elektroclash Chicks on Speed Nu-Metal Limp Bizkit Post-Hardcore Metal-Core Krishna-Core 108 Grind-Core Crunk Stoner-Rock Lil Jon Kyuss Refused Power-Pop Integrity Napalm Death Emo Panic at the Disco Groove-Metal Pantera Gothik Crossover Rage Against the Machine Skate-Punk Grunge Pennywise Nirvana Paradise Lost Black-Metal Brit-Pop Oasis Weezer Death-Metal West Coast Hip-Hop N.W.A Obituary Samael Nard-Core Rich Kids on LSD Power-Metal Fun-Punk Blind Guardian Indie Toy Dolls Speed-Metal Metallica The Smiths Thrash-Metal Slayer Hardcore Minor Threat R’n’B New Wave Whitney Houston The Cure Punk Progressive Disco Ramones Heavy Metal Glam-Rock Black Sabbath Drumfunk, Screamo, Miami Bass – noch nie gehört? Kein Wunder. Die Popmusik ist heute in tausend Unterarten aufgesplittert. Jede Band, jeder DJ denkt sich einen eigenen Namen für seine Musik aus. Eine richtige Wissenschaft, da noch durchzublicken. Musikologie eben. Bee Gees Rock Frank Zappa Kiss Hardrock AC/DC PsychedelicRock Doors Rock Funk James Brown Rolling Stones Beat Beatles Soul ArethaFranklin Franklin Aretha Rock’n’Roll Bill Haley Mensch Blues B.B. King Folk Bob Dylan 21_20_Musikstammbaum.qxd 24.08.2009 14:00 Uhr Seite 3 Drumfunk Teebee Paradox Grime Liquid Funk Clown-Step Marcus Intalex 2 Step Clips Dizzee Rascal 55 Neurofunk Ghetto-Tech DJ Assault 2000 Artful Dodger Tech-Step Ed Rush Minimal Jazz-Step Richie Hawtin LTJ Bukem Dark-Step Dylan Hard-Step Drum’n’Bass Adam F Goldie Trip Hop Schranz Tricky Goa Trance G-Funk Tech-House Laurent Wolf Astral Projection Big Beat Prodigy HardcoreSpiral Tribe Techno Chris Liebing Jungle Shy FX Dr. Dre Trance Eurodance Paul van Dyk Techno Two Unlimited 1990 Jeff Mills Miami Bass Acid-Jazz Industrial Galliano 2 Live Crew East Coast Hip-Hop EPMD Ministry House Ragga Jesse Sauders Wayne Smith Gangsta-Rap Dancehall Ice-T Yellowman Hip-Hop 1980 Grand Master Flash Ambient Brian Eno Elektro Kraftwerk Dub Lee „Scratch“ Perry Reggae 1970 Bob Marley Rocksteady Justin Hinds du Bist Musikologe? Teste dein Wissen und hör dich durch die ausgefallensten Musikstile auf: klartext-magazin.de/47b/ musikologie Ska Skatalites Gospel 1950 Al Green Jazz John Coltrane 1960 Maschine 22_26_Fußball.qxd 21.08.2009 13:17 Uhr Seite 2 Regel 10 Regeln aus dem Verhaltens-ABC des VfB Stuttgart für Jugendspieler. Keine unnatürlichen oder extremen Haarfärbungen Regel 17 Entschuldigungen für das Training nicht über Mitspieler oder per SMS Regel 8 Das Leergut muss immer aufgeräumt werden 22_26_Fußball.qxd 21.08.2009 13:17 Uhr Seite 3 57 Text: Lukas Eberle|Fotos: Erol Gurian, Florian Peljak Wer Fußballprofi werden will, räume sein Leergut weg und schneide seine Haare kopfballgerecht! Patrick trainiert im Internat für die erste Bundesliga – dieses Ziel bestimmt sein ganzes Leben. Heute bricht Patrick alle Vorschriften. Er reißt sich das Trikot vom Körper, um es später sogar falsch herum wieder anzuziehen. Er füllt leere Sprudelflaschen und benutzt sie als Wasserspritzen. Er brüllt so laut er kann immer wieder „Jawoll“ und „Das ist das Größte“. An den restlichen 364 Tagen im Jahr muss Patrick sein Trikot in der Hose tragen, das Leergut wegbringen und sich in Zimmerlautstärke unterhalten. Nur an diesem Tag im Sportpark des kleinen Münchner Vororts Aschheim spielen Regeln keine Rolle mehr. Patrick Maurer, 17, ist gerade deutscher Jugendmeister geworden, mit 3:1 hat sein Team den FC Bayern München besiegt. Später am Abend wird er noch die Bettruhe- und gleichzeitig die Alkoholverbotsregel brechen. Patrick hat den Traum von einem Leben als Fußballprofi. Seinem Traum ordnet er alles unter. Patrick lebt an fünf Tagen in der Woche abgeschottet und unnahbar im Fußball-Internat des VfB Stuttgart – zusammen mit Gleichgesinnten, für die alle eindeutige Vorschriften gelten. Die jungen Fußballer müssen früh Opfer bringen und akzeptieren dabei die Gefahr, nie etwas zurückzubekommen. Siege feiert Patrick bereits wie die Profis. Auch sonst lebt er in einer mindestens schon dreiviertelprofessionellen Fußballwelt. Beim Meister- schaftsfinale wird die Nationalhymne gespielt. Die Fans singen Patricks Namen durch ihr Megafon ins Stadion. Und die Menschen mit dem Wort „Security“ auf ihren TShirts halten ihm in der Halbzeit den Weg zur Kabine frei. Dies alles gibt Patrick das Gefühl, schon in einer Art Bundesliga light zu spielen. Außerdem schaut ihm Uli Hoeneß zu, der Manager des FC Bayern. Er sieht, wie Patrick als Innenverteidiger jeden steilen Pass seiner Gegner abläuft. Wie er den Kopf beim Rennen immer leicht nach vorne beugt, als ob er damit eine unsichtbare Wand durchbrechen müsste. Als aufstrebender Nachwuchsfußballer genießt Patrick einen hohen Status. Das bekommen auch die Journalisten zu spüren, die über ihn be- 22_26_Fußball.qxd 21.08.2009 58 13:17 Uhr Seite 4 Regel 20 Tattoos und Piercings sind nicht erlaubt Regel 21 Im Internat herscht überall Hausschuhpflicht Regel 6 Diebstahl wird nicht geduldet. Wer stiehlt, verlässt den Verein Regel 10 Regel 12 Mahlzeiten werden gemeinsam begonnen und beendet Ömer Toprak war kurz davor, ein Bundesligaspieler zu werden. Auf www.klartext-magazin.de steht, warum er heute als Maurer auf dem Bau arbeitet. Die Haarlänge sollte das Fußballspielen nicht beeinträchtigen 22_26_Fußball.qxd 21.08.2009 13:18 Uhr richten wollen. Viele E-Mails und Telefonate mit dem VfB Stuttgart sind nötig, um den Kontakt herzustellen. Der Besuch bei ihm wird aber nur eine Stippvisite. Das Interview darf nicht mehr als eine halbe Stunde dauern. „Die Jungs sollen sich auf die Schule und das Training konzentrieren. Mehr gibt es bei den Profis auch nicht“, sagt der Pressesprecher Jens Marschall. Stuttgart, fünf Tage nach dem Titelgewinn: Patrick öffnet die Tür zum Besprechungsraum in der Geschäftsstelle des VfB. Er kommt direkt aus dem FußballInternat, das ein paar Meter von hier, direkt neben der Mercedes-Benz-Arena liegt. In diesem Internat lebte auch Mario Gomez, bevor er zum teuersten deutschen Fußballspieler wurde. Patrick gibt allen freundlich die Hand, dann setzt er sich aufrecht hin. Er wird während der nächsten 30 Minuten kein einziges Mal die Rückenlehne seines Stuhls berühren. Die Atmosphäre ist steif, der Umgang professionell. Auch der Vereinspädagoge Markus Rüdt und Jens Marschall sitzen am Tisch. Auf die Frage, ob man später noch in das Internat schauen könne, antwortet der Pressesprecher kurz: „Nein. Das ist die Privatsphäre der Spieler.“ Und so kann Patrick von seinem Internatsleben nur erzählen. So wie er fast jedem nur davon erzählen kann. Vor einem Jahr zog er bei seinen Eltern in Ulm aus und in die VfB-Akademie ein. Die Junioren trainieren achtmal in der Woche, fahren im Winter ins Trainingslager nach Katar und müssen nach ihren Spielen zur Dopingkontrolle. „Am härtesten ist das Training im Winter, da müssen wir schon um acht Uhr morgens in den Kraftraum“, sagt Patrick. „Früher hat es mich schon gestört, dass ich wenig Freizeit habe. Inzwischen habe ich mich daran gewöhnt. Das ist eben mein Leben.“ Sein Tagesablauf ist durchstrukturiert bis ins kleinste Detail. Er besteht hauptsächlich aus Training, Schule und Lernzeit. Freizeit gibt es auch – zu einem festgelegten Zeitpunkt: mittwochnachmittags. Und am Wochenende. Aber nur, wenn keine Spiele anstehen. „Die Jungs sind nicht hier, um eingesperrt zu werden“, sagt Markus Rüdt. „Aber wir geben schon einen Rahmen vor.“ Der ist eng. Der Klub erwartet von ihnen Ordnung, Selbstdisziplin und Professionalität, so steht es in der „Jugendkonzeption“. Jedes Jahr bekommt Patrick das neue Verhaltens-ABC. Darin steht, wen Patrick grüßen muss und wie, wann er zum Arzt gehen oder welche Kleider er zum Training anziehen muss. Genau 22 Regeln enthält dieser Knigge für junge Kicker. Sogar eine kopfballgerechte Frisur wird vorgeschrieben. Tapestreifen auf den Stutzen sind ebenso verboten wie SMS im Teambus. „Das Seite 5 Zwei Bänderrisse hatte er schon. Doch über einen Plan B, eine Alternative zum Leben als Fußballprofi, will er sich keine Gedanken machen. „Deswegen mache ich ja mein Abitur.“ An diesem Abend muss Patrick noch büffeln. „Morgen schreibe ich Chemie. Das liegt mir gar nicht. Die ganzen Alkohole und Fette, das muss ich auswendig lernen.“ Patrick geht in die zwölfte Klasse des Wirtemberg-Gymnasiums in Stuttgart. Es ist eine Eliteschule des Sports, Patrick kann seine Schulstunden flexibel um das Training legen – das Verpasste muss er dann aber nachholen. Er lernt dort zusammen mit Leichtathleten und Schwimmern, zu seinen Klassenkameraden zählen aber auch Nichtsportler. „Bei ihnen kommt vielleicht manchmal Neid auf“, sagt Patrick. „Wir Sportler haben Privilegien, wir können morgens fehlen, und beim Nachholunterricht sitzen wir alleine im Zimmer und bekommen mehr mit.“ Unsere halbe Stunde ist vorbei. Der letzte Vorstoß, um noch irgendwie einen Blick ins Internat werfen zu können, wird abgeblockt. Wir haben eine CD mit Fotos vom Endspiel gegen die Bayern dabei. Bilder von den MoMit zwölf Jahren bekam er menten seines größten Erfolgs. sein erstes Angebot vom Patrick könne sie auf seinen LapVfB Stuttgart. Heute ist er einer der top ziehen. Er freut sich und würbesten Nachwuchskicker in de uns noch ins Internat einladen. Deutschland und hat bereits zweimal für „Netter Versuch“, sagt der das Jugend-Nationalteam gespielt. Pressesprecher und nimmt die CD an sich. Vor der Geschäftsstelle gibt Patrick noch Freundin Carolin nicht beeinmal allen die Hand. suchen darf. Im Internat Er ist überrascht, weil er auch nicht wusste, dass gilt Mädchenverbot. wir nicht mit ins Inter„Das ist schon schwer, aber nat dürfen. Dann läuft das hat sich mit der Zeit er allein zurück zu seieingespielt. Wir sehen uns nem Schreibtisch. Der eben am Wochenende in Lernstoff für die CheUlm.“ An seinem rechten mieklausur wartet. Handgelenk trägt Patrick ein Armband aus Holzelementen, auf denen kleine Marienbilder zu sehen sind. Sein Leben ist dem eines Mönchs gar nicht so unähnlich. Kumpels könne er auch nicht einladen, das sei schon ein Haken, sagt Patrick. „Wir sollten im Internat eben unter uns sein.“ Die wenige Zeit, die Patrick bleibt, braucht er sowieso zum Lernen. Das Abitur ist seine einzige Absicherung, falls es Der Ball macht, mit der Fußballkarriere nichts wird. Aus der was Camill will VfB-Jugend schaffen es immer nur zwei bis drei Ein Beinbruch zwang ihn Spieler ins Profiteam. „Die Jungs brauchen zum Sitzsport. Heute ist mit den Handys halten wir alle ein, das sorgt sonst für großen Stunk“, sagt Patrick. „Wer im Bus telefoniert, muss bis zu 20 Euro Strafe bezahlen.“ Mit Vorschriften kann Patrick mittlerweile aber umgehen. „Die Regeln kommen nur nach außen so krass rüber. Im Grunde kann ich gar keine schlimmen Dinge anstellen“, sagt er. Er würde nie Gefahr laufen, die Bettruhe um halb elf Uhr zu missachten. „Ich habe abends sowie keine Kraft mehr, um in Stuttgart einen drauf zu machen.“ Und wenn doch, dürfte er dort auch nur Cola bestellen. Neben Diebstahl ist zu viel Alkohol der schlimmste Verstoß. Wer klaut oder trinkt, fliegt sofort. „Da zeigt sich eben die Einstellung jedes Spielers. Alkohol gehört nicht zum Leistungssport“, sagt Patrick. Der Fußballer hat sich an das Schablonenleben und die Regeln gewöhnt. „Ich lebe einfach ganz normal, es ist nichts anderes als zuhause“, sagt er. Von der Tatsache abgesehen, dass ihn seine Patrick Maurer: nicht denken, dass sie im Internat schon mit einem Fuß in der Bundesliga stehen“, sagt Rüdt. Patrick weiß das. „Na- türlich habe ich Angst, dass es nicht klappt“, sagt er. „Vielleicht verletze ich mich schwer oder ich werde irgendwann nicht mehr besser. Es kann ja alles passieren.“ Camill Hauser einer der besten Trickfußballer der Welt. Ein Portrait auf: klartext-magazin.de/47b/ fußball 54-55 Kurvendiskussion Org.qxd 24.08.2009 16:17 Uhr Seite 2 60 Text: Katharina Fuhrin|Formeln: Andreas Fackler Kurvendiskussion Wir reden gerne über alles, was extrem ist. Uns interessieren Wendepunkte, Höhen und Tiefen. Im Prinzip machen wir nichts anderes, als ständig über Kurven zu diskutieren. Das ganze Leben ist nach dem Sinus-Prinzip aufgebaut, mit seinen Wende-, Extrem- und absoluten Nullpunkten. So wie die Funktion fEisbachwelle(x). Surfprofis aus Hawaii und Kalifornien sind schon angereist, weil sie mitten in München eine fast perfekte, berechenbare Welle finden. Aber: UferLinks<x<UferRechts ist bislang ein grauer Bereich. Denn niemand weiß genau, ob das Surfen hier überhaupt erlaubt ist. Soll man f offiziell genehmigen oder als illegale Kurve definieren? Politiker kalkulieren bereits, wie sich eine mögliche Entscheidung auf ihre Umfragekurven auswirken könnte. Foto: flohagena.de Eisbach-Surfer 54-55 Kurvendiskussion Org.qxd 24.08.2009 16:17 Uhr Seite 3 61 Foto: Getty Images Beth Ditto So sieht Erfolg aus, wenn man ihn zwischen zwei unrasierte Achse(l)n presst. Eine Erfolgskurve sozusagen. Sehr schöne, deutlich zu bestimmende Extrempunkte im Busen-, Bauchund Po-Bereich, die den Verlauf prägnant bestimmen. Interessant sind vor allem die Bereiche x=(Mode), x=(Musik) und x=(coole Freunde). Denn fBethDitto(x) erreicht trotz hoher Körperfettwerte den Status einer Stilikone, macht zusammen mit ihrer Graphenschar fnTheGossip Nummer1-Hits und liegt eng zu ihrer kurvenfreien Freundin gKateMoss. 54-55 Kurvendiskussion Org.qxd 24.08.2009 16:17 Uhr Seite 4 62 Formel 1 Foto: dpa Achtung, dieser Kurve muss man sich mit größter Vorsicht annähern. Der Streckenabschnitt durch Monte Carlo übertragen in ein Koordinatensystem – das funktioniert einfach nicht als Funktion. Zu viele y-Werte! Genauso schwierig funktioniert die Kurve für die Formel-1-Fahrer, die sich einmal im Jahr über die haarnadelförmige Straße manövrieren. Manchen hat es da schon aus der Kurve gehauen, bei diesen extremen Wendepunkten und zahlreichen Attraktionen am Rand. 54-55 Kurvendiskussion Org.qxd 24.08.2009 16:17 Uhr Seite 5 63 Amy Winehouse Foto: ap Eine höchst problematische Kurve, die fast ausschließlich im negativen Bereich definiert ist. Mit etwas gutem Willen ist im Ursprung eine Normalparabel zu erkennen, die durch die Parameter Crack, Rum und Gefängnis allerdings deformiert wurde. Im Griechischen bedeutet der Begriff Parabel das „Daneben-Gehende“, also die Abweichung vom rechten Weg. Der hätte bei fAmyWinehouse durchaus bei x --> unendlich nach oben führen können. So zeigt ihre Kurve aber steil nach unten. 24_04_Jugendsprache.qxd 21.08.2009 13:32 Uhr Seite 1 64 Quiz Konzept: Che Berberich Wie redest duden? Wenn Werbetexter junge Leute ansprechen wollen, schreiben sie Sätze wie diesen: „Süße Candy-Ladies in poppigen EiscremeFarben verdrehen Beach-Promenaden-Jungs den Kopf.“ Die Texter schlagen dafür im Jugendsprache-Wörterbuch nach. Dort stehen die seltsamsten Dinge. Aber was sollen sie bedeuten? a) b) d) c) e) f) g) Auflösung: a) 1, b) 2, c) 2, d) 2, e) 1, f) 2, g) 3, h) 1 h) 25_21_fernbeziehung.qxd 21.08.2009 13:35 Uhr Seite 2 Beziehungsweise 65 Text: Lukas Eberle, Lisa Srikiow 11300 Kilometer zwischen dir und mir Ich habe in Argentinien relaIn dieser Zeit haben wir drei Mal pro Wotiv schnell gewusst, dass unVinzenz wollte Isabelle an seinem Leben in Argentinien che telefoniert. Es war verdammt schwer, sere Beziehung halten wird. Isabelle alles bildlich zu erklären: meinen Ich habe gemerkt, was ich an Freundeskreis, meine Umgebung oder meiIsabelle habe. Die argentinine Arbeit. Unsere Beziehung funktionierte zu 100 Prozent über reinen schen Mädchen sind zwar total lebensfroh, aber haben oft keinen TiefGedankenaustausch. Mehr gab es nicht, keine gemeinsamen Erlebnisse gang. Mit Isabelle verstehe ich mich auf tiefster persönlicher Ebene. und keinen richtigen Streit. Nur ein Telefon. Das wurde mir erst durch die Fernbeziehung klar. Vinzenz teilhaben lassen, das ging nur über das Telefon. im Telefonieren: vier Stunden. Vinzenz Vinzenz Isabelle Ich habe mir ein Maßband gekauft und ausgerechnet, wie viele Tage bis zu meinem Flug noch vergehen müssen. Jeden Tag habe ich dann einen Zentimeter vom Band abgeschnitten. So fiel das Warten etwas leichter. Vinzenz Stimmt, erst nachdem du mich nicht mehr gesehen hast. Unser großer Plan war, dass mich Isabelle gleich nach ihrem Abi im Juli für sechs Wochen besucht. Bei meinem Besuch habe ich erlebt, wie sich Vinzenz verändert hat. Er ist viel lockerer geworden und ging mehr auf andere Menschen zu. Fast noch schlimmer als der erste Abschied war dann aber der zweite in Argentinien. Vinzenz blieb ja noch sechs Monate länger dort. Da wurden wir dann zum zweiten Mal getrennt. Wenn ich heute daran denke, heul’ ich immer noch fast. Isabelle Gedankenaustausch über 11 300 Kilometer. Ihr Rekord Wichtig war, dass ich versucht habe, Isabelle in Argentinien präsent zu machen. Ich habe viel über sie erzählt. Meine Freunde kannten sie schon, bevor sie zu Besuch kam. Vinzenz Wir haben gesagt, dass wir das schaffen wollen, obwohl uns klar war, dass wir uns zehn lange Monate nicht sehen werden. Ich war ja in der 13. Klasse, habe ein Jahr nach Vinzenz Abitur gemacht. Der Abschied war der schlimmste Tag in meinem Leben. Am Flughafen habe ich nur geheult. Vinzenz erst, nachdem er hinter der Absperrung war. Am meisten habe ich Vinzenz vermisst, wenn ich etwas Schönes oder Trauriges erlebt hatte. Dann hatte ich dieses Bedürfnis, das zu teilen. Deswegen habe ich versucht, es ihm per Telefon zu erzählen. Unsere Beziehung hat auch gehalten, weil wir gut im Telefonieren sind und uns mitteilen können. In den ersten vier Wochen habe ich 80 Euro vertelefoniert. Das längste Gespräch hat vier Stunden gedauert. Außerdem habe ich ihm Briefe geschrieben. Liebesworte auf Papier sind etwas ganz anderes als in einer SMS oder in einer E-Mail. Isabelle Als ich nach Argentinien gegangen bin, waren Isabelle und ich erst vier Monate zusammen. Trotzdem wollte ich nach dem Abi erstmal weg und Zivildienst im Ausland machen. Und da mir Südamerika schon immer total gefallen hat, habe ich in Argentinien 18 Monate in einer Pfarrei gearbeitet. Isabelle Kann die Liebe den ersten langen Auslandsaufenthalt überleben? Wir haben zwei getroffen, die sich eineinhalb Jahre treu geblieben sind. 26_17_Junge Mütter.qxd 24.08.2009 13:05 Uhr Seite 2 66 Text: Martin Anetzberger, Lisa Srikiow|Foto: Erol Gurian Mehr Respekt, bitte Junge Mütter haben es doppelt schwer. Sie müssen sich um ihre Kinder kümmern und hören ständig, sie seien dafür nicht reif genug. Rebecca hält ihre Tochter Hannah an der Hand, während sie mit ihr durch das Fotostudio geht. „Gefällt es dir hier?“, fragt sie. Die Kleine nickt. Sie weiß nicht, dass sie schon einmal mit ihrer Mutter in einem Fotostudio war. Damals, zwei Jahre zuvor, war Rebecca erst 18 Jahre alt und mit Hannah im neunten Monat schwanger. Jetzt will Rebecca festhalten, wie beide sich seither entwickelt haben. Die blonde Hannah fühlt sich schnell wohl und turnt auf der Lehne des Sessels herum. Eine Sekunde später flitzt sie mit ihrem Stoffpferd durch das Fotostudio. Rebecca schaut ihr gelassen zu. Junge Mütter wie Rebecca werden seltener in Deutschland. Im Jahr 2000 kamen noch rund 29 000 Kinder zur Welt, deren Mütter jünger als 20 waren. Heute sind es etwa 6 000 weniger. Ein Drittel der jungen Schwangeren treibt ab. Die, die ihr Kind bekommen, haben nicht selten mit Vorurteilen zu kämpfen. Angeblich wollen sie nur Stütze vom Staat, haben keine Lust, eine Ausbildung zu machen und hausen in verdreckten Einzimmerwohnungen – überfordert und asozial. „Es gibt viele ernsthafte und verantwortungsvolle Mädchen“, sagt dagegen Beraterin Hermine Baumann von Pro Familia. Sie spricht von Frauen wie Rebecca, Carmen und Nicole. Carmen kommt aus der Nähe von Hagen. Sie bekam ihr erstes Kind mit 19. Obwohl es ungeplant war, wollte sie nicht abtreiben. „Das wäre irgendwie Mord gewesen“, sagt sie. Mit 20 wurde sie wieder schwanger – diesmal absichtlich: „Ich wollte immer zwei Kinder, die vom Alter her nicht so weit auseinander sind“, sagt Carmen. Die Ausbildung war schon abgeschlossen. Während sie davon erzählt, klappt ihre zweijährige Tochter die Schranktür auf und zu. Die Kleinen spielen Verstecken im Wohnzimmer. Carmen sagt ganz ruhig: „Katja, deine Schwester ist nicht im Schrank.“ Nicole lebt im ostfriesischen Leer. Sie war 18, als sie schwanger wurde. Von Anfang an stand für sie fest, dass sie ihr Kind behalten will. „Ich bin stolz darauf, eine junge Mutter zu sein“, sagt Nicole. „Auch Teenager haben das Zeug dazu.“ Sie lebt heute mit der vier Monate alten Marie-Johanna in ihrer eigenen Wohnung. Wenn Nicole davon erzählt, schwingt auch ein bisschen Stolz mit. 26_17_Junge Mütter.qxd 24.08.2009 13:05 Uhr Seite 3 Foto: Privat Rebecca, 18, im neunten Monat schwanger. 26_17_Junge Mütter.qxd 24.08.2009 13:05 Uhr Seite 4 68 Rebeccas Start als Mutter war schwieriger – als Zehntklässlerin am Gymnasium Tutzing bei München. Ihr Freund war gegen das Kind, stellte sie vor die Wahl: ich oder das Baby. „Es war die Hölle“, sagt sie heute. Nach drei schweren Tagen entschied sie sich gegen eine Abtreibung, gegen ihren Freund, für das Baby. Rebecca hatte anfangs mit den Gerüchten in ihrem Heimatdorf zu kämpfen. Manche Leute schauten sie schräg an; das Kind sei gar nicht von ihrem Freund, erzählte man sich. Dann schlug sich auch noch eine ihrer besten Freundinnen auf die Seite ihres Freundes. „Sie sagte, du bist wahnsinnig. Es ist viel zu früh für ein Kind“, erzählt Rebecca. „In den ersten Monaten hatte ich echte Depressionen.“ Dennoch: Überfordert fühlte sie sich selten. Ihr Schuldirektor erlaubte ihr, ein Jahr in Mutterschaftsurlaub zu gehen. Die elfte Klasse durfte sie überspringen. Rebecca hörte auf zu rauchen und zu trinken. „Später habe ich mich wahnsinnig wohl gefühlt. Meine Haare waren toll, meine Haut war toll“, erzählt sie und lacht. Von da an stand nur noch Hannah im Vordergrund. Etwas Wichtiges verpasst habe sie nicht, sagt Rebecca. „Die Glücksgefühle mit meiner kleinen Hannah sind besser als jeder Drogenrausch.“ In TV-Doku-Soaps und Gerichtsshows sehen Mütter unter 20 anders aus, haben erweiterte Poren im Gesicht und schlecht blondierte Strähnchen auf dem Kopf. So wie bei „Erwachsen auf Probe“, der umstrittenen Sendung, die im Juni bei RTL anlief. Junge Pärchen wurden vor laufender Kamera zu Versuchseltern gemacht: arbeiten, Wäsche waschen, Windeln wechseln – Partyleben ade. Für gecastete Teenager wie Tamara folgt eine unlösbare Aufgabe nach der anderen: Ihr Ziehbaby Lasse stinkt aus der Windel und hört einfach nicht auf zu schreien. Aber sie weiß nicht, wie sie Lasse beru- higen soll. Als der Kleine endlich schläft, greift sie entnervt zur Zigarette. Der Sender macht das Fehlverhalten zur Show, bedient das Klischee der jungen, überforderten Mutter – auf Kosten der Teilnehmer. RTL-Geschäftsführerin Anke Schäferkordt sieht das anders: „Die Sendung ist eine einzigartige Möglichkeit für Jugendliche mit Kinderwunsch, Verantwortung für Kinder zu übernehmen.“ Dabei lebt die Serie aber vor allem von ihren Negativbeispielen. Ein Kind bedeutet für jede Mutter eine Umwälzung, ganz andere Dinge werden wichtig. Selbst wenn die Freude über den Nachwuchs überwiegt – Ängste kommen, früher oder später. Hermine Baumann von Pro Familia hält es für normal, dass Mütter sich manchmal überfordert fühlen. Sie sehen sich auf die Mutterrolle reduziert. „Viele haben das Gefühl, noch andere Erfahrungen im Leben machen zu müssen“, sagt Baumann. Ob jung oder alt – auch einer 30-Jährigen kann die neue Aufgabe über den Kopf wachsen. „Es gibt kein perfektes Alter, um Mutter zu werden“, sagt Nicole aus Leer. „Vielleicht wäre ich in zehn Jahren weniger überrascht gewesen, aber alles wäre genauso neu wie jetzt.“ Vor zwei Generationen war es noch üblich, jung Mutter zu werden. Mitte der 60er Jahre waren Frauen bei ihrem ersten Kind im Schnitt 23 Jahre alt. Wer mit 30 noch kein Kind hatte, galt schon als hoffnungsloser Fall, als alte Jungfer. Heute liegt das Durchschnittsalter bei 26 Jahren. Prominente über 40, die ihre Kinder von bezahlten Leihmüttern austragen lassen, füllen die Seiten der Klatschmagazine. Rebecca hat den nächsten Schritt gewagt: Mit ihrem neuen Freund ist sie nach Offenbach gezogen, er studiert dort Kunst. Hannah ist natürlich dabei. In den ersten Monaten will Rebecca als Tagesmutter jobben oder ein Praktikum machen, bevor sie selbst mit dem Studium beginnt. Was sie studieren will, weiß sie noch nicht genau, aber eines ist sicher: Von ihrem Freund lässt sie sich nicht reinreden. Auch diese Entscheidung wird sie selbständig treffen. 26_17_Junge Mütter.qxd 24.08.2009 13:05 Uhr Seite 5 Rebecca mit ihrer zweijährigen Tochter Hannah. 27_29_Kolumne.qxd 21.08.2009 13:40 Uhr Seite 2 70 Kolumne Kein Spaß, keine Reue Viel Spaß, viel Reue von Katharina Fuhrin von Thomas Salter Trinken oder nicht trinken? Zwei nüchterne Überlegungen zum Thema Alkohol. Ich kannte mal einen, der brach bei jeder Party, und er war auf sehr vielen Partys, kurz nach Mitternacht über den Rotweinvorräten zusammen und blieb dort liegen, bis die Letzten gingen und ihn mitnahmen. Manchmal fand sich auch niemand, und dann musste er dort auf den Kisten übernachten. Rund um den Mund hatte der Wein meistens eine violette, halbmondförmige Verfärbung hinterlassen. Das sah irgendwie sehr traurig aus. Ein anderer, den ich kannte, trank immer gerne BacardiCola und fasste nach ein paar Gläsern allen Frauen unter ihre T-Shirts. Auch das sah irgendwie sehr traurig aus, wenn er dann eine Ohrfeige kassierte und ganz betroffen guckte. Über mich sagen Leute vielleicht, „ich kenne eine, die ist schon nach einem halben Glas Wein betrunken.“ Das mag sein. Und meistens werde ich nicht nur schnell betrunken, sondern auch schnell müde. Es gab schon früh Anzeichen dafür, dass mein Körper gut auf Rauschmittel anspringt. Mit acht Jahren habe ich mal den Eiskaffee meiner Mutter heimlich ausgetrunken, danach hatte ich Herzrasen und flatternde Muskeln. Von meinem ersten Glas Sekt an Silvester bin ich kurz nach den Knallfröschen und Silberfontänen eingeschlafen. Um das zu vermeiden, vermeide ich heute oft den Alkohol. Wenn ich nüchtern bleibe, bekomme ich meistens die Autoschlüssel in die Hand gedrückt und werde mit einer Cola an der Bar abgestellt. Ich versuche, trotzdem Spaß zu haben, wirklich. Aber wenn ich zu „Sweet Home Alabama“ mithüpfen soll, mache ich unweigerlich ein Gesicht, als hätte ich in die Zitronenscheibe in meiner Cola gebissen. Aber: Auch meine Zeit kommt, und zwar so sicher wie der Kopfschmerz nach Batida de Coco. Wenn am nächsten Tag meine Freundinnen anrufen, um sich ihre vagen Erinnerungen bestätigen zu lassen – ja, dann kann ich mich vielleicht an die eine oder andere Peinlichkeit erinnern. Und während die anderen noch hoffen, dass ihr Kater möglichst schnell vorbei geht, mache ich all die Dinge, die am Sonntag Spaß machen. Zum Beispiel ordentlich frühstücken gehen – mit dem netten Typen, mit dem ich mich den ganzen Abend über unsere peinlichen Freunde amüsiert habe. Darwin, der alte Klugscheißer, hat in dem sympathischen Durcheinander, das wir Natur nennen, die Ordnung entdeckt. Das klingt schrecklich langweilig. Aber eigentlich heißt das ja nur, dass selbst in Darwins Ordnung das Chaos seinen Platz findet. Zum Beispiel Alkohol: Ich habe einmal gelesen, der Mensch fing an, Pflanzen gären zu lassen, um so sein Trinkwasser zu desinfizieren. Der beste Weg, um sich vor Mikroben und Keimen zu schützen, war es also, die Leber zum Schwellen und das Hirn zum Schrumpfen zu bringen. Verrückt. Ich liebe Chaos. Vielleicht trinke ich deswegen so gerne einen über den Durst. Es gibt keinen leichteren Weg, aus der alltäglichen Ordnung auszubrechen, als mit einem ordentlichen Rausch in der Fresse. Ich beobachte mich dann selbst, wie ich die verrücktesten Sachen mache. Ich rede Schwachsinn und benehme mich, als hätte ich keinerlei Erziehung genossen. Ja, wenn ich genau darüber nachdenke, ist es genau das: Ich werde zu einem kleinen, unanständigen, nach Bier riechenden Kind. Aber die Natur wäre nicht die Natur, wenn sie einen derart sorglosen Spaß nicht mit einem rostigen Haken versehen hätte. Fasst man tags darauf die Ergebnisse eines durchzechten Abends zusammen, ist die Bilanz meist ganz mies. Der Kopf: leer, bis auf Kopfschmerzen und ein schlechtes Gewissen. Der Geldbeutel: leer, bis auf sechs Pfandmarken. Der Magen: leer, jedoch ohne Bedürfnis, Essen länger als drei Minuten bei sich zu behalten. Wie kann die Natur so grausam sein? Warum muss auf glücklichen Überschwang immer schmerzhafte Nüchternheit folgen? Es gibt Insekten, die Alkohol nie abbauen. Wenn sie also in mein Bierglas fallen und einen großen Schluck nehmen, werden sie nie wieder nüchtern. Natürlich wissen sie diese Vergiftung nicht zu schätzen. Sie haben ja auch keinen lästigen Verstand, den sie sich wegsaufen können. Die Evolution gab uns Menschen also den Kater, damit wir nicht immer betrunken sein wollen. Wir sollen ein Gleichgewicht halten zwischen Spaß und Pflicht. Und das finde ich zwar etwas langweilig, aber absolut in Ordnung. Klartext_SponsorenRZ:Layout 1 28.08.09 14:32 Seite 1 AOK BAYERN - DIE GESUNDHEITSKASSE ZENTRALE MICHAEL LEONHART M.A. PRESSESPRECHER TEL. +49 89 62730-146 PRESSE@BY.AOK.DE WWW.AOK.DE BAYER AG DR. MICHAEL PREUSS LEITUNG UNTERNEHMENSPOLITIK UND PRESSE TEL. +49 214 30-41156 MICHAEL.PREUSS.MP@BAYER-AG.DE WWW.BAYER.COM FLUGHAFEN MÜNCHEN HANS-JOACHIM BUES LEITER UNTERNEHMENSKOMMUNIKATION TEL. +49 89 975-41000 ACHIM.BUES@MUNICH-AIRPORT. DE WWW.MUNICH-AIRPORT.DE GIESECKE & DEVRIENT GMBH BARBARA KÖGLER LEITERIN UNTERNEHMENSKOMMUNIKATION TEL. + 49 89 4119-3025 BARBARA.KOEGLER@GI-DE.COM WWW.GI-DE.COM KNORR-BREMSE AG GERD HENGHUBER LEITER UNTERNEHMENSKOMMUNIKATION TEL. +49 89 3547-1402 GERD.HENGHUBER@KNORR-BREMSE.COM WWW.KNORR-BREMSE.DE MESSE MÜNCHEN GMBH DR. EVA SEISSER LEITERIN ZENTRALABTEILUNG UNTERNEHMENS-PR TEL. +49-89-949-20710 EVA.SEISSER@MESSE-MUENCHEN.DE WWW.MESSE-MUENCHEN.DE PLEON GMBH FRANK BEHRENDT CEO PLEON GERMANY TEL. +49 211 95 41-21 63 FRANK.BEHRENDT@PLEON.COM WWW.PLEON.COM DR. ING. H.C. F. PORSCHE AG INES DECKSTEIN ÖFFENTLICHKEITSARBEIT UND PRESSE PLANUNG UND KOORDINATION TEL.: +49 711 911-25 279 INES.DECKSTEIN@PORSCHE.DE WWW.PORSCHE.DE TALANX AG THOMAS V. MALLINCKRODT LEITER PRESSE- UND ÖFFENTLICHKEITSARBEIT TELEFON +49 511 37 47-20 20 THOMAS.MALLINCKRODT@TALANX.COM WWW.TALANX.DE Dr. Georg Schreiber Medien2009 preis Die Gesundheitsreform sieht vor, dass künftig alle gesetzlichen Krankenkassen insolvenzfähig sind. Auch für die landesunmittelbaren Krankenkassen, die derzeit noch als insolvenzunfähig gelten, soll die Insolvenzfähigkeit hergestellt werden. Gleichzeitig werden die bestehenden Bundesverbände als solidarische Haftungsverbünde der jeweiligen Kassenart aufgelöst. Die Haftungsgebäude der Landes- und Spitzenverbände passen nicht mehr in die von der Politik gewünschte neue Struktur mit einem DIE DEUTSCHE JOURNALISTENSCHULE DANKT ALLEN INSERENTEN UND FÖRDERERN DIESES ABSCHLUSSMAGAZINS UNSERER ZEITSCHRIFTENAUSBILDUNG DER KLASSE 47B HERZLICH FÜR DIE UNTERSTÜTZUNG. n, tmedie n i r P r ü werb f n! Wettbe und Fernsehe k Hörfun Zugelassen sind Beiträge junger Jour nalistinnen und Journalisten bis 35 Jahre zu den Themen Gesundheit und Soziales, die 2009 in einer in Bayern erscheinenden Zeitung bzw. Zeitschrift veröffentlicht oder von einem Rundfunksender mit Sitz in Bayern ausgestrahlt worden sind. Beiträge aus den elektronischen Medien außerhalb Bayerns sind zulässig, wenn sie einen thematischen Bezug zum Freistaat haben. Im Printbereich wird zudem ein bundesweiter Sonderpreis ohne Altersbeschränkung vergeben. Der Medienpreis ist mit insgesamt 25.500 Euro dotiert. Informationen und Anmeldung: Internet: www.aok-medienpreis.de e-mail: presse@by.aok.de Telefon: 089 62730-146 AOK Bayern, Zentrale, Pressestelle Carl-Wery-Str. 28, 81739 München Ausgeschrieben von der AOK Bayern in Zusammenarbeit mit den Nachwuchsjournalisten in Bayern (NJB) e. V. - unterstützt von der Deutschen Journalistenschule (DJS) e. V. München. 28_28_Club.qxd 21.08.2009 13:43 Uhr Seite 2 72 Belauscht von: Lukas Eberle, Lisa Srikiow Blaufahren Wer im Nachtbus einschläft, fährt bis zur Endstation. Dagegen hilft nur ausgiebige Konversation. Gesprächsfetzen um 5 Uhr morgens. „Die ganze Zeit hat er mich heute „Bei mir ist heute ein Bett frei.“ ... „Aber weißt du noch, wo du wohnst?“ „Ich sag’ immer: Mausi genannt. Das hat mich total genervt.“ „Tschau Bine.“ ... „Ich glaub’ die Bine muss kotzen, so schnell wie die läuft.“ „Ich schlaf’ heut’ unterm Tisch, Alter.“ Man darf extrem sein, aber man darf es nicht übertreiben.“ „Inzwischen sieht er total hässlich aus, mit Zahnspange und so. Früher war er nicht so übermäßig hässlich, aber jetzt, mit seinen aufgesprungenen Lippen.“ „Ich hab’ noch mehr getrunken als er.“ ... „Ja, aber du bist auch größer als er.“ „Die Ex von deinem besten Freund ist tabu. Das ist einfach so. Leider.“ 28_28_Club.qxd 21.08.2009 13:43 Uhr Seite 3 „Der Andi ist total assi. Trotzdem steht sie auf ihn.“ ... „Ja, weil sie auch assi sein will.“ „Ich hasse so was: Gucci ist Shit, Louis Vuitton ist Shit, Prada ist Shit! Arrrhgg!“ „Mannomann, was meinst du, wenn du ihm mal nachts begegnest?“ ... „Was hat der für einen Oberarmumfang?“ ... „Ich glaub’, oder Zentimeter.“ 56 57 „Welche ist die Eklige?“ ... „Die Mittlere.“ „Nur mit meiner „Einer hat mir an den Arsch gegrapscht, dann hab’ ich mich umgedreht und dann standen da ganz viele Männer. Ich konnte ja nicht allen eine klatschen.“ Gedankenkraft kann ich meinen Arm heben.“ „Ich glaub’, wir hätten hier raus gemusst.“ ... „Und wo fahren wir jetzt hin?“ ... „Direkt in die Hölle, Alter.“ „Mein Rücken hat ein paar Mal geknackst beim Tanzen.“ Foto: Zepsis „Das ist diese Beste-Freund-Schiene. Das ist doch scheiße.“ „Ich wette, du bekommst dein Studium nicht besser hin als ich.“ ... „Was hattest du für eine Note?“ ... „1,8.“ ... „Das schaff’ ich auf jeden Fall.“ ... „Ich wiederhole: 1,8. Und das in einem Ingenieursstudium!“ ... „Ach so.“ 29_05_Mit 18 gewusst.qxd 21.08.2009 13:48 Uhr Seite 2 74 Altklug Text: Olivia Höner Was ich gerne schon mit 18 gewusst hätte dieses Mal mit Günther Jauch. Ich hätte gerne gewusst, was Mädchen wirklich beeindruckt. Das weiß ich heute besser. Und was wäre das? (er legt den Kopf ein bisschen schief, so wie er das im Fernsehen auch immer macht) Man kann es ganz schwer erklären. Es ist eine Mischung aus lässig sein, aber sich doch so wichtig machen, dass man überhaupt wahrgenommen wird. Das hinzukriegen ist ganz schwierig. Weil es nur so ein ganz schmaler Grat ist. Woher wussten Sie mit 18, dass Sie den Dreh noch nicht raus hatten? Wenn ich zum Beispiel in einer Kneipe im großen Gedränge etwas zu trinken bestellt habe und um mich herum haben auch zwei, drei Leute was bestellt, dann kam immer ein Glas zu wenig. Weil sich niemand mehr daran erinnerte, dass ich auch etwas bestellt hatte. Zumindest bei weiblichen Bedienungen war das so. Da habe ich gemerkt, dass mir irgendwas fehlt. Aber ich habe dann viele Jahre daran gearbeitet. Was haben Sie gemacht? Das ist natürlich geschwindelt, ich habe nicht daran gearbeitet. Ich war bis 18 so ziemlich der Kleinste, zumindest Schmächtigste in der Klasse und bin dann erst gewachsen. Das war die eine Sache. Aber ich war eben auch furchtbar unsicher. Die Sicherheit ist erst sehr spät gekommen. Wie denn? Verraten Sie uns Ihr Geheimnis? Und wenn ich übermorgen und überübermorgen auch nicht gewinne? Es gibt keinen Menschen ohne jeden Erfolg. Ich habe entweder Erfolg in der Arbeit oder in der Liebe oder im Umgang mit Tieren oder im Spielcasino. Ein Mensch ohne Erfolg ist für mich genauso unglaubwürdig wie einer, der von sich behauptet: Ich habe überall Erfolg. Beides kann nicht stimmen. Foto: DJS-Archiv Das Abitur hatte er schon, Glück bei den Mädchen noch nicht: Günther Jauch, 1976. (Jetzt kratzt er sich am Kopf) So seltsam es auch klingt: Wenn man nicht alles persönlich nimmt, ist man gleich sicherer. Es bringt doch nichts zu sagen: „Ich kann nichts dafür, die Welt meint es einfach nicht gut mit mir.“ Man sollte das Ganze statistisch nehmen: „Heute habe ich verloren, morgen werde ich gewinnen. Und wenn ich morgen nicht gewinne, dann wird es übermorgen sein.“ Wer diese etwas amerikanisch klingende Aufstehparole verinnerlicht, wird sich nicht so schnell einschüchtern lassen. Wir schaffen Vertrauen bei der Sicherung von Werten. Creating Confidence. Weltweit vertrauen Regierungen, Zentralbanken und Technologiekonzerne unseren Lösungen. Unsere Innovationen rund um die Sicherheit von Währungen, die Identifikation von Bürgern, Telekommunikationsanwendungen und elektronische Transaktionen entwickeln wir in enger Zusammenarbeit mit unseren Kunden. Wir setzen Maßstäbe für die Welt von morgen – seit über 150 Jahren. www.gi-de.com RGI_DE_A9086 AZ_Corporate_A4.indd 1 27.07.2009 16:58:38 Uhr 01_01_cover_vorne_und_hinten.qxd 24.08.2009 14:29 Uhr Seite 2 TSAF TKEFREP TSAF ,HCILKCÜLG TSAF ,NESHCAWRE TSAF Fast erwachsen, fast glücklich, fast perfekt. Wir sehen uns auf klartext-magazin.de/47b