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24.08.2009
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KLARTEXT
FAST
FAST ERWACHSEN, FAST GLÜCKLICH, FAST PERFEKT
DAS JUNGE MAGAZIN DER DEUTSCHEN JOURNALISTENSCHULE LEHRREDAKTION 47B NUMMER 1 2009
Gefangen im
eigenen Land –
jung sein
in Palästina
Seite 18
Trip ohne Ende:
Kann Kiffen den
Verstand kosten?
Seite 38
Wie der Ex-Bassist
der Sportfreunde
das RockstarLeben verpasste
Seite 10
Die besten
Ferien für
100 Euro
Seite 26
Und: So wird
man Vampir
Seite 16
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11.08.2009 14:23:08 Uhr
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3
Chantal, 18, war ein
Glücksfall: Ihre Freundin
Nadja brachte sie zum
Modeshoot mit. Erst war
sie schüchtern – aber
dann schaffte Chantal es
mit großen Sprüngen
sogar auf unser Cover.
Seite 53
Martin, 21, hat im Fotostudio sofort seinen MP3Player aufgedreht. Als
Profi-Model weiß er eben,
wie man locker wird. Auf
der Straße würde man ihn
übrigens nicht wiedererkennen – mit Brille und
gekämmten Haaren.
Was
machen die anderen
eigentlich gerade?
Wem kann man glauben?
Seite 50
War früher vielleicht wirklich alles
besser? Und was passiert morgen?
Es geht los.
Fast.
Die Welt ist schnell, aufregend – und auf den ersten Blick ein ziemliches Durcheinander. Aber in
dem Chaos verstecken sich Menschen und ihre Geschichten. Die erzählen wir in diesem Heft. Und mit jeder Geschichte, die man kennt, ergibt
das alles da draußen ein bisschen mehr Sinn. Auch
wenn das vielleicht nur bedeutet, dass man jetzt
endlich weiß, was Clown-Step eigentlich ist.
Arne und Florian fanden heraus, wie es ist, gefangen im eigenen Land zu sein. Lisa und Martin sprachen mit jungen Müttern; Carina mit einem, der
kiffte und dann Stimmen hörte. Und Alex traf
Andi, der Rockstar hätte werden können, aber
nicht wollte.
Wer erledigt meinen Kram,
wenn ich mal keine
Lust habe? Warum weiß ich
Wie werde ich Vampir?
bei Liebesfilmen immer schon
nach zwei Minuten, wie die Geschichte ausgeht? Wann kommst du? Oder
sind auch
Wir
im Internet
Das FAST MAGAZIN
gibt’s gleichzeitig online.
Wo dieses Zeichen steht,
findest du im Netz neue
Geschichten zum Thema:
klartext-magazin.de/47b
bist du schon gekommen? Und jetzt?
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Seite 2
4 Inhalt
FAST Ausgabe 01 2009
Titelthema
Drogentrip ohne Ende
Wie es ist, wenn der Rausch
einfach nicht mehr aufhören will
Seite 38
Titelthema
Weißt du, was du trägst?
Unsere Models zeigen revolutionäre
Accessoires by Che, Leo und Yassir
Seite 48
Made in India
Was herauskommt, wenn man sein
Referat in Indien machen lässt
Seite 28
Wortplantage
Für FAST schreiben drei
Poetry-Slammer übers Reden
Seite 36
Kurvendiskussion
Berühmte Kurven mal anders
diskutiert
Seite 60
Titelthema
Wie werde ich Vampir?
Beißen, saugen, Seele verkaufen –
so könnte es klappen
Seite 16
Wer Fußballprofi werden will...
...muss sich an strikte Regeln halten. So wie
Patrick im Internat des VfB Stuttgart
Seite 56
Aufgemöbelt
Bye-bye Kinderzimmer: Designermöbel zum Selbermachen
Seite 14
Blaufahren
Impressum
KLARTEXT Nr. 18
Ein Magazin der Lehrredaktion 47B
der Deutschen Journalistenschule
www.klartext-magazin.de
Herausgeber:
Deutsche Journalistenschule e.V.
Altheimer Eck 3
80331 München
Telefon 089/2355740
Fax 089/268733
www.djs-online.de
Redaktion & Layout:
Martin Anetzberger
Che Berberich
Carina Braun (Bildredaktion)
Lukas Eberle (Onlineredaktion)
Sebastian Erb (Chefredaktion)
Katharina Fuhrin (Art Direktion)
Clemens Haustein
Olivia Höner (Chefredaktion, V.i.S.d.P.)
Florian Meyer (Onlineredaktion)
Alexander Neumann (Chefredaktion)
Arne Orgassa (Chef vom Dienst)
Thomas Salter (Textchef)
Samira Schellhaaß
Lisa Srikiow
Katharina Zabrzynski
Druck und Lithografie:
LANAREPRO GmbH
Peter-Anich-Straße 14
I-39011 Lana (BZ)
Tel.: 0039(0)473/49 85 00
E-Mail: info@lanarepro.com
www.lanarepro.com
Beratung:
Marc Deckert (Text)
Maximilian Gaub (Online)
Erol Gurian (Foto)
Tom Ising (Layout)
Carolin Schuhler (Konzept)
Dank an:
Nadja Attalai Achri, Katharina Bohndorf, Ulrich Brenner, Familie Cujko,
Erik Dreyer - Loft 506, Franz-MarcGymnasium Markt Schwaben, Chantal
Geissler, PS Models, hair & make up:
tina c/o.: www.artistgroupmierau.com
using MAC, Dr. Derik Hermann,
Simon Sieber (ComiCaturistTM,
bebop666 @gmx.de), Familie Schöffmann und Tanja Siller von der Kupferglocke in der Theresienstraße 128,
Jasmin Srouji, Sven Szalewa, Team der
DJS, Willi-Graf-Gymnasium München
Anzeigen:
cross.com
Tanja Leis
Venusstraße 1
82205 Gilching
Telefon 08105/390799
E-Mail: leis@cross-com.de
Fast philosophisch: Sätze, die man
so nur im Nachtbus hört
Seite 72
Rettet die Wahlen!
Du weißt nicht, was du wählen sollst?
Nach 13 Fragen bist du schlauer
Seite 44
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5
Happy End in fünf Schritten
Bastle dir deinen eigenen Liebesfilm.
Wir liefern die Bausteine
Seite 24
So tickt die Welt
Sieben Menschen, sieben Zeitzonen,
sieben Momente
Seite 6
Im Land der begrenzten Möglichkeiten
Titelthema
Jung sein in Palästina heißt vor allem
früh erwachsen werden
Seite 18
So kommst du billig weg! Titelthema
Du hast 100 Euro? Das reicht für den
perfekten Urlaub
Seite 26
Party auf Pump
Mehr Respekt, bitte
Junge Mütter haben zu kämpfen –
vor allem mit ihrem Image
Seite 66
Wir erklären die Wirtschaftskrise –
in einer Kneipe
Seite 34
Titelthema
Stiller Sportfreund
Andi Erhard hätte Rockstar werden
können. Wollte er aber nicht
Seite 10
Im Auge des Sturms
Von Nazis angegriffen, im Gefängnis
gelandet: Trotzdem kämpft Rapper
QuietStorm weiter gegen Rechts
Seite 30
Rubriken
Einblick:
Sandra zeigt uns, was alles in ihrem Geldbeutel steckt Seite 8
Upgrade:
Vom Telefonhäuschen zur iZelle Seite 37
Beziehungsweise:
Liebe trotz(t) Fernbeziehung Seite 65
Quiz:
Musikologie
Wie redest duden? Seite 64
Clown-Step, Krishna-Core, Neurofunk – verwirrt? Wir klären auf
Seite 54
Was Günther Jauch gerne schon mit 18 gewusst hätte Seite 74
Altklug:
Kreuzverhör:
Der MP3-Player-Tausch: Metal versus R’n’B Seite 46
Kolumne:
Zwei nüchterne Betrachtungen zum Thema Alkohol Seite 70
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6
Text: Samira Schellhaaß
So tickt die Welt
Samstagnachmittag, 15.03 Uhr in Deutschland. Zeit für
Hobbys, die besten Freunde oder die Frage: Was machen
die Menschen in anderen Ländern eigentlich gerade?
Der Nationalvogel von Nicaragua heißt Guardabarranco.
08:03
San Miguelito, Nicaragua
Enmanuel Salvador Sandobal Sirias, 20
„Samstags trainiere ich eine kleine Fußballmannschaft aus unserem
Dorf, die sich gerade neu gegründet hat. Wir fangen um acht Uhr morgens an zu spielen, weil es da noch nicht so heiß ist. Die Schuhe und
Trikots müssen wir uns von anderen Jugendlichen leihen, weil wir dafür kein Geld haben. Den Pokal auf dem Bild würden wir gerne am
Ende des Jahres gewinnen, es ist unser Dorfpokal.“
Dois Irmãos, Brasilien
Lílian Brandt Stein, 19
„Heute bleibe ich zuhause mit meinen besten Freundinnen Cláudia und Bruna. Wir haben Freitagnacht durchgefeiert und die beiden haben bei mir übernachtet. Wir sind gerade aufgestanden und
warten, dass das Mittagessen fertig wird. Traditionell gibt es am Wochenende immer Fleisch vom Grill.“
17 ist in Italien eine Unglückszahl. In Flugzeugen von „Alitalia“ fehlt deswegen die 17. Sitzreihe.
15:03
Lotzorai, Italien
Brasilien nimmt flächenmäßig 47 Prozent des südamerikanischen Kontinents ein.
12:03
Antonello Murru, 17
„Auf Sardinien isst die ganze Familie am Wochenende gemeinsam zu
Mittag. Das nervt manchmal, weil ich am liebsten den ganzen Tag am
Meer verbringen würde. Sobald ich kann, fahre ich zum Strand. Dort
mache ich dann erst mal ein Nickerchen.“
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7
Südafrika hat elf offizielle Landessprachen, das ist Weltrekord.
15:03
Stellenbosch, Südafrika
Kevin und Christian Malan, 17 und 18
„Heute hatten wir vormittags Schule, danach sind wir nach
Kapstadt ins Schwimmbad gefahren. Normalerweise fahren wir
lieber ans Meer, aber das ist jetzt im Winter zu kalt. Unsere beiden Nachbarjungs Iwan und Niel haben wir mitgenommen.
Christian hat vor ein paar Monaten die Führerscheinprüfung
bestanden, seitdem müssen wir nicht mehr unsere Eltern nerven,
wenn wir etwas mit Freunden unternehmen wollen.“
17:33
Gaza-Stadt, Palästinensergebiete
In Indien sind Spielkarten rund. Die Motive stammen aus der Hindu-Mythologie.
20:03
19:33
Mumbai, Indien
Das Durchschnittsalter im Gazastreifen liegt bei 17,4 Jahren.
Lina Sharif, 17
„Ich lebe seit 17 Jahren in Gaza, aber heute mache ich das erste Mal mit
meinen Freunden eine Bootstour. Es ist einfach toll! Hier in Gaza können wir nicht viele Ausflüge machen, wegen der strengen Grenzpolitik.
Nur auf dem Meer können wir uns frei fühlen, denn dort sind die Grenzen nicht sichtbar. Und zehn Minuten mit dem Boot sind auch gerade
noch bezahlbar. Das werde ich jetzt öfter machen!“
Krupali Raiyani, 18
„Es hat angefangen zu regnen. Ich fahre mit ein paar Freunden durch
die Gegend. Wir lieben es, wenn der Regen gegen die Scheiben prasselt.
Jetzt haben wir uns Eis geholt und danach gehen wir noch ins Kino.
Es ist ein richtig schöner Samstagabend!“
Surat Thani, Thailand
In Thailand werden den Wochentagen verschiedene Farben zugeordnet: Der Samstag ist violett.
Niall Henry Davis, 19
„Ich komme aus Großbritannien und bin als Backpacker für
ein Jahr auf Weltreise. Heute bin ich mit dem Nachtzug in den
Süden Thailands gefahren. Es gibt hier einen Partywaggon mit
DJ und Bar. Ich habe gerade Linda aus Dänemark kennengelernt. Wir wollen jetzt die ganze Nacht durchtanzen!“
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Seite 2
8 Einblick
Konzept: Lisa Srikiow|Foto: Erol Gurian
„Shoppen!“
„Der ist nur zur
Erinnerung! Genau wie
das gemalte Herz.“
„Schwarzfahren würde
ich nicht, deshalb habe
ich auch so viele
Fahrscheine dabei!“
„Die ist nur für den
Arzt interessant!“
„Klar, der Perso ist wichtig,
um in Clubs reinzukommen.
Ab und an werde ich
ja schon noch kontrolliert!“
„Außer Münzen
habe ich sonst nie
viel Bargeld dabei.“
„Jedes Mal, wenn ich mir einen
Kontoauszug hole, hoffe ich
nur, dass genug drauf ist!“
„Diese Karte brauche
ich eigentlich nie.“
Mehr als nur der Kontostand:
Sandra, 17, zeigt uns ihren Geldbeutel.
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09.02.09 17:48
Auf dem ersten Mini-Album von Stiller spielte Andi Erhard noch Bass. Der Name der EP: „Macht doch was ihr wollt – ich geh’ jetzt“. Als hätte die Band etwas geahnt.
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28.08.2009
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11
Text: Alexander Neumann|Foto: Erol Gurian
Stiller
Sportfreund
Wer im Sommer 2006 das Radio einschaltete, hörte Peter, Florian und Rüdiger,
wer den Fernseher anknipste, sah sie, und wer zu einem WM-Spiel ins Stadion
ging, sang mit großer Wahrscheinlichkeit eines ihrer Lieder: „54, 74, 90, 2006“.
Die Sportfreunde Stiller hatten die inoffizielle WM-Hymne der deutschen Fußballfans geschrieben. Der Song wurde ihr erster Nummer-Eins-Hit.
Schon seit Jahren waren die „Sportis“ die Lieblingsband
der deutschen Abiturienten. Jetzt waren sie die Lieblingsband der Deutschen.
Wenn Andi Erhard in diesem Sommer abends ausging, wurde ihm immer wieder
dieselbe Frage gestellt, von Freunden, von Bekannten, von Fremden, die seine Geschichte irgendwo gehört hatten: Bereust du, dass du damals ausgestiegen bist?
An einem Samstagabend im Mai 2009 sitzt Andreas Erhard in seinem Apartment in München-Sendling und nimmt einen Schluck Rotwein. Kochnische, Espressomaschine, ein Poster der Rockband Dinosaur Jr. an der der Wand. So stellt man sich einen Single-Haushalt
vor. Andi trägt Vollbart, die Haare sind fransig, die obersten Knöpfe seines Hemdes geöffnet. Kleine Falten sind in dem fein geschnittenen Gesicht des 38-Jährigen zu sehen. Mittlerweile hat er einen Doktortitel. Einen Job hat er nicht.
Die Frage mit dem Bereuen. Jetzt soll er sie schon wieder beantworten. Aber Andi ist ein geduldiger Mensch. Den Mund leicht geöffnet, blickt er kurz ins Leere. Dann sagt er: „Ich
habe noch kein einziges Mal gedacht, dass das ein Fehler gewesen sein könnte, wirklich
nicht.“ Wirklich überraschend an dieser Antwort ist vor allem, dass man sie ihm glaubt.
Weitere Bandnamen, die bei der Gründung zur Debatte standen: „Bodden“ und „Hennings Koffer“.
Das Ende hatte sich schon abgezeichnet und kam dann doch ganz plötzlich. An
einem kühlen Tag im Frühjahr 1997 saß Andi Erhard auf dem Bett im ausgebauten Dachboden seines Elternhauses. Vor ihm standen Peter Brugger und Florian
Weber. Die beiden waren gekommen, um ihn zur Probe ihrer gemeinsamen Band
Stiller abzuholen. Aber Andi wollte einfach nicht mehr.
Er hatte keine Lust mehr, bis spät nachts Konzerte zu spielen, wenn er am nächsten Morgen eine Schulaufgabe schreiben musste. Er hatte keine Lust mehr, Hunderte von Kilometern zu fahren, um dann vor 20 Leuten aufzutreten. Andi war
müde. Und irgendwie war dieses simple Drei-Akkorde-Geschrammel auch nicht
ganz seine Musik. Peter und Florian versuchten ihn zu überreden, wenigstens das
für den nächsten Tag geplante Konzert noch mitzuspielen. Aber Andi hatte sich
entschieden. „Ich mache nicht mehr mit. Keinen Bock mehr.“
Tags darauf, bei ihrem Konzert im Münchner Stromlinienclub, traten Sänger und
Gitarrist Peter und Schlagzeuger Florian als Duo auf. Mit ihnen auf der Bühne
stand statt eines Bassisten eine Raumschiff-Enterprise-Figur aus Pappe. Ein paar
Monate später hatten sie einen neuen Bassisten, Rüdiger Linhof. Und bald auch
einen neuen Namen: Sportfreunde Stiller. Dann wurden sie berühmt.
Der erste Sportfreunde Stiller-Song überhaupt war „Wunderbaren Jahren“. Auch schon früh mit dabei: „Lobby“ und „Fahrt ins Grüne“.
Andi Erhard war der erste Bassist der Sportfreunde Stiller. Bevor die Band den Durchbruch schaffte, stieg er aus. Bereut er es?
Es hatte alles als Spaßprojekt begonnen. Ende
1995 beschlossen Andi, Peter und Flo eine Band
zu gründen. Sie wollten sie Endkrass nennen,
nur ein einziges Konzert als Trio spielen, anschließend alle Instrumente zertrümmern und
die Band wieder auflösen. So weit der Plan. Anfang 1996 standen sie dann auf der Bühne des
Germeringer Jugendzentrums Knast. Aus dem
Namen Endkrass war mittlerweile Stiller geworden.
Sie spielten sieben Lieder, warfen
danach ihre Instrumente auf den
Boden und erklärten: „Wir lösen
uns auf, das war’s.“
Als sie von der Bühne gingen, kam ein aufgeregter Mann auf sie zu. „Ihr spinnt ja wohl“, sagte
er. „Ihr müsst unbedingt weiter machen!“ Der
Name des Mannes: Marc Liebscher. Er ist bis
heute Manager der Sportfreunde Stiller.
Innerhalb weniger Monate wurde aus dem
Spaßprojekt eine ernsthafte Band. Marc Liebscher organisierte die Auftritte und die drei
Jungs spielten, wo immer man sie ließ. München, Nürnberg, bald auch in Köln oder Hamburg. „Oft waren nur 20 Leute da, aber es war
eine tolle Zeit“, sagt Andi. „Wir waren eine richtige Dreiergemeinschaft. Unser Ritual nach den
Konzerten war immer das gleiche: Ausziehen
und einmal nackt durch die Stadt laufen. Egal
wo wir sind.“
Peter und Florian studierten zu der Zeit Sport
an der Münchner Universität. Andi, damals
Mitte 20, versuchte sein Abitur nachzumachen.
Die drei lernten im Tourbus, traten abends auf
und fuhren nachts zurück nach Hause. Für
Schlaf blieb oft keine Zeit. Während die Band
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immer mehr Konzerte spielte und die Reisen immer
länger wurden, hatte Andi eine Prüfung nach der anderen. Das Abitur stand vor der Tür, Attestpflicht hatte
er auch schon, weil er zu oft gefehlt hatte. Irgendwann
ging es nicht mehr. Was folgte, war der Morgen auf
dem Dachboden. Andi stieg aus.
„Es fällt mir normalerweise schwer, mich zu entscheiden“, sagt Andi heute, „aber das war eine meiner leichtesten Entscheidungen. Es war auch für Peter und Flo
erleichternd, weil sie jemanden suchen konnten, der
mitzieht. Sie wollten ja viel mehr Gas geben. Aber ich
konnte da nicht mit.“
Florian und Peter gaben Gas,
und wie. Ende der 90er Jahre
spielten sie im Schnitt 200
Konzerte pro Jahr.
Dann erzählt Florian von dem gemeinsamen Urlaub der Band im Sommer 1996. Mit
einem Golf fuhren sie nach Italien, machten Straßenmusik in Florenz, feierten, tranken.
„Irgendwann hat Andi dann einen Ausbruch gehabt, weil wir immer unsere Witzchen
gerissen und niveauarme Gespräche geführt haben. Bei euch geht’s sowieso immer nur
ums Saufen, hat er gesagt. Und dann hat er sich ins Zelt gelegt mit seinen Büchern.“
Andi und die Bücher. Sie liegen überall in seiner Wohnung. Auf der grauen Eckcouch,
auf dem kleinen Wohnzimmertisch, vor dem überquellenden Bücherregal. Vier Bände
„Nietzsches Werke“, James Joyces „Ulysses“, das „Fußball Unser“.
Während Peter und Florian nach Andis Ausstieg von Auftritt zu Auftritt jagten und vor
immer mehr schreienden Zuschauern spielten, suchte Andi genau das Gegenteil davon:
Zurückgezogenheit und Stille. „Ich war nie ein Typ, der gerne im Mittelpunkt steht“,
sagt er. „Bei Konzerten hätte ich mich am liebsten mit dem Rücken zum Publikum
gestellt.“
Foto: Privat
jeweils auf Platz eins der deutschen Albumcharts.
Florian Weber sitzt in einem Café in München-Schwabing und bestellt
eine Grapefruitschorle. Der Schlagzeuger der Sportfreunde Stiller ist
heute berühmt. Das merkt man zum Beispiel daran, dass der Barchef
des Lokals kurz an den Tisch kommt, sich vorstellt und Florians Hand
schüttelt. Kurz darauf läuft in dem Café ein Song der Sportfreunde.
Florian blickt kurz irritiert auf. „Hier ist es nicht so schlimm, wenn sie
ein Lied von dir spielen“, sagt er. „Aber wenn du in einem Club mit
vielen Leuten stehst, und dann alle ihre Köpfe zu dir drehen, um zu sehen, wie du dich verhältst, das ist schon saublöd.“
Florian und Andi sind auch heute noch gut befreundet. Sie spielen zusammen in einer Hobby-Fußballmannschaft. Über die Trennung von
damals sprechen sie nicht mehr. „Ich habe von Andi nie gehört, dass
er seinen Ausstieg bereut“, sagt Florian. „Das nehme ich ihm auch voll
ab. Es wäre einfach nicht sein Leben gewesen.“ Natürlich war Florian
damals enttäuscht, als Andi von einem Tag auf den anderen die Band
verließ. Überraschend kam es jedoch nicht. „Er hat schon früh gesagt,
dass das nichts für ihn ist, er wollte nicht ewig auf Reisen gehen“, sagt
Florian. „Ich glaube auch, dass er die Musik nicht so toll fand. Das war
ihm zu einfach, zu trivial. Wir haben einfach drei, vier Akkorde durchgerotzt. Aber Andi stand eher auf Musik, die ein bisschen arty ist.“
Florian lernte Peter im Sportstudium kennen. Der wiederum spielte damals mit Andi in einer Band namens: Vertical Orange Car Crash.
Andi machte das Abitur, begann Germanistik zu studieren.
Sein Schwerpunkt: deutsche Literatur des Mittelalters. Als
die Sportfreunde Stiller
im Sommer 2006 durch
Deutschlands Fußballstadien und Fernsehstudios zogen, verbrachte
Andi seine Tage im Lesesaal für Handschriften
der Bayerischen Staatsbibliothek und arbeitete an
seiner Doktorarbeit. Zugezogene Vorhänge, alte
Holztische, absolute Stille. Andi war glücklich.
„Jahrelang bin ich da jeden Tag hingegangen
und habe einfach mein
Zeug gemacht. Das war
Italien-Urlaub 1996: Peter an
der E-Gitarre, Andi an der
so gemütlich da. Schade,
Im Jahr 2000 unterschrieben sie ihren ersten Plattenvertrag. Seitdem
Akustischen, Florian am
dass das jetzt vorbei ist.“
selbst gebastelten Schlagzeug.
haben sie sieben Alben veröffentlicht. Die letzten zwei davon landeten
Ein Freitagmorgen, Anfang Juli 2009: Andi Erhard sitzt auf
einem Holzstuhl im Sozialbürgerhaus München-Sendling und
wartet. Um neun Uhr hat er einen Termin in Zimmer 210,
Abteilung Arbeitslosengeld II. Andi ist gekommen, um seinen
Antrag auf Hartz IV abzugeben.
Peter und Florian, die gerade unterwegs sind, um ihr neues
Sportfreunde Stiller-Album zu vermarkten, wird er in einer Woche wieder sehen. Dann haben die drei ein Fußballspiel mit ihrer Hobbymannschaft. Bis dahin macht sich Andi schon mal
auf Jobsuche. Stellen im wissenschaftlichen Bereich sind selten. Das weiß er. Bibliotheksassistent könnte er sich vorstellen,
notfalls auch Postbote.
Und jetzt? Bereut er es? „Das Studium, die Doktorarbeit, all
das, was ich statt der Band getan habe, hat für mich total Sinn
gemacht“, sagt er. „Und wenn man zufrieden ist, dann ist es
auch nicht schwer zurückzublicken und zu sagen: „Da konnte
ich einfach nicht mit, das war nicht mein Weg.“
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1
2
3
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Bei Bram Stoker hat Dracula seine Seele für ewiges Leben an den Teufel verkauft. Der Urvampir erschafft Seinesgleichen seither selbst. Er steht auf
Frauen und überrascht sie im Schlaf (1). Dann trinkt er sie über mehrere Nächte hinweg leer (2). Das Opfer stirbt und wird beerdigt (3). Voilà, ein
neuer Blutsauger schlüpft aus dem Grab (4). Doch Biss ist nicht gleich Biss: Männer verwandelt Dracula lieber in insektenfressende Sklaven.
Für Fortgeschrittene
1
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Vampire in der Serie „Buffy“ haben es schwer. Erst müssen sie ein Opfer suchen (1). Das ist nicht so leicht: In Häuser können sie nur, wenn sie eingeladen werden. Spontane Bettbesuche à la Dracula fallen also weg. Dann müssen sie den Auserwählten fast leer trinken und mit ihrem eigenen Blut
füttern (2). Anschließend ist es notwendig, dass das Opfer stirbt (3). Nur so kann es als Vampir wiederauferstehen (4). Nichts für blutige Anfänger.
Der Quickie
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„From Dusk Till Dawn“ zeigt die schnellste und simpelste unter den Ansteckungsmöglichkeiten: Natürlich, als erstes muss ein Opfer her (1). Dann
reicht ein kleiner Biss, egal ob in den Arm oder den Hals (2). Die Verwandlung beginnt umgehend, kein Tod notwendig (3). Minuten später wachsen
dem Opfer schicke Vampirzähne (4). Keine lange Wartefrist, keine lästige Übernachtung unter der Erde.
Der Coitus Interruptus
1
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Auch für die Vampire bei „Twilight“ geht ohne Opfer gar nichts (1). Dann reicht ein kleiner Biss, aber Selbstkontrolle ist gefragt: bloß nicht leer trinken (2). Nur sehr willensstarke Trinker können dem Blutrausch widerstehen. Beim Beißen übertragen sie ein Gift (3). Das Gift verwandelt das Opfer
dann in einen Vampir (4). Ist ein Mensch nur angeknabbert, kann man ihn noch retten. Dazu muss man nur das Gift wieder heraussaugen.
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Ressourcen schonen
Klima schützen
Science For A Better Life
Der Klimawandel gehört zu den großen globalen Herausforderungen unserer Zeit. Daher
will Bayer aktive Beiträge dazu leisten, den
„Climate Footprint“, der symbolisch für die
negativen Auswirkungen menschlichen Handelns auf das Klima steht, zu verkleinern.
Mit dem „Bayer Climate Program“ treibt
das Unternehmen seine Aktivitäten für den
Klimaschutz und den Umgang mit dem
Klimawandel voran.
So ist der „Bayer Climate Check“ ein
neues Instrument zur CO2-Reduktion in
Produktionsprozessen.
Mit Hilfe der modernen Biotechnologie
steigern wir die Widerstandsfähigkeit von
Nutzpflanzen gegen Hitze und Dürre. Eine
Chance für die Landwirtschaft, die Folgen
des Klimawandels zu bewältigen.
Zur Senkung des Energieverbrauchs in
Büro- und Industriegebäuden haben wir
gemeinsam mit Partnern das „EcoCommercial Building“ entwickelt. Auf Basis
hocheffizienter Polyurethan-Dämmung und
regenerativer Energien deckt es seinen
Energiebedarf komplett selbst – ein in den
verschiedenen Klimazonen der Erde anwendbares Konzept für Gebäude mit null
Emissionen. www.klima.bayer.de
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Text: Florian Meyer, Arne Orgassa|Fotos: Florian Meyer, Arne Orgassa, Jasmin Srouji
Im Land der
begrenzten
Möglichkeiten
Achmad Aslan boxt: Seit er 13 Jahre
alt ist, trainiert er fast jeden Tag.
Jugendliche im Westjordanland verlieben
sich, wollen feiern und
sorgen sich um ihre
Noten. Doch der
Konflikt im Nahen
Osten macht schon
Kinder zu Erwachsenen.
Es war eine warme Herbstnacht in Hebron, als er
das letzte Mal unbeschwert lachen konnte.
Achmad Aslan stand in der Mitte des Boxrings
und wehrte die Schläge seines Gegners ab. Nur
noch wenige Sekunden musste er gegen den Titelverteidiger durchhalten. Von den Rängen jubelten
700 Zuschauer Achmad zu. Der Schweiß triefte
aus seinem Gesicht, unter dem linken Auge brannte eine kleine Platzwunde. Nach zwölf Kampfrunden hielt der Ringrichter Achmads Hand in die
Höhe. Sieg nach Punkten. Achmad war der neue
Champion, Klasse Schwergewicht, im Westjordanland – mit 22 Jahren, er lachte vor Freude.
Seither ist fast ein Jahr vergangen. Achmad sitzt
mit seinem Cousin Mustafa Aslan, 18, und Freund
Jichia Faialah, 21, in einem kleinen Trainingsraum
eines Jungendzentrums in Ramallah. Es ist heiß.
„Ich musste diesen Kampf gewinnen, für meine
Familie, für mich, für meinen Traum“, sagt Achmad. Jahrelang hatte er mit seinen Freunden für
diesen Triumph trainiert, abends, nach der anstrengenden Arbeit als Maurer. Doch von sei-
ner Freude ist nichts mehr zu spüren,
der Alltag hat ihn eingeholt.
Als Junge sah er oft Boxkämpfe im Fernsehen,
wollte es früh selbst ausprobieren. Mit 13 Jahren
begann er täglich zu trainieren. Sein Ziel dabei immer vor Augen: Als Champion in andere Länder
reisen, um dort zu kämpfen. Doch dieser Traum
wird nicht in Erfüllung gehen. Schuld ist seine
Herkunft. Achmad lebt im Westjordanland, im
Flüchtlingslager Kalandia. Seine Familie wohnt
hier seit 1967. Längst stehen keine Zelte mehr,
Kalandia ist nun eine kleine Siedlung am Rand
von Ramallah, im Schatten einer acht Meter hohen Betonmauer. Achmad nennt sie ein Bollwerk
der Unterdrückung.
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Jichia Faialah und die Cousins
Achmad und Mustafa Aslan
(von links) haben ihr Land
noch nie verlassen.
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Israel ist seit 1948 ein unabhängiger Staat. Die Palästinenser leben
unter eigener Regierung im Gazastreifen und Westjordanland.
Seit 2002 baut Israel die Mauer. Der Wall
aus Stein, Beton und Stacheldraht schlängelt sich über die sandigen Hügel Israels, an
vielen Stellen auch durch Gebiete, in denen
Palästinenser leben. 759 Kilometer lang soll
sie am Ende sein. So wollen die Israelis sich
vor Selbstmordattentätern schützen, die
sich in Cafés und Bussen in die Luft sprengen. Für die Palästinenser ist sie ein Wall, der
ihr Land trennt, ihre Rechte einschränkt.
Treffpunkt: der Manarah Platz in Ramallah. Das Auswärtige
Amt warnt Touristen vor Reisen in die palästinensischen Gebiete.
Etwa 2,4 Millionen Palästinenser
leben im Westjordanland. Mehr
als die Hälfte davon sind Jugendliche.
Das Flüchtlingslager Kalandia ist nur einen
Steinwurf von der Mauer entfernt. Täglich
erleben Achmad und seine Freunde, wie
wenig unabhängig sie sind: Militärposten,
Checkpoints, Ausweiskontrollen. „Wir sind
Gefangene in unserem eigenen Land, haben
nur eingeschränkte Bewegungsfreiheit“, sagt
Jichia. Und doch versuchen er und seine
Freunde ein normales Leben zu führen – in
einem Land, in dem nur vorübergehend
Waffenstillstand herrscht und der Konflikt
zwischen Israelis und Palästinensern jeden
Moment wieder ausbrechen kann. Sie haben
gelernt, mit den Einschränkungen umzugehen. Sie haben gelernt, ihre Hoffnungen zu
begraben.
Das Flüchtlingslager am Rand
von Ramallah bietet keinen Platz
für Träumereien. 20000 Menschen leben in diesem Labyrinth aus staubigen Gassen, begrenzt durch graue Häuser mit Flachdach, meist ohne Fenster. Wegziehen will
trotzdem keiner der drei. „Es ist wie bei einer sehr großen Familie“, sagt Achmad. Er
ist stolz dort zu wohnen. „Wir passen gegenseitig auf uns auf.“
Wenn die israelischen Patrouillen ins Camp kommen –
zwei, drei Mal die Woche – warnen sie sich gegenseitig.
Meist am frühen Morgen fahren die Soldaten durch die
engen Gassen, klingeln die Anwohner aus ihren Betten,
durchwühlen die Häuser und suchen nach Waffen. Sie
wollen herausfinden, ob Anschläge geplant werden.
„Vor ein paar Wochen haben sie an einem
Morgen 26 Jugendliche einfach mitgenommen“, sagt Mustafa. Darunter einige seiner Freunde. Der Cousin von Achmad versucht seine
Emotionen zu unterdrücken, doch die Mischung aus
Trauer und Wut kann er nicht verstecken: „Wir wollten
diese Schikane nicht einfach hinnehmen, haben mit
Steinen geschmissen, sie angeschrien und gefordert
aufzuhören.“ Genutzt hat es nichts. „Wir haben aufgehört Angst zu haben“, sagt Achmad. Lieber schmeißt er
einen Stein, als sich zu verstecken. Aber auch das ist nur
ein Versuch, auf seine Situation aufmerksam zu machen. Weder Achmad noch Mustafa oder Jichia haben
es je geschafft, das Westjordanland zu verlassen. Und
sei es nur für einen Boxkampf.
Ghadeer Ladaa ist schon draußen gewesen, in Kuala Lumpur und Abu Dhabi, in
Katar und Amman.
Ghadeer ist 18 Jahre alt und studiert Maschinenbau. Sie
spielt Fußball in der palästinensischen Jugendnationalmannschaft, einer Gruppe von 22 Mädchen aus den Palästinensergebieten und Jerusalem. Ghadeer ist ein zartes, schüchternes Mädchen. Neben dem Fußballplatz
ist sie ruhig, hört aufmerksam zu, spricht leise. Doch
wenn sie kickt, sprudelt sie vor Energie. Wenn sie sprintet, peitschen ihr die langen schwarzen Locken ins
Gesicht.
Vor zwei Jahren hat Ghadeer Ramallah zum ersten Mal
verlassen. An jenem Tag klingelte ihr Wecker viel früher
als sonst. Ihre Mannschaft sollte am Abend gegen die
jordanischen Nachwuchsfußballerinnen antreten. Verschlafen stieg sie zu ihrer Mutter ins Auto, die sie zum
Bus brachte.
Abgeschirmt: Die Mauer hat
ehemalige Nachbarn voneinander getrennt. Sie teilt Jerusalem
und Ramallah.
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„Das ist unser Leben“, sagt Ghadeer. Sie
versucht den Konflikt und die Enge zu
vergessen. Sie glaubt, dass palästinensische Jugendliche dieselben Wünsche
und Hoffnungen haben wie Jugendliche
in Europa, dieselben Probleme. Sie sorgen sich um ihre Noten, wollen abends
länger weggehen und haben Liebeskummer. Diese scheinbar kleinen Sorgen werden vom Nahostkonflikt überschattet.
Der Alltag im Westjordanland wiegt
schwer und macht schon Kinder zu jungen Erwachsenen.
Abgefilmt: Ghadeer Ladaa tritt
in der Jugendsendung „Alli
Sotak“ auf. Sie soll anderen
Jugendlichen Mut machen.
Ghadeer kickt in der palästinensischen
Jugendnationalmannschaft.
Um sieben Uhr fuhr die Mannschaft los, vorbei an
dürren Olivenbäumen, durch das Hügelland. Viermal mussten sie an Checkpoints stoppen, an den
Kontrollposten, die das Westjordanland in kleine Fetzen zerschneiden. Jedes Mal zeigte Ghadeer den israelischen Soldaten ihren Pass, beantwortete die immer
gleichen Fragen: Wohin wollt ihr? Woher kommt ihr?
Erst um sechs Uhr abends erreichten die Mädchen
die jordanische Hauptstadt Amman – obwohl sie keine 100 Kilometer von Ramallah entfernt liegt. Den
Fußballerinnen blieb gerade genug Zeit, um ihre Taschen ins Hotel zu werfen und zum Sportplatz zu eilen. Ghadeer war erschöpft von der langen Fahrt. Das
Spiel verloren sie 2:4.
Seitdem ist Ghadeer viele Male ins Ausland gefahren,
immer mit der Jugendmannschaft. Viele ihrer Freunde beneiden sie deshalb. Und doch fühlt sich Ghadeer eingesperrt: „Ich kann zwar in den
arabischen Emiraten und in Malaysia
kicken, in Jerusalem werde ich aber
nie spielen können.“ Das Stadion ist nur 20
Kilometer von ihrem Haus entfernt.
Ghadeer hat den grünen Personalausweis, wie alle, die
im Westjordanland geboren sind. Durch den Kontrollposten an der Stadtgrenze zwischen Jerusalem
und Ramallah kommt sie mit dem grünen Pass nicht.
„Wen stört das schon, wenn
ich unglücklich verliebt bin
oder Streit mit meiner besten
Freundin habe?“, fragt Ghadeer. Ihre Eltern verstehen sie oft nicht.
Sie sagen, Ghadeer solle sich nicht wegen
solcher Kleinigkeiten aufregen. Niemand
interessiert sich für die Probleme der Jugendlichen, wenn zur gleichen Zeit eine
befreundete Familie ihr Haus verliert,
wenn eine israelische Siedlung ausgebaut
wird, ein Bekannter keine Arbeit findet
oder Verwandte unter Terrorverdacht im
Gefängnis sitzen.
Um ihre Sorgen zu vergessen, spielt Ghadeer Fußball.
Heute sind nur vier Mädchen zum Training der First Ramallah Group gekommen. Die Jungs müssen aushelfen und
spielen mit: Dribbel-Übung, Passen,
Stoppen und Übersteiger. Wenn Ghadeer
am Ball ist, vergisst sie alles um sich herum, die schäbige Betonhalle, den Staub
in den Ecken und den Taubendreck auf
den Zuschauerbänken.
Der einzige Weg, das Westjordanland zu
verlassen, ist über die Grenze im Osten,
über Jordanien.
Israelis und Palästinensern
Libanon
Ramallah
ten
Ägyp
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Totes Mee
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Jerusalem
Westjord
anland
Mittelmeer
Syrien
Der Konflikt zwischen
reicht weit über hundert Jahre zurück.
Wichtige Stationen nach dem Zweiten Weltkrieg: 1947 Die Vereinten Nationen empfehlen die Gründung eines arabischen und
eines jüdischen Staates. 1948 Der Staat Israel wird gegründet, die Hauptstadt Jerusalem geteilt. 1956 Suezkrise: Frankreich,
Großbritannien und Israel greifen Ägypten an, um den Suezkanal unter ihre Kontrolle zu bringen. 1967 Israel besetzt im
Sechstagekrieg das Westjordanland, den arabischen Teil Jerusalems, den Gazastreifen und die Sinai-Halbinsel.
1973 Jom-Kippur-Krieg Syrien und Ägypten greifen Israel an, um die besetzten Gebiete zurückzuerobern. Die Angreifer
verlieren aber. 1978/79 Friedensabkommen: Israel gibt den Sinai an Ägypten zurück. 1987 - 1993 Erste
Intifada: Bewaffneter Widerstand der Palästinenser. Selbstmordattentäter sprengen sich in israelischen Cafés und in
Bussen in die Luft. In Gaza gründet sich die „islamische Widerstandsbewegung“, kurz Hamas. 1994 OsloAbkommen zwischen Israel und Palästinensern. Die Palästinenser hoffen auf einen eigenen Staat. 2000 Israel räumt den
seit 1978 besetzten Südlibanon. 2000 - 2004 Zweite Intifada. 2002 Israel beginnt, eine Mauer um die
Palästinensergebiete zu bauen. Die Israelis wollen sich vor Angriffen schützen. 2006 Krieg zwischen Israel und Kämpfern der Hisbollah in Libanon. Die Hamas gewinnt die Wahlen im Gazastreifen. 2007 Nach blutigem Bürgerkrieg im
Gazastreifen übernimmt die Hamas die Macht. Das Westjordanland bleibt unter Kontrolle der Fatah, der
„Bewegung zur nationalen Befreiung Palästinas“. 2008 Israel bombardiert Gaza, Soldaten marschieren ein, weil von dort aus
Raketen auf israelische Städte abgeschossen werden. 2009 Israelische Truppen ziehen sich aus Gaza zurück.
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Pyalara ist eine palästinensische Organisation, die Jugendlichen eine Stimme geben will.
Sie sollen ermutigt werden, über ihre Gefühle und Probleme zu reden.
Seina Abu Hamdan (Mitte) will
ein ganz normales Leben führen: Nach der Uni trifft sie ihre
Freundinnen im Café.
Die Ansichten über den Nahostkonflikt sind festgefahren. Nur wenige junge Palästinenser an
der Bir Seit Universität wollen noch darüber nachdenken, wie er eigentlich entstanden ist.
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Alli Sotak –
Sprich lauter
Jede Woche sendet die Organisation
Pyalara ein Fernsehmagazin für
Jugendliche. Wir haben die Macher
interviewt, das hörst du auf:
klartext-magazin.de/47b/pyalara
Vor dem Training hat Ghadeer ein Interview gegeben. Ein
Fernsehteam von Pyalara besuchte sie zu Hause. Die gemeinnützige Organisation versucht den ganzen Nahen Osten auf
die Situation junger Palästinenser aufmerksam zu machen.
Ghadeers Beispiel soll Mut machen. Den Beitrag sendet
Pyalara im 90-minütigen Magazin „Alli Sotak“, das jede
Woche über den Satellitenkanal Palestine TV ausgestrahlt
wird. „Alli Sotak“ heißt „Sprich lauter“. Jugendliche können
in der Sendung über ihre Probleme reden, über ihre Ängste,
Wünsche und Träume. „Alli Sotak“ gibt den jungen
Palästinensern eine Stimme. Nach dem Interview haben die Journalisten Ghadeer beim
Fußballspielen gefilmt, sie war aufgeregt. Vor der Kamera ist
ihr der Ball vom Fuß gesprungen. Jetzt ist das Fernsehteam
verschwunden und Ghadeer dribbelt ihre Mitspielerinnen
aus, spielt sichere Pässe.
Seina Abu Hamdan hat vor Kameras keine Scheu. Sie will
Moderatorin werden, am liebsten in ihrer eigenen Fernsehsendung. Noch schreibt die 18-Jährige für die Pyalara-Jugendzeitung „The Youth Times“, die einmal pro Monat erscheint.
An diesem Morgen hat Seina Glück. Normalerweise steigt sie
in eines der gelben Gruppentaxis, alte Ford-, Mercedes- und
Hyundai-Kleinbusse, die sich schwerfällig durch die löchrigen
Straßen quälen. Die Fahrt zur Uni ist langsam, anstrengend
und staubig. Weil die Fenster offen stehen, verwuschelt der
Wind die Frisur, Staubkörner fliegen in die Augen. Doch heute wird Seina von ihrer Mutter gefahren. Ihre mühsam hochgesteckten Haare bleiben in Form. Sie trägt noch schnell etwas Make-up auf, schließlich sind auch Jungs in ihrem Kurs.
20 Kilometer vor Ramallah, auf einem kleinen Hügel neben
dem Dorf Bir Seit, steht eine Gruppe moderner, heller
Gebäude. Die Universität ist eine Oase inmitten von leerstehenden Häusern und Bauschutt, der an der Straße liegt. 8700
junge Menschen studieren hier. Die Studienplätze sind begehrt, aber nicht billig. Rund 400 Euro kostet ein Semester.
Am Osteingang des Campus steigt Seina aus
und läuft mit ihren Freundinnen durch das
Sicherheitstor. Viele Mädchen tragen ein Kopftuch, dazu
einen kurzen Rock über einer dunklen, langen Hose. Seina
trägt eine grau-blaue Jeans, ein kariertes, kurzärmeliges Hemd
und rot-weiße Ballerinas.
Im Hörsaal setzt sich Seina auf einen Stuhl in der ersten Reihe. Nur die Hälfte der Plätze ist belegt. Den Kurs über
Marketing besuchen die Studenten freiwillig, es sind Sommerferien. Aber nächste Woche ist Zwischenprüfung, und deshalb darf Seina nichts verpassen. Den Kurs muss sie bestehen,
im Herbst will sie ihr Studienfach wechseln, von Maschinendu
Willst
mich heiraten?
„Ja, ich will“, schreibt Seina
Abu Hamdan in einem Artikel
für „The Youth Times“.
Der Text ist zu lesen auf:
klartext-magazin.de/47b/palaestina
bau zu Wirtschafslehre. „Wirtschaft fällt mir
leichter“, sagt Seina. Sie will mehr Zeit neben der Uni haben für ihr Hobby, ihre
Arbeit bei der Organisation Pyalara, fürs
Fernsehen.
Als die Stunde aus ist, huscht Seina als erste
aus dem Hörsaal. Ihre Freunde warten in der
Mensa, einer dunklen Halle mit leuchtenden Coca Cola- und Bounty-Werbetafeln.
Arabische Popmusik dröhnt aus den Lautsprechern, so laut, dass man sich kaum
unterhalten kann. Hier bespricht Seina sich
mit ihren Freundinnen, hier kommt sie auf
ihre Ideen für neue Artikel. Vor kurzem waren ihre Freundinnen besorgt. Seina hatte in
einem Kommentar geschrieben, dass sie heiraten will. Viel zu früh, meinten die Freundinnen – Seina ist erst 18. „Viele haben meinen Artikel nicht richtig verstanden“, sagt
sie lachend. Ihr Artikel sollte die Antwort
auf den Text eines Kollegen sein. Er hatte geschrieben, dass junge Männer nicht heiraten
wollen, weil es zu teuer sei: die Feier, die Geschenke an die Familie, das Kleid. Seina
wollte das ernste Thema lustig aufgreifen.
Doch für Scherze ist oft kein
Platz. „Viele Leute im Westjordanland nehmen alles ernst“, klagt Seina. Über Unterhaltsames,
Musik, neue Klamotten, oder über Gefühle
– darüber redet keiner. Seina will das in ihren Artikeln ändern: „Die Jugendlichen sollen wissen, was um sie herum geschieht. Sie
sollen verstehen, dass man auch in einem
Krisengebiet das Leben genießen darf.“
Nicht nur der Konflikt zwischen Israelis
und Palästinensern, auch die Eltern machen
den Kindern das Leben schwer. Sie machen
sich ständig Sorgen. „Eltern schauen immer
nur in die Zukunft“, sagt Seina. „Sie wollen
die angesehenste Ausbildung und den besten Job für ihre Kinder. Dabei vergessen sie
oft, dass wir in der Gegenwart leben.“ Durch
ihr Engagement will Seina ihre Generation
wachrütteln. Seit der neunten Klasse geht sie
deshalb fast jeden Tag in das Büro von Pyalara. Die Jugendlichen sollen nicht zu
schnell erwachsen werden.
Seina ist in Abu Dhabi geboren, in den
Arabischen Emiraten. Erst mit neun Jahren
zog sie nach Ramallah. Sie spricht fließend
Englisch und hat einen blauen Personalausweis, mit dem sie die Checkpoints nach Jerusalem passieren kann. Sie könnte
raus aus dem Westjordanland,
könnte im Ausland studieren.
Eigentlich wäre sie frei. Doch anstatt
an eine Universität in den USA zu gehen
oder in Europa zu arbeiten, ist Seina fest entschlossen, im Westjordanland zu bleiben.
„Ich will versuchen, hier etwas zu bewegen“,
sagt sie. „Hier ist ja meine Heimat.“
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Anfang
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in
ke
Liebe auf den ersten Blick ist ja schön
und gut, aber für einen guten Film
muss etwas Besseres her: In den rosa
Schmetterlingen findest du vier Möglichkeiten, einfach eine aussuchen.
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lic
ho
a
op
h
„S
Täuschung: ER gewinnt SIE durch
irgendeine Lüge/SIE
spielt mit falschen
Karten. Das bietet
Stoff für späteren
Streit.
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hrh
ase
n“
Verbotene Frucht: Bisher hat ER jede gekriegt
– SIE will ihn nicht. ER
weiß: SIE ist die Richtige. Schließlich verliebt
SIE sich doch in ihn.
„Ke
Los geht es mit den zwei Hauptpersonen. Wer soll sich verlieben und warum
überhaupt? In den dunkellila Kreisen
stehen vier klassische Beispiele. Einfach
eins aussuchen, dann geht es zu Schritt
zwei.
Schicksalsgemeinschaft:
ER und SIE geraten in
eine Situation, die sie
nur meistern können,
wenn sie ein gutes
Team bilden.
in
Bastle dir deine eigene
romantische Komödie!
Eine Anleitung für
Liebesfilme.
Wette: ER wettet mit
Kumpels, dass ER SIE
rumkriegt/zur Ballkönigin macht. Wer mit
wem um was wettet,
lässt sich natürlich
beliebig variieren.
„E
Happy End
in
fünf
Schritten
Schmetterlinge
im Bauch
Text: Martin Anetzberger, Katharina Zabrzynski
Konkurrenten: Beide
können sich auf den
Tod nicht ausstehen.
Diese Variante ist immer gut, damit nicht
sofort klar ist, dass sie
zusammenkommen.
Die Heldentat: SIE gerät in Gefahr, er sieht es
zufällig. ER rettet SIE
und kann endlich beweisen, wie mutig und
stark ER ist.
Soziale Barriere: ER
und SIE sollen es
nicht einfach haben:
SIE ist arm, ER ist
reich/SIE ist schön,
ER ist hässlich – viele
Varianten möglich.
Ungewöhnliche Umstände: Normalerweise
ist ER/SIE unnahbar,
aber jetzt ist alles anders. Beiden wird klar:
Sie gehören zusammen.
Im nächsten Schritt muss der Film zeigen, wie schön es ist, wenn die beiden
zusammen sind. Am besten geht das
mit einer romantischen Szene. In den
Wolken gibt es vier Beispiele.
Und jetzt, unverzichtbar: die Krise. Die
muss natürlich zum Anfang passen.
Und je schöner Wolke Sieben war, desto heftiger wirkt die Krise.
h
Und zu guter Letzt: das Happy End!
„Manhattan Lovestory“
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Sie lassen sich von der
Magie des Abends hinreißen und landen – gegen
jede Vernunft – miteinander im Bett. Danach ist
nichts, wie es mal war.
Sie sitzen bei Pizza und
Rotwein bei einem schicken Italiener. Die Augen
funkeln im Kerzenlicht,
sanfter Jazz klimpert im
Hintergrund.
Bindungsangst: Auf
einmal bekommt
ER/SIE kalte Füße.
Das Ganze kann
nicht gut gehen.
ER/SIE lässt den anderen sitzen.
Missverständnis:
ER/SIE versteht den
anderen falsch, was
dazu führt, dass der
andere verletzt wird.
ER/SIE macht
Schluss.
Sie sind allein an einem
Ort mit schönem Ausblick (ideal: Sonnenuntergang). Ein Blick in die
Augen des anderen und
die Welt um sie versinkt.
Wahre Identität:
ER/SIE merkt, dass
der/die andere nicht
der/die ist, für den
ER/SIE ihn/sie hält.
ER/SIE lässt den anderen sitzen.
Sie tanzen zur romantischen Melodie eng umschlungen und schauen
sich dabei tief in die Augen. Wenn die Zeit jetzt
nur stehen bliebe.
Die Wette fliegt auf:
Alles war perfekt,
aber dann hört
ER/SIE von der Wette. Sie streiten sich,
ER/SIE lässt den anderen sitzen.
Für alle Pessimisten:
Einfach bei der
Krise aussteigen,
dann habt ihr ein
schönes Drama.
Happy End
Krise
Wolke 7
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h
h
h
h
Sie versöhnen sich und
alles wird gut.
Sie versöhnen sich und
alles wird gut.
Sie versöhnen sich und
alles wird gut.
Sie versöhnen sich und
alles wird gut.
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im wilden Osten
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Text: Clemens Haustein
edelboarden
Du wolltest immer schon
eine der edelsten Städte
Europas sehen? Zürich? Ist
mit 100 Euro zu schaffen: Hin- und Rückfahrt per Mitfahrgelegenheit zum Beispiel von Frankfurt für 40 Euro.
Bei www.couchsurfing.com findest du vor dem Trip eine
kostenlose Bleibe. Und jetzt kommt’s: Skateboards und
Fahrräder kosten bei „Züri rollt“ auch nichts. Damit bist
du flexibel in der Stadt unterwegs. Am nächsten Tag
geht’s in Europas größtes Spaßbad nach Pfäffikon. Die
Bahnfahrt am Zürichsee entlang kostet 17,60 Euro (hin
und zurück), die Tageskarte fürs „Alpamare“ 31,60 Euro.
Dafür gibt es aber auch zehn verschiedene RiesenRutschen. Zurück in Zürich sind sogar noch 10,80 Euro
übrig. Ein Teil davon dürfte beim Besuch des LindtSchokoladen-Fabrikverkaufs draufgehen...
Ihr fahrt zu viert mit
dem Quer-durchs-LandTicket nach Berlin (hin
und zurück 24,50 Euro). In Berlin
tro-Hostel „Ostel“ einchecken (ec im DDR-Rebau!). Übernachtung im „Pionier hter PlattenAm nächsten Tag Berlin erkundelager“ (9 Euro).
im „Ostel“ schlafen. Jetzt geht’s n und wieder
tur: Zelt einpacken, mit der S-Bahraus in die Nafahren (2,80 Euro), am Dämeritz n nach Erkner
mieten (33 Euro pro Person für see zwei Kajaks
in See stechen. Abends an einem drei Tage) und
gen (9 Euro Platzgebühr). Nach Zeltplatz anledrei Tagen geht
es von Erkner wieder zurück in die
Im „Ostel“ übernachten und von Zivilisation.
90 Cent einen Schokoriegel kaufeden restlichen
n.
So kommst du
billig weg!
Für den perfekten Urlaub reichen
100 Euro und eine gute Idee.
Euro
100
verdienen
Wie du das am schnellsten
schaffst, liest du auf
klartext-magazin.de/47b/
urlaub
zu Gast bei Elchen
runterheizen!
Mit deinen drei besten Freunden fährst du mit dem WoPerchenendticket nach Freiburg (9,25 Euro pro restson). Übernachtung in Freiburg im „Blackfo ag)
Hostel“ (14 Euro). Am nächsten Tag (Sonnt
recke:
geht’s auf Europas längste Downhill-Roller-St und
Mit dem Bus zur Schauinslandbahn (2 Euro)einen
mit der Gondel hinauf (7,50 Euro). Dort damit
Mountainbike-Roller (19 Euro) mieten und terdie acht Kilometer lange Downhill-Strecke run
burg.
heizen. Mit dem Bus wieder zurück nach Frei -HoIhr übernachtet noch zweimal im „Blackforest den
stel“ und habt noch einen ganzen Tag, um auf
urchsMünsterturm zu steigen. Mit dem Quer-d o).
Land-Ticket fahrt ihr wieder zurück (12,25 Eur
Du fliegst von Frankfurt-Hahn nach Göteborg (Tickets gibt es schon ab 11 Euro – rechtzeitig buchen! – Busfahrt von Frankfurt Hbf nach Hahn kostet
12 Euro). Vom Airport geht es mit dem Bus direkt in die
Wildnis nach Kungälv (2,50 Euro) und dann weiter auf
dem Fernwanderweg „Bohusleden“. Übernachtung im
Zelt (Wildzelten ist in Schweden erlaubt!) oder in den
Vindskydds (Schutzhütten) am Weg. Verpflegung aus
Deutschland mitbringen, den ersten Supermarkt gibt’s
erst wieder nach fünf Tagen Wandern! Wenn du von keinem Elch angefallen wurdest, geht es von Uddevalla mit
dem Bus zurück nach Göteborg (7,40 Euro). Endlich
wieder duschen und in einem Bett schlafen! Übernachtung im Hostel gibt es ab 14 Euro. 5,40 Euro brauchst
du für die Rückfahrt zum Flughafen – bleibt sogar noch
Geld übrig für den letzten Abend.
KNORR-BREMSE GROUP
GUTE IDEEN HALTEN
LÄNGER ALS EIN LEBEN.
150 Jahre Georg Knorr
Vor 150 Jahren prägte eine Idee den Beginn der industriellen Mobilität: Den Transport großer Gütermengen zwischen
den Städten und wachsenden Industriestandorten voranzutreiben. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Als bedeutender Erfinder seiner Zeit entwickelte Georg Knorr zukunftsweisende Technologien wie die Druckluftbremse für
Güterzüge und nahm entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung des Schienenverkehrs zum beherrschenden Transportmittel. Knorrs unternehmerische Visionen – der Grundstein zu dem, was Knorr-Bremse heute ist: weltweit führender Hersteller von Bremssystemen für Schienen- und Nutzfahrzeuge. | www.knorr-bremse.com |
RZ-AD_GK_150J-A4_portrait_dt.ind1 1
04.08.2009 14:28:06 Uhr
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Text: Lisa Srikiow
Made in India
Betreff: Re: Endversion
----------------------„Vielen Dank!“
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Wer zu faul ist, nervige Aufgaben selbst zu
erledigen, lässt andere arbeiten. Das nennt man
Outsourcen. Angeblich spart man damit Zeit
und Geld. Klappt das auch bei Referaten?
Das Gesicht hinter
den E-Mails
Betreff: Urgent Request from Germany
-----------------------------„Hi Anne, Thanks for briefing us.
We can assist you in said task. However, we wont be able
to provide you the results by Tuesday of next week.“
------------------------------
Wir haben mit einer
Mitarbeiterin der Agentur
telefoniert: Mehr über ihren
Arbeitsalltag hörst du auf
klartext-magazin.de/47b/
outsourcen
28-29 Outsourcen.qxd
28.08.2009
14:13 Uhr
Seite 3
29
Betreff: Task for Germany
---------------------------„Hey Anne,
Not to worry, I have already assigned assistant to you. He will get in touch with you soon.
Regards, Smitha.“
---------------------------Betreff: Zwischenbericht
------------------------„Hallo Frau Schmidt,
heute schiche ich Ihnen die Zusammenfassung mit
noch einiger Informationen. Ich schicke die Endversion bis 16 Uhr MEZ. Ich tue auch einige passende Bilder in der Präsentation rein.“
-------------------------
Dienstag, 16.17 Uhr
Die meisten Lehrer haben mittlerweile mitbekommen, wie einfach
es ist, Hausaufgaben aus dem Internet runterzuladen. Webseiten
wie schoolunity.de oder wikipedia.com sind also nicht mehr
brauchbar. Indische Outsourcing-Agenturen garantieren maßgeschneiderte Dienstleistungen – eine Alternative für faule Schüler?
Wir machen den Test: Unser Lockvogel, nennen wir sie Anne,
macht sich auf die Suche. Die erste Agentur ist schnell gefunden,
Anne füllt das Onlineformular mit ihrer Anfrage aus und wartet...
Donnerstag, 13.17 Uhr
Erst die dritte Outsourcing-Agentur antwortet. Getfriday.com hat
sogar eine kostenfreie Hotline, Anne ruft sofort an. Die Unterhaltung auf Englisch ist zwar etwas mühselig, aber Herr oder Frau Smitha (Anne ist sich nicht ganz sicher) ist freundlich. Die Agentur
würde den Auftrag übernehmen.
Freitag, 12.45 Uhr
Ein reger E-Mail-Verkehr beginnt: Anne gibt ein paar kurze Anweisungen zum Thema, das Referat soll sich mit den Unterschieden
zwischen Männer- und Frauensprache beschäftigen – ein geeignetes Oberstufenthema. Der nächste Punkt ist die Bezahlung: zwölf
Euro pro Stunde wollen die Inder haben. Nicht billig, aber Anne
akzeptiert – ein Schulreferat sollte nicht allzu viel Zeit einnehmen.
Betreff: Persönlicher Assistant
-----------------------„Hallo Frau Schmidt,
vielen Dank, dass Sie uns die Aufgabe erteilt haben. Mein
Name ist Samik, und ich bin Ihr Assistent bei dieser Aufgabe. Ich fange in Kurzem mit der Aufgabe. Danach in 1 Stunde schicke ich Sie einen Zwischenbericht.“
------------------------
Dienstag, 17.17 Uhr
Ein paar Stunden später folgt tatsächlich der erste Zwischenbericht
mit Präsentation zum Thema Männer- und Frauensprache. Auf den
ersten Blick sieht es nicht schlecht aus: Tabellen, Beispiele und auffallend wenige Fehler. Anne weist nochmal darauf hin, dass das
Handout noch fehlt. Mittwoch, 9.45 Uhr
Samik antwortet schnell. Das Handout komme noch, auch die
Powerpoint-Präsentation sei nur ein Muster.
Freitag, 16.00 Uhr
Auf die Minute genau kommt Samiks E-Mail mit der Endversion
des Referats an. Der zweite Teil des Projekts beginnt. Anne lässt das
Ergebnis von einer Deutschlehrerin korrigieren.
Montag, 9.10 Uhr
Anne gibt ihr PayPal-Konto an, Kreditkarten nimmt die Agentur
auch. Als die Bezahlung geklärt ist, geht alles sehr schnell. Smitha
aus dem Support-Team antwortet zügiger – jetzt da der Auftrag gesichert ist.
Sonntag, 21.34 Uhr
Das Urteil fällt eher enttäuschend aus: Eine Vier, höchstens eine
Drei minus, würde Anne für ihr indisches Referat bekommen. Den
Anforderungen einer gymnasialen Oberstufe wird es nicht gerecht:
Die wissenschaftliche Grundlage fehlt, Quellen- oder Autorenangaben werden nicht aufgeführt. Samik hat wichtige Teile wie die Einleitung vergessen, die Gliederung ist unübersichtlich und in der
Präsentation wimmelt es nur so von Kommafehlern. Das Fazit
kommt gut weg, auch die inhaltlichen Angaben sind zum größten
Teil richtig. Insgesamt bleibt das Referat aber zu allgemein.
Montag, 11.30 Uhr
Ein kurzer Schreckensmoment. Der bisherige Kontakt verlief auf
Englisch, Anne will das Referat aber natürlich auf Deutsch haben.
Schnelle Nachfrage bei Smitha.
Outsourcen wird daher sicherlich nicht Schule machen: Fast zwei
Wochen hat das Hin und Her gedauert. Die Wartezeit könnte ein
Schüler vielleicht noch in Kauf nehmen – 96 Euro würde aber sicher niemand für eine Vier bezahlen!
Dienstag, 11.45 Uhr
Der persönliche Assistent Samik meldet sich zum ersten Mal bei
Anne – auf Deutsch. Er verspricht, sich an die Arbeit zu machen.
Betreff: Endversion
----------------------------------„Hi Anne,
ich habe Ihnen schon einmal die Präsentation geschickt. Ich
glaube, dass Sie das nicht erhalten haben. anbei schicke Ich Ihnen die Endversion noch einmal. Ich würde Ihnen gerne mitteilen, dass das Thema auch mein Interrese geweckt. Wenn Sie später auch Aufgaben für uns haben, würde ich mich sehr freuen.
Herzlichen Dank und viel Glück zu Ihrer Präsentation.
Für eine Eingangsbestätigung bedanke ich mich im Voraus.“
-----------------------------------
Betreff: German speaking assistant?
----------------------------„Hi Anne, Sure, we will assign you assistant who
can provide services and do your task in German.
Regards, Smitha.“
-----------------------------
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24.08.2009
17:22 Uhr
Seite 2
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Text und Fotos: Sebastian Erb|Comic: Simon Sieber
Im Auge
des Sturms
Er ist auf der Hut. Wenn auf dem Display „Unbekannter Anrufer“ steht , dann
geht er nicht mehr dran. Wenn er einen Werbebrief bekommt, wird er nervös,
denn dann weiß irgendjemand da draußen, wo er wohnt. Und trotzdem sagt
Tibor Sturm: „Inzwischen fühle ich mich wohl in Berlin. Angst verspüre ich
nicht mehr.“
Ein junger Schwarzer, der von Nazis angegriffen wurde, sich gewehrt hat, sieben Monate im Gefängnis saß – das ist seine Geschichte. Und die hat
QuietStorm, wie Tibor Sturm sich nennt, bekannt gemacht in der Szene der
Antifaschisten und unter Rappern, die mit Gewalttexten nichts zu tun haben
möchten. Manche nennen ihn eine Kämpfernatur. Sie finden ihn inspirierend, wie er trotz allem mit erhobenem Haupt durchs Leben geht. Er wird eingeschüchtert, erhält Morddrohungen und er gibt trotzdem nicht auf. In
gewisser Weise wurde Tibor Sturm zum Symbol des Kampfes
gegen Rechtsradikale. Und er fühlt sich wohl dabei.
Wie verabredet wartet er an der U-Bahn-Haltestelle. Auch wenn er ein leuchtend rotes T-Shirt trägt, fällt er nicht weiter auf. Seine Augen versteckt er hinter einer schwarzen Sonnenbrille. Er schaut sich um. Tibor Sturm ist 34 Jahre alt, stämmig, 1,94 Meter groß, vielleicht auch 1,95 Meter. Wenn man genau
hinschaut, sieht man auf Tibors rechtem Arm einige schwarze Striche. Ein
großes Tattoo, dass sich den Oberarm hochzieht. Es ist ein Motiv des Künstlers H. R. Giger, der es für ein Tarot-Set schuf. Der Name des Motivs: „Der
Tod“. Allerdings ist die Tätowierung noch nicht ganz fertig.
Am 12. Februar, das Datum weiß er noch ganz genau, bekam Tibor den ersten Anruf. Die Rufnummer unterdrückt. „Wir werden das zu Ende bringen,
was unsere Kameraden nicht geschafft haben“, sagte die Stimme. Und: „Stirb,
Nigger“. Wegen der Morddrohungen gegen ihn wurde ihm eine sichere Woh-
nung in München angeboten, mit Personenschutz, rund
um die Uhr, jeden Tag. Doch das wollte er nicht. Zu der
Zeit war er in Berlin – und blieb dort. Er hatte nur seine
Sporttasche dabei, nicht viel mehr als ein paar Klamotten. Der Rest sei eingelagert, er komme da nicht dran.
Achtmal ist er seitdem umgezogen, oft wusste er nicht,
wo er nun schlafen sollte. Auf seinem Facebook-Profil
steht der Satz: „FREEDOM IS..... Sometimes
Harder than i thought....“.
Über sein Leben zu reden, dafür nimmt Tibor sich viel
Zeit. Über seine Geschichte. Er erzählt seine Geschichte aber so, wie es ihm passt.
Ab und zu zündet er sich eine Pall-Mall-Zigarette an.
Und dann sagt er plötzlich, er habe jetzt seinen wichtigen Termin. Er tippt die Adresse in sein Nokia Smartphone ein: Kunstzentrum Radialsystem, Holzmarktstr.,
Nähe Ostbahnhof. Ein Dutzend Polizeiautos stehen
dort, die Straße ist abgesperrt. Eine Polizistin fragt ihn
nach seinem Ausweis. Er zeigt ihn ihr. Sie fragt ihn nach
seiner Einladung. „Brauch’ ich nicht“, sagt Tibor Sturm
und geht weiter. Und er braucht sie wirklich nicht.
Sie kennen ihn hier, in der Backsteinhalle bekommt er
einen reservierten Platz ganz vorne, zweite Reihe. Er
streckt die Beine lang aus, gemütlich, er ist heute hier,
weil er dazugehört. Auf der Rednerliste: Klaus Wowereit,
der Regierende Bürgermeister von Berlin, SPD-Chef
Franz Müntefering und Außenminister Frank-Walter
Am Donnerstag kommt eine SMS : „(...) Ich habe gerade den wichtigsten Termin meines Lebens verpasst bekommen. Leider morgen um 18Uhr.“
QuietStorm rappt gegen Rechts, wird von
Nazis angegriffen, kommt ins Gefängnis.
Und kämpft weiter. So gut die Geschichte
auch klingt – sie bleibt undurchsichtig.
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24.08.2009
17:22 Uhr
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31
Die Nazis wollen euch
mit Musik ködern.
Sein Kampf gegen Rechts:
Tibor Sturm gibt Workshops
in Schulen und Jugendzentren.
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24.08.2009
17:22 Uhr
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Nigger!
te!
7 Mona
?
Was
„Afrodeutsch und sorgenfrei“ hat er einen seiner Songs genannt.
Tibor Sturm irgendwo in Berlin.
Die Geschichte, wie er sie erzählt,
lässt sich nicht nachprüfen.
Steinmeier, der Kanzler werden will. „Heimat Metropole“ ist das Thema der Veranstaltung, aber das ist nicht
so wichtig. Drei Kollegen vom Projekt „GangWay
Beatz“ rappen, das interessiert Tibor schon eher. Er
wippt im Beat mit. Danach gehen alle nach draußen; an
der Spree ist es ein bisschen kühler, die Atmosphäre
locker, es gibt Bier.
Erko, der Rapper, der gerade noch auf der Bühne stand,
sagt: „Das wichtigste ist, er ist unser Bruder. Er ist nicht
allein.“ Eigentlich wollte Tibor mit Herrn Steinmeier reden und Herrn Müntefering, aber die sind in Gespräche
vertieft. Dann klappt zumindest noch ein
Foto mit dem Außenminister, ein Händeschütteln. Steinmeier strahlt, Tibor auch. Er
ist dabei, er wird endlich ernstgenommen.
Tibor war immer schon politisch, hat im Kommunalwahlkampf öffentlich seinen Kandidaten unterstützt.
Doch obwohl er sie um Hilfe gebeten hat – vor den sieben Monaten Knast konnte ihn keiner seiner Bekannten aus der Politik bewahren.
Tibor zieht eine Postkarte aus der Hosentasche, sie ist
zerknittert und in der Mitte gefaltet. Seine Glückspostkarte ist das, sagt er, die hat er immer dabei. Vorne ein
Porträt von ihm im Comic-Style, in Graffiti-Schrift
steht da „Freiheit für Tibor“. Auf der Rückseite schreibt
ein Thomas: „Lieber Tibor, solidarische Grüße und viel Kraft“. Von diesen Postkarten habe er bestimmt 1000 bekommen, sagt Tibor, dazu viele Briefe. Das
gab ihm Hoffnung.
Heute schildert Tibor den Angriff, der ihn ins Gefängnis brachte, so: Nürnberg, in der Nähe des Reichsparteitagsgeländes. Ein
kalter, nasser Abend im Dezember 2005, er ging von einer Feier zurück zum Auto. Da hörte er Geschrei, sie riefen seinen Namen. Nazis. „Heute
Nacht muss du sterben, Nigger!“. Er rannte weg, blieb dann stehen. In seinem
Kopf blitzte auf: Wer hat Angst vorm schwarzen Mann? Der Kindergarten. Er
war immer der schwarze Mann. „Ich wollte nicht mehr weglaufen“, sagt er. Also
schlug er um sich. Griff nach einem Holzpfahl, den er am Boden fand und hämmerte ihn einem der sechs Angreifer auf den Schädel. Die Polizei kam. Vier
Streifenwagen, acht Polizisten. Sie mussten ihn bändigen.
Tibor zeigt mit seinem Zeigefinger ins Gesicht. Das Jochbein war gebrochen,
die Gesichtshälfte doppelt so dick, sechs Zähne kaputt. „Ich hatte das Gefühl,
jeden Moment stirbst du.“ Tibor ist überzeugt: Sie wollten ihn umbringen. Er
fühlte sich dem Tod ganz nah. Der Prozess gegen die Angreifer stehe noch aus,
sagt er. Der Justizsprecher in Nürnberg sagt, davon wisse er nichts.
Das Problem mit Tibors Geschichte ist, dass nur er ihren Kern kennt. Auch viele aus seinem Umfeld kennen die Umstände nur vom Hörensagen. Anhand der
Daten, die Tibor nennt, sind die Gerichtsakten nicht zu bekommen. Es gibt nur
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24.08.2009
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die Geschichte, die Tibor erzählt. Und darüber schwieg Tibor lange Zeit.
Selbst seinem Vater sagte er anderthalb Jahre nichts. Aus Scham? Aus Verdrängung? Oder weil vielleicht doch nicht alles so war, wie er selber irgendwann zu glauben begann?
Als Tibor dem Mann auf den Kopf schlug, wurde der schwer verletzt, Schädelbruch, Kleinhirnquetschung. Deshalb landete Tibor vor Gericht, nicht
als Zeuge, sondern als Angeklagter. Der Vorwurf: Notwehrexzess. Er habe
zu stark zugeschlagen, zudem war er kampfsporterfahren. „Das war der eigentliche Grund für die Verurteilung“, sagt Tibor. Wie er selber sagt, nahm
Tibor den Prozess nicht ernst, dachte die ganze Zeit, er würde nun freigesprochen. Lachte, antwortete nicht auf Fragen. „Ich war naiv“, gesteht Tibor zu. „Ich habe dazu beigetragen, dass die Strafe so war.“ Trotzdem sei
das Urteil vielleicht „rechtlich korrekt, menschlich aber nicht nachvollziehbar.“ Er bereut es nicht, sich nicht entschuldigt zu haben. „Ich habe
mich nicht entschuldigt, dass ich Schwarzer bin.“
Dass viele ihm sagten, er sei zu Unrecht im Gefängnis, er sei vom Opfer
zum Täter gemacht worden, das hat ihm geholfen. Im Großen und Ganzen sei es zwar natürlich nicht schön gewesen im Gefängnis, sagt er. Aber
es hätte schlimmer sein können. Er arbeitete als Koch, hatte deshalb eine
Einzelzelle. Er hat dort gelernt, wie man Schweinebraten und Klöße
macht. Und er hat viel nachgedacht über sein Leben. Über seine Kindheit.
Beim Versuch Tibor zu verstehen, hilft es, etwas über seine Kindheit zu erfahren. Was ist das erste, an das er sich erinnern kann? „Das N-Wort. Das
hat mich Zeit meines Lebens begleitet.“ Er war immer der Neger. Er fühlte sich minderwertig. „Ich musste mich täglich rechtfertigen, wo ich herkam.“ Dabei war er doch ein ganz normaler Junge, der in einer Kleinstadt
in der Nähe von Nürnberg aufwuchs, Einzelkind, die Mutter Zahnarzthelferin, der Vater im Immobiliengeschäft. Seinen leiblichen Vater kannte er
nicht.
Er war ein ganz normaler kleiner Junge. Bis er neun war, dachte er, er sei
der einzige Schwarze auf der ganzen Welt. Ein Junge, der auf die Frage „Warum bin ich schwarz?“ die Antwort bekam: Weil Gott es so wollte. Ein Junge, der sich oft alleine fühlte. Als Opfer.
Seine Herkunft, die war für ihn wie ein Puzzlespiel, das er nach und nach
zusammensetzte. Mit 17 fand er schließlich heraus, wer sein leiblicher Vater ist, ein US-Soldat, der von seinem Sohn in Deutschland gar nichts wusste. Er rief ihn an, dessen Frau war dran, dann kein Kontakt mehr. Zwei
Tage vor seinem 18. Geburtstag bekam er Post aus Brooklyn, New York.
Mit 21 flog er hin. Heute habe er ein gutes Verhältnis zu seinem leiblichen
Vater, den er Dad nennt, und auch zu seinem Stiefvater. Der sagt: „Das ich
nicht sein leiblicher Vater bin, war nie ein Problem.“
Seine Hautfarbe, die prägte Tibors Leben von Anfang an.
Sie katapultierte ihn aus der Kindheit ins Erwachsenendasein. Eines der ersten Bücher, das er las: Kants „Rassentheorie“, da war er
12 Jahre alt. Dann Nietzsches „Morgenröte“. Harter Stoff. Aber Tibor
konnte nicht anders, als nach Antworten zu suchen, warum er anders war
als andere, rein äußerlich. „Schneiden wir mal deinen Buschkopf wieder“,
so redete früher die Friseurin mit ihm. Heute trägt Tibor die Haare kurzgeschoren.
gegen
Musik
Rechts
Nicht nur QuietStorm
singt gegen Rechts.
Online hörst du die zehn
besten Anti-Nazi-Songs:
klartext-magazin.de/
47b/gegenrechts
Wenn Tibor redet, schwankt seine Stimme schnell von
ernsthaft bis spaßig. Gerne sagt er „ganz geil“, dann
kommt plötzlich eine Formulierung wie aus dem Soziologie-Lehrbuch. Und manches Mal zieht er beides zusammen in einen Ausdruck: „So ist eben der Status
Quo im Business“. So redet Tibor. Lässig. So ist er auch,
lässig, vielleicht manchmal zu sehr. So erzählt er seine
Geschichte.
Inzwischen hat Tibor in Berlin eine feste Wohnung. Er
schläft immer lange, bis um elf Uhr mindestens, manchmal gibt er später Workshops. Das ist seine Hauptbeschäftigung, seit er den Brothers Keepers beigetreten ist,
einer Vereinigung von Künstlern, die sich gegen Rassismus einsetzen. Xavier Naidoo und Samy Deluxe gehören dazu. Abends hat Tibor ab und zu einen kleinen
Auftritt, für den Herbst planen sie eine Schultour durch
Ostdeutschland. Und dazwischen denkt er sich neue
Songs aus, die Ideen findet er im Leben, es geht um Obdachlose, Straßenjungen, Schwarze in Deutschland. Er
will die Leute unterhalten, sagt er, aber sie sollen auch
nachdenken über die Welt, in der sie leben.
In der Jury des Musikwettbewerbs „Nazis aus dem Takt
bringen“ sitzt er schon, jetzt will er noch in den Wahlkampf einsteigen. Er soll für Steinmeier einen Wahlkampfsong produzieren, vier Strophen plus Refrain. Er
wird rappen und drei andere auch. Dazwischen Ausschnitte aus Steinmeier-Reden. Authentisch soll es sein
und per Youtube unter die Leute kommen. „Du musst
als Künstler eine Meinung haben, damit das Land geführt wird, wie du möchtest“, sagt Tibor. Er hat sich alle
Parteiprogramme angesehen und gemerkt: Am besten
passt zu ihm die SPD.
Was Tibor gar nicht ausstehen kann: Rap, wie ihn Sido,
Bushido oder Frauenarzt performen. Frauenverachtende Texte, Gewaltverherrlichung. Das sei doch Missbrauch von Rap, nur um mehr Platten zu verkaufen.
„Es gibt viele Rapper, die nicht authentisch sind“, sagt
Tibor Sturm.
Bei seinen Workshops in Schulen und Jugendzentren
will er den Schülern zeigen, welche Probleme es mit
Rassismus gibt; er will, dass sie aufpassen, welche Musik sie hören. „Die Rechten finden immer wieder einen
Weg, um mit Musik Leute zu ködern.“ Dagegen will er
kämpfen. Den großen Durchbruch als
Rapper hat QuietStorm nicht geschafft, aber
er hat eine besondere Gabe, junge Leute zu
begeistern, sagen die, die ihn kennen. Es
ist sein Kampf und der ist noch lange nicht
vorbei.
Dazu passt auch das Tattoo auf Tibors Arm. Er hat
überlebt, deshalb hat er sich für den Tod als Figur entschieden. Aber der Umhang fehlt noch. Fünf Termine
waren für die Tätowierung angesetzt, dreimal war er
schon dort. Aber jetzt sitzt der Tätowierer im Gefängnis und kann das Kunstwerk nicht vollenden. Der Tod
muss warten.
Als in der neunten Klasse die NS-Zeit auf dem Stundenplan stand, holte er sich Adolf Hitlers Buch „Mein Kampf“ fürs Referat. Das stand bei seinem Opa im Regal.
Das ist die Geschichte, wie sie Tibor erzählt. Selbst wenn sie
nicht so stimmen würde, er könnte sie gar nicht mehr anders
erzählen. Es ist seine Geschichte. Ein Berliner Filmemacher
hat einen Kurzfilm darüber gedreht, der auf vielen kleinen
Festivals in Deutschland läuft. Auch der Film zeigt nur
Tibors Sicht.
33
34-35 Krise für Anfänger.qxd
28.08.2009
14:14 Uhr
Seite 2
34
Text: Katharina Zabrzynski|Fotos: Erol Gurian
Party auf Pump
Alle reden von der Finanzkrise, keiner versteht sie wirklich.
Dabei lässt sie sich in fünf Minuten am Tresen erklären.
1.
Rudi hat eine Kneipe in München-Schwabing. Seine Stammkunden sind gesellig und trinkfest, aber nicht gerade zahlungskräftig.
2.
Eines Tages hat Rudi eine
außergewöhnliche Idee: Ab sofort können die Kunden alle
Getränke anschreiben lassen.
Das Motto: Trinken Sie jetzt
und bezahlen Sie später. Damit
will er den Umsatz steigern.
3.
Die Kneipe wird zum Renner in der Stadt. Immer
mehr Gäste drängen in
Rudis Kneipe und trinken,
als gäbe es kein Morgen.
4.
Schritt für Schritt erhöht Rudi die
Preise. Trotzdem trinken die Gäste
immer mehr. Um die Bezahlung
müssen sie sich ja keine Gedanken
machen. Rudis Umsatz steigt.
5.
Immer mehr Kneipen übernehmen
Rudis Konzept.
Auch der Kundenberater der lokalen
Investmentbank hat
von Rudis Erfolg
gehört und wittert
ein Geschäft.
34-35 Krise für Anfänger.qxd
28.08.2009
14:14 Uhr
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35
6.
7.
Weil Rudi kein Bares mehr
hat, bietet der Banker ihm einen Kredit mit niedrigen
Zinsen an. Als Gegenleistung
bekommt er die Bierdeckel
mit den angeschriebenen Getränken. Der Plan des Bankers: die Bierdeckel verkaufen
und viel Geld damit machen.
Triple A (AAA) steht
in der Finanzbranche für höchste
Kreditwürdigkeit
von Wertpapieren.
8.
Der Banker sortiert die Bierdeckel und fasst sie mit anderen Schuldscheinen zu Wertpapieren zusammen. Jetzt heißen
sie SUFFDERIVATE, FUTURESCHNAPSZERTIFIKATE und
BIEROPTIONSSCHEINE.
Per E-Mail werden die Wertpapiere
bei einer „seriösen“ usbekischen Versicherung abgesichert.
10.
9.
Keiner versteht die Abkürzungen der Wertpapiere. Aber dank
Absicherung und exzellenter Bewertung werden sie ein Hit unter Investoren. Der Banker erhält einen sechsstelligen Bonus.
Die Wertpapiere werden von Finanzpapier-Testern mit besten
Noten bewertet. Der Investmentbanker bedankt sich mit
lebenslangem Freibier.
11.
Eines Tages stellt der
Banker fest, es sei an der
Zeit, die ältesten Deckel
von Rudis Kunden abzukassieren. Die Gäste
können ihre Schulden
aber nicht bezahlen.
12.
Rudi hat mit den Bierdeckeln
prima verdient, weiß aber,
dass die goldenen Zeiten
vorbei sind. Er schließt den
Laden und macht sich
auf den Weg nach Mallorca.
13.
Die Party auf Pump ist vorbei:
Die Wertpapiere verlieren
98 Prozent an Wert. Der Bierund Schnapslieferant geht
pleite, weil viele Kneipen dicht
gemacht haben. Das Geld
der Investoren, die SUFFDERIVATE gekauft haben, ist futsch.
14.
Alter Wein in neuen Schläuchen: Tanja übernimmt die
Kneipe. Die alten Kunden sind
aber hoch verschuldet und
müssen auf Bier verzichten.
Der Staat rettet mit Steuergeldern die Banken – und damit
auch den Job des Bankers.
36 poetryslam.qxd
24.08.2009
18:44 Uhr
Seite 2
36
Ana Ryue, 17
Ich nehm kein Blatt
vor den Mund,
sondern schreib drauf.
David Friedrich, 18
stop.motion: das ist eine bilderkette zu so einer art pilgerstätte.
Gedanken, Gefühle, in Worte gefasst, ich fass sie zusammen und schreib sie auf. Das Blatt als Truhe meines
Worschatzes und der Stift als Bote.
„Gefühle kann man nicht aufschreiben.“, sagst du.
„Macht nichts.“, schreibe ich.
ich steh auf ner bühne zitiere feierlich die strophen
ca. über 100 leute leihen mir ihre ohren
worte kleben,
bleiben in
den poren,
haken sich fest.
ich seh, dass es kleine, psychische narben hinterlässt.
lasst! Lass, so lass los.
stop motion. don’t fuck the rotation!
zapp: reihenhaus, bäume weichen aus.
zapp: wir brauchen mehr platz für noch weniger arbeitsplätze.
stop.motion: das ist eine bilderkette zu so einer art pilgerstätte.
stop.geh nicht! es ist kalt draußen.
zur zeit wachsen nur alptrauben.
stop.ich bemühe mich, doch ich komm
nicht voran
weils nicht grün ist. sondern rot. überholverbot.
doch blinken bringt einen doch eh nur vom
geraden weg ab.
weg a ab.
mein fotoapparat ist so alt, der passt nicht
mal in einen h-milch tetra pak.
stop.motion.
ich baue bildhaft brücken über ebenen und
überquere flüsse per zebrastreifen.
Gefühle sind zum Leben da, und
vielleicht wollen sie ja gar nicht, dass man
soviel über sie redet.
Kaleb Erdmann, 18
Ich will erzählen wie’s
begann mit meinen reimintentionen am anfang wollt ich nur meine Ikonen
klonen
doch dann kamen immer eigene ideen und langsam habe ich - eingesehen
ich müsste eigentlich meinen eigenen weg
gehen statt vor plattenläden rumzustehen
ich hab mich also an
mein schreibtisch gesetzt und hab mich gefragt wie entsteht eigentlich ein text?
Und wenn ich sage, dass ich verliebt bin, weißt du was ich meine,
ohne dass es Schmetterlinge im Bauch braucht oder Die-ganzeWelt-umarmen-können.
Ich umarm lieber Dich, ohne was zu sagen. „Wir müssen doch
nicht alles zerreden.“, sage ich, aber du willst wissen, was los ist.
„Schau mir doch in die Augen.“, denke ich, aber dein Blick geht an
mir vorbei ins Leere.
Ich nehm kein Blatt vor den Mund,
sondern schreib drauf.
Schreib auf, dass ich dir nicht
alles in Worten vor die Füße
werfen will, dass ich dich
nicht merken lassen will, wie
es meinem Herz geht und
dass ich dir keine Geschichte
erzählen will von einem Mädchen, das nicht mehr wusste,
was sie sagen soll.
Wenn Blicke nicht reichen
und sich nicht mal begegnen,
wenn nicht mal aneinander
vorbeigeredet wird, sondern
überhaupt geredet wird, ohne
dass einer von uns hinterher
weiß, wie es weitergeht.
Vielleicht ist es dann zu spät.
Und muss ich jetzt sagen, der
Zug ist abgefahren, die Zeit ist
abgelaufen oder es ist vorbei,
damit du mich verstehst? Reicht es dir nicht, dass du mich nicht
anschaust, um zu merken, was du willst?
Wortplantage
s
bild.ich gehe den lyrischen
jakobsweg
und entdecke aufgaben, die auf das
wachstum meiner leber scheißen.
bild.die welt ist eine wortplantage. seid ihr
mit mir auf der vorfahrtstraße?
kein fein pixelfilter. plaketten
von farbklecksen, total egal.
bild.manchmal kommt man mit der bremse weiter als mit dem
gaßpedal.
stop.drive
stop.motion.
das ist eine bilderkette auf dem weg zu so einer art pilgerstätte.
stop.motion.eine art diashow.
ich sehe viele auf der bühne (klasse performence) doch lyrisch unterste economy.
na kommen sie. da kommen die an und machen ein auf comedy.
stop. sei nicht überheblich, lass dich unterhalten.
ha ha ha ho he hi
doch nimm zur abwechslung mal
po e siiiiiiiiiiiiiideen
sind mangelware,heutzutage machen slammer texte darüber, dass sie texte, was sie
für texte machen,wie man am besten texte
macht, was andere slammer für texte machen, oder darüber dass andere slammer
texte darüber machen dass wiederum andere slammer texte machen und was die
für texte machenwas ist das dann für ein
text. das ist keine poesie, das ist
poetik.tik.tik.tik
stop.motion
am baum des lebens wachsen nur noch leere hülsenfrüchte.
sagt die eine zur anderen: ich lehre dir den übermensch!
darauf die andere: du bist doch nur ne leere nuss!
eine dicke hülle ohne inhalt. ein schönes leben ohne sinn.
ein top aktuelles modernes farbiges G8 schulbuch, in dem nur
scheiße drin steht.
ein supergeiler cooler slammer, der nur texte darüber macht, dass
er texte macht.
stop motion.
ich laufe durch eine versallee,
es liegt erster schnee
und ich sage dir: der zahn der zeit ist ein eifriges nagetier,
ich sehe falten und falter und falltüren im winterfell.
der eingang zur hinterwelt.
schneebedeckte landschaften, kieselsteine auf den gehwegen
ich trete an zum winterdienst, kehre die einfahrt mit dem schneebesen.
Drei U20-Poetry-Slammer schreiben
über den Kampf mit der Sprache.
ich hatte mir das etwa so vorgestellt mit ideen ist es doch wie mit
dem geld - sie liegen auf der straße man muss sie nur finden - aufsammeln
zusammenbinden und bevor sie verschwinden sich nen text draus winden
- aber - leicht gesagt doch - weit gefehlt weil, man sich immer fragt ob man die
richtigen wählt
denn wenn man einfach immer mehr gedanken zusammenschreibt
ist man irgendwann leer oder überladen wie ein mastschwein
wenn das
passiert ist mit dem schreiben schnell schluss - hätt ich das nur mal - vorher
gewusst - denn so hab ich ne stunde verträumt ausm fenster geschaut - dann kaugummi kauend aus geklauten ideen 'nen text gebaut - was dabei rauskam war
grausam - in einem wort lauwarm - ich begann zu zaudern - denn -
Ich nehm kein Blatt vor den Mund, sondern schreib drauf. Schreibe und schreibe
und schreibe, will nicht anders, kann
nicht anders, meine Wörter als Trichter
meines Herzens. Denn ohne sie könnte
ich nicht sein.
ich wollt eigentlich zaubern aber schau an: zum schaudern. Aber soviel ich auch schreibe, soviel Tinte,
die ich benutze, nicht verschwende, sie
ich hab das ganze auch mal
nem kumpel gezeigt der hat zuerst kritisch den kopf geneigt dann doch
reicht nicht aus, um zu zeigen, wie es mir
interesse gezeigt und letztendlich gemeint: gib mir fünf minuten einlesezeit.
wirklich geht.
dann las er den text nur abschnittsweise lächelte auf zynische art und weise
und sagte dann leise:
Aber das ist gut so
dein text ist scheiße.
mir wurde also klar ich brauch 'nen ganz neuen ansatz ich mach das ganz anders denn ich
weiß ich kann das!
glücklicherweise hab ich dann bald verstanden: man
braucht zuerst einen grundgedanken. den muss man sich dann von allen seiten
anschaun und ihn dann noch kräftig ausbaun
behängen und schmücken wie ein
tannbaum deshalb war ich die
folgenden tage - schwer beschäftigt mit der themafrage. vielleicht einen text
über den größten verbrecher aller zeiten
george bush den zweiten? aber die
idee hab ich dann schnell überwunden - hab einfach nich genug reime auf idiot
gefunden
außer vielleicht tod und so weit wollt ich nicht gehen - kann sonst
morgen wolfgang schäuble auf video sehen.
ich suchte immer weiter und weiter
und nach einigem weiteren scheitern - brach schon der tag des slams an.
und dann tat ich das was alle dichter je taten denen keine themen
mehr
blieben - ich hab nen text übers texteschreiben geschrieben.
anblick, der den atem raubt,
warten auf
den frühling, der den damm bricht,
Ende vom Samenstau.
denn Dinge,
die man nicht
ausdrücken
kann, haben
meist am meisten
Ausdruck.
Und mein Herz ist froh darüber, dass es
nicht jedes Gefühl an ein Wort verschwenden muss.
Und jetzt hast du begriffen. „Leb wohl.“, denkst du und ich lese es
in deinen Augen, die mich endlich anschauen.
Autoren
Unsere
beim Performen
Wir haben einen Poetry
Slam in München besucht.
Das Video siehst du auf:
klartext-magazin.de/
47b/slam
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Konzept: Thomas Salter, Lisa Srikiow|Foto: Erol Gurian
Die iZelle
„Das kann ich auch“, dachte sich die Telefonzelle, als sie das neueste Smartphone sah.
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Text: Name Name Foto: Name Name
Das erste Mal bemerkte Lars seine Verfolger in der U-Bahn. Von da an sah er sie überall.
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Text: Carina Braun|Fotos: Erol Gurian
Die Joints.
Der
Rausch.
Die Blicke.
Kiffen gehört für viele zum Alltag.
Für Lars Schumann veränderte es die Welt.
Diagnose: Schizophrenie.
Der Drogentrip, der nicht verging, begann an einem Tag im Dezember. Lars Schumann kam von der Arbeit.
Er war 21, Zivildienstleistender und vor
wenigen Monaten von zuhause ausgezogen, vom Dorf ins nahe gelegene Hamburg. Lars war beliebt und selbstbewusst,
einer, mit dem man was trinken gehen,
aber auch reden konnte. Er war es gewohnt, im Mittelpunkt zu stehen. Mit
vier Freunden hatte er eine WG nahe der
Reeperbahn gegründet. Sie feierten die
neue Unabhängigkeit, Alkohol und Gras
waren zum täglichen Ritual geworden. Es
war eine einzige, lange Party.
Name von der Redaktion geändert.
THC, Delta-9-Tetrahydrocannabinol, ist der Hauptwirkstoff von Cannabis. In niedrigen Dosen wirkt er euphorisierend und entspannend.
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Heute, drei Jahre später, sitzt Lars in einem Sessel vor seinem Haus, blinzelt in
die Sonne und versucht, sich zu erinnern, was seither passiert ist. Es ist ein
guter Tag. Er kann sich konzentrieren
und lange Gespräche führen, nur hin
und wieder stockt er ein bisschen, wenn
er nach Details sucht. Es ist ein gu-
ter Tag, denn es ist Donnerstag,
und am Dienstag erst haben
sie ihm seine Medikamente gespritzt. „Mein Depot ist voll“,
sagt er und lächelt.
Er ist ein kräftiger, nordischer Typ mit
blauen Augen und rötlichem Sechstagebart. Dass er krank ist, sieht man ihm
nicht an. Er hat etwas Ruhiges, Wetterfestes an sich und wählt seine Worte
sorgfältig. Aber der Versuch, sich seiner
Vergangenheit anzunähern, erschöpft
ihn sichtlich. Noch immer kostet ihn
die Krankheit Kraft.
Was er am meisten vermisst, ist die alte
Sicherheit: schlagfertig zu sein, andere
mitreißen zu können. „Der Sunnyboy
der Klasse“, hat ihm einmal eine Lehrerin ins Zeugnis geschrieben. Nun fällt
es ihm oft schwer, Fremden gegenüberzutreten. „Es ist so eine Grundnervosität da“, erklärt er. „Ein Gefühl, dass
andere bemerken, dass meine Einheit
nicht stimmt.“ Gesten und Blicke
nimmt er sich schnell zu Herzen. Er ist
verletzlicher geworden.
An jenem Abend im Dezember
hatte er wie immer schon den
ersten Joint geraucht, den täglichen „Feierabendpokal“ nach
der Arbeit, und sich anschließend auf den Weg nach Hause
gemacht. Aber etwas war anders
dieses Mal. „Es war, als hätte ich etwas im Gesicht, auf das mich keiner aufmerksam machen wollte“, sagt er. In
der Bahn starrten ihn die Leute an, als
wollten sie ihn durchlöchern mit ihren
Augen. Unsicherheit schlich in ihm
hoch, er setzte Kopfhörer auf und versuchte, abzuschalten. Aber die Blicke
hörten nicht auf. Nicht an diesem Tag,
nicht am nächsten, nicht, als er wieder
nüchtern war, und auch nicht die Woche darauf.
In Menschenmengen war es am Schlimmsten – wenn er den Blicken nicht entgehen konnte.
Dopamin gehört zu den sogenannten „Glückshormonen“. Aktuelle Studien legen aber nahe, dass es auch eine Rolle bei Ängsten spielt.
Gegen Ende des Jahres liefen ein paar Dinge nicht mehr so
gut. Die Beziehung zur Freundin zerbrach. Er hatte das Fachabi verhauen und bekam Absagen auf seine Bewerbungen
um einen Ausbildungsplatz. Nachts lag er wach und
Schizophrenie stellt sich langsam
ein. Anfangs sind es Kleinigkeiten: Far-
haderte mit seinen Gedanken. Da rauchte er
auch, um Schlaf zu finden.
ben, Gerüche, Geräusche. Die Lichter werden greller, die Gespräche lauter, die Blikke durchdringender. „Erst hat es mich nur
irritiert“, erinnert sich Lars.
Es war das Cannabis, sagt er rückblickend,
das ihn damals in die Psychose trieb. Mit
16 hatte er zum ersten Mal gekifft, dann
war es zum Wochenend-Vergnügen geworden und nach dem Auszug von zuhause
zur Alltäglichkeit. Erst rauchte er, weil die
anderen rauchten, dann, um besser feiern
zu können.
Beim Kiffen schüttet das Gehirn Dopamin aus – ein Botenstoff, der für die Übertragung von Reizen zuständig ist. Der
Körper produziert ihn eigentlich immer dann, wenn etwas
eine erhöhte Aufmerksamkeit erfordert, bei Gefahr oder
Stress etwa. Auf kurze Zeit wirkt er aber auch berauschend:
Der Mensch nimmt seine Umwelt sensibler und intensiver
wahr. Doch wenn der Körper den Stoff nicht mehr abbaut,
wird die Reizüberflutung zum Dauerzustand und aus dem
Höhenflug eine Qual. Die Erkrankten leiden unter Wahrnehmungsstörungen, die ihnen völlig real erscheinen, und beziehen ihre ganze Umwelt auf sich. Oft rutschen sie in einen
Verfolgungswahn. 17_22_Kiffer.qxd
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Auch Lars begann bald, sich vor den Menschen zu fürchten. Er entwickelte Strategien, um ihren Blicken aus dem Weg zu gehen. Er lief Umwege und mied öffentliche
Plätze. Musste er Bahn fahren, versteckte
er sich hinter einem Buch. „Wenn jemand
einsteigt, schaut er sich meist nach einem
freien Platz um“, erklärt er. „Aber ich war
mir sicher, sie suchen mich.“
Gesprächsfetzen, das Fernsehprogramm, selbst Autokennzeichen
und Telefonnummern enthielten
plötzlich verschlüsselte Botschaften, die nur ihn betrafen. Die Anzei-
Zimmer. Er litt unter Depressionen und malte wie ein Getriebener bedrückende Bilder auf Wände und Papier. Manchmal
ging er tagelang nicht aus dem Haus, doch bald fanden die Verfolger subtilere Wege. Lars begann, Stimmen zu hören. Sie krochen in seinen Kopf, verspotteten und demütigten ihn, bis er
kaum noch schlief.
Damit sie seine Gedanken nicht belauschen konnten, drehte er die Musik laut auf. In einer Nacht im
Mai standen die Mitbewohner in der Tür, weil sie
aufgewacht waren von dem Lärm. Es war die
Nacht, bevor sie ihn in die Klinik brachten. Drei
Wochen verbrachte er in der geschlossenen Psychiatrie, blickte
in leere Gesichter und sprach kaum noch. Aber bald begannen
die Medikamente zu wirken. Heute sind die Wände in seinem
Zimmer weiß. Es ist noch derselbe Raum, aber die Wahnbilder
sind übertüncht. Was von der Psychose übrig blieb – stapel-
chen verdichteten sich, dass er die Hauptrolle spielte in einer zweiten „Truman
Show“ – dass er das Opfer totaler Überwachung war. Weil er niemandem mehr vertrauen konnte, verkroch er sich in sein
Schizophrenie wird oft mit Persönlichkeitsspaltung verwechselt, ist aber eine Wahrnehmungsstörung. Im Kopf der Erkrankten entwickelt sich eine neue Welt.
Löst Kiffen Schizophrenie aus?
Ein Zusammenhang zwischen Schizophrenie und Cannabis gilt
durch viele Studien inzwischen als gesichert. Welche Rolle die
Droge jedoch konkret spielt, ist umstritten. Viele Wissenschaftler
gehen davon aus, dass durchs Kiffen gerade in jungen Jahren bleibende Schäden entstehen, weil sich das Gehirn dann noch in der
Entwicklung befindet und der Stoffwechsel langfristig gestört
wird. Eine Schizophrenie ist zwar unwahrscheinlich, aber manche
Menschen sind gefährdeter als andere: Sie bauen Dopamin langsamer ab. Wenn eine genetische Vorbelastung besteht, Cannabis und
irgendwann noch Stress hinzukommen, kann die Krankheit ausbrechen. In einem sind sich die meisten Forscher einig: Je früher
im Leben gekifft wird, desto größer die Gefahr einer Psychose.
... oder die Schizophrenie das Kiffen?
Andere Forscher glauben, dass die Psychose zuerst da war und die
Erkrankten Cannabis konsumieren, um die Symptome zu unterdrücken und sich zu betäuben. Für eine Forschungsarbeit der Universität Hamburg wurden junge Schizophrenie-Patienten nach den
Gründen für ihren Drogenkonsum befragt. Einige gaben an, dass
beim Kiffen die Stimmen weggingen. Andere sagten, sie fühlten
sich unter Cannabis aktiver und konzentrationsfähiger, sie könnten dann Sport machen oder Bücher lesen. In der Droge enthalten
ist unter anderem der Stoff Cannabidiol, der kurzfristig zur Verbesserung der Krankheitssymptome führen kann.
weise Zeichnungen und Pläne voll wirrer Ideen – hat seine Mutter zu sich genommen, damit sie nicht mehr in seiner Nähe sind. Er hat sie sich nie angesehen.
Das Schwierigste am Erinnern ist, dass
er nicht weiß, wie weit er dabei gehen
darf. Bilder jener Zeit, Orte, an
denen er war – sie könnten einen
erneuten Schizophrenie-Schub
auslösen. Mit jedem Rückfall
aber sinkt die Wahrscheinlichkeit, einmal ein Leben ohne Medikamente führen zu können.
Und einen hatte er schon. Als er damals
entlassen wurde, fühlte er sich fremd in
seiner alten Welt. Er begann, wieder zu
kiffen.
„Ich glaubte, ich könnte mir so
mein Leben zurück holen“, sagt
er. Doch nach nur wenigen
Monaten kamen die Stimmen
zurück. Das zweite Mal in der geschlossenen Psychiatrie hat er als die
dunkelste Zeit in Erinnerung. „Ich bin
dort innerlich gestorben“, sagt er.
Nur langsam hat er sich wieder ins Leben eingefügt, aber er ist nicht wieder
derselbe geworden. Die Krankheit hat
ihm viel Energie und ein Stück seiner
Selbst geraubt. Er sagt, dass er kühler
geworden ist und abgeklärter. Sie fehlt
ihm, die Leichtigkeit von einst. „Es ist
wie damals, als mein Großvater starb.
Da geht immer etwas in einem verloren,
was nicht wiederkommen wird.“
Seit der zweiten Psychose hat er die Medikamente nicht mehr abgesetzt und
auch das Kiffen sein gelassen. Viele seiner Freunde haben mit ihm aufgehört –
aus Freundschaft oder aus Angst, ihnen
könnte Ähnliches passieren.
Lars lebt heute ein normales Leben und
geht wieder zur Schule, aber er weiß,
dass er immer gefährdet sein wird. Er
hat sich die eigene Stimme in
seinem Kopf genau eingeprägt,
um sich an ihr zu orientieren,
falls es mal wieder soweit ist.
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Vor kurzem hat er die Frequenz der
Spritzen reduziert und bekommt sie
jetzt nur noch alle drei statt alle zwei
Wochen. Jede dritte Woche zeigt ihm
aufs Neue seine Grenzen auf. Er ist
dann unkonzentriert, schwerfälliger im
Gespräch und schreibt schlechte Klausuren. In letzter Zeit liegt er abends wieder lange wach. Bei weniger als acht
Stunden Schlaf pro Nacht wird es riskant, haben die Ärzte gewarnt.
Trotzdem hofft Lars, in zwei oder drei
Jahren ganz ohne Medikamente leben
zu können. „Vielleicht normalisiert sich
mein Gehirn dann wieder“, sagt er.
Noch immer gibt es oft bedrückende
Tage, aber auch Tage, an denen er etwas
von der alten Energie fühlt. „Manchmal
spüre ich wieder, dass ich ich bin.“
Er geht wieder mit Freunden weg, aber
alles ist ein bisschen ruhiger geworden.
„Es ist ein anderes Feiern, an das ich
mich erst gewöhnen musste“, sagt er.
Die Fluchtgedanken wurden stärker. Lars begann, Menschen zu meiden.
Seit er die Medikamente nimmt,
wirkt auch der Alkohol nicht
mehr wie früher. Manchmal hätte er gerne wieder einen echten
Rausch.
In gewisser Weise ist es aber ein intensiveres Leben. Draußen sein, die
ersten Sonnenstrahlen des Sommers genießen, frei sprechen
können oder ins Freiluftkino
gehen – Dinge, die einst selbstver-
ständlich waren und die er heute bewusster genießt.
Und irgendwann, wenn er vielleicht fünf
Jahre ohne Medikamente geschafft hat,
dann würde Lars auch noch einmal kiffen. Es wäre nicht so exzessiv wie früher,
es wäre dann etwas Besonderes. Ein
Neujahrsjoint vielleicht. Ein Joint
zum Genießen. Er weiß, dass es unvernünftig klingt und andere den Kopf
schütteln, wenn sie es hören, und eigentlich will er auch nicht mehr kiffen,
selbst wenn er zehn oder zwanzig Jahre
ohne Medikamente geschafft hat. Aber
ganz ausschließen möchte er es nicht.
Allein die Entscheidung, es zu tun oder
zu lassen: Auch das ist ein bisschen zurückgewonnene Freiheit.
Viele Wissenschaftler gehen davon aus, dass die THC-Konzentration in den heutigen Züchtungen höher ist als früher.
Droge
Welche
wirkt wie?
Wie User ihre Droge erleben –
und was Experten über die
Spätfolgen sagen. Eine
Animation dazu siehst du auf:
klartext-magazin.de/47b/drogen
Oder ist es das Erwachsenwerden?
Es gibt noch eine dritte Theorie, warum junge Schizophrenie-Patienten fast immer auch eine Cannabis-Vergangenheit
haben: Jugendliche, die viel kiffen, werden demnach in ihrer
sozialen Entwicklung gestört. Weil sie nicht lernen, mit Konflikten umzugehen und sich statt dessen mit Drogen ablenken, entwickeln sie keine Abwehrmechanismen gegen Lebenskrisen. Wenn dann die ersten großen Veränderungen
kommen, werden sie von der Situation überfordert. Der
Stress steigt, und mit ihm der Dopamin-Pegel. Fast immer treten Psychosen im Alter zwischen 15 und 25 Jahren zum ersten Mal auf – die Zeit, in der die ersten großen Stressmomente anstehen: Auszug, Prüfungen, Liebeskummer.
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Konzept: Che Berberich
Rettet die Wahlen!
Viele wissen
nicht, für
welche Partei sie
stimmen sollen.
Eine Orientierungshilfe.
Bist du für ein
Rauchverbot
in Gaststätten?
Egal. Hauptsache
alle Downloads
sind kostenlos
und legal.
Quatsch, die
sind noch viel
zu unreif.
Ja,
Rauchen
stinkt.
Nein, ich will
rauchen,
wo ich will.
Nein, dafür sind
die meisten
zu doof.
Start
Soll das Volk
öfter selbst
über Gesetze
abstimmen?
Sollten
16-Jährige
wählen dürfen?
Klar, 18-Jährige
sind auch
nicht schlauer.
Wählen bringt
Chaos. Ich will
Führung.
Ja.
Nur so werden
die Unis besser.
Ja, wir sind
das Volk!
Findest du
Studiengebühren richtig?
Nein. Meine
Eltern sind doch
keine Millionäre.
Nein, das
kostet nur
Arbeitsplätze.
Braucht Deutschland einen
allgemeinen
Mindestlohn?
Achtung!
Egal, bei welcher Partei du raus kommst:
Sie vertritt wahrscheinlich nicht alles,
was du vorher gewählt hast. Genau wie
in echt eben.
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Ja, fast jeden
Sonntag.
Nein. Die Ehe
ist was für
Mann
und Frau.
Sollen Schwule
und Lesben
heiraten düfen?
Gehst du in
die Kirche?
Ja. Liebe
kennt keine
Geschlechter
Nein. Reiche
zahlen eh’
schon für alle
anderen mit.
No, I wanna
fly away!
Dafür stehe ich
doch nicht auf.
Höhere
Steuern
für Reiche!
Fliegen ist zu
billig. Kerosin
muss besteuert
werden.
Ja, die können
sich’s leisten.
Ja, das stoppt
Assis und
Schläger.
Die
Wehrpflicht
gehört
abgeschafft!
-->
Sollten Straßen
und Plätze -->
videoüberwacht
werden?
Sind wir alle
Verbrecher?
Nein!
Jawoll! Wir
brauchen eine
Berufsarmee.
Ja, Fliegen
schadet
dem Klima.
Hartz IV ist
gut, sollte aber
erhöht werden.
Niemals.
Kiffen macht
lahm und hohl.
Ja, jeder Job
verdient einen
fairen Lohn.
Nein.
Wir brauchen
Bürger in
Uniform.
Legalize
Cannabis!
Free the
weed, man.
Weg mit
Hartz IV!
Und zwar
sofort. Hartz IV
ist menschenunwürdig.
16 vor die
Mit
Wahl gestellt
In Österreich dürfen 16Jährige das Parlament
mitbestimmen. Was das
bringt und wie sie sich
dabei fühlen, liest du auf:
klartext-magazin.de/
47b/parteien
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13:08 Uhr
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46 Kreuzverhör
Text: Olivia Höner|Fotos: Erol Gurian
Metal
vs.
R’n’B
Was hörst du eigentlich? Irini, 17, und Philipp, 18, wollten das genauer wissen
und haben für drei Tage ihre MP3-Player getauscht.
Das Ergebnis: Philipp kam beim Joggen aus dem Takt. Irini war inspiriert.
Philipps Top 10
Maximum The Hormone
Nightmare
Caliban
Heaven Shall Burn
Amoral
Callejón
System Of A Down
Slipknot
Scars On Broadway
In Extremo
Philipp:
Auf Dauer würde mir die Musik auf die Nerven gehen. Für drei
Tage war’s okay. Vielleicht würde ich ja sogar Geschmack dran
finden, wenn ich öfter Hip-Hop hören würde.
Irini:
Also, diese J-Rock-Sachen waren schon eher ungewohnt.
Da singt dann eine Frau ganz hoch und plötzlich fangen die Männer an zu grölen. Aber Philipp hatte wohl
auch so seine Probleme mit meiner Musik. Er hat mir
gesagt, dass er sehr oft lachen musste.
Irinis Top 10
Akon
Ryan Leslie
T. I.
Flo Rida
Jack Johnson
Timbaland
Baby Bash
Soulja Boy
Milow
Lady Gaga
Irini:
Nach den drei Tagen hab’ ich Philipp gefragt, ob er mir die Red Hot Chili Peppers
und Evanescence rüberziehen würde. Ich
frag’ bestimmt noch mal jemanden, ob er
seinen Player mit mir tauschen will.
Philipp:
Das ist ja auch zum Lachen. Wenn die singen „my dick is
bigger than yours“ – ich weiß nicht. Dieses Rap-Gehabe
find’ ich albern.
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muthmarken
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standfestigkeit wird jetzt in talanx gemessen.
Mit der richtigen Aufstellung trotzt man
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verzeichnen wir trotz vieler Großschäden
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24.08.2009
13:50 Uhr
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Konzept: Samira Schellhaaß|Fotos: Erol Gurian
Weißt du,
was
du trägst?
Politik ist nicht sexy? Von wegen!
Designer greifen oft auf politische
Symbole zurück. Welchen Hintergrund
die Modeaccessoires haben, weiß
jedoch kaum jemand.
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24.08.2009
13:50 Uhr
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Das Peacezeichen
kennt jeder. Was
aber kaum einer
weiß: Die Striche setzen sich zusammen
aus den Buchstaben
„N“ und „D“ aus
dem Winkeralphabet, das vom Militär
zur Nachrichtenübermittlung zwischen Schiffen benutzt wird. „N“ und
„D“ stehen für „nuclear disarmament“,
die nukleare Abrüstung. Wer hat’s erfunden? Die Briten,
genauer: der Künstler Gerald Holtom.
Er entwarf das Symbol für eine Kampagne zur nuklearen
Abrüstung in den
50er Jahren. Nicht
zu verwechseln mit:
Mercedes-Stern.
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24.08.2009
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Vom Terroristen zum
Friedensnobelpreisträger, wie kriegt man das
unter einen Hut? Yassir
Arafat wusste: Das geht
nur mit einem großen
Tuch. Der schwarz-weiße Lappen heißt eigentlich Kufiya. Heute gibt
es ihn in allen Farben.
In der arabischen Welt
wird er traditionell zum
Turban gewickelt. Im
Nahostkonflikt hat sich
das Tuch zum Symbol
für den Kampf um die
Unabhängigkeit Palästinas entwickelt. Nicht zu
verwechseln mit: Halskrause, Hermès-Tuch.
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Er hatte sein Leben
dem roten Stern verschrieben: Leo Trotzki,
Kommunist der ersten
Stunde, Führer in der
russischen Oktoberrevolution 1917. Hier
taucht der Kommunistenstern zum ersten
Mal auf. In den 70er
Jahren verunstalteten
die Terroristen der
Roten Armee Fraktion
das Symbol mit Maschinenpistole und
dem Kürzel RAF. Aber
auch demokratische
Länder wie Neuseeland
haben einen roten
Stern auf der Flagge.
Nicht zu verwechseln
mit: Davidstern.
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Kubanischer Volksheld, Märtyrer der Linken und verdammt
gutaussehend: So schafft man
es weltweit auf T-Shirts und
G-Strings. Dabei geraten schon
mal die Details in Vergessenheit. Ernesto Che Guevara war
kein Gutmensch. Wankelmütige Gefährten ließ er kurzerhand erschießen. Beim Versuch, in Bolivien ebenfalls eine
Revolution loszutreten, wurde
Che Guevara 1967 festgenommen und hingerichtet. Nicht
zu verwechseln mit: Benicio
del Toro, Fidel Castro.
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24.08.2009
Die Regenbogenfarben als Friedenszeichen gibt es schon seit
den 60ern. Für einen
Friedensmarsch in Italien hat Aldo Capitini
1961 eine Flagge entworfen, die den umgekehrten Farbverlauf eines Regenbogens zeigt. Der
Marsch ging 30 Kilometer weit, von Perugia bis
Assisi. Von dort wurden
die Regenbogenfarben
als Friedenssymbol in
die ganze Welt hinausgetragen. Nicht zu verwechseln mit: Regenbogenflagge der Schwulenund Lesbenbewegung.
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Konzept: Che Berberich, Thomas Salter
Screamo
Angewandte
Musikologie
Envy
Math-Core
Dillinger Escape Plan
Elektroclash
Chicks on Speed
Nu-Metal
Limp Bizkit
Post-Hardcore
Metal-Core
Krishna-Core
108
Grind-Core
Crunk
Stoner-Rock
Lil Jon
Kyuss
Refused
Power-Pop
Integrity
Napalm Death
Emo
Panic at the Disco
Groove-Metal
Pantera
Gothik
Crossover
Rage Against the Machine
Skate-Punk
Grunge
Pennywise
Nirvana
Paradise Lost
Black-Metal
Brit-Pop
Oasis
Weezer
Death-Metal
West Coast
Hip-Hop N.W.A
Obituary
Samael
Nard-Core
Rich Kids on LSD
Power-Metal
Fun-Punk
Blind Guardian
Indie
Toy Dolls
Speed-Metal
Metallica
The Smiths
Thrash-Metal
Slayer
Hardcore
Minor Threat
R’n’B
New Wave Whitney
Houston
The Cure
Punk Progressive
Disco
Ramones
Heavy Metal
Glam-Rock
Black Sabbath
Drumfunk, Screamo, Miami Bass – noch
nie gehört? Kein Wunder. Die Popmusik ist
heute in tausend Unterarten
aufgesplittert. Jede Band, jeder DJ denkt
sich einen eigenen Namen für seine Musik
aus. Eine richtige Wissenschaft, da noch
durchzublicken. Musikologie eben.
Bee Gees
Rock Frank Zappa
Kiss
Hardrock
AC/DC
PsychedelicRock Doors
Rock
Funk
James Brown
Rolling Stones
Beat
Beatles
Soul
ArethaFranklin
Franklin
Aretha
Rock’n’Roll
Bill Haley
Mensch
Blues
B.B. King
Folk
Bob Dylan
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24.08.2009
14:00 Uhr
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Drumfunk
Teebee
Paradox
Grime
Liquid Funk
Clown-Step
Marcus Intalex
2 Step
Clips
Dizzee Rascal
55
Neurofunk
Ghetto-Tech
DJ Assault
2000
Artful Dodger
Tech-Step
Ed Rush
Minimal
Jazz-Step
Richie Hawtin
LTJ Bukem
Dark-Step
Dylan
Hard-Step
Drum’n’Bass
Adam F
Goldie
Trip Hop
Schranz
Tricky
Goa Trance
G-Funk
Tech-House
Laurent Wolf
Astral Projection
Big Beat
Prodigy
HardcoreSpiral Tribe
Techno
Chris Liebing
Jungle
Shy FX
Dr. Dre
Trance
Eurodance
Paul van Dyk
Techno
Two Unlimited
1990
Jeff Mills
Miami Bass
Acid-Jazz
Industrial
Galliano
2 Live Crew
East Coast
Hip-Hop
EPMD
Ministry
House
Ragga
Jesse Sauders
Wayne Smith
Gangsta-Rap
Dancehall
Ice-T
Yellowman
Hip-Hop
1980
Grand Master Flash
Ambient
Brian Eno
Elektro
Kraftwerk
Dub
Lee „Scratch“ Perry
Reggae
1970
Bob Marley
Rocksteady
Justin Hinds
du
Bist
Musikologe?
Teste dein Wissen und hör
dich durch die ausgefallensten
Musikstile auf:
klartext-magazin.de/47b/
musikologie
Ska
Skatalites
Gospel
1950
Al Green
Jazz
John Coltrane
1960
Maschine
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Regel 10
Regeln aus dem Verhaltens-ABC des VfB Stuttgart für Jugendspieler.
Keine unnatürlichen
oder extremen
Haarfärbungen
Regel 17
Entschuldigungen für das
Training nicht über
Mitspieler oder per SMS
Regel 8
Das Leergut muss
immer aufgeräumt
werden
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21.08.2009
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57
Text: Lukas Eberle|Fotos: Erol Gurian, Florian Peljak
Wer Fußballprofi
werden will,
räume sein
Leergut weg
und schneide
seine Haare
kopfballgerecht!
Patrick trainiert im Internat für die erste Bundesliga –
dieses Ziel bestimmt sein ganzes Leben.
Heute bricht Patrick alle Vorschriften.
Er reißt sich das Trikot vom Körper,
um es später sogar falsch herum wieder
anzuziehen. Er füllt leere Sprudelflaschen und benutzt sie als Wasserspritzen. Er brüllt so laut er kann immer
wieder „Jawoll“ und „Das ist das
Größte“. An den restlichen 364 Tagen im Jahr
muss Patrick sein Trikot in der Hose tragen, das
Leergut wegbringen und sich in Zimmerlautstärke unterhalten.
Nur an diesem Tag im Sportpark des kleinen
Münchner Vororts Aschheim spielen Regeln
keine Rolle mehr.
Patrick Maurer, 17, ist gerade deutscher Jugendmeister geworden, mit 3:1 hat sein Team den FC
Bayern München besiegt. Später am Abend
wird er noch die Bettruhe- und gleichzeitig die
Alkoholverbotsregel brechen.
Patrick hat den Traum von einem Leben als
Fußballprofi. Seinem Traum ordnet er alles unter. Patrick lebt an fünf Tagen in der Woche abgeschottet und unnahbar im Fußball-Internat
des VfB Stuttgart – zusammen mit Gleichgesinnten, für die alle eindeutige Vorschriften gelten.
Die jungen Fußballer müssen früh Opfer bringen und akzeptieren dabei die
Gefahr, nie etwas zurückzubekommen.
Siege feiert Patrick bereits wie die Profis. Auch
sonst lebt er in einer mindestens schon dreiviertelprofessionellen Fußballwelt. Beim Meister-
schaftsfinale wird die Nationalhymne gespielt.
Die Fans singen Patricks Namen durch
ihr Megafon ins Stadion. Und die Menschen mit dem Wort „Security“ auf ihren TShirts halten ihm in der Halbzeit den Weg zur
Kabine frei. Dies alles gibt Patrick das Gefühl,
schon in einer Art Bundesliga light zu spielen.
Außerdem schaut ihm Uli Hoeneß zu, der Manager des FC Bayern. Er sieht, wie Patrick als
Innenverteidiger jeden steilen Pass seiner Gegner abläuft. Wie er den Kopf beim Rennen immer leicht nach vorne beugt, als ob er damit
eine unsichtbare Wand durchbrechen müsste.
Als aufstrebender Nachwuchsfußballer genießt
Patrick einen hohen Status. Das bekommen
auch die Journalisten zu spüren, die über ihn be-
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Regel 20
Tattoos und
Piercings sind
nicht erlaubt
Regel 21
Im Internat
herscht überall
Hausschuhpflicht
Regel 6
Diebstahl wird nicht
geduldet. Wer stiehlt,
verlässt den Verein
Regel 10
Regel 12
Mahlzeiten werden
gemeinsam begonnen
und beendet
Ömer Toprak war kurz davor, ein Bundesligaspieler zu
werden. Auf www.klartext-magazin.de steht, warum er
heute als Maurer auf dem Bau arbeitet.
Die Haarlänge sollte
das Fußballspielen
nicht beeinträchtigen
22_26_Fußball.qxd
21.08.2009
13:18 Uhr
richten wollen. Viele E-Mails und Telefonate mit dem VfB Stuttgart sind nötig, um
den Kontakt herzustellen. Der Besuch bei
ihm wird aber nur eine Stippvisite. Das
Interview darf nicht mehr als eine halbe
Stunde dauern. „Die Jungs sollen
sich auf die Schule und das Training konzentrieren. Mehr gibt es
bei den Profis auch nicht“, sagt der
Pressesprecher Jens Marschall.
Stuttgart, fünf Tage nach dem Titelgewinn: Patrick öffnet die Tür zum Besprechungsraum in der Geschäftsstelle des
VfB. Er kommt direkt aus dem FußballInternat, das ein paar Meter von hier, direkt neben der Mercedes-Benz-Arena liegt.
In diesem Internat lebte auch
Mario Gomez, bevor er zum
teuersten deutschen Fußballspieler wurde. Patrick gibt allen freundlich
die Hand, dann setzt er sich aufrecht hin.
Er wird während der nächsten 30 Minuten
kein einziges Mal die Rückenlehne seines
Stuhls berühren. Die Atmosphäre ist steif,
der Umgang professionell. Auch der Vereinspädagoge Markus Rüdt und Jens Marschall sitzen am Tisch. Auf die Frage, ob
man später noch in das Internat schauen
könne, antwortet der Pressesprecher kurz:
„Nein. Das ist die Privatsphäre der
Spieler.“
Und so kann Patrick von seinem Internatsleben nur erzählen. So wie er fast jedem
nur davon erzählen kann. Vor einem Jahr
zog er bei seinen Eltern in Ulm aus und in
die VfB-Akademie ein. Die Junioren
trainieren achtmal in der Woche,
fahren im Winter ins Trainingslager nach
Katar und müssen nach ihren Spielen zur
Dopingkontrolle.
„Am härtesten ist das Training im Winter,
da müssen wir schon um acht Uhr morgens in den Kraftraum“, sagt Patrick. „Früher
hat es mich schon gestört, dass ich wenig Freizeit habe. Inzwischen habe ich mich daran gewöhnt. Das ist eben mein Leben.“
Sein Tagesablauf ist durchstrukturiert bis ins
kleinste Detail. Er besteht hauptsächlich aus
Training, Schule und Lernzeit. Freizeit gibt es
auch – zu einem festgelegten Zeitpunkt: mittwochnachmittags. Und am Wochenende. Aber
nur, wenn keine Spiele anstehen.
„Die Jungs sind nicht hier, um eingesperrt zu
werden“, sagt Markus Rüdt. „Aber wir geben
schon einen Rahmen vor.“ Der ist eng. Der
Klub erwartet von ihnen Ordnung,
Selbstdisziplin und Professionalität, so
steht es in der „Jugendkonzeption“.
Jedes Jahr bekommt Patrick das neue Verhaltens-ABC. Darin steht, wen Patrick grüßen muss
und wie, wann er zum Arzt gehen oder welche
Kleider er zum Training anziehen muss.
Genau 22 Regeln enthält dieser Knigge
für junge Kicker. Sogar eine kopfballgerechte Frisur wird vorgeschrieben.
Tapestreifen auf den Stutzen sind ebenso verboten wie SMS im Teambus. „Das
Seite 5
Zwei Bänderrisse hatte er schon. Doch über einen Plan B, eine Alternative zum Leben als Fußballprofi, will er sich keine Gedanken machen.
„Deswegen mache ich ja mein Abitur.“
An diesem Abend muss Patrick noch büffeln.
„Morgen schreibe ich Chemie. Das liegt mir gar
nicht. Die ganzen Alkohole und Fette, das muss
ich auswendig lernen.“ Patrick geht in die zwölfte Klasse des Wirtemberg-Gymnasiums in Stuttgart. Es ist eine Eliteschule des Sports, Patrick
kann seine Schulstunden flexibel um das Training legen – das Verpasste muss er dann aber
nachholen. Er lernt dort zusammen mit
Leichtathleten und Schwimmern, zu
seinen Klassenkameraden zählen aber auch
Nichtsportler. „Bei ihnen kommt vielleicht
manchmal Neid auf“, sagt Patrick. „Wir Sportler haben Privilegien, wir können morgens fehlen, und beim Nachholunterricht sitzen wir alleine im Zimmer und bekommen mehr mit.“
Unsere halbe Stunde ist vorbei. Der letzte Vorstoß, um noch irgendwie einen Blick ins Internat werfen zu können, wird abgeblockt. Wir haben eine CD mit
Fotos vom Endspiel gegen die
Bayern dabei. Bilder von den MoMit zwölf Jahren bekam er
menten seines größten Erfolgs.
sein erstes Angebot vom
Patrick könne sie auf seinen LapVfB Stuttgart. Heute ist er einer der
top ziehen. Er freut sich und würbesten Nachwuchskicker in
de uns noch ins Internat einladen.
Deutschland und hat bereits zweimal für „Netter Versuch“, sagt der
das Jugend-Nationalteam gespielt.
Pressesprecher und nimmt die
CD an sich. Vor der Geschäftsstelle gibt Patrick noch
Freundin Carolin nicht beeinmal allen die Hand.
suchen darf. Im Internat
Er ist überrascht, weil er
auch nicht wusste, dass
gilt Mädchenverbot.
wir nicht mit ins Inter„Das ist schon schwer, aber
nat dürfen. Dann läuft
das hat sich mit der Zeit
er allein zurück zu seieingespielt. Wir sehen uns
nem Schreibtisch. Der
eben am Wochenende in
Lernstoff für die CheUlm.“ An seinem rechten
mieklausur wartet.
Handgelenk trägt Patrick
ein Armband aus Holzelementen, auf denen kleine
Marienbilder zu sehen
sind. Sein Leben ist dem eines Mönchs gar nicht so
unähnlich. Kumpels könne
er auch nicht einladen, das
sei schon ein Haken, sagt
Patrick. „Wir sollten im
Internat eben unter uns
sein.“ Die wenige Zeit, die
Patrick bleibt, braucht er
sowieso zum Lernen.
Das Abitur ist seine einzige Absicherung, falls es
Der Ball macht,
mit der Fußballkarriere nichts wird. Aus der
was Camill will
VfB-Jugend schaffen es immer nur zwei bis drei
Ein Beinbruch zwang ihn
Spieler ins Profiteam. „Die Jungs brauchen
zum Sitzsport. Heute ist
mit den Handys halten wir alle ein, das sorgt
sonst für großen Stunk“, sagt Patrick. „Wer im
Bus telefoniert, muss bis zu 20 Euro Strafe
bezahlen.“
Mit Vorschriften kann Patrick mittlerweile aber
umgehen. „Die Regeln kommen nur nach außen so krass rüber. Im Grunde kann ich gar keine schlimmen Dinge anstellen“, sagt er. Er würde nie Gefahr laufen, die Bettruhe um halb elf
Uhr zu missachten. „Ich habe abends sowie keine Kraft mehr, um in Stuttgart einen drauf zu
machen.“ Und wenn doch, dürfte er dort auch
nur Cola bestellen. Neben Diebstahl ist zu viel
Alkohol der schlimmste Verstoß. Wer klaut oder
trinkt, fliegt sofort.
„Da zeigt sich eben die Einstellung jedes Spielers. Alkohol gehört nicht zum Leistungssport“,
sagt Patrick.
Der Fußballer hat sich an das Schablonenleben
und die Regeln gewöhnt. „Ich lebe einfach ganz
normal, es ist nichts anderes als zuhause“, sagt
er. Von der Tatsache abgesehen, dass ihn seine
Patrick Maurer:
nicht denken, dass sie im Internat
schon mit einem Fuß in der Bundesliga stehen“, sagt Rüdt. Patrick weiß das. „Na-
türlich habe ich Angst, dass es nicht klappt“,
sagt er. „Vielleicht verletze ich mich schwer oder
ich werde irgendwann nicht mehr besser. Es
kann ja alles passieren.“ Camill Hauser einer der
besten Trickfußballer der
Welt. Ein Portrait auf:
klartext-magazin.de/47b/
fußball
54-55 Kurvendiskussion Org.qxd
24.08.2009
16:17 Uhr
Seite 2
60
Text: Katharina Fuhrin|Formeln: Andreas Fackler
Kurvendiskussion
Wir reden gerne über alles, was extrem
ist. Uns interessieren Wendepunkte,
Höhen und Tiefen. Im Prinzip machen
wir nichts anderes, als ständig über
Kurven zu diskutieren.
Das ganze Leben ist nach dem Sinus-Prinzip aufgebaut, mit
seinen Wende-, Extrem- und absoluten Nullpunkten. So wie
die Funktion fEisbachwelle(x). Surfprofis aus Hawaii und Kalifornien sind schon angereist, weil sie mitten in München
eine fast perfekte, berechenbare Welle finden. Aber: UferLinks<x<UferRechts ist bislang ein grauer Bereich. Denn
niemand weiß genau, ob das Surfen hier überhaupt erlaubt
ist. Soll man f offiziell genehmigen oder als illegale Kurve definieren? Politiker kalkulieren bereits, wie sich eine mögliche
Entscheidung auf ihre Umfragekurven auswirken könnte.
Foto: flohagena.de
Eisbach-Surfer
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24.08.2009
16:17 Uhr
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61
Foto: Getty Images
Beth Ditto
So sieht Erfolg aus, wenn man ihn zwischen
zwei unrasierte Achse(l)n presst. Eine Erfolgskurve sozusagen. Sehr schöne, deutlich zu bestimmende Extrempunkte im Busen-, Bauchund Po-Bereich, die den Verlauf prägnant bestimmen. Interessant sind vor allem die Bereiche x=(Mode), x=(Musik) und x=(coole Freunde). Denn fBethDitto(x) erreicht trotz hoher Körperfettwerte den Status einer Stilikone, macht
zusammen mit ihrer Graphenschar fnTheGossip Nummer1-Hits und liegt eng zu ihrer kurvenfreien Freundin gKateMoss.
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24.08.2009
16:17 Uhr
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62
Formel 1
Foto: dpa
Achtung, dieser Kurve muss man sich mit größter Vorsicht
annähern. Der Streckenabschnitt durch Monte Carlo übertragen in ein Koordinatensystem – das funktioniert einfach nicht
als Funktion. Zu viele y-Werte! Genauso schwierig funktioniert die Kurve für die Formel-1-Fahrer, die sich einmal im
Jahr über die haarnadelförmige Straße manövrieren. Manchen hat es da schon aus der Kurve gehauen, bei diesen extremen Wendepunkten und zahlreichen Attraktionen am Rand.
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24.08.2009
16:17 Uhr
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63
Amy Winehouse
Foto: ap
Eine höchst problematische Kurve,
die fast ausschließlich im negativen Bereich definiert ist. Mit etwas gutem
Willen ist im Ursprung eine Normalparabel zu erkennen, die durch die Parameter Crack, Rum und Gefängnis
allerdings deformiert wurde. Im Griechischen bedeutet der Begriff Parabel
das „Daneben-Gehende“, also die Abweichung vom rechten Weg. Der hätte
bei fAmyWinehouse durchaus bei x --> unendlich nach oben führen können. So
zeigt ihre Kurve aber steil nach unten.
24_04_Jugendsprache.qxd
21.08.2009
13:32 Uhr
Seite 1
64 Quiz
Konzept: Che Berberich
Wie redest duden?
Wenn Werbetexter junge Leute ansprechen wollen, schreiben sie
Sätze wie diesen: „Süße Candy-Ladies in poppigen EiscremeFarben verdrehen Beach-Promenaden-Jungs den Kopf.“ Die
Texter schlagen dafür im Jugendsprache-Wörterbuch nach. Dort
stehen die seltsamsten Dinge. Aber was sollen sie bedeuten?
a)
b)
d)
c)
e)
f)
g)
Auflösung: a) 1, b) 2, c) 2, d) 2, e) 1, f) 2, g) 3, h) 1
h)
25_21_fernbeziehung.qxd
21.08.2009
13:35 Uhr
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Beziehungsweise 65
Text: Lukas Eberle, Lisa Srikiow
11300 Kilometer zwischen dir und mir
Ich habe in Argentinien relaIn dieser Zeit haben wir drei Mal pro Wotiv schnell gewusst, dass unVinzenz wollte Isabelle an seinem Leben in Argentinien
che telefoniert. Es war verdammt schwer,
sere Beziehung halten wird.
Isabelle alles bildlich zu erklären: meinen
Ich habe gemerkt, was ich an
Freundeskreis, meine Umgebung oder meiIsabelle habe. Die argentinine Arbeit. Unsere Beziehung funktionierte zu 100 Prozent über reinen schen Mädchen sind zwar total lebensfroh, aber haben oft keinen TiefGedankenaustausch. Mehr gab es nicht, keine gemeinsamen Erlebnisse gang. Mit Isabelle verstehe ich mich auf tiefster persönlicher Ebene.
und keinen richtigen Streit. Nur ein Telefon.
Das wurde mir erst durch die Fernbeziehung klar.
Vinzenz
teilhaben lassen, das ging nur über das Telefon.
im Telefonieren: vier Stunden.
Vinzenz
Vinzenz
Isabelle
Ich habe mir ein Maßband gekauft und ausgerechnet, wie viele
Tage bis zu meinem Flug noch vergehen müssen. Jeden Tag habe ich
dann einen Zentimeter vom Band
abgeschnitten. So fiel das Warten
etwas leichter.
Vinzenz
Stimmt, erst nachdem du mich nicht mehr
gesehen hast. Unser großer Plan war, dass
mich Isabelle gleich nach ihrem Abi im
Juli für sechs Wochen besucht.
Bei meinem Besuch habe ich erlebt,
wie sich Vinzenz verändert hat. Er ist
viel lockerer geworden
und ging mehr auf
andere Menschen zu.
Fast noch schlimmer
als der erste Abschied
war dann aber der
zweite in Argentinien.
Vinzenz blieb ja noch
sechs Monate länger
dort. Da wurden wir
dann zum zweiten Mal
getrennt. Wenn ich
heute daran denke,
heul’ ich immer noch
fast.
Isabelle
Gedankenaustausch über 11 300 Kilometer. Ihr Rekord
Wichtig war, dass ich versucht habe, Isabelle
in Argentinien präsent zu machen. Ich habe
viel über sie erzählt. Meine Freunde kannten
sie schon, bevor sie zu Besuch kam.
Vinzenz
Wir haben gesagt,
dass wir das schaffen
wollen, obwohl uns
klar war, dass wir uns
zehn lange Monate
nicht sehen werden.
Ich war ja in der
13. Klasse, habe ein
Jahr nach Vinzenz
Abitur gemacht. Der
Abschied war der
schlimmste Tag in
meinem Leben. Am
Flughafen habe ich
nur geheult. Vinzenz
erst, nachdem er hinter der Absperrung war.
Am meisten habe ich Vinzenz vermisst, wenn ich etwas
Schönes oder Trauriges erlebt hatte. Dann hatte ich dieses Bedürfnis, das zu teilen. Deswegen habe ich versucht,
es ihm per Telefon zu erzählen. Unsere Beziehung hat auch gehalten,
weil wir gut im Telefonieren sind und
uns mitteilen können. In den ersten
vier Wochen habe ich 80 Euro vertelefoniert. Das längste Gespräch hat
vier Stunden gedauert. Außerdem
habe ich ihm Briefe geschrieben. Liebesworte auf Papier sind etwas ganz
anderes als in einer SMS oder in einer
E-Mail.
Isabelle
Als ich nach Argentinien gegangen bin, waren Isabelle und ich erst vier
Monate zusammen. Trotzdem wollte ich nach dem Abi erstmal weg
und Zivildienst im Ausland machen. Und da mir Südamerika schon
immer total gefallen hat,
habe ich in Argentinien
18 Monate in einer Pfarrei gearbeitet.
Isabelle
Kann die Liebe den ersten langen Auslandsaufenthalt überleben?
Wir haben zwei getroffen, die sich eineinhalb Jahre treu geblieben sind.
26_17_Junge Mütter.qxd
24.08.2009
13:05 Uhr
Seite 2
66
Text: Martin Anetzberger, Lisa Srikiow|Foto: Erol Gurian
Mehr
Respekt,
bitte
Junge Mütter haben es doppelt schwer. Sie müssen
sich um ihre Kinder kümmern und hören ständig,
sie seien dafür nicht reif genug.
Rebecca hält ihre Tochter Hannah an der Hand,
während sie mit ihr durch das Fotostudio geht. „Gefällt es dir hier?“, fragt sie. Die Kleine nickt. Sie weiß
nicht, dass sie schon einmal mit ihrer Mutter in einem Fotostudio war. Damals, zwei Jahre zuvor, war
Rebecca erst 18 Jahre alt und mit Hannah im neunten Monat schwanger.
Jetzt will Rebecca festhalten, wie beide sich seither
entwickelt haben. Die blonde Hannah fühlt sich
schnell wohl und turnt auf der Lehne des Sessels herum. Eine Sekunde später flitzt sie mit ihrem Stoffpferd durch das Fotostudio. Rebecca schaut ihr gelassen zu.
Junge Mütter wie Rebecca werden seltener in
Deutschland. Im Jahr 2000 kamen noch rund
29 000 Kinder zur Welt, deren Mütter jünger als 20
waren. Heute sind es etwa 6 000 weniger.
Ein Drittel der jungen Schwangeren treibt ab. Die,
die ihr Kind bekommen, haben nicht selten mit
Vorurteilen zu kämpfen.
Angeblich wollen sie nur Stütze
vom Staat, haben keine Lust, eine
Ausbildung zu machen und hausen
in verdreckten Einzimmerwohnungen – überfordert und asozial.
„Es gibt viele ernsthafte und verantwortungsvolle Mädchen“, sagt dagegen Beraterin Hermine Baumann von Pro Familia. Sie spricht von Frauen
wie Rebecca, Carmen und Nicole. Carmen kommt aus der Nähe von Hagen. Sie bekam ihr erstes Kind mit 19. Obwohl es ungeplant war, wollte
sie nicht abtreiben. „Das wäre irgendwie Mord gewesen“, sagt sie. Mit 20
wurde sie wieder schwanger – diesmal absichtlich: „Ich wollte immer zwei
Kinder, die vom Alter her nicht so weit auseinander sind“, sagt Carmen.
Die Ausbildung war schon abgeschlossen. Während sie davon erzählt,
klappt ihre zweijährige Tochter die Schranktür auf und zu. Die Kleinen
spielen Verstecken im Wohnzimmer. Carmen sagt ganz ruhig: „Katja, deine Schwester ist nicht im Schrank.“
Nicole lebt im ostfriesischen Leer. Sie war 18, als sie schwanger wurde. Von
Anfang an stand für sie fest, dass sie ihr Kind behalten will. „Ich bin stolz
darauf, eine junge Mutter zu sein“, sagt Nicole. „Auch Teenager haben das
Zeug dazu.“ Sie lebt heute mit der vier Monate alten Marie-Johanna in ihrer eigenen Wohnung. Wenn Nicole davon erzählt, schwingt auch ein bisschen Stolz mit.
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24.08.2009
13:05 Uhr
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Foto: Privat
Rebecca, 18, im neunten Monat schwanger.
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13:05 Uhr
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68
Rebeccas Start als Mutter war schwieriger – als
Zehntklässlerin am Gymnasium Tutzing bei München. Ihr Freund war gegen das Kind, stellte sie vor
die Wahl: ich oder das Baby. „Es war die Hölle“,
sagt sie heute. Nach drei schweren Tagen entschied
sie sich gegen eine Abtreibung, gegen ihren Freund,
für das Baby.
Rebecca hatte anfangs mit den Gerüchten in ihrem
Heimatdorf zu kämpfen. Manche Leute schauten
sie schräg an; das Kind sei gar nicht von ihrem
Freund, erzählte man sich. Dann schlug sich auch
noch eine ihrer besten Freundinnen auf die Seite ihres Freundes. „Sie sagte, du bist wahnsinnig. Es ist
viel zu früh für ein Kind“, erzählt Rebecca. „In den
ersten Monaten hatte ich echte Depressionen.“
Dennoch: Überfordert fühlte sie sich selten. Ihr
Schuldirektor erlaubte ihr, ein Jahr in Mutterschaftsurlaub zu gehen. Die elfte Klasse durfte sie
überspringen. Rebecca hörte auf zu rauchen und zu
trinken. „Später habe ich mich wahnsinnig wohl gefühlt. Meine Haare waren toll, meine Haut war
toll“, erzählt sie und lacht. Von da an stand nur
noch Hannah im Vordergrund. Etwas Wichtiges
verpasst habe sie nicht, sagt Rebecca.
„Die Glücksgefühle mit meiner
kleinen Hannah sind besser als
jeder Drogenrausch.“
In TV-Doku-Soaps und Gerichtsshows sehen Mütter unter 20 anders aus, haben erweiterte Poren im
Gesicht und schlecht blondierte Strähnchen auf
dem Kopf. So wie bei „Erwachsen auf Probe“, der
umstrittenen Sendung, die im Juni bei RTL anlief.
Junge Pärchen wurden vor laufender Kamera zu
Versuchseltern gemacht: arbeiten, Wäsche waschen,
Windeln wechseln – Partyleben ade.
Für gecastete Teenager wie Tamara folgt eine unlösbare Aufgabe nach der anderen: Ihr Ziehbaby Lasse stinkt aus der Windel und hört einfach nicht auf
zu schreien. Aber sie weiß nicht, wie sie Lasse beru-
higen soll. Als der Kleine endlich schläft, greift sie
entnervt zur Zigarette.
Der Sender macht das Fehlverhalten zur Show, bedient das Klischee der jungen, überforderten Mutter – auf Kosten der Teilnehmer. RTL-Geschäftsführerin Anke Schäferkordt sieht das anders: „Die Sendung ist eine einzigartige Möglichkeit für Jugendliche mit Kinderwunsch, Verantwortung für Kinder
zu übernehmen.“ Dabei lebt die Serie aber vor allem von ihren Negativbeispielen.
Ein Kind bedeutet für jede Mutter eine Umwälzung, ganz andere Dinge
werden wichtig. Selbst wenn die Freude über den Nachwuchs überwiegt –
Ängste kommen, früher oder später. Hermine Baumann von Pro Familia
hält es für normal, dass Mütter sich manchmal überfordert fühlen. Sie sehen sich auf die Mutterrolle reduziert. „Viele haben das Gefühl, noch andere Erfahrungen im Leben machen zu müssen“, sagt Baumann. Ob jung
oder alt – auch einer 30-Jährigen kann die neue Aufgabe über den Kopf
wachsen.
„Es gibt kein perfektes Alter, um Mutter zu werden“, sagt Nicole aus Leer.
„Vielleicht wäre ich in zehn Jahren weniger überrascht gewesen, aber alles
wäre genauso neu wie jetzt.“
Vor zwei Generationen war es noch üblich, jung
Mutter zu werden. Mitte der 60er Jahre waren Frauen bei ihrem ersten Kind im Schnitt 23 Jahre alt.
Wer mit 30 noch kein Kind hatte, galt schon als
hoffnungsloser Fall, als alte Jungfer. Heute liegt das
Durchschnittsalter bei 26 Jahren. Prominente über
40, die ihre Kinder von bezahlten Leihmüttern austragen lassen, füllen die Seiten der Klatschmagazine.
Rebecca hat den nächsten Schritt gewagt: Mit ihrem
neuen Freund ist sie nach Offenbach gezogen, er
studiert dort Kunst. Hannah ist natürlich dabei. In
den ersten Monaten will Rebecca als Tagesmutter
jobben oder ein Praktikum machen, bevor sie selbst
mit dem Studium beginnt. Was sie studieren will,
weiß sie noch nicht genau, aber eines ist sicher: Von
ihrem Freund lässt sie sich nicht reinreden. Auch
diese Entscheidung wird sie selbständig treffen.
26_17_Junge Mütter.qxd
24.08.2009
13:05 Uhr
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Rebecca mit ihrer zweijährigen Tochter Hannah.
27_29_Kolumne.qxd
21.08.2009
13:40 Uhr
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70 Kolumne
Kein
Spaß,
keine
Reue
Viel
Spaß,
viel
Reue
von Katharina Fuhrin
von Thomas Salter
Trinken oder nicht trinken? Zwei nüchterne
Überlegungen zum Thema Alkohol.
Ich kannte mal einen, der brach bei jeder Party, und er war auf sehr
vielen Partys, kurz nach Mitternacht über den Rotweinvorräten zusammen und blieb dort liegen, bis die Letzten gingen und ihn mitnahmen. Manchmal fand sich auch niemand, und dann musste er
dort auf den Kisten übernachten. Rund um den Mund hatte der Wein
meistens eine violette, halbmondförmige Verfärbung hinterlassen.
Das sah irgendwie sehr traurig aus.
Ein anderer, den ich kannte, trank immer gerne BacardiCola und fasste nach ein paar Gläsern allen Frauen
unter ihre T-Shirts. Auch das sah irgendwie sehr traurig
aus, wenn er dann eine Ohrfeige kassierte und ganz
betroffen guckte.
Über mich sagen Leute vielleicht, „ich kenne eine, die ist schon nach
einem halben Glas Wein betrunken.“ Das mag sein. Und meistens
werde ich nicht nur schnell betrunken, sondern auch schnell müde.
Es gab schon früh Anzeichen dafür, dass mein Körper gut auf Rauschmittel anspringt. Mit acht Jahren habe ich mal den Eiskaffee meiner
Mutter heimlich ausgetrunken, danach hatte ich Herzrasen und flatternde Muskeln. Von meinem ersten Glas Sekt an Silvester bin ich
kurz nach den Knallfröschen und Silberfontänen eingeschlafen. Um
das zu vermeiden, vermeide ich heute oft den Alkohol.
Wenn ich nüchtern bleibe, bekomme ich meistens die Autoschlüssel
in die Hand gedrückt und werde mit einer Cola an der Bar abgestellt.
Ich versuche, trotzdem Spaß zu haben, wirklich. Aber wenn ich zu
„Sweet Home Alabama“ mithüpfen soll, mache ich unweigerlich ein
Gesicht, als hätte ich in die Zitronenscheibe in meiner Cola gebissen.
Aber: Auch meine Zeit kommt, und zwar so sicher wie der Kopfschmerz nach Batida de Coco. Wenn am nächsten Tag meine Freundinnen anrufen, um sich ihre vagen Erinnerungen bestätigen zu lassen – ja, dann kann ich mich vielleicht an die eine oder andere Peinlichkeit erinnern. Und während die anderen noch hoffen, dass ihr Kater möglichst schnell vorbei geht, mache ich all die Dinge, die am
Sonntag Spaß machen. Zum Beispiel ordentlich frühstücken gehen –
mit dem netten Typen, mit dem ich mich den ganzen Abend über unsere peinlichen Freunde amüsiert habe.
Darwin, der alte Klugscheißer, hat in dem sympathischen Durcheinander, das wir Natur nennen, die Ordnung entdeckt. Das klingt
schrecklich langweilig. Aber eigentlich heißt das ja nur, dass selbst in
Darwins Ordnung das Chaos seinen Platz findet. Zum Beispiel Alkohol: Ich habe einmal gelesen, der Mensch fing an, Pflanzen gären zu
lassen, um so sein Trinkwasser zu desinfizieren. Der beste Weg, um
sich vor Mikroben und Keimen zu schützen, war es also, die Leber
zum Schwellen und das Hirn zum Schrumpfen zu bringen. Verrückt.
Ich liebe Chaos. Vielleicht trinke ich deswegen so gerne einen über
den Durst. Es gibt keinen leichteren Weg, aus der alltäglichen Ordnung auszubrechen, als mit einem ordentlichen Rausch in der Fresse.
Ich beobachte mich dann selbst, wie ich die verrücktesten Sachen mache. Ich rede Schwachsinn und benehme mich, als hätte ich keinerlei
Erziehung genossen. Ja, wenn ich genau darüber nachdenke, ist es genau das: Ich werde zu einem kleinen, unanständigen, nach Bier riechenden Kind.
Aber die Natur wäre nicht die Natur, wenn sie einen
derart sorglosen Spaß nicht mit einem rostigen Haken
versehen hätte. Fasst man tags darauf die Ergebnisse
eines durchzechten Abends zusammen, ist die Bilanz
meist ganz mies.
Der Kopf: leer, bis auf Kopfschmerzen und ein schlechtes Gewissen.
Der Geldbeutel: leer, bis auf sechs Pfandmarken. Der Magen: leer, jedoch ohne Bedürfnis, Essen länger als drei Minuten bei sich zu behalten.
Wie kann die Natur so grausam sein? Warum muss auf glücklichen
Überschwang immer schmerzhafte Nüchternheit folgen? Es gibt Insekten, die Alkohol nie abbauen. Wenn sie also in mein Bierglas fallen und einen großen Schluck nehmen, werden sie nie wieder nüchtern. Natürlich wissen sie diese Vergiftung nicht zu schätzen. Sie haben ja auch keinen lästigen Verstand, den sie sich wegsaufen können.
Die Evolution gab uns Menschen also den Kater, damit wir nicht immer betrunken sein wollen. Wir sollen ein Gleichgewicht halten zwischen Spaß und Pflicht. Und das finde ich zwar etwas langweilig, aber
absolut in Ordnung.
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Dr. Georg Schreiber
Medien2009
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Die Gesundheitsreform
sieht vor, dass künftig alle
gesetzlichen Krankenkassen
insolvenzfähig sind. Auch
für die landesunmittelbaren
Krankenkassen, die derzeit
noch als insolvenzunfähig
gelten, soll die Insolvenzfähigkeit hergestellt werden.
Gleichzeitig werden die
bestehenden Bundesverbände als solidarische Haftungsverbünde der jeweiligen Kassenart aufgelöst. Die
Haftungsgebäude der Landes- und Spitzenverbände
passen nicht mehr in die
von der Politik gewünschte
neue Struktur mit einem
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Wer im Nachtbus einschläft, fährt bis zur Endstation.
Dagegen hilft nur ausgiebige Konversation.
Gesprächsfetzen um 5 Uhr morgens.
„Die ganze Zeit hat er mich heute
„Bei mir ist heute ein
Bett frei.“
...
„Aber weißt du
noch, wo du
wohnst?“
„Ich sag’ immer:
Mausi genannt. Das hat mich total genervt.“
„Tschau Bine.“
...
„Ich glaub’ die Bine muss
kotzen, so schnell wie die läuft.“
„Ich schlaf’ heut’ unterm
Tisch, Alter.“
Man darf extrem sein, aber man darf es nicht übertreiben.“
„Inzwischen sieht er total hässlich aus, mit Zahnspange und so. Früher war er
nicht so übermäßig hässlich, aber jetzt, mit seinen aufgesprungenen Lippen.“
„Ich hab’ noch mehr
getrunken als er.“
...
„Ja, aber du bist auch
größer als er.“
„Die Ex von deinem besten Freund ist tabu. Das ist einfach so. Leider.“
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21.08.2009
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„Der Andi ist total assi.
Trotzdem steht sie auf ihn.“
...
„Ja, weil sie auch assi sein will.“
„Ich hasse so was: Gucci ist
Shit, Louis Vuitton ist Shit, Prada ist Shit! Arrrhgg!“
„Mannomann, was meinst
du, wenn du ihm mal
nachts begegnest?“
...
„Was hat der für
einen Oberarmumfang?“
...
„Ich glaub’,
oder
Zentimeter.“
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„Welche ist die
Eklige?“
...
„Die Mittlere.“
„Nur mit meiner
„Einer hat mir
an den Arsch gegrapscht,
dann hab’ ich mich umgedreht und dann standen
da ganz viele Männer.
Ich konnte ja nicht allen
eine klatschen.“
Gedankenkraft kann ich meinen Arm heben.“
„Ich glaub’, wir hätten hier raus
gemusst.“
...
„Und wo fahren wir jetzt hin?“
...
„Direkt in die Hölle, Alter.“
„Mein Rücken hat ein paar Mal geknackst beim Tanzen.“
Foto: Zepsis
„Das ist diese Beste-Freund-Schiene.
Das ist doch scheiße.“
„Ich wette, du bekommst
dein Studium nicht besser
hin als ich.“
...
„Was hattest du für eine
Note?“
...
„1,8.“
...
„Das schaff’ ich auf jeden
Fall.“
...
„Ich wiederhole: 1,8.
Und das in einem
Ingenieursstudium!“
...
„Ach so.“
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21.08.2009
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74 Altklug
Text: Olivia Höner
Was ich gerne schon
mit 18 gewusst hätte
dieses Mal mit Günther Jauch.
Ich hätte gerne gewusst, was Mädchen wirklich
beeindruckt. Das weiß ich heute besser.
Und was wäre das?
(er legt den Kopf ein bisschen schief, so wie er das im Fernsehen auch immer macht)
Man kann es ganz schwer erklären. Es ist eine
Mischung aus lässig sein, aber sich doch so
wichtig machen, dass man überhaupt wahrgenommen wird. Das hinzukriegen ist ganz
schwierig. Weil es nur so ein ganz schmaler Grat
ist.
Woher wussten Sie mit 18, dass Sie den Dreh noch nicht raus hatten?
Wenn ich zum Beispiel in einer Kneipe im großen Gedränge etwas zu trinken bestellt habe
und um mich herum haben auch zwei, drei Leute was bestellt, dann kam immer ein Glas zu wenig. Weil sich niemand mehr daran erinnerte,
dass ich auch etwas bestellt hatte. Zumindest bei
weiblichen Bedienungen war das so. Da habe
ich gemerkt, dass mir irgendwas fehlt. Aber ich
habe dann viele Jahre daran gearbeitet.
Was haben Sie gemacht?
Das ist natürlich geschwindelt, ich habe nicht
daran gearbeitet. Ich war bis 18 so ziemlich der
Kleinste, zumindest Schmächtigste in der Klasse
und bin dann erst gewachsen. Das war die eine
Sache. Aber ich war eben auch furchtbar unsicher. Die Sicherheit ist erst sehr spät gekommen.
Wie denn? Verraten Sie uns Ihr Geheimnis?
Und wenn ich übermorgen und überübermorgen auch nicht gewinne?
Es gibt keinen Menschen ohne jeden Erfolg. Ich
habe entweder Erfolg in der Arbeit oder in der
Liebe oder im Umgang mit Tieren oder im Spielcasino. Ein Mensch ohne Erfolg ist für mich genauso unglaubwürdig wie einer, der von sich behauptet: Ich habe überall Erfolg. Beides kann
nicht stimmen.
Foto: DJS-Archiv
Das Abitur hatte er schon, Glück bei den Mädchen noch nicht: Günther Jauch, 1976.
(Jetzt kratzt er sich am Kopf)
So seltsam es auch klingt: Wenn man nicht alles
persönlich nimmt, ist man gleich sicherer. Es
bringt doch nichts zu sagen: „Ich kann nichts
dafür, die Welt meint es einfach nicht gut mit
mir.“ Man sollte das Ganze statistisch nehmen:
„Heute habe ich verloren, morgen werde ich gewinnen. Und wenn ich morgen nicht gewinne,
dann wird es übermorgen sein.“ Wer diese etwas
amerikanisch klingende Aufstehparole verinnerlicht, wird sich nicht so schnell einschüchtern
lassen.
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Wir sehen uns auf
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