Städtebauliche Integration der Schlossarkaden

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Städtebauliche Integration der Schlossarkaden
Prof. Walter Ackers
Städtebauliche Integration der Schlossarkaden – eine (Zwischen-)Bilanz
18.09.2008
Städtebauliche Integration der Schlossarkaden - eine (Zwischen-)Bilanz
Prof. Walter Ackers
1. Vorbemerkungen
Wie weit ist die städtebauliche Integration gelungen? Nach eineinhalb Jahren, die seit der
Fertigstellung der Schlossarkaden vergangen sind, kann der Versuch einer ersten Bilanz
unternommen werden. Auch wenn fachliche Objektivität mein Ziel ist, kann ich den Vorwurf der
Befangenheit nicht ganz entkräften: Verständlicherweise möchte ich nur zu gerne eine erfolgreiche
Umsetzung und damit Bestätigung meiner gutachterlichen Aussagen feststellen können. Andererseits
ist mir sehr daran gelegen, aktuelle Defizite auch deutlich zu benennen, um weitere Maßnahmen im
Sinne des Gutachtens auszulösen. Insofern sollte letztlich die notwendige Sachlichkeit gewährleistet
sein.
Maßstab sind die Bedingungen und Voraussetzungen, die mit dem Gutachten vom 18. Februar 2003
formuliert wurden, ergänzt durch das Städtebauliche Leitbild mit seiner Agenda sowie die weiteren
Planungen zur Qualifizierung der Ost-West-Verbindungen in der Innenstadt.
Situation 2002: Strukturelle Probleme der Stadt
2002: Der Bohlweg stellte in seiner überdimensionierten Form eine absolute Trennung dar, mit dem
Charakter einer „innerstädtischen Zonengrenze“. Tatsächlich lag hier das eigentliche Problem: der
sichtbare Niedergang einer Fußgängerzone und ihres Umfelds. Diese ist mit ihrem wirtschaftlichen
Erfolg in die Jahre gekommen - bei zunehmend preisorientiertem Wettbewerb und einhergehendem
Qualitätsverlust, mit Filialisierung und Leerstand. Notwendige Investitionen unterblieben. Betroffen
waren nicht zuletzt die privilegiertesten 1A-Lagen der Stadt, die nach ihrer Blütezeit mit einer
permanenten Steigerung der Umsatzrenditen, Mieterträge und Bodenwerte nun in einer degressiven
Phase angekommen war – ein typischer Zyklus, der zu einem strukturellen Problem vieler
Innenstädte geworden ist. Die großen Einkaufszentren kompensieren diese Schwächen mit ihrer
marktstrategischen Rückkehr von der Peripherie in die Innenstädte. Wolfsburg hatte mit einem ersten
ECE-Einkaufszentrum sein Zentrum ausgebaut und damit den Konkurrenzdruck für Braunschweig als
Oberzentrum erhöht.
Das städtebauliche Gutachten vom 18. Februar 2003
Durch ein autonomes neues Einkaufszentrum im Bereich des Schlossparks bestand die Gefahr, dass
sich das Tangentensystem wie eine barocke Befestigungsanlage zu einer Handelsbarriere rund um
die Fußgängerzone entwickeln würde. Die Konkurrenzfähigkeit der Innenstadt war in Frage gestellt.
Als wichtigste Voraussetzung für eine städtebauliche Integration wurde deshalb hier die Qualifizierung
des gesamten Umfelds gefordert. Erst durch die Umwandlung der einseitig verkehrsorientierten
Straßen Bohlweg und Georg-Eckert-Straße zu integrierten Stadtstraßen konnte eine Integration
überhaupt gelingen. Grundbedingung des Gutachtens war deshalb, diesen Räumen wieder soziale
und ästhetische Qualitäten zurückzugeben und ein tragendes Gefüge öffentlicher Räume
herzustellen.
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2. Integration Stadtgrundriss:
Die bedeutsamste und nachhaltigste Entscheidung für die städtebauliche Integration ist die
Einordnung in den Stadtgrundriss. Hier einmal festgelegte Straßenzüge und Platzanlagen haben im
allgemeinen eine Beständigkeit von mehreren Generationen, meist sogar über viele Jahrhunderte,
selbst über die Kriegszerstörungen hinaus, wie dies auch im Stadtgrundriss Braunschweigs
abzulesen ist. Bis heute begründen die mittelalterlichen Strukturen den Plan der Stadt und bestimmen
ihre Morphologie. Als Verstoß gegen diese „Logik der Form“ muss die Platzierung des früheren
Horten-Kaufhauses auf der wichtigsten Ost-West-Achse der Stadt gesehen werden. Im
Wirkungsgefüge mit der Georg-Eckert-Straße wurde das Magniviertel hierdurch von der Entwicklung
abgekoppelt.
Umso wichtiger war die sorgfältige Einfügung der Schlossarkaden in ein tragendes System von
Stadträumen. Historisch war dieser Bereich als Standort des Grauen Hofes (Klostergrundstück,
später Schloss) nie kleinteilig strukturiert. Ganz entscheidend für die Gestalt war die Wiederaufnahme
des ursprünglichen Schlossstandortes und seines Baukörpers, vor allem in Verbindung mit der
Rekonstruktion der Schlossfassade. Alle anderen Raumbildungen sind hiervon abgeleitet (s. nächstes
Kapitel: Integration Stadtraum). Die vollständige Ablösung des Schlosses als freistehender Baukörper
war aufgrund der Aufgabe ebenso wenig möglich wie eine weitergehende Aufteilung des
Bauvolumens in mehrere Einzelbaukörper, die durchaus gewünscht war.
Das äußerlich flexible Bauvolumen der Schlossarkaden wurde genutzt, um hierüber eigene und neue
Stadträume zu formen und zu einem tragenden Raumgefüge zu entwickeln. Das innere, unflexible
System der Mall wurde auf die stadtstrukturell wichtigen Achsen zum Theater und zum Museum
ausgerichtet. Als Museumpassage und Theaterpassage wurden diese im Grundriss verwirklicht und
stellen heute öffentlich wichtige Raumverbindungen her. Die große Baumasse konnte so verträglich in
den Stadtgrundriss eingefügt werden, ohne die stadträumliche Syntax außer Kraft zu setzen. Im
Gegenteil: Diese wurde erst durch die Maßnahme gebildet. Die Aspekte der baulichen Erscheinung
mit Architektur, Gesamtvolumen, Gliederung und Inhalt der Schlossarkaden liegen auf anderen
Ebenen.
Die stadträumliche Vernetzung jedenfalls ist dichter geworden. Die Beziehungen zum Theater und vor
allem zum Herzog Anton Ullrich-Museum sind deutlich gestärkt, die östlich angrenzenden Gebiete
qualitätvoller an die Innenstadt angebunden.
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3. Integration Stadtraum: System öffentlicher Räume gestärkt. Vier neue Plätze
Das System öffentlicher Räume wurde durch umfassenden Umbau aller Straßen aufgewertet. Wichtig
für den Erfolg der Maßnahme war die rechtzeitige Fertigstellung vor Eröffnung der Schlossarkaden.
Über die Integration in den Stadtgrundriss sind vier neue Plätze unterschiedlicher Prägung
entstanden. Die Forderung des Gutachtens: „die umgebenden Räume Bohlweg, Georg-Eckert-Straße
und Ritterbrunnen .. eindeutig als hochwertige innerstädtische Aufenthaltsräume für Fußgänger“ zu
qualifizieren wurde anspruchsvoll erfüllt. Die Grundlage für das unmittelbare Umfeld war der
Wettbewerbsentwurf und die Planung von Lohaus und Carl, die jedoch im Verlaufe der Umsetzung
verändert wurde. Einige wichtige Elemente sind hierbei Kostengründen zum Opfer gefallen.
Schlossplatz: sehr gut mit Optionen
Der Schlossplatz hat in Verbindung mit der rekonstruierten Schlossfassade sofort große Akzeptanz
gefunden. Er bereichert Braunschweig um einen großstädtischen Platz und vermittelt die verlorene
Braunschweiger Geschichte als Residenzstadt. So polarisierend die fachlichen und emotionalen
Diskussionen hierzu auch waren, so breit spricht der Platz die unterschiedlichen Altersgruppen heute
an und wird von ihnen buchstäblich in Besitz genommen. Seine Eignung für große Veranstaltungen
mit bis zu 20.000 Besuchern hat er bereits bewiesen und ist damit der größte öffentliche Platz in der
Stadt geworden.
Dennoch sind kritische Anmerkungen zu machen: Im Gutachten waren von mir zwei quadratische
Baumpakete vorgeschlagen zur Gliederung der großen Platzflächen vor und seitlich des Schlosses
zur Betonung der einzelnen Räume – eine Abstraktion der nie realisierten Kolonnaden des
Schlosses. Mit diesen Elementen wäre der immer wieder auftauchende Wunsch stärkerer grüner
Gestaltung architektonisch eingeordnet worden und das Umfeld m. E. stadträumlich klarer definiert.
Leider hat bereits der ausgewählte Wettbewerbsentwurf von Lohaus und Carl hierauf verzichtet.
Ritterbrunnen: gut proportioniert
Der neue Raum nördlich des Schlosses hat den alten Begriff Ritterbrunnen wieder aufleben lassen
und ihm eine Form gegeben, die als eigener Platz wahrgenommen und genutzt wird. Hier wird das
Stadtbild um einige neue Perspektiven bereichert. Größe und Proportion wirken maßstäblich in
Relation zum Schlossplatz. Der Ritterbrunnen reiht sich ein in den „Weg der schönen Plätze“
(Altstadtmarkt, Kohlmarkt, Ringerbrunnen, Domplatz, Burgplatz, Platz der Deutschen Einheit, Anna
Amalia-Platz/ Nicolaiplatz), der über verschiedene Formen von Brunnen das gemeinsame Thema
Wasser gefunden hat. Der Raum wird intensiv vor allem von Jugendlichen genutzt, er leidet allerdings
unter häufig rücksichtslosem Verbraucherverhalten.
St. Nikolai-Platz: neu, aber verbesserungswürdig
Es war bewusst, dass dieser Raum zum Teil verkehrsorientiert bleiben würde. Vor allem der
Raumabschluss nach Norden, zur Edith-Stein-Schule, ist unzureichend und verweist noch auf den
erfolgten Durchbruch der Georg-Eckert-Straße. Das Gutachten zeigte hier die Option für ein weiteres,
Raum bildendes Gebäude.
Sehr zu bedauern sind die Einsparungen, die an der Brunnenwand vorgenommen wurden und das
Wettbewerbskonzept von Lohaus und Carl für diesen Platz zerstört haben. Hierdurch wirkt die
Stützmauer nur noch technisch-funktional als trennendes Element. Der Rest dieses Wasserspiels auf
einem kurzen Abschnitt vermittelt eher den Eindruck eines Wasserschadens durch Rohrbruch.
Insgesamt ist die Rolle dieses abgesenkten Platzes im Verhältnis zu den anderen Räumen nicht
wirklich verständlich.
Herzogin Anna Amalia-Platz: groß, aber verbesserungswürdig
Der Platz zwischen Schlossarkaden und Kleinem Haus ist größer geworden als im Gutachten
empfohlen und wirkt in dem jetzigen, steinernen Charakter überproportioniert. Als einziges kann sich
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die Bauminsel mit Brunnen hierin behaupten (von Frauke und Hinnerk Wehberg). Der weitere Einbau
von Spielgeräten für Kinder löst dieses Problem nicht, sondern macht deren beliebig wirkende
Streuung eher bewusster. Deshalb gelingt es auch kaum, Parkplatz suchende Autofahrer fern zu
halten. Die Stärkung des Grüns und eine evtl. weitergehende Gestaltung hin zu einem städtischen
„Garten“ könnten m. E. dem Raum gut tun. Damit würde er das Konzert der unterschiedlichen Räume
stärker bereichern. Dennoch hat der Platz durch die prägnante räumliche Fassung der KolonnadenArchitektur zusammen mit dem Kleinen Haus einen unverwechselbaren und auch großzügigen
Charakter bekommen.
Magni-Promenade an der Georg-Eckert-Straße
Das größte ästhetische Defizit aus Sicht des Gutachters bleibt mit der Georg-Eckert-Straße
verbunden. Ihre gestalterische Integration ist, wenn überhaupt, nur in Ansätzen gelungen. Wegen der
hier zu erwartenden Problematik der Südfassade der Schlossarkaden wurde im städtebaulichen
Gutachten explizit eine Doppelreihe großkroniger Bäume (z.B. Platanen) in Form einer 10 – 12 Meter
breiten Promenade gefordert (Seite 51 und Gesamtplan). Diese wäre den Fußgängern und
Radfahrern vorbehalten geblieben. Die Architektur dieser Seite war hierdurch bewusst in den
Hintergrund gedrängt und die vorausgesehene Schwäche der Fassaden gnädig durch das Grün
verhüllt. Leider wurde diese städtische „Promenade“ in den folgenden Wettbewerben nicht
nachdrücklich gefordert und so letztlich geopfert. Die heutige Baumreihe leistet diese Wirkung nur im
Ansatz. Umso wichtiger ist es, dass die vom Architekten vorgesehene Wandbegrünung und die
Bäume permanent gepflegt und vervollständigt werden.
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4. Integration Verkehr in den Stadtraum: optimal gelöst
Die verkehrliche Lösung war hierzu Voraussetzung. Unter der Zielsetzung „Integration des Verkehrs“
konnte Prof. Manfred Wermuth mit seinem Konzept eine leistungsfähige und konfliktfreie Lösung
aufzeigen. Durch gemeinsame zielorientierte Arbeitsweise konnten öffentlich diskutierte
Planungsideen mit Tunnellösungen oder Verkehrsführung über die Wallanlagen als „städtebaulich
absolut unverträglich“ verhindert werden. Diese hätten sich für die Stadt aller Erkenntnis nach
katastrophal ausgewirkt.
Heute präsentiert sich die Innenstadt rund um die Schlossarkaden als lebendig und großstädtisch,
verkehrlich aber keineswegs überlastet. Im Gegenteil: Durch Reduzierung der Zahl der Fahrbahnen
und ihrer Breite zugunsten der Fußgänger wirkt die Innenstadt subjektiv verkehrlich entlastet. Das
Verhältnis Fußgänger, Autoverkehr, Busse und Straßenbahnen ist deutlich ausgewogener und
entspannter. Lediglich der Fahrradverkehr gibt noch Anlass zur Diskussion.
Erschließung der Schlossarkaden: sehr gut, noch optimierbar
Die Erschließung des Parkhauses der Schlossarkaden über zwei Zufahrten ist exzellent gelöst. Der
öffentliche Raum wird nicht als Stauraum belastet, da dies die Auffahrtsrampen innerhalb des
Gebäudes übernehmen. Alle Befürchtungen, der Verkehr würde zusammenbrechen, zeigen sich
heute als völlig haltlos. Verbesserungen sind allenfalls durch eine optimierte Lenkung der Autofahrer
innerhalb der Parkdecks möglich, wenn die Ausfahrenden für ihren Rückweg zur jeweils anderen
Ausfahrt geleitet werden (Prof. Wermuth), da hiermit eine zusätzliche Umfahrung des Zentrums
vermieden und die Verkehrsknoten entlastet werden. Auch die unproduktive Einschränkung der
abendlichen Öffnungszeiten aus Gründen der Lärmbelastung ließe sich über eine Beschränkung der
Ausfahrt über die Georg-Eckert-Straße aufheben.
Bohlweg: zu gut – für die Gastronomie
Der Bohlweg ist durch Geschwindigkeitsdrosselung, zusätzliche Überwege und entsprechende
Lichtsteuerung heute leicht zu überqueren. Besonders bedeutsam war die Öffnung der Gleisanlagen,
die bis dahin den Charakter des Bohlwegs als unbetretbares Territorium definiert hatten. Durch die
breiten Aufstellflächen neben den Gleisen ist eine Querung auf der gesamten Länge des Bohlwegs im
Schatten der Rotphasen möglich.
Das integrative Gestaltungsprinzip wurde auch für den Fahrradverkehr zugrunde gelegt. Das Prinzip
gegenseitiger Rücksichtnahme wird hier auf der Westseite des Bohlwegs im allgemeinen akzeptiert,
besondere Unfälle sind nicht bekannt. Dennoch wird eine stärkere funktionale Trennung vor allem von
Fahrern mit unangemessenem Geschwindigkeitsanspruch reklamiert. Auslöser hierfür sind jedoch
übermäßige Inanspruchnahme der Fläche durch Gastronomie und Baustellen und die dadurch
ausgelöste Verdrängung der Fußgänger auf den Radweg.
Georg-Eckert-Straße: günstigere Lichtsteuerung für Fußgänger notwendig
Die Georg-Eckert-Straße konnte wegen der neuen Erschließungsfunktion für die Schlossarkaden in
ihrem Querschnitt nur begrenzt reduziert werden. Ihre Überquerbarkeit für Fußgänger bleibt im
Vergleich zum Bohlweg eingeschränkt. Die gewünschte verbesserte Anbindung des Magniviertels
wird hierdurch verhindert. Dies betrifft vor allem den Zugang über den Ackerhof. Hier ist dringend
eine Verbesserung durch häufigere Grünphasen wie am Bohlweg erforderlich.
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5. Integration Einkaufs- und Handelsstadt: Drei Ost-West-Verbindungen
Die funktional wichtigste Aufgabe lag in der Integration der Schlossarkaden in das innerstädtische
System der Einkaufs- und Handelsstadt Braunschweig. Hierzu wurde in den Gutachten ein
strukturelles Leitbild dargestellt, das mit dem neuen Einkaufszentrum insgesamt drei innerstädtische
Magnete als Pole definiert, zwischen denen sich das Mosaik des kleinteiligen Einzelhandels
ausrichten kann. Das sich überlagernde Tangentensystem soll weiterhin zu städtischen Magistralen
entwickelt werden und ergänzend großstädtische Funktionen in den Raum integrieren. Dies ist im
Abschnitt Bohlweg überzeugend gelungen und sollte Maßstab werden für den sukzessiven Umbau
des Tangentenvierecks.
Vermutlich liegt in dem heute erkennbaren, erfolgreichen Zusammenwirken der bisherigen
Innenstadt mit den Schlossarkaden tatsächlich die wichtigste Qualität der Integrationsmaßnahmen.
Hier bestand allgemein die Befürchtung, dass die Innenstadt abgekoppelt und einem Niedergang
ausgesetzt würde. Dies ist eindeutig nicht der Fall. Es muss anerkannt werden, dass die Stadt größte
Anstrengungen unternommen hat, alle Bedingungen des Gutachtens, wie sie auch von der IHK
eingefordert wurden, konsequent umzusetzen. Derzeit wird die gesamte Agenda des Städtebaulichen
Leitbilds für die westliche Innenstadt in einzelnen Projekten realisiert (Schützenstraße, Alter Zeughof,
Bankplatz, Ziegenmarkt ..) und dieser wichtige Geschäftsbereich aufgewertet.
Struktureller Leerstand ist nirgendwo in der Innenstadt mehr erkennbar. Zwar gab es zwischenzeitlich
auch Geschäftsaufgaben, die aber nicht ursächlich mit dem Stadtumbau im Zusammenhang stehen
(Reinicke & Richau, Sporthaus Nause). Der zu beobachtende Wechsel einzelner Geschäfte geht
einher mit entsprechender Modernisierung der Ladengeschäfte mit neuen und höheren Standards.
Die Vielzahl der ausgelösten Investitionen in Neubau und Umbaumaßnahmen sind hier als
prägnantester Erfolgsindikator zu werten. Nach Jahrzehnten der Stagnation wurden so wichtige
Komplexe im Bereich Schlosspassage, Steinwegpassage, Damm, Schuhstraße/Stephanstrasse
grundlegend umgebaut oder vollständig neu errichtet.
Für die Stadt und ihre Entwicklung ist besonders wertvoll, dass eine Reihe lokaler Akteure als
Investor, Bauherr, Eigentümer und Unternehmer auftritt. Dies ist Ausdruck des Vertrauens in die
gesamte Entwicklung und die Zukunft der Innenstadt und wird zu einer langfristigen Stabilität
beitragen.
Bisher nicht erkennbar profitieren von dieser Entwicklung konnte das Magniviertel - trotz unmittelbarer
Nachbarschaft zu dem neuen Einkaufszentrum. Während die Gastronomie offensichtlich gut
nachgefragt wird, stagniert die sonstige geschäftliche Entwicklung. Ähnlich sieht es mit der FriedrichWilhelm-Straße aus. In diesen Bereichen wären Profil bildende Entwicklungsmaßnahmen zu
wünschen.
Alter Handelsweg: Magniviertel-Damm-Altstadt
Unter diesem Aspekt ist die wichtigste Ost-West-Verbindung der Stadt, der alte europäische
Handelsweg (spätere Reichsstraße, dann B1), immer besonders bedeutsam gewesen. Unter dem
Oberthema „Vielfalt als Qualität“ (siehe Gutachten) ist diese Raumfolge durch einen dichten Besatz
an Geschäften gekennzeichnet und sollte unter dem Aspekt „Vielfalt des Warenangebots“ gestärkt
werden.
Für den Abschnitt Damm ist dies durch eine Fülle privater Baumaßnahmen geschehen. So wurde das
alte Kaufhaus Weipert, Schuhhaus Bartels u.a. durch Neubauten ersetzt. Der Damm hat seine 1ALage unter Beweis gestellt.
Unterbrochen bleibt diese die Stadt generierende Achse am Bohlweg durch das Kaufhaus Horten,
heute Kaufhof und die inzwischen vorgelagerte Haltestelle der Straßenbahn. Leider ist es im
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Planungsprozess nicht gelungen, diese Blockade wirklich aufzuheben. Für das Magniviertel wäre ein
Umbau des Kaufhofs mit stärkerer Durchlässigkeit im Erdgeschoss durch eine Passage
Voraussetzung für dessen bessere Einbindung in das ursprüngliche Wegenetz vom Altstadtmarkt
zum Magnitor. Bis dahin muss man sich mit der erreichten Verbesserung der erneuerten
Unterführung zufrieden geben.
Steinweg als „Lebendige Geschäftsstraße“ - wirklich gelungen
Der Umbau des Steinwegs ist sicher nicht spektakulär, hat aber sehr zielgerichtet das Konzept der
„lebendigen Geschäftsstraße“ umgesetzt. Die „Vielfalt der Aktivitäten“ mit verschiedenen
Verkehrsfunktionen, Geschäften, Wohnen findet hier ihren gemeinsamen Raum. Insgesamt wirkt der
Straßenzug geordnet in seiner axialen Ausrichtung auf das Theater und respektiert damit soweit
möglich den Anspruch der Haupt- und Residenzstadt. Dies kommt insbesondere überzeugend im
heute großzügig wirkenden Umfeld des Theaters im Zusammenhang mit der verkehrlichen
Neugestaltung zum Ausdruck.
Die Beschränkung der Fahrstreifenbreite auf 3,00 Meter und die Herausnahme einer Fahrspur
zugunsten der Haltestelle Rathaus hat keineswegs die Leistungsfähigkeit eingeschränkt, obwohl
zusätzlicher Verkehr zur Erschließung der Schlossarkaden aufzunehmen war. Die Aufenthaltsqualität
für Fußgänger, die Rahmenbedingungen für Geschäfte und Anlieger wurden sichtbar verbessert,
ohne insgesamt die Zahl der Stellplätze zu reduzieren. Hier wurde ein neues, produktives
Gleichgewicht der vielen Ansprüche im Raum gefunden. Inzwischen sind Erneuerungsmaßnahmen
bis zu Großinvestitionen in die Baussubstanz zu registrieren. Auch im Geschäftsbesatz sind nach
teilweisem Leerstand positive Entwicklungen feststellbar. Der wichtigste Impuls stellt hier die
Neuordnung des gesamten Blocks um die frühere Steinwegpassage dar.
Weg der schönen Plätze: Langer Hof, Platz der Deutschen Einheit, Domplatz
Das wichtigste Potential zur Stärkung der Ost-West-Verbindung über den Platz der Deutschen Einheit
und Domplatz in Richtung Kohlmarkt wurde systematisch entsprechend unseren
Gestaltungsvorschlägen ausgeschöpft. Mit der Beseitigung des Parkplatzes vor dem Rathaus, dem
gemeinsamen Umbau mit Langer Hof zur Fußgängerzone, der Neuordnung der Münzstraße und jetzt
auch dem Einbau weiterer Fontainen auf dem Domplatz als leitendes Element wurden umfangreiche
Eingriffe vorgenommen. Die beabsichtigte Wirkung ist erreicht und täglich ablesbar. Mit dem Umbau
ist eine bedeutsame Laufachse von den Schlossarkaden in die westliche Innenstadt entstanden, die
intensiv in beide Richtungen frequentiert wird. Das stadtgeschichtliche, kulturelle und
stadtgestalterisch bedeutsame Potential dieses Raumgefüges mit Dom, Burgplatz, Landesmuseum
und Burg Dankwarderode ist damit für Stadtbesucher viel stärker wahrnehmbar. Diese Platzfolge
bietet Aufenthaltsqualitäten und Raum für freie Bewegung und Kinderspiel.
Eine weitere Verbesserung ist möglich und wurde bereits konzeptionell empfohlen: Die Platanenreihe
am Dom betont fälschlicherweise durch ihre Parallelstellung den Straßenzug der Münzstraße. Diese
Reihung sollte zugunsten der Platzwirkung und des Stadtbilds um den Dom herum aufgelöst werden.
Die Herausnahme von zwei, oder zumindest einer Platane würde die Raumöffnung und Führung in
Richtung Kleine Burg unterstützen und gleichzeitig die plastische Architektur des Domchores mit
Nebenkapelle eindrucksvoll freilegen.
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6. Integration Stadtgeschichte und Stadtbild: Rekonstruktion als Lesehilfe
Ausgesprochen umstritten war (und ist) der Umgang mit der Geschichte und ihre Integration in das
städtebauliche Konzept. Erste Vorstellungen zur Sichtbarmachung der verlorenen Geschichte als
Residenzstadt gingen von einigen originalen Bauteilen an der Kaufhausfassade aus, diese ggf. sogar
bis an den Bohlwegrand vorgerückt. Eine derartig bezuglose Dekoration hätte allerdings dem
bisherigen Versatz der vier Kapitelle entsprochen, die dreißig Jahre als Spolien im Brunnen des
Schlossparks die verlorene Geschichte der Stadt zu erzählen hatten.
Mit dem Gutachten konnte geklärt werden, dass eine städtebauliche Aussage zur Geschichte nur
über das Volumen und den Originalstandort des früheren Schlosses möglich sei. Hierbei wurde im
Gutachten darauf verwiesen, dass „.. jede Art der Authentizität eine besondere Überzeugungskraft
hat und zum Träger dieser Veranschaulichung von Geschichte werden kann: Raum, Lage, Umriss,
Volumen, Material. Sie muss sich nicht zusätzlich rechtfertigen“. Während das Gutachten bewusst
eine moderne architektonische Interpretation des Baukörpers offen gehalten hatte, konnte nach
langem Ringen vieler Beteiligter eine Rekonstruktion der Fassade gefunden werden, die das Schloss
als gesamten Baukörper in seiner architektonischen Gliederung wieder sichtbar machte.
Dank der anspruchsvollen und präzisen Rekonstruktion aller Fassadenteile und der umfangreichen
Wiederverwendung vieler originaler Bauteile (v.a. Portikus, Säulentrommeln. Kapitelle, Skulpturen)
konnte ein beeindruckendes Maß an Authentizität hergestellt werden. Es ist dieser Sorgfalt zu
verdanken, dass die Schlossfassade heute eine Stärke und Präsenz im Raum entfaltet, die ihre
eigenständige Bedeutung als Teil einer bruchhaften Geschichte und widersprüchlichen Gegenwart
sichert.
Insofern wurde aus dem harten gesellschaftlichen und persönlichen Ringen vieler Beteiligter um ein
ästhetisch und ethisch vertretbares, aber auch wirtschaftlich realisierbares Konzept eine letztlich
unverwechselbare „Braunschweiger Lösung“ entwickelt. Die leidenschaftlich auch öffentlich geführte
Diskussion hat, so merkwürdig dies klingt, selbst zu einer „Integration“ dieser überraschend aus der
Vergangenheit aufgetauchten Architektur in das kollektive Bewusstsein beigetragen. Der Bau dieses
„Schlosses“ ist, wie schon mehrmals in der Geschichte Braunschweigs, mit größten Emotionen ihrer
Bürger verbunden. Der umfangreiche Prozess war deshalb selbst im Sinne der Gegner keineswegs
vergeblich. Er hat den Blick aller Beteiligten geschärft, die Verhandlungspositionen der Stadt gestärkt
und zur Verbesserung beigetragen.
Der Prozess um die Wiedergewinnung der Selbstachtung der alten Residenzstadt ist damit jedoch
nicht abgeschlossen. Mit der Architektur des späten Klassizismus sind ästhetische Maßstäbe sichtbar
geworden. Diese sind auf Stadträume, und in gleichem Maße auf eine Stadtgesellschaft getroffen, die
sich gesichtslos und geschichtslos jeder Art von banalem Funktionalismus ausgeliefert hatten. Dass
dies nur über den Weg einer gleichzeitigen Kommerzialisierung möglich war, ist ein weiterer dieser
schwer verständlichen Widersprüche. Aber andere „aufbauende“ Kräfte standen nicht zur Verfügung.
Die Ambivalenz dieses Bauwerks bleibt auch für die Zukunft eine individuelle Herausforderung: Trägt
es als „Vorhängeschloss“ zur Verblendung des Kommerzes und der Bevölkerung bei – oder erzählt
es aufklärend von der bruchhaften Geschichte der Stadt und schreibt diese fort? Wer dieses
Historiendrama lesen will, kann es jedenfalls fast nirgendwo besser als am Schlossplatz, Bohlweg
und Umgebung. Aber dieses Lesen will auch gelernt sein und bedarf der individuellen Bemühung.
Die positiven Auswirkungen sind heute in einer allgemeinen Sensibilisierung für Fragen des
Stadtbilds und der Bedeutung und Gestaltung des öffentlichen Raums spürbar. Das Interesse an der
Stadt und ihrer Geschichte ist gewachsen. Dies ist ein Erfolg. Die Aufgabe Braunschweigs wird darin
liegen, eigene und zeitgemäße Maßstäbe für den städtischen Raum und die Architektur daraus zu
entwickeln.
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7. Integration Bevölkerung: Akzeptanz im Gebrauch
Bewähren müssen sich alle Theorien, Planungen und Maßnahmen im harten Alltag. Nimmt man die
tägliche „Abstimmung mit den Füßen“ der Besucher der Schlossarkaden und der Innenstadt
insgesamt als eine Form permanenter Bürgerbefragung, so ist das Ergebnis eindeutig: Die
Besucherzahlen haben zugenommen. Das Durchschnittsalter der Besucher ist deutlich gesunken.
Vor allem die neuen Räume der Schlossarkaden finden Nachfrage bei der jüngeren Generation. Die
„alte“ Innenstadt hat aber gleichzeitig ihre Qualitäten ausbauen können. Das beabsichtigte
Spannungsfeld zwischen den beiden Polen im Westen (Kohlmarkt und Schild/Sack) und dem neuen
Pol östlich des Bohlwegs wird wirksam und sehr gut angenommen. Die Schwerpunkte ergänzen sich
gegenseitig und tragen zur Profilbildung bei. Diese Gebrauchstüchtigkeit der Innenstadt und die breite
Akzeptanz darf als größter Erfolg gewertet werden.
Verhalten im Umgang mit „weicher Raumorganisation“
Doch in der neuen Gestaltung der Räume um den Bohlweg wird eine andere Philosophie spürbar, die
nicht von jedem akzeptiert wird. Aus der harten Funktionstrennung des Bohlwegs, nach
Verkehrsarten in mehreren, parallel verlaufenden Kanälen getrennt, ist eine weichere
Raumorganisation getreten. Nicht mehr die möglichst schnelle und berührungslose Abwicklung ist
das Ziel, sondern ein offener, rücksichtsvoller Umgang mit großstädtischer Vielfalt und Lebendigkeit.
Anstelle zwanghafter verkehrlicher Ordnung steht ein „selbstverständliches“, freiwilliges „Verhalten“.
Doch damit ist für viele Braunschweiger ein Umdenken erforderlich. 30 Jahre Gewöhnung an
Konkurrenz um Geschwindigkeitsvorteile lassen sich nicht in einigen hundert Tagen und auf
ebensoviel Metern Bohlweg kurzerhand umprogrammieren. So werden weiterhin Ansprüche an den
Raum formuliert, die dieser nicht gewährleisten kann, ohne das Konzept des miteinander geteilten
Raums aus dem Gleichgewicht zu bringen.
Der Zugewinn für die Fußgänger durch die Verbreiterung der Bürgersteige wurde in kurzer Zeit
buchstäblich „verfrühstückt“. Die Gastronomie hat große Teile der Flächen mit Außenbestuhlung
belegt. Dies bestätigt zwar die neu gewonnene Attraktivität gegenüber dem Schloss, behindert aber
zunehmend Fußgänger, Radfahrer und auch Ladengeschäfte. Es ist eine Frage des Maßes und der
Proportionen. Im Eckbereich Langer Hof schränken Außenbestuhlung mit Markisen und
Sonnenschirme den öffentlichen Restraum auf weniger als zwei Meter ein. Hier müssen
Mindestgrenzen gesetzt werden, die wenigstens einen Weg von vier Metern Breite für Fußgänger
offen halten.
Doch auch den Radfahrern muss ein rücksichtsvolles Verhalten im Umgang abgefordert werden.
Populistische Forderungen nach stärker abgegrenztem Territorium entsprechen dem
funktionalistischen Stadtmodell der 70er Jahre, das zu den Problemen der Innenstadt geführt hat und
dringend überwunden werden muss. Auch das Verhalten als Teil eines Integrationsprozesses muss
geübt werden. Das am Bohlweg erfahrbare produktive Miteinander sollte deshalb Maßstäbe auch für
die weitere Umgestaltung des Tangentenvierecks zu städtischen Magistralen liefern. Hier bietet sich
mit dem Umbau der Nord-Süd-Achse für die Regio-Stadtbahn beste Gelegenheit.
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8. Zusammenfassung
Vergleicht man den Zustand der Innenstadt 2003 mit dem heutigen Stand, also fünf Jahre später, so
muss ein erheblicher Entwicklungsschub konstatiert werden. Dieser war erhofft, aber konnte in
diesem Umfang von niemandem vorhergesagt werden. Geopfert wurde ein Park, der durch
Verkehrsanlagen stadträumlich, funktional und sozial nie wirklich integriert war. Der Gewinn für die
Stadt jedoch ist unbestreitbar und vielschichtig. Man muss nicht Anhänger des kommerziellen
Konzeptes der Schlossarkaden sein, um festzustellen, dass die Stadt die Investition erfolgreich für
ihre Innenentwicklung genutzt hat. Ein buchstäblich unüberwindbares Problem, die innerstädtische
Zonengrenze Bohlweg, konnte beseitigt werden. Die Maßnahmen zur Umgestaltung des öffentlichen
Raums zeigen Wirkung - und dies rechtzeitig vor der Eröffnung der Schlossarkaden. Es wurde eine
Fülle privater Investitionen angeregt, die die Innenstadt als Oberzentrum in seiner Handelsfunktion,
aber auch in seiner kulturellen und historischen Funktion nachweislich gestärkt haben. Braunschweig
ist attraktiver geworden.
Eine vielfach befürchtete Schwächung der bisherigen Handelsmitte ist nicht eingetreten – die
Isolierung eines neuen Einkaufsystems „Mall“ ebenso wenig. Der Austausch über den Bohlweg
hinweg in den Westen der Stadt wird breit angenommen. Gastronomie und Handel erleben einen
sichtbaren Aufschwung. Die allgemeine konjunkturelle Stärke der letzten Jahre hat dies sicherlich
unterstützt, die vielfachen Bau- und Umbaumaßnahmen waren hierfür jedoch Voraussetzung und
Auslöser.
Die verschiedenen kritischen Anmerkungen und Vorschläge zur weiteren Verbesserung mindern nicht
das Gesamturteil, dass das Ziel „Städtebauliche Integration“ überzeugend erreicht wurde und durch
breiteste Akzeptanz täglich nachgewiesen wird.
Es sollte allen Beteiligten Mut machen, auch bei allen anstehenden Maßnahmen diese Maßstäbe in
der Gestaltung des öffentlichen Raums anzusetzen. Derartige Impulse werden viele private
Folgeinvestitionen in die Substanz auslösen und zur Aufwertung des Standorts beitragen. Große
Teile der Innenstadt bedürfen dieser öffentlichen wie privaten Zuwendung dringend.
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