Stürmen Sie den Gipfel - allwetterkind Holger Lüning

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Stürmen Sie den Gipfel - allwetterkind Holger Lüning
service training
Stürmen Sie den Gipfel
Nach Monaten des ruhigen Ausdauertrainings geht es jetzt ans Eingemachte: Mit der
hochintensiven Intervallmethode katapultieren Sie Ihre Form auf die höchste Ebene.
D
ie Bedeutung der Grundlagenausdauer ist in Ausdauersportarten
wie dem Triathlon unbestritten:
Ihr Herz-Kreislauf-System, Ihre Lunge und
Atemmuskulatur, die Blutversorgung Ihrer
Muskelzellen sowie deren Fähigkeit, Fett zu
verbrennen, entwickeln sich nur durch regelmäßiges Dauer- oder Intervalltraining
auf ein Niveau, das Ihnen körperliche
Höchstleistungen von einer bis mehreren
Stunden Dauer erlaubt. Ab einem bestimmten individuellen Leistungsniveau jedoch
können Sie ohne weitere deutliche Steigerungen der Trainingsleistungen keine spürbaren Verbesserungen mehr erzielen. Doch
gleichgültig ob Profi oder ambitionierter
Amateur – irgendwann werden Sie Ihre
Belastungen nicht weiter steigern können.
Spätestens, wenn sich ein Leistungsplateau
einstellt, ist es an der Zeit, neue Strategien
für Ihr Training zu entwickeln.
Fotos: swiss-image.ch/Remy Steinegger
Die Geschwindigkeitsbarriere
Training soll nicht nur die organische
und muskuläre Leistung positiv beeinflussen, sondern auch im Nervensystem Steuerprozesse optimieren. Wenn der Muskel
durch sehr gleichförmiges Training häufig in derselben Intensität angesprochen
wird, stellt sich das Gehirn auf diese Aktivierungsfrequenz ein. Das Ergebnis kann
fatal sein: Sie trainieren immer mehr – und
trotzdem stagniert Ihre Leistung. Wenn
sich diese Trainingsroutine eingeschlichen
hat, sprechen Trainingswissenschaftler von
der Geschwindigkeitsbarriere, bei der die
Aktivierung weiterer Muskelfasern fast
nicht mehr möglich ist.
74 triathlon
von Holger Lüning
service training
Eine Forschergruppe des National Ins­
titute of Fitness and Sports in Tokio
um Dr. Izumi Tabata hat im Jahr 1996
an Eisschnellläufern die Wirksamkeit
einer Trainingsalternative untersucht,
die großes Aufsehen erregte und die
seitdem als „Tabata-Protokoll“ bekannt geworden ist. Die männlichen
Probanden wurden in zwei Gruppen
eingeteilt, die jeweils über sechs Wochen fünfmal pro Woche auf dem
Fahrradergometer trainierten. Während die erste Gruppe jeweils ein
60-minütiges Grundlagentraining bei
70 Prozent der maximalen Sauerstoffaufnahmekapazität (VO2max) – also
im Grundlagenausdauerbereich – absolvierte, trainierte die zweite Gruppe täglich lediglich vier Minuten, in
denen sich die Probanden achtmal im
Wechsel jeweils für 20 Sekunden mit
maximaler Intensität (170 % der VO2max) und 10 Sekunden im REKOMBereich belasteten.
Leistungssprung durch
vier Minuten Training
Das Ergebnis verblüffte selbst die
Forscher: Während sich in der „Grundlagen-Gruppe“ die maximale Sauerstoffaufnahmekapazität um durchschnittlich neun Prozent verbessert
hatte und die anaerobe Kapazität keine
Änderung zeigte, waren in der Gruppe
der „Kurztrainierer“ beide Werte deutlich gestiegen: die VO2max um 14 Prozent, die anaerobe Kapazität sogar um
beeindruckende 28 Prozent.
Eine solche Leistungssteigerung mit
lediglich 20 Minuten wöchentlichem
Training? Weitere Studien bestätigen
Tabatas Ergebnisse und geben Hinweise auf den wichtigsten Wirkmechanismus: die Aktivierung – die sogenannte Rekrutierung – von Muskelfasern
durch das Zentralnervensystem. In einer amerikanischen Studie absolvierten zehn trainierte Radfahrer über
vier Wochen zusätzlich zu ihrem normalen Trainingsprogramm zweimal
pro Woche ein hochintensives Intervalltraining. Dabei folgte auf bis zu
zehn 30-Sekunden-­Sprints jeweils eine
vier­minütige aktive Pause. Neben einer verbesserten Maximalkraft gegenüber einer Kontrollgruppe fanden die
Forscher vor allem Verbesserungen in
der Re­krutierung von Muskelfasern, es
wurde also durch verbesserte nervale
Aktivierung ein größerer Muskelanteil
in die aktive Arbeit einbezogen. Wieder
betrug der Trainingsmehraufwand nur
wenige Minuten pro Woche.
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Abschied vom Gewohnten
Was dürfen Sie aus diesen Untersuchungsergebnissen für Ihr eigenes
Training schlussfolgern? Mit den Methoden des hochintensiven Intervalltrainings (HIIT) können Sie Ihr Training qualitativ enorm aufwerten. Denn
neben der – natürlich weiterhin unersetzlichen – Anpassung Ihrer Organsysteme durch das Grundlagentraining verhindern Sie mit dem Training
nach der HIIT das Einschleifen einer
Bewegungsroutine und die in der Folge
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service training
So bauen Sie Hochintensives IntervallTraining
in ihr Training ein
­ usammenspiel zwischen ZentralnervenZ
system und Muskel wird in optimaler Weise angeregt und hilft Ihnen, auch koordinative Verbesserungen zu erreichen. Bei
zugleich verbesserten Kraft- und VO2maxWerten bietet sich das HIIT also als vielversprechender Baustein Ihres Trainings für
alle Triathlondistanzen an.
Das verbesserte Zusammenspiel zwischen
Hirn und Muskel hat übrigens einen weiteren Vorteil: Ihre Muskeln verrichten die
Arbeit ökonomischer, gehen also mit Ihren Energiereserven sparsamer um. Gerade in den sogenannten zyklischen Sportarten Schwimmen, Radfahren und Laufen ist
nämlich die Fähigkeit zum schnellen Wechsel zwischen muskulärer Anspannung und
Entspannung ein leistungsentscheidender Faktor. Wer nicht in der Lage ist, in
den Momenten der muskulären Entspannung (Überwasserphase beim Schwimmen, Rückholphase beim Radfahren und
Schwungphase beim Laufen) seine Arbeitsmuskulatur effektiv zu entlasten, wird ihr
in der vortriebswirksamen Bewegungsphase weniger abverlangen können.
Enges Zeitfenster
Mit wenig Aufwand viel erreichen – vor
allem für Sportler mit einem anspruchsvollen Berufs- und Familienleben klingt das
verlockend. Tatsächlich ermöglicht Ihnen
ein richtig durchgeführtes HIIT, Ihre knappe Trainingszeit sehr effektiv zu nutzen und
dabei sogar ein neues Leistungsniveau zu
erreichen. Bleibt Ihnen nach einem anstrengenden Tag nur noch wenig Zeit, sollten
Sie zukünftig ruhig erwägen ein HIIT-Programm durchzuführen (siehe Kasten), statt
lediglich 20 Minuten in gleichmäßigem
Dauertempo zu joggen. Hochintensive Intervalle bieten im saisonalen Trainingsablauf verschiedene Vorteile. Zum einen können Sie mit dieser
Methode die Koordination bei hohen Intensitäten und Geschwindigkeiten verbessern. Aufgrund der eher kurzen Belastungszeit können Sie das HIIT recht
flexibel im Training einsetzen, weil Sie
wegen der Kürze der Belastung anschließend keine langen Erholungsphasen benötigen. Zudem sind die hochintensiven
Intervalle ein gutes Alternativtraining,
wenn Sie durch zeitliche Engpässe die
eigentlich geplanten Trainingsumfänge
nicht einhalten können.
Um die Intervalle in einem wirksamen
Intensitätsbereich durchführen zu können, sollten Sie am Tag vor der geplanten Trainingseinheit ausschließlich regenerative Inhalte trainieren. Nur so
gewährleisten Sie, dass das neuromuskuläre System im ausgeruhten Zustand
die hohe Signal­frequenz an die betreffenden Muskelfasern senden kann. Im
Anschluss an das HIIT können Sie Ihr
Training noch mit einer ruhigen Grundlageneinheit fortsetzen. Sie können das
HIIT so problemlos zweimal pro Woche
in Ihr Training einstreuen. Jedoch sollten
Sie darauf achten, dass Sie in der Wettkampfvorwoche die letzte hochintensive Intervallserie spätestens am Mittwoch – also drei bis vier Tage vor dem
Rennen – durchführen. Achten Sie bei
der Durchführung des Trainings auf ein
sorgfältiges Aufwärmprogramm, um
Verletzungen zu vermeiden und das
Herz-Kreislauf-System in optimale Leistungsbereitschaft zu versetzen.
Intervalltraining Laufen
Einlaufen, 3 x (4 x 30 s Sprint + 15 s Gehpause), ­Serienpause: 5 Minuten
Intervalltraining Radfahren
Einfahren, 6–10 x (30 s mit maximaler Intensität und Trittfrequenz, gefolgt von
3–4 Minuten GA1/REKOM)
Intervalltraining Schwimmen
Einschwimmen, 4 x (4 x 25 m Sprint
mit ­jeweils 10 s ­Pause), Serienpause:
4 Minuten
Wie für jedes sportliche Leistungstraining
gilt besonders auch für das HIIT: Voraussetzung für die Durchführung ist ein gesundes und uneingeschränkt belastbares
Herz-Kreislauf-System sowie eine gesunde
Lungenfunktion. Sprint-Intensitäten bedeuten zudem in allen Disziplinen eine erhöhte
orthopädische Belastung.