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Forum 3/2013 Steh Auf Und Geh Z INHALT Inhaltsverzeichnis / Zum Titelbild / Editorial 2 »Stolperstein« • Thomas Wieland: In der Tradition Romeros und Camaras – Papst Franziskus und seine Heimat Argentinien 3 Miteinander unterwegs – Fraternität vor Ort • Aus den Fraternitätsgruppen Friedrichshafen, Fulda, Haßberge, Hildesheim und Trier 9 Miteinander unterwegs – Bundesfraternität • Nachruf • Informationen aus dem Bundesleitungsteam • Gedanken des Bundesseelsorgers 15 16 17 Weggefährten • Bernd F. Schwanke: In memoriam – P. Fridolin Langenfeld SAC 18 Aus Kirche und Welt 20 Geistig fit 22 Vorschau 24 »Geh« – Hilfen • Gut zu wissen / Alles was Recht ist • Ernte-dank und Schöpfungs-verantwortung 26 28 Impressum 21 Titelbild: »Ernte«, Foto: © vschlichting – Fotolia.com Zum Titelbild Wir pflügen und wir streuen den Samen auf das Land, doch Wachstum und Gedeihen steht nicht in unsrer Hand. Matthias Claudius (1740–1815) Editorial L iebe Leserinnen, liebe Leser, ein Jahr lang beschäftigen wir uns bereits mit dem Jahresthema »Gemeinsam entflammt«; wir lassen uns davon motivieren – und begeistern für eine geschwisterliche Fraternität, die weiter auf der Spur des »säenden« Evangeliums ist. Dabei spüren wir in unserer Bewegung die Überalterung und suchen nach neuen Wegen der Verbreitung unserer Fraternität. Unter »Weggefährten« veröffentlichen wir ab Seite 18 auch dazu einen Text von Pater Fridolin Langenfeld SAC († 2001), »Fraternität – wie geht es weiter?«, der heute noch »brand«aktuell ist. Gerade zur »Erntedankzeit« passen diese Gedanken sehr gut, denn der Fraternitäts-Samen, den Père François in Frankreich gelegt hat, soll weiter wachsen und blühen – zum Wohle von Menschen sowie zum Lobe Gottes. Und das ist eine ganz besondere Ernte. Wir wissen, es gibt auch in der Natur immer Jahre, in denen der Ertrag nur gering ist. Oft folgen dann Jahre mit einer reichen Ernte. Bitten wir also den Heiligen Geist um Gelassenheit, Ideenreichtum und Wagemut … In unserer Rubrik »Stolperstein« ab Seite 3 stellen wir Papst Franziskus und seine Arbeit als Priester in seinem Heimatland Argentinien vor. Thomas Wieland bringt uns mit seinen Ausführungen den Papst »vom anderen Ende der Welt« in seinem Denken und Handeln ein Stück näher. Auch hier bitten wir den Heiligen Geist, diesmal für die Weltkirche, dass das Wirken unseres Papstes Franziskus nach und nach ebenfalls von einem »Erntedank« gekrönt sein möge. Vom »großen« zum »kleinen« Ganzen: In den Gruppenberichten ab Seite 9 spiegelt sich die Vielfalt der Erlebnisse und Erfahrungen wieder, die unser »Fraternitäts-Leben« zum Teil ausmachen. In jeder FORUM-Ausgabe können wir so ein Stück weit am unterschiedlichen Gruppengeschehen teilnehmen. Es ist uns wichtig, auf diese Weise eine Verbindung untereinander herzustellen und alle zu ermutigen, an diesem Austausch teilzunehmen. Abschließend: Das Titelfoto zeigt uns, wie die Ernte eingefahren wird; unter »›Geh‹-Hilfen« ab Seite 28 haben wir dazu lesenswerte Impulse zusammengetragen, die uns staunen lassen und uns dankbar für die Schöpfung Gottes machen können. Ich wünsche Ihnen im Namen des Redaktionsteams eine gesegnete persönliche »Erntedankzeit« und grüße Sie in geschwisterlicher Verbundenheit, G Regina Rüppel Mitverantwortliche im Bundesleitungsteam 2 STEH AUF UND GEH 3/2013 G »STOLPERSTEIN« Y In der Rubrik »Stolperstein« sprechen wir schwerpunktmäßig Themen an, die zurzeit in Gesellschaft, Kirche, Politik bzw. Wissenschaft aktuell sind, und möchten Sie so zum Nachdenken darüber anregen. In dieser Ausgabe unseres Forums beschäftigen wir uns mit dem vor einigen Monaten in Rom neu gewählten »Brückenbauer«, Papst Franziskus. Wir begrüßen ihn hiermit und heißen ihn sehr herzlich Willkommen! Überraschenderweise haben die am Konklave teilnehmenden Kardinäle einen Argentinier als Nachfolger von Benedikt XVI., den wir in der Forum-Ausgabe 01/2013 verabschiedet hatten, gewählt. Nach seiner Wahl sagt der neue Bischof von Rom, »Diener der Diener Gottes«, dem Vernehmen nach frank und frei, er käme vom Ende der Welt. Ganz bewusst gibt er sich einen geradezu überaus »leuchtenden« Namen: Franzikus! »Weltweit richten sich auf Papst Franziskus große Erwartungen und Hoffnungen. Um Jorge Mario Bergoglio zu verstehen, ist es hilfreich nach Lateinamerika, nach Argentinien und Buenos Aires zu blicken: auf sein Wirken als Jesuitenprovinzial, als Erzbischof und als Vorsitzender der argentinischen Bischofskonferenz« (Vorspann zum nachfolgenden Artikel, beide erschienen erstmals in der »Herder-Korrespondenz, Monatshefte für Gesellschaft und Religion«, Heft 5, Mai 2013, S. 217–220). Geschrieben hat ihn dankenswerterweise der Religionspädagoge Thomas Wieland (geb. 1966). Er leitet die Projektabteilung der Bischöflichen Aktion »Adveniat« und war bisher auch zuständig für Argentinien. Vor seiner Tätigkeit bei »Adveniat« arbeitete er mehrere Jahre in Kolumbien. Wir danken für die freundliche Abdruckgenehmigung. G In der Tradition Romeros und Camaras Papst Franziskus und seine Heimat Argentinien D as mediale Interesse an der Wahl von Kardinal Jorge Mario Bergoglio zum Papst war überwältigend. Seine Herkunft, seine Gesten und Worte beflügeln Hoffnungen und Diskussionen. Zum Beispiel auch am vermeintlichen »Ende der Welt«, in Argentinien, in Buenos Aires, der Heimatstadt des neuen Papstes; unmittelbar nach seiner Wahl hatte der Papst seine Herkunft als »vom Ende der Welt« beschrieben. So hört man auf der »Plaza de Mayo«, dem Platz an dem sich sowohl der Präsidentenpalast als auch die Kathedrale befinden, begeisterte und kritische Stimmen. Die Einfachheit sowie die Nähe des neuen Papstes zu den Armen, andererseits seine Widerspruch hervorrufenden pointierten Äußerungen zum Handeln von Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner, sowie die Einschätzung, dass der Jesuit eine ungebührliche Nähe zur Militärregierung in den Zeiten der Diktatur pflegte – all das bewirkt Freude wie auch Erschrecken über das, was das Pontifikat von Franziskus bringen möge. Auch wenn manche meinen, man solle dem Papst doch Zeit geben und warten, bis er wenigstens die wichtigsFoto: Presidencia da Republica, Roberto Stuckert Filho STEH AUF UND GEH 3/2013 3 Z »STOLPERSTEIN« ten Mitarbeiter ernannt und seine Agenda formuliert habe, ist die lebhafte Anteilnahme an der Entscheidung der Kardinäle nicht mehr zu stoppen. »Und jetzt beginnen wir diesen Weg – Bischof und Volk«, so lautete die Einladung von Papst Franziskus selbst. Bereits am Tag seiner Wahl hat dieser Weg begonnen. Er kann nur vollzogen werden, wenn man spricht, deutet, versteht. Hilfreich für den Verstehensprozess ist dabei besonders ein Blick nach Lateinamerika, nach Argentinien, nach Buenos Aires, der Heimat Bergoglios also. Lateinamerika: Der Kontinent, auf dem 500 Millionen Menschen leben, wovon die meisten katholisch getauft sind, und auf dem die Kirche nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil ein eigenes Profil des Kirche-Seins ausgebildet hat, wie das in den Ortskirchen anderer Kontinente (noch) nicht möglich war. Argentinien: Das allein im 20. Jahrhundert von sechs Militärdiktaturen gebeutelte Land, dessen Nord-Süd-Ausdehnung einer Strecke von Dänemark bis Nordafrika entspricht. Für 40 Millionen Menschen bietet es Heimat, darunter etwa 700 000 Indigene, die nur einen Aspekt kultureller Vielfalt darstellen. Der Ballungsraum Buenos Aires: In ihm leben allein 13 Millionen Argentinier in zehn (Erz-) Diözesen. Dort findet sich aber auch mit etwa 250 000 Angehörigen die nach New York zweitgrößte jüdische Gemeinde in einer Stadt außerhalb Israels. In dieser Stadt lässt sich extreme Armut neben atemberaubenden Villen beobachten. Jesuit, Erzbischof und Vorsitzender der argentinischen Bischofskonferenz Hilfreich für das Verstehen ist neben dem Blick nach Lateinamerika ebenfalls der auf Jorge Mario Bergoglio selbst: In den argentinischen Ballungszentren Buenos Aires und Córdoba lebte und wirkte Bergoglio die meisten seiner bisher 76 Lebensjahre, abgesehen von kurzen Aufenthalten in Spanien und Deutschland. Er stammt aus einem Arbeiterviertel der argentinischen Hauptstadt und absolvierte eine Lehre als Chemietechniker. 1958 trat er in den Jesuitenorden ein, 1973 wurde er, gerade einmal 36-jährig, Provinzoberer aller Jesuiten in Argentinien. Außerdem war er Dozent und Dekan an der theologischen Fakultät der Jesuitenuniversität, sowie Pfarrer und Ausbilder für den Ordensnachwuchs. 1992 wird er zum Weihbischof in und 1998 zum Erzbischof von Buenos Aires ernannt und damit zum Primas von Argentinien, zuständig auch für einen Gutteil der Katholischen Kirchen mit orientalischem Ritus dieses Landes. 2001 ernannte ihn Papst Johannes Paul II. zum Kardinal, er wird Mitglied verschiedener vatikanischer Gremien; außerdem auch »Generalrelator« der 10. Ordentlichen Bischofssynode im Oktober 2001 und damit verantwortlich für die Redaktion der Voten dieser Bischofssynode. In zwei Drei-Jahres-Perioden von 2005 bis 2011 steht der Erzbischof von Buenos Aires als Präsident der argentinischen Bischofskonferenz vor. Er leitet das Redaktionsteam zur Erstellung des Abschlussdokumentes der 5. Generalversammlung des Bischofrates der Bischöfe Lateinamerikas und der Karibik (CELAM) im Mai 2007 in Aparecida (Brasilien). Sein Wirken als Jesuit, Erzbischof und Vorsitzender der argentinischen Bischofskonferenz und seine Verortung in der Tradition der katholischen Kirche in Lateinamerika und der Karibik sind die vier markanten Akzente des kirchlichen Wirkens des jetzigen Papstes in seiner Heimat. Papst Franziskus wohnt nicht im Apostolischen Palast, sondern (seit dem Konklave) im Domus Sanctae Marthae, dem Gästehaus des Vatikans, damit er, wie er kürzlich verdeutlichte, mit vielen unterschiedlichen Menschen in Kontakt treten könne. Foto: © pizzicalaluna – Fotolia.com 4 STEH AUF UND GEH 3/2013 Der Jesuit: Die politischen und kirchlichen Verhältnisse in der Zeit, als der Jesuitenpater Jorge Mario Bergoglio Verantwortung in der argentinischen Provinz der Jesuiten übernahm, waren bewegt. Nach dem Tod von Staatspräsident Juan Domingo Perón entglitt der Regierung völlig die Kontrolle über das Land. Als am 24. März 1976 zum sechsten Mal im 20. Jahrhundert die Militärs die Macht übernahmen, atmeten zunächst viele auf. Was noch nicht klar war: Es begann die blutigste Militärdiktatur Argentiniens, Menschenrechtsgruppen sprechen von 30 000 Verschwundenen (Desaparecidos) in den Jahren 1976 bis 1983. »STOLPERSTEIN« Y »Das Jahr des Glaubens erinnert uns daran, dass der Glaube nicht Besitz ist, sondern mitgeteilt werden muss. Jeder Christ ist ein Apostel.« Tweet von Papst Franziskus am 18. Juli 2013 Grafik: © fusolino – Fotolia.com Es ist aber auch eine Zeit kirchlicher Aufbrüche. 1974/75 formulierte die 32. Generalkongregation der Jesuiten: »Der Auftrag der Gesellschaft Jesu heute besteht im Dienst am Glauben, zu dem die Förderung der Gerechtigkeit notwendig dazugehört.« Auf diesem Hintergrund gingen die Jesuiten Franz Jálics und Orlando Yorio 1974 in das Armenviertel »Bajo Flores« von Buenos Aires, um dort als Priester zu arbeiten. Es war eine Erfahrung tiefer und geerdeter Spiritualität, die junge, gut ausgebildete Menschen dazu bewegte, mit den Priestern bei den Armen zu sein und sowohl das Evangelium zu leben, als auch auf die schreckliche Armut aufmerksam zu machen. Das Engagement der beiden Jesuiten war mit dem damaligen Erzbischof von Buenos Aires, Kardinal Juan Carlos Aramburu, und dem Provinzial abgestimmt. Den im März 1976 an die Macht gekommenen Militärs, aber auch kirchlichen Kreisen, war schon die Präsenz unter den Armen suspekt. Bereits am 14. Mai 1976 verschleppten Militärs acht junge Erwachsene, die mit Yorio und Jálics zusammenarbeiteten. Sie und das Kind, das eine der jungen Frauen erwartete, würden nie wieder auftauchen. Jorge Mario Bergoglio forderte die beiden Jesuiten auf, das Armenviertel zu verlassen. Die Sicherheit sowohl der Laien als auch der Priester war in Gefahr. Diese weigerten sich jedoch, das zu tun. Am 23. Mai 1976 wurden Orlando Yorio und France Jálics ebenfalls verhaftet, gefoltert und erst nach fünf qualvollen Monaten wieder auf freien Fuß gesetzt. Bis heute wird die Rolle des damaligen Provinzials der Jesuiten in der Zeit der Militärdiktatur kontrovers diskutiert. Entlastung kommt von Adolfo Pérez Esquivel, dem Friedensnobelpreisträger von 1980: Der heutige Papst sei kein Kollaborateur gewesen. Auch Jálics erklärte nach der Papstwahl, dass Bergoglio nichts mit seiner Verschleppung zu tun habe. Richter, die Verantwortliche der Militärregierung verurteilt haben, und Mitglieder der Wahrheitskommission sprechen von keinen Anhaltspunkten für eine Schuld Bergoglios, er tauche in keinem der kompromittierenden Dokumente auf, auch nicht in der Zeit als Verantwortungsträger an der Jesuitenuniversität. Zu einigen Fragen gibt es allerdings nach wie vor widersprüchliche Auskünfte: Hätte der damalige Provinzial mehr für die Verschleppten tun können? Wie stand er damals zu den Aufbrüchen der Kirche und wie verstand er das Zueinander von Staat und Kirche? Der Erzbischof: 1998 wurde Bergoglio zum Erzbischof von Buenos Aires ernannt und folgte damit Kardinal Antonio Quarracino nach. Sein Wahlspruch lautete: »Miserando atque Eligendo – erbarmend und erwählend«. Der Spruch erinnert an den Zöllner, den Jesus trotz dessen Schuld mit »Erbarmen« betrachtet und zur Mitarbeit beruft. Bankentürme und Wellblechhütten Die etwa drei Millionen Gläubige zählende Erzdiözese umfasst den Hauptstadtdistrikt, darum gruppieren sich in verschiedenen Ringen die Städte und Sektoren von Groß-Buenos-Aires, in denen die Kirche in weiteren Diözesen organisiert ist. Der Hauptstadtdistrikt von Buenos Aires ist beeindruckend. Große Boulevards und repräsentative Wohn- und Regierungsgebäude STEH AUF UND GEH 3/2013 5 Z »STOLPERSTEIN« prägen das Bild der Innenstadt. Gleichzeitig kann man das Ensemble der Bankentürme durchstreifen und plötzlich vor einem Meer aus Wellblechhütten stehen. Zwischen all dem finden sich Menschen, die in UBahnschächten leben oder an Straßenecken. Vor allem in der Nacht sieht man sie, als »Cartoneros« beim Müllsammeln. In Buenos Aires existieren zwei Lebenswelten, die nur sehr punktuell miteinander in Berührung kommen. Für Erzbischof Bergoglio ist von Anfang an klar, welche Lebenswelt den Vorzug hat: die Welt der Armen. Er zieht in eine einfache Wohnung, nutzt öffentliche Verkehrsmittel, feiert mit den Armen in den Elendsvierteln Gottesdienst. Das wurde als deutliche Akzentverschiebung gegenüber seinem Vorgänger wahrgenommen. Die Erzdiözese entwickelte unter der Leitung von Bergoglio das Projekt einer »missionierenden Pastoral« – so die Formulierung der patoralen Leitlinien: Es setzt auf Gemeinschaft und Evangelisierung und berücksichtig dabei die Mentalität der Menschen sowie die Geschichte und Struktur der Stadt. Im Zentrum stehen fünf Aufgaben oder Ziele: offene und geschwisterliche Gemeinden; gut ausgebildete Laien in leitenden Rollen; Evangelisierung, die sich an alle Menschen in der Stadt wendet; Unterstützung für Arme und Kranke. Dabei ist auf eine gute Zusammenarbeit zwischen Laien und Priestern zu achten. Die pastoralen Leitlinien zeigten Wirkung: So organisierten beispielsweise die diözesane Caritas, Pfarrgemeinden und kirchliche Basisinitiativen handfeste Hilfe für die Ärmsten, etwa in Armenküchen. Ein Jahr nach dem Zusammenbruch des Finanzsystems in Argentinien fragten junge Ordensfrauen den Erzbischof, wo sie anpacken sollen. Seine Antwort: »Die am meisten allein gelassene Gruppe, auch von der Kirche, sind Jugendliche an staatlichen Schulen.« Diese leben in überfüllten Stadtwohnungen, manche auch in U-Bahnschächten. Das daraufhin gestartete Programm »El Arranque« (der Start) umfasst Hausaufgabenbetreuung, Berufsintegration, Freizeitgestaltung, psychosoziale Begleitung und Einkehrtage. Ein weiteres Beispiel einer Pastoral, die Geschichte und Kultur der Stadt ernst nimmt, entstand aus der Freundschaft des Erzbischofs mit dem Rektor des lateinamerikanischen Rabbiner-Seminars, Abraham Skorka. Die beiden Geistlichen führten Gespräche zu Themen wie Glück, Homosexualität, sie sprachen über den israelisch-arabischen Konflikt, Sozialismus, Peronismus und Kapitalismus und veröffentlichten ihren Dialog im Dezember 2010 in einem Buch mit dem Titel »Sobre la tierra y el cielo – über Himmel und Erde«. 6 STEH AUF UND GEH 3/2013 In diesen Kontext passt, dass am »Institut Nuestra SeÜora de Sión« katholische, jüdische und evangelische Bibelwissenschaftler gemeinsam an der Auslegung und an bibelpastoralen Materialien arbeiten. Neben anspruchsvoller exegetischer Arbeit finden Bibelkurse für Menschen aus den armen Stadtvierteln statt. Rabbinerinnen und Rabbiner bieten Auslegungen alttestamentlicher Texte für katholische Gottesdienste an. Geleitet wird das Institut im Auftrag des Erzbischofs von José Luis D’Amico, einem laisierten Priester. Zum Leben in den Pfarreien ist das Zeugnis von Carlos Saracini aufschlussreich. Er ist Pfarrer der berühmten, von Ordensleuten betreuten Pfarrgemeinde Santa Cruz, zu der eine Schule und das Bildungshaus »Casa Nazaret« gehören. Dort kamen in der Zeit der Diktatur die »Madres de la Plaza de Mayo« unter, Mütter, die mit ihren Demonstrationen vor dem Regierungspalast den Machthabern täglich ihre Suche nach den von den Militärs entführten Kindern und Enkeln vor Augen führten. Hier gibt es kirchliche Basisgemeinden. Hier finden die Mitarbeiter des »Hospital Francés« Unterstützung, die auf die Korruption der Klinikverwaltung aufmerksam machten und dafür mit Gerichtsprozessen und tätlicher Gewalt überzogen werden. Hier entstand das innovative Jugendprojekt »Tálita Kum«. Hier ist der Gottesdienst lebendig und die Kontakte zu den verschiedenen Bürgerinitiativen im Viertel vital. Pater Carlos nennt seinen Erzbischof »Hermano Jorge, mein großer Bruder«. Und Erzbischof Bergoglio wirkte ohne Aufsehen, unterstützend, meist im Hintergrund. Ein Beispiel sind die Briefe des Erzbischofs an die Richter zu Gunsten des von den korrupten Verwaltern angezeigten Klinikpersonals des »Hospital Francés«. Gottesdienste auf der Straße, in Krankenhäusern oder Gefängnissen 1999, etwa ein Jahr nach seiner Ernennung zum Erzbischof, schrieb Bergoglio den Pfarrern einen Brief und forderte sie auf, eine Kultur der »offenen Tür« zu pflegen. Der Kardinal meinte das konkret und im übertragenen Sinn. Einen Wirkungsradius von 200 Metern rund um die Pfarrkirche gestand Bergoglio seinen Priestern zu; die Pfarrei solle deshalb zahlreiche Zentren bilden. Zum Beispiel könne man eine Garage als Versammlungs- und Gottesdienstraum anmieten und die Verantwortung für die Pastoral an diesem Ort Laien übertragen, die auch die Kommunion austeilen können, sofern sie das wünschten. Diesem Ratschlag folgen beispielsweise die »Curas Villeros«, Priester, die in den Elendsvierteln der Stadt wirken. Gelegentlich sah man den Erzbischof unprätentiös und scherzend in ihren Ge- »STOLPERSTEIN« meinden an der Seite der Armen. Gottesdienste feierte er nicht nur in der Kathedrale, sondern auch auf der Straße, in Krankenhäusern oder Gefängnissen. Als Erzbischof von Buenos Aires ließ Kardinal Bergoglio so keinen Zweifel: Er selbst hat Teil am Aufbruch der Kirche, die selbst arm wird und sich mit den Armen solidarisch zeigt. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz: Zwischen dem Erzbischof von Buenos Aires, der ab 2005 Vorsitzender der argentinischen Bischofskonferenz war, und dem damaligen Präsidenten Nestor Kirchner sowie dessen Ehefrau und Nachfolgerin Cristina Fernández de Kirchner spitzten sich die Auseinandersetzungen im Laufe der Jahre immer mehr zu. Manche bezeichneten den Kardinal als die eigentliche Stimme der Opposition im Land. Erzbischof Bergoglio kritisierte korrupte Praktiken der Regierungsverantwortlichen, die schlechte Qualität der Schulbildung, die angestrebte rechtliche Regelung für gleichgeschlechtliche Paare, er nannte Arbeitsverhältnisse von Hausangestellten »Sklaverei« und reklamierte staatliches Eingreifen zugunsten von Migranten. Das ging so weit, dass der Präsident und die spätere Präsidentin nicht mehr am »Tedeum«, dem festlichen Gottesdienst am Nationalfeiertag (25. Mai) in Buenos Aires, teilnahmen; sie ertrugen die Predigten des Kardinals nicht mehr. Y zung für die Armen durch sozial-karitative Initiativen auch bei zu Forschung, Bewusstseinsbildung und zur politischen Arbeit mit Blick auf die strukturellen Ursachen von Armut und deren Überwindung. Die argentinische Kirche wurde, als Bergoglio der Bischofskonferenz vorstand, erneut mit ihrer Rolle in der Militärdiktatur konfrontiert. 2007 verurteilte ein Gericht den Militärpfarrer Christian von Wernich wegen seiner Beteiligung an Morden, Entführungen und Folterungen. Die Bischofskonferenz fand in ihrer Stellungnahme genauso wenig wie 1999 ein klares Wort der Distanzierung zu Taten und Äußerungen von kirchlichen Amtsträgern, die sich offensiv unterstützend gegenüber den Praktiken der Militärs verhielten. Ihr Aufruf zu Versöhnung und Barmherzigkeit blieb sehr unkonkret und entfaltet so auch keine Wirkung. Barmherzigkeit gegenüber Tätern kann gleichzeitig Unbarmherzigkeit gegenüber den Opfern bedeuten. Im Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche führt eher die chilenische und die brasilianische Bischofskonferenz als die argentinische in Lateinamerika das Feld an. Papst Franziskus allerdings erklärte eindeutig, dass er die klare Linie seines Vorgängers fortführen wird. Die politischen Einlassungen Bergoglios besaßen allerdings ein solides Fundament, das zum einen aus seiner Nähe zu den einfachen Menschen bestand. Wer den Erzbischof treffen wollte, kam am Samstagvormittag zum Kiosk, wo er seine Zeitung kaufte. Zum anderen beruhten sie auf der Arbeit, die das so genannte »Observatorium der sozialen Verschuldung Argentiniens« leistet. Als Institut an der Katholischen Universität von Buenos Aires erhebt es mit wissenschaftlichen Methoden Indikatoren für die soziale Verschuldung des Landes. »Soziale Verschuldung« meint dabei jene Versäumnisse, die die menschliche Entwicklung und den gesellschaftlichen Zusammenhalt behindern. Dazu gehören fehlende Investitionen in Schul- und Hochschulbildung, Wohnungsbau oder Sicherheit. Sie bilden eine Form von Verschuldung, die die Zukunft eines Landes gefährden. Das Konzept der sozialen Verschuldung kontrastiert zum Begriff der Staatsverschuldung, der die Last der Kredite bei nationalen und internationalen Gläubigern in den Blick nimmt. Universität, Erzdiözese und Bischofskonferenz tragen neben der konkreten Unterstüt- »Habt keine Angst gegen den Strom zu schwimmen …« Worte von Papst Franziskus während seiner Ansprache beim Gebet des Angelus am 23. Juni 2013 Foto: © kickerdirk – Fotolia.com STEH AUF UND GEH 3/2013 7 Z »STOLPERSTEIN« Die Rolle Kardinal Bergoglios in Aparecida Im Mai 2007 trafen sich Bischöfe Lateinamerikas und der Karibik im brasilianischen Wallfahrtsort Aparecida zur 5. Generalversammlung des CELAM. Die Delegierten wählten den Erzbischof von Buenos Aires zum Vorsitzenden der Redaktionskommission des Schlussdokumentes (vgl. HK, September 2009, 450ff.). Das schließlich verabschiedete Dokument orientiert sich am Dreischritt »Sehen – Urteilen – Handeln«. Auf römische Intervention hin war allerdings in der vorhergehenden 4. Generalversammlung 1992 in Santo Domingo eine Struktur durchgesetzt worden, die diese Tradition ignorierte und nicht die Analyse der Wirklichkeit (Sehen) zum Ausgangspunkt der Beschlüsse wählte. In Aparecida 2007 gliedert der traditionelle Dreischritt wieder das Schlussdokument, ein Verdienst des Erzbischofs von Buenos Aires; es kann nicht überschätzt werden, was dies für das Selbstbewusstsein der Kirche Lateinamerikas und der Karibik und für eine positive Rezeptionsgeschichte des Dokumentes von Aparecida bedeutet. Das fast 300-seitige Dokument greift viele Analysen auf, reflektiert sie und formuliert Leitlinien für das Handeln. Es wäre übertrieben, Kardinal Bergoglio als die zentrale Persönlichkeit der 5. Generalversammlung zu bezeichnen, vielmehr handelte es sich bei dieser Versammlung um einen Prozess, der ausgehend von den Stellungnahmen der jeweiligen Vorsitzenden der 22 Bischofskonferenzen eine kirchliche Standortbestimmung für den Kontinent entwickelte und somit viele Väter kennt. Der Kardinal bezeichnete in einem Interview das Schlussdokument als »von unten nach oben« entstanden. Auffällig ist dennoch, dass der Impuls, der sich bereits im Brief des Erzbischofs von Buenos Aires von 1999 findet, auch zur zentralen Botschaft von Aparecida wird: der Aufruf zur pastoralen Umkehr und der Appell an die Kirche, verkrustete Strukturen zu verlassen und hinaus zu den Rändern zu gehen. Ein weiterer bedeutender Aspekt des Dokumentes von Aparecida stellt die Wertschätzung der Volksfrömmigkeit, der »Spiritualität des Volkes« dar. Diese Wertschätzung hat ihre wichtigste Wurzel in der Reflexion argentinischer Theologen. Einer davon ist Lucio Gera, der am 7. August 2012 starb. Der Glaube der Menschen, die in einfachen Verhältnissen leben, besitzt für ihn eine zentrale Bedeutung. Geras Name findet sich stets an den entscheidenden Orten, an denen der Weg der Katholischen Kirche in Lateinamerika und der Karibik sich verdichtete, zum Beispiel bei den Bischofsversammlungen 1968 im kolumbianischen Medellín und 1979 im mexikanischen Puebla. Damit reiht sich Gera ein in jene Tradition lateinamerikanischer Theologie, für die auch 8 STEH AUF UND GEH 3/2013 der Name Gustavo Gutiérrez steht, genauso wie die Bewegung der »Priester für die Dritte Welt« (Sacerdotes para el Tercer Mundo), die in Argentinien entstand und zu der sich auch Gera zählte. Jorge Mario Bergoglio nennt Gera seinen Lehrer, auch wenn er sich selbst nicht als Befreiungstheologe bezeichnen würde, denn die Assoziationen, die der Begriff hervorruft, sind zu schillernd. Erzbischof Bergoglio stand im August 2012 dem Requiem für Lucio Gera vor und sorgte dafür, dass er in der Krypta der Kathedrale von Buenos Aires beigesetzt wurde, mithin also in der Gruft, die lediglich Bischöfen vorbehalten ist. Ebenso erfuhr der 2002 verstorbene Theologe Rafael Tello posthum im Mai 2012 an der theologischen Fakultät in Buenos Aires eine Würdigung durch den Erzbischof. Schon zu Lebzeiten hatte Bergoglio den Entzug der kirchlichen Lehrerlaubnis durch seinen Vorgänger rückgängig gemacht. Tello stand in derselben theologischen Tradition wie sein Kollege Gera. Kardinal Bergoglio wurde als erstem Lateinamerikaner das Amt des Bischofs von Rom anvertraut. Auch wenn er in Äußerungen die italienische Herkunft seiner Familie betonte, erfuhr er seine Prägung durch den Weg, den die Kirche in Lateinamerika seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil zurückgelegt hat. Dieser Weg wurde von der römischen Kurie nur unzulänglich verstanden und oft mit geringem Wohlwollen begleitet. Vor allem aufgrund lateinamerikanischer Christinnen und Christen, die ihre Haut als Nachfolger Christi zu Markte trugen und für ihren Glauben ihr Leben ließen, gewann die Kirche des Subkontinents Reife, Autorität und Überzeugungskraft. Auf diesem Weg wurden Bischöfe durch die Begegnung mit den Armen bekehrt, wie im Falle von Erzbischof Oscar Arnulfo Romero und Helder Camara. Franziskus steht als Bischof von Rom in dieser Tradition. Thomas Wieland G MITEINANDER UNTERWEGS – FRATERNITÄT VOR ORT Y Aus den Fraternitätsgruppen E Fraternitätsgruppe Friedrichshafen Fraternität im Glück – Behinderte Menschen tafeln im Schloss E ine Einladung zum Kaffeekränzchen im Schloss Friedrichshafen bekommt nicht jeder. Umso mehr haben sich 80 Mitglieder der Fraternität Friedrichshafen über einen entspannten Freitagnachmittag mit Herzog Friedrich von Württemberg bei Kaffee und Kuchen im gelben Salon gefreut. Für Menschen mit Behinderungen und ihre Begleiter war der Besuch zu Beginn der »Mittendrin«- Festwoche von Behinderten und Nichtbehinderten ein Glanzlicht. An geschichtsträchtigem Ort, wo einst Könige, Zaren und Kaiser tafelten, umgeben von eindrucksvollen Gemälden und repräsentativem Mobiliar zu sitzen, bedient zu werden und die Stunden zu genießen, ließ die Herzen höher schlagen. Der Schlossherr begrüßte die Gäste persönlich und nahm sich die Zeit, mit vielen zu sprechen. Mitarbeiter der Hofkammer servierten Kaffee und Kuchen. Die zwanglose Atmosphäre, das vornehme Ambiente und der Blick auf den Schlosspark, wo alles blüht und grünt, war für die Fraternitätsmitglieder ein wohltuendes Erlebnis und eine Abwechslung in ihrem Alltag. Vor dem edlen Kaffeekränzchen hatte Pfarrerin Pamela Barke der Gruppe eine Führung durch die Schlosskirche geboten. Sie stellte die Kirche und ihre Entstehungsgeschichte eindrucksvoll vor. Foto: Siegfried Graustein Anschließend erklärte Kirchenmusikdirektor Sönke Wittnebel die Orgel und brachte das königliche Instrument ganz wunderbar zum Erklingen. Die Klangvielfalt und die Spielkunst des Organisten beeindruckten alle. Siegfried Graustein G Die Malteser-Krankenwoche öffnet die Herzen »E inmal dabei, immer dabei«, meint Andreas Marosi. Der 68-jährige Rollstuhlfahrer aus Friedrichshafen ist mit seiner Frau Siglinde schon das 18. Mal Gast bei der Krankenwoche der Malteser. Bei der alljährlichen Freizeit im Haus Schönenberg fühlt er sich wohl. »Wie die sich einsetzen!«, lobt er das Engagement der 48 ehrenamtlichen Helfer des Malteser Hilfsdienstes, des Personals des Tagungshauses Schönenberg sowie der Vereine. Dieser Dienst am Nächsten ist für Marosi »Gottesdienst«. »Dass es solche Leute gibt, die ihre kostbare Zeit opfern, um den Behinderten eine Freude zu machen«, wundern sich die Neulinge Helga und Konrad Hildenbrand aus Friedrichshafen. Und Thea Schmidt aus Stuttgart, die im Anna-Haag-Mehrgenerationenhaus in Bad Cannstatt lebt, betont: »Die Krankenwoche bedeutet für mich alles. Die Gäste sind mir sehr angetan. Es ist alles einmalig. Wir haben immer ganz tolle Betreuerinnen, die wirklich für uns da sind.« Die 85-Jährige weilt zum sechsten Mal auf dem Schönenberg und teilt sich das STEH AUF UND GEH 3/2013 9 Z MITEINANDER UNTERWEGS – FRATERNITÄT VOR ORT Zimmer mit ihrer Schwägerin Anne Schmidt aus Stimpfach. »Ich komme, so lange ich kann, bis ich 100 bin«, lacht sie. Besonders gefallen der Seniorin die Gottesdienste mit dem Stuttgarter Obdachlosenpfarrer Roland Renz, der mit für das Seelenheil der 80 Menschen mit Handicap zuständig ist, die an der »Wohlfühlwoche« teilnehmen. Der jüngste Teilnehmer ist der 22-jährige Thomas Ziegler aus Stimpfach, die älteste Teilnehmerin die 97-jährige Maria Waldraff aus Fellbach. Für jede Form der Zuneigung, für jedes gute Wort, für jeden aufmunternden Blick, für jeden Spaß, für jeden Spaziergang und für jede Handreichung sind die Teilnehmer der Krankenwoche dankbar. Sie freuen sich, wenn die Helfer Zeit für Gespräche finden. Musik und Gesang reißen mit Es wird einiges geboten: Da reißen die Musikvereine Rattstadt und Dalkingen und die Hohenberger Dorfmusik mit, da sorgen Alleinunterhalter Dieter Gauß, der »singende Polizist« Helmut Argauer und die Dischinger Theatergruppe »Ufo« für Stimmung, da begeistern die Malteser-Besuchshunde, der Männergesangverein Eigenzell und der Kirchenchor Schönenberg, da erzählt Jakobspilger Karl Hägele von seinen Erlebnissen auf dem Jakobus- und auf dem Franziskusweg, da bringen Ursula Ermisch und Monika Hartmann musikalisch und mit originellem Lesestoff ihr Publikum zum Schmunzeln, da bieten Josef Gaugler (Rattstadt) und Jo- sef Schmid (Rindelbach) Kutschfahrten an. Auch Basteln, Singen und Tanzen stehen auf dem Programm. Den Stellenwert, den die Krankenwoche genießt, sieht der Stadtbeauftragte der Malteser, Stephan Meßmer, nicht nur darin, dass Oberbürgermeister Karl Hilsenbek und Landrat Klaus Pavel zu Besuch kamen, sondern auch die Bürgergarde, die mit ihrem Spielmannszug den Teilnehmern der Krankenwoche ein Ständchen brachte, und dann erst die Ellwanger Heimattage auf dem Schloss eröffnete. Auch der zurückgetretene Augsburger Bischof Dr. Walter Mixa, der von Papst Benedikt XVI. als Berater in das Dikasterium für die Krankenseelsorge in Deutschland gesandt wurde, machte einen Besuch. Und sang dem Geburtstagskind Charly Edelmann aus Ulm zum 60. Wiegenfest spontan ein Solo: »Viel Glück und viel Segen«. Der frischgebackene 60-Jährige fühlte sich geschmeichelt. »Mir hat noch nie zuvor ein Bischof zum Geburtstag gratuliert, geschweige denn ein Ständchen gesungen.« All die hohen Gäste, darunter auch der Leiter der Malteser in der Diözese Rottenburg-Stuttgart, Karl-Eugen Erbgraf zu Neipperg, und Diözesangeschäftsführer Klaus Weber, erhielten von Rollstuhlfahrerin Helga Plebst aus Elchingen ein Erinnerungsgeschenk: eine wunderschön gehäkelte Rose. Zur Krankensalbung am Donnerstagnachmittag kam Weihbischof Dr. Johannes Kreidler. Josef Schneider, Ellwangen G Foto: privat 10 STEH AUF UND GEH 3/2013 MITEINANDER UNTERWEGS – FRATERNITÄT VOR ORT Y E Fraternitätsgruppe Fulda »Älter werden in Fulda« I m Rahmen unserer Öffentlichkeitsarbeit beteiligen wir uns seit längerem an dem vom Seniorenbüro der Stadt Fulda in Kooperation mit dem Bonifatiushaus Fulda und der Katholischen Familienbildungsstätte Helene Weber bislang alle zwei Jahren durchgeführten »Tag der älteren Menschen«. In diesem Jahr nun organisierten diese drei gemeinsam mit vielen Institutionen und Diensten, die Dienstleistungen insbesondere für die ältere Generation anbieten, sowie Betrieben und Einzelhändlern erstmalig die Fuldaer Seniorenwoche. Vom 20. bis 27. April 2013 zeigten sie mit einem breit gefächerten Programm, dass über 100 Angebote umfasste, die Fülle der Möglichkeiten an Unterstützung, Beratung und Freizeitgestaltung für ältere Menschen auf. Auch die Fraternität Fulda nutzte diese Gelegenheit, um über ihre Arbeit zu informieren bzw. einige ihrer Mitglieder besuchten verschiedene Angebote anderer Veranstalter. So beteiligten wir uns am Eröffnungstag mit einem Info-Stand am »Markt der Möglichkeiten« im Bonifatiushaus Fulda. Hier konnten interessierte Personen Näheres über die weltweite Fraternitätsbewegung im allgemeinen sowie auch über unsere Arbeit vor Ort erfahren. Zuvor stellte die Demografie-Expertin Kerstin Schmidt in ihrem Vortrag »Gesellschaft und Alter im Wandel – Wie sich unser Leben ändert« einige interessante Fakten vor im Hinblick auf die Tatsache, dass der Anteil der älteren Menschen in der Gesamtbevölkerung wächst. In Kooperation mit dem Katholischen Seniorenwerk in der Diözese Fulda luden wir dann am 25. April unter Liselotte Sorg und Pfarrer i.R. Johannes Stadler Foto: Annelore Gärtner »Viele Augenblicke unvermischt reinen Glücks verdanken wir der Musik.« (Hermann Ritter) Foto: Annelore Gärtner dem Motto »Machen Sie sich schlau! Anregungen für einen erfüllten Lebensabend« zu einem geselligen Nachmittag ein. Zur großen Freude unserer Gruppenmitglieder und unserer Gäste (aufgrund der zahlreichen zeitgleich stattfindenden Angebote leider nur wenige) verbrachten wir einen recht vergnüglichen Nachmittag mit unseren Freunden vom Katholischen Seniorenwerk, Liselotte Sorg (Ehrenvorsitzende), Pfarrer i.R. Johannes Stadler (Diözesanseniorenseelsorger) und Annelore Gärtner (Stellvertr. Vorsitzende). Frau Sorg verstand es wieder einmal meisterhaft, mit ihren Aufgaben zum Training unserer »grauen Zellen« und den Bewegungen mit Musik alle mitzureißen. Gerne lauschten alle Anwesenden zwischendurch auch den Märchen, die Christine Osafo, unsere Verantwortliche, erzählte. So zauberte sie mit dem Grimm‹schen Märchen von der Lebenszeit, das Zeiten beschreibt, in denen es noch keinen demografischen Wandel gab, und dem litauischen Märchen vom Apfelgarten der Frau Holle, das von einer alten Frau handelt, die noch nicht sterben will, ein Schmunzeln in die Gesichter aller Zuhörenden. Am Schluss waren sich alle einig, dass es ein wunderschöner Nachmittag war, der bald eine Fortsetzung finden sollte … Ein besonderes Ereignis für unsere Gruppenmitglieder war auch der Besuch des Konzerts »Klassik am NachSTEH AUF UND GEH 3/2013 11 Z MITEINANDER UNTERWEGS – FRATERNITÄT VOR ORT mittag«, mit dem Petersburger Salon im Fürstensaal des Fuldaer Stadtschlosses zum Abschluss der Seniorenwoche. Unter dem Motto »Konzert für Stimme und Seele« gaben die große Petersburger Sopranistin Tatjana Tscharskaja und ihre Pianistin Galina Senina Werke von Gluck, Donizetti, Chopin, Rachmaninow, Kálmán und Gershwin zum Besten. Christine Osafo G »Wie funktioniert Inklusion in Fulda?« A uch 2013 beteiligte sich die Liga der Freien Wohlfahrtsverbände und das Fuldaer Bündnis »Aktion Grundgesetz« wieder mit einem Aktionstag am Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung (5. Mai). In diesem Jahr stand die Frage »Wie funktioniert Inklusion in Stadt und Landkreis Fulda?« im Mittelpunkt. In vier Workshops zu den Bereichen Kindergarten, Schule, Ausbildung und Beruf sowie Wohnen wurden am Freitag, den 3. Mai 2013, Anspruch und Wirklichkeit der Inklusion in Fulda gemeinsam von Expert/innen und interessierten Bürger/innen untersucht. In ihrer Bestandsaufnahme stellten sie fest, inwieweit Menschen mit Behinderung in Fulda bereits selbstverständlich einbezogen sind und woran es noch mangelt. Die Workshop-Ergebnisse wurden in einem anschließenden Auswertungsgespräch Entscheidungsträger/innen aus Wirtschaft und Verwaltung vorgestellt. Außer den Workshops gab es auch wieder Infostände verschiedener Gruppierungen der Behindertenselbsthilfe und der Behindertenhilfe. Schirmherren des Aktionstages waren der Erste Kreisbeigeordnete Dr. Heiko Wingenfeld und der Fuldaer Bürgermeister und Sozialdezernent Dr. Wolfgang Dippel, die beide bei diesem Auswertungsgespräch dabei waren. (co) nach einem Artikel aus: Marktkorb am Mittwoch G Nr. 18, 1. Mai 2013, S. 10 E Fraternitätsgruppe Haßberge Kiliani-Wallfahrt 2013 N ach einer Pause – bedingt durch die Renovierung des Würzburger Doms – wurde in diesem Jahr wieder ein Wallfahrtstag für Menschen mit Behinderung zum Grabe des Heiligen Kilian angeboten. Die Einschreibung wurde über die Pfarreien organisiert und der Transport der Pilgerinnen und Pilger lag beim Caritas-Diözesanverband Würzburg in den besten Händen. Beim Pontifikalamt im Dom zu Würzburg trug Gudrun Hofmann, die langjährige Verantwortliche der Fraterniät Haßberge – nicht zum ersten Mal – die Fürbitten vor. Georg Kraus 12 STEH AUF UND GEH 3/2013 G Foto: privat MITEINANDER UNTERWEGS – FRATERNITÄT VOR ORT Y E Fraternitätsgruppe Hildesheim Freud und Leid liegen nah beieinander! D iese Erfahrung hat unsere Fraternitätsgruppe in den letzten Wochen gemacht. Am 27. Mai 2013 haben wir von unserem Wegbegleiter seit der ersten Stunde, Hartmut Rüppel (28.10.1942– 15.05.2013), Abschied genommen. Sein Tod ist noch immer unbegreifbar und so unwirklich. Der Tag der Bestattung war unser augenscheinlicher Abschied von ihm hier auf Erden – in der Hoffnung und Zuversicht auf eine »neue Welt« … Freunden die Eucharistie zu feiern. Bemerkenswert finden wir auch sein Engagement für »seine drei Patenkinder« in Indien, für die er so etwas wie ein Vater ist. Anfang dieses Jahres ist er dort wieder zu Besuch gewesen und unterstützt die Gemeinschaft indischer Schwestern in Mumbai bis heute. So war es für ihn selbstverständlich anlässlich seines Goldenen Priesterjubiläums sich eine freundliche Gabe für diese Einrichtung zu wünschen. Wir wünschen Pastor Schubert noch viele segensreiche Jahre zum Wohle für uns alle, seine »Patenkinder« und die ihm anvertrauten Menschen im Paulusheim. Dankbar sind wir für seine weitere Begleitung unserer Fraternitätsgruppe in Hildesheim. (re) G Hartmut Rüppel hat seine Frau Regina oft zu den Treffen begleitet, war tatkräftiger Helfer bei vielen Ausflügen und beim jährlichen Sommertreffen unser ›Grillmeister‹, der so manchen Wunsch erfüllte. Die letzten Jahre war dies für ihn schon nicht mehr möglich, denn die Krankheit hat ihn viel Kraft gekostet. Er, der so gern immer allen helfen wollte, musste nun selbst Hilfe annehmen. Sein offenes, herzliches und humorvolles Wesen ist allen in Erinnerung geblieben und viele haben dies durch liebe Worte und Ihre Anteilnahme zum Ausdruck gebracht. So bleiben wir im Gebet alle miteinander verbunden in österlicher Zuversicht. Nur einen Monat später am Festtag Peter und Paul konnten wir mit unserem Geistlichen Begleiter, FranzJosef Schubert, Pfarrer i.R., sein 50jähriges Priesterjubiläum in der Kapelle des Paulusheimes in Hildesheim feiern. Pastor Schubert ist seit 2008 Seelsorger im Altenund Pflegeheim St. Paulus in Hildesheim. Dort lernte er Herrn Heinrich Oelbe (unseren damaligen Verantwortlichen der Gruppe) kennen und baute dadurch eine Verbindung zu unserer Gruppe auf. Da unser bisheriger Geistlicher Begleiter, Pfarrer Ulrich Patzelt, aus gesundheitlichen Gründen diese Aufgabe nicht mehr wahrnehmen konnte, hat sich Pastor Schubert bereit erklärt, uns von da an zu begleiten. Es war für uns eine besondere Freude an seinem Ehrentag dabei zu sein und mit ihm, seiner Familie und Franz-Josef Schubert, Pfarrer i.R. Foto: privat STEH AUF UND GEH 3/2013 13 Z MITEINANDER UNTERWEGS – FRATERNITÄT VOR ORT E Fraternitätsgruppe Trier Die Fraternität im Bistum Trier trauert um Helga Reichel D ie Nachricht vom Tod von Frau Helga Reichel (29.05.1939–07.06.2013) hat die Fraternitätsgruppe im Bistum Trier sehr getroffen und traurig gemacht. Helga Reichel war von 2003 bis zu ihrem Tod Verantwortliche unserer Gruppe. Helga Reichel lebte im Echternacher Hof in Trier, einem Heim für an Multipler Sklerose erkrankte Menschen. Durch ihre Erkrankung war sie auf den E-Rollstuhl angewiesen, den sie mit dem Mund steuerte. Sie kannte die Sorgen und Nöte ihrer Mitbewohnerinnen und Mitbewohner und setzte sich für deren Belange im Heimbeirat ein. Deshalb war es für sie selbstverständlich – nach dem Tod von Herrn Peter Diederichs im Oktober 2002 – sich für das Amt der Verantwortlichen unserer Fraternitätsgruppe zur Verfügung zu stellen, um die Aufgaben des Leitungsteams zu unterstützen und eigene Impulse einzubringen. Ich sehe Helga Reichel noch, wie sie durch die Tür des damaligen Fraternitäts-Bundesbüros in Trier mit ihrem E-Rollstuhl gefahren ist, wenn sie zu den Sitzungen des Leitungsteams kam. Auch zu unseren Treffen machte sie sich selbst auf den Weg und nahm den Fahrdienst nur bei schlechtem Wetter in Anspruch. Eine besondere Eigenschaft von Helga Reichel war, dass sie trotz ihrer körperlichen Einschränkung sehr viel Lebensfreude ausstrahlte, die sie in der Begegnung mit anderen Menschen an diese weitergab. Helga Reichel beschäftigte sich gerne mit dem Malen von Bildern, die sie auch verschenkte. Für eines ihrer mundgemalten Bilder, das als Kalenderblatt verwendet wurde, erhielt sie eine Auszeichnung vom Landessozialministerium in Mainz. Wir sind dankbar, dass wir Helga Reichel begegnen durften. Durch ihre Begleitung in den vergangenen Jahren hat sie unsere Faternitätsgruppe bereichert. Ihr Tod hinterlässt eine schmerzliche Lücke. Hildegard Stark Stellvertretende Verantwortliche der Gruppe Frau Becker (re.), Servicekraft im Brüderkrankenhaus Trier, freut sich über das Bildgeschenk von Frau Reichel (li.) 14 STEH AUF UND GEH 3/2013 G Foto: privat MITEINANDER UNTERWEGS – BUNDESFRATERNITÄT Y Aus der Bundesfraternität «Alle, die Gott lieben sind wie die Sonne, die aufgeht in ihrer Pracht.« Buch Richter 5,31. Das Bundesleitungsteam trauert mit den Angehörigen sowie den Leitungsteams und Mitgliedern der Fraternitätsgruppe Trier und der Fraternität Hagen um Helga Reichel  29. Mai. 1939 † 7. Juni 2013 Verantwortliche der Fraternität Trier (2003–2013) und Margrit Kersting  24. Juli 1924 † 6. August 2013 Verantwortliche der Fraternität Hagen (2000–2012) Wir danken unseren lieben Verstorbenen für ihr Engagement zum Wohle der Fraternitätsbewegung in Deutschland, das für nicht wenige Menschen eine wertvolle Lebenshilfe bedeutet hat. In geschwisterlicher Verbundenheit nehmen wir betroffen, doch auch voll Dankbarkeit und getröstet von österlicher Hoffnung und Zuversicht, Abschied. Der Menschen liebende Gott möge unseren lieben Verstorbenen Anteil am »himmlischen Jerusalem« schenken. Sie, verehrte Schwestern und Brüder, bitten wir, ihrer im Gebet zu gedenken. Für die fraternität Deutschland Für den Förderverein der fraternität Deutschland Regina Rüppel, Hildesheim Hildegard Stark, stellv. Vorsitzende Christine Osafo, Fulda Georg Kraus, Schweinfurt Fred Kopps, Hannover Pfarrer Franz Hilfenhaus, Steinau-Ulmbach Hildegard Stark, Neuwied Bernd F. Schwanke, Berlin G STEH AUF UND GEH 3/2013 15 Z MITEINANDER UNTERWEGS – BUNDESFRATERNITÄT BLT-Kurzinformationen Herzliche Glückwünsche für Erzbischof Robert Zollitsch – Anlässlich des 75. Geburtstages von Robert Zollitsch, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, am 9. August 2013, gratulierte Hildegard Stark im Namen des Bundesleitungsteams (BLT) der Fraternität Deutschland. Sie wünschte ihm mit den Gedanken unseres Jahresthemas 2012–2014, »Gemeinsam entflammt«, Gottes reichen Segen für seine vielfältigen Aufgaben. Die Mitglieder des BLTs berichteten u.a. von ihren Aktivitäten seit der letzten BLT-Tagung im April. Christine Osafo konnte aus familiären Gründen an der Tagung nicht teilnehmen. Georg Kraus hat im Juni 2013 eine Gruppe behinderter Menschen aus der Diözese Erfurt während ihrer Freizeit im Eichsfeld besucht. Zum 1. Juli hat Georg Kraus die Arbeit im neuen Bundes-/Kontaktbüro aufgenommen. BLT zu Gast im Eichsfeld. – Bedauerlicherweise hat unsere Fraternität bisher in den neuen Bundesländern – bis auf die Gruppe Berlin-Mitte – noch nicht Fuß fassen können. Daher war im BLT die Freude groß, als in diesem Jahr endlich das bereits seit längerem geplante Treffen während der Behindertenfreizeit der Diözese Erfurt zustande kam. Eine große Gruppe von Menschen mit Behinderung aus der Diözese Erfurt traf sich im Juni 2013 in Uder/Eichsfeld zu ihrer Sommerfreizeit. Georg Kraus vom Bundesleitungsteam besuchte diese Gruppe, als sie mit fast 50 Teilnehmenden im MarcelCallo-Haus im nahegelegenen Heiligenstadt zu Gast war; dabei konnte er die Ziele und die Notwendigkeit der Fraternitätsarbeit vorstellen. Es gab viele interessierte Nachfragen bezüglich unserer Seminare, Jahreshauptversammlungen und sonstigen Angebote. Auch konnten erste Kontakte geknüpft werden. Da unser Fortbildungsseminar 2013 im September ebenfalls in Heiligenstadt stattfindet, werden sicher einige der Teilnehmenden dabei sein. Ein Besuch am Grab von Pater Langenfeld SAC und ein gemeinsamer Gottesdienst in der Hauskapelle, wo wir aller Verstorbenen gedachten, war uns ein besonderes Anliegen. Bundes-/Kontaktbüro ab Juli in Schweinfurt. – Zum 1. Juli wurde in Schweinfurt das neue Büro eröffnet. Es befindet sich in den Räumlichkeiten der Firma »Dienste mit Herz«: Bundes-/Kontaktbüro der fraternität der Menschen mit Behinderung in Deutschland Hohmannstraße 28 97421 Schweinfurt Fon: 09721 – 5334995 E-Mail: bundesbuero@fraternitaet.de 2. BLT-Tagung 2013 Zur 2. Ordentlichen BLT-Tagung in diesem Jahr traf sich das Bundesleitungsteam (BLT) vom 23.–25. Juli 2013 im Exerzitien- und Bildungshaus der St. Vinzenz Pallotti Stiftung in Limburg. 16 STEH AUF UND GEH 3/2013 Es fand ein reger Gedankenaustausch statt. Die verschiedenen Tagesordnungspunkte – wie z.B. Reflexion der letzten und Besprechung des Konzepts der aktuellen FORUM-Ausgabe, weitere Überlegungen und Absprachen bzgl. des 10. BLT-Seminars und anstehender Termine sowie die Erstellung von neuen Infomaterialien – konnten zügig behandelt werden. Alle BLT-Mitglieder fühlten sich bei den Pallottinerinnen sehr wohl. Es waren Tage eines guten und erfolgreichen Miteinander, dafür sei allen herzlich gedankt! Die 3. Ordentliche BLT-Tagung findet vom 08.–10. Oktober 2013 in der Begegnungs- und Bildungsstätte »FORUM Vinzenz Pallotti« in Vallendar statt. (re) Veranstaltungen auf Bundesebene »Gemeinsam entflammt« 10. Veranstaltung der BLT-Seminarreihe »Steh auf und geh – ›Geh‹-Hilfen für Leitungsteams« Zum Jahresthema 2012–2014 veranstaltet das Bundesleitungsteam vom 15. bis 20. September 2013 im MarcelCallo-Haus in Heiligenstadt (Bistum Erfurt) das nächste BLT-Seminar. Informationen: Regina Rüppel, Goethestraße 64, 31135 Hildesheim, Telefon (0 51 21) 5 30 88, E-Mail: rueppel-bundesleitungsteam@fraternitaet.de G MITEINANDER UNTERWEGS – BUNDESFRATERNITÄT Y Gedanken des Bundesseelsorgers Suchen und Bleiben L iebe Freunde der Fraternität, liebe Schwestern und Brüder, vielleicht will ich Ihnen ein paar Gedanken aufschreiben zum Trost, vielleicht auch nur mir selber, wenn es um Glaube und Christsein geht und um das Problem der Unsichtbarkeit Gottes und seiner Geheimnishaftigkeit. Es heißt im Hebräerbrief, der vermutlich vom heiligen Paulus oder einem seiner Schüler geschrieben worden ist, Glaube sei Überzeugtsein von Dingen, die man nicht sieht. (11,1) An Timotheus schreibt Paulus: Gott wohnt in unzugänglichem Lichte. (1 Tim 6,16) und an die Korinther: Wir verkündigen, (…) was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat (…): das Große, das Gott denen bereitet hat, die ihn lieben. (1 Kor 2,9) Wenn wir also Gott lieben wollen, nicht nur weil es sich eben um ein Gebot handelt, sondern weil es um die Liebe geht, die Gott selbst ist und die wir in ihm finden, dann lieben wir auch seine Unsichtbarkeit, weil sie zu seinem geistigen Wesen gehört. Und jede Sichtbarkeit würde uns in diesem Zusammenhang zunächst verdächtig vorkommen, weil sie dem geistigen Wesen Gottes widerspricht. Gott ist eben Geist, unsichtbar, unbegrenzt und ewig. Atheisten argumentieren gerne mit der Aussage: »Was ich nicht sehen kann, gibt es nicht.« Wie leicht lässt sich dieser Satz widerlegen, so dass die Unsinnigkeit dieser Behauptung erkennbar wird. Aber leider machen sich viele nicht die Mühe, darüber nachzudenken. Bei dieser Aussage wird an etwas Unbestimmtem festgehalten, als gäbe es Sicherheit – wie ein Strohhalm, der einen halten soll. In Wirklichkeit hält uns alle aber nur die unsichtbare Hand Gottes. Doch wie können wir Gottes Gegenwart wissen, wenn wir sie nicht sehen können? Es heißt: Der Glaube kommt vom Hören. Denn Gott hat uns sein Wort geschenkt, das wir hören oder lesen können: die Bibel, das Alte und das Neue Testament. So gründet der Glaube in der Botschaft, die Botschaft im Wort Christi (…), ihre Stimme war in der ganzen Welt zu hören und ihr Wort bis an die Enden der Erde. (Röm 10,17f) Zwei Grundworte werden wichtig auf dem Weg des Glaubens: Suchen und Bleiben! Sie sind uns auch so etwas wie Trostworte – vom Herrn gegeben. Sie nehmen falsche Vorstellungen oder bewahren vor ihnen und führen uns auf den rechten Weg. Jesus sagt: Wer sucht, der findet. (Matth 7,8) Er sagt es nicht als Banalität: Hauptsache, ich mache mich auf die Suche, irgendetwas finde ich dann schon; er gibt vielmehr mit diesem Wort dem Gottsuchenden eine Verheißung. Wer sich auf die Suche macht nach Gott, wird ganz sicher fündig. Und dann hat es sich gelohnt zu suchen. Und die Suche ist nicht abgeschlossen, wenn man gefunden hat, sondern geht weiter. Eine Reise in die Tiefe des Lebens hinein. Gott wohnt zwar in unzugänglichem Lichte, aber wir können ihn suchen und finden in allen Dingen. Ein Mensch, der sich ernsthaft auf die Suche nach Gott macht in ehrlichem Handel und Wandel und redlicher Arbeit mit Kopf und Hand und Herz, ist etwas ganz anderes, als einer, der ohne Sinn und ohne Plan einfach in den Tag hineinlebt. Und wer etwas gefunden hat auf dem Weg seiner Suche, soll in der Liebe Jesu bleiben. Jesus sagt: Bleibt in meiner Liebe! (Joh 15,12) Dieses »Bleiben« kann auch mitunter ein immer wiederkehrendes Zurückkommen nach Hause bedeuten. Diese beiden Worte Suchen und Bleiben sind so einfach zu verstehen, aber manchmal im Leben auch so schwer zu befolgen, gerade in unserem christlichen Glaubensleben. Da wollen wir von einer lästigen Suche nichts wissen, sondern wollen sofort vor Ort sein und mit einem einzigen »Mausklick« alles parat haben. Oder: Die Kirche soll nicht bleiben wie sie ist und wo sie ist, sondern muss sich verändern – so denken wir manchmal. Aber der Glaube kann sich nicht verändern. Entweder er ist oder er ist nicht! Ich wünsche Ihnen immer wieder die Begegnung mit dem, der uns die Fülle seiner Liebe schenken will und bei dem alles Zählen und Rechnen ein Ende hat. Und ich wünsche Ihnen, dass dieses uns so gewohnte Zählen und Rechnen nicht zum Hindernis wird bei der Begegnung mit dem Ewigen. Ihr Franz Hilfenhaus, Pfarrer Bundesseelsorger der fraternität Deutschland STEH AUF UND GEH 3/2013 G 17 Z WEGGEFÄHRTEN Mit der Forum-Rubrik »Weggefährten« bietet die Redaktion allen in der Fraternitätsbewegung in Deutschland verbundenen Menschen eine Möglichkeit zum Austausch. Gemäß dem heilsamen Tun Jesu (z.B. Mk 10,46-51) stellen wir in loser Folge Menschen mit Behinderung sozusagen in die (mediale) Mitte. Dabei erinnern wir mitunter auch an Seelsorger, die Menschen in der Fraternität begleitet haben. (bs) In dieser Ausgabe gedenken wir voller Dankbarkeit Pater Fridolin Langenfeld SAC, der das Bundesleitungsteam von 1988 bis 1998 als gewählter Bundesseelsorger begleitet hat. Neben dieser Aufgabe versah er beispielsweise den Dienst des SeelsorgeDezernatsleiters im Bischöflichen Ordinariat Limburg, war stellvertretender Provinzial der Norddeutschen Pallottinerprovinz mit Sitz in Limburg und nahm einige Jahre bis zu seinem Tod (2001) die Aufgabe als Seelsorger der Limburger Fraternitätsgruppe wahr. Wortmächtig und schnörkellos feierte Fridolin Langenfeld, Pallottiner, mit den Menschen auch in der Fraternität Eucharistie. Kommunikations-, Entscheidungs- und Fachkompetenz in vielerlei Hinsicht, eigene theologische und humanwissenschaftliche Weiterbildung, die Unterscheidung der Geister sowie Freude am Leben zeichneten ihn besonders aus. Das Credo seiner Mitarbeit innerhalb der Fraternität liest sich so: »Als (Bundes-)Seelsorger der Fraternität habe ich mich möglichst zurückgehalten. Es darf m.E. nicht sein, dass der Seelsorger zum bestimmenden Faktor innerhalb der Bundesfraternität und des Bundesleitungsteams wird. Die Fraternität ist eine Bewegung, in der Behinderte das Sagen haben sollen. Fraternität ist eine Laienbewegung, in der nicht die Kleriker bestimmen dürfen. Fraternität ist eine geistliche Bewegung. Auch hier kann der Seelsorger »nur« Anregungen geben. Da ist noch manch totes Kapital zu heben. Ich wünsche meinen Nachfolgern von Herzen, dass sie dieses tote Kapital ausgraben und bewegen können« (»Brief des BLT – Miteinander unterwegs«, Herbst 1998, Seite 6). Langenfeld schrieb dies u.a. anlässlich seines Abschieds als Bundesseelsorger 1998. Bei allem, was er der Fraternität sozusagen geschenkt hat, spiegelt sich sein »geerdeter« vertrauensvoller Glaube, seine wohltuende Grundhaltung und Spiritualität, in denen wiederum das Vermächtnis seines Ordensgründers, des Hl. Vinzenz Pallotti (1795–1850) – von Papst Johannes XXIII. während des richtungsweisenden II. Vaticanums heiliggesprochen – , deutlich durchschimmert. »Drängend sah er den Auftrag Jesu an alle Menschen, das Evangelium zu leben und weiterzugeben… (…) Dabei ist die Orientierung an der Würde jedes Menschen als Ebenbild Gottes Maßstab für das Handeln. Das gilt besonders für arme, ausgegrenzte und der Hilfe bedürftigen Menschen« (www. Pallottinerinnen.de). Obwohl es zu Lebzeiten Pallottis den Begriff »Inklusion« noch nicht gegeben hat, dürfte er von ihm bereits ein Stück weit gelebt worden sein. Regelmäßig hat sich Pater Langenfeld mit den Zielen und Inhalten sowie dem Leben der Menschen in der Fraternität auseinandergesetzt. Den nachfolgenden Text verfasste er hinsichtlich des 40. Geburtstages der deutschen Fraternität (1997) sowie des 50jährigen Jubiläums (1995) der inzwischen weltweiten Fraternität (»BLT-Brief – Miteinander unterwegs« Frühjahr 1996, Seiten 14–16). Wir veröffentlichen ihn hier ungekürzt. G Fraternität – wie geht es weiter? W as den Gründer der Fraternität, Père François (1897–1986, d. Red.), in seinen letzten Lebensjahren besonders umtrieb, war die Sorge, »seine« Fraternität könnte sich zu einer verbürgerlichten Selbsthilfegruppe entwickeln. Immer wieder versuchte er einer solchen Entwicklung gegenzusteuern, bisweilen mit scharfen Worten. Selbsthilfegruppen gibt es mittlerweile in unserem Lande so viele wie »Sand am Meer«. Manche sind recht erfolgreich, sowohl was ihre Mitgliederzahl als auch ihre Aktivitäten anbelangt. Es bedarf eigentlich keiner kirchlichen Selbsthilfegruppen, um mehr Lebensqualität anzubieten; es sei denn, die kirchlichen Selbsthilfegruppen vermitteln etwas Besonderes, das 18 STEH AUF UND GEH 3/2013 andere Selbsthilfegruppen nicht anbieten wollen oder dazu nicht in der Lage sind. Père François hat immer wieder versucht, dieses Besondere »seiner« Selbsthilfegruppen herauszuarbeiten und stark zu betonen. Ich nenne zwei Elemente, die dem Gründer der Fraternität ein Herzensanliegen waren: Geschwisterlichkeit und Neu-Inkulturation des Evangeliums. Das erste Element: Geschwisterlichkeit. Wenn man das Wort »Fraternität« nicht sklavisch übersetzt, sondern im Kontext heutigen kirchlichen Denkens sieht, da bedeutet Fraternität Geschwisterlichkeit. Was mir von Anfang an in der Fraternität imponiert hat, war der Geist der Geschwisterlichkeit, der sich dar- WEGGEFÄHRTEN Y in zeigte, wie man bei Treffen miteinander sprach und miteinander umging. Auch eine Reihe von Gesten der Geschwisterlichkeit habe ich erst bei der Fraternität kennengelernt. Um den Geist der Geschwisterlichkeit bemühen sich heute viele Christen in unseren Gemeinden. Sie sprechen gern von einer geschwisterlichen Kirche. Sie möchten verrechtlichte und verkrustete Strukturen in ihren Kirchen auflösen. Stattdessen propagieren und fordern sie einen geschwisterlichen Umgang miteinander. Ob Laie oder Amtsträger, bedingungsloser Respekt voreinander ist die Grundvoraussetzung für das Entstehen einer geschwisterlichen Kirche. In dieser Kirche sollen sich alle als Schwestern und Brüder unter dem gemeinsamen Vater oder der Mutter im Himmel erfahren. Dies wäre gleichsam ein Stück Vorwegnahme der neuen Schöpfung, die uns erwartet. Diese Geschwisterlichkeit ist der Fraternität von Anfang an eingestiftet. Sie gilt als ihr besonderes Markenzeichen. Geschwisterlichkeit liegt keineswegs im Trend der Zeit. Der Umgang vieler Menschen miteinander ist in unseren Breiten eher härter und rabiater geworden. Die Fraternität mit ihrer gelebten Geschwisterlichkeit, auch über die eigenen Gruppen hinaus, könnte eine »Marktlücke« in unserer heutigen Gesellschaft ausfüllen. Es wäre für manchen wohltuend, auf Menschen zu treffen, die nicht nur an sich selbst denken. Das zweite Element: Neu-Inkulturation des Evangeliums. Es gibt sicher Länder auf dieser Erde, in denen das Evangelium keine oder nur eine geringe Rolle spielt. Hier ist eine Erst-Evangelisierung am Platze. Die Menschen müssen mit dem Evangelium erst einmal in Kontakt gebracht werden. In Europa, auch in unserem Land, gab es Jahrhunderte, in denen das öffentliche Leben stärker als heute vom Christentum geprägt war. Man spricht von einer christlichen Kultur des Abendlandes. Soziologen bezeichnen unsere heutige Gesellschaft gerne als ein nach-christliches Zeitalter. Damit soll gesagt sein, dass das Christentum als prägendes Element in unserer Gesellschaft ausgeschieden ist. In Frankreich, wo seit der (vorletzten, die Red.) Jahrhundertwende, eine strikte Trennung von Kirche und Staat herrscht, war diese schwindende Prägekraft des Christentums viel früher spürbar als in unserem Land. Père François versuchte auch hier gegenzusteuern. Er sprach immer öfter davon, dass es ihm ein Herzensanliegen sei, dass die Fraternität sich bei der Neu-Evangelisierung in Europa einbringen müsse. Bei der Neu-Evangelisierung oder Neu-Inkulturation des Evangeliums in unserer Gesellschaft geht es nicht darum, verlorene Positionen der Kirche wieder zu erobern. Es geht dabei vielmehr darum, den Menschen unserer Tage das Evangelium neu zu Gott für P. Fridolin Langenfeld (1931–2001) gedankt: Grabbesuch des Bundesleitungsteams während seiner Tagung in Limburg (23.07.–25.07.2013) Foto: (fk) buchstabieren. Das gelingt nur jenen, die etwas Erfahrung im Umgang mit dem Evangelium haben. Ich denke, dass hierbei Behinderte und Langzeitkranke eine besondere Chance haben. Sie haben sich vielfach mit ihrem mitunter schweren Schicksal auseinandersetzen müssen und haben sich dabei gewiss mit Gott versöhnen können. Sie haben vielleicht eine eigene Antwort auf ihre Lebensherausforderungen gefunden. Ich treffe jedenfalls immer wieder auf solche Menschen in den Fraternitätsgruppen. Solche Christen sind eher in der Lage, die Botschaft des Evangeliums neu in unsere Zeit hinein zu buchstabieren und dies auch unaufdringlich anderen mitzuteilen. Wir sollten jedenfalls stärker den Mut haben, aus unserer Glaubensüberzeugung keinen Hehl zu machen. Schon das allein ruft bei anderen Erstaunen, Verwunderung und vielleicht auch Nachdenken hervor. Es fehlt uns Christan ja nicht an vorzüglicher »Ware«, sondern an jenen, die sie an den Mann oder die Frau bringen können. Geschwisterlichkeit und Weitergabe unseres Glaubens, das sind Dinge, die zur Zeit in der Luft liegen. Wenn wir sie zu unserem »Programm« machen, wird die Fraternität nie überflüssig werden. P. Fridolin Langenfeld SAC G STEH AUF UND GEH 3/2013 19 Z AUS KIRCHE UND WELT Informationen aus Kirche, Gesellschaft und Politik Gewalt-Studie: Frauen mit Behinderungen Laut EU-Parlament sind Frauen mit Behinderung doppelt so häufig Gewalt ausgesetzt wie nichtbehinderte Frauen. Eine Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend bestätigt die hohe Betroffenheit von behinderten Frauen auch für Deutschland. Sie berichten über strukturelle und sexualisierte Gewalt. Zu den Tätern gehören Pflegekräfte, aber auch Mitbewohner und Kollegen. »Auffällig sind die hohen Belastungen insbesondere durch sexuelle Gewalt in Kindheit, Jugend und auch im Erwachsenenleben der Befragten«, schreiben die Autorinnen der Studie. Sie fordern deshalb niedrigschwellige Schutz- und Unterstützungsangebote. Das Familienministerium hat diese Forderungen aufgegriffen. Mit dem Weibernetz e. V. fördert es die einzige Interessenvertretung von Frauen mit Behinderungen. Nach: »Sozialcourage – Das Magazin für soziales Handeln«, 3/2013, S. 29, Deutscher Caritasverband e.V., Freiburg i.Br. (Hrg.), G www.sozialcourage.de Sich selbst fofografiert – Fotoprojekt »Sichtlich Mensch« Der Fotograf Andreas Reiner hat mit »Sichtlich Mensch« ein ungewöhnliches Projekt realisiert. Dreiundsechzig Porträts von Menschen mit Handycaps sind dabei entstanden. Fotografiert haben sich junge Männer und Frauen selbst. Andreas Reiner hat lediglich Kamera, Stativ und Licht eingestellt. »Menschen mit Behinderungen interessiert in der Regel nicht, wie sie rüberkommen, sondern sie zeigen, wie sie sich in diesem Moment fühlen. So mutig sind wir ›normalen Menschen‹ in der Regel nicht, sagt der Fotograf. Mit seiner Ausstellung tourt er durch die Lande. In Hamburg war er auf dem diesjährigen Evangelischen Kirchentag präsent. Nun plant er mit der Caritas in Stuttgart eine Ausstellung. Andreas Reiner: Gesicht zeigen. Biberach 2013, 9.90 Euro, ISBN 978-3-943391-23-7 Nach: »Sozialcourage – Das Magazin für soziales Handeln, 3/2013, S. 29, Deutscher Caritasverband e.V.. Freiburg i.Br. (Hrg.), G www.sozialcourage.de Konfliktbarometer – Kriege und Krisen weltweit Weltweit 18 Kriege und 43 »hochgewaltsame Konflikte« hat das jährlich erhobene Konfliktbarometer für 2012 festgehalten. So wurden im vergangenen Jahr neun Kriege in Afrika, fünf im Nahen und Mittleren Osten, 20 STEH AUF UND GEH 3/2013 drei in Asien sowie der Kampf zwischen mexikanischer Regierung und Drogenkartelle in Lateinamerika gezählt. Nach Angaben des Heidelberger Instituts für Internationale Konfliktforschung starben im Krieg in Syrien 55 000 Menschen, 2,8 Millionen Menschen waren vor den Kämpfen auf der Flucht. In Afrika gab es zudem kriegerische Konflikte mit Tausenden Toten und Hunderttausenden Flüchtlingen im Sudan, in Nigeria, in Mali und der Demokratischen Republik Kongo. In Mexiko seien in 2012 mehr als 12 000 Menschen getötet worden, so die Wissenschaftler. Als höchst brisante sozio-ökonomische Konflikte in Europa wertet das Konfliktbarometer die Krise in Griechenland und Rumänien (jr). Betont werden muss dabei, dass während der Konflikte und auch noch danach unzählige Opfer, wenn sie überleben, zu Menschen mit Behinderung werden (Anmerkung der Forum-Redaktion). Aus: »Kontinente. Das Missio-Magazin«, Mai-Juni 2013, S. 9, Missio – Internationales Missionswerk e. V., Aachen (Hrg.), www.missio-hilft.de G Barmherzig an den Rändern der Welt Es ist in Kirche und Welt eine neue diakonische Situation entstanden, »in der es nicht nur um materielle Armut geht, sondern um Beziehungs- und Orientierungsarmut, um Einsamkeit und Isolation, um seelische und geistliche Armut, um innere Leere bis hin zur inneren Verwahrlosung«. Das hat Kardinal Walter Kasper im Dankgottesdienst zum 75. Geburtstag (09. August 2013, die Red.) des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, im Freiburger Münster gesagt (siehe auch Forum-Artikel Bundesfraternität, Seite 16). Es gehe heute nicht mehr darum, die 99 Schafe zurückzulassen, um dem einen verlorenen Schaf nachzugehen. »Bald ist nur noch eines da, und wir müssen uns aufmachen, die 99 wiederzufinden.« Deshalb müsse die Kirche eine Kirche sein, »die hinhört und zuhört, die versucht, die Welt mit den Augen des anderen zu sehen, eine barmherzige Kirche«. Während viele derzeit bemüht sind, den Übergang von Papst Benedikt XVI. zu Franziskus möglichst als harmonischen Prozess zu beschreiben, hat Erzbischof Zollitsch in einem Interview mit der »Katholischen Nachrichten-Agentur« (KNA) betont, »dass die beiden nicht den gleichen Begriff und nicht die gleiche Vorstellung von Entweltlichung haben«. Benedikt habe gefragt: »Wie weit darf ich mich dieser Welt angleichen? Was verlangt angesichts der Vielfalt der Ideen die Reinheit AUS KIRCHE UND WELT des Christentums?« Franziskus meine dagegen eher, »dass sich die Kirche nicht im Sinne mit der Welt identisch machen darf, dass sie sich so stark in die Strukturen der Welt integriert«. Er will eine Kirche, die den Reichtum aufgibt, die zu den Armen geht. Aus: »Christ in der Gegenwart« (CiG), Nr. 33/2013, S. 366; www.Christ-in-der-Gegenwart.de G »Wahlen 2013: ›Caritas wählt Klartext‹« Unter diesem Motto hat der Caritasverband der Erzdiözese München und Freising e. V. anlässlich der bayrischen Landtagswahlen am 15. September sowie der Bundestagswahl am 29. September 2013 einen Forderungskatalog herausgegeben. Er mischt sich auf diese Weise in die sozialpolitische Meinungsbildung ein. Im Katalog finden sich sechs Themenbereiche: Armut, Pflege, Inklusion, Integration, Familie und Bildungsgerechtigkeit. Für die Inklusion von Menschen mit körperlicher und geistiger Behinderung stellt der Caritasverband der Erzdiözese vier Forderungen auf: • Wählen können wo man wohnt: Menschen mit geistigen und/oder körperlichen Behinderungen müssen die Möglichkeit haben selbstbestimmt zu wählen, ob sie in einer stationären Einrichtung, in Außenwohngruppen oder in eigenen Wohnungen mit ambulanter Unterstützung wohnen möchten. Die notwendige und gewünschte Betreuung muss bedarfsdeckend finanziert werden. IMPRESSUM »Steh Y • Wohnraum für Menschen mit Behinderungen: Für Menschen mit geistiger und/oder körperlicher Behinderung ist es z.T. extrem schwierig eine Wohnung auf dem öffentlichen oder freien Wohnungsmarkt zu bekommen, da sie als Mieter/innen auf Vorbehalte stoßen. Die Kommunen müssen hier ihrer Verpflichtung nachkommen, ausreichend Sozialwohnungen zur Verfügung zu stellen; Vermieter von Wohnungen des freien Wohnungsmarktes müssen über Kampagnen im Sozialraum motiviert werden, Menschen mit Behinderungen als Mieter/innen auszuwählen. • Teilhabe am Leben im Sozialraum: Voraussetzung für die gleichberechtigte Teilhabe in der Gesellschaft und im Sozialraum sind häufig ergänzende ambulante Leistungen wie Begleit- und Assistenzdienste, die bedarfsdeckend finanziert werden müssen. • Teilhabe im Bereich schulischer Bildung: Für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen muss ein breites Spektrum an Schularten zur Verfügung stehen, um die im Einzelfall bestmögliche Schule wählen zu können. Die Angebote müssen von der Einzelintegration in Regelschulen über Schulen mit dem Profil »Inklusion« und Partnerklassen bis hin zur spezialisierten Förderschulen reichen. Um der Aktion noch mehr Gehör zu verschaffen, ruft der Caritasverband der Erzdiözese München und Freising e.V. Menschen dazu auf, eine entsprechende Postkarte mit Ihrer Forderung an Politiker zu senden. Die Karten können beim Verband angefordert werden. Telefon: (0 89) 5 51 69-4 54 (Frau Mousavi) oder E-Mail: pressestelle@caritasmünchen.de Weiterlesen: www.caritas-nah-am-naechsten.de/Wahlen2013/default.aspx G Auf Und Geh« FORUM – fraternität der Menschen mit Behinderung in Deutschland 14. Jg. Nr. 3/2013 Herausgeber: Bundesleitungsteam (BLT) der fraternität der Menschen mit Behinderung in Deutschland Bundes-/Kontaktbüro: Hohmannstr. 28, 97421 Schweinfurt Internet: www.fraternitaet.de E-Mail: bundesbuero@fraternitaet.de Redaktion: Regina Rüppel (re), Tel. (0 51 21) 5 30 88 Christine Osafo (co), Tel. (06 61) 5 91 51 Fred Kopps (fk), Tel. (05 11) 66 06 42 Hildegard Stark (hs), Tel. (0 26 31) 9 27 10 94 Freier Mitarbeiter: Dipl.rel.päd. Bernd F. Schwanke (bs) Redaktionsanschrift: »STEH AUF UND GEH«-Redaktion Regina Rüppel Goethestr. 64, 31135 Hildesheim Tel. (05121) 53088 Fax (05121) 703784 E-Mail: forum-redaktion@fraternitaet.de Hinweis: Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers bzw. der Redaktion wieder. Wir bitten um Ihr Verständnis für ggf. erforderliche redaktionelle Überarbeitungen und evtl. Kürzungen Bei Nachdruck – auch auszugsweise – bitte vorher Einverständnis einholen. Layout: Günter Vanecek Techn. Realisation: Andreas Ziegelmayer Druck: repaDruck, Zum Gerlen 6, 66131 Saarbrücken Auflage: 3 000 Erscheinungsweise: 4 × jährlich Das FORUM »Steh Auf und Geh« wird ausschließlich durch Spenden und Zuschüsse finanziert. Redaktionsschluss »STEH AUF UND GEH« 4/2013: 25. Oktober 2013 Bankverbindung: PAX-BANK e.G. Trier: Bundeskonto der fraternität Konto: 3 007 611 012, BLZ: 370 601 93 Spendenkonto »STEH AUF UND GEH« Konto: 3 006 766 012, BLZ: 370 601 93 Alle Spenden sind steuerabzugsfähig. Eine Spendenbescheinigung wird ohne Aufforderung zugesandt. G STEH AUF UND GEH 3/2013 21 Z GEISTIG FIT Wer findet die Lösung? Links herum oder rechts herum? n jeder Zeile verändern sich die Zeichen schrittweise von Kästchen zu Kästchen. Finden Sie heraus, in welche Richtung sich die Zeichen drehen. Wie muss das Zeichen in den leeren Kreisen aussehen? I G Versteckte Tiere H ier hat sich in jedem Satz ein Tier zwischen den Text gemogelt. Sie sollen nun diese versteckten Plätze aufspüren. 1. Das neue Auto fährt plötzlich nicht mehr. Da ist guter Rat teuer. 2. Alle Teilnehmer hatten großen Spaß beim Segeltörn am Wochenende. 3. Eine Tasse heißer Kamillentee kann bei Bedarf Leib und Seele wärmen. 4. Die fröhlichen Wandergesellen suchen heute noch ein trockenes Nachtquartier. 5. Der Bräutigam war sehr aufgeregt und hat doch tatsächlich die Eheringe zu Hause vergessen. 6. Völlig unbemerkt von den Hausbesitzern ist der dreiste Dieb mit der Beute geflohen. 7. Zum Kirchweihfest wurde wirklich viel gegessen und noch mehr getrunken. 8. Bei der langen Bergtour haben sich die großen und die kleinen Wanderer tapfer geschunden. 22 STEH AUF UND GEH 3/2013 G GEISTIG FIT Y Obstsorten suchen D ie schädlichen Kirschessigfliegen legen Ihre Eier nicht nur in Kirschen, sondern auch in andere, fast reife Früchte. Streichen Sie möglichst schnell die hier aufgelisteten Wörter an. Drei Obstsorten kommen zweimal vor und eine dreimal! Quelle: Sturm, Friederike, GEISTIG FIT, Aufgabensammlung 2012, S. 34, 43 und 53, © Vless Verlag 2012, Ebersberg. Aus Zeitschrift der Gesellschaft für Gehirntraining e.V., www.gfg-online.de Die Lösungen zu diesen Aufgaben finden Sie auf Seite 27. G STEH AUF UND GEH 3/2013 23 Z VORSCHAU abm – arbeitsgemeinschaft behinderung und medien e. V. (K) 15.09. Freyming (Frankreich), St. Maurice Bonner Platz 1 / V – 80803 München Telefon: (089) 30 79 92-0 Telefax: (089) 30 79 92-22 E-Mail: info@abm-medien.de (E) 06.10. Wallern a. d. Trattnach, Ev. Kirche (E) 22.09. Münster, Historisches Rathaus (K) 29.09. Michaelbeuren (Salzburg), St. Michael (K) 13.10. Köln, St. Theodor u. St. Elisabeth (E) 20.10. Mosbach, Stiftskirche Besuchen Sie unser Internetangebot: www.abm-medien.de (K) 27.10. Westerburg, Liebfrauenkirche Sie finden dort u. a.: (K) 03.11. Klausen, Maria Heimsuchung • Die Programmvorschau der nächsten Monate (E) 10.11. Düsseldorf, Johanneskirche • Fernsehsendungen mit Behindertenthemen der laufenden Woche (E) 17.11. Eisleben, St. Petri-Pauli-Kirche • Eine Datenbank mit über 2 000 Filmen zu Behindertenthemen (K) 24.11. Michaelbeuren (Salzburg), St. Michael (K) 01.12. Freiburg i. Br., Münster (E) 08.12. Bad Kreuznach, Diakoniekirche »Normal« – Behindertenmagazin Sender: Sport 1 Sendezeiten: • samstags 11:15 Uhr • Wiederholung montags 11 Uhr (K) 15.12. Stockerau, St. Stephanus (E) 22.12. Bad Harzburg, Lutherkirche G (E) 24.12. Heilbronn, St. Pankratius Stadtkirche (K) 25.12. Berlin, St. Hedwigskathedrale »Challenge« – Reportagen aus dem Behindertenbereich Sender: Kabel 1 Sendezeit: Jeden 1. Samstag im Monat 10:30 Uhr (E) 29.12. Erlangen-Neustadt, Ev.-lutherische Kirche G G Veranstaltungshinweise 14.09. Feier des 40-jährigen Bestehens der Fraternitätsgruppe Bonn »Aus anderer Sicht« – Porträts von Menschen mit einer Behinderung Sender: 3sat Sendezeit: Jeden 1. Freitag im Monat 11:30 Uhr Sonntagsgottesdienste im ZDF Sendezeit: 9.30 – 10.15 Uhr – sofern nicht anders angegeben (E) steht für Evangelischer Gottesdienst (K) steht für Katholischer Gottesdienst (Ö) steht für Ökumenischer Gottesdienst (E) 08.09. Namibia, Farmgottesdienst 24 STEH AUF UND GEH 3/2013 14.09. Feier des 35-jährigen Bestehens der Fraternitätsgruppe Aachen G 15.–20.09. »Gemeinsam entflammt« – 10. Veranstaltung der BLT-Seminarreihe »Steh auf und geh – ›Geh‹-Hilfen für Leitungsteams«, Marcel-Callo-Haus in Heilbad Heiligenstadt. Infos unter: (0 51 21) 5 30 88 07.–14.11. »Glaub-haft leben und leb-haft glauben« – Religiöse Woche 2013 der Briefgemeinschaften im Franziskanischen Krankenapostolat (FKA), Caritas-Freizeit- und Begegnungszentrum St. Elisabeth, Altötting. Infos: Telefon (0 90 92) 51 84 G Y VORSCHAU Wir beten mit Papst Franziskus (1 = allgemeine Gebetsmeinung, 2 = Missions-Gebetsmeinung) SEPTEMBER 2013 NOVEMBER 2013 1. Für die Wiederentdeckung der Stille, um auf Gottes Wort und das der Mitmenschen eingehen zu können. 1. Für die Priester in ihren Herausforderungen und Schwierigkeiten: Sie mögen Licht und Kraft in ihrer Situation erfahren. 2. Für die bedrängten und verfolgten Christen, um Kraft zum Zeugnis für die Liebe Christi. 2. Für Berufung zur Mission in den lateinamerikanischen Kirchen. OKTOBER 2013 DEZEMBER 2013 1. Für die Menschen, die verzweifeln: Gott schenke ihnen Gespür für seine Nähe und Liebe. 1. Für die Kinder, die verlassen sind und Opfer von Gewalt wurden. 2. Der Sonntag der Weltmission ermutige alle Christen zum Zeugnis für die Gute Botschaft. 2. Weihnachten helfe den Christen, die Menschheit auf die Wiederkunft des Erlösers vorzubereiten. Quelle: Amtsblatt 29/2012, Erzbischöfliches Ordinariat Freiburg, siehe unter: www.ordinariat-freiburg.de/fileadmin/gemeinsam/…/abl12_29.pdf G Erntedank ist auch Spendendank! W ir danken für die uns zugedachten Spenden in den vergangenen Monaten. Sie reichen aber bei Weitem nicht mehr aus, unsere Bundesarbeit zu decken und weiter zu entwickeln. Deshalb: Spenden Sie bitte erneut – vielleicht regelmäßig, damit wir weiterhin Gruppenarbeit fördern und unsere Inklusions-Stimme erheben können! Danke! Förderverein der Bundesfraternität e.V. Konto: Pax-Bank Trier (BLZ 585 602 94), Konto 3006 766 012 Spendenbescheinigungen werden ausgestellt. Foto: Katja Wildhagen STEH AUF UND GEH 3/2013 25 Z »GEH«-HILFEN Gut zu wissen »Endlich handeln!«: Bundesweite VdK-Aktion zur Bundestagswahl 2013 gestartet »Wir wollen im Vorfeld der Bundestagswahl ein deutliches Zeichen setzen – gegen die zunehmende soziale Spaltung und für soziale Gerechtigkeit«. Mit diesen Worten gab die Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, Ulrike Mascher, im Juli 2013 auf der VdKPressekonferenz in Berlin den Startschuss zur großen VdK-Aktion »Endlich handeln!«. Die VdK-Aktion richtet sich gegen die Sparpolitik der Bundesregierung in vielen Feldern der Sozialpolitik, die größtenteils zu Lasten der ohnehin Benachteiligten geht, und gegen die ungerechte Steuerpolitik der letzten Jahre. Nach Statistiken der Bundesregierung und des Statistischen Bundesamts besaßen 1998 die oberen 10 Prozent der Bevölkerung 45,1 Prozent des Gesamtvermögens, während die gesamte untere Hälfte der Bevölkerung nur 2,9 Prozent auf sich vereinen konnte. Heute ist der Vermögensanteil der oberen 10 Prozent sogar auf 59 Prozent geklettert, der Anteil der unteren Hälfte ist aber auf unter 1 Prozent gesunken. Der VdK fordert deshalb mehr Steuergerechtigkeit, etwa durch eine Anhebung des Spitzensteuersatzes oder eine einmalige Vermögensabgabe für Menschen, die den oberen zehn Prozent angehören. Ob Rentnerinnen und Rentner mit geringem Einkommen, Arbeitslose, Alleinerziehende, chronisch Kranke, Menschen mit Behinderung oder Familien und Arbeitnehmer – immer mehr Menschen hätten Angst vor dem sozialen Abstieg. »Sie mussten in den letzten Jahren viel zu viele Einschnitte verkraften«, so Mascher. Die Stabilität einer Gesellschaft hänge aber vom Grad der sozialen Gerechtigkeit ab. »An den Positionen der Parteien zu Armut, Rente, Gesundheit, Pflege und Behinderung wird sich die nächste Bundestagswahl mit entscheiden. Die Politik muss endlich handeln und die Weichen für eine gerechte Zukunft stellen«, forderte die VdK-Präsidentin. Der Sozialverband VdK fordert im Einzelnen: • Armut darf nicht zur Normalität werden. Die Bekämpfung der Armut in allen Altersgruppen muss an erster Stelle stehen. • Rente muss zum Leben reichen. Altersarmut muss bekämpft werden. • Gesundheit muss für alle bezahlbar sein. Der Teufelskreis »Krankheit macht arm« und »Armut macht krank« muss gestoppt werden. 26 STEH AUF UND GEH 3/2013 • Pflege muss menschenwürdig sein. Wer pflegebedürftig ist, muss sich auf die gesetzliche Pflegeversicherung verlassen können. • Behinderung darf niemanden ausgrenzen. Inklusion muss endlich in Schule, Beruf und Alltag gelebt werden. Der VdK will diese Forderungen in Politik, Medien und Öffentlichkeit tragen. Zudem stehen zahlreiche Aktivitäten und Aktionen des Sozialverbands VdK und seiner Landes-, Kreis- und Ortsverbände auf dem Programm. Weiterlesen: www.vdk.de G Vor der OP: Anspruch auf Aufklärung Patienten sind oft unsicher, welche Fragen sie vor einer Operation stellen sollten und was der Arzt ihnen beantworten muss. Das neue Patientenrechtegesetz stärkt die Position der Betroffenen. »Vor der Entscheidung zu einer Operation sollte man sich gut informieren, warum operiert werden muss und welche Risiken damit verbunden sind«, sagt Andrea Fabris von der Potsdamer Beratungsstelle der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD). Unterstützung erhalten Betroffene dabei durch das Patientenrechtegesetz, das seit Anfang 2013 in Kraft ist. Es regelt unter anderem die Informations- und Aufklärungspflichten des Arztes vor, während und nach einer Behandlung. Hilfreich ist diese Regelung besonders für unsichere Patienten wie Paul B., der seit langer Zeit starke Rückenschmerzen hat. Die Diagnose: Bandscheibenvorfall. Nun soll der 37-Jährige operiert werden. Doch er macht sich Sorgen, dass sein Arzt ihm nicht alles erklärt oder dass er bestimmte Sachverhalte nicht versteht. Patientenberaterin Fabris: »Der Arzt muss nach dem Gesetz umfassend und vor allem verständlich darüber informieren und aufklären, was für die Behandlung wichtig ist.« Das beinhalte alles von der Diagnose und Therapie über die möglichen Folgen und Risiken bis hin zu alternativen Behandlungsmethoden und Kosten, die der Patient selbst tragen muss. »Die Betroffenen können und sollten den Arzt fragen, was Ihnen wichtig erscheint«, sagt Fabris. Am besten sei es, sich die Fragen vorher aufzuschreiben und eine vertraute Person zum Gespräch mitzunehmen. Diese könne im Zweifel die Fragen stellen, wenn man selbst zu aufgeregt ist. Außerdem empfiehlt die UPD-Beraterin, sich vor einer Operation ausreichend Bedenkzeit zu nehmen, wenn kein Notfall vorliegt. Fabris: »Und bei »GEH«-HILFEN offen gebliebenen Fragen kann man den Arzt auch ruhig ein zweites Mal aufsuchen.« Tipp der »Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD): Weitere Informationen zum Patientenrechtegesetz bietet die Broschüre »Patientenrechte – Ärztepflichten« der Bundesarbeitsgemeinschaft der PatientInnenstellen und -Initiativen (BAGP) unter www.bagp.de. Quelle: Unabhängige Patientenberatung UPD/Veröffentlichungen G Y Wenn die Medien leiden lassen Ein neues Portal nimmt die Berichterstattung über Menschen mit körperlicher oder geistiger Behinderung unter die Lupe. Entlarvt werden typische Floskeln wie »ist an den Rollstuhl gefesselt« oder »meistert tapfer ihr Schicksal«. Zwei Betroffene haben das Portal ins Leben gerufen und schlagen Alternativen vor – etwa »Mensch mit Lernschwierigkeiten« statt »geistig behindert«. www.leidmedien.de G Lösungen zu Geistig fit von Seite 22/23 Links herum oder rechts herum? G Versteckte Tiere 1. RATTE 5. HERING 2. EGEL 6. FLOH 3. 7. ENTE UNKE 4. ESEL 8. HUND G Obstsorten suchen 2 mal Aprikosen, Kirschen und Pfirsiche, 3 mal Pflaumen Ö SCHLUPFWESPEN G STEH AUF UND GEH 3/2013 27 Z »GEH«-HILFEN Ernte-dank und Schöpfungs-verantwortung Das tägliche Wunder I ch dachte, ich würde sie kennen, bis ich eines Tages das Wunder sah. Sie standen mit ihren Füßen auf demselben Boden, erhoben ihren Kopf in dieselbe Luft, in dieselbe Sonne und denselben Regen. Und der Apfelbaum machte Äpfel, und der Birnbaum, zehn Meter weiter, machte Birnen. Ganz normal, sagten die Menschen. Aber ich konnte meinen Augen nicht glauben. Was sie aus demselben Boden holten, aus derselben Luft, aus derselben Sonne und demselben Regen, daraus machte der eine Baum Birnen und der andere, zehn Meter weiter, Äpfel. Und die sind ganz verschieden in Form, Farbe, Geruch, Geschmack. So ein Wunder hatte ich noch nie gesehen. Quelle: »Phil Bosmans, Liebe wirkt täglich Wunder, Neuausgabe 2008«, © Herder Verlag GmbH, Freiburg im Breisgau G © Kautz15 – Fotolia.com Liebe und Dankbarkeit A m Himmelstor trafen sich zwei vornehme Damen, erzählt eine Parabel. Sie stellten sich vor: »Ich bin die Liebe« – »ich bin die Dankbarkeit!« Beide bedauerten. »Schade, dass wir uns auf Erden nie getroffen haben – wir sind doch Zwillingschwestern!« Quelle: unbekannt 28 STEH AUF UND GEH 3/2013 G »GEH«-HILFEN Y Regen, Sonne und Wind D as ist Josef. Und das ist sein Hof. Eine Ziegelmauer, ein Bretterzaun, ein Steinpflaster und rostiges altes Eisen. Sonst gab es nichts auf diesem Hof. Keine Insekten, keine Vögel, keine Katzen. Regen fiel auf den Hof Die Sonne schien auf ihn. Die Winde bliesen hindurch. Der Schnee bedeckte ihn. Eines Tages hörte Josef einen Mann rufen: Lumpen! Altes Eisen! Er brachte ihm das alte Eisen, und der Mann gab ihm dafür eine Pflanze. Josef trug die Pflanze auf den Hof und zog einen Stein heraus. Er lockerte die Erde, die darunter war, und setzte die Pflanze ein. Regen fiel, die Sonne schien, und die Pflanze wuchs. Nach einiger Zeit trieb die Pflanze eine kleine Knospe. Josef wartete bis aus ihr eine Blüte wurde. Und weil er die Blüte liebte, brach er sie ab. © Vadim_Rogol – Fotolia.com STEH AUF UND GEH 3/2013 29 Z »GEH«-HILFEN Die Blüte begann zu welken. Sie wurde dürr – und starb. Wieder war Josef allein auf dem Hof. Die Winde bliesen, und wieder deckte der Schnee alles zu. Dann brachte der Frühling Regen und warmen Sonnenschein. Josef sah, dass die Pflanze zum Leben erwachte. Eine neue Knospe erschien. Und als aus ihr eine Blüte wurde, brach er sie nicht ab, damit sie nicht auch starb. Weil die Pflanze da war, kamen Insekten auf den Hof. Weil Insekten da waren, kamen Vögel. Weil Vögel da waren, kamen Katzen. Aus Angst um seine Pflanze jagte Josef die Besucher aus dem Hof. Er deckte die Pflanze mit seiner Jacke zu. Aber jetzt konnten Sonne und Regen nicht mehr zu ihr. Und als Josef seine Jacke wegnahm, war die Pflanze tot. Josef war von tiefer Reue erfüllt. Erst hatte seine Liebe und jetzt hatte seine Sorge das wunderbare Ding auf seinem Hof getötet. Als die Winde kamen, war die Pflanze kahl. Der Schnee bedeckte sie, und dann kam der Regen. Die Sonne schien, und die Winde kamen wieder. Josef rührte seine Pflanze nicht an. Die Jahreszeiten folgten einander, und die Pflanze wuchs und wuchs. Mit der Zeit füllte die Pflanze den ganzen Hof. Zwischen ihren Blüten flogen Insekten, auf ihren Zweigen saßen Vögel, in ihrem Schatten lagen Katzen. Und Josef war glücklich. Charles Keeping, ins Deutsche übersetzt von Josef Guggenmos Quelle: unbekannt G Erntedankfest I n Deutschland wird in der katholischen Kirche der erste Sonntag im Oktober als Erntedankfest gefeiert. In evangelischen Gemeinden ist der Michaelistag (29. September) oder einer der benachbarten Sonntage Festtag. Gegen den Machbarkeitswahn unserer Tage rückt unser Geschöpfsein in den Vordergrund und damit auch unsere Verantwortung für die Schöpfung, für Gerechtigkeit und Frieden in der Welt, die uns von Gott anvertraut ist. Text aus: TeDeum Oktober 2012 © Ars liturgica, Maria Laach und Verlag Katholisches Bibelwerk, Stuttgart 30 STEH AUF UND GEH 3/2013 G »GEH«-HILFEN Y Deine Taten wecken Freude und Jubel überall, wo Menschen wohnen. © Benicce – Fotolia.com Du sorgst für das Land, du machst es reich und fruchtbar: so lässt du das Korn für die Menschen wachsen. Gott, deine Bäche sind immer voll Wasser; du feuchtest die Furchen und ebnest die Schollen, du tränkst die Felder mit Regengüssen und segnest, was auf ihnen sprießt. Mit guten Gaben krönst du das Jahr, in deinen Spuren lässt du Überfluss zurück. Die Steppe füllt sich mit üppigem Gras, die Hügel hallen wider von Freudenrufen. Die Weiden schmücken sich mit Herden, die Täler hüllen sich in wogendes Korn – alles ist voll Jubel und Gesang. Psalm 65, 9b-14 Aus: »Gute Nachricht Bibel«, revidierte Fassung, durchgesehene Ausgabe, © 2000 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart Wir danken für die freundlichen Abdruckgenehmigungen der Texte. STEH AUF UND GEH 3/2013 G 31 Gepriesen bist du, Herr, unser Gott, Schöpfer der Welt. Du schenkst uns den Wein, die Frucht der menschlichen Arbeit. Aus dem Begleitgebet zur Gabenbereitung der Eucharistiefeier G © GioGioGio – Fotolia.com